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Beschreibung von Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek, 8° Cod.Ms. Luneb. 24b
Lukas Wolfinger: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen volkssprachigen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Lukas Wolfinger.

Medizinische Sammelhandschrift (Fragm.)

Pergament — 6 Bl. (Fragm.) — ca. 16 × 12 cm — niederdeutscher Raum — 14. Jh. (1. H.)

Lagen: Die 28 etwa gleich großen Pergamentstreifen (jeweils ca. 24 x 1,5 cm; die Breite eines Doppelblattes umfassend) wurden im Zuge der Erschließung und Restaurierung an der UB Göttingen mittels Streifen aus Papier und Stoff wieder in der ursprünglichen Abfolge bzw. zu 6 Einzelblättern zusammengeklebt und in dieser Form zwischen kleine Bögen aus Karton eingebunden; Bleistiftfoliierung (modern): 1-6; die Blätter bzw. Fragmentstreifen sind teilweise erheblich beschädigt und deshalb an einigen Stellen unlesbar (insbesondere auf 1r-2r); Schriftraum: ca. 11,7-12 × 10-10,5 cm; einspaltig, 31-33-36 Zeilen; von einer Hand des 14. Jhs. (1. H.) in Textualis geschrieben; teilweise rubriziert (1r-4v), schlichte Lombarden in Rot; auf 2r eine zweizeilige Initiale nicht ausgeführt.

Die Fragmente sind zwischen ein gefaltetes Kartonblatt sowie mehrere dicke Papierblätter eingebunden; auf der Vorderseite des Kartonblatts außen in Bleistift eingetragen die Göttinger Signatur Luneb. 24b, innen mittig der Bleistifteintrag 6 Bl. (Streifen); direkt darunter zudem der Vermerk (-4 Streifen) 14.10.80 .

Beiliegend ein kleines Blatt mit der Angabe Cod. MS. Luneb. 24b/ Fragmente eines Arzneibuches/ 14. Jh. sowie ein Brief des Hans Reutercrona vom 21. Sept. 1930 (Djursholm) an einen namentlich nicht genannten Bibliotheksrat der UB Göttingen (1 Bl.): Dank für die Übermittlung von Photographien des Göttinger Fragments und Mitteilung, dass das Bruchstück mit den Anhängen des Gothaer Arzneibuchs sehr nahe zusammen gehört, d. h. es sei Teil eines geschlossenen, kleineren Arzneibuchs, wovon wir in einer Kopenhagener, der Gothaer, und in einer Wolfenbütteler Arzneihandschrift auch Abschriften in sehr wenig abweichender Fassung, kennen; außerdem sind Teile davon in eine Utrechter und zwei Hamburger Hss. hineingearbeitet; zudem mit der Absichtserklärung, dies 'Kleine Arzneibuch' mit Heranziehung aller Hss. herauszugeben, und dem Angebot zu Gegenleistungen (angeregt durch Conrad Borchlings Arbeiten zum Niederdeutschen plante der schwedische Germanist Hans Reutercrona um 1930 die Edition der beiden in Stockholm liegenden mittelalterlichen Arzneibücher X 113 und X 114; vgl. Korlén Stockholmer Arzneibuchstudien, S. 449).

Herkunft: Der Schrift und der mittelniederdeutschen Schreibsprache nach zu schließen, entstand die Handschrift, von der die Fragmente stammen, in der 1. H. des 14. Jhs. im nord- bzw. niederdeutschen Raum (auch die weitere Geschichte der Fragmente spricht für diese Herkunft; s. dazu im Folgenden); aufgrund des Inhalts und Formats liegt die Vermutung nahe, dass es sich um ein Buch für die ärztliche bzw. medizinische Alltagspraxis handelte. — Nach der Makulierung desselben wurden die in Göttingen erhaltenen Fragmente bzw. Pergamentstreifen im 15. Jh. - ebenso wie die Pergamentstreifen der Göttinger Fragmente-Handschrift 8° Cod. Ms. Luneb. 24a - zur Falzverstärkung bei der Bindung einer Handschrift verwendet, die Nikolaus' von Lyra 'Expositio super Genesim, Exodum, Leviticum, Numeros, Deuteronomium' enthält (Göttingen, SUB, 4° Cod. Ms. Luneb. 24) und hinsichtlich ihres Inhalts wie ihrer Entstehung wohl mit zwei weiteren Handschriften zusammenhängt, die mit ihr gemeinsam aus dem Lüneburger Kloster St. Michaelis nach Göttingen gelangten (Göttingen, SUB, 4° Cod. Ms. Luneb. 25; Göttingen, SUB 4° Cod. Ms. Luneb. 26). Auf dem Einband von 4° Cod. Ms. Luneb. 25 sind in das Hornplättchen, welches das Titelschildchen auf dem Vorderdeckel schützt, zwei Sterne sowie der Name Ludolphus eingeritzt (vielleicht von einem Vorbesitzer?). Mit ihrem Trägerband sowie insgesamt dem Großteil der Bibliothek von St. Michaelis kamen die Fragmente nach der Auflösung der Ritterakademie zu St. Michaelis im Jahr 1853 nach Göttingen (vgl. dazu und zu weiterer Literatur nun Wolfinger Hort). Hier wurden sie bereits in der 2. H. des 19. Jhs. aus der Handschrift ausgelöst (vgl. Göttingen 2, S. 509-510).

Göttingen 2, S. 509-510. — Borchling Die mittelniederdeutschen Arzneibücher, hier S. 251 (Nr. 2). — Borchling Zur Handschriftenkunde, S. 68. — Temmen Das 'Abdinghofer Arzneibuch', S. 194 (Sigle Gö). — Handschriftencensus.

1r-1v Rezeptsammlung (lat.) , nach einem - aufgrund von Beschädigungen - kaum noch lesbaren Teil, folgt die Rubrik: ›Contra vermes sy caballus habet‹, daran anschließend noch folgende weitere Rubriken bzw. Rezepte erkennbar: De caballo et aliis pecoribus ad vermes occidendos; de illis qui non possunt dormire [?]; De caducis [?]; de serpentibus [?]; Contra tussim; de auribus [oder luribus?]; ...; de serpentibus [?]; de canibus; de asyno; de lacte eque; item; de sacro igne; de capillis fluentibus; die Sammlung in dieser Form scheint bislang unbekannt zu sein und aus unterschiedlichen Quellen zu schöpfen, u. a. wohl - mittelbar oder unmittelbar - aus dem 'Liber medicinae ex animalibus' des Sextus Placitus.

2r-6v Niederdeutscher Gewürztraktat , mit Ergänzungen. [M]uschate is heyt vnde droge; se maket gůt den bosen adem, se sterket den magen … — … so als he den mynschen gripen by deme gordele vnde teil ene (?) . Den Grundbestand des Textes bildet offenbar der so genannte 'Niederdeutsche Gewürztraktat', der hier wie üblich mit Angaben zu Muskat beginnt und beinahe vollständig enthalten ist; die entsprechenden Textpassagen auf 2r, 3r-3v: Muskat, Muskatblüte; nicht erhalten ist der Text zu Nelken und Zibeben; dann Kardamom, Galgant, Lakritz, Anis, Kumin, Saffran, Petersilie, Ingwer, Ceduar d. h. Curcuma zedoaria Rosc./Zitwerwurzel, Batonica [?], Wegbreite, Rose, Raute, Salbei, Veilchen, Zucker mit Veilchen; zu diesem Gewürztraktat siehe den Druck bei: Lindgren, Das Utrechter Arzneibuch, S. 68-72; zudem s. Temmen Das 'Abdinghofer Arzneibuch', S. 314-317, Nr. 6-7, [9]-25; 2VL 6, Sp. 988-990 und Malm Niederdeutscher Gewürztraktat, Sp. 684-686; im vorliegenden Fragment ist der Gewürztraktat auf 2v und 4r-6v allerdings noch erweitert durch ergänzende Einschübe mit weiteren Rezepten.


Abgekürzt zitierte Literatur

Göttingen 2 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 2: Universitäts-Bibliothek: Geschichte, Karten, Naturwissenschaften, Theologie, Handschriften aus Lüneburg, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 2)
Handschriftencensus Handschriftencensus. Eine Bestandsaufnahme der handschriftlichen Überlieferung deutschsprachiger Texte des Mittelalters. Online-Datenbank: https://handschriftencensus.de/
2VL Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 1–12, hrsg. von K. Ruh u. a., 2., völlig neu bearbeitete Aufl., Berlin, New York 1978–2005, Ergänzungsbde.: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon, Bd. 1–3, hrsg. von F. J. Worstbrock, Berlin, New York 2005–2015

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Volkssprachige Handschriften.
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