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Beschreibung von Cod. Guelf. 71 Weiss.
Die illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil 1: 6. bis 11. Jahrhundert, beschrieben von Stefanie Westphal (in Bearbeitung)

Gregorius I. Papa, Homiliae in Ezechielem/ Registrum epistularum

Weißenburg, Benediktinerkloster / Frankreich — 9. Jh., 1. Viertel / um 900

Provenienz: Beide Texte (A und B) waren bereits in Weißenburg durch einen zweiten Einband (15. Jh.) zusammengebunden, ursprünglich jedoch als Einzelbände angelegt (vgl. unterschiedliche Weißenburger Signaturenbuchstaben). 2r Weißenburger Signaturenbuchstabe: .C. (14.Jh.).Aus dem 15.Jh. stammt auch die zusammenfassende Inhaltsangabe. Die Handschrift gelangte über Heinrich Julius von Blum 1690 in den Besitz des Herzogs Anton Ulrich von Braunschweig. Wiener Liste 4°5 (Butzmann Weißenburg, 3–18).

Pergament — 170 Bl. — 24,5 × 16 cm

Lagen: Aus zwei Teilen zusammengesetzt: A 1r76v und B 77r–170v. Vorderes Schutzblatt mitgebunden, nicht mitgezählt. IV+1 (8). 8 IV (72). II (76). IV (84). II (86). III (92). II (96). III (102). IV (110). 5 III (140). IV (148). III (154). II (158). IV (166). II (170). Bl. 1–76 Lagenbezeichnungen am Lagenende in römischen Ziffern am unteren Blattrand. Bl. 1 (Vorblatt) Sakramentarfragment, Schreiber identisch mit Hand A des Fragments Cod. Guelf. 404.8 (11) Novi (Weißenburg, 2. Viertel 11. Jh.; vgl. Hoffmann Schreibschulen Südwesten, 306, 307, 315). Weitere Fragmente dieser Handschrift befinden sich in 82 Weiss. und 84 Weiss. Neuere Tintenfoliierung. Bl. 80 doppelt gezählt, daher ab Bl. 81 neue Bleistiftfoliierung. Guter Zustand. Bl. 75 und 121 partieller Blattverlust. Falzstreifen zwischen Bl. 30 und 31. Bl. 76 Leimreste vom alten Einband.

Roter Ledereinband (Nigerziegenleder; Neubindung 1968). Auf Bl.76 finden sich noch Leim- und Lederreste des ersten Einbandes. Vom zweiten Einband (Weißenburg, 15.Jh.) haben sich zwei rote Lederriemen erhalten.

Wolfenbüttel Weiss., Nr. 4155 (Heinemann Nr.). — Becker, 48, Nr. 145. — Lesne, 707. — Butzmann Weißenburg, 219–220. — Kleiber Otfrid von Weißenburg, 127, 128, 134, 136. — Hellgardt, 91, 112, 115. — Cames, 183. — Krämer, Bd. 1,1.2, 824. — Bischoff Katalog 3, Nrn. 7415 und 7416. — Hoffmann Schreibschulen Südwesten, 306, 307, 315. — Carmassi Übergänge 416, Abb. 3. — Westphal Buchmalerei Weißenburg, 361, 362.

A

Weißenburg, Benediktinerkloster — 9. Jh., 1. Viertel

Provenienz: 75r Bendiktinerkloster Weißenburg, Besitzeintrag: oben vidit ab[bas?] und Codex monasterii sanctorum Petri et Pauli apostolorum in Wissenburg. 2r Weißenburger Signaturenbuchstabe: .C. (14. Jh.).

Schriftraum: 22 × 15 cm, einspaltig, 39 Zeilen. Karolingische Minuskel von einer Hand. Von einer späteren Hand wird Hiltibodo als Schreiber genannt: 75v Hiltibodo. 76r mehrmals Hiltibodo presbiter et monachus scripsit librum istum. Darunter Requiescat in pace (9. Jh.). 74v Explicit in schwarzer Capitalis. Textüberschriften in roter Capitalis. Auszeichnungschrift zu Beginn der Texte in roter Unzialis. Satzmajuskeln in Rot und Schwarz.

INHALT

1r Glossen. 1v–74v Gregorius I papa: Homiliae in Ezechielem (PL 76, 786–934; CC SL 142; CPL 1710). 75r Glosse. 76r76v Schreibernotiz, radierte Eintragungen und Federproben.

AUSSTATTUNG

1 kleine Goldinitiale. 10 Zierinitialen.

Initialen: Zu den Buchanfängen eine kleine 2zeilige, unverzierte Goldinitiale (1v ) und 10 unkolorierte Zierinitialen (5v, 11r, 15v, 19r, 23r, 29r, 35v, 52v, 62v, 68v; 2–8 cm). Buchstabenkörper gefüllt mit Flechtband (15v, 62v), Zickzack- (5v) und Wellenband (19r, 23r), Fischen (7v, 35v), randständigen Keisen (68v - hier die Initiale in Minium) und einem Wellen-Palmettenfries (29r). Im Besatz und als Buchstabenendungen knollenartige Blüten (vgl. 29r), Halbpalmetten (15v, 62v) und ein gestaffeltes Blatt (62v). Die Initialstämme durch Schnallen segmentiert. 62v der Ausläufer besetzt mit zwei Spangen. Die Füllmuster und Blattformen wirken etwas fahrig umrissen und in der Ausführung fleischig.

STIL UND EINORDNUNG

Teil A der Handschrift wird paläographisch in das frühe 9. Jh. gegeben und nach Weißenburg lokalisiert (Bischoff Katalog 3; Butzmann Weißenburg). Der genannte Schreiber Hiltibodo (vgl. oben) lässt sich in keiner anderen Wolfenbütteler Handschrift festmachen. Für die Zeit 787–792 ist in Weißenburg jedoch ein Mönch als Urkundenschreiber mit diesem Namen bekannt (Diakon, ab 790 presbiter, cancellarius; vgl. Glöckner/Doll, 150 Anm. 113). Dieser könnte, wie Adallandus auch, weit über die Zeit als Urkundenschreiber als Buchschreiber in Weißenburg tätig gewesen sein. Die unkolorierten Hohlinitialen lassen sich mit ihren Initialformen (eingerollten Volutenenden und einstufigen Blüten als Initialstammendungen) und dem Ornament (gegenständige Halbpalmette, schlanker Fisch im Initialbogen, Wellen- und Palmettenfries) den Weißenburger Handschriften im frühen 9. Jh. hinzufügen. Gleiches Ornament und sehr ähnliches Explicit (vgl. 74v) finden sich in 74 Weiss. Besondere Nähe ergibt sich des weiteren zu 17 Weiss., 10 Weiss. und 18 Weiss.

B

Frankreich (?) — um 900

Provenienz: 77r Weißenburger Signaturenbuchstabe: .F. (14. Jh.).

Schriftraum: 10 × 7 cm, einspaltig, 27 Zeilen. Karolingische Minuskel von mehreren Händen. Händewechsel am Beginn jeder Lage. Überschriften in roter Unzialis. Hervorgehoben Textabschnitte eingeleitet mit 2–3zeiligen roten unverzierten Buchstaben in Capitalis, häufig aus dem Text herausgerückt. 93v Binnenfeld farbig hinterlegt.

INHALT

77r–170v Gregorius I papa: Registrum epistularum (P. Ewald, L. Hartmann, Gregorii I. Papae Registrum epistolarum [MGH, Epistolae 1], Berlin 1887; CPL 1714; CC SL 140; vgl. Butzmann Weißenburg, 220).


Abgekürzt zitierte Literatur

Becker G. Becker, Catalogi bibliothecarum antiqui, Hildesheim, New York 1885, ND Hildesheim, Bonn 1973
Bischoff Katalog 3 B. Bischoff, Katalog der festländischen Handschriften des neunten Jahrhunderts (mit Ausnahme der wisigotischen), Teil 3: Padua–Zwickau, aus dem Nachlass hrsg. von B. Ebersperger, Wiesbaden 2014
Butzmann Weißenburg H. Butzmann, Die Weissenburger Handschriften, Frankfurt/M. 1964 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die Neue Reihe 10)
Cames G. Cames, Dix siècles d'enluminure en Alsace, Contades 1989
Carmassi Übergänge P. Carmassi, Übergänge. Ornamente und Diagramme zwischen Text, Buchstabe und Bild in Handschriften des Frühmittelalters, in: Das Mittelalter 22,2 (2017), 408-430
CC SL Corpus Christianorum. Series Latina, Bd. 1–, Turnhout 1954–
CPL Clavis patrum Latinorum, hrsg. von E. Dekkers, Steenbrugge u.a. 31995 (Corpus Christianorum. Series Latina)
Glöckner/Doll Traditiones Wizenburgenses. Die Urkunden des Kloster Weissenburg 661-864. Eingeleitet und aus dem Nachlass von K. Glöckner, hrsg. von A. Doll, Darmstadt 1979 (Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt)
Hellgardt E. Hellgardt, Die exegetischen Quellen von Otfrids Evangelienbuch. Beiträge zu ihrer Ermittlung, Tübingen 1981 (Hermaea; N.F. 41)
Hoffmann Schreibschulen Südwesten H. Hoffmann, Schreibschulen des 10. und 11. Jahrhunderts im Südwesten des Deutschen Reichs, 2 Bde., Hannover 2004 (MGH Schriften 53)
Kleiber Otfrid von Weißenburg W. Kleiber, Otfrid von Weißenburg. Untersuchungen zur handschriftlichen Überlieferung und Studien zum Aufbau des Evangelienbuches, Bern/München 1971 (Bibliotheca Germanica 14)
Krämer S. Krämer, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, Bd. 1–3, München 1989–1990 (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Ergänzungsband 1)
Lesne E. Lesne, Histoire de la proprieté ecclésiastique en France, Lille 1938
PL Patrologiae cursus completus. Series Latina, Bd. 1–221, hrsg. von J. P. Migne, Paris 1844–1865
Westphal Buchmalerei Weißenburg S. Westphal, Karolingische Buchmalerei aus dem elsässischen Kloster Weißenburg, in: Die Handschriften der Hofschule Karls des Großen. Individuelle Gestalt und Europäisches Kulturerbe, Tagung Trier 2018, Trier 2019, 357–391
Wiener Liste Liste der von H. J. Blum im Jahre 1673 der Wiener Hofbibliothek angebotenen Handschriften meist Weissenburger Herkunft, in: T. Gottlieb, Die Weissenburger Handschriften in Wolfenbüttel, Wien 1910 (Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse 163,6)
Wolfenbüttel Weiss. Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, Abt. 3: Die Weissenburger Handschriften, beschrieben von O. von Heinemann, in: Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, Abt. 2 Teil 5, Wolfenbüttel 1903, 268–443

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).
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