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Beschreibung der Handschrift Lübeck, Stadtbibliothek, Ms. theol. lat. 2° 119
Die mittelalterlichen Handschriften der Stadtbibliothek Lübeck, beschrieben von Kerstin Schnabel (in Bearbeitung)
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Programms Digitalisierung und Erschließung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung

Conradus de Waldhausen. Sermones de visitatione BMV

Papier — 163 Bl. — 28,5 × 21,5 cm — Norddeutschland — 15. Jh., Mitte

Wasserzeichen: Fisch gekrümmt mit Zähnen: WZIS DE5025-tl119_124, WZIS DE5025-tl119_140. Hobel ohne Beizeichen: WZIS DE5025-tl119_7, WZIS DE5025-tl119_47. Lagen: 13 VI (156). V–3 (163). Lagenzählung 2–5, auf den ersten beiden Lagen auf dem Bundsteg unten, dann auf dem Seitensteg. Im Folgenden Reklamanten. Bleistiftfoliierung 1–163 (20. Jh.). Brandlöcher auf Bl. 29 und 30. Schriftraum: 22 × 16 cm. 34–40 Zeilen. Zwei Spalten. Von einer Hand in Bastarda geschrieben. Die Schriftgröße nimmt im Verlauf des Textes zu. Bl. 1ra Initiale über acht Zeilen mit geteiltem Buchstabenkörper und ineinandergreifenden Farbflächen in Rot und Blau, Binnenraumfüllung mit Knospenfleuronné, außen Perlenbesatz. Bis Bl. 37v zweifarbige Initialen in Rot und Blau mit Fleuronné, danach einfache Lombarden in Rot. Rote Unterstreichungen und Paragraphenzeichen. Rubriziert. Die Farbgebung endet Bl. 141r. 156v–161v mit roten Initialen und Schaftaussparungen. Perikopen in Textualis. Vereinzelt Gesichter auf den Blattstegen, z. B. 57vb, 73rb, 77va, 140va.

Spätgotischer Holzdeckeleinband mit rotem Lederüberzug, stark verblichen, zerkratzt und berieben. Streicheisenlinien schwach erkennbar. Einzelstempel der Werkstatt ##Lübeck "Lübeck ##" (EBDB w000##): Rosette mit einem Blattkranz: EBDB s00##. Stern, Hexagramm: EBDB s00##. Blüte, Vierblatt: EBDB s00##. Auf dem HD oben mittig eine Fehlstelle im Holz, 3,8 × 1,5 cm, vom Abbruch der ehemals vorhandenen Kettenbefestigung. Schwache Spuren von Eck- und Kantenbeschlägen. Abdrücke von 2 x 4 quadratischen Buckeln, ca. 2,3 cm, mit halbrunden Einbuchtungen am Rand. Zwei Hakenschließen mit Fensterlager in rechteckiger Form, Haken, Gegenblechen und Riemen vollständig erneuert. Vier Doppelbünde, oben und unten einfache Kapitalbünde. Auf dem Buchrücken Abdrücke und geringe Reste von Signatur- und Titelschildern. Restauriert. Restaurierungsbericht in Kiste 41 der Stadtbibliothek. Einband abgenommen, Lederüberzug abgetrennt, Holz stabilisiert, Leder am Rücken teilweise erneuert, Fehlstellen ergänzt. Signaturen- und Titelschilder abgelöst und in den Band eingelegt: 1. Papierschild mit den Maßen 2 × 3 cm, Aufschrift Ms. theol. lat. 119 in schwarzer Tinte (20. Jh.). 2. Papierschild, 3,5 × 5 cm, Aufschrift 26421 mit brauem Buntstift, durchgestrichen und mit Bleistift ersetzt durch 23031. 3. Papierschild vom Buchrücken, 4,6 × 4,3 cm, Aufschrift Postilla studentium Pragensis universitatis in chart.

Im Innendeckel beiliegend ein Papierzettel, 20. Jh., 6,3 × 10,7 cm, Transkription der Aufschrift auf dem vorderen Vorsatz von der Hand Franz Webers. Nota. (Ad) statim post mortem meam detur domino Jacobo Peternellen ad usum sue vite sed volo quod post suam vitam ordinetur per eum ut maneat in usu ecclesie sue perpetue. Orate pro datore. Auf der Rückseite ein Vordruck für die Buchbestellung in der Stadtbibliothek.

Herkunft: Die Handschrift entstand um die Mitte des 15. Jahrhunderts in Norddeutschland. — Sie gehörte gemäß dem Eintrag auf dem vorderen Vorsatz zunächst einer nicht genannten Person und sollte nach deren Tod an Jakob Peternelle weitergegeben werden. Dieser war Priester in Lübeck und später Pleban an St. Marien in Rendsburg. J. Stüben, Zur Herkunft der Rendsburger Gutenberg-Bibel, in: Gutenberg-Jahrbuch 77 (2002), 37–49, hier 41. Schließlich ging das Buch in den Besitz des Vikars Christian von Hagen über. Auf dem Vorsatz verso der Eintrag Dominus Cristianus vamme Hagen vicarius ecclesie Lubecensis hunc librum dedit. Der Stifter Christian von Hagen war Mitglied der St. Jürgenbruderschaft, Prange Vikarien, 122. Er hinterließ der Dombibliothek ebenfalls Ms. theol. lat. 2° 75 und Ms. theol. lat. 2° 78. Auf dem VS der Eintrag Ad liberariam in summo do et assigno pro communi usu cathenandum post mortem meam. Im Verzeichnis der Dombibliothek von 1633, UBBL 1, 390–411 Nr. 448 unter dem Titel Pap. geschr. gros 4. Postilla evang. dominic. Conr. Prag. — Im Zuge der Säkularisation 1806 in die Stadtbibliothek Lübeck überführt. Zusammen mit den anderen Handschriften der Stadtbibliothek wurde der Band 1944 kriegsbedingt in ein Salzbergwerk bei Bernburg/Saale ausgelagert und nach Kriegsende in die UdSSR nach Leningrad transportiert. Für die spätere Verwahrung im Russischen Staatlichen Archiv Alter Akten in Moskau spricht das vom VD entfernte Papierschild mit den Inventarnummern. Seit 1990 ist der Band zurück in Lübeck. Altsignatur 101 mit Bleistift auf dem VS. Querovaler Stempel der Stadtbibliothek auf Fol. 1r.

Weber Catalogus, 305–307. — Schweitzer Bestände, 272.

VS Proverbium. A familiari nimis docto. A cibo bis cocto. Ab inimico reconsiliato [!] Ab auditore camere. Libera nos domine … [Ps 78,9].

VS Inhaltsverzeichnis. Sermones de tempore. Sermones de visitatione Marie.

1ra–156rb Conradus de Waldhausen: Postilla studentium universitatis Pragensis in evangelia dominicalia. (1ra–b) Prologus. Postilla studentium sancte Pragensis universitatis accurtata ut super ewangelia dominicalia que leguntur per annum per talem modum quo ipsum comendabilis vir pie memorie Conradus ad populum proprio guttere Prage predicavit … — … quia humilitatem ancille sue respexit [Lc 1,48]. (1rb–156rb) Sermones T1–64. Cum appropinquasset Ihesus [Mt 21,1]. Hodie sancta mater ecclesia incipit divinum officium quo per quatuor tempora solares anni Christo suo sponso laudes iubilat … — … que sic omnia disponit tante potencie que talia et tanta fecit. Sequitur dominica ultima. Cum sublevasset Ihesus oculos … [Jo 6,9]. De isto require in dominica Letare. Et sic est finis Die Predigten sind teilweise modifiziert. Mit vollständig anderem Initium enthalten sind: (78va–80rb) Dominica IV post pascha (T32). Vado ad eum [Io 16,5]. Dominus noster volens apostolos suos post se ad patrem suum trahere … (91va–92vb) In vigilia pentecostes (T38). Si diligitis me [Io 14,23]. Quia ad patrem vado turbemini quasi homo esset me amare sed dico vobis quod me amare estLiteratur: Vgl. Schneyer 1, 797–804 Nr. 72, 73, 75–112, 114–119, 121–147. Tříška Repertorium, 85. 2VL 5, 259–268, bes. 263. CALMA 3, 13 Nr. 14.

156va–161vb Sermones V de visitatione BMV.
(156va–157va) De visitatione beate Marie virginis. Exurgens Maria abiit in montana [Lc 1,39]. In hoc ewangelio 4or tanguntur. Primo Lucas demonstrat sedulam Marie visitationem … Vgl. das Initium von Lüneburg, RB, Theol. 2° 35, 257r (Lüneburg RB 2, 69).
(157va–158rb) Iterum de visitatione beate Marie virginis. Exurgens Maria abiit in montana [Lc 1,39]. Videamus primo quo tempore istud suprascriptum sit. Dicendum quod statim de mane sicut angelus de media nocte per acto inicio
(158rb–vb) Alius sermo. Unde mihi hoc [Lc 1,43]. Presens ewangelium docet unum factum quod factum fuit postquam angelus recessit a Maria
(158vb–159va) Exurgens Maria abiit in montana [Lc 1,39]. Verba proposita sancti ewangelii Luce IIus loco thematis assumpta quibuslibet Christi fidelibus
(159va–161va) Item sermo. Benedicta tu [Lc 1,42]. Beatus Bernardus dicit in quodam sermone de nativitate Iohannis Baptiste alludens verbis beate Luce


Abgekürzt zitierte Literatur

CALMA C.A.L.M.A. Compendium auctorum latinorum medii aevi, hrsg. von M. Lapidge u.a., Bd. 1–, Firenze 1999–
EBDB Einbanddatenbank (http://www.hist-einband.de/, besonders die Sammlung Wolfenbüttel)
Prange Vikarien W. Prange, Vikarien und Vikare in Lübeck bis zur Reformation, Lübeck 2003 (Veröffentlichungen zur Geschichte der Hansestadt Lübeck 40)
Schneyer J. B. Schneyer, Repertorium der lateinischen Sermones des Mittelalters für die Zeit von 1150–1350, Bd. 1–11, Münster/Westf. 1969–1990, Bd. 1–4 ebd. 21973–1974 (Beiträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters 43,1–11)
Schweitzer Bestände R. Schweitzer, Die alten und wertvollen Bestände der Stadtbibliothek. Entstehung der Sammlung. Geschichte der Auslagerung. Bedeutung der Rückkehr, in: Der Wagen 1992, 73–105 und 269–278
Tříška Repertorium J. Tříška, Repertorium biographicum Universitatis Pragensis praehussiticae 1348–1409, Prag 1981 (Knižnice archívu Univerzity Karlovy 12)
2VL Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, 12 Bde., hrsg. von K. Ruh u. a., 2., völlig neu bearbeitete Aufl., Berlin/New York 1978–2005, Ergänzungsbde.: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon, Bd. 1–3, hrsg. von F. J. Worstbrock, Berlin/New York 2005–2015
Weber Catalogus F. Weber, Catalogus codicum manuscriptorum theologicorum latinorum necnon philosophicorum quos asservat bibliotheca urbica Lubicensis, Lübeck 1934–1936 (Manuscript)
WZIS Wasserzeichen-Informationssystem. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart (http://www.wasserzeichen-online.de/wzis/index.php)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der mittelalterlichen Handschriften in der Stadtbibliothek Lübeck.
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