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Beschreibung von Cod. Guelf. 670 Helmst. (geplant: Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil V: Cod. Guelf. 616 bis 927 Helmst., beschrieben von Bertram Lesser.)
Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil V: Cod. Guelf. 616 bis 927 Helmst., beschrieben von Bertram Lesser (in Vorbereitung).
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Programms Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung

Henricus Dasle de Hildesheim. Sermo de recommendatione fidei. Mnd. Passionsbetrachtung

Papier, Pergament — 241 Bl. — 21–21,5 × 14–15,5 cm — Northeim, Benediktinerkloster St. Blasius — 1470–1480

Papier Pergament Aus drei Teilen zusammengesetzt: I 1r–213v, II 214r–225v, III 226r–239v. Lagen: 17 VI (202)! VI–1 (213). VI (225). VII (239). Bleistiftfoliierung modern: 1239; das zur ersten Lage gehörende Vorsatzbl. ungez., Bl. 120 doppelt gez.

Spätgotischer Holzdeckelband mit ungefärbtem Schweinslederbezug. Streicheisenlinien. Einzelstempel Adler, heraldisch, einköpfig: EBDB s000243. Der Werkstatt "m gekrönt" (EBDB w000255) zugeordnet. Herz, von Pfeil durchbohrt: EBDB s005243. Löwe, steigend: EBDB s002864. Pelikan mit Jungen: EBDB s003423. Rosette, ein Blattkranz, fünfblättrig: EBDB s006213. Stern, sechsstrahlig: EBDB s008896. Sämtlich der Werkstatt "Pelikan 52" (EBDB w000979) zugeschrieben; beide Werkstätten gehören ins Northeimer Blasiuskloster. Drei Doppelbünde. Zwei Riemenschließen mit Stiftlager in Vogelkopfform. Im Codex liegt als Lesezeichen ein Leserädchen aus Pergament (Durchmesser 5 cm), beschriftet mit den römischen Zahlen I–IIII an einer 29 cm langen, lose eingelegten Hanfschnur (registrum). Identisch gestaltete Leserädchen befinden sich in dem ebenfalls aus Northeim stammenden Cod. Guelf. 296 Helmst. und in dem Druck C 24.2° Helmst. Die Beschriftung könnte darauf hindeuten, dass das Leserädchen zunächst für einen zweispaltig angelegten Band bestimmt war und hier mit einem neuen registrum versehen und zweitverwendet wurde.

Herkunft: Die drei Teile des Codex wurden um 1470 im Benediktinerkloster St. Blasius in Northeim geschrieben, ein entsprechender Besitzvermerk auf dem Kopfsteg von Bl. 1r: Liber monasterii sancti Blasii in Northeym Anno domini Millesimo quingentesimo XVII. In Johann Letzners Northeimer Bücherverzeichnis von 1592 ist der Band nicht verzeichnet. — Der Codex wurde am 3.2.1624 mit dem größten Teil der Konventsbibliothek in die Universität Helmstedt überführt. 1644 im Helmstedter Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 17v) unter den Theologici MSSti in quarto als Passio domini nostri Iesu Christi secundum concordantiam IV Evangelistarum collecta per M. Henricum Dassell Cartusiensem beschrieben; im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 482 aufgeführt.

Heinemann Nr. 720. — Herbst Northeim, 623f. — Krämer, 608.

I

Papier, Pergament — 215 Bl. — 21,5 × 15,5 cm — 1470–1480

Papier Pergament Das äußerste Doppelbl. der ersten Lage Pergament, sonst Papier. Wasserzeichen: Wasserzeichen: Dreiberg, darüber zweikonturige Stange, darüber zweikonturiges Kreuz: WZIS DE4860-Ms1399_516 (1477), DE4860-Ms1243_2 (1475), DE0960-4Inc1639_999 und DE0960-4Inc1639_999a (beide 1472, vier weitere Typen nicht nachweisbar). Lagen: 17 VI (202)! VI–1 (213). Reklamanten. Schriftraum: 14,5–15 × 9,5–10 cm, einspaltig, je nach Hand 20–24 Zeilen. Zwei Hände, Hand 1 in regelmäßiger Bastarda, teilweise mit, teilweise ohne Schlaufen an den Oberlängen: 1r–163v; Hand 2 in jüngerer gotischer Kursive: 164r–172r. 1r–163v rubriziert, rote Lombarden, 1r mit Punktverdickungen und Silhouettenornamenten.

1r–162v Henricus Dasle de Hildesheim: Passio domini nostri Iesu Christi secundum IV evangelia. ›Passio domini nostri Ihesu Christi tota literalis secundum concordancias quatuor evangelistarum collecta per venerabilem magistrum Hinricum Dassell Carthusiensem sacre theoloye baccalarium formatum‹. Pro excitandis cordibus nostris ad devotam meditacionem passionis dominice multum videtur congruere verbum illud psalmi 83[,10]: Respice in faciem Christi tui … — … ibi fuit verissime dici potuit ligaverunt cum lintheis linthea quippe generaliter dicuntur que lino texuntur. Hec Augustinus etc. Das präsentierte Material ist u. a. zur Betrachtung in den Tagzeiten des Stundengebets vorgesehen, die jeweils auf dem Kopfsteg der betreffenden Seiten angegeben sind (de primis vesperis bis hora terciarum, die übrigen fehlen). Soweit bislang bekannt, ist der Text nur in dieser Hs. überliefert und ungedruckt. Ein abweichender Passionstraktat dieses Verf. sowie eine Declaratio aus seiner Feder vgl. in Cod. Guelf. 71.10 Aug. 2°, 234vb–292vb bzw. 293ra–297rb. Der Verf. erwarb 1423 den Titel eines Baccalaureus und 1430 den eines Magisters der Theologie nach dem Studium in Erfurt, ist dort als Kollegiat des Großen Kollegs im WS 1449 und SS 1449, als Dekan der Theologischen Fakultät im SS 1441, SS 1447 und SS 1452 nachgewiesen und trat nach seiner akademischen Karriere in die Kartause seiner Heimatstadt Hildesheim ein. Literatur (jeweils ohne Kenntnis dieses Werkes): Kleineidam 1, 143, 154f., 158, 236, 244, 249, 257 365 und 418 Nr. 169; Schwinges/Wriedt, 32 Nr. 57.4, 58 Nr. 93, 75 Nr. 105 und 85 Nr. 115; CALMA 5, 38f.

162v–163v Henricus Dasle de Hildesheim: Oratio rhythmica de passione domini nostri Iesu Christi. Ihesus ortum ingreditur | Turbatum se conqueritur | Ex morte propinquante | Orat transferri calicem | Sudando fundit sanguinem | Angelo confortante … — … Cum multa reverencia | Ac luctus vehemencia | Fit Christi sepultura | Flet mater dolentissime | Mortem prolis dignissime | Hinc multos compunctura. Der in 15 Stabatstrophen angeordnete Text enthält zu jeder Strophe eine eigene Überschrift (Str. 1: ›Passio Christi in orto‹ oder Str. 15: ›Quam dolorose sepelitur‹) und ordnet gleichzeitig in jeweils einer Marginalie eine als articulus bezeichnete Strophe einem zu betenden "Pater noster" zu (z. B. Primus articulus pro primo Pater noster). Der Text gehört damit zu den (vor allem volkssprachlich) verbreiteten "Gebetsunterweisungen für 15 Pater noster zum Leiden Christi", vgl. dazu P. Ochsenbein, Deutschsprachige Privatgebetbücher vor 1400, in: Deutsche Handschriften 1100–1400. Oxforder Kolloquium 1985, hrsg. von V. Honemann und N. F. Palmer, Tübingen 1988, 379–398, hier 396. Druck (nach der Breslauer Hs.): A. Schultz, Aus Handschriften der k. und Universitätsbibliothek zu Breslau, in: Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit NF 20 (1873), 14–16 und 39–42, hier 39f. (Signatur fehlerhaft). Vgl. zum Text Walther I 9851. Auch in Lübeck, SB, Ms. theol. lat. 166, 53v–54r; Breslau, UB, Cod. I D 3, hinteres Vorsatz (nach dieser Hs. auch die hier vorgenommene Autorenzuschreibung, hdschr. Beschreibung online vorhanden).

164r–172r Tractatus de passione domini nostri Iesu Christi. Nota: Super illo cepit Ihesus contristari et mestus esse et dixit: Tristis est anima mea usque ad mortem [Mt 26,38]. Movende sunt tres questiones … — … orare docuit tempore instantis necessitatis. In dieser Form bislang nur hier nachgewiesen und ungedruckt. – 172v–213v leer.

II

Papier — 12 Bl. — 21 × 14 cm — 1472

Wasserzeichen: Ochsenkopf mit Augen und Nasenlöchern, darüber einkonturige Stange, darüber Stern, Stange über Kreis im Kopf: WZIS DE7365-PO-77053 (1472). Lagen: VI (225). Schriftraum: 17–18 × 11–12 cm, einspaltig, 26–28 Zeilen. Jüngere gotische Kursive von einer Hand. Keinerlei Buchschmuck, Raum für Lombarden ausgespart.

214r–219r Sermo de recommendatione fidei. Hec est victoria que vicit mundum fides nostra … [I Io 5,4] sunt verba epistole precendentis dominice. Eximius doctor beatus Augustinus recommendans fidem ait in libro de verbis domini: Nulle maiores sunt delicie … — … ad contemplandam speciem celsitudinis pervenire mereamur quod nobis prestare dignetur Ihesus Christus sponsus ecclesie in secula benedictus. Amen. ›Anno M CCCC LXXII‹. Nach den eingefügten Höreranreden zu urteilen (z. B. 214r: Reverendorum patrum et prelatorum cetum conspiciens in quorum presencia predicaturus consisto in me ipsum vehementer contremisco …), handelt es sich bei dem in dieser Form bislang nur hier nachgewiesenen und ungedruckten Text um eine im akademischen Kontext oder im Rahmen eines monastischen Generalkapitels gehaltene Predigt.

219r Thomas de Cantiprato: Bonum universale de apibus (exc. lib. I, 20.8). ›Miraculum de libro primo apum capitulo XX‹. Clericus quidam in synodo episcoporum predicare compulsus angustiabatur non modicum … — … hec eodem anno domini millesimo ducentesimo quadragesimo octavo fuerunt Parisia coram omni populo et clero solemniter recitata. Das Exemplum ist vielfach separat überliefert. Der Text findet sich vollständig in Cod. Guelf. 452 Helmst., 1ra–102ra; weitere Exzerpte in Cod. Guelf. 708 Helmst., 173v–177v; 21.1 Aug. 4°, 1ra–34vb. Druck: Burkhardt Bienen, Bd. 2, 162–164. Literatur: Thorndike/Kibre, 1359.3 und 1605.3; Axters Bibliotheca, 111; Stegmüller RB 8083; Bloomfield 6157; Kaeppeli 3775; Rep. font. 11, 170f. – 219v–225v leer.

III

Papier — 14 Bl. — 21,5 × 15,5 cm — um 1470

Wasserzeichen: Dreiberg, darüber zweikonturige Stange, darüber zweikonturiges Kreuz: WZIS DE3285-PO-151640, DE3285-PO-151736 (beide 1469). Lagen: VII (239). Schriftraum: 15 × 10 cm, einspaltig, 27 Zeilen. Bastarda von einer Hand. Keinerlei Buchschmuck, Raum für Lombarden ausgespart.

Schreibsprache: Mittelniederdeutsch (ostfälisch).

226r–239r Mnd. Passionsbetrachtung. [E]ya wunnichlike sote Ihesu Criste myn herte vormant dy von vernynghes wu du na deme auent etende von engestliker not dynes herten wordest fletende von blodegem swete … — … Christus was behorsam synem vader went in den dot unde in den dot des cruces etc. Der den gesamten Passionszyklus von der Gefangennahme Christi bis zu seinem Tod am Kreuz beinhaltende Text ist in dieser Form bislang nur hier nachgewiesen und ungedruckt. – 239v leer.


Abgekürzt zitierte Literatur

Axters Bibliotheca S. G. Axters, Bibliotheca Dominicana Neerlandica manuscripta 1224–1500, Louvain 1970 (Bibliothèque de la Revue d'histoire ecclésiastique 49)
Bloomfield M. W. Bloomfield, Incipits of Latin Works on the Virtues and Vices 1100–1500 A.D., Cambridge/Mass. 1979 (Publications of the Medieval Academy of America 88)
Burkhardt Bienen J. Burkhardt, Von Bienen lernen. Das Bonum universale de apibus des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf (Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar), 2 Bde., Regensburg 2020 (Klöster als Innovationslabore 7/1–2)
CALMA C.A.L.M.A. Compendium auctorum latinorum medii aevi, hrsg. von M. Lapidge u.a., Bd. 1–, Firenze 1999–
EBDB Einbanddatenbank (http://www.hist-einband.de/, besonders die Sammlung Wolfenbüttel)
Heinemann O. von Heinemann, Die Helmstedter Handschriften, Bd. 1–3, Wolfenbüttel 1884–1888, ND Frankfurt/M. 1963–1965 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die alte Reihe 1–3)
Herbst Northeim H. Herbst, Handschriften aus dem Benediktinerkloster Northeim, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 50 (1932), 355–377 und 611–629
Kaeppeli T. Kaeppeli, Scriptores ordinis praedicatorum, Bd. 1–4, Rom 1970–1993
Kleineidam E. Kleineidam, Universitas studii Erffordensis, Bd. 1–3, Leipzig 21992–1997 (Erfurter theologische Studien 14, 22, 42)
Krämer S. Krämer, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, Bd. 1–3, München 1989–1990 (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Ergänzungsband 1)
Rep. font. Repertorium fontium historiae medii aevi, Bd. 1–12, hrsg. vom Istituto Storico Italiano per il Medio Evo, Rom 1962–2007
Schwinges/Wriedt Das Bakkalarenregister der Artistenfakultät der Universität Erfurt 1392–1521, hrsg. von R. C. Schwinges und K. Wriedt, Jena u.a. 1995 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen. Große Reihe 3)
Stegmüller RB F. Stegmüller, Repertorium biblicum medii aevi, Bd. 1–11, Madrid 1950–1980
Thorndike/Kibre L. Thorndike, P. Kibre, A catalogue of incipits of mediaeval scientific writings in latin, revisited and augmented edition, London 21963 (Mediaeval Academy of America publication 29)
Walther I H. Walther, Initia carminum ac versuum medii aevi posterioris Latinorum, Göttingen 1959 (Carmina medii aevi posterioris Latina 1)
WZIS Wasserzeichen-Informationssystem. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart (http://www.wasserzeichen-online.de/wzis/index.php)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften Teil IV.
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