Die illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil 1: 6. bis 12. Jahrhundert, beschrieben von Stefanie Westphal (in Bearbeitung) (Vorläufige Beschreibung)
Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 81 Weiss.
Hieronymus, Martyrologium
Weißenburg — um 800/9. Jh., Anfang
Provenienz: Kloster Weißenburg, Besitzvermerk. 1r Codex monasterii S. Petri in Wissenburg. Zeitangaben: Iuxta Eusebii chronicam anni mille v ccxxciii compotacio Grecorum seu Romanorum …. 1v … ab incarnatione Christi dcclxxii.
Pergament — 102 Bl. — 22 × 15,5 cm
Lagen: III (6). IV+1 (15). 8 IV (79). IV-1 (86). 2 IV (102). Am Ende der ersten beiden Lagen rechts unten die Buchstaben a (6v) und b (15v). Bl. 1-20 Tintenfoliierung. 21-102 neue Bleistiftfoliierung (s. Blattverlust zwischen Bl. 20/21). Guter Zustand. Blattverlust ohne Textverlust zwischen Bl. 80/81 und 20/21. Schriftraum: 19 × 11 cm, einspaltig, 20 Zeilen. Karolingische Minuskel von einer Hand Dieselbe Hand auch in 24 Weiss.. Zur Adallandus-Gruppe gehörig: 10 Weiss., 14 Weiss., 17 Weiss., 18 Weiss., 24 Weiss., 74 Weiss., 13 Weiss., 43 Weiss., 71 Weiss. (?), 13 Weiss. (?), 67 Weiss. (?), 91 Weiss. ( , 51-59). Incipits und Explicits in Zierschrift aus kolorierten Hohlbuchstaben. Die Textanfänge in roter Unzialis. Satzmajuskeln rot hinterlegt. Capitalis, Unzialis
Roter Ledereinband (Nigerziegenleder; Neubindung 1969).
INHALT
7r-101r : Martyrologium Hieronymianum ( , Nov. 2,2, 1931). Dem Text beigefügt Notae Weissenburgensis (vgl. 1, 111). 1r-1v Zeitbestimmung (Text, vgl. , 243). 2v-3r Horologium. In Tabellenform. 3v-4r Horologium. In fortlaufendem Text. 4r-6v Ostertafeln mit Weißenburger Annalen. Für die Jahre 772-854 (erweitert von einer zweiten Hand rückwärts bis 763 und vorwärts bis 858; zu den Annalen, vgl. , Nov. 2,1, XVII; Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 13, 492 mit Neuausgabe in Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 73, 404-406).
AUSSTATTUNG
Eine Zierinitiale. 10 kleinere Initialen.Initialen:
Die Zierinitiale (7,0 cm) zu Texbeginn als Randleisteninitiale mit Flechtbandfüllung. In den Flechtbandzwischenräumen gestreifter Grund. Die Zierschrift zu Beginn des Textes (7r,) bestehend aus kolorierten Hohlbuchstaben und hohlen Federbuchstaben mit roter Punktrandung. Hier als Tituli und Füllornament zwischen den Wörtern verschiedene Blattformen (geschachtelte Herzblätter und eine Halbpalmette). Die Hohlbuchstaben und Federinitialen zu den Textanfängen in KL-Ligaturen (12r,, 18v,, 25r,, 41r,, 50v,, 58r,, 67v,, 84r,, 89v,, 96r,), teils kombiniert mit farbig unterlegten Initialen mit Flechtbandfüllung (12r,,40r,, 49v,, 58r,). Im Besatz Halbpalmetten (7r,), Vogelköpfe (7r,, 41r,) und ein Fabelwesenkopf (50v Hund?).Farben:
Kolorierte Hohlbuchstaben, Initialen und das Ornament in Dunkelgrün und Minium.STIL UND EINORDNUNG
Der Text beinhaltet Angaben zur Entstehungszeit der Abschrift (1v 772), die jedoch von einer anderen, zeitgleichen Hand als derjenigen des Haupttextes stammen. Desweiteren ist die Ostertafel, die die Jahre 772-854 angibt, von einer weiteren Hand rückwärts bis 673 (4r) und vorwärts bis 858 (6v) ergänzt. Eine genaue Datierung aufgrund dieser Zeitangaben erscheint nicht möglich. Am Rand dieser Tafel befinden sich annalistische Randnotizen von verschiedenen Händen, die sich mit Ereignissen bezüglich der Abtei Weißenburg befassen ( , 123, 125). Das anschließende Martyrologium des Hieronymus gibt in kalendarischer Reihenfolge zum Todesdatum des jeweiligen Heiligen auch den Ort des Geschehens an (vgl. , Les martyrologes du Moyen Âge latin, Turnhout 1978 [Typologie des sources du Moyen Âge occidental 26], 31 [unter der Signatur 23]; , Weissenburger Aufzeichnungen vom Ende des 8. und Anfang des 9. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 34 (1919), 401-421). Butzmann zählt die Handschrift zur sogenannten Adallandus-Gruppe (10 Weiss., 14 Weiss., 17 Weiss.,18 Weiss. und 24 Weiss.) und erkennt die Schrift in 24 Weiss. wieder ( , 242). In Anlehnung an die Nennung des Jahres 772 datiert er sie in die 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts. Bischoff hingegen schlägt eine Datierung um 800/1. Viertel 9. Jh. vor. Füll- und Besatzmotive sowie Initialformen der Handschrift mit Vogelköpfen (7r und 41r, vgl. 72 Weiss.) und dreieckig erweiterten Serifen (vgl. 67 Weiss.) entsprechen dem Weißenburger Skriptorium. Die noch vorhandene Verwendung von Federinitialen an prominenter Stelle sowie das Incipit mit flächig ausgeweiteter roter Punktrandung und kolorierten Hohlbuchstaben (7r vgl. 14 Weiss., 24 Weiss. und 74 Weiss.) veranlassen zu einer Datierung um 800 oder Anfang 9. Jahrhundert.Nov. 2,1, 1894, 15-17; Nov. 2,2, 1931, 11. — , Nr.4165 (Heinemann Nr.). — , Weissenburger Aufzeichnungen vom Ende des 8. und Anfang des 9. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 34 (1919), 401-421. — IX, Nr. 1393. — , 706. — , 242-244. — , 77. — , 123-128, 126 Anm. 579. — , Les martyrologes du Moyen Âge latin, Turnhout 1978 (Typologie des sources du Moyen Âge occidental 26), 31 (unter der Signatur 23). — , 19. — , 29, 32, 33, 50. — , Kat.Nr. 17 (P. Carmassi). — , Nr. 7422a.
Abgekürzt zitierte Literatur