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Beschreibung von 8° Cod. Ms. theol. 295i
Lukas Wolfinger: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen volkssprachigen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Lukas Wolfinger.

Gebetbuch

Papier — I, 237, I — 14,4 × 10,2 cm — Niedersachsen (?)/Frauenkonvent — um 1510-1530

Papier. Wasserzeichen Teil I (Bl. 1-40): Wappen (WZIS DE3270-theol295_i_35; die vom Motiv her ähnlichsten Wasserzeichen WZIS NL0360-PO-28642 und WZIS NL0360-PO-28643 - beide 1531, Arnhem); Hand (WZIS DE3270-theol295_i_2; keine Varianten bekannt, die ähnlichsten Motive aus den 1520er/30er Jahren); Hand (WZIS DE3270-theol295_i_38; ähnliches Wasserzeichen: WZIS NL0360-PO-155106 - 1527, Doesburg); ? (möglicherweise bekröntes Wappen) (WZIS DE3270-theol295_i_12); ? (WZIS DE3270-theol295_i_12a); Teil II (Bl. 41-54): Hand (WZIS DE3270-theol295_i_51); Teil III (Bl. 55-64): kein Wasserzeichen zu erkennen, außer im Falz von Bl. 55 ein Rest, möglicherweise eines 'P'; Teil IV (Bl. 65-74): P (WZIS DE3270-theol295_i_67; für eine Identifizierung zu stark fragmentiert); Teil V (Bl. 75-82): Hand (WZIS DE3270-theol295_i_75; für eine Identifizierung zu stark fragmentiert); Hand (WZIS DE3270-theol295_i_78; für eine Identifizierung zu stark fragmentiert); Teil VI (Bl. 83-155): P (WZIS DE3270-theol295_i_88; keine Variante nachgewiesen, die ähnlichsten Motive 1. H. des 16. Jh.); P (WZIS DE3270-theol295_i_148; WZIS DE3270-theol295_i_140; WZIS DE3270-theol295_i_138; WZIS DE3270-theol295_i_136; diese Wasserzeichen für eine Identifizierung zu fragmentiert); Teil VII (Bl. 156-211): Hand (WZIS DE3270-theol295_i_164; für eine Identifizierung zu fragmentiert); Hand (WZIS DE3270-theol295_i_176; für eine Identifizierung zu fragmentiert); Hand (WZIS DE3270-theol295_i_189; für eine Identifizierung zu fragmentiert); P (WZIS DE3270-theol295_i_192); P (WZIS DE3270-theol295_i_182; soweit erkennbar ähnlich WZIS DE6075-PO-110772 - Siegen, 1514; weitere ähnliche Motive stammen aus vergleichbarer Zeit); P (WZIS DE3270-theol295_i_197; für eine Identifizierung zu fragmentiert); Wappen (WZIS DE3270-theol295_i_205; Zuordnung zu einer Motivgruppe unsicher, die ähnlichsten Wasserzeichen in der Gruppe 'Wappen - Gemeine Figuren - Flora - Lilie - drei Lilien [Schild bekrönt] - Schrägstrich - Buchstaben und Blatt/Blume - C', die für den Zeitraum 1500-1520 nachgewiesen ist, die ähnlichsten Motive aus den 1510er Jahren; möglicherweise identisch mit dem folgenden Wasserzeichen); Wappen (WZIS DE3270-theol295_i_204; vielleicht identisch mit dem vorangehenden Wasserzeichen, aufgrund der unterschiedlichen Überdeckung durch die Tinte des Textes, jedoch keine eindeutige Klärung möglich; beide Wasserzeichen wurden deshalb einzeln aufgenommen); Teil VIII (Bl. 212-234): Hand (WZIS DE3270-theol295_i_219 und WZIS DE3270-theol295_i_228; kein Abgleich vorgenommen, da zu stark fragmentiert). Die Wasserzeichen lassen keine genaue Datierung zu, da sie sonst nicht nachweisbar bzw. für eine genaue Identifizierung oder sogar für die Zuordnung zu einer Motivgruppe zu fragmentiert sind. Grob sprechen sie jedoch - entgegen der Datierung bei Meyer auf das "15. Jh." (Göttingen 2, S. 477) - für eine Entstehung der Handschrift bzw. ihrer Teile in der 1. H., genauer wohl dem 1. V. des 16. Jhs. Lagen: Die Handschrift ist von mehreren Personen geschrieben und besteht aus acht textlich (Inhalt, Hände) wie materiell (Lagen) abgrenzbaren Teilen (I: 1r-40v; II: 41r-54v; III: 55r-64v; IV: 65r-74v; V: 75r-82r; VI: 83r-155v; VII: 156r-211v; VIII: 212r-233v). Diese Einheiten dürften zwar über einen etwas längeren Zeitraum entstanden sein, aber trotzdem aus demselben Kontext stammen und von Beginn an als Einheit gedacht gewesen sein; darauf deutet einerseits, dass sowohl manche Hände mehrfach und in unterschiedlichen Einheiten der Handschrift auftauchen, andererseits, dass bestimmte übergeordnete Themen zu erkennen sind, die Klammern zwischen den verschiedenen Teilen und Texten des Bandes bilden. Die Handschrift besteht neben je einem modernen Vor- und Nachsatzbl. aus folgenden Lagen: VI-1 (?, 11). VI-1 (?, 20!). 2 V (40). VII (54). 2 V (74). IV (82). 5 VI (142). VI+1 (?, 155). V-1 (?, 164). VI+1 (?, 177). 2 VI (201). VI-1 (211!). VI (223). VI-1 (234); insbesondere zwei Lagen (Bl. 156-177) sind in ihrer heutigen Gestalt erheblich gestört, v.a. durch Klebungen. Der originale Lagenverbund ist deshalb nicht eindeutig zu bestimmen. An die Handschrift angebunden war ursprünglich noch ein zeitgenössischer Druck (s. dazu unter Herkunft). Die Blätter sind im vorderen Teil der Handschrift etwas größer (Bl. 1-155; ca. 14,4 x 10,2cm) als im hinteren (Bl. 156-234; ca. 13,9 x 9,9 cm). Bleistiftfoliierung (modern): 1-234; drei leere Bl. (zw. Bl. 12/13, Bl. 19/20 und Bl. 210/211) ursprünglich ungezählt und nun als Bl. 12a, 19a und 210a in die Foliierung einbezogen. Auf Bl. 1-19 Wasser- und/oder Schimmelschaden; Zusammenhang mehrerer Doppelbl. nur durch Klebung gegeben (s. dazu bei der Beschreibung der Lagen). Schriftraum: 10,2 × 7 cm, einspaltig, je nach Schreiber und Text(abschnitt) 16-26 Zeilen (s. unter Hände). Von ca. neun Händen geschrieben (in der Regel schlaufenlose Bastarda; Hand 2 auf 36r-40v allerdings bereits eher Textualis); da sich die Schriften, obwohl sie sich in ihrem Anspruch teilweise deutlich unterscheiden, so manches Mal durchaus ähneln, könnten sie auch von weniger Händen stammen. Hand 1: 1r-35v und 55r-58v; 14-17 Zeilen. Hand 2: 36r-40v; 15 Zeilen. Hand 3: 41r-54v und 58v-64r (?); 18-26 Zeilen. Hand 4: 65r-74v; 18-21 Zeilen. Hand 5: 75r-82r; 21-23 Zeilen; Hand 6: 83r-154v; 14-17 Zeilen. Hand 7: 155r-v (?); Hand 8: 156r-199r sowie 199v-201r, 201v-209r und 209v-210r (?); 17-23 Zeilen; Hand 9: 212r-233v; 23-26 Zeilen. Bei Korrekturen wurden am Rand verschiedentlich Wörter oder Satzteile ergänzt und zumeist über Einfügungszeichen in den Haupttext eingepasst (so auf 45v, 62v, 65r, 74r, 81v, 83v, 117v, 147v, 151r, 218v, 222v); auf 85r-v eine längere Textpassage gestrichen und am Rand durch eine andere ersetzt. Einträge ohne Textbezug am Seitenrand auf 16r (Aue Maria gratia plena; von der Haupthand dieser Seite?) und auf 55r (Stephanus et[?] Laurencius); zudem nach dem Textende auf 74v ein Eintrag von anderer Hand; beim Text zur Passionsgeschichte auf 212r-233v von einer Hand am Rand Korrekturen und/oder Bemerkungen zum Inhalt (214v, 218v, 221v, 222v, 227v); zudem auf 234v Schreibprobe. Ohne besonderen Aufwand gestaltete Gebrauchshandschrift; unterschiedliche Ausstattung der einzelnen Teile bzw. der von verschiedenen Händen geschriebenen Einheiten; sie erfolgte demnach wohl individuell bzw. in den verschiedenen Teilen separat. Rubrizierung sowie Unterstreichungen in Rot in den Abschnitten 2r-35v, 41r-58v, 65r-74v, 156r-189v. Ebenda finden sich auch schlichte Initialen (gleichfalls in Rot; in den beiden Abschnitten 65r-74v, und 156r-189v sind diese ein wenig anspruchsvoller und in ähnlicher Weise gestaltet).

Schlichter, heller bzw. beiger Pappeinband mit erheblichen Beschädigungen (abgerieben, Risse und Ritzungen; speziell an den Kanten Quetschungen und Materialverluste); angefertigt wohl um bzw. nach 1786 im Zuge der Erwerbung durch die Georgia Augusta (s. unter Herkunft); auf dem Rücken aufgeklebtes Papierschildchen mit der Göttinger Signatur (Cod. MS. theol. 295i); am VS eingetragen die ältere Göttinger Signatur Cod. Ms. hist. 806 - hist. 806 dabei von späterer Hand korrigiert zu Theol. 295i; am HS mit Bleistift in der rechten oberen Ecke eingetragen Hist. (daneben möglicherweise radiert) sowie am unteren Rand der Vermerk Ind. MSS. 363.

Herkunft: Die Wasserzeichen sprechen für eine Entstehung der verschiedenen Teile etwa im Zeitraum 1510-1530, die niederdeutsche Schreibsprache verweist dabei auf den norddeutschen/niedersächsischen Raum. Weibliche Wortformen wie 'sunderinne' (etwa auf 20r und 47r) sowie Anweisungen im Plural (s. etwa das Zitat von 74v im Folgenden) legen nahe, dass die Handschrift aus einem Frauenkonvent stammt. Die enthaltenen - volkssprachlichen - Texte passen zu einem solchen Befund. Ob die Nennung der Hll. Stephan und Laurentius am unteren Seitenrand von 55r (Stephanus et[?] Laurentius) sowie der gleichfalls von späterer Hand stammende Eintrag Item des mydwekens lezet alle wekelinck en iar vmme vif pater noster in de ere sunte Stephen vnde Laurentii auf 74v einen Hinweis auf die Provenienz der Handschrift bzw. auf die Patrone einer vorbesitzenden Institution bieten, ist ungewiss. — Über die weitere Geschichte der Handschrift ist bis in die Zeit um 1700 nichts bekannt, sie dürfte sich von ihrem Entstehungskontext jedoch nicht allzu weit entfernt haben. Nachweisbar ist sie dann nämlich wieder im Besitz des Historikers und Orientalisten Hermann von der Hardt (geb. 15. Nov. 1660 in Melle; gest. 28. Feb. 1746 in Helmstedt), der in Helmstedt seit 1688 Bibliothekar der Universitätsbibliothek sowie seit 1690 Professor für orientalische Sprachen war und 1699 zusätzlich Propst des Klosters Marienberg wurde. Nach seinem Tod 1746 gelangte sie an seinen Neffen Anton Julius von der Hardt (1707–1785). Dieser war, so wie sein Onkel, Universitätsbibliothekar (1746-1750) und Inhaber des Lehrstuhls für orientalische Sprachen in Helmstedt (seit 1744), seit 1749 überdies Professor für Altes Testament sowie seit 1766 Abt des Klosters Michaelstein (s. zu ihm die Angaben von Ingrid Henze unter Deutsche Inschriften online: DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 511, in: www.inschriften.net). Nach seinem Ableben 1785 wurde die Bibliothek 1786 in Helmstedt versteigert, zahlreiche Bibliotheken erwarben Stücke aus derselben; so auch die Göttinger UB, die u.a. eine Reihe von Handschriften ersteigerte (4° Cod. Ms. theol. 89; 4° Cod. Ms. theol. 93; 4° Cod. Ms. theol. 115; 4° Cod. Ms. theol. 127; 4° Cod. Ms. theol. 133; 4° Cod. Ms. theol. 134; 4° Cod. Ms. theol. 153; 4° Cod. Ms. theol. 172). Im Auktionskatalog ist der vorliegende Band genannt als: Sacerdotis Bethlehem (Een werdich prest ghenant Her Bethleem) qui saepe sacras vias et loca visit et mensuravit, descriptio distantiaeque mensuratio locorum sanctorum in urbe Hierosolymis. Precationes. Ad calc. tract. impress. Eyne schone underwisinge van dem lidende Christi in fine mutil. (Catalogus Bibliothecae D. Antonii Iulii von der Hardt Abbatis Michaelsteinensis, Theologiae Et LL. OO. Professoris Publ. Ordin. [...], Helmstedt 1786, S. 48, Nr. 294). Bis zur Erwerbung durch die Göttinger Universität war die Handschrift also zusammengebunden mit einer gedruckten 'Unterweisung von dem Leiden Christi'. Es handelt sich dabei um den ca. um 1500 in Lübeck erschienenen niederdeutschen Druck 'Eyne schone Underwisinge van dem Lidende Christi', Lübeck ca. 1500 (GW M17737) bzw. um das in Göttingen liegende Exemplar desselben (SUB Göttingen, Signatur: 8 TH PAST 432/79 INC; rubriziert; die Initialen sind teilweise gleichfalls nachträglich rot nachgezogen bzw. verziert; zudem auf fol. 37r bei der gedruckten Kreuzigungsszene auf dem Körper Christi per Hand in Rot Wunden von der Geißelung ergänzt). Vermutlich wurden beide Teile in Göttingen direkt nach dem Ankauf getrennt, um sie gesondert in den Handschriften- und Inkunabelbestand einordnen zu können. Der Pappeinband dürfte damals angefertigt worden sein. Dafür spricht auch, dass die gedruckte Unterweisung Christi, die aus diesem Band ausgelöst wurde, einen vergleichbaren hellen Pappeinband aufweist. Entsprechend dieser Erwerbungsgeschichte auf 2r der älteste 'kleine' Besitzstempel der Göttinger Universitätsbibliothek (Ex/ Bibliotheca/ Regia Acad./ Georgiae/ Aug:), der sich in gleicher Weise auf Bl. 1r der gedruckten 'Unterweisung' findet.

Göttingen 2, S. 477-478. — Handschriftencensus.

Ir-v neues Vorsatzbl.; leer, abgesehen von den mit Bleistift geschriebenen Vermerken Bl. 15 Sixtus IV und vgl. Bl. 20 'sunderinne' auf Ir, in denen offenbar Details notiert wurden, die für die Einordnung der Handschrift wichtig erschienen; an dieses Bl. vorne angeklebt die Handschriftenbeschreibung von Wilhelm Meyer und der Nutzerbogen der SUB Göttingen.

1r-v leer, abgesehen von mehreren, mit Tinte geschriebenen Vermerken zur Provenienz und zum Inhalt der Handschrift auf 1r: am oberen Seitenrand als Vorbesitzer eingetragen Herman von der Hardt; etwas darunter der Vermerk Ex Bibliotheca Ant. Iul. van/ der Hardt. d. 3 Oct. 1786, worunter sich die Inhaltsangabe findet: Sacerdotis Bethlehem Descriptio/distantiaeque mensuratio locorum sancto-/rum in urbe Hierosolymis. Germanice./ Precationes: Germanice; darunter der alte, wohl ca. aus der Entstehungszeit der Handschrift stammende Besitzvermerk E L hordt dit bock.

2r-32r Priester Bethlem: Kreuzwegbüchlein. Dyt boekeken hed en werdich prester ghenant her Bethleem bescreuen de in dem lande van Kelosten bynnen Ierusalem mennighe tijd ghewant heft ... (6r-7v) Montag. Des Mandaghes. Item to dem ersten make van dem huse dar vnse leue here syn lateste auent mal ad myt alle synen leuen Apostolen ... (7v-11v) Dienstag. Des Dinxstedaghes. Item van der stede dar vnse leue here ghevanggen word beth to Annas hus ... (11v-12a) Mittwoch. Des mydwekens. Item en minske de desse treppe vp cruyt myt synen bloten knen vnde vp jewelken tramen innighen sprick en pater noster. Der Text bricht in der letzten Zeile von 12v mitten im Satz ab mit O leue here ik bidde dy dorch dynen swaren val vnde ... (12ar-v) leer (wohl freigelassen für den Nachtrag der hier fehlenden Textpassage). (13r-20v) Donnerstag. Der Anfang des Textabschnitts, der in der Ausgabe bei Gonnet Overwegingen op het lijden zum Donnerstag gehört, fehlt hier; der Text setzt erst mitten in einem Satz wieder ein mit:... de bosen Joden syne rock vth toghen de in synen hilghen wunden vorbacket was ... (zu dieser Fehlstelle s. im Folgenden). (20v-24v) Freitag. Des vridaghes. Item van der rechten porten beth to dem berghe Caluarie sunt twe hundert vnde twe vnde dortich elen ... (24v-27v) Samstag. Des Sonnauendes. Item van dem cruce beth to der stede dar vnse leue vrouwe stund do vnse leue here se sunte Johannes beuol ... (27v-32r) Sonntag. Item des Sondaghes. O here Jhesu Christe vnsterflike vnnvorwinlike koningk, ik alderminste dyner ledemate myt dynem durem blode vorlosz anbede … — … dat he syn durbar hete blod sterte vp iuwe kolden sundighen zele in afwaskingge iuwer sunden. A(me)n. Der Text ist wie üblich in Abschnitte zu den einzelnen Wochentagen geordnet, allerdings sind diese in der vorliegenden Handschrift bisweilen anders eingeteilt als in der Ausgabe bei Gonnet Overwegingen op het lijden, S. 324-343; zudem fehlt an der Stelle des leeren Blattes 12a Text; da die entsprechende Passage etwa den Umfang einer Seite beträgt, dürfte das Bl. für die Ergänzung dieser Fehlstelle freigehalten worden sein. Naheliegend wäre deshalb, dass in der Vorlage, die der Schreiber der Göttinger Handschrift verwendete, nicht nur der betreffende Text fehlte, sondern auch ein Blatt und demnach bereits bei der Anfertigung der Handschrift sowohl der Umstand als auch der Umfang der Fehlstelle bekannt war. Zwischen Bl. 18/19 ist ein Bl. herausgeschnitten und Bl. 19a ist leer, doch fehlt in beiden Fällen kein Text. Das Ende des Werkes ist im Vergleich zur Fassung in Gonnets Ausgabe gekürzt, da der Text bereits mit jener Passage schließt, die ebd. S. 341 den vorletzten Absatz bildet; in der Göttinger Handschrift fehlen also die letzten zwei Seiten (ebd., S. 342-343). Zum Kreuzwegbüchlein und seinem Autor s. insbesondere 2VL 1, Sp. 835-837 und 2VL 11, Sp. 248; Ausgabe (nach einem Antwerpener Druck von 1518): Gonnet Overwegingen op het lijden, S. 324-343.

32v-35v Fünf Betrübnisse Mariens. Hijr volghet na vijf sunerlike vnde ynnighe bede myt vif pater nosteren van den vif bedrofenissen Marien. O myn alder soteste moder Maria eyn trosterinne aller bedroueden herten dorch de bedrofliken vnde iamerliken bodeschop de dy van her Simeon vorkundighet wort … — … vp dat ik dar dyn leue kind myt allen vtherkaren mote lauen vnde benedigheden in ewicheyt. Amen. I Ave. Die vorliegende Form der 5 Betrübnisse entspricht grob wohl der lat. Fassung, wie sie in der Handschrift Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. brev. 91 überliefert ist (ebd., fol. 58v f.: Ammoneo te sanctissima virgo Maria illius mesticie et doloris quam predixit Symeon ...). Als fünf Betrübnisse Mariens werden darin gezählt: die Weissagung des Simeon, die Suche nach dem zwölfjährigen Jesus im Tempel, die Gefangennahme, Kreuzigung, Kreuzabnahme und Grablegung Christi. Zu diesen Gebeten s. 2VL 1, Sp. 859; zu weiteren lateinischen Fassungen, die auch unter dem Namen 'Quinque ammonitiones beate Marie virginis' auftauchen, s. von Scarpatetti - Lenz Die Handschriften, Bd. 2, S. 274 die Angaben zu fol. 158 des Cod. 517 und S. 295 die Angaben zu fol. 309 ff. des Cod. 519.

36r-40v Vier Gebete zu Jesus. (36-37r) [O] du sute Ihesu ik vor mane dy der drier suaren stote de du haddest in der stunde dynes dodes vnd dancke dy dar vor van alle myne herten … — … vor alle myne sunde vnde vor leue my enen salighen ende. Amen. In ähnlicher Form wohl überliefert in Ebstorf, Klosterbibliothek, IV 13, 188v sowie Ebstorf, Klosterbibliothek, IV 19, 126v - in letzterer Handschrift unter der Überschrift 'Oracio efficatissima pro ultima hora'; s. Ebstorf, S. 66 und S. 104. (37-38r) [O] du sote Ihesu en begher myner zele ik bidde dy dorch dynnes hilghen lidendes willen … — … vnde ok nen vullenkamen vordan hebbe dorch dynes hilghen lidendes willen. Amen. (38r-39v) [O] du alder mildeste here Jhesu Christe myn god vnde schipper wes my gnedich vnde wil my nicht vordomen … — … myt dy vnde alle dyne leuen vterkaren to besitten de to ewighen tiden. Amen. (39v-40v) [O] du wundende hanghende god leuendighe borne aller barmherticheit wo suar was dyn pine … — … Ok bidde ik vor alle de du vorloset hefst myt dynem duren blode den leuendigen ghif vrede vnde bekantnisse den doden de rouwe der ewighen vroude. Amen. In ähnlicher Form wohl überliefert in Ebstorf, Klosterbibliothek, IV 19, 153r; s. Ebstorf, S. 288.

41r-43r Lied 'Anna zart'. O Anna sard to dusser vard lad vns dy nige anheuen eyn loue sanck to ere vnd danck dynem geslechte … — … des geliken wy hebben gerne dy dit led to laue sunghen. Dieses Annen-Lied ist eine Umdichtung des verbreiteten Marienlieds 'Maria zart' und auch im gedruckten 'Braunschweiger St.-Annen-Büchlein' sowie einer Marburger Handschrift erhalten; s. dazu speziell Roolfs Das Braunschweiger St.-Annen-Büchlein, S. 50-51; Edition: ebd., S. 207-208.

43r-46r [St. Annen Rosenkranz]. Eyn bet. Grotet systu hilge moder Anna wes du vnze hulpe vnd trost in aller nod … — … bringer vns dar dor de craft juwes hilgen bedes pater noster. Diese Variante des verbreiteten 'St.-Annen-Rosenkranzes' unterscheidet sich im Wortlaut deutlich von jener, die im Braunschweiger St.-Annen-Büchlein gedruckt ist. Zu diesem Text und seiner Verbreitung s. Roolfs Das Braunschweiger St.-Annen-Büchlein, S. 43; Edition: ebd., S. 193, Z. 14-196, Z. 36. (46r-46v) Na dem rozen kranze en bed. O du vruchbarge wortel des leuendigen holtes, o hilge benendigede Anna … — … vnd brinck myne zele to der vroude des ewigen leuendes, amen. In der vorliegenden Handschrift ist dieses Gebet nicht direkt als Teil des vorangehenden 'St. Annen Rosenkranzes' benannt, doch im Braunschweiger St.-Annen-Büchlein ist es überschrieben als 'De beuelinghe dusses krantzes' und somit als Bestandteil desselben erkennbar; s. dazu die Edition bei: Roolfs Das Braunschweiger St.-Annen-Büchlein, S. 197, Z. 2-18.

46v-51r Fünfzehn Pater noster der Hl. Anna. (46v-47r) [Sieben Freuden der Hl. Anna]. Hijr anheuen sik an sik de XV pater noster. Vrouwe dy o hilge moder Anna en syrde aller vrouwen aldersaligeste aller modermoder, de du dat laster der vnvruchtbarheyt gewandelt hefst … — … de gnade gades werde geuen vnd in dem tokamenden leuende mote wy to gezellet werden den vterwelden hilgen godes, amen. Anders als die Rubrik besagt, handelt es sich bei dem Text noch nicht um die - auf 47r-v folgenden - 'Fünfzehn Pater noster der Hl. Anna', sondern um eine Variante jener Gebete, die sonst als 'Sieben Freuden der Hl. Anna' bekannt sind; s. dazu Roolfs Das Braunschweiger St.-Annen-Büchlein, S. 44; Edition: ebd., S. 197, Z. 23-198, Z. 14 (die Göttinger Handschrift enthält jedoch nicht Versikel und das Schlussgebet, die ebd., S. 198, Z. 15-23 enthalten sind). (47r-51r) Fünfzehn Pater noster der Hl. Anna. Dat sint de XV pater noster van sunte Annen. (47r-v) O du werde hilge vrouwe sunte Anna ik arme sunderinne vormane dy … — … hulpe vnde gnade dyner dochter der juncfrouwen Marien in de vroude des ewigen leuendes. pater noster, Aue Maria. In der vorliegenden Handschrift steht, anders als im Braunschweiger St.-Annen-Büchlein, sunderinne statt sunder, der Text wurde also offenkundig für eine weibliche Leserschaft angepasst. (47v-48r) O benediede vterwelde moder sunte Anna ik mane dy der versprekelken groten vroude der du vorvillet werst … — … vnde der zele vorgeuinge myner sunde vnd dat ewige leuent, Pater noster, Aue. (48r) O hilge Maria benediede dochter der vterwelden moder sunte Annen vorwerf my by dynem leuen sone … — … allen cristen zelen de ewigen rouwe, Pater noster, Aue. (48r-51r) Grotz systu hilge moder Anna van Davites slechte vor allen vrouwen hefstu … — … alzo gud dat ik in eren leuen vnde in gades hulden sterue. Amen. (51r) Desse vofteyn pater noster lis vofteyn dage vor eren dren festen, to dem ersten begunne in sunte Margreten dage, bed an eren dach to dem anderen male in sunte Bartolomeus dage, bed in dem dach der gebord Marien to dem drudden male in sunte Katerinen dage bed in dem dach der entfanginne Marien, vastestu ok dat were deste beter wes du biddest van gade des wes zeker is id nutte id so vnd nummer entbrik (?) dy tidlyk gud vnd ere vnd en vrouwe de nene kinden hed de werd vruchbarich vnde steruet ok nich bi dem kinde de de sunte Annen anropttenn ere dese dre feste ane tuifel du sculd na dessem leuende hebben dat ewige leuent des help vns sunte Anna mit Marien erer leuen dochter. Amen. Edition: Roolfs Das Braunschweiger St.-Annen-Büchlein S. 200, Z. 9-201, Z. 4, S. S. 201, Z. 5-11 und S. 201, Z. 13-205, Z. 15. Die Anweisungen zur praktischen Verrichtung dieser 'Fünfzehn Pater noster der Hl. Anna' auf 51r sind in der von Roolfs edierten Fassung nicht enthalten.

51v-52r Mirakel. Mirakel. Eyn ynnich man plach sik ynnichliken to ouende in dem rozen kranze der juncfrouwen Marien … — … vnde brochten do syne zele mit groter vroude in dat hemmelrik. Dit lezet na dem rozen kranze vnd en pater noster vnd Aue. Letzter Teil von 52r fehlt.

52r Benediktion. Benediet sy de alder soteste name vnzes heren Ihesu vnd de alder werdigeste name der juncfrouwen Marien syner moder … — … vnd dat ganze slechte Marien mit alden hemmelscen scare sy benediet to ewigen tiden, amen.

52r-54v Exempel und Mirakel zur Hl. Anna. (52r-53v) Exempel. Eyn exempel. Id was en juncfrauw in enem closter de hetede Margreta de placht van guder wanheyt … — … vnd dar was scone roke de dat betugede dat dar kamm weren de hemmelscen borgere. (53v) Exempel. En juncvrouwe leuede in enem closter in kuscheyt bet to erem sestigesten jare … — … wil he dar lon van entfanghen. (53v-54r) Mirakel. Mirakel. En man ginck vt sinem huze vt vel so vnuorsichtigen in dat febres dat he muste to handes to bedde gan … — … dat in der suluen tid ver mynschen in der suluen plage storuen. (54r-v) Exempel. Exempel. Id was en rike wedewe vnd vr hadde veles tidlkes gudes … — … alze dat se sik nu ewichliken vrouwet in dem hemmel. (54v) Mirakel. Do sunte Annen vinger quam to Kollen do weren dar gestelke juncvrouwen de begerden em to synde vnd to kussende … — … alze se den vinger kussede word se sunt.

55r-57v Annengrüße. (55r) Ik grote dy O werdighe hilghe frouwe sunte Anna eddele rosen blome ... … — Pater noster. (55r-55v) Ik grote dy eddele lauendelen blome vor syret myt blawer verwe … — … amen. pater noster. (55v) Ik grote dy eddele tymyama vul van soetem roke … — … amen. pater noster. (56r) Ik grote dy eddele fyolitten blome … — … amen. pater noster. (56r-56v) Ik grote dy eddele gholt blome behechlick vnd seer schone … — … amen. pater noster. (56v-57r) Ik grote dy eddele blome des paradises … — … amen. pater noster. (57r-v) Ik grote dy eddele korne blome … — … amen, amen. (57v) Id was en ghestlick juncfrouwe in grotem vor drucke vnde lidende vnde vp ene nacht sach se vor sick stan de hemmel koninginnen Marien myt erer benedigeden moder sunte Annen vnd sunte Anna hadde vp erem houede enen hoet de alto schone ghetyret was mit seuen blomen dar desse voerghescreuen grote ingheschreuen weren myt ghulden bockstauen vnd Maria sede er dat se myt dessen souen ghebeden daghelikes scholde eren vnd groten ere hilghen moder sunte Annen. Ok beuol se er dat se de scholde vor daen leren alle den jonuen den se de leren mochte. Gleichfalls überliefert in: Hülshoff, Bibliothek der Freiherren von Droste-Hülshoff, 1322, fol. 282v; Druck (jedoch ohne die auf 57v befindliche Legende zum Ursprung dieser Annengrüße): Scheyring Die Verehrung, S. 37-40.

58r-58v Gebet zur hl. Anna. O hilge moder sunte Anna en mylde patrone vn(d) trosterinne aller der jonuen de in dy hapende syn wedder dencke der vnsprekelken vroude de du haddest … — … vp dat ik my myt vnd myt em vnd myt alle gades hilghen ewichliken mothen vrouwen, amen.

58v-64r Mariengebete. (58v-59r) [O] Maria moder der barmherticheyt ik bevele my in de craft dyner moderliken barmherticheyt … — … dynen sunderliken namen dede hid en moder der barmhertycheyt. Amen. (59r-59v) Andachtsübung zur Vermeidung des Fegefeuers. [W]ltu de langhen vnd suarem pine des vegeuires vormyden so schultu dyt don. To dem ersten male scultu in groter bittericheyt ann denken wattu dan hefst … — … late stan vor alle dyne sunde, bauen allen dinghen so kere vmme dit. Denkbar wäre, dass der Text hier mit dem Seitenende von 59v abbricht (ein Doppelblatt in der Mitte der Lage könnte verloren sein). (60r-v) Thomas von Canterbury (zugeschrieben). [V]rouwe dy juncfrouwe moder Christi de du hefst allene vordent to wezende so grodin werdycheyt … — … to ewigen tiden. Amen. Sunte Thomas van Cantelbargen hed desse vroude to samende maket vnd Maria hed gelauet we se list se wil eme to hulpe kamen in syner lesten stunde. Amen. (61r) Hebbe lef god dynen heren vnd vor myde de sunde … — … so bystu des wis dattu in nen vegeuir kumpst des help vns god. (61r-61v) Augustinus (zugeschrieben): Ablassgebet zu Maria. [M]yd der craft des almechtigen vaders myd der claren wysheyt synes engebaren sones myd der leue vnd gudheyt des hilgen gestes myd der walt der hylgen dreuoldycheyt ... motestu hogelauede juncfrouwe Maria gegrotet geerd gelouet wezen … — … To dessem vorscreuen bede sunt geuen achtich duzent yar vorgheuinghe dotliker sunde vnd we id list na der bicht in synen knen vertich dage vmme de vordent vorgeuinghe al syner sunde dat hed gemaket sunte Augustinus. (61v-62r) Mariengrüße. [W]es gegrotet Maria en ewich dochter des ewyghen vaders. Aue Maria, wes ghegrotet Maria en ewich vterkaren moder des ewygen sones. Aue Maria, wes ghegrotet Maria en mylde teken des hilgen gestes … — … Maria en vrolik belonersche alder de dy arbeydende synt. Amen. (62v-63r) [O]werdighe vnd vterwelde grote moder vnses here Ihesu Christi, Anna, ik vormane dy der vnsprekelken vroude vnd vrolicheyt … — … entfange vnd sadige my mit syner soten iegenwardicheyt myd al synen hilghen, Amen. Lezet en pater noster. (63r-63v) [O] eddele rode van yesse. O ymmenstock des soten honinges ... ik bidde dy vmme ere vnd leue … — … der namen vns werd to verstande geuen. Pater noster. (63-64r) [O] sone gades en brudegam der juncfrouwen vn blome vnd en frucht der snewytten kuscheyt des juncfrouliken lichnames, nege dyne barmhertigen oren to mynen vnwerdigen bede vnd vorluchte myn herte … — … wy began dat fest erer dechtnisse dat wy moten van allen qualen (?) gelozet werden per dominum.

65r-74v (Sternen)Krone der hl. Anna. (65r-v) einleitende Anrufung. O gy hochgehlaueden chore der hilghen engele vnd alle gy werdighen inwaners der hemelsken stad Iherusalem vnses vaderlandes de gy beghan de daghe der ewyghen vrolicheyt, segget lof ere vnd werdicheyt vor my armen sunderinne … — … vnd myt dy nu to ewyghen tiden heue ik an desse cronen. Lis teygen Aue. (65v-66v) 1. Stern. Wes ghegrotz van my armen sunderinnen du alderschoneste moder Anna du eddele wortele van Yesse du keyserlike vrouwe, vorvrouwe dy in den heren Christum Ihesum. (66v-67v) 2. Stern. (67v-68r) 3. Stern. (68r-v) 4. Stern. (68v-69r) 5. Stern. (69r-69v) 6. Stern. (69v-70r) 7. Stern. (70r) 8. Stern. (70v) 9. Stern. (70v-71r) 10. Stern. (71v-72r) 11. Stern. (72r-72v) 12. Stern. (72v-73r) 'Opferung' der Annenkrone. O du alderwerdigheste alles laues, o du alderleueste des sone gades, sich ik offere dy desse cronen tho laue vnd tho eren … — … myt moderliken ghunste vnd entfange my in den tal de dy denen hijr vnd in dem ewyghen leuende. Amen. Bei dem Gebetszyklus der Annen-Krone könnte es sich um die deutsche Fassung der 'Corona sancte Anne' handeln, die in der Handschrift Hannover, Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek, Ms I 73, fol. 288v überliefert ist, einem vorrangig lateinischen Gebetbuch aus der ersten H. des 16. Jhs., das gleichfalls aus einem norddeutschen Frauenkloster stammt (vgl. Hannover NLB 1, S. 54-61; zur 'Corona sancte Anne' ebd. S. 60). Ob die nachfolgenden beiden Gebete an Maria und Christus zum eigentlichen Corpus der Annen-Krone gehören, ist nicht sicher, doch sind sie erstens von derselben Hand und in einem Zug mit derselben geschrieben; zweitens richten sie sich an die beiden anderen Heilspersonen, die in den Darstellungen der 'Anna Selbdritt' vereinigt sind und wären somit als Erweiterung oder Vollendung des Themas zu verstehen. Schließlich wird in dem Gebet an Christus eigens angesprochen, dass er Anna ghecronet habe. Ein direkter Zusammenhang bzw. eine Zusammengehörigkeit mit der vorangehenden Annenkrone liegt deshalb sehr nahe. (73r-73v) Mariengruß. Wes ghegrotet Maria du moder der myldicheyt, du blome der juncfrouwesschop, ik grote dy myt dyn er eddelen moder sunte Annen … — … vnd van dy tho ewighen tiden. (73v) Ik grote dy keyserlike koningk hemelrikes vnd ertrikes dy lauet de engelsche chor vnd alle creaturen in dyner bendigheden grote moder de du van anbeghinne hefst vterkaren vnd ghecronet myt den aldergrotesten priuilegien … — … vnd mote myne sele bringen in dyn hoghen rike. Amen. Auf den Text des Gebetes folgend Nachtrag von anderer Hand: Item des mydwekens lezet alle wekelinck en iar vmme vif pater noster in de ere sunte Stephen vnde Laurentii.

75r-82r [Arnulf von Löwen]: Ad singula membra Christi patientis (dt.) bzw. Passionsgrüße zu den Gliedmaßen Jesu Christi. (75r) [G]he grotet sistu alder werlde heyl. Ghegrotet sistu myn alderleueste Jhesu, an dyn cruce neghele my. (75r-76r) zu den Füßen. [T]o den hilghen voten: [I]k vmme va myt ynnicheyt de neghele dyner vote. (76r-77r) zu den Knien. [T]ho den hilghen knen: [I]k grote dy Jesu enen koninck aller hilghen. (77r-78v) zu den Händen. [T]ho den hilghen handen: [I]k grote dy ghude Jesu in den sel toghende (?) alze du an dat holt gerecket vnd gheneghelt wordest. (78v-79v) zur Seite. [T]o der syden: [I]k grote dy Jesu du hogheste gud vnd en schoner aller sunder. (79v-81r) zur Brust. [T]ho der borst Christi: [I]k grote dy god myn ewighe heyl. (81r-82r) zum Gesicht. [T]o dem antlate: [O] Ihesu werdighe god ík grote dy. (82r) Schlussgebet(e). [H]ir lis vif Pater noster et Ave Maria vnd desse collecten: [H]ere wy bidden dyne barmherticheyt su an dyn ghesynde … — … wolde vnderghan de myt dy levet vnd regneret in evicheyt des hilghen ghestes vn vnd ewichliken. Amen. Zu Arnulf v. Löwen und seinem lateinischen Liedzyklus s. 2VL 1, Sp. 500-502; in der deutschen Fassung, die die Göttinger Handschrift enthält, auch überliefert in: Greifswald, Universitätsbibliothek, nd. Hs. 17, fol. 63r ff. (s. dazu Greifswald, S. 192-194). Dort ist dem Text noch die Angabe vorangestellt: we dit nascreuen beth list mit jnnichet dem is sek openbarende in der stunde synes dodes Ihesus Cristus, vnd is syne sele bryngende in dat ewige leuent vnd pauwes Vrbanus de is ome geuende twe dusent iar vnd hundert iar vnd seuentich dage aflates. Der Text wurde demnach als Ablassmedium betrachtet und verwendet.

83r-155v Passion, nach den vier Evangelien getrennt. (83r-104v) Matthaeus. [H]ijr an heuedt de passie de dar bescrift sunte Matheus de dar werdt ghelesen an deme palme dage. [I]n der tijd sprak Ihesus to sinen iungeren. Gy weten dat aver twe dage de paschalike hochtijd wert … — … Se ghingenhen vnd vor warden dat graff mit hoedres vnd vorsegelden den sten. Auf 85r-v Textpassage gestrichen und am Seitenrand durch andere Fassung ersetzt. (105r) leer. (105v-124r) Markus. [H]ijr an heuet de passie unses heren Jhesu Christi de dar bescrift sunte Merkus. [I]n der tijd wurden Paschen vn(d) de daghe des soeten brodes … — … Und lede en in eyne graff dat was in enen steyn ghehouwen vnd wolter de eynen steyn vor de doere des graues. Amen. (124v-125r) leer. (125v-143v) Lukas. An deme midweken de passio Luce. [I]n der tijd alse sick dar nalede de dach des paschliken hochtides vnd do sochten de forsten der oeuversten prestere wo se Jesum doden mochten … — … vnd lede en in eyn vthghehouwen graff dar noch nu werle en inghelecht was. Amen. (144r) leer. (144v-155v) Johannes. [D]e passio unses heren Jhesu Christi so Johannes bescrift an deme stillen vrigdaghe. [J]hesus de is vth gheghan myt synen jungheren auer de beke Cedron … — … nach dem dat dat graf was na darvby leden se dar in Jhesum.

156r-199r Passionsbetrachtung. (156r-157v) Prolog. Welck minsche vruchtbarighen wil betrachten dat bitter lident Jhesu Christi vnses heren de schal al syne butenwendighen synne tho sluten … — … vnd ok vor alle cristen sele vnde vor de besunderghen de dy in dyn bed beualen syn. (157v-166r) (zum Samstag). (157v-158r) Adiutorium nostrum in nomine domini, qui fecit celum et terram, amen: Adiuva me dulcissime domine … — … tibi deuotissimo corde gratias agere. (158r-166r) Ick dancke dy myn alderleueste here hemmelsche vader de du bist sunder anbeghin … — … vnd menliken moghe vechten jeghen den bosen vigent vnde alle lastere. (166r) Tibi laus tibi gloria tibi gratiarum actio benignissime atque dulcissime Jhesu … — … secundum tuam sanctissimam voluntatem et ad meam perpetuam salutem, amen, amen. (166v-169v) (zum Sonntag). (166v) Adiutorium nostrum in nomine domini, qui fecit celum et terram. Adiuva me domine Jhesu Christe deuoto corde meditare tuam agoniam et orationem prolixam … — … Post hec incipe meditare passionem domini nostri Jhesu Christi et lege deuote. (166v-169v) O myn alder leueste Jhesu Christe ik segge dy lof ere … — … vnde vor alle christen zele vnde lose se vth allen noden vnde pinen, amen. (169v) Tibi laus tibi gloria etc. ut supra. (169v-176v) (zum Montag). (169v) Adiutorium nostrum in nomine domini, qui fecit celum et terram. Adiuva me domine Jhesu Christe doloroso et mesto corde meditari … — … quod tu a Iudeis captus es. (169v-176v) O myn alderleueste here do du an dem garden dyne vigende hordest sprekende … — … wan myn leuent bracht wert an de nacht des dodes vnde my den io mote entschinen de dach des ewighen leuendes, amen. Pater noster. (176v) Tibi laus tibi gloria, tibi gratiarum actio benignissime etc. (176v-182r) (zum Dienstag). (176v) Adiutorium nostrum in nomine domini, qui fecit celum et terram, amen. Adiuva me domine Jhesu Christe mente tristi meditari … — … presentatus flagellatus et spinis coronatus. (176v-182r) O myn alder leueste here ik segge dy loff ere vnde werdicheyt vor alle dyne woldaet besunderghen vor dyn hilghe bitter lident … — … dat ik nummer mothe vallen vnder de gheyslen dynes tornes vnde der bitteren pine des veghe vures. Pater noster. (182r) Tibi laus tibi gloria, tibi gratiarum actio benignissime atque dulcissime Ihesu my sponse etc. (182r-188r) (zum Mittwoch). (182r) Adiutorium nostrum in nomine domini, qui fecit celum et terram. Adiuua me bone Jhesu compassiuo corde meditare … — … veste purpura exutus et ligno crucis honeratus. (182r-187v) O myn alderleueste here ik segge dy ere vnde werdicheyt vor alle dyne woldaet vnde vor dyne hilghen minskwerdinge … — … vnde al dyn hilghe bittere lident dat ik nummer vor laren werde, amen. Pater noster. (188r) Tibi laus tibi gloria tibi gratiarum actio benignissime atque dulcissime Jhesu etc. (188r-192r) (zum Donnerstag). (188r) Adiutorium nostrum in nomine domini, qui fecit celum et terram. Adiuva me domine Jhesu Christe mesto corde meditare … — … et cum cruce de terra leuatus. (188r-192r) O myn alder soeteste here ik dancke dy et cetera. Sunderliken dancke ik dy des groten lidendes dat du haddest … — … vnde al mynen leuen vrunden leuendighen vnde doden vnde allen elenden zelen, amen. Pater noster, Ave Maria. (192r) [T]ibi laus etc. vt supra habetur. (192r-198r) (zum Freitag). (192r) [A]diutorium nostrum in nomine domini, qui fecit celum etc. [A]diuva me domine Jhesu Christe compassiuo corde meditari … — … tribus horis pro me passus es. (192r-198r) [O] leue here Jhesu Christe ik dancke dy etc. vnde im besunderghen neme ik in myne dancken vor my de groten vnspreckliken pine … — … vnde leuen to ewighen tiden vnde dat ik io nummer mothe in dat veghe vur ghaen. (198r-198v) Über die Auferstehung Christi. [O] wo segheuechtliken trad dyn eddele zele in de helle vnde losede dar vth de ghevanghen … — … dat ik sekerliken moghe volghen to dem hoghen vader lande, amen. (198v-199r) Anweisungen zur Verwendung der Passionsbetrachtung. [D]u schalt ok io dechtich wesen kortliken alle daghe by enem jewelken artikel de groten smerte de dar van hadde Maria de eddele moder dynes leuen heren vnde schult se trosten na dynem vormoghe vnde eer dyne nod ok dyn lif vnde zele vnde al dyne vrunde beualen besunderghen alze se vnder dem cruce stoet vnde alze se ere leue kynt doet an erem schote helt. [D]esse klenen meditacien dede screuen is per modum orationis mach en jewelick holden na syner ynnicheit wente de hilghe ghest dat dicke soter maket in enem ynnighen herte alze me bescriuen kan, deme dit ok to lanck is de mach id wol korter maken. Auerst en jewelick besunderghen en ghestelick minsche is dar to vor plichtighet desse sterken wapen vp syn herte to settende vnde io ene stundeken dar inne to mediterende in dem daghe vnde des morghens dar mede an heuen alle syne werke vnde des auendes dar alle de sunde dar he inne vallen is dar inne af wasken wente passio Christi is fasciculus mirre dat stedes inter vbera sponse rouwen schal. Hijr inne syn fontes saluatoris et probatica piscina dar sick de brud inne wasken mach dar van er moghen seggen de hilghen engele vnde van al den de gherne hebben memoriam passionis Christi, iste sunt que [!] venerunt ex magna tribulacione et lauerunt stolas suas et de albauerunt eas in sanguine agni; hii sequntur agnum quocumque ierit, amen. Dieser Text ist auch überliefert in SuUB Bremen, msc 14, fol. 1r-55v (vgl. Bremen SUB 1, S. 181-184, hier S. 182-183), wo er im Gegensatz zur Göttinger Handschrift explizit für die Wochentage von Samstag bis Freitag gegliedert ist. Anders als die Betrachtung zur Auferstehung Jesu Christi auf 198r-198v, die in jener Handschrift ebenfalls enthalten ist, fehlen dort jedoch die Angaben zur Verwendung des Werkes, die in der Göttinger Fassung den Abschluss bilden (198r-198v).

199v-209r Mariengebete für die Tage der Woche, von Sonntag bis Samstag. (199v-200r) zum Sonntag: [O] Maria du sote moder mymes leuen heren ik bidde dy dorch den groten anxst vnd seltoghinge dynes leuen kindes … — … dorch myn sundighe vnde krancke bed begheren. Amen. (200r-201r) zum Montag: (Feria 2.). [O] Maria du sote moder mynes leuen heren Jhesu Christi do dyn leue sone sus wort ghehandelte in dem huse Cayphe … — … in der stunde mynes dodes ene stede mote vor weruen in synem rike. (201r-202v) zum Dienstag: (Feria tercia). [O] Maria du alder soteste moder do dorch al dit bitter lydent dynes leuen kyndes vorbarme dy auer my … — … so kum milde moder tho mynem lesten ende. Amen. (202v-204v) (zum Mittwoch): [O] Maria myn alder leueste moder wo bitterliken heft dit sware bitter lident dor gheghan alle dyne jnnwendighen krefte do du sus seghest dyn leue kynt … — … in myn sundighe bed beualen hebben beydde leuendighen vnde doden. Amen. (204v-206r) (zum Donnerstag): [O] Maria myn alder leueste moder wo pynliken stundestu vp dem berghe Caluarie … — … in myner lesten noet dat ik io nummer van scheden werde. Amen. (206r-207v) (zum Freitag): [O] Maria sote moder der barmherticheyt to der nonen tijd beghunde dat volck to hus to ghande … — … dat ik io in rechten louen in vaster hopenne in vullenkamener loue werde vunden. Amen. (207v-209r) (zum Samstag): [O] Maria myn alderleueste moder wo vaken wort in dynem herten vornyget dynes leuen kyndes doet … — … O Maria dencke myner dorch dyner grundelosen barmherticheyt vnde alle der ionuen de dyner gnade begherende. Amen, amen, amen. So wie die vorangehende Passionsbetrachtung auch überliefert in SuUB Bremen, msc 14, fol. 63r-70v (s. Bremen SUB 1, S. 183).

209v-211v Gebetszyklus über die sieben Ausgießungen des Heiligen Blutes, unvollständig. [O] here Jhesu Christe ik vormane dy der vthghetingge dynes eddelen blodes das dat du to souen malen mildichliken hefst vtgheghaten vmme vnse salicheyt willen. Tom ersten male in dyner hilghen besnidingge dar inne du vns hefst bewiset dyne groten leue … — … Vor desse ersten vthghetinge dynes eddelen blodes segge ik dy lof vnde ere vnde bidde dy myn alderleueste here dat du my arme . Der Text bricht plötzlich mit dem Seitenende ab. Wie die Worte zu Beginn deutlich machen, handelt es sich um eine deutsche Fassung bzw. Übersetzung zu den in mehreren Formen überlieferten 'Septem effusiones sanguinis Christi', die sich auch in jener Bremer Handschrift finden (vgl. Bremen SUB 1, S. 183 zur Handschrift msc 14, fol. 73v-74r), die auf 156r-199r die Passionsbetrachtung sowie auf 199v-209r die Mariengebete enthält. In der vorliegenden Handschrift ist freilich nur der erste, die Beschneidung betreffende Teil vorhanden (von dem überdies das Ende fehlt). Wie die nachfolgende, leere Seite zeigt, ist der Text an dieser Stelle nicht verloren, sondern wurde nie ausgeführt. (210v-211v) leer, abgesehen von dem Eintrag here Jhesu criste ik vor mane dy der vthghetingge dynes auf 211v, der den Textbeginn auf 209v wiederholt.

212r-233v Passionsgeschichte. In dem hilghen avent etende sprekest du: Myn sele is bedrouet went an dem doet [Mt 26,38]. Do sprack Petrus: Here wat bedrouest du dy … — … ok beschouwe wy den suluen in dessen doden mynschen de hijr ghestoruen is an dem cruce. Ok spreken de engele O here we wunderlick sund dine werke. Amen. Der Text spricht von Christus durchgehend in der 2. Person; durch Randvermerke in Abschnitte für die Tagzeiten gegliedert (so steht am Rand auf 212r: hora VII; 216r: hora matuti(na?); 219v: hora prima; 223v: hora tercia; 227r: hora sexta; 229r: hora none; 231v: hora nona).


Abgekürzt zitierte Literatur

Ebstorf Handschriften des Klosters Ebstorf, beschrieben von R. Giermann und H. Härtel, Wiesbaden 1994 (Mittelalterliche Handschriften in Niedersachsen 10)
Göttingen 2 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 2: Universitäts-Bibliothek: Geschichte, Karten, Naturwissenschaften, Theologie, Handschriften aus Lüneburg, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 2)
Greifswald Mittelalterliche Handschriften in Greifswalder Bibliotheken. Verzeichnis der Bestände der Bibliothek des Geistlichen Ministeriums (Dombibliothek St. Nikolai), der Universitätsbibliothek und des Universitätsarchivs, beschrieben von J. Geiß, Wiesbaden 2009
Handschriftencensus Handschriftencensus. Eine Bestandsaufnahme der handschriftlichen Überlieferung deutschsprachiger Texte des Mittelalters. Online-Datenbank: https://handschriftencensus.de/
Hannover NLB 1 Handschriften der Niedersächsischen Landesbibliothek Hannover, Bd. 1: Ms I 1 – Ms I 174, beschrieben von H. Härtel und F. Ekowski, Wiesbaden 1989 (Mittelalterliche Handschriften in Niedersachsen 5)
2VL Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, 12 Bde., hrsg. von K. Ruh u. a., 2., völlig neu bearbeitete Aufl., Berlin/New York 1978–2005, Ergänzungsbde.: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon, Bd. 1–3, hrsg. von F. J. Worstbrock, Berlin/New York 2005–2015
WZIS Wasserzeichen-Informationssystem. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart (http://www.wasserzeichen-online.de/wzis/index.php)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Volkssprachige Handschriften.
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