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Beschreibung von Cod. Guelf. 885 Helmst. (geplant: Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil V: Cod. Guelf. 616 bis 927 Helmst., beschrieben von Bertram Lesser.)
Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil V: Cod. Guelf. 616 bis 927 Helmst., beschrieben von Bertram Lesser (in Vorbereitung).
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Programms "Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung"

Niederdeutsches Psalterium feriatum

Papier — 160 Bl. — 21 × 14 cm — Braunschweig, Benediktinerkloster St. Aegidien (?) — 1480–1490

Wasserzeichen: Lilie, darüber Krone ohne Bügel, darunter Buchstabe (nicht nachweisbar). Buchstabe P, gebrochen, zweikonturig, mit gespaltenem Schaft, Bogenende mit Dorn, darüber Stange mit vierblättrigem Kleeblatt: WZIS BE3075-PO-112715, BE3075-PO-112716 (beide 1479), AT3800-PO-111205 (1484), DE8730-PO-111203 (1482) Lagen: 13 VI (157)! II (161). In der letzten Lage Pergamentfalz als Heftverstärkung. Zeitgenössische Tintenfoliierung in römischen Zahlen von zwei Händen, von der ersten Hand die rubrizierte Foliierung des eigentlichen Psalters ›I‹–›CXXXIIII‹, Zählfehler: nach Bl. XXVI ein Bl. ungez., Zählung springt von XXIX auf XXXI und von LXXVI auf LXXVIII. Anschließend von einer zweiten, späteren Hand die Zählung CXXXVCLXI. 133v am Beginn von Ps 148 ein durch das Papier gezogener grüner Faden, vermutlich Rest eines angenähten Andachtsbildes o.ä. Nach Bl. 161 drei lose, ungez. Schaltzettel; vgl. Fragmente. Schriftraum: 15–15,5 × 8,5–9 cm, einspaltig (allein 158r–160r zweispaltig, Spalten jeweils 4 bzw. 5 cm breit), je nach Hand 22–32 Zeilen. Insgesamt drei Hände; der Haupttext in sehr regelmäßiger schlaufenloser Bastarda von zwei Händen, Hand 1: 1r157r; Hand 2: 158r161v; die Nachträge 157rv und auf dem HS in unregelmäßiger jüngerer gotischer Kursive stammen wie die Besitzvermerke von der Vorbesitzerin Anna Asken. Rubriziert, rote Satzmajuskeln und rote Lombarden mit Punktverdickungen, in leicht vergrößerter Form auch bei den Ps 38 (32r), Ps 51 (43v), Ps 52 (44r), Ps 80 (72v), Ps 97 (88r) und Ps 101 (90r) als Gliederungsinitialen verwendet. Bei Ps 26 (20v) und Ps 68 (57v) finden sich jeweils blaue Fleuronnéelombarden über 4 Zeilen mit langgezogenen Ausläufern, die jeweils in einem geschwungenen purpurnen Weinblatt mit Weißlinienfiligran enden. 1r zu Ps 1 ornamentale Initiale B in Deckfarbenmalerei in Unzialform über 9 Zeilen; der dunkelpurpurn gehaltene Buchstabenkörper ist mit Weißlinienfiligran sowie hellpurpurnen, stark geschwungenen und gelappten Weinblättern belegt, die weiß geädert und konturiert sind. Das Binnenfeld zeigt auf dunkelblauem Hintergrund gleichartig gestaltete, größere Blätter in hellerem Blau mit geometrischem Weißlinienfiligran anstelle der Blattrippen. Den Buchstaben umgibt ein plastisch aus einer hellblauen und dunkelblauen Leiste zusammengesetzter Rahmen, dessen hellblau gehaltene Zwickel mit Weißlinienfiligran und einem zarten Dreiblatt gefüllt sind. 102r zu Ps 109 ornamentale Initiale D in Deckfarbenmalerei über 4 Zeilen; der Buchstabenkörper besteht aus dunkelblauen, hellgrau gehöhten und konturierten Blättern und Flechtbandmustern im Buchstabenstamm vor einem dunkelgrauen Hintergrund; das Binnenfeld zeigt auf purpurnem Hintergrund eine hellpurpurne Knospenähre mit hellgrauen Stängeln und Konturen. Den Buchstaben umgibt ein purpurner rechteckiger Rahmen mit plastischen Weißhöhungen.

Spätgotischer Holzdeckelband mit dunkelbraun gefärbtem Kalbslederbezug. Einfache Streicheisenlinien. Einzelstempel Stern, achtstrahlig: EBDB s009042. Der vermutlich in Braunschweig angesiedelten Werkstatt "Steterburg" (EBDB w002032) zugeschrieben. Drei Doppelbünde. Zwei Riemenschließen mit rhombischen, gekerbten Fensterlagern, Schließenhaken in Vogelkopfform. Auf VD und HD jeweils fünf Schonernägel aus Messing in Plattenform. Insgesamt 18 aus rot gefärbtem Leder bestehende Registerzungen als Blattweiser; an Bl. 146 ganz, an Bl. 149 teilweise ausgerissen.

Fragmente:
  1. Schaltzettel I. Steterburg, Augustiner-Chorfrauenstift (?). 15. Jh. Pergament. 1 Doppelbl. 9,5 × 14,5 cm. Das aus einem kleinformatigen Codex stammende, lose in den Codex eingelegte Doppelbl. wurde offenbar zweitverwendet; der ältere Text auf der Versoseite ist großenteils getilgt. Als Bl. 161A gez. Schriftraum: 5,5 × 12 cm, einspaltig, 10 (recto) bzw. 8 (verso) Zeilen. Zwei Hände, Hand 1 (Textualis): 161Ar; Hand 2 (Bastarda): 161Av. Der ältere Text auf der Versoseite ist rubriziert, der jüngere auf der Rectoseite ist vollständig in Rot geschrieben. Schreibsprache: Mittelniederdeutsch (ostfälisch). 161Ar Niederdeutsches Vaterunser. Vader vnse de du bis in den hymmelen ghehilghet werde dy name thokome dyn rike dyn wille werde … — … vnde nicht invore vns in bekoringe sunder lose vns van ouele Amen. Weicht vom Text oben, 147v, ab.161Ar Niederdeutsches Ave Maria. Ghegrotet systu Maria vull gnaden de here ys mith dy … — … allen fruwes namen vnde gebenediet ys de frucht dynes lichammes Iesus Cristus Amen. Weicht vom Text oben, 147v, und den Federproben auf dem HS ab.161Av Niederdeutsches Gebet (Fragm.). Here Iesu Criste de du thegen metten stunde vmme den heyl vnde vorlosunge des minschen geslechtes woldest werden vorraden getrecket gefangen vnde geh… vnde enthfengest … (Text bricht ab). Der Text ist weitgehend verblasst.
  2. Schaltzettel II. Steterburg, Augustiner-Chorfrauenstift (?). 15. Jh., 2. Hälfte. Papier. 1 Bl. 7 × 8,5 cm. Das lose eingelegte Bl. war zweimal gefaltet und ist als Bl. 161B gez. Schriftraum: 2 × 7 cm, einspaltig, 3 Zeilen. Bastarda von einer Hand. Keinerlei Buchschmuck. 161Br Oratio rhythmica. Beata quoque agmina | Celestium spirituum | Preterita presencia | Et futura mala pellite et omnes inimicos nostros Amen. Als Grundlage für den Gebetstext diente hier die Hymnenstrophe AH 51 Nr. 129 Str. 2. – 161Bv leer.
  3. Schaltzettel III. Steterburg, Augustiner-Chorfrauenstift (?). 16. Jh., 1. Hälfte. Papier. 1 Bl. 9,5 × 18,5 cm. Das lose eingelegte Bl. besteht aus zwei zusammengeklebten Papierstücken und ist als Bl. 161C gez. Da es ist an der rechten Schmalseite leicht lichtrandig und mürbe ist, könnte es zeitweilig als behelfsmäßiges Lesezeichen gedient haben. Schriftraum: 5 × 16 cm, einspaltig, 8 Zeilen. Jüngere gotische Kursive im Übergang zur Kurrentschrift von einer Hand. Keinerlei Buchschmuck. 168Cr Schutzgebet für eine Verstorbene gegen Nekrophagen. So wyß vnd so warhafftich alse ick hutedages Godes lychman [!] vnde sin hillige blod in prestes handen geseen hebbe, alßo warhafftich vorbedde ick juwe alle gyworme dusses mynschen flesck Metken Ropken nycht mer enbiten noch schedelich syn in dem namen des vaders vnde deß sones vnde des hilligen geystes Amen. Item men schall dre mysse lesen laten vnde horen. Von einer Hand des 16. Jh. geschrieben Die verstorbene Adressatin der Gebetsbitte konnte bislang nicht genauer identifiziert werden, möglicherweise handelt es sich um eine Konventualin aus Steterburg. – 161Cv leer.

Herkunft: Der Codex wurde um 1480–1490 in einem professionell arbeitenden Skriptorium angefertigt, das nach Ausweis der Litanei, der Gebete und des Einbandes in Braunschweig, möglicherweise im Benediktinerkloster St. Aegidien, zu lokalisieren ist. — Später gehörte der Band Anna Asken, vgl. die Besitzvermerke auf dem VS (Anna Asken est bessessor [!] huius), auf dem Kopfsteg 1r (Annaasken [!]) und dem HS (Dvt bock hort Annen Asken). Wie die Nachträge zeigen, hatte sie Cod. Guelf. 885 Helmst. mindestens bis November 1568 im persönlichen Gebrauch. Vgl. zu Anna Asken auch Rosenkränze und Seelengärten, 195f. Nr. I.5 (K. Schnabel). Bei ihrem Eintritt ins Augustiner-Chorfrauenstift Steterburg brachte sie diesen Codex und drei weitere Bücher – den Frühdruck Yv 1441.8° Helmst. und die Mischbände S 65.12° Helmst. und Cod. Guelf. 52 Noviss. 12° (olim S 58b.12° Helmst.) – ins Stift mit, vgl. Kruse Stiftsbibliotheken, 223–230 sowie 423–425. — Am 18.3.1572 wurde er mit den übrigen Steterburger Codices in die Wolfenbütteler Hofbibliothek überführt, vgl. den entsprechenden Vermerk auf dem VS: Auss Steterburgk den 18 Martii anno 72. 1614 im Gesamtkatalog von Liborius Otho (Cod. Guelf. A Extrav., p. 162 [167]) unter den Sacra Biblia et Bibliorum partes als Ein deutscher Psalter geschrieben von einer Nonnen mit der Signatur G 30 nachgewiesen. Seit 1618 in der Universitätsbibliothek Helmstedt, 1644 im Helmstedter Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 19v) in einem Sammeleintrag als Zwei Psalteria Latina [!], vf papier geschrieben unter den Theologici MSStiin quarto beschrieben; im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 716 genannt.

Heinemann Nr. 987. — Rost Bibel, 342 Nr. 50. — Härtel Nachweis, 83 und 88. — N. C. Heutger, Niedersächsische Ordenshäuser und Stifte: Geschichte und Gegenwart. Vorträge und Forschungen, hrsg. von V. Heutger, Berlin 2009 (Forschungen zur niedersächsischen Ordensgeschichte 7), 284.Rosenkränze und Seelengärten, 196 Nr. I.5 (K. Schnabel). — Kruse Stiftsbibliotheken, 223–225, 258, 364, 419. — Handschriftencensus Nr. 17151.

Schreibsprache: Mittelniederdeutsch (ostfälisch), Initien lateinisch.

1r157r Niederdeutsches Psalterium. Enthält im einzelnen folgende Stücke:
(1r135r) Niederdeutsches Psalterium. ›Dussen salme David dichtede dar mede he goddes dienst anrichtede‹. Beatus vir qui non [Ps 1,1]. Salich is de man de nicht afghetreden is na deme rade der bosen vnde de in deme wege der sundere nicht ghestan heft … — … louet one myt tunghen de uthwendich bewisen de inwendighen vroude eyn iowelk gheyst de loue den heren. Enthält den zumeist den der lateinischen Fassung entsprechenden Psaltertext in der Abfolge Ps 1–122, Ps 123 mit dem Schluss von Ps 126, Ps 127, Ps 128, Ps 124–126, Ps 129–150; die Ursache der Umstellung der genannten Gradualpsalmen ist nicht erkennbar. Wie auch in der lat. Tradition sonst üblich sind die drei Laudespsalmen (Ps 148–150) zusammengefasst. Die Gliederung des Psalters mit Hilfe von Gliederungsinitialen und Blattweisern folgt der formalen Dreiteilung in Quinquagenen bei Ps 1, 51 und 101 (vgl. 90r die Rubrik zu Ps 101: ›Dussen salmen schalme lesen der marter to eren vnde to loue vnde is der seuen 'Exaudi' eyn vnde vorder so gheyt hire de dride Quinquagena‹) sowie der liturgischen Achtteilung gemäß dem Cursus romanus bei Ps 1, 26, 38, 52, 68, 80, 97 und 109. In den Psalmen ist vor dem mnd. Text das lat. Initium anzitiert, das für interne Verweise in den Rubriken und für das Register (s. unten) verwendet wird. Die bei fast jedem Psalm vorhandenen Rubriken enthalten Gebetsanweisungen, die sog. "Nutzbarkeit der Psalmen" (je nach Anlass auch wiederholt) und fallweise bei den Psalmen zur Matutin, die Angabe des betreffenden Wochentages, z. B. 20v zu Ps 26: ›Dussen salmen les wedder bose bekoringhe dynes leuendes. Des Mandaghes‹ usf. Einige thematisch passende aufeinanderfolgende Psalmen sind auch unter einer Rubrik zusammengefasst, vgl. 127r zu Ps 139 und 140: ›Dussen twene salme 'Eripe me' vnde 'Domine clamavi' neghest volghende de schalme lesen to loue vnde eren der marter Christi.‹ Vgl. zu den gleichermaßen im gesamtdeutschen Raum verbreiteten, insgesamt sehr fest überlieferten Gebetsanweisungen ("Nutzbarkeit") für die Psalmen W. Walther, Die deutsche Bibelübersetzung des Mittelalters, Teil III, Braunschweig 1892, ND Nieuwkoop 1966, Sp. 602f.; E. Hellgardt, Deutsche Gebetsanweisungen zum Psalter in lateinischen und deutschen Handschriften und Drucken des 12.–16. Jahrhunderts. Bemerkungen zu Tradition, Überlieferung, Funktion und Text, in: Deutsche Bibelübersetzungen des Mittelalters. Beiträge eines Kolloquiums im Deutschen Bibel-Archiv, unter Mitarbeit von N. Henkel hg. von H. Reinitzer, Bern 1991 (Vestigia Bibliae 9/10), 400–413 (405 Hs. genannt). Die "Nutzbarkeit der Psalmen" findet sich mnd. auch in dem lat. Psalter Cod. Guelf. 1220 Helmst. von anlegender Hand sowie nachträglich hinzugefügt in Cod. Guelf. 52 Helmst. (stellenweise, meist auf dem Seitensteg, durch Beschnitt fragmentiert), 999 Helmst. (komplett), 1257 Helmst. (bis Ps 50, jeweils auf dem Kopfsteg) und 146.2 Extrav. (stellenweise). Der mnd. Text der Psalmen gehört ebenso wie die folgenden Cantica in das erweiterte Umfeld einer ursprünglich lat.-mnd. Psaltergruppe mit bislang mindestens 20 Hss., darunter Berlin, SBBPK, Ms. germ. fol. 62, 1ra–202vb (Psalmen mit Gebetsanweisungen, Cantica, Te deum, Pater noster, Ave Maria, Credo, Quicumque, Litanei, Kollekten) und Cod. Guelf. 81.10 Aug. 2°, 1ra275rb (Psalmen, Cantica, Te deum, Pater noster, Ave Maria, Credo, Quicumque, Litanei, Kollekten, Totenoffizium). Anders als in diesen Hss. wurden in Cod. Guelf. 885 Helmst. der lat. Text mit Ausnahme der Initien sowie sämtliche mnd. Einleitungspassagen zu den einzelnen Psalmen weggelassen. Der lat. Text fehlt ebenfalls in den beiden zu diesem Überlieferungszweig gehörenden Lübecker Inkunabeldrucken GW M36237 1r–234v (Psalmen mit Einleitung, nur Canticum trium puerorum, Te deum, Pater noster, Ave Maria, Credo, Quicumque, Litanei, Kollekten, Offizien für den Hl. Geist und die Dreifaltigkeit, Marienoffizium, Totenoffizium, Abendmahlsgebete) und und GW M362397, VIIr–CCLXXIIIIr (Psalmen mit abweichender Einleitung, Cantica, Te deum, Pater noster, Ave Maria, Credo, Quicumque, Litanei, Kollekten, Marienoffizium, Totenoffizium). Den beiden Lübecker Drucken sehr nahe stehen ebenfalls die beiden mnd. Psalter Cod. Guelf. 1171 Helmst. und 1179 Helmst. Das Abhängigkeitsverhältnis der Abschriften untereinander und die Stellung von Cod. Guelf. 885 Helmst. zu dieser Psalteriengruppe bedürfte einer Klärung durch genauere Textuntersuchungen, die hier freilich nicht zu leisten sind. Literatur: Walther Bibelübersetzung (s. oben), Sp. 685–698; H. Vollmer, Die Psalmenverdeutschung von den ersten Anfängen bis Luther. Beiträge zu ihrer Geschichte, 1. Hälfte, Potsdam 1932 (Bibel und deutsche Kultur 2 = Materialien zur Bibelgeschichte und religiösen Volkskunde des Mittelalters 6), 15, 18f. (Hs. genannt), Auswertung exemplarischer Lexeme in den beigefügten Tabellen in Zeile Nr. 69; Vollmer Reisebericht, 36* (Hs. genannt); C. Grönlund, Eine mittelniederdeutsche Psalterhandschrift des 15. Jahrhunderts, in: Niederdeutsche Mitteilungen 2 (1946), 77–104; K. E. Schöndorf, Die Tradition der deutschen Psalmenübersetzung. Untersuchungen zur Verwandtschaft und Übersetzungstradition der Psalmenverdeutschung zwischen Notker und Luther, Köln, Graz 1967 (Mitteldeutsche Forschungen 46), Köln/Graz 1967, 113–122 (152 Nr. 31, 158 diese Hs. genannt, als "nicht eingeordnet" charakterisiert); O. Schwencke, Cantica. Katechetica. Litania. Vigila. Vorfragen zur Filiation und Edition des 28. Waltherschen Psalterzweiges, in: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 92 (1969), 28–68, hier 32f.; 2VL 7, 892f.
(135r136r) Niederdeutsches Canticum Isaiae. ›Dut het en sang des propheten Ysaye dat schal me lesen to erweruende de hulde vnde de gnade goddes. Canticum‹. Confitebor tibi domine quoniam [Is 12,1]. Here ik wil dy louen wente du werest van recht up my tornich nu is dyn vnmoth ghewandelt in barmherticheit … — … spring in groter vroude yeghen den heren vnde loue one wente myddene mang di dar wonet de grote hilge aller hilligen den du beschowen machst ewichliken. Leicht abweichend vom Druck GW M362397, CCXLVIIr–CCXLVIIIr (vergl.). Die Rubrik ist ähnlich wie in der Hs. Berlin, SBBPK, MS. germ. fol. 62, 187rb. Literatur: Stegmüller RB 21g1.
(136r137r) Niederdeutsches Canticum Ezechiae. ›Dut is en sang des konninges Ezechie den schalme lesen vor de sukedaghe lyden vnde to troste allen cristen selen. Canticum‹. Ego dixi in dimidio [Is 38,10]. Ek dachte in der helfte mynes leuendes in myner quaden yoget ek moet nu ane ruwe steruen vnde to der helle porten gan … — … make mi sund so wille wi gude werke to dinen loue don alle de daghe vnses leuendes in der sameninghe der louighen. Leicht abweichend vom Druck GW M362397, CCXLVIIIr–CCXLIXr (vergl.). Die Rubrik ist ähnlich wie in der Hs. Berlin, SBBPK, MS. germ. fol. 62, 188ra. Literatur: Stegmüller RB 21g2.
(137r138v) Niederdeutsches Canticum Annae. ›Dut is en sang sunte Annen den schalme lesen to loue vnser leuen vrouwen martere de se sach vnde hadde van oreme leuen kinde Christo Ihesu vnsen heren. Canticum‹. Exultavit cor meum in domino [I Sm 2,1]. Myn herte is van vrauden uth ghesprungen in der leue des heren vnde myn welde de is ghehoghet in der hulpe mynes salichmekers … — … wolde geuen syneme konninge Christo ouer alle sin volk vnde wil wedder geuen de welde syner cristene sameninge. Leicht abweichend vom Druck GW M362397, CCXLIXr–CCLv (vergl.). Die Rubrik entspricht jener in der Hs. Berlin, SBBPK, MS. germ. fol. 62, 189ra. Literatur: Stegmüller RB 21g3.
(138v139v) Niederdeutsches Canticum Moysis I. Cantemus domino [I Sm 2,1]. Wy willen singen godde herliken wente he is herliken ghe eret dat pert vnde den upsitter worp he in dat meer … — … auer de kindere van Israhel de wanderden ouer dat meer droghes votes. Leicht abweichend vom Druck GW M362397, CCLIr–CCLIIv (vergl.). Literatur: Stegmüller RB 21g4.
(139v141r) Niederdeutsches Canticum Habacuc. ›Dut is eyn sang des propheten Abakuk den schalme lesen dat god eneme vorlighe tijtlike vodynge vnde beware enen vor armode. Canticum‹. Domine audivi auditum [Hab 3,2]. Here ik hebbe gehort dine stemme vnde bevrochtede my … — … leydet my ouer myne hoghe vnde vorwynnet den de in den salmen singet. Leicht abweichend vom Druck GW M362397, CCLIIv–CCLVr (vergl.). Die Rubrik entspricht inhaltlich jener in der Hs. Berlin, SBBPK, MS. germ. fol. 62, 191ra. Literatur: Stegmüller RB 21g5.
(141r144r) Niederdeutsches Canticum Moysis II. ›Dut is eyn sang Moysi den schalme singhen vor de de ghevanghen syn. Canticum deutronomii [!]‹. Audite celi que loquar [Dt 32,1]. Gy hymmele horeth wat ik spreke de erde hore de word mynes mundes … — … vnde wil barmhertich syn der erde sines volkes one to geuende de ewighe vraude. Leicht abweichend vom Druck GW M362397, CCLVr–CCLIXr (vergl.). Die Rubrik entspricht inhaltlich jener in der Hs. Berlin, SBBPK, MS. germ. fol. 62, 192vb. Literatur: Stegmüller RB 21g6.
(144rv) Niederdeutsches Canticum trium puerorum. ›Dut is de sang der drier kyndere den schalme lesen in de ere goddes vnde allen hilgen vnde vor vnvrede. Canticum‹. Benedicite omnia opera [Dn 3,57]. Benediet den heren alle werke des heren louet vnde hoget one ewich myt sanghe … — Leicht abweichend vom Druck GW M362397, CCLIXv–CCLXIr (vergl.). Die Rubrik in der Hs. Berlin, SBBPK, MS. germ. fol. 62, 196ra, weicht ab. Literatur: Stegmüller RB 21g7.
(145rv) Niederdeutsches Canticum Zachariae. ›Dut is de sang Zacharie den schalme lesen in de ere sunte Johannes des dopers Christi vnses heren‹. Benedictus dominus deus Israhel [Lc 1,68]. Benediet sy de here de en god is der kindere von Israhel wente he het yeghenwordich ghewesen vnde ghewercht de losinghe sines volkes … — … dede seten in der dusternisse vnde in deme scheme des dodes uppe dat he vnse vote leydede in den wech des vredes. GW M362397, CCLXIr–CCLXIIr (vergl.). Die Rubrik in der Hs. Berlin, SBBPK, MS. germ. fol. 62, 196vb, weicht ab. Literatur: Stegmüller RB 21h1.
(145v146r) Niederdeutsches Canticum BMV. ›Dut is de sang de Juncfrowen Marien den schalme lesen in der ere orer bodeschup. Canticum‹. Magnificat anima mea dominum [Lc 1,46]. Myn sele de schal hoghen vnde eren den heren wente de ouerste craft myner sele de ys ghevrauwet in godde myneme heile … — … alse he sproken hadde to vnsen vederen to Abrahamme vnde to sineme slechte ewichliken. Leicht abweichend vom Druck GW M362397, CCLXIIr–CCLXIIIr (vergl.). Die Rubrik entspricht der in der Hs. Berlin, SBBPK, MS. germ. fol. 62, 197va. Literatur: Stegmüller RB 21h2.
(146rv) Niederdeutsches Canticum Simeonis. ›Dut is den sang her Symeonis den schal me lesen vor de bewaringhe vnde vorluchtinghe der oghen. Canticum‹. Nunc dimittis servum tuum domine [Lc 2,29]. Ek hebbe gitte Christum geseen vordrach my nu here des tijtliken arbeydes dyneme denere in vrede na dyeme loue … — … vnde de ere alle der schowere goddes nu myt louen vnde hyr na van antlate to antlate. Leicht abweichend vom Druck GW M362397, CCLXIIIr–v (vergl.). Die Rubrik entspricht der in der Hs. Berlin, SBBPK, MS. germ. fol. 62, 198ra. Literatur: Stegmüller RB 21h3.
(146v147r) Niederdeutsches Te deum. ›Dussen louesang heft ghemaket Hilarius bisschup von Pittamen [!] mar sunte Ambrosius vnde sunte Augustinus hebben dut ghebracht in de cristenheit vnde het aldus‹. Te deum laudamus. Here god wy louen dy here wy bekennen dy der ere. Alle dat ertrike dat louet dy ewighe here vader … — … ek hopede here in dy lath my ewich nicht vorderuen. Leicht abweichend vom Druck GW M362397, CCLXIIIv–CCLXVr (vergl.). Der in der Rubrik verlesene ›Hilarius bisschup von Pittamen [!]‹ ist der häufig als Verf. des 'Te deum' genannte Hilarius Pictaviensis, vgl. auch den weitgehend identisch formulierten Kommentar in GW M362397, CCLXIIIv–CCLXIIIIr: Dit heth de louesanck Hylarii des hylghen bisschoppes des stichtes Pictauiensis de ene heft ghemaket … Dat dyt alsus is dat Hylarius dessen louesanck heft ghemaket vnde Ambrosius vnde Augustinus ene der cristenheyt vorbreydet vnde inghesath hebben. Die Rubrik in der Hs. Berlin, SBBPK, MS. germ. fol. 62, 196vb, weicht dagegen ab. Literatur: CPL 650.
(147rv) Niederdeutsches Vaterunser. ›Dut is eyn beth vnses heren Ihesu Christi dat he lerede vnde sunte Matheus de ewangeliste hat id sus to samene sath dar wy mede schullen bidden dat tijtlike vnde ewige gud‹. Pater noster [Mt 6,9]. God vader van gnaden de du bist in den hymmelen in dynen engelen vnde in dynen hilgen de vederlik name werde in vns ghehilghet dat wy van gnaden werden dyne eruen. Der ergänzte Text weicht erheblich von Mt 6,9–13, von der Fassung auf dem oben gen. Schaltzettel (161Ar) und auch von dem Druck GW M362397, CCLXVr–v (vergl.) ab. Die Rubrik in der Hs. Berlin, SBBPK, MS. germ. fol. 62, 198vb, weicht ab.
(147v) Niederdeutsches Ave Maria. ›Dut is de engelsche groet‹. Ave Maria [Lc 1,38]. Ghegrotet sistu Maria vull gnade god is myt dy … — … bouen allen vruwes namen vnde benedyet is de vrucht dynes liues Ihesus Christus Amen. Weicht leicht von den Federproben auf dem HS, vom Text auf dem oben gen. Schaltzettel (161Ar) und auch von dem Druck GW M362397, CCLXVv–CCLXVIv (vergl.) ab.
(147v148v) Niederdeutsches Symbolum apostolorum. ›Dut is de loue der twolff apostelen den se makeden do se sek wolden scheden tho predikende in der werlde van ghebodes weghen Christi vnses heren‹. Credo in deum. Ek dencke myt gantzer leue in god de eyn vader is vnde vormach alle ding de eyn schipper is der hymmelschen ding vnde erdeschen … — … de vpstandinghe de lichammen vorenet myt der sele to deme iungesten daghe vnde dat ewige leuent den guden Amen. Weicht von anderen Fassungen, etwa in Cod. Guelf. 317 Helmst., 284v; 803 Helmst., 182v–183r, oder 1187 Helmst., 63v–64r, ebenso ab wie von dem verglichenen Druck GW M362397, CCLXVIv–CCLXVIIIv (zwei Fassungen; der letzte Teil des Credo wie hier mit eigenem Abschnitt).
(148v150v) Niederdeutsches Symbolum Athanasianum. ›Dut is de cristene loue den Anathasius [!] bisschup tho Allexandrien makede wedder den ketter Arrium de dar was eyn prester vnde eyn meyster to Allexandria vnde heuet alsus an‹. Quicumque vult salvus esse. Eyn iowelk mynsche dede wil salich wesen deme is nod vor allen dingen dat he holde den cristenen louen … — … des nicht truweliken vnde vastliken louet de ne mach nicht salich werden. Ere sy deme vadere vnde dem sone vnde dem hilgen gheiste alse dat was van ambeghinne vnde nu vnde ewich vnde iummermere blyuen schal Amen. Nur geringfügig abweichend vom Druck GW M362397, CCLXVIIIv–CCLXXIr (vergl.). Literatur: CPG 2295; CPL 167; CPPM 38.
(150v154r) Litanei und Fürbitten. ›Dut is de letania‹. Here vorbarme dy ouer vns. Criste vorbarme dy ouer vns. Criste nu twide vns. God vader van deme hymmele vorbarme dy ouer vns. God sone loser der werlt vorbarme dy ouer vns … — … Here vorbarme dy ouer vns. Criste vorbarme dy ouer vns. Pater noster qui. Et ne nos induca in temptacionem etc. Insbesondere in der Anzahl und Anordnung der angerufenen Heiligen bzw. der abschließenden Fürbitten abweichend von dem vergl. Druck GW M362397, CCLXXIr–CCLXXIIIIr. Die hier im Gegensatz zu den Drucken und zum sonstigen Usus einspaltig angeordneten Heiligennamen weisen einige Besonderheiten auf: Unter den Märtyrern finden sich prominent Sancte Blasii und Sancte Thoma (von Canterbury, Patrone des Braunschweiger Kollegiatstifts St. Blasius), untern den Bekennern dagegen der Braunschweiger Stadtpatron Sancte Autor, die Hildesheimer Dom- und Diözesanpatrone Sancte Godeharde und Sancte Berwarde, daneben Sancte Luthgere (auch sonst in Braunschweig und im weiteren Grenzbereich der Diözesen Hildesheim und Halberstadt verehrt) und Sancte Egidi (neben Johannes Evangelista und Auctor Hauptpatron Braunschweiger Benediktinerklosters St. Aegidien).
(154v) Niederdeutsche Benediktionen. Deus misereatur nostri. God de vorbarme sek ouer vns vnde gheue vns sine benediginge he vorluchte syn antlat bouen vns vnde wese vns barmherticheit … — … god de benedie vns vnde de ende des ertrikes schult one alle vrochten. Ere sy deme vader vnde dem sone vnde dem hilgen gheiste alse dat was van ambeghinne vnde nu vnde ewich vnde iummermere bliuen schal Amen. Dieses und die folgenden Stücke fehlen sämtlich in den oben gen. Drucken.
(154v155r) Niederdeutsche Preces maiores. Here dyn barmherticheit werde komende ouer vns vnde dyn heil na dynen worden … — … vnde wes gnedich vnde barmhertich vnsen sunden dorch dynen hillighen namen. Here twide myn beth vnde myn ropent kome to di [Ps 101,2] Die in der Übersetzung gebotene Auswahl entspricht den in den lateinischen Brevieren der Litanei entweder vor- oder nachgestellten Preces maiores; enthalten sind nach der einleitenden Invokation die Abschnitte pro congregatione nostra, pro rege nostro, pro cuncto populo, pro pace et unitate ecclesiae, pro benefactoribus, pro fidelibus defunctis, pro peccatis et negligentiis nostris und der abschließende Versikel CAO 8205. Vgl. u. a. das Breviarium Halberstadense, VD16 B 8147, G7rava.
(155rv) Niederdeutsches Fürbittgebet an Maria. ›Collecta‹. Here beschreme dyne denere myt der hulpe des vredes vnde make seker van allen vienden … — … vnde hulpe der salichen ewighen juncfrouwen Marien.
(155v) Niederdeutsches Fürbittgebet an alle Heiligen. ›Collecta‹. Alleweldighe god vorlye vns hudigen dat wy alle de ghedrucket werden van der bordene … — … vor myddelst der hulpe aller goddes hillighen.
(155v) Niederdeutsches Fürbittgebet an Petrus Martyr. ›Collecta‹. Dencke here barmhertichliken in dat bed dat wy offeren dorch de werdicheytdines hilghen martelers sunte Peters … — … vor den cristenen louen beide inwendich vnde uthwendich.
(155v) Niederdeutsches Fürbittgebet an Thomas Becket von Canterbury. ›Collecta‹. Here wentu de hilghen cristenheit myt wunderliker lere vorclaret hest vnde myt hilghen werken vruchtbar ghemaket vor myddelst sunte Thomas dyneme bichtegere … — … myt vornunft vnde bekantnisse sine lere anzeen vnde volgen ome in synen werken.
(155v156r) Niederdeutsches Fürbittgebet an Christus. ›Collecta‹. Bewise vns here guethliken dine vnsprekeliken barmherticheit uppe dat du alto samene vns reynighest van allen sunden … — … vordenet hebben in der craft dynes sones Cristi Ihesu vnses heren.
(156r) Niederdeutsches Fürbittgebet an Christus. ›Collecta‹. Bewise vns vnde entfang here myt behechlicheit dat bed dyner cristenen sameninge … — … denen mit sekerer vryheit in kraft vnses heren Ihesu Christi.
(156rv) Niederdeutsches Fürbittgebet an die Patrone des Aegidienklosters in Braunschweig. ›Collecta‹. Here ne su nicht an vnse sunde sonder su an dat mylde bed dyner hilgen bererynnen Marien vnde ore hilgen vordenste … — … help vns alse du erkennest vnde sust vnse groten not de du leuest vnde regnerest myt dynen hymmelschen vadere in der enycheit des hilgen gheistes ouer alle ewighe tijde Amen. Unter den im Text weiter genannten Heiligen sind die der Patrone des Braunschweiger Benediktinerklosters St. Aegidien – sunte Johannis Ewangelisten sunte Egidii sunte Autoris durch Rubrizierung besonders gekennzeichnet.
(156v157r) Niederdeutsches Fürbittgebet für König und Fürsten. ›Collecta‹. Here wy bidden dy dattu vormyddelst dyner mylden barmherticheit vplosen willest de bande alle vnser sunde vnde vormyddelst dat biddent der hilgen juncfrowen Marien … — … vnde allen leuighen mynschen leuendich vnde doet ghif dat ewighe leuent vnde den ewighen rauwe vormyddelst Christum Ihesum vnsen heren Amen. ›Deo gracias‹.

157rv Anna Asken: Bericht über die Visitation des Augustiner-Chorfrauenstifts Steterburg (13.11.1568). Anno domini LXVIII in die Bricii de do waz vp ejnen sunnavent do kemen hie de visitatores orer sesse her Peter ein appet van dem Berghe … — … do thogen orer twe hen na Wulfenbuttel vnd ein juncker Franz van Kramme de blef hir wente den donnerdagen do thocht the ock hen. Auf dem ursprünglich freigelassenen Raum nachgetragen. Der im Text erwähnte Abt Peter (fehlt im Kommentar der Ausgabe) ist Peter Ulner (1523–1595), der erste protestantische Abt des Klosters Berge, vgl. R. Stephan-Maaser, Vom Werdener Mönch zum evangelischen Abt in Magdeburg: Peter Ulner und die Reformation, in: Jahrtausend der Mönche, 154–163. Abdruck nach dieser Hs.: Kruse Stiftsbibliotheken, 364–366 Nr. 1.II.

158ra161v Register und Gebete.
(158ra160ra) Liturgisches Psalmenregister. ›In der wynachten tho der metten van der bort Christi les dusse psalmen‹. Quare fremuerunt II. Celi enarrant XV. Eructavit cor XXXVII. Omnes gentes XXXIX … — … Fundamenta LXXVIII. Qui habitat LXXXIII. Cantate LXXXVII. Dominus regnavit LXXXVIII. Das Register listet die im Laufe des Kichenjahres zu den Herren- und bestimmten Heiligenfesten sowie zum Commune sanctorum zu singenden Psalmen auf, wobei das lat. Initium und die Blattzahl angegeben werden. Die Aufstellung beginnt mit Weihnachten, es folgen ›In nyen iares daghe‹ (Circumcisio, 1.1.), ›In twelfften daghe‹ (Epiphanias, 6.1.), ›In der ersten dustermetten les dusse salme‹, ›In der anderen dustermetten les dusse salme‹, ›In der dridden dustermetten les dusse salme‹ (dustermedde, matutinum tenebrosum, die jeweils auf den Nachmittag oder Abend zuvor verlegte Matutin des Gründonnerstags, Karfreitags und Karsamstags), ›In der pasche nacht van der vpstandinge vnses heren Ihesu Cristi‹, ›In der hymmeluart‹, ›Tho pinxstern‹, ›Tho ere der hilgen dreualdicheit‹, ›In des hilgen lichammen daghe‹, ›Tho ere allen hilgen engelen les dusse salme‹ (29.9.), ›Tho ere allen hilgen goddes les dusse salme‹ (1.11.), ›Van den Apostelen‹, ›Van velen hilghen Marteleren les dusse psalme‹, ›Van eynem Marteler edder Bichtigher‹, ›Van vnser leuen fruwen vnde van allen hilgen Junckfruwen vnde wedewen les dusse salme‹ und ›Van der kerckwyginghe les dusse salme‹.
(160rbv) Register zum Psalterium Jesu Christi. ›In eyne dechtnisse vnde dancksegginge des lidendes vnses heren Ihesu Christi schaltu lesen den salter Christi vnde syn dusse teyn salme de hir na ghescreuen stan les se myt innicheit‹. Deus deus meus XVII. Dominus regit me XVIII. Domini est terra XIX … — … vadere went to dem dode, went to dem dode des cruces. Das Register listet die zum sog. "Psalterium Jesu Christi" gehörenden Ps 21–30 mit dem lat. Initium und der Blattzahl auf, es folgen das Responsorium CANTUS 601142 mit dem Versikel CANTUS 601142a, danach anzitiert Kyrie, Pater noster und Ave Maria und schließlich der ›VersiculusCANTUS 6065a. Direkt zugehörig folgt:
(160v) Niederdeutsches Gebet zur Passion Christi. ›Collecta‹. Ghiff vns bidde wy o alwoldige vader dat we vormyddelst dem tydliken dode dynes sones vnses heren Ihesu Christi van der pyne der ewigen vordomenisse moghen vorloset werden … — … dat we ok io moghen delhafftich werden syner vpstandinge Amen. Volkssprachliche Fassung einer lateinischen Collecta in Parasceve domini (Concede quaesumus omnipotens pater ut per temporalem filii tui … passionem …), vgl. in der Hs. Berlin, SBBPK, Ms. theol. lat. qu. 164, 135v (Berlin 1,2, 76).
(160v) Niederdeutscher Tractus. ›Item wan du hefft ghelesen eynen ganßen salter edder itlike salme or sy kleyne effte vele so schaltu de beuelen myt andacht vnsem heren godde vnde lesen dussen tractus myt synen collecten‹. Domine non secundum peccata. Here belone vns nicht na vnsen sunden noch envorghelde vns nicht na vnsen bosheyden … — … Here twyde myn beth vnde myn ropent kome vor dyk. Kombiniert aus dem Tractus CANTUS g00665 mit den Versikeln CANTUS g00665a, g00665b und 800335; am Schluss steht der ›VersiculusCAO 8205. Direkt zugehörig folgen die beiden Kollekten:
(160v161r) Niederdeutsche Kollekte. ›Collecta‹. O du vorbarmer der selen o du vorloser der werld o du ewige god nu so bydde ik sunder dyne vmbegrepliken gnedicheit dat du dorch dechtnisse der salme de ik vnwerdige sunder hebbe ghesproken … — … van alle dusse argen in krafft vnses heren Ihesu Christi de myt dyk in voreninghee des hilgen geystes leuet vnde regneret war god nu vnde ewichliken Amen. Volkssprachliche Fassung einer lateinischen Gebetsformel (Liberator animarum et mundi redemptor Iesu Christe domine deus aeterne supplico ego peccator immensam clementiam tuam ut per modulationem psalmorum …), die vielfach und variant überliefert ist. Druck (u.a.): PL 146, 937D; The complete works of Venerable Bede in the original Latin …, Vol. 1: Life, poems, letters, by J. A. Giles, London 1843, 241.
(161r) Niederdeutsche Kollekte. ›Collecta‹. Almechtige barmhertige god ik bydde ynnigen dyne gudlicheit ghiff mek vnwerdigen sundere dy truweliken vnde werdighen to denende … — … vnde to ewigem troste alle den dar ik myn beth vor uth ghegroten hebbe se syn an dem leuende effte dode Amen. Die zugrundeliegende lateinische Oration konnte bislang nicht ermittelt werden.
(161r) Register der sieben Bußpsalmen. ›Dyt syn de seuen salme vor de sunde‹. Domine ne in furore IIII. Beati quorum XXIIII … — … De profundis CXX. Domine exaudi CXXIX. ›Hir to schaltu lesen de letanie myt alle orer tobehoringhe alse vor ghescreuen is‹. Das kurze zweispaltige Register listet die sieben Bußpsalmen (Ps 6, 31, 37, 50, 101, 129 und 142) mit dem lat. Initium und der Blattzahl auf, vgl. dazu Stegmüller RB 21e.
(161v) Register der sieben Psalmen des Totenoffiziums. ›Dyt syn de seuen salme vor de doden‹. Verba mea III. Domine ne in furore XXXI. … — … De profundis CXX. Voce mea CXXIX. Domine exaudi CXXIX. Das kurze zweispaltige Register listet die sieben Psalmen des Totenoffiziums (Ps 5, 37, 114, 115, 129, 141 und 142) mit dem lat. Initium und der Blattzahl auf, am Schluss Zusatz: ›Tho dem lesten salme les aldus‹: Requiem eternam. Here giff one ewige rauwe vnde dat ewige lecht lat one schinen (CAO 8183).
(161v) Niederdeutsche Fürbitte des Totenoffiziums. ›Vor vader vnde moder‹. Here god dede vns geboden hefft vader vnde moder to erende vorbarme dy gnedichliken der selen … — … vnde lat myk myt one leuen in dere vraude der ewigen klarheit Amen. Niederdeutsche Fassung der weit verbreiteten Fürbitte Deus qui nos patrem et matrem honorare praecepisti …, vgl. CC Corp. orat. 1903; Bruylants 407.
(161v) Niederdeutsche Kollekte des Totenoffiziums für verlassene Seelen. ›Vor alle elende sele les dusse Collecten‹. Vorbarme dy here Ihesu Christe dorch leue willen dyner barmhertigen moder Marien der armen sele de vpp erden neynen sunderliken vorbidder enhebben … — … vnde vore se to der stidde der vorquickinge dar du suluest myt godde dem vadere vnde dem hilgen geyste leuest vnde regnerest ewichliken Amen. Kombiniert und modifiziert zwei Collectae pro desolatis animabus, vgl. im "Hortulus anime" (hier vergl. mit GW 12969, CCXXIXvCCXXXr) und im "Missale Hildeshemense" (hier vergl. mit GW M24451, CCLXXXVvbCCLXXXVIra).


Abgekürzt zitierte Literatur

AH Analecta hymnica medii aevi, hrsg. von G. M. Dreves und C. Blume, Bd. 1–55, Leipzig 1886–1922, Registerbd. 1–3, hrsg. von M. Lütolf, Bern u. a. 1978
Berlin 1,2 Die theologischen lateinischen Handschriften in Quarto der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin, Bd. 2: Ms. theol. lat. qu. 267–378, beschrieben von G. Achten, Wiesbaden 1984 (Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz. Kataloge der Handschriftenabteilung, Reihe 1: Handschriften 1,2)
Bruylants D. P. Bruylants, Les oraisons du Missel Romain. Texte et histoire, Bd. 2: Orationum textus et usus juxta fontes, Louvain 1952, ND ebd. 1965 (Études liturgiques 1,2)
CANTUS CANTUS: A Database for Latin Ecclesiastical Chant. Indices of chants in selected manuscripts and early printed sources of the liturgical Office (http://cantus.uwaterloo.ca//)
CAO R.-J. Hesbert, Corpus antiphonalium officii, Bd. 1–6, Rom 1963–1979 (Rerum ecclesiasticarum documenta. Series maior 7–12)
CC Corp. orat. Corpus orationum, Bd. 1–14, hrsg. von E. E. Moeller, J. M. Clément und B. Coppieters ’t Wallant, Turnhout 1992–2004 (Corpus Christianorum. Series Latina 160)
CPG Clavis patrum Graecorum, Bd. 1–6, hrsg. von M. Geerard und J. Noret, Turnhout 1974–2003 (Corpus Christianorum. Series Graeca)
CPL Clavis patrum Latinorum, hrsg. von E. Dekkers, Steenbrugge u.a. 31995 (Corpus Christianorum. Series Latina)
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Jahrtausend der Mönche Das Jahrtausend der Mönche: Kloster Welt Werden 799–1803. Eine Ausstellung des Ruhrlandmuseums Essen im Museumszentrum Essen und in der Schatzkammer der Propsteikirche Werden, 26. März bis 27. Juni 1999, hrsg. von J. Gerchow, Köln 1999
Kruse Stiftsbibliotheken B.-J. Kruse, Stiftsbibliotheken und Kirchenschätze. Materielle Kultur in den Chorfrauenstiften Steterburg und Heiningen, Wiesbaden 2016 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 28)
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Rosenkränze und Seelengärten Rosenkränze und Seelengärten – Bildung und Frömmigkeit in niedersächsischen Frauenklöstern, hrsg. von B.-J. Kruse, Wiesbaden 2013 (Ausstellungskataloge der Herzog-August-Bibliothek 96)
Rost Bibel H. Rost, Die Bibel im Mittelalter. Beiträge zur Geschichte und Bibliographie der Bibel, Augsburg 1939
Stegmüller RB F. Stegmüller, Repertorium biblicum medii aevi, Bd. 1–11, Madrid 1950–1980
VD16 Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des XVI. Jahrhunderts, Online-Ressource: http://gateway-bayern.bib-bvb.de/aleph-cgi/bvb_suche?sid=VD16
2VL Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 1–12, hrsg. von K. Ruh u. a., 2., völlig neu bearbeitete Aufl., Berlin, New York 1978–2005, Ergänzungsbde.: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon, Bd. 1–3, hrsg. von F. J. Worstbrock, Berlin, New York 2005–2015
Vollmer Reisebericht Ein Reisebericht aus ostmärkischen und anderen Bibliotheken. Passion als Teilübersetzung der Evangelien, hrsg. in Gemeinschaft mit K. Beckey und S. Miers von H. Vollmer, Potsdam 1940 (Bibel und deutsche Kultur 10 = Materialien zur Bibelgeschichte und religiösen Volkskunde des Mittelalters 14)
WZIS Wasserzeichen-Informationssystem. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart (http://www.wasserzeichen-online.de/wzis/index.php)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften Teil IV.
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