Transkription

Musaeus, Paul: Leichtpredigt/ Gethan bey der Begrebnuß Der Erbarn undt Tugentsamen Frawen Maria Helderin/ Des ... Herren David Sachsen/ Fürstliche[n] Braunschweigischen GeneralKrigsCommissarii ... Ehelichen Haußfrawen : so den 9. Julij dieses 1605. Jahrs in Christo Seliglich entschlaffen/ und folgendes Christlich zur Erden bestattet worden / Durch M. Paulum Musaeum, Pfarrhern in der Heinrichstadt.
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Leichtpredigt / Gethan bey der Begrebnuß Der Erbarn vndt Tugentsamen Frawen Maria Helderin / Des Edlen Ehrnvehsten vnd Manhafften Herren David Sachsen / Fürstliche̅ Braunschweigischen General Krigs Commissarij vnd geheimen Rahts Ehelichen Haußfrawen / so den 9. Julij dieses 1605. Jahrs in Christo Seliglich entschlaffen / vnd folgendes Christlich zur Erden bestattet worden.
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Durch M. Paulum Musaeum, Pfarrhern in der Heinrichstadt.
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Gedruckt zur Heinrichstadt / Durch Julium Adolphum von Söhne / ANNO M. DC. VI.
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Rom: 8.
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WIR wissen aber / das denen / die GOtt lieben / alle ding zum besten dienen / die nach dem Fürsatz beruffen sind. Denn welche er zuuor versehen hat / die hat er auch verordnet / das sie gleich sein solten / dem Ebenbild seines Sohns / auff das derselbige der Erstgeborne sey vnter vielen Brüdern. Welche er aber verordnet hat / die hat er auch beruffen: Welche er aber beruffen hat / die hat er auch gerecht gemacht: Welche er aber hat gerecht gemacht / die hat er auch herrlich gemacht.

Außlegung.
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GEliebte im HErren / es sind nun 3481. Jahr / das die heilige vnd hocherleuchte Matron vnd Ertzmutter Christi Sara / in Christo dem damals verheissenen benedeiten Samen seliglich entschlaffen ist / nach dem sie 127. Jahr alt worden / vnd fast in die
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hundert Jahr / mit jhrem Herren Abraham friedlich vnd freundlich im Ehestand gelebt / böses vnd guts neben jhm außgestanden / vnd sich also verhalten / das sie der Apostel Petrus 1. Pet: 3. allen Christlichen Weibern zum Ehrenspiegel vnd Bild Weiblicher Tugenden vorstellet. Vnd ist hiebey das erbermlichste / das Abraham eben zu der zeit / als sein liebes Weib gestorben / nicht einheimisch gewesen / wie die vmbstende des Textes geben / Welche sonder zweiffel nach jhm hefftig wird gekarmet haben / das sie jhn für jhrem Ende noch einsten zusprechen / gesegnen / vnd jhren Sohn Isaac befehlen möcht. Wie schmertzlich nun dieser vnuerhoffte Fall dem heiligen Mann sey vorkommen / das er sein liebe Saram so er in zimlicher Wolstand verlassen / todt funden / verstehen Christliche Eheleute / so einander hertzlich lieben / zum besten. Es gibts auch Mose genungsam zuuerstehen / da er spricht Gen: 23. Abraham sey kommen / das er sein Weib beklagte vnd beweinte / vnd das er jhr nach gehaltener Klag / ein ehrlich vnd statlich Begrebnus zugerichtet hab: dabey er sonder zweiffel / als ein Prophet / eine schöne Leichpredigt wird gehalten haben / von des Todtes Vrsprung vnd Eingang in die Welt / vnd wie man sich zum seligen End vnd Sterbstündlein Christlich bereiten sol / Item von Christo dem verheissenen Samen / wie der einmahl werde auß seinem Geschlecht geboren werden / vnd durch seinen Gehorsamb / Bluth vnd Tod / die Sünde büssen / GOttes Zorn stillen / den Todt vberwinden vnd in
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den Sieg verschlingen / vnd an stadt dieses mühsamen vergenglichen Lebens / ein ewiges Leben erwerben / Zu welchem GOtt am Jüngsten tag seine Saram / vnd alle die jhrem Exempel nach Christum den künfftigen Heilandt / mit warem Glauben ergreiffen / vnd in solchem Glauben jhm jhre Seelen befehlen werden / mit jhrem Leibe wieder aufferwecken / vnd mit ewigen Ehren krönen werde: Da wolle er sie wieder sehen / vnd sich mit jhr ewiglich frewen. Mit diesem Trost / hat der heilige Mann / sich vnd sein betrübt Haußgesind zu frieden gestelt / vnd hernachmahls auch selbest den Todt selig vberwunden. Diß ist nun die aller erste Begrebnus / die vns in der heiligen Schrifft beschrieben wird / welche der heilige Geist / nicht allein der lieben Sara zu sonderbahren Ehren hat lassen auffzeichnen / sondern auch vns zu gut / auff das wir dar aus lernen sollen. Erstlich / wie GOtt seine Heiligen liebet: nicht allein in jhrem Leben / da sie jhm dienen / sondern auch im Tode / wenn sie schon in der Erden liegen / stincken vnnd faulen / laut des 116. Psalm / Der Todt seiner Heiligen / ist werth gehalten für dem HErren: Denn weil sie heilige Ehrengefeß / Tempel vnd Wohnung des heiligen Geistes gewesen sein / gefalle̅ jhm auch die zerbrochene Scherben wol: Er bewahrt jhnen alle jhre Gebeine / sagt der 34. Psalm / wird sie auch am Jüngsten tag wieder aufferwecken / vnd mit ewiger Klarheit schmücken: Darumb
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nennet er sich ein GOtt Abraham / Isaac vnd Jacob / vnd aller Heiligen / Exod: 3. ob sie schon dem Leibe nach gestorben sein. Vnd von Mose dem Knecht GOttes lesen wir / das jhn GOtt selber begraben hab / Deut: 34. Gibt vns damit ein Exempel / das auch wir vnsere Todten im HErren ehrlich begraben / vnd derselben allezeit im besten gedencken sollen / nach der Vermahnung Syr: 38. Mein Kindt / wenn dir einer stirbt / so beweine jhn vnd klage jhn / als sey dir groß Leidt wiederfahren / vnd verhülle seinen Leib gebürlicher weise / vnd bestatte jhn ehrlich zum Grabe. Zum andern / lernen wir auß dieser Historien / ob wol GOtt seinen Kindern viel stattliche vnd herrliche Verheissung thut / das er selbest jhr sehr grosser Lohn vnd allmechtiger Patron sein / vnd sie / wie sein Augapffel lieben wolle: so macht ers doch mit jhnen / so viel diß zeitliche Leben anlanget / nicht anderst als mit andern Menschen. Es begegnet einem wie dem andern / Eccles: 9. dem Gerechten wie dem Gottlosen / dem Guten vnd Reinen / wie dem Vnreinen / wie es dem Guten gehet / so gehet es auch dem Sünder / wie der Gottlose stirbt vnd verweset / also stirbet auch der Gottfürchtige / Das macht das die Sünde durch einen Menschen ist kommen in die Welt / vnd der Todt durch die Sünde / Rom: 5. Ja GOtt nimpt seine Heiligen gemeiniglich am hertesten mit / vnd küsset sie / das jhnen die Augen vber gehen. Das sol vns zum Trost dienen / wenn GOtt der
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gleichen auch zu vns kömpt mit dem lieben Creutz / nimpt vns vnser Kinder vnd Ehegate̅ / das es vns nicht frembd vorkomme / Sondern anschawen die Exempel Abrahams / Sare / vnd anderer Heiligen / die warlich nicht auff Rosen gesessen / sondern jhre Noth vnd Haußcreutz / so wol als wir gehabt / auch entlich sterben / vnd des Todes Stachel fühlen müssen: das wir vns damit zur Gedult erwecken / vnd sagen mit Elia 1. Reg: 19. Ich bin nicht besser denn meine Väter. Zumahlen weil wir wissen aus GOttes Wort / Das denen die GOtt lieben / alle ding zum besten gereichen muß: Den̅ welche GOtt versehen hat / die hat er auch verordnet / das sie ehnlich werden müssen / dem Ebenbild seines lieben Sohns / Rom: 8. Entlich erinnert vns auch obgedachte Historien / das nicht vnrecht sey / wenn Christen vber dem tödtlichen Abgang der jhrigen bekümmert sein / weils der grosse Ertzvater Abraham / vnd folgendes andere Heiligen mehr / ja der Sohn GOttes selber / bey dem Grab Lazari gethan haben. Gleichwol aber muß es auch seine gebürliche maß haben / das man mit Abraham wieder auffstehe / vnd stelle sein Hertz zu frieden / mit der frölichen hoffnung vnserer entlichen allgemeine̅ zusamenkunfft am Jüngsten tag: welche wird sein dies restitutionis omnium, Ein grosser Ernde tag / da ein jeglicher seine verstorbene Freunde / Kinder / Eltern / vnd Ehegaten / wird wieder bekommen / vnd erfüllet werden / das geschrieben ist Ps: 126. Die mit Threnen seen / werden mit frewden ernden.
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Dieweil denn nun dergleichen Todes fall sich begeben hat / mit der Erbarn vnd Tugentsamen Frawen Maria Helderin / Herrn Dauid Sachsen / Fürstlichen Braunschweigischen General Commissarij vnnd Rahts ehlichen Haußfrawen / so GOtt am nehern Dinstage / abwesens jhres lieben Herren / zu sich in sein Reich abgefordert / Als thun wir wol vnd Christlich / das wir zusammen kommen / jhren Todt zubeklagen / vnd das wir den Leib ehrlich in sein Ruhbettlein beleiten / vnd jhr diese letzte Ehr vnd Freundschafft erzeigen. Sollen vns aber dabey zugleich erinnern / das die reige dermahln eins auch an vns kommen werde / weil weder Geldt / noch Hoheit / noch Jugendt wieder den Todt etwas hilfft vnd lernen auß GOttes Wort / wie wir vns mit krefftigem Trost / wieder des Todes Furcht verwaren / vnd zum seligen Ende schicken vnd bereiten sollen. Zu dem ende hab ich die verlesene Wort S. Pauli für mich genommen / welchen mir die verstorbene selbest an die Handt geben / weil sie dieselbigen in jhrer Kranckheit offt wiederholet / vnd sehr tröstlich zugebrauchen wissen. Darin helt vns S. Paulus mit wenig Worten für / den Grundt vnser Seligkeit / was für mittel GOtt darzu gebraucht / vnd wobey wir derselbigen gewiß sein können. Denn es ist ja kein Mensch / wo er anders gleubt / das ein ander Leben nach diesem folgen werde / der nicht
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gerne wolt selig werden: Weil aber Christus selber Matth: 7. sagt / das der Weg so zur Verdamnis abführet breit / vnd die Pforte weit sey / vnd viel Wandersleuth habe: Die Pforte aber vnd Weg / so zum Leben führet / enge vnd schmal sey / vnd von wenig Leuten gefunden werde: möchte ein jeder wol wissen / wie GOtt gegen jhm gesinnet sey / vnd ob er vnter die Zahl der Außerwelten vnd Seligen gehöre oder nicht. Sonderlich aber pflegen sich sterbende Leute hiemit am meisten zu bekümmern / vnd lassen sich hören / wenn jhnen dieser Zweiffel möchte benommen sein / wolten sie desto frölicher sterben. Solchen Gedancken zu begegnen / müssen wir erstlich die Wort S. Pauli recht ansehen / vnd erwegen. Vnd zum andern lernen / wie wir dieselbe zu vnser Lehr / Trost / vnd Erinnerung fruchtbarlich gebrauchen sollen.

Vom Ersten.
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DIe Epistel Pauli an die Römer / daraus dieser Text genom̅en ist / ist nichts anders / als ein kurtz Corpus doctrinae vnd Bekentnus der Apostolischen Lehr von den vornemsten Heuptstücken Christliches Glaubens. Als nemblich / von der Sünde / so durch Adams fall / vber alle Menschen kommen / vnd die rechte vrsach ist des Todes / vnd alles Jammers vnd Elendes / so vns auff dem Halse ligt. Von der Gerechtig
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keit / so vns Christus durch seinen Gehorsamb erworben hat: Vom wahren seligmachenden Glauben / dadurch wir solchen Schatz auß Christi Handt ergreiffen. Von guten Wercken vnd Creutz der Christen / zu was ende jhnen GOtt solches zuschicke / vnd wessen man sich darin trösten solle. Diese Articul allesampt / wickelt vnd knüpffet der Apostel in diesem verlesenen Spruch sehr artlich vnd kürtzlich zusamen / als eine güldene Ketten / von sechs Gliedern / vnd erklert vns darinne zugleich das Bild / so dem heiligen Ertzvater Jacob / des Nachts im Traum auff dem Felde bey Lutz gezeiget wird / da er siehet eine lange Leiter vom Himmel / biß auff die Erden gelassen / an welcher die Engel auff vnd ab steigen / Zu oberst aber derselben / höret er GOtt mit sich reden. In welchem Gesicht GOtt dem heiligen Jacob / eben diß Geheimnus vnser Seligkeit / dauon S. Paulus alhie handelt / wollen fürbilden / Das nemblich / GOttes Sohn / zur bestimpten zeit würde vom Himmel kommen / die Menschliche Natur mit seiner Gottheit persönlich vereinigen / durch sich selbest Himmel vnd Erden / GOtt vnd Mensch wieder zusammen hefften / vnd also eine rechte Geistliche Himmels Leiter werden / dadurch GOtt mit seinen Schetzen zu vns herab fehret / vnd offenbaret vns durchs Wort im Predigampt sein wesen vnd willen / dadurch auch wir wiederumb mit vnsern Gedancken / zu jhm hinauff steigen müssen / wenn wir von vnser Seligkeit vrtheilen / vnd derselben gewiß sein / vnd zu GOtt kommen wol
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len. Diese Leiter beschreibet vns der Apostel / mit jren vnterschiedlichen Stuffen / Welche wir nun fein ordentlich nacheinander wollen für vns nehmen. Die erste vnd oberste Stuffen vnser Seligkeit / ist GOttes Gnadenwahl vnd ewige versehung / nach welcher er für erschaffung der Welt / Adams fall nicht allein hat zuuor gesehen / sondern auch zugleich beschlossen / wie er dem Menschen von Sünden helffen / vnd jhm ein gewisse Kirch zum ewigen Leben samlen wolle. GOtt hat vns geliebt / sagt Paulus Eph: 1. in Christo JEsu / ehe der Welt Grundt geleget war / das wir solten sein heilig vnd vnsträfflich für jhm in der Liebe / vnd hat vns verordnet zur Kindtschafft gegen jhm selbest / durch JEsum Christ / nach dem wolgefallen seines willens zu lob seiner herrlichen Genade / 2. Tim: 1. GOtt hat vns selig gemacht / vnd beruffen mit einem heiligen Ruff / nicht nach vnsern Wercken / sondern nach dem vorsatz seiner Genade / die vns gegeben ist in Christo für der zeit der Welt. Hiuon handelt Christus Joh: 15. Ihr habt mich nicht erwehlet / sondern ich habe euch erwehlet. Cap: 13. Ich weiß welche ich erwehlet hab / Cap: 17. Vater ich habe der keinen verlohren / die du mir gegeben hast / Sie waren dein / nu aber hastu mir sie gegeben. Auß diesen Zeugnissen / erscheinet nicht allein / das ein ewige Wahl sey / darin GOtt von ewigkeit beschlossen hat / welche er wolle selig machen: Sondern auch das solche Wahl / auß nichts anders herfliesse / als auß des ewi
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gen Gottes lauterer Genad vnd Barmhertzigkeit / ohn einiges ansehen vnd verdienst vnser wirdigkeit vnd vnwirdigkeit: Wie S. Paulus solches gewaltig handelt / Rom: 9. Auff das der vorsatz GOttes bestünde / nicht auß verdienst der Wercke / sondern auß Genaden des Berüffers / ward zu Rebecca gesagt / Der grössest sol dem kleinsten dienen / wie geschrieben stehet: Jacob hab ich geliebet / aber Esau hab ich gehasset. Denn so viel vns belanget / seind wir alle gleich / Kinder des Todes / verdampte Hellebrende vnd GOttes Feinde / Eph: 2. Psal: 14. Aber wie ein Töpffer macht hat / das er mag machen auß einem klumpen Thon / ein Gefeß zu Ehren / das ander zu Vnehren: Also da GOtt wolte erzeigen vnd kund thun / seine Macht / hat er mit grosser gedult getragen / die Gefesse des Zorns / die da zugerichtet sein zur Verdamnis / auff das er kundt thete / den Reichthumb seiner Herrligkeit / an den Gefessen der Barmhertzigkeit / die er bereitet hat zur Herrligkeit. Darumb ligt es nicht an jemandes wollen oder lauffen / sondern an GOttes erbarmen. Denn er spricht: Welchem ich genedig bin / dem bin ich genedig / vnd welches ich mich erbarme / des erbarme ich mich / Rom: 11. vnd 9. Daher sagt er Jer: 31. Ich hab dich je vnd je geliebt / darumb hab ich dich nach mir gezogen / auß lauter güte. Nicht das du mich hettest geruffen Jacob / oder das du vmb mich gearbeitet hettest Israel / Sondern du hast mir Arbeit gemacht in deinen Sünden / vnd hast mir
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Mühe gemacht mit deinen Missethaten / Ich aber / Ich tilge deine Vbertretung / vmb meinent willen / vnd gedencke deiner Sünde nicht. Esa: 43. GOtt der da reich ist von Barmhertzigkeit / durch seine grosse Liebe / damit er vns geliebet hat / da wir todt waren in Sünden / hat er vns sampt Christo lebendig gemacht / etc. auff das er erzeigte in den zukünfftigen zeiten / den vberschwenglichen Reichthumb seiner Genade / durch seine güte vber vns in Christo JEsu. Eph: 2. Christus ist für vns Gottlose gestorben / Rom: 5. Sonst wird die ewige Gnadenwahl GOttes auch genant / das Buch des Lebens / Exod: 32. HErr vergib jhnen diese Missethat / oder tilge meinen Nahmen auß dem Buch des Lebens. Dan: 12. Alle die geschrieben sein im Buch des Lebens / sollen selig werden / Luc: 10. Frewet euch das ewre Namen geschrieben sein im Buch des Lebens. Denn wie in grossen Stätten die Obrigkeit / jhre Stattbücher vnd Register hat / darinne aller Bürger Nahmen verzeichnet sind / Also hat GOtt alle Außerwehlten in seine Handt / ja in sein Hertze gezeichnet / Esa: 49. Kennet seine Schäfflein mit Nahmen / Joh: 10. Vnd weiß von anfang wie viel an jhn gleuben werden oder nicht / Joh: 6. Zum andern / damit nu solchem ewigen Schluß GOttes genung geschehe / vnd gleichwol seiner Gerechtigkeit nichts abgienge / hat er auch also bald diß Mittel darzu gefunden / das sein Sohn Mensch würde / lidte den Todt / den wir verdienet hatten / vnd büssete vnsere Sün
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de vnd Vngehorsamb / durch seinen Gehorsamb / vnnd der Mensch also durch jhn von Sünden Todt Teuffel vnd Hell erlöset würde. GOtt hat vns geliebt in Christo JEsu / sagt Paulus Eph: 1. Item die Genade GOttes ist vns gegeben für der zeit der Welt in Christo / 2. Tim: 1. Weil derselbe für vns gebeten / vnd sich erboten seinem Himlischen Vater genungsamen Abtrag zu thun / für vnser Sünde. Drumb heist er ein Mittler zwischen GOtt vnd Menschen / Der sich selbest gegeben für alle zur erlösung / 1. Tim: 2. Item er heist JEsus / weil er sein Volck sol selig machen / von jhren Sünden / Matth: 1. Sein Bluth ist die bezahlung für vnser vnd der gantzen Welt Sünde / 1. Joh: 1. Der HErr warff alle vnser Sünde auff jhn / Esa: 53. Er ist vns von GOtt gemacht zur Weißheit / zur Gerechtigkeit / zur Heiligung vnd Erlösung / 1. Cor: 1. Denn das dem Gesetz vnmüglich war / sintemahl es durchs Fleisch geschwechet ward / das thate GOtt / vnd sandte seinen Sohn / in der gestalt des sündlichen Fleisches / vnd verdammet die Sünde im Fleisch durch Sünde / auff das die Gerechtigkeit im Gesetz von vns erfodert durch jhn erfüllet würde / Rom: 8. Wie aber Christus solch Mitlerampt verrichtet hab / höret jhr zur andern zeit. Hie ist genung zu wissen / das vns GOtt nicht anderst wil selig machen / als durch seinen geliebten Sohn / durch welchen er vns hat angenehme gemacht vnd verordnet zur Kindschafft gegen jhm selbest / an welchem wir auch haben die Erlösung durch
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sein Bluth / Eph: 1. Durch jhn haben wir ein zugang zu dieser Genade / Rom: 5. Ja er ist selber das Buch des Lebens / darin vnser Namen geschriebe̅ stehen. Esa: 49. Darumb ist auch in keinem andern Heil vnd kein Nahme gegeben den Menschen auff Erden / dardurch sie sollen selig werden / ohne der Nahme JEsu Christi / Act: 4. Ausser Christo ist vns GOtt ein lauter vorzehrendes Fewr. Fürs dritte / were vns aber damit noch nichts gedienet / das Christus für der gantzen Welt Sünde genung gethan / vnd allen Menschen die ewige Seligkeit vollkommen verdienet hat / wo vns GOtt nicht solchen Schatz auch durchs Wort vnd die Sacramente anböte vnd außteilete. Drumb setzt der Apostel hinzu den Beruff / als die dritte Stuffe̅ an dieser Him̅elsleitern / vnd spricht: Welche er erwelet hat / die hat er auch beruffe̅: Item Er hat vns beruffen / mit einem heiligen Ruff / 2. Tim: 1. Solcher Beruff ist nichts anders / als die Predigt des Euangelij / dadurch GOtt auß seinem verborgenen Thron herfür gehet / vnd offenbart vns diesen seinen raht vnd willen / das er allen bußfertigen durch Christum die Sünde vergeben / vnd die Seligkeit schencken wolle. Solches wird im Euangelio von der Königlichen Hochzeit / Matth: 22. Item vom Haußvater / der da außgieng Arbeiter zu mieten in seinen Weinberg / Matth: 20. wunder artig vnd schön erkleret. Da jhr höret / wie GOtt nicht allein selbest / bald nach frischem fall im Pa
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radis den Menschen durchs Wort der verheissung von dem künfftigen Weibes Samen / so der Schlangen den Kopff zertreten solle / zu seinem Reich erfodert / sondern hat auch solche Predigt von einer zeit zur andern / durch die heilige Väter vnd Propheten wiederholen / vnd allen Menschen durch Christum die ewige Seligkeit anbieten lassen. In deinem Samen / spricht er zu Abraham / sollen gesegnet werden alle Völcker auff Erden / Gen: 18. Item Wendet euch zu mir / so werdet jhr selig aller Welt ende / Esa: 45. Darumb sagt Dauid / Psal: 19. Es ist keine Sprache noch Ende / da man jhre Stimme nicht höret / jhre Schnur gehet auß in alle Landt. Psal: 87. Der HErr wird predigen lassen / in allerley Sprachen. Gehet auß / sagt Christus / in die gantze Welt / vnd prediget das Euangelium allen Creaturen: Wer da gleubet vnd getaufft wird / sol selig werden / Matth: 16. Durch diesen beruff / macht GOtt einen Strich / zwischen den Heiden vnd Christen. Von den blinden Heiden / können wir gewiß vrtheilen / das sie zum ewigen Leben nicht erwehlet sein / dieweil sie durchs Wort zu seiner Hochzeit nicht geladen / noch in den Weinberg gedinget sein / sondern stehen ausser demselben auffs Teuffels Marckt müssig / Drumb seind sie auch ohne Christo / frembde vnd ausser der Bürgerschafft Israel / vnd fremde von den Testamenten der Verheissung / vnd haben keine hoffnung / Eph: 2. Denn so schleust Paulus / Welche er erwelet hat / die hat er auch beruffe̅:
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Daraus folget / welche nicht beruffen werden / das die auch nicht erwehlet sein müssen. Weil das Wort das ordentliche Mittel ist / vnd der rechte Genadenkasten / darein GOtt seine Güter vud Schetze verschlossen hat. Wo das Wort ist / da ist auch GOtt selber / der sich durchs Wort offenbahret / ja da ist GOttes Hauß vnd die Pforten des Himmels / saget Jacob Gen: 28. Denn es ist nicht ein todter Buchstabe / sondern eine krafft GOttes selig zu machen / die daran gleuben / Rom: 1. Vnd ein lebendiger Samen / dadurch wir Christen erzeuget / vnd zu Kindern Gottes wiedergeboren werden / welches auch vnser Seelen kan selig machen / 1. Pet: 1. Jacob am 2. Cap: Drumb saget GOtt selber / Exod: 20. An welchem Ort ich meines Nahmens Gedechtnus stifften werde / da wil ich zu dir kommen vnd dich segnen. Item wie der Regen vnd Schnee vom Himmel felt / vnd nicht wieder dahin kömpt / sondern feuchtet die Erden / vnd macht sie fruchtbar vnd wachsent / das sie gibt Samen zu seen / vnd Brod zu essen / Also sol das Wort das auß meinem Munde gehet auch sein / es sol nicht wieder zu mir lehr kommen / sondern thun was mir gefelt / vnd sol jhm gelingen dazu ichs sende: Esa: 55. Vnd abermahl spricht GOtt / Ich lege meine Wort in deinen Mund / vnd bedecke dich vnter dem Schatten meiner Handt / auff das ich den Himmel pflantze / vnd die Erden gründe / Esa: 51. Cap. Neben dem mündlichen Wort / hat GOtt auch die Sacramenta darzu geordnet / als sichtbare Genaden
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zeichen vnd Mittel / dadurch er einen jeden seiner Seligkeit durch Christum versichert. In der Tauff ziehen wir Christum an / Gal: 3. Vnd machen einen Bundt eines guten Gewjssens mit GOtt / 1. Pet: 3. Im heiligen Abendmahl / werden wir mit dem Leib vnd Bluth JEsu Christi gespeiset vnd getrencket / vnd dadurch mit jhm vereiniget / das wir alle seiner erworbenen Güter vnd Schetze / vergebung der Sünden / Gerechtigkeii / Kindtschafft GOttes vnd ewigen Seligkeit solle̅ theilhafftig werde̅ / Nach dem Spruch Hilarij, Haec accepta & hausta faciunt vt nos simus in Christo & Christus in nobis. Wo nu diese beyde Mittel / die predigt deß Euangelij / vnd die heiligen Sacramenta beysamen sein / vnd im rechten gebrauch gehe̅ / da hat Gott sein Herd vnd Fewer / Esa: 31. vnd samlet jhm eine Kirche zum ewigen Leben / Vnd kan vnd sol ein Christe auff solche zusagung des heiligen Euangelij / die einem jeden in der Absolution vnd heiligen Sacramenten der Tauff vnnd des H. Nachtmahls zugeeignet wird / sich gewiß vnd fest verlassen. Denn wie die Gesetzpredigt GOttes rechter ernst ist / also meinet ers auch / wenn er vns durch Christum vergebung der Sünden im Wort vnd Sacramenten verheist vnd anbeut. Derhalben muß auch ein jeglicher / der da gedenckt selig zu werden / sich vnter der Zahl getaufften Christen / da GOttes Wort geprediget wird / finden lassen / vnd
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dasselbige gern vnd fleissig hören / cum nullum maius sit signum praedestinationis quàm frequens auditus verbi diuini, wie Gregorius dauon redet / Es ist kein gewisser Zeichen vnser Versehung zum ewigen Leben / als hertzliche lust vnd lieb zu GOttes Wort. Denn so sagt Christus Joh: 10. Meine Schaffe hören meine Stimme / vnd ich gebe jhnen das ewige Leben. Item Wer auß GOtt ist / der höret GOttes Wort / Joh: 8. Selig sind / die GOttes Wort hören vnd bewahren / Luc: 11. Darumb schreibet Gregorius abermahl recht / Omnes qui viam vitae desiderant, verba vitae audiant. Von den Verechtern aber des Worts vnd der Sacramenten / stehet Actor: 13. das sie sich selbest des ewigen Lebens nicht werth achten. Denn sie verachten GOttes Rath wieder sich selbest / Luc: 7. Cap. Zum vierden Stehet aber Matth: 22. Viel sind beruffen / aber wenig außerwehlet. Denn ob wol GOtt die Seligkeit durch Christum erworben / allen vnd jeden Menschen im Wort anbeut. So mangelts doch daran / das wirs auß eignen Krefften nicht verstehen / ergreiffen / noch annehmen können. Wie S. Joh: hirüber klagt Cap: 1. Das Liecht schein in die Finsternus / aber die Finsternus habens nicht ergriffen. Denn die Welt kan durch jhre Weißheit GOtt in seiner Weißheit nicht erkennen / sondern helt sie für eine Torheit / 1. Cor: 1. Cap: Derwegen gehört auch darzu ein warer lebendiger Glaube / als vnser Handt / damit vnd dadurch wir das
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jenige / so vns GOtt in seinem Wort vnd Sacramenten anbeut vnd außthellet / ergreiffen vnd vnser machen. Dieser Glaub gibt vns nu die vierde Stuffen an dieser Himmelsleitern. Welche er beruffen hat / die hat er auch gerecht gemacht / Das ist / welche er zum ewigen Leben hat versehen / die lest er nicht allein dar zu beruffen vnd laden / sondern eröffnet auch jhre Hertzen durch den H. Geist / das sie es gleuben vnd annehmen / vergibt jhnen die Sünde / vnd macht sie also auß Genaden gerecht / wie denn nachfolgende Sprüche solchs erkleren. Abraham hat GOtt gegleubet / vnd das ist jhm zur Gerechtigkeit gerechnet worden / Gen: 15. 17. Rom: 4. Gall: 4. Mein Knecht der gerechte / wird durch sein Erkentnus viel gerecht machen / Esa: 53. Der Gerechte lebt seines Glaubens / Hab: 2. Thut busse / vnd gleubt dem Euangelio / Marc: 1. Wer da gleubet vnd getaufft wird / sol selig werden / Cap: 16. Wer an den Sohn GOttes gleubet / wird nicht verlohren / sondern hat das ewige Leben / Joh: 3. vnd 5. Er gab macht GOttes Kinder zu werden / die an seinen Namen gleuben / Joh: 1. Selig sind die nicht sehen vnd gleuben / Item Durch den Glauben an Christum / haben wir das ewige Leben / Joh: 20. Wer an Christum gleubet ist gerecht / Item So viel jhr zum ewigen Leben verordnet waren / die wurden gleubig / Actor: 13. Die Gerechtigkeit kömpt durch
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den Glauben an JEsum Christum / zu allen / vnd auffalle die da gleuben / Rom: 13. Summa ohne Glauben ist vnmüglich Gott gefallen / sagt die Epist: Heb: Cap: 11. Wiltu derwegen wissen / ob du zum ewigen Leben versehen seist / so prüfe dein Hertz / ob du im Glauben seist oder nicht / vnd erkenne ob Jesus Christus in dir ist / 2. Cor: 13. Denn wer da gleubet an den Sohn GOttes / der hat solch Zeugnus bey jhm / 1. Joh: 5. Das ist / er ist gewiß / das er ein Kind des ewigen Lebens sey / nach dem Außspruch Christi Joh: 3. Wer an den Sohn GOttes gleubet / der hat das ewige Leben / wer dem Sohn Gottes nicht gleubet / der wird das Leben nicht sehen / sondern der Zorn GOttes bleibet vber jhm. Item Es ist nichts verdamliches an denen / die in Christo JEsu sind / Rom: 8. Ob auch wol ein Mensch in hohen Anfechtungen bißweilen den Glauben nicht fühlet / vnd mit dem 3. Psalm saget / Ich bin von deinen Augen verstossen / So sol er doch sich in die verheissung des Euangelij wickeln / vnnd sich daran fest halten / wie wir pflegen zu singen / Sein Wort laß dir gewisser sein / vnd ob dein Hertz sprech lauter nein / etc. Wiewol aber der Glaube nicht vnser / sondern GOttes Werck ist / Joh: 6. Der theilet das Maß des Glaubens auß / Rom: 12. Vnd wircket in vns das wollen vnd vollenbringen / Phil: 2. Daher auch S. Paulus schreibet / Eph: 1. Wir glauben nach der wirckung seiner mechtigen Stercke / Das ist / es gehört eine mechti
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ge genade vnd krafft Göttes darzu / wenn des Menschen Hertz vber die Vernunfft vnd wieder die erfahrung etwas gleuben sol: So hat doch GOtt hierzu gewisse Mittel geordnet / dadurch er den Glauben in vns anzündet vnd wircket / Nemblich das Wort vnd die H. Sacramenta / welches ein Mensch fleissig hören vnd gebrauchen muß / wenn er wil bekert vnd selig werden. Prediget das Euangelion allen Creaturen / spricht Christus Marci 16. vnd teuffet sie im Namen des Vaters / vnd des Sons / vnd des heiligen Geistes. Wer da gleubet vnd getaufft wird sol selig werden. Der Glaub kömpt auß dem gehör / Rom: 10. Actor: 10. Felt der heilige Geist auff alle / die der Predigt Petri zuhöreten. Darumb sagt der heilige Geist / Apoc: 3. Sey flleissig vnd thue busse: Sihe ich stehe vor der Thür vnd klopffe an / so jemand meine Stimme hören wird / vnd die Thür auffthun / zu dem werde ich eingehen / vnd das Abentmahl mit jhm halten / vnd er mit mir. Von den Verechtern aber des Göttlichen Worts vnd der Sacramenta siehet / Das sie GOttes Abendmahl nicht schmecken sollen / Luc: 14. Das ist / Sie verlieren entweder das Wort von der Cantzel: oder werden mit Blindheit geschlagen: das sie mit jhren Augen nicht sehen / noch hören mit jhren Ohren / noch verstehen mit jhren Hertzen / vnd sich bekehren vnd genesen / Esa: 6. Cap. Zum fünfften. Weil aber der Glaub im Hertzen ein verborgen Liecht ist / das man nicht anderst sehen kan /
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als auß den Wercken. Derhalben ist nötig / das wir noch eine Stuffen weiter hinunter steigen / vnd auß den Früchten vrtheilen / wie der Baum geartet sey. Denn welche GOtt hat beruffen / die hat er auch gerecht gemacht / sagt Paulus / verstehe also / das er jhnen nicht allein Christi Gerechtigkeit durch den Glauben zurechnet / vergibt jhm die Sünde / vnd nimpt sie zu seinen Kindern auff vnd an / Gal: 3. Sondern begabt sie auch mit dem H. Giist / der sie newgebiert vnd heiliget / das sie der Sünden absterben / vnd der Gerechtigkeit leben / Rom: 6. Durch den Geist des Fleisches gescheffte tödten / vnd im Geist wandelen / Rom: 8. Das sie den alten Menschen ablegen / vnd den newen anziehen / der nach GOtt geschaffen ist / in rechtschaffener Heiligkeit vnd Reinigkeit / Eph: 4. Col: 3. Das sie nicht die Welt lieb haben / noch was in der Welt ist / 1. Joh: 2. Sondern nach dem der sie beruffen hat / vnd heilig ist / auch heilig sein / in alle jhrem wandel / 1. Pet: 1. Verleugnen das vngöttliche Wesen / vnd die Weltliche Lüste / vnd züchtig / gerecht vnd gottselig leben in dieser Welt / Tit: 3. Ziehen an als die außerwehlten GOttes / heiligen vnd geliebten / hertzliches erbarmen / Coll: 3. Behalten Glauben vnd gut Gewissen / 1. Tim: 1. Vnd beweisen / also das sie gute Beume sein / vnd Ehrenpflantzen im Hause GOttes / erfüllet mit Früchten der Gerechtigkeit / die durch Christum geschehen in jhnen / zu lob vnd Ehre Gottes / Phil: 1.
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Denn ein böser Baum kan nicht gute Früchte bringen / vnd ein guter Baum kan nicht böse Früchte bringen / sagt Christus Matth: 7. Daher haben wir in der Schrifft so viel ernste Vermahnung zu guten Wercken. Als Matth: 5. Lasset ewer Liecht leuchten für der Welt. Luc: 3. Thut rechtschaffene früchte der Busse. Eph: 4. Wandelt wie sichs gebü ret wirdiglich ewrem Beruff. Nun hat vns aber GOtt nicht beruffen zur Vnreinigkeit / sondern zur Heiligung / 1. Thess: 4. Vnd wir sind sein Werck / geschaffen in Christo JEsu / zu guten Wercken / das wir darinnen wandeln sollen / Item Er hat vns erwehlt in Christo / das wir sollen sein vnsträfflich in der Liebe / Eph: 1. Daher vermahnet Petrus / das wir sollen fleiß anwenden / durch die Werck vnsern beruff vnd erwelung fest zu machen: 2. Pet: 1. Nicht zwar das wir auff vnser Werck groß fussen / oder auß denselbigen ein verdienst der Seligkeit machen wolten: Sondern weil sie sind eine Frucht des Glaubens / dabey wir die Kinder GOttes kennen / auch selbest neben dem inwendigen Zeugnus / so der Geist GOttes vnserm Geiste gibt / abnehmen vnd schliessen können / ob wir Christum / der vns dann nicht allein zur Gerechtigkeit / sondern auch zur Heiligung / von GOtt gemacht ist / mit dem Glauben zum ewigen Leben recht ergriffen haben oder nicht. Denn welche der Geist GOttes treibet / die sind Kinder / Rom: 8. Vnd welche Christum
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angehören / die creutzigen jhr Fleisch sampt den Lüsten vnd Begierden / Gall: 5. Vnd das wil auch Christus / wenn er sagt Joh: 15. Ihr habt mich nicht erwehlet / sondern ich habe euch erwehlet / das jhr hingehet vnd Früchte bringet. Gleich wie der Rebe kan keine Früchte bringen von jhm selber / er bleibe denn im Weinstock: Also auch jhr / jhr bleibet denn in mir / wer in mir bleibet / vnd ich in jhm / der bringet viel Füchte. Damit stimpt S. Johannes 1. Joh: 3. Wer auß GOtt geboren ist / der thut nicht Sünde / denn sein Same bleibet bey jhm / vnd kan nicht sündigen / denn er ist von GOtt geboren. Daran wirds offenbar / welche die Kinder GOttes / vnd die Kinder des Teuffels sind. Wer nicht recht thut / der ist nicht von Gott / vnd wer nicht seinen Bruder lieb hat. Item / Daran erkennen wir / das wir auß der Warheit sind / vnd können vnser Hertz für jhm stillen / das so vns vnser Hertze verdammet / das GOtt grösser ist denn vnser Hertz / vnd erkennet alle ding. Ihr lieben / so vns vnser Hertze nicht verdammet / so haben wir eine frewdigkeit zu GOtt / Vnd was wir bitten / werden wir von jhm nehmen / denn wir halten seine Gebot / vnd thun / was für jhm gefellig ist. Es haben zwar die Heilige auch jhre Feile / vnd müssen teglich vmb vergebung der Sünden bitten / Ps: 32. Denn wo wil man einen Reinen finden / da kein Reiner ist / Hiob 14. Der Gerechte felt des Tages sieben mahl / Prov: 24. Aber er stehet durch wahre Buß wiederumb auff / vnd kempffet wieder das Fleisch / darumb schadets
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jhm nichts. Iustus enim in peccatum lapfus, cum poenitentiam egerit appellationem justi nequaquam amittit, schreibet Augustinus. Wenn der Gerechte felt / so wird er nicht weggeworffen / denn der HErr erhelt jhr bey der Handt / Psal: 73. vnd richtet jhn wieder auff / Vergibt jhm die Sünde / vnd nimpt nicht allein das schwache Füncklein des Glaubens zu Genaden an: Sondern wil auch den anfang vnd vorsatz der Busse / sich durch Christum gefallen lassen. Darumb fasset alhier S. Paulus beyderley Gerechtigkeit zusammen / die Gerechtigkeit des Glaubens / dadurch wir allein für GOtt bestehen / Vnd die Gerechtigkeit des newen Gehorsambs vnd guten Gewissens / die auß der ersten folget / in welchen beyden wir vns vben müssen / wenn wir gedencken eine gute Ritterschafft zu vben / vnd nicht Schiffbruch vnsers Christenthumbs leiden wollen / 1. Thim: 1. Zum sechsten / Wen̅ nu also ein Christ durch den Glauben gerecht worden / vnd in den Lauff der Gottseligkeit getreten ist / So folget / das er auch muß durchs Creutz dem Ebenbilde Christi ehnlich werde̅ / sagt vnser Text: Welche er zuuor versehen hat / die hat er auch verordnet / das sie gleich sein sollen dem Ebenbilde seines Sohns. Item / Der Geist GOTtes gibt Zeugnus vnserm Geist / das wir GOttes Kinder sein. Sind wir denn Kinder / so sind wir auch Erben / nemlich
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GOttes Erben / vnd Miterben Christi / so wir anders mit leiden / auff das wir auch mit zur Herrligkeit erhaben werden / Rom: 8. Darumb stellet Christus seinen Jüngern einen solchen Articulsbrieff. Wer mein Jünger sein wil / der verleugne sich selbest / vnd nehme sein Creutz auff sich teglich / vnd folge mir nach / Luc: 9. Marc: 8. Item Wer nicht sein Creutz auff sich nimpt / vnd folget mir nach / der ist mein nicht werth / Matth: 10. Vnd also ist das liebe Creutz auch ein Ken̅zeichen der Kinder GOttes / vnd des HErren Christi Hofffarbe / darein er seine Diener pflegt zu kleiden / darmit man sie für andern Gottlosen dieser Welt kennen könne. Welche gemeiniglich bey guten Tagen alt werden / vnd kaum ein Augenblick für der Hellen erschrecken / Hiob 24. Item das er sie auch der hinterstelligen Sünd im Fleisch erinnere / in seiner Furcht vnd steter Buß erhalte / jhren Glauben / Gedult vnd Hoffnung prüfe / zum Gebet erwecke / vnd dieser schnöden Welt müde mache. Er prüfet sie / ob sie sein werth sein / sagt das Buch der Weißheit / Cap: 3. Daher ist das Sprichwort / Proximus Deo proximus flagello, Welchen der HErr lieb hat / den züchtiget er. Er steupet aber einen jeglichen Sohn / den er auffnimpt. So jhr die Züchtigung erduldet / so erbeut sich euch GOtt als Kindern / seyd jhr aber ohne Züchtigung / so seyd jhr bestarte vnd nicht Kinder / stehet Heb: 12. Der Gerechte muß viel leiden / Psal: 34. Alle die da wollen gottselig leben in Christo Jesu / müssen Verfolgung leiden / 2. Tim: 3.
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Daher sagt Raphael zu Tobia / Weil du GOtt lieb warest / so muste es so sein / ohn Anfechtung mustestu nicht bleiben / auff das du beweret würdest / Tob: 12. Summa Nullus seruus Christi est sine tribulatione, si putas te non habere persecutionem nondum caepisti esse Christianus schreibet Augustinus. Wer zum Himmel ist geborn / Den stechen alhie Disteln vnd Dorn. GOtt speist die seinen mit Threnenbrod / vnd trencket sie mit grossen Maß voll Threnen / Psal: 80. Diß mustu nu mercken geliebter Christ / damit du dich die Hitze des Creutzes / so dir begegnet / nicht befrembden lassest (die dir wiederfehret das du versuchet werdest) als wiederführe dir etwas seltzames / Sondern frewe dich / das du mit Christo leidest / auff das du auch zur zeit der offenbarung seiner Herrligkeit Frewde vnd Wonne haben mögest / 1. Pet: 4. Cap: Denn hie ist der Trost / das wir durchs Creutz / nicht allein dem Ebenbild Christi vnsers Heilandes ehnlich werden / treten vnter se in Fehnlein / vnd tragen seine Mahlzeiten an vnserm Leibe / Gall: 6. Welches für sich selbest eine grosse Herrligkeit vnd Ehre ist: Sondern wir sollen auch / als seine Commilitones seiner ewigen Herrligkeit mit geniessen / Vnd wie er selbest ist durchs Leiden zu seiner Herrligkeit eingangen / Also sol vns auch dieser zeit leiden die vnterste vnd letzte Stuffe vnd der negste Grad sein / dauon wir auß dem Todt ins Leben / auß der Helle in den Himmel /
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auß aller zeitlichen Trübsal / zu jhm in die ewige Frewd vnd Seligkeit schreiten. Laut des Spruchs / 2. Tim: 2. Sterben wir / so werden wir mit jhm leben / dulden wir / so werden wir mit herschen. Das meint der Apostel hier / da er sagt: Welche er hat gerecht gemacht / die hat er auch herrlich gemacht / Das ist / er hat sie verordnet / das sie nach dieser angsthafften marterung / bey jhm die ewige Frewd vnd Seligkeit besitzen sollen. Inmassen er selbest sie darauff vertröstet / Luc: 22. Ich wil euch das Reich bescheiden / wie mir mein Vater bescheiden hat. Item Vater ich wil das wo ich bin / meine Diener auch sind / die du mir gegeben hast / auff das sie meine Herrligkeit sehen mögen / Joh: 17. Was nun dieses für eine Herrligkeit sein werde / können wir in diesem Leben nicht verstehen. Denn es hats kein Auge gesehen / vnd kein Ohr gehöret / ist auch in keines Menschen Hertz kommen / was Gott bereitet hat / den jenigen die jhn lieben / 1. Cor: 2. Es gehet zwar vnsere Seligkeit etlicher massen in diesem Leben mit vns an / in dem das vns Gott durch Christum / auß genaden zu Kindern vnd Miterben Christi annimpt / vnd gibt vns zum Pfande den H. Geist / Rom: 8. 2. Cor: 1. Eph: 1. Das wir wol mit S. Johanne sage̅ mögen / Seht welch ein Liebe hat vns der Vater erzeiget / das wir GOttes Kinder heissen sollen / 1. Joh: 3. Daher sind wir auch jtzo schon selig: Aber in hoffnung / Rom: 8. Es
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ist noch nicht erschienen was wir sein werden / wir wissen aber wenn es erscheinen wird / das wir jhm gleich sein werden / denn wir werden jhn sehen wie er ist / 1. Joh: 3. Vnd wie wir haben getragen das Bildt des Irdischen / also werden wir tragen das Bildt des Himlischen / 1. Cor: 15. Hie sind wir gestorben / vnd vnser Leben ist verborgen mit Christo in GOtt: Wenn aber Christus vnser Leben sich offenbahren wird / so werden auch wir mit jhm offenbahr werden in der Herrligkeit / Coll: 3. Da wird erfüllet werden / das geschrieben stehet / Esa: 66. Frewet euch mit Jerusalem / vnd seyd frölich vber sie / alle die jhr sie lieb habet / frewet euch mit jhr / alle die jhr trawrig vber sie gewesen seyd / denn dafür sollet jhr saugen vnd satt werden / von den Brüsten jhres Trostes / vnd euch ergetzen von der fülle jhrer Herrligkeit. Vnd das Dauid singet / Psal: 71. HErr du lessest mich erfahren viel vnd grosse Angst / vnd machest mich wieder lebendig / Vnd holest mich wieder auß der tieffe der Erden herauff / du machest mich sehr groß / vnd tröstest mich wieder. Da wird vns GOtt trösten / wie eine Mutter jhr Kindt tröstet / vnd abwischen alle Threnen von vnserm Angesicht / Esa: 66. vnd 25. Cap: An solche vorstehende ewige Frewd / sollen wir stets gedencken / vnd wie Christus selbest sich wieder sein Passion vnd Todt damit tröstet / das ers ein Gang zum Vater nennet. Also sol auch vns vnser Leiden vnd Todt ein gewünschter Weg sein / De labore ad refrigenium: de expe
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ctatione ad praemium: de agone ad Brauium: de morte ad vitam: de peregrin atione ad quietem: de mundi huius exilio ad veram patriam, wie Bernhardus schreibet. Ein Beschluß vnd Endschafft alles Jammers in der Welt / vnd Anfang aller Frewde: Da wir kommen von der Arbeit zu der Erquickung / von der Hoffnung zu̅ Besitz / vom Kampff zur Belohnung / vom Todt zum Leben / von der Wallfart zur Ruhe / von dem Elend dieser Welt zum rechten Vaterlandt. Petrus nennets 1. Eph: Cap: 1. Ein vnuergengliches / vnbeflecktes vnd vnuerwelcklich Erb / das behalten wird im Himmel / vns die wir auß GOttes macht / durch den Glauben bewahret werden zur Seligkeit / welche zubercitet ist / das sie offenbahr werde zur letzten zeit / in welcher wir vns frewen werden / die wir jtzt eine kleine zeit trawrig sein / in mancherley Anfechtung / auff das vnser Glaube rechtschaffen vnd köstlicher erfunden werde / denn das vnuergengliche Goldt / das durchs Fewr bewehret wird / zu Lob Preis vnd Ehre / Wenn nu offenbahret wird JEsus Christus / etc. da wir vns frewen werden / mit herrlicher vnd vnaußsprechlicher Frewde / vnd das ende vnsers Glaubens dauon bringen / vnser Seelen Seligkeit. Mit diesem Trost vnd seliger hoffnung / haben alle Heiligen GOttes jhr Creutz vberwunden. Wie die Epistel Heb: Cap: 11. zeuget. Denselben ergreifft auch S. Paulus / 2. Tim: 4. Hinfurt ist mir beygelegt die Kron der Gerechtigkeit / welche mir der HERR JEsus
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an jenem Tage geben wird. Item Der HErr JEsus wird mich erlösen von allem Vbel / vnd außhelffen zu seinem Himlischen Reich: Welchem sey Ehre von ewigkeit zu ewigkeit / Amen. Das sind also die 6. Stuffen vnser Seligkeit / von Gott selbest erbawet / dadurch er mit seinen Wolthaten Rath vnd Willen zu vns hinab kömpt / vnd wiederumb auch wir mit vnsern Gedancken / zu jhm hinauff steigen müssen / wenn wir etwas gewisses von vnser Versehung zum Leben schliessen wollen. Wie dauon im folgenden Stück wird bericht geschehen.

Der Ander Theil.
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ZVm Andern / müssen wir auch lernen / wie wir vns diesen Spruch sollen zu nutz machen. Denn es sind viel Leute / die meinen / das man die Lehre von der ewigen Versehung für dem gemeinen Mann nicht handeln sol: Dieweil sie zu tieff ist / vnd die Leut entweder sicher machet / oder zur Verzweiffelung treibet. Aber dieser beysorge darffs nicht. Denn weil Christus selbest vnd die Apostel diesen Articul in jhren Predigten vnd Schrifften handeln / hat er freilich nichts gefehrliches noch schedliches in sich / sondern gibt vns vielmehr außbündigen Trost vnd nothwendige Erinnerung / wenn man jhn nach außwei
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sung des Göttlichen Worts bescheidentlich vnd vorsichtig in der Furcht GOttes betrachtet. Denn erstlich gibt er vns ein starck Zeugnis / der güte vnnd leutseligkeit GOTtes / das er als ein rechter Menschenfreund vnd liebhaber des Lebens / nicht gefallen hab an des Menschen verderb / sondern das er sich bekehre vnd lebe / Wie ers selber mit einem hoben Eyd betewret / Ezech: 33. Solches hat er im Werck damit bewiesen / das er nicht allein anfangs den Menschen zum Leben / nach seinem Ebenbild / heilig gerecht vnd fromb erschaffen / vnd mit allen Gaben dermassen zugerichtet / das jhm nichts zur ewigen Seligkeit gemangelt / Sondern auch da er seinen Fall zuuor gesehen / das er seines freyen willens mißbrauchen / vnd von GOtt abfallen würde / hat er für jhn gesorget / vnd auff wege gedacht / wie er jhm auß Todt vnd Verdamnus wieder helffen möchte. Darumb hat er jhm zu seiner wiederbringung / nicht schlecht einen Engel deputiret / sondern seinen eingebornen Sohn / nicht schlecht das er vmb seinet willen / als ein Gast in die Welt keme / Sondern das er Mensch würde / lidde den Todt / vnd büssete durch ein volnkommen Zahlopffer aller Welt Sünde / lest auch dauon in aller Welt predigen / vnd wil alle die jenigen / die es mit Glauben annehmen / auß Genaden ewig selig machen. Wie denn Christus solches alles fein zusamen fasset in den güldenen Spruch Joh: 3. Also hat GOtt die Welt geliebet / das er seinen einigen Sohn dahin gab / auff das alle die an jhn gleuben / nicht
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verlohren werden / sondern das ewige Leben haben. Denn GOtt hat seinen Sohn nicht gesandt in die Welt / das er die Welt richte / sondern das die Welt durch jhn selig werde / Wer an jhn gleubet / der wird nicht gerichtet / wer aber nicht gleubet / der ist schon gerichtet / etc. Was könte oder solte doch GOtt mehr bey vns thun? Das wir wol billich mit Mose sagen mögen / Ach wie hat er die Leute so lieb / Deut: 32. Cap. HErr was ist der Mensch / das du dich sein so annimpst? Vnd des Menschen Kindt / das du jhn so achtest / Psal: 144. Daher weiß auch die Schrifft nicht / mit was Worten sie solche güte GOttes genungsam beschreiben vnd rhümen sol. Damit preiset GOtt seine Liebe gegen vns / das Christus für vns gestorben ist / da wir noch Sünder waren / so werden wir je vielmehr durch jhn behalten werden für dem Zorn / nach dem wir durch sein Bluth gerecht worden sind / Rom: 5. Tit: 3. Nennets der Apostel eine erscheinung der Freundligkeit vnd Leutseligkeit GOttes. Item superabundantes diuitias gratiae, Eph: 2. Vberschwenglichen Reichthumb der Genad vnd Barmhertzigkeit GOttes / der vns durch seine grosse Liebe / damit er vns geltebet hat / da wir todt waren in Sünden / sampt Christo hat lebendig gemacht / vnd sampt jhm in das Himlische wesen gesatzt / etc. Darumb hat er freilich nicht schuldt an vnser Verdamnus / Sondern wil das allen Menschen geholffen werde / vnd zur erkentnis der Warheit kommen / 1. Tim: 2.
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Er wil nicht das jemand verlohren werde / sondern das sich jederman zur Busse kehre / 2. Pet: 3. Das aber dennoch so viel Menschen verdampt werden / kömpt nicht von Gott her / der hat den Todt nicht gemacht / vnd hat nicht lust am verderben der Lebendigen / sagt das Buch der Weißheit Cap: 1. Denn er liebet alles das da ist / vnd hasset nichts was er gemacht hat / Er hat auch nichts bereitet / da er Haß zu hette / Er erbarmet sich vber alles / vnd vbersiehet der Menschen Sünde / das sie sich bessern sollen / Sap: 11. Cap: Sondern es geschicht durch des Menschen eigene schuldt vnd willen. Weil er nicht allein anfenglich selbest freywillig / durch die Sünde sich von GOtt abgewendet / vnd des Teuffels Knecht worden: Sondern auch nach dem jhm GOtt seinen Sohn geschencket / der der gantzen Welt Sünde gebüsset / vnd durch sein Verdienst allen Menschen vergebung der Sünden / Leben vnd Seligkeit / im Euangelio anbieten lest: Verachtets der meiste theil: Beut GOtt den Rücken / ist dem Euangelio JEsu Christi nicht gehorsamb / Rom: 10. Wil nicht kommen / wenn er zur Himlischen Mahlzeit geladen wird / Luc: 14. Liebet das Finsternis mehr denn das Liecht / Joh: 1. Wiederstehet dem H. Geist vnd verbittert jhn / durch verachtung vnd verfolgung des Göttlichen Worts / Vnglaube / Vnbußfertigkeit / Heucheley vnd Sicherheit / Act: 7. Esa: 64. Wil der Warheit nicht gleuben / sondern hat lust an der Vngerechtigkeit / 2. Thes: 2. Vnd stösset also die angebo
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tene Genad von sich / vnd achtet sich des ewigen Lebens nicht werth / Act: 13. Wie denn GOtt selbest in der Schrifft hin vnd wieder solche vrsach anzeucht / vnd darüber klaget. Als Deut: 32. Trew ist GOtt / vnd kein böses an jhm / gerecht vnd fromb ist er / vnd alles was er thut das ist recht / aber die verkerte vnd böse Art felt von jhm abe. Esa: 65. Ich recke meine Hende auß den gantzen Tag / zu einem vngehorsamen Volck / das seinen Gedancken nachwandelt auff einem Wege der nicht gut ist / ein Volck das mich entrüstet: Sie sahen vnnd fühleten meine Werck / da ich viertzig Jahr mühe mit jhnen hatte / vnd sprach / Es sind Leute / deren Hertz jmmerdar den Irrweg wil / vnd die meine Wege nicht lernen wollen / Psal: 95. Johan 3. Das ist das Gericht / daß das Liecht in die Welt kommen ist / vnd die Menschen liebeten die Finsternis mehr denn das Liecht / Matth: 23. Ich habe deine Kinder versamlen wollen / wie eine Henne versamlet jhre Küchlein vnter jhre Flügel / vnd jhr habt nicht gewolt. Darumb ist auch jhre Verdamnus recht / Rom: 3. Vnd wird sie am Jüngsten tag / jhr eigne Boßheit vberzeugen vnd verdammen / Jer: 2. Bey diesem einfeltigen Bericht lassen wirs bleiben / vnd setzen andere vnnötige Fragen beyseits / Warumb GOtt Adams Fall nicht verhütet. Item warumb er nicht alle Menschen / erwehle / bekehre / gerecht vnd selig mache: Denn was gehen vns die an / die draussen sind / die vngleubige blinde Heyden / Türcken vnd andere Völ
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cker / so GOtt vmb jhrer Vorfahren vnd eigner Sünde willen / mit dem Liecht seines Worts vorbey gehet / lesset sie jhre eigne Wege gehen / Act: 14. Vnd in der Finsternis / darin sie sich selbest gestürtzt sitzen: Weil wir wissen / das GOtt niemand mit vnrecht verdammet / vnd der Allmechtige das Recht nicht beuget / Hiob 34. Vnd das er durch seine Versehung / vns nicht eine Leiter zur Hellen / sondern zum Himmel erbawet hat / dannenher kan niemand selig werden / ohn allein durch seine Genad / vnd obberürte von jhm dazu verordnete Mittel: Gleich wie auch im gegenthell niemand / ohn durch sein eigne schuldt vnd beraubung / oder verachtung gedachter Mittel verdammet wird / Laut des Spruchs Hos: 13. Perditio ex te Israel, ex me vero salus tua, Israel du bringest dich in Vnglück / aber dein Heil stehet allein bey mir. So aber hierüber jemandes weiter mit GOtt disputieren vnnd zancken wolt. Demselben mag Hiob antworten Cap: 34. Es wird niemand gestattet / das er mit GOtt rechte / Item S. Paulus Rom: 9. Wer bistu Mensch / das du mit GOtt rechten wilt? Spricht auch ein Werck zu seinem Meister / warumb machstu mich also? Hat nicht ein Töpffer macht auß einem Klumpen zu machen / ein Faß zu Ehren / das ander zu Vnehren? Derhalben da GOtt wolte Zorn erzeigen / vnd kundt thun seine Macht / hat er mit grosser Gedult getragen die Gefesse des Zorns / die da zugerichtet sein zur Verdamnus / auff das er kundt thete / den Reichthumb seiner Herrlig
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keit / an den Gefessen der Genaden / die er bereitet hat zur Herrligkeit. Vns ist genung / das GOtt vns berufft durch sein Wort / ist auch durch dasselbe / durch seinen Geist in vns krefftig / welcher vnserm Geist Zeugnus gibt / das wir GOttes Kinder sein / Rom: 8. Darauß können wir schliessen / das wir zum Leben erwehlet sein / vnd sagen mit Paulo / GOtt hat vns nicht gesatzt zum Zorn / sondern die ewige Seligkeit zubesitzen / durch vnsern HErren Jesum Christ / 1. Thes: 5. Welchem auch dafür Lob vnd Danck sey in alle Ewigkeit. Zum andern / wird vns auch die Lehr von vnser Rechtfertigung für GOtt / in diesem Articul gewaltig gegründet / das wir ohn alle vnsere vorgehende oder folgende Werck / Verdienst vnd Wirdigkeit / durch die lautere vntzerdienete Genad vnd Barmhertzigkeit GOttes / gerecht vnd selig werden / Wie nachfolgende Sprüche klärlich außweisen. Er hat vns beruffen mit einem heiligen Ruff / nicht nach vnsern Wercken / sondern nach seinem Vorsatz vnd Genade / die vns gegeben ist in Christo JEsu / vor der zeit der Welt / 2. Tim: 1. Er hat vns verordnet zur Kindschafft gegen jhm selbest / nach dem wolgefallen seines willens / zu lob seiner herrlichen Genade / durch welche er vns hat angenehm gemacht in den Geliebten / Eph: 1. Drumb sind wir auß Genaden selig worden / durch den Glauben / vnd derselbe nicht auß vns / GOttes
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Gabe ist es / nicht auß den Wercken / damit sich nicht jemandes rühme / Eph: 2. Vt totum detur Deo quoniam nihil est nostrum, sagt Augustinus / Damit jhm der Rhum vnd Danck vnser Seligkeit allein bleibe / beyde was den Anfang / das Mittel vnd Ende anlanget. Denn wie er vns auß Genaden erwehlet hat / in Christo / vor den zeiten der Welt / da wir noch nichts gewesen sein / Also hat er vns auch / da wir verdampte Sünder vnd seine Feinde waren / aus Genaden seinen Sohn geschencket / auß Genaden lest er vns die Seligkeit im Euangelio anbieten / auß Genaden gibt er vns den Glauben / damit wirs ergreiffen: Auß Genaden macht er vns gerecht vnd heilig / auß Genaden schenckt er vns das ewige Leben. Darinne er nicht vnsere Vordienst / sondern seine Gaben in vns / belohnet vnd krönet. Vnd also waltet hier nichts / denn eitel Genad vnd Güte / Das wir wol billich mit S. Paulo auß dem 11. Cap: an die Römer sagen mögen / O welch ein tieffe des Reichthumbs / beyde der Weißheit vnd Erkentnus GOttes / Wie gar vnbegreifflich sind seine Gerichte / vnd vnerforschlich seine Wege. Denn wer hat des HErrn Sinn erkandt? Oder wer ist sein Rathgeber gewesen? Oder wer hat jhm etwas zuuor gegeben / das jhm werde wieder vergolten? Denn von jhm / vnd durch jhn / vnd in jhm sind alle ding. Ihm sey Ehre in ewigkeit / Amen. Was den Trost anlanget / stehet derselbige darinnen / das / weil vnsere Seligkeit sich allein auff GOttes
|| [ID00040]
Genad vnd ewige Versehung gründet / so dürffen wir daran destoweniger zweiffeln / wie wir denn würden thun müssen / wenn wir auff vns oder einigen Menschen sehen / vnd mit vnsern wollen vnd lauffen / das ewige Leben verdienen solten. Dieweil wir leider arme Sünder sein / vnd fühlen die Sünde in vns / wie sie vns offt zu falle bringet / Also / das auch der Gerechte des Tages sieben mahl felt / Prov: 24. Viel weniger haben wir vns für dem Teuffel zu fürchten / ob er wol vmb vns herschleicht / mit auff gesperretem Rachen / als ein brüllender Lewe / das er vns verschlingen möge / Sondern können vielmehr getrost / mit grosser frewdigkeit auff diesen Grundt pochen / vnd sagen mit Paulo Rom: 8. Cap: Wer wil die Außerwelten GOttes beschüldigen? GOtt ist hie / der da gerecht machet: Wer wil verdammen? Christus ist hie / der gestorben ist / ja vielmehr der auch aufferstanden ist / welcher ist zur rechten GOttes / vnd vertrit vns. Wer wil vns scheiden von der Liebe GOttes / Trübsal oder Angst / oder Verfolgung / oder Hunger / oder Blösse / oder Fehrligkeit / oder Schwerd / etc. Aber in dem allen vberwinden wir weit / vmb des willen / der vns geliebet hat. Denn ich bin gewiß / das weder Todt noch Leben / weder Engel noch Fürstenthumb / noch Gewalt / weder gegenwertiges noch zukünfftiges / weder hohes noch tieffes / noch kein ander Creatur / mag vns scheiden von der Liebe GOttes / die in Christo JEsu ist / vnserm Heilande. Hieher gehören die nachfolgende Trostsprüche /
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Joh: 10. Ich gebe meinen Schaffen das ewige Leben / vnd sie werden nimmer mehr vmbkommen. Joh: 17. Vater ich habe der keinen verlohren / die du mir gegeben hast. 2. Tim: 2. Der feste grundt Gottes bestehet / vnd hat diesen Siegel / der HErr kennet die seinen. Ich habe dich in meine Hende gezeichnet / Esa: 49. Die auff den HErrn hoffen / werden nicht fallen / sondern ewig bleiben / wie der Berg Zion / Psal: 125. Wenn der Gerechte felt / wird er nicht weg geworffen / denn der HErr erhelt jhn bey der Handt / Psal: 37. Alle die im Buch geschrieben stehen / werden errettet werden / Dan: 12. Diese Sprüch allzumahl sind auß diesem Articul genom̅en / vnd lehren vns / wie wir vns denselben zum Trost / wieder des Teuffels Boßheit / vnd vnsere eigene Schwacheit sollen zu nutz machen: Also das wir gleichwol nicht sicher dabey sein / noch der Sünden nachhangen / Sondern als das außerwehlete Geschlecht vnd heiliges Volck verkündigen sollen / die Tugend / dessen / der vns beruffen hat / von der Finsternus / zu seinem wunderlichen Liecht / 1. Pet: 1. In guten Wercken wandeln / vnd damit vnsern Beruff gewiß machen / Eph: 1. 2. Pet: 1. Vnd schaffen das wir selig werden / mit forcht vnd zittern / vnd in dem nicht auff vns sehen / sondern auff GOtt / der in vns wircket / beyde das thun vnd wollen / nach seinem wolgefallen / Phil: 2. Es folget auch ferner hieraus der Trost / das sich GOtt seiner Außer wehlten lieben Kinder auch in diesem Leben annehmen / sie trösten / schützen vnd auß aller Noth
|| [ID00042]
genediglich erretten wolle / Laut des 91. Ps: Ich bin bey jhm in der Noth / etc. Esa: 41. vnd 43. Fürchte dich nicht du Würmlein Jacob / denn ich erwehle dich / vnd verwerffe dich nicht / fürchte dich nicht / ich bin mit dir. Weiche nicht / denn ich bin dein GOtt / ich stercke dich / ich helffe dir auch durch die rechte Handt meiner Gerechtigkeit. Ich hab dich bey deinem Nahmen geruffen / du bist mein / denn so du durchs Wasser gehest / wil ich bey dir sein / das dich die Ströme nicht sollen erseuffen / etc. Wer euch antastet / tastet meinen Augapffel an / Ich wil eine fewrige Mawr vmb euch sein / Zach: 2. So wenig als eine Mutter jhres Kindes kan vergessen / so wenig kan er vnser vergessen / Esa: 49. Denn er hat alle Haar auff vnserm Kopff gezehlet / vnd keines felt auff die Erden / ohn seinen willen / Matth: 10. Wer das weiß / der kan sich in alles Creutz desto gedültiger schicken / vnd sagen auß der 2. Cor: 4. Wir haben allenthalben Trübsahl / aber wir engsten vns nicht / vns ist bange / aber wir verzagen nicht / wir leiden Verfolgung / aber wir werden nicht verlassen / wir werden vntergedrückt / aber wir kommen nicht vmb / vnd tragen vmb allezeit das Sterben des HErren JEsu an vnserm Leibe / auff das auch das Leben des HErren JEsu an vnserm Leibe offenbahr werde. Entlich gibt vns diese Lehr auch eine normam judicij vnd Richtschnur / darnach wir am sichersten von vnser Seligkeit vrtheilen können.
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Denn man findet viel Leute / die sich vnterstehen mit jhren Gedancken in den Himmel zu fliegen / vnd forschen was doch GOtt wol in seinem geheimen Rhat / von jhrer Seligkeit möge beschlossen haben. Solche thun eben / als wenn einer / ohne Leitern vnd Treppen wolte einen hohen Thurm hinan steigen / der würde gewißlich nicht allein nicht hinauff kommen / sondern auch wol in Gefahr stehen müssen / das er hinab falle / vnd den Hals breche. Also gehets alle denen / die GOttes verborgenen Willen / ausser dem geoffenbarten Wort / durch jhre Gedancken außgrübeln vnd erreichen wollen. Denn wer schwer ding forschet / dem wirds zu schwer / sagt Salomon Prov: 25. Damit wir nu solche Gefahr nicht außstehen dürffen / hat vns GOtt selbest in seinem Wort / durch den Apostel Paulum so eine schöne richtige Treppen gebawet / dadurch er nicht allein mit seinen Gütern zu vns hinab kömpt / sondern auch wir sicher mit vnsern Gedancken zu jhm hinauff steigen / Vnd weil wir forne sein Angesicht nicht sehen können / jhn von hinten anschawen vnd ergreiffen können / wie er selber sagt / Exod: 33. Diese Treppen müssen mir durch die obgesetzte sechs Stuffen fein ordentlich hinan steigen / also das wir keine Stuffen vberhüpffen noch außlassen / denn sie hangen alle aneinander. Welche GOtt versehen hat / die hat er auch verordnet / welche er aber
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verordnet hat / die hat er auch beruffen / welche er beruffen hat / die hat er auch gerecht gemacht / welche er hat gerecht gemacht / die hat er auch herrlich gemacht / etc. Daraus folget / Wer getaufft ist / vnd das heilige Göttliche Wort / darinne vns GOtt zur Seligkeit beruffen / gerne höret / vnd mit Glauben annimpt / vnd seinen Glauben in newem Gehorsamb / durch ein bußfertig Leben beweiset / vnd das Creutz so jhm GOtt zuschickt gedüldig tregt / vnd mit hertzlichen verlangen in gutem Gewissen / auff die aufflösung seines Leibes vnd ewige Seligkeit wartet / der kan künlich höher steigen / seinen Fuß in den Himmel setzen / vnd schliessen / das er nicht allein von GOtt versehen sey / sondern auch / das jhn GOtt in wahrem Glauben erhalten werde biß an sein Ende / vnd entlich in jener Welt mit Christo JEsu ewig herrlich machen. Laut des Spruchs / 1. Petri 5. Cap: Der GOtt aller Genade / der vns beruffen hat zu seiner ewigen Herrligkeit in Christo JEsu / derselbige wird euch / die jhr eine kleine zeit leidet / wol bereiten / stercken / krefftigen vnd gründen. SO viel nu diese vnsere verstorbene Matron belanget / so wir jetzo zu jhrer Ruhestette gebracht haben / sind wir zwar darumb nicht hier / das wir jhre laudes lesen oder sie canonisiren wollen. Denn wir wissen wol / das sie auch eine
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arme Sünderin gewesen / wie wir alle sein / vnd sich allein gerümbt vnd rühmen müssen / des Creutzes JEsu Christi / vnd sagen mit der Kirchen auß dem 26. Cap: Esa: HErr was ich guts gethan habe / das hastu mir gegeben / Darumb gebüret nicht mir / sondern deinem Nahmen die Ehre / Ps: 115. So bedarff sie auch meines Zeugnus gantz vnd gar nichts: Dieweil keiner in dieser Kirch ist / der nicht ob jhrem Todt betrübt were: Vnd solches aus keiner andern vrsache / als vmb jhres frommen auffrichtigen Hertzens willen / dabey sie menniglich gekandt hat: Jedoch weil ein guter Nahme / sich mit dem Leibe nicht begraben lest / vnd des Gerechten nimmermehr vergessen werden sol / Ps: 112. Müssen wir auß schüldiger Danckbarkeit jhr zu Ehren / vnd vns zum Exempel von jhrem Leben / vnd Abschied auß dieser Welt ein wenig sagen. Der eusserlichen Gaben / damit sie von GOtt reichlich angesehen gewesen / wollen wir jtzo nicht gedencken / Denn Schönheit vnd Jugent sind Eitel / sagt der Prediger 12. Cap: So hilfft auch Ehr vnd Gut nichts am Tage des Zorns / Prov: 11. Aber Gerechtigkeit errettet vom Tode. Ein Weib die den HErrn fürchtet / sol man loben / Prov: 31. Die Furcht des HErren ist Ehre vnd Ruhm / Frewd vnd eine schöne Krone. Gott lieben / ist die aller schönste Weißheit / vnd wohnet allein bey den außerwehlten Weibern / Syr: 1. Die Furcht des HErren ist der Weißheit anfang / das ist eine schöne Klugheit / wer darnach thut / des Lob bleibet ewiglich / Ps: 111. Diß
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Lob müssen wir auch vnserer Verstorbenen billich geben. Denn zu dem / das sie durch die Tauff Christum angezogen / vnd von GOtt zum Kind vnd Erben des ewigen Lebens angenommen / welches der aller beste Adel ist / dessen sich ein Christ zu rühmen hat: Ist sie auch von jhren Eltern vnd Freunden von jugent auff / zu aller Gottseligkeit / Zucht vnd Erbarkeit erzogen worden / welches sie in jhrem gantzen Leben reichlich hat spüren lassen. GOtt vnd sein Wort hat sie her tzlich geliebet / vnd jhr dasselb so bekandt gemacht / das sie die vornembsten Sprüch vnd viel schöne Psalmen Dauids hat erzehlen können. Dem Predigampt ist sie geneigt vnd zugethan gewesen / als eine rechte Tabea vnd Jüngerin des HErren. In jhrem Ehstand hat sie sich züchtig fromb vnd schamhafft verhalten / jhre Haußwirte geliebet / vnd sich gegen sie mit gebürender Ehrerbietung / Bescheidenheit vnd Freundligkeit / also erzeigt / das sie gar eine friedsame gute Ehe mit jhnen besessen. Ihre Kinder hat sie in der furcht GOttes zu aller Gottseligkeit / Zucht vnd Tugent dermassen erzogen / das sie dessen nu eins theils mit ruhm fruchtbarlich geniessen. Vnd ob sie wol GOtt mit Ehrenstandt für andern zimlich erhöhet / hat sie doch dessen sich nicht vbernommen / noch andere geringer veracht / sondern sich gegen menniglich freundlich / demütig / vnd also erzeigt / das sie von hohes vnd niedriges standes Personen / ist lieb vnd werth gehalten worden. Den Armen hat sie die Handt miltiglich gereicht / vnnd manchem Menschen
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durch Vorbit gedienet / Sonderlich aber ist sie allem falschen von hertzen feind gewesen / also auch / das sie mit solchen Leuten gar nicht hat vmbgehen wollen. Das sind nu schöne herrliche Tugenden vnnd Früchte des Glaubens / darauß wir gewiß schliessen können / das sie zum ewigen Leben versehen gewesen / vnd nu mehr desselben mit Christo geniesse. Ja das ist der rechte Ehrenschmuck / welchen S. Petrus 1. Pet: 3. von allen Matronen erfordert / wenn sie GOtt vnd der Welt gefallen wollen. Ein solch gut Gerüchte ist besser denn gute Salbe / Eccles: 7. Darumb sehe ein jeder zu / das er auch möge einen solchen guten Nahmen hinter sich verlassen / der bleibet gewisser denn tausent grosse Schätze Geldes / Syr: 42. Denn ein Leben / es sey wie gut es wolle / so wehret es ein kleine zeit / aber ein guter Name bleibet ewiglich. Nach dem aber die jenigen / die von GOtt zum ewigen Leben sind außuersehen / durchs Creutz dem Ebenbild Christi ehnlich werden müssen / hat solches an jhr auch erfüllet werden müssen. Denn für andert halb Jahren ohn gefehr / da er sie mit einer jungen Tochter erfrewet / hat er sie alsbald darauff mit einer langwirigen Leibesschwacheit angriffen / darein sich die Medici nicht haben richten können / in welcher sie jhren Glauben vnd Gedult / dermassen beweiset / das sie diese gantze zeit vber / nie kein vngedüldiges Wort von jhr vernehmen lassen / sondern ist mit Gott zu friede̅ gewesen / hat sich seiner hülff getröstet / gebetet vnd für sich beten lassen / vnd das vbrige
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seinem willen anheim gestelt / Als aber jhre Kranckheit in den nehern drey Wochen beginne̅ hefftig zuzunehmen / hat sie am verschienen sontag noch wie zuuorn offtermahls / jhre Bekentnus gethan / neben der Absolution das H. Nachtmahl zu sterckung jhres Glaubens empfangen / vnd da solches geschehen / gesagt / Gott lob das diese stund vorbey ist. Nach der zeit hat sichs mit jhr zusehens zu̅ Ende geschickt / da sie zwar so matt gewesen / das sie nicht viel reden mögen / gleichwol aber so viel sich leiden wollen / jhr Hauß bestellet / sich alles zeitlichen begeben / vnd Christo allein ergeben / vnd ist darauff den Dinstag vmb 12. Vhr / selig entschlaffen / den jhrigen zwar viel zu früe / für jhr Person aber / eines zeitlichen vnd seligen Todes verfaren. Weil denn nu diese Verstorbene in der Ruhe ist / sollen wir nach der Lehr Syr: 38. auch auff hören / jhr weiter zugedencken / vnd vns trösten vber jhr / weil jhr Geist von hinnen ist / denn sie wird zu vns nicht wieder kom̅en / wir aber / wenn wir jhrem Glauben vnd Gottseligkeit folgen werden / werden zu jhr kommen. Der allmechtige Gott / der jhre Seele durch den dienst der H. Engel / zu seiner Herrligkeit erhoben hat / wird auch jhren Leib / der jtzt in schwacheit vnd vnehren geseet wird / am Jüngsten tag in Himlischer klarheit vn̅ vnsterbligkeit wieder aufferwecken / zu dem vnuergenglichen vnbefleckten Erbe / das behalten wird im Him̅el / alle denen / die auß Gottes Macht durch den Glauben bewahret werden / zur ewigen Seligkeit. Zu welchem vns allen verhelffen wolle / Gott Vater Sohn vnd heiliger Geist / Amen.


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