Beschreibung von Cod. Guelf. 70 Weiss. (Die illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil 1: 6. bis 11. Jahrhundert, beschrieben von Stefanie Westphal (in Bearbeitung)) Katalogisiert durch Stefanie Westphal Elektronische Ausgabe nach TEI P5 TEI-P5 konforme Kodierung durch Stefanie Westphal Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel

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Neukatalogisiert durch Stefanie Westphal.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.) .

Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek Weissenburger Handschriften Cod. Guelf. 70 Weiss. Evangelium secundum Lucam cum glossis Weißenburg, Benediktinerkloster 12. Jh., Anfang 2r–128v Evangelium secundum Lucam I und 1r leer. 1v Zeichnung. 2r–4r Praefatio. 4r Beginn der Marginal- und Interlinearglossen. 129–131 leer. 131v Rota. 132r Federproben (zum Text vgl. ausführlich Butzmann Weißenburg , 217–219.).

Pergament

132 Bl. 24 16 Neuere Tintenfoliierung. Ab Bl. 65 ersetzt durch Bleistiftzählung, da Bl. 64 doppelt gezählt. I (1). I (3). IV+2 (13). 5 IV (53). IV+1 (62). 3 IV (86). IV+1 (94). 4 IV (127). IV+1 (132). Vorsatzblatt mitgebunden, nicht mitgezählt, Nachsatzblatt mitgezählt.

Guter Zustand. Einige Blatt unten und an den Seiten mit Verlusten.

Haupttext: 17,4 6,3 , mit Glosse 21,5 13,0 .

Karolingische Minuskel von einer Hand.

Hoffmann Schreibschulen Südwesten , Bd. 1, 314, 315, Bd. 2, Abb. 214b erkennt eine Weißenburger Hand des beginnenden 12. Jh. und verweist auf das Weißenburger N in der Capitalis Rustica der Auszeichnungsschriften.

Textanfänge rubriziert. Überschriften in Capitalis Rustica. 3 Initialen. Eine ganzseitige Federzeichnung. Eine Rota.

Initialen: Einleitend zur Praefatio (2r) und zum Haupttext (4r, 4v) Spaltleisteninitialen in roter Federzeichnung vor farbigen Gründen. Die Initialstämme mit breiten, vergoldeten (2r) und genagelten (4r, 4v) Spangen. Auf 4r als Caudaersatz ein Drache. In den Binnenfeldern locker geführtes Rankenwerk, zum Teil mit wulstigen Stauchungen an den Zweigstellen (4r; 2r - teilvergoldet). Als Endmotive Zungenblätter mit umgeschlagenen Blattspitzen und rückgebogenen Palmetten (4v mit spiralförmig aufgerollter Spitze). Die äußeren Seiten der umgeschlagenen Blattspitzen und Palmetten mit Schraffuren. 4r ein Profilgesicht. 4,4–10,5 .

Buchschmuck, Ikonographie und Einbände Buchschmuck 12. Jh. Buchschmuck, Ikonographie und Einbände Initialen Spaltleisteninitiale

Ganzseitige Federzeichnung: 1v der Evangelist Lukas sitzend, nach rechts zu einem Pult gewandt und schreibend unter einer Arkade. In den Händen Schreibwerkzeuge. In der Linken die Schreibfeder, in der Rechten das Messer, mit dem er das Pergament glättet. Das locker fallende Gewand mit breiten Goldborten an Brust und Oberschenkeln. Faltentäler angedeutet durch feine Parallellinien. Im Umhang und entlang der Taille auffällig runde, plastische Faltenschläge. Der große Goldnimbus von einer Punktreihe umgeben. Die Säulen der Arkade mit Girlanden umwunden. Über dem Bogen eine Architektur (Stadtmauer - Andeutung des Himmlischen Jerusalem?) mit insgesamt fünf Türmen und vier Toren. 17,5 10,4 . Buchschmuck, Ikonographie und Einbände Evangelistenbilder Lc

Rota: 131v eine Rota zur Vaterunser-Erklärung. Der Kreis zeigt einen äußeren und einen inneren Reif. Diese und die dazwischen liegenden Kreisbahnen mit den Beschriftungen: Äußerer Reif subscriptus patrie reditum docet ordo figure, innerer Reif beatitudo, äußere Kreisbahn pe/ti/ci/o/n/e/s, mittlere Kreisbahn san/cti spi/ri/tus do/na (Lesefolge im Uhrzeigersinn, beginnend oben rechts). In den Kreisbahnen zusätzlich 7x speichenförmig angelegte Inschriften: In der äußeren Bahn die sieben Bitten des Vaterunser in umgekehrter Reihenfolge nach dem ordo ascensionis; in der mittleren Bahn die sieben Gaben des Heiligen Geistes in Kombination mit den septem bona Christi; in der inneren Bahn die sieben Tugenden der Bergpredigt in Kombination mit den in der Bergpredigt verheißenden Seligkeiten (zu den Texten vgl. Rehm, 56). 14,6 . Buchschmuck, Ikonographie und Einbände Rotae Vaterunser

Farben: Miniatur: Die Figur in roter Federzeichnung. Details (Architektur, Pult, Schemel und Gewand) in Gold. Der Hintergrund der Architektur, sowie Flächen der Arkade, des Schemels und des Pultständers in laviertem, blassen Grün. Die Initialen gezeichnet hauptsächlich mit roter Feder (der Drache auf 4r in der Tintenfarbe der Glosse). Die Gründe mehrfarbig in Hellgelb, Dunkelblau und Blassgrün.

Roter Ledereinband (Neubindung 1968).

Hoffmann gibt das vorliegende Lukasevangelium paläographisch nach Weißenburg und datiert die Handschrift ins frühe 12. Jh. ( Hoffmann Schreibschulen Südwesten , Bd. 1, 314). Sie enthält neben der ganzseitigen Federzeichnung und dem Initialschmuck mit dem Rota auf 131v die älteste bekannte in graphische Form umgesetzte Darstellung des Vaterunsers ( Rehm, Nr. 3.3.1, Abb. 6). Der längliche Gesichtstypus des schreibenden Evangelisten Lukas, mit den großen, betonten Augen, gerader Nase und betonten Wangen findet seine Parallelen im Figurenstil des Weißenburger Martyrologiums 45 Weiss. (vgl. hier bes. 103r). Auch der vorhandene Initialstil mit den großen genagelten Spangen und den plastisch wiedergegebenen Triebansätze ist hier zu finden (vgl. 45 Weiss., 150v und 20v). Die umgeschlagenen Blattenenden sprechen für eine etwas spätere Zeitstellung. Mit 70 Weiss. liegt die späteste erhaltene Handschrift aus Weissenburg vor. Für zwei reich ausgestattete Evangelistare aus der Zeit um 1200 (Karlsruhe, BLB, Cod. St. Peter perg. 7) und dem frühen 13. Jh. (Karlsruhe, BLB, Cod. Bruchsal 1) heute in Karlsruhe wurde zwar Weissenburg als Entstehungsort vorgeschlagen, jedoch kontrovers diskutiert (zu beiden Karlsruher Handschriften vgl. Initial und Miniatur. Buchmalerei aus neun Jahrhunderten in den Handschriften der Badischen Landesbibliothek, Basel 1965, Nr. 28 und 29 [E. J. Beer]; Faks. Das Speyerer Evangelistar. Codex Bruchsal 1, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe, mit einem Kommentar von H. W.- von dem Knesebeck und U. Obhof, Luzern 2012, hier 56–60).

Iv Benediktinerkloster Weißenburg, Besitzvermerk: Codex sanctorum Petri apostolorum(!) in Wissenburg. 2r Weißenburger Signaturenbuchstabe .D. Weißenburger Signaturenbuchstabe: .D. (14.Jh.). 132r Weißenburger Signaturenbuchstabe .F. alter Weißenburger Signaturenbuchstabe .F.

Die Handschrift gelangte über Heinrich Julius von Blum 1690 in den Besitz des Herzogs Anton Ulrich von Braunschweig. Wiener Liste 4°4 ( Butzmann Weißenburg , 3–18).

Die illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil 1: 6. bis 11. Jahrhundert, beschrieben von Stefanie Westphal (in Bearbeitung) Wolfenbüttel Weiss., Nr. 4154 (Heinemann Nr.). Butzmann Weißenburg , 217–219. Lesne, 707. Bibliothèque monastique, 17, 37. Rehm, Nr. 3.3.1, Abb. 6. Cames, 19, 20. Krämer, Bd. 1,1.2, 824. Divina officia, Nr. 6 (P. Carmassi). Hoffmann Schreibschulen Südwesten , Bd. 1, 314, Bd. 2, Abb. 214b. Westphal Buchmalerei Weißenburg , 369.