Beschreibung von Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek, 2° Cod.Ms. hist. 45 (Lukas Wolfinger: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen volkssprachigen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Lukas Wolfinger.) Beschrieben von Lukas Wolfinger Elektronische Ausgabe nach TEI P5 TEI-P5 konforme Kodierung durch Lukas Wolfinger SUB Göttingen HAB Wolfenbüttel 2020 HAB Wolfenbüttel

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Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Volkssprachige Handschriften .

Göttingen Staats- und Universitätsbibliothek 4° Cod. Ms. hist. 45 Meyer-Sign. Histor. 45 Wappenbuch Utrecht (Bistum)? um 1500 1r-69v Wappenbuch Die Sammlung enthält rund 1400 Wappen von Kaisern, Königen, dem Reich, seinen Fürsten sowie deren Herrschaften und Gefolgsleuten. Auf einen allgemeinen Teil, der die Wappen von Kaisern und Königen des lateinischen Westens sowie einen Überblick über die wichtigsten Wappen des Reichs bietet, folgt ein zweiter Teil, der die Wappen von Fürsten des niederländischen und niederrhein-westfälischen Raumes enthält, ihrer Länder bzw. Herrschaften und der jeweils zugehörigen Adelsfamilien (teilweise auch Städte). In der Regel bestehen die Wappen nur aus einem Wappenschild; die Wappenschilde der Kaiser und Könige auf 1r tragen jedoch überdies noch Kronen. Als Vollwappen mit Spangenhelm, Helmzier und Helmdecke sind allein die Wappen der Familien Aemstell und Mijnden auf 10r gestaltet; die Wappen sind in der Regel, aber keineswegs immer, durch Bildunterschriften namentlich bezeichnet. 1r-v Kaiser und Könige : 19 Wappen mit namentlicher Bezeichnung (davon alle 12 auf 1r mit Kronen; auf 1v ein Wappen nur vorgezeichnet, aber nicht vollendet). 2r-7v die wichtigsten Vertreter des Reichs (Kaiser: 2r, Kurfürsten: 2r, Erzherzöge: 2r, Herzöge: 2r-3v, Markgrafen: 4r, Landgrafen: 4r, Burggrafen: 4r, die vier Grafen, Freiherren und Ritter des Reiches: 4v, Grafen: 5r-6v); 109 vollständig ausgeführte Wappen (davon 108 mit namentlicher Bezeichnung, eines ohne); zudem: 17 Wappen nur vorgezeichnet (davon 16 mit Bildunterschrift, eines ohne); 6 Wappen durch namentliche Bezeichnung angekündigt, aber nicht ausgeführt. 8r-8v leer 9r-18v Bistum Utrecht bzw. <rs type="place" ref="#Utrecht,_Niederstift">Niederstift Utrecht</rs> Hier sijn gestelt die wapenen des Bischops van Vtrecht in sijn yerste ende oude staet sijnre heerlicheyt ende vorstliche hoocheyt wesende mit zijn seuen hoochste ministrael leenmannen ende anderen syne ridderschap ende knapen in sijn gestichte van Utrecht op dese zijde der yselen gelegen Die Wappen des Niederstifts Utrecht sind als einzige durch eine solche Überschrift eingeleitet und hervorgehoben. Von ihnen sind 225 ganz ausgeführt und namentlich bezeichnet; zudem 6 Wappen ohne Bildunterschrift. 19r-21v Herrschaft <rs type="place" ref="#Overijssel">Overijssel</rs> bzw. <rs type="place" ref="#Utrecht,_Oberstift">Oberstift Utrecht</rs> : 56 ganz ausgeführte Wappen mit namentlicher Bezeichnung; zudem 7 Wappen ohne Bildunterschrift; 1 Wappen durch namentliche Bezeichnung angekündigt, aber nicht ausgeführt. 22r-22v leer 23r-25r <rs type="place" ref="#Holland,_Grafschaft">Grafschaft Holland (?)</rs> : 50 ganz ausgeführte Wappen mit namentlicher Bezeichnung. 25v leer 26r-v <rs type="place" ref="#Friesland">Friesland</rs> : 12 ganz ausgeführte Wappen mit namentlicher Bezeichnung; zudem 3 Wappen ohne Bildunterschrift. 27r-32r <rs type="place" ref="#Brabant,_Herzogtum">Herzogtum Brabant</rs> : 80 ganz ausgeführte Wappen mit namentlicher Bezeichnung; zudem: 46 Wappen ohne Bildunterschrift; 1 Wappen nur vorgezeichnet, aber mit Bildunterschrift; 1 Wappen durch namentliche Bezeichnung angekündigt, aber nicht ausgeführt. 32v leer 33r-41v <rs type="place" ref="#Flandern,_Grafschaft">Grafschaft Flandern</rs> : 181 ganz ausgeführte Wappen mit namentlicher Bezeichnung; zudem: 27 Wappen ohne Bildunterschrift; 1 Wappen nur vorgezeichnet, aber mit Bildunterschrift (diese jedoch erst später hinzugefügt). 42r-47v <rs type="place" ref="#Hennegau,_Grafschaft">Grafschaft Hennegau</rs> : 140 ganz ausgeführte Wappen mit namentlicher Bezeichnung. 48r-54r <rs type="place" ref="#Geldern,_Herzogtum">Herzogtum Geldern</rs> : 160 ganz ausgeführte Wappen mit namentlicher Bezeichnung; zudem: 4 Wappen ohne Bildunterschrift; 1 Wappen durch namentliche Bezeichnung angekündigt, aber nicht ausgeführt. 54v leer 55r-58r <rs type="place" ref="#Jülich,_Herzogtum">Herzogtum Jülich</rs> : 81 ganz ausgeführte Wappen mit namentlicher Bezeichnung; zudem 1 Wappen ohne Bildunterschrift. 58v leer 59r-62r <rs type="place" ref="#Kleve,_Herzogtum">Herzogtum Kleve</rs> : 65 ganz ausgeführte Wappen mit namentlicher Bezeichnung; zudem 11 Wappen ohne Bildunterschrift. 62v leer 63r-64r <rs type="place" ref="#Berg,_Herzogtum">Herzogtum Berg</rs> : 20 ganz ausgeführte Wappen mit namentlicher Bezeichnung; zudem 7 Wappen ohne Bildunterschrift. 64v-65r leer 65v-66r <rs type="place" ref="#Muenster,_Bistum">Bistum Münster</rs> : 12 ganz ausgeführte Wappen mit namentlicher Bezeichnung; zudem: 6 Wappen ohne Bildunterschrift; 1 Wappen durch namentliche Bezeichnung angekündigt, aber nicht ausgeführt. 66v leer 67r-69v <rs type="place" ref="#Koeln,_Erzstift"/>Erzstift Köln : 51 ganz ausgeführte Wappen mit namentlicher Bezeichnung; zudem 4 Wappen durch namentliche Bezeichnung angekündigt, aber nicht ausgeführt. Das Wappenbuch war bei der Anlage offenbar noch auf eine Erweiterung hin angelegt: Die unterschiedlichen inhaltlichen Einheiten bzw. die Wappensammlungen zu den einzelnen Herrschaftsbereichen wurden jeweils mit einer neuen Lage begonnen und am Ende boten leere Blätter Platz für Ergänzungen (teilweise noch vorhanden, teilweise später entfernt; s. dazu und zum Entstehungsprozess der Handschrift auch beim Lagenschema). Die Wappendarstellungen sind von hoher Qualität und anspruchsvoll ausgestattet (fein ausgeführte Vorzeichnungen; gekonnt eingesetzte räumliche Effekte, etwa mittels Krallen von Wappentieren, die über den Wappenrand hinausragen, Höhung - gerade auch mit Gold- und Silbertinte - bzw. Schattierungen und Schattenwurf; Verwendung von Pergament, Silber- und Goldtinte). Zweifellos wurden sie von einem - oder auch mehreren - professionellen Maler(n) bzw. einer entsprechenden Werkstatt angefertigt.

Pergament

I, 69, I Bl. 29,5-29,8 20-20,5 4 Tintenfoliierung (modern): 1-69; zudem eine Bleistiftfoliierung (modern), bei der ein leeres Bl. ungezählt blieb: 1-68; Die Handschrift setzt sich neben je einem modernen Vorsatz- und Nachsatzblatt zusammen aus: 2 IV (16). IV-2 (22). III-2 (26). III (32). V-1 (41). III (47). IV-1 (54). 2 II (62). I (64). II-1 (67). I (69); da die verschiedenen thematischen bzw. nach Herrschaftsbereichen geordneten Einheiten jeweils mit neuen Lagen beginnen, aus denen am Ende häufiger - offenbar leere - Blätter herausgeschnitten wurden, ist zu vermuten, dass das Wappenbuch ursprünglich als erweiterbare Sammlung einzelner, loser Lagen angelegt und erst am Ende entsprechender Recherche- und Sammlungstätigkeit oder überhaupt erst in der weiteren Folge gebunden wurde (wobei die nicht mehr benötigten, weil leeren Bl. entfernt wurden).

die Wappen der Sammlung sind in jeweils drei Spalten zu vier Reihen angeordnet (allein auf 9r nur drei Reihen - augenscheinlich weil die Überschrift auf dieser Seite schon zuvor eingetragen worden war und in der Folge Platzmangel die sonst verwendete Einteilung der Seite verhinderte);

die beim Großteil vorhandenen Bild- bzw. Wappenunterschriften sind wohl von einer Hand geschrieben (in Fraktur); nur in manchen Fällen später hinzugefügt bzw. ergänzt oder korrigiert (auf 11v, 17v, 20r, 20v, 26v, 29r, 30r, 31r, 41v, 49r, 51r, 53r, 61r) - von wenigstens drei Händen (I auf: 20r, 20v, 30r, 31r; II wohl auf: 17r, 41v, 53v; III auf: 29r, 30r, 31r, 61v; nicht genau zuzuordnende oder weitere Hände auf: 11v, 26v, 49r, 51r)

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Enthält rund 1400 Wappen, großteils mit Deckfarben, vielfach auch mit Goldtinte und Silbertinte ausgeführt und mit Bildunterschriften namentlich bezeichnet (s. zum Inhalt).

Einband: heller Pappeinband des 18. oder 19. Jhs., am Rücken und an den Ecken mit Leder verstärkt (Halblederband), teilweise deutlich abgenutzt bzw. beschädigt; auf dem Rücken in Goldprägung die Inhaltsangabe Wappenbuch/ Mscpt. sowie ein Papierschildchen mit moderner Göttinger Signatur; diese auch auf dem VS mit Bleistift eingetragen (Cod. Ms. hist. 45); darüber in Tinte die Umfangsangabe 69 foll.; auf dem HS links unten in Bleistift der ältere Göttinger Eintrag Ind. Mss. 12.

Die hohe Qualität und anspruchsvolle Ausstattung der Wappendarstellungen (s. unter Inhalt) lässt auf eine Anfertigung durch einen professionellen (Wappen)Maler - oder mehrere - schließen. Soweit die Unterschriften unter den Wappen tatsächlich aus der Anlagezeit der Handschrift stammen, dürfte diese etwa um 1500 entstanden sein (so schon Göttingen 2, S. 10). Die Zusammenstellung der Wappen, die außer dem allgemeineren Teil auf 1r-7v vorrangig die Wappen aus verschiedenen niederländischen Herrschaften oder Herrschaftsbereichen enthält, spricht ebenso wie die Schreibsprache bzw. Form der Namensschreibung für eine Entstehung in den Niederlanden, genauer gesagt im Bistum/Hochstift Utrecht, das mit den ihm zugehörigen Wappen nicht nur an erster Stelle in der Reihe der verschiedenen Herrschaften steht, sondern auch eigens durch eine Überschrift hervorgehoben ist. Überdies zählen die einzigen beiden Familien (van Amstel und van Amstel van Mijnden), deren Wappen als Vollwappen mit Schild, Helm, Zimier und Helmdecke gestaltet sind, zu den Gefolgsleuten des Bischofs von Utrecht. Dass diese beiden Familienwappen so hervorgehoben sind, legt überdies die Vermutung nahe, dass die Handschrift von einem Mitglied dieser Familien in Auftrag gegeben wurde oder dann wenigstens im Besitz eines solchen war und deshalb diese spezielle Ausstattung erhielt. Ursprünglich dürfte sie keinen festen Einband besessen haben, vielmehr handelte es sich wohl um eine bewusst auf Erweiterung hin angelegte Loseblattsammlung, die erst später gebunden wurde. Die weitere frühneuzeitliche Geschichte des Wappenbuchs ist unbekannt.

Nachweisbar ist die Handschrift erst wieder im Besitz von Carl Christian Haumann (gest. um 1777; Ober-Wege-Commißions-Registrator in Kassel).

Aus dessen Nachlass erwarb sie die UB Göttingen auf einer Auktion, die am 23. März 1778 und den Folgetagen zu Kassel stattfand (s. dazu das Manuale im UB Archiv zum Jahr 1778, S. 29 sowie den Katalog der Auktion: Catalogus einer Bücher-Sammlung, welche der verstorbene Ober-Wege-Commißions-Registrator Haumann zu Cassel hinterlassen und Montags den 23. Mart. 1778 und an den folgenden Tagen in des Kriegs- und Domainen-Raths Ludeman Behausung daselbst, vermittelst einer Auction an den Meistbietenden verlassen werden soll, Kassel 1778; darin ist die vorliegende Handschrift auf S. 11 als Nr. 139 verzeichnet und wird beschrieben als: Ein Wappenbuch auf Pergament gezeichnet und nach der Wappenlehre mit Gold, Silber und andern Farben sauber illuminiert, in sich haltend 1) aller europäischen Königreiche, Fürstenthümer, Grafen und Herrschaften. 2) Des Bischofs von Utrecht und dasiger Ritterschaft etc. Wappen über 700 an der Zahl. Ein überaus schönes und rares Buch und aller Vermuthung nach das einzige in seiner Art.); mittig auf 1v dementsprechend der älteste Bibliotheksstempel der UB Göttingen.

Lukas Wolfinger: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen volkssprachigen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Lukas Wolfinger. Göttingen 2, S. 10-12. Handschriftencensus .