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Beschreibung von Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek, 8° Cod.Ms. philol. 189b
Lukas Wolfinger: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen volkssprachigen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Lukas Wolfinger.

Rudolf von Ems

Pergament — 2 Bl. (Fragm.) — etwa 18 × 14 cm — mitteldeutsch — 13. Jh., M. oder 2. H.

Lagen: zwischen den beiden Fragmenten fehlen 957 Verse des Werkes, also rund 7 Bl. (bei zwei Spalten und 34 Zeilen pro Seite; s. beim Layout); auf 2v mittig am unteren Seitenrand Reste eines Kustoden: VIIIus(?). Foliierung (modern) in Tinte: 1-2. Die beiden Bl. dürften als VS und HS eines Buches gedient haben und wurden für diesen Zweck an zumindest zwei Seiten beschnitten, die Maße der ursprünglichen Blätter bzw. des Buchblocks sind demnach nur ungefähr zu erschließen; Schriftraum: 13,5 × 10,5 cm; zweispaltig, 34 Zeilen; Text in regelmäßiger gotischer Buchminuskel und von einer Hand geschrieben; zudem in Tinte noch spätere Hinzufügungen vom Ende des 19. oder beginnenden 20. Jh. (bereits in Göttingen eingetragen; neben der Foliierung und der modernen Göttinger Signatur sind auf jeder Seite auch die Versangaben notiert bzw. die Verweise auf die Textausgabe von F. Pfeiffer); rubriziert, insbesondere die Anfangsbuchstaben jedes Verses bzw. jeder Zeile; die Verse einzeln abgesetzt, ällfällige Freiräume vom jeweiligen Versende bis zum Zeilen- bzw. Spaltenende mit roten Wellenlinien gefüllt; ein- und zweifarbige Lombarden oder Initialen (rot und rot-blau); auf 2v mit floralem Schmuck (Silhouetten-Initialen).

Moderner Pappeinband, gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Göttingen neu für die beiden Fragmente und den unten erwähnten Brief angefertigt. Die Fragmente sind dabei an einen schmalen Papierstreifen angeklebt, der - wohl in jüngerer Zeit - auf einen Stoffstreifen geklebt und über diesen eingebunden wurde; auf dem VD aufgeklebt ein Papierschildchen mit der modernen Göttinger Signatur Cod. Ms. philol. 189b, die mit Bleistift auch auf dem VS noch einmal eingetragen ist; ebd. auch aufgeklebt die Beschreibung von W. Meyer sowie das Formular Auch als Mikroform vorhanden unter Sign.: mit dem maschinenschriftlichen Eintrag MF/8° Cod. Ms. philol. 189b.

Beigebunden ist ein - mit dem Besitzstempel der Göttinger Universitätsbibliothek (ex bibliotheca regia academ. Georgiae aug.) versehenes - Doppelblatt (Papier) mit einem Brief von Dr. phil. Ernst Volger vom 4. Febr. 1862 (aus Wülfinghausen bei Eldagsen), mit dem dieser - ein ehemaliger Schüler der Gebrüder Grimm in Göttingen (vgl. Nolte Quellen und Studien, S. 5) - die beiden vorliegenden Fragmente an den namentlich nicht genannten Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek Göttingen (Karl Friedrich Christian Hoeck; 1794-1877) übersandte, nachdem er zuvor über Prof. Georg Waitz (1813-1886; seit 1848 an der Georgia Augusta) auch schon einige Fragmente des Parzival und des Södermannalag für die K. Bibliothek hatte übermitteln lassen. Volger teilt in dem Brief mit, dass er die Herkunft der Blätter gerne angeben würde, sich aber nicht mehr daran erinnern könne. Nur soviel wisse er noch, dass er sie im Jahr 1846, als er in Lüneburg wohnte, gefunden habe, und zwar entweder im Kloster Ebstorf oder in der amtsregistratur zu Winsen a. d. Luhe. Volger erwähnt neben einem Besuch in Göttingen v. a. auch, dass er alles, was er sonst noch an fragmenten von alten pergam. hss. liegen habe, nämlich eine ziemliche anzahl blätter der Alexandreis des Philippus Gualtherus, vom Sachsenspiegel mit der glosse, von einem commentar zum Aristoteles, von der Vita S. Elisabethen, von einem werke über chronologie, etc. gerne zur Verfügung stelle.

Herkunft: Nach der Schreibsprache ist die Handschrift, aus der die beiden Blätter stammen, im mitteldeutschen Raum entstanden; paläographisch lässt sie sich auf die M. bis 2. H. des 13. Jhs. einordnen. — Bis zum Jahr 1846 befanden sich die Fragmente laut Dr. Ernst Volger im Kloster Ebstorf oder in der Amtsregistratur von Winsen a. d. Luhe, wo dieser sie entdeckte und sie in seine Fragmentesammlung übernahm (vgl. dazu und zum Folgenden die Angaben im beigefügten Brief); nicht allzu überzeugend ist hingegen die These bei Nolte Quellen und Studien, S. 45, dass die beiden Fragmente, anders als Volger sich zu erinnern meinte, eigentlich aus dem Kloster Lüne stammen. Nolte gründete seine Vermutung einerseits darauf, dass Volger, der das Lüner Archiv neu geordnet hatte, der Göttinger UB im Jahr 1862 tatsächlich mindestens eine Handschrift übermittelte, die aus diesem Kloster stammt (SUB Göttingen, 8° Cod. Ms. theol. 230a; vgl. Göttingen 2, S. 440; Nolte Quellen und Studien, S. 21 und S. 45); andererseits darauf, dass in einem Amtsbuch dieses Konvents aus dem Jahr 1505 eingetragen ist: Isto anno misit dompna priorissa duos libros ligare, Ysydor et Josaphat (zum Zitat und zur Sache siehe ebd., S. 45). Zwar macht diese Quellenaussage klar, dass man am Ende des Mittelalters in Lüne wohl eine Version jenes Textes besaß, den die Fragmente beinhalten (Rudolf von Ems, Barlaam und Josaphat). Allerdings spricht der Umstand, dass die Lüner Handschrift dieses Werkes damals gebunden wurde, nicht unbedingt dafür, dass sie, so wie das Göttinger Fragment, aus dem 13. Jh. stammte; sie wäre sonst jahrhundertelang ungebunden geblieben - wenigstens sofern sie damals zum ersten Mal einen Einband erhielt; möglich wäre freilich, dass dieser damals nur erneuert wurde und die Handschrift selbst tatsächlich viel älter war. Zusammen mit den Aussagen E. Volgers spricht die von Nolte zitierte Aussage des Registers allerdings wohl eher gegen als für die Herkunft der Göttinger Fragmente aus Lüne. Am 4. Febr. 1862 übersandte Volger sie an die UB Göttingen (s. oben zum beigebundenen Brief).

Göttingen 1, S. 47. — Prillwitz Überlieferungsstudie, S. 77-78. — Handschriftencensus.

1r–2v Rudolf von Ems: Barlaam und Josaphat. (1r-1v) Do wart der kunec des in ein/ daz er sines hercen not … — … herre got, des si din name/ der gute reine lobesame. (2r–2v) [biz daz in und ouch die diet]/ div naht uon ein ander sciet. … — … waz sin spise were/ der gute unwandelbere ... Ed.: Pfeiffer Barlaam und Josaphat, die betreffenden Textpassagen hier Sp. 346-348, V. 13812-13946 (es fehlen V. 13845 und 13913) sowie Sp. 374-377, V. 14903/4-15038 (es fehlen V. 14937, 14971 und 15005); Lit.: allgemeiner zum Autor und seinem Werk siehe Malm Art. Rudolf von Ems, Sp. 393-408 (hier Sp. 395-396 und Sp. 401, Nr. 3 zu Barlaam und Josaphat); zudem die entsprechenden Beiträge in Cordoni - Meyer Barlaam und Josaphat.


Abgekürzt zitierte Literatur

Göttingen 1 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 1: Universitäts-Bibliothek: Philologie, Literärgeschichte, Philosophie, Jurisprudenz, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 1)
Göttingen 2 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 2: Universitäts-Bibliothek: Geschichte, Karten, Naturwissenschaften, Theologie, Handschriften aus Lüneburg, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 2)
Handschriftencensus Handschriftencensus. Eine Bestandsaufnahme der handschriftlichen Überlieferung deutschsprachiger Texte des Mittelalters. Online-Datenbank: https://handschriftencensus.de/

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Volkssprachige Handschriften.
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