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Beschreibung von Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek, 2° Cod. Ms. philos. 46
Patrizia Carmassi: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen lateinischen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Patrizia Carmassi.

Leonardus Cremonensis

Papier — V, 48, IIII Bl. — 29 × 21 cm — Venetien — 15. Jh. Letztes Viertel (nach 1488).

Papier. Wasserzeichen: 1. Flora - Blatt/Blüte/Baum - Blume - frei, ohne Beizeichen - ohne Stängel - Blüte mit Stempel - acht Blütenblätter: WZIS DE3270-philos46_8. Nicht nachweisbar. 2. Realien - Kleidung, Schmuck - Hut - frei, ohne Beizeichen. Fragmentiert. Nicht nachweisbar. Lagen: II + 1 (V). 3 VIII (42 = 48). II (IX). Originalfoliierung (braune Tinte) mit arabischen Zahlen. Vorsatzblätter nicht foliiert. Sechs leere Blätter zwischen fol. 41 und fol. 42 nicht foliiert. Flecken. Schwemmränder und Quetschfalten. Spuren von Insektenfrass. Einspaltig. 24 Zeilen. Schriftraum: 14-15 × 11 cm. Humanistische Kursive von einer Hand. Rubriziert. Rote und blaue Paragraphenzeichen nur auf fol. 1r. Geometrische Zeichnungen an den Rändern und auf dem Fußsteg, fol. 1-15 mit arabischen Zahlen nummeriert. Auf fol. 38r nur 10 Zeilen geschrieben, um Raum für größere Zeichnung mit konzentrischen Kreisen frei zu lassen. Eine vier Zeilen hohe blau-rote Fleuronnée-Initiale zu Beginn des Traktats (fol. 1r), sonst nur Repräsentanten. 1r: B(en). 2 cm hohe rot-blaue Fleuronnée-Initiale. Blauer Buchstabenstamm mit Aussparungen. Rote Konturlinie im inneren und äußeren Bereich. Im Binnenfeld ein an beiden Enden spiralförmig endender Faden und kleine Punkte. Als Besatz Punkte, Kreise und eine gestrichelte Perle.

Spätmittelalterlicher, italienischer Halbledereinband, Buchdeckel aus Holz. Spuren von zwei verlorenen Riemenschließen mit Haken auf dem HD. Metalllager auf dem HD dreieckförmig erhalten. Drei Bünde. Auf dem Leder Streicheisenlinien (Rauten) und zwei Stempel. Vgl. EBDB, Kulturobjektdokument (buchbinderische Einheit) k000061. Fol. I ist eine moderne Ergänzung (oben links eingedruckt im Papier: ... Staatsarchiv Hannover); die weiteren Vorsatzblätter original. Keine Spiegelblätter. Auf der inneren Seite von VD moderne Signatur (Bleistift) und die Zahl 2. Auf fol. IXv und auf der inneren Seite des HD Prüfvermerke (Gewicht) aus den 70er und 90er Jahre des 20. Jh. (Bleistift). Fol. VIII und IX bei der oberen Kante nicht getrennt. Auf dem Rücken oben ein aufgeklebter grüner Papierzettel mit moderner Signatur auf einem ebenfalls aufgeklebten weißen Ledersstreifen. Kapitalbund oben vorne gebrochen, unten beschädigt. Mittlerer Bund vermutlich gebrochen. Buchschnitt vergraut und wellig. Buchdeckel fleckig, mit Ausbrüchen und Kratzern im Holz. Leder stark abgebaut, weist Risse und Fehlstellen auf, besonders auf dem Rücken und dem HD.

Zur Verstärkung der Lagen wurden dünne Streifen aus einer älteren Pergamenthandschrift auf der Außenseite der Lagen benutzt (14. Jh.?, gotische Minuskel), max. Größe ca. 20,5 x 1,5 cm., wahrscheinlich italienische Herkunft, wie der Einband. Zwischen fol. 16 und 17 sowie fol. 32 und 33 Fragmente verloren und nur Abdruck auf den gegenüberliegenden Papierblättern vorhanden. Nur einzelne unvollständige Worte lesbar (Latein), stark beschnitten. Juridischer Inhalt? Spuren einer verwischten roten Initiale.

Herkunft: Der Verfasser des lateinischen Traktats war in Bologna bis ca. 1438 tätig. Vgl. zu seiner Person LMA 5, Sp. 1893 (M. Folkerts); https://applejack.science.ru.nl/franciscanauthors/ (s.v.), http://www.mirabileweb.it (s.v.). Die Überlieferung seiner Werke konzentriert sich auf Ober- und Mitteitalien. Die italienische Fassung der Compilatio sowie der volkssprachige Nachtrag (beide mit venezianischer Färbung) weisen auf eine Entstehung und spätere Benutzung der Handschrift in der Region Venetien hin. — Provenienz: Die Handschrift war im 18. Jh. im Besitz des Historikers und Geheimrats Georg Willhelm Zapf (1747-1810), der 1773-1786 als Notar in Augsburg tätig war. Zu seiner Person s. Th. Schön, Art. Zapf, Georg Wilhelm, in ADB 44 (1898), S. 693-694. Zu seiner Bibliothek: E. Seidl, Sammeln als existenzielle Notwendigkeit. Der Augsburger Notar, Privatgelehrte und Büchersammler Georg Wilhelm Zapf (1747-1810) als Antiquar, in Archiv für Geschichte des Buchwesens 67 (2012), S. 145-167. — Von Zapf erwarb die Göttinger Universität die Handschrift im Jahr 1784. Vgl. Anmerkung auf fol. Ir. Im Jahr 1783 hatte Zapf einen Katalog mit einem Teil seiner Bücher veröffentlicht, die zum Verkauf standen: Bibliothecae Zapfianae Pars Seu Catalogus Partis Librorum Quos Magno Studio Collegit Georgius Guilielmus Zapf … nunc autem venales prostant, Augustae Vind., 1783. Da die Handschrift schon verkauft worden war, erscheint sie nicht in der Appendix: Bibliothecae Zapfianae Appendix Exhibens Codicum Manuscriptorum Tam Veter. Quam Recentior Apparatum; Quem Summo Studio Atque Labore Collegit Georgius Guilielmus Zapf [...], Augustae Vindelicorum 1789.. Siehe auch 2° Cod. Ms. philol. 113 und Index in Göttingen 3, S. 206-207 für weitere von Zapf an die Universität verkaufte Handschriften. Auf fol. 1r ovaler schwarzer Stempel (3,8 x 3 cm): EX BIBLIOTHECA REGIA ACADEM. GEORGIAE AUG., in Benutzung seit 1910, vgl. Bibliotheksstempel, S. 93.

Göttingen 1, S. 149-150. — Urkunden zur Geschichte der Mathematik im Mittelalter und der Renaissance, hg. von M. Curtze, Leipzig 1902. ND New York 1968 (Bibliotheca mathematica Teubneriana 45,2), S. 339.

Ir leer.

Iv Zwei aufgeklebte Papierzettel: Hinweis auf Mikrofilmierung und Auszug aus Meyers Katalog zu dieser Handschrift. Darunter handgeschriebene bibliothekarische Angaben: 1. (schwarze Tinte) bezüglich handschriftliche Mitteilungen zu dieser Handschrift und Philos. 30 vom 13.2.1900 bzw. dem 15.3.1926 von den Wissenschaftlern Maximilian Curtze (Thorn) und D. J. Streik (Utrecht). Für diese Notizen wird auf den Codex Philos. 30 verwiesen. 2. (Bleistift) Hinweis vom 14.06.2010, das gefaltete Doppelblatt am Ende des Buches nicht aufzutrennen. Unterschrieben: Ro[hlfing].

(IIr) Vermerk zum früheren Besitzer der Handschrift (s. u. Provenienz): Ex Bibliotheca G. W. Zapf. Aug. Vindel. 1784. (IIv) leer bis auf Vermerk III R (alte Signatur?). — IIIr-Vv leer.

1r-29r Leonardus Cremonensis: Artis metricae practicae compilatio. Italienische Fassung. ›Leonardi Cremonensis artis metrice practice compilatio primus tractatus‹. Ben che molti habieno esposita larte metricha ovvero mesurativa in diverse regule io ho deliberato de redurla in picholo volume … — … diametro adimandato. Es folgt ein langer Kolophon: (29r) O tu che lezaray questa opera cognosse mi havere messe molte cose dicte da li altri et haver coreto alcuni diti deli altri ma quale sia la proporcione lazo dita in altro luogo quasi per demostrativa conclusione Deo gratias Amen cumpleta die primo aprilis 1488. Das Datum bezieht sich höchstwahrscheinlich auf die Vollendung der Übersetzung. Unmittelbar danach Hinweise zur Messung des Diameters einer Sphäre: [Q]uando tu voray el diametro di una spera ... diametro adimandato etc. Die lateinische Fassung dieses Traktats befindet sich in der Handschrift italienischer Herkunft (a. 1505) Paris, Bibliothèque nationale de France, latin 7192, fol. 29r-53v. Darin auf fol. 53v ein Kolophon mit Informationen über den Autor: Hec est summa decidens materiam singulorum librorum totius Geometrie Euclidis, edita per Magistrum Leonardum de Antonis de Cremona ordinis fratrum minorum magistrum peritissimum in theologia et omnibus mathematicis disciplinis et expleta per me Bernardinum Aliherium de anno 1505. Vgl. auch ibid., fol. 56r: Copia cuiusdam demonstrationis ... Leonardi Cremonensis reperte super uno folio papiri scripte et figurate eius manu propria. Weitere Handschriften mit der lateinischen Compilatio sind Milano, Biblioteca Ambrosiana I 253 inf. (a. 1485, Norditalien); New York, Columbia University, Rare Book and Manuscript Library, Plimpton MS 203, vgl. Kristeller 5, S. 309: Siehe E. Narducci, Catalogo dei manoscritti ora posseduti da Baldassarre Boncompagni, Roma 1862, S. 113-114 (Nr. 254). Die Handschrift wurde von Curtze eingesehen und beschrieben, S. 340, als sie sich noch beim Antiquariat Halle in München befand. Kristeller 5, S. 382, weist auch auf die Handschrift Princeton University Library, Scheide Library, MS 78, die in der Beschreibung mit der von Boncompagni, Narducci, s. o., p. 113, Nr. 253, korrespondiert. Diese hatte ebenfalls Curtze in München eingesehen, vgl. S. 339-340. Zum Autor vgl. auch Firenze, Biblioteca Medicea Laurenziana, S. Marco 212, fol. 133r: Frater Leonardus de Antoniis de Cremona ordinis minorum bacalarius Bononie compegit 1405. Edition: Urkunden zur Geschichte der Mathematik im Mittelalter und der Renaissance, hg. von M. Curtze, Leipzig 1902. ND New York 1968 (Bibliotheca mathematica Teubneriana 45,2), S. 342-414. Handschrift beschrieben ibid. S. 339. Literatur: Siehe Rezension in Bulletin of the American Mathematical Society 9 (1903), S. 376-381. A. Favaro, Intorno al presunto autore della Artis metrice practice compilatio edita da Massimiliano Curtze, Venezia 1904. Giovanni Giacinto Sbaraglia, Supplementum et castigatio ad scriptores trium Ordinum s. Francisci a Waddingo aliisve descriptos, cum adnotationibus ad syllabum martyrum eorundem Ordinum. Opus posthumum. Editio nova variis additamentis et indice scriptorum chronologico locupletata, Roma 1908-1936. ND Bologna 1978 (Bibliotheca historico-bibliographica 2-4), 2, S. 172. Mohan, S. 301*.

29v-34r Tabulae. (29v-30v) Tabula sinuum. ›Tabula sinuum‹ … — … ›Finis‹. (31r-32r) Tabula sinuum. ›Tabula sinuum secundum proportiones 22 ad septem‹ … — … ›Finis. Laus Deo‹. Beide Tafeln in den Farben Rot und Schwarz geschrieben. Erste und zweite Tafel von Curtze, s.o., S. 434 gedruckt. (32v-34r) Tabula solis. ›Tabula sollis [!]‹ … — … ›Finis‹. In der Farbe Rot geschrieben. — 34v leer.

35r-42v Anonymus: Mathematische Sätze. A volere metere uno tondo mazore … — … et haveray la sua tenuta. 41ar-41fv (= 42-47) leer, liniiert. Edition: Curtze (s. o.), S. 418-432.

— VIr-VIIv leer. (VIIIr) Nachtrag von einer zweiten Hand (schwarze Tinte), bezogen auf den 18.06.1502. In den ersten zwei Zeilen die gleiche Notiz partiell geschrieben, dann gestrichen. Auf der dritten Zeile der vollständige Satz, der das Geburtsdatum von einem Zuan Vigenzo (Giovann Vincenzo) verzeichnet: Nassete Zuan Vigenzo del 1502 adj 18 zugno de sabato a hore .9. — VIIIv-IXr leer. (IXv) Alte Signatur (Bleistift): Cod. philos. 96.


Abgekürzt zitierte Literatur

ADB Allgemeine deutsche Biographie auf Veranlassung und mit Unterstützung Seiner Majestät des Königs von Bayern Maximilian II. hrsg. durch die Historische Commission bei der Königl. Akademie der Wissenschaften, 2., unveränd. Aufl., Neudr. der 1. Aufl., Leipzig 1875–1912, Berlin 1967–1971
Bibliotheksstempel Bibliotheksstempel. Besitzvermerke von Bibliotheken in der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. von A. Jammers, Wiesbaden 1998 (Beiträge aus der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz 6)
EBDB Einbanddatenbank (http://www.hist-einband.de/, besonders die Sammlung Wolfenbüttel)
Göttingen 1 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 1: Universitäts-Bibliothek: Philologie, Literärgeschichte, Philosophie, Jurisprudenz, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 1)
Göttingen 3 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 3: Universitäts-Bibliothek: Nachlässe von Gelehrten, Orientalische Handschriften, Handschriften im Besitz von Instituten und Behörden, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1894 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 3)
LMA Lexikon des Mittelalters, Bd. 1–9 und Registerbd., hrsg. von N. Angermann u. a., München 1980–1999
Mohan G. E. Mohan, Initia operum Franciscalium (XIII–XV s.), St. Bonaventure/NY. 1975–1978 (Franciscan Studies 35, 37, 38)
WZIS Wasserzeichen-Informationssystem. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart (http://www.wasserzeichen-online.de/wzis/index.php)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Lateinische Handschriften.
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