Lukas Wolfinger: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen volkssprachigen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Lukas Wolfinger. (Vorläufige Beschreibung)

Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek, 4° Cod. Ms. philol. 184-VIII

'Christherre-Chronik'

Pergament — 1 Bl. (Fragm.) — ca. 18,0 × 14,0-14,5 cm — mitteldeutsch-niederdeutscher Übergangsraum — 13. Jh., Ende

Pergament. Das Bl. ist vor allem an der oberen Seite beschnitten (der Großteil der oberen Hälfte fehlt; zudem erheblicher Beschnitt des linken Seitenrandes; der erhaltene Teil misst deshalb nur mehr ca. 12,5 x 18 cm); außerdem war das Fragment vertikal in zwei Teile zerschnitten (erst bei Restaurierung wieder zusammengeklebt); in der Mitte des einen Teils ein beinahe rechteckiges Loch. Schriftraum: ca. 18 × 14-14,5 cm; zweispaltig, ca. 30 Zeilen (Tintenlinierung); Verse abgesetzt, jeder zweite Vers um die Breite eines Buchstabens eingerückt. Haupttext in geübter und regelmäßiger Textualis von einer Hand. Neben der Spalte 1rb auf dem Kopf stehende Einträge (s. dazu unter Herkunft). Mit Anspruch gestaltete Handschrift. Die herausgerückten Verse beginnen mit Versalien, die eingerückten zumeist nur mit kleinen Buchstaben; zudem rote Fleuronnée-Initiale (1ra).

Beiliegend ein Schreiben von Prof. Kurt Gärtner (Universität Trier), vom 28. 08. 1985, betreffend das vorliegende Fragment, das darin als Teil der Christherre-Chronik identifiziert wird (mit Stellen- bzw. Blatt- und Versangaben zu den entsprechenden Textpassagen in der Handschrift SUB Göttingen, 2° Cod. Ms. philol. 188/10).

Herkunft: Die Schreibsprache (md.-nd.) verweist entweder auf das Übergangsgebiet vom mitteldeutschen zum niederdeutschen Raum oder auf einen entsprechend beeinflussten Schreiber (vgl. Plate Die Überlieferung, S. 258). — Die Handschrift, aus der die Fragmente stammen, wurde offenkundig schon im Spätmittelalter makuliert, da die Einträge neben 1rb, die von einer Zweitverwendung als Spiegelbll. herrühren dürften, wohl dem Ende des 15. Jh. angehören. Dazu merkt Vollmer Neue Texte zur Bibelverdeutschung, S. 239 an: „rb hat lateinische Randbemerkungen von jüngerer Hand, nur teilweise leserlich; sie sprechen u.a. von der Pflicht des Klerikers zu eifrigem Studium in libris et in sacra scriptura". Auf dem freien Rand neben der rechten Spalte von 1r zudem ein neuzeitlicher Eintrag (gleichfalls auf dem Kopf stehend): D. 440.*; es handelt sich wohl um die Signatur (oder einen anderen Vermerk) des früheren Trägerbandes, als dessen Spiegelbll. die beiden Teile des vorliegenden Fragments dienten.

Göttingen 1, S. 46. — Vollmer Neue Texte zur Bibelverdeutschung, S. 238-239 (mit Abdruck). — Klein Heinrich von München, S. 92-93, Nr. 82. — Plate Die Überlieferung der 'Christherre-Chronik', S. 31, Nr. 25, S. 258 und Abb. 29. — Handschriftencensus.

1r-v 'Christherre-Chronik'. Der Text des Fragments setzt auf 1ra ein mit ... vnd Iacobes des gebot,/ hat mir van im an v gesant ... und endet ebd. mit ... Moyses den zo namen kunt ... . 1rb beginnt mit ... als vnserm gote wol behage/ Sulent mit reinen dingen ... und bricht ab mit ... in grozen roup ir richeit vil ... . 1va beginnt mit ... dez tete er se wert des gots wigant/ er nam in up vnd sumetz nicht me ... und endet mit ... vnd wiz als der snie gar ... . 1vb beginnt mit ... vor mir sende einen andern dar/ Der ie zo habe hohern sin ... und bricht ab mit ... daz ich daz eine han getan/ nv to als ich geheizen han ... . Das Fragment enthält 52 Verse. Druck (dieses Fragments): Vollmer Neue Texte zur Bibelverdeutschung, S. 238-239. Druck der gesamten Christherre-Chronik nach der Göttinger Handschrift 2° Cod. Ms. philol. 188/10 Cim.: Schwabbauer Christherre-Chronik, Text, S. 201-202 (der Text des vorliegenden Fragments entspricht dort: Bl. 98vb-99ra: V. 12534-12546; 99ra: V. 12564-12576; 99rb: V. 12593-12606; 99va: V. 12624-12634). Allgemein zur Christherre-Chronik s. 2VL 1, Sp. 1213-1217 und 2VL 11, Sp. 317.


Abgekürzt zitierte Literatur

Göttingen 1 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 1: Universitäts-Bibliothek: Philologie, Literärgeschichte, Philosophie, Jurisprudenz, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 1)
Handschriftencensus Handschriftencensus. Eine Bestandsaufnahme der handschriftlichen Überlieferung deutschsprachiger Texte des Mittelalters. Online-Datenbank: https://handschriftencensus.de/
2VL Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 1–12, hrsg. von K. Ruh u. a., 2., völlig neu bearbeitete Aufl., Berlin, New York 1978–2005, Ergänzungsbde.: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon, Bd. 1–3, hrsg. von F. J. Worstbrock, Berlin, New York 2005–2015