Capitel.
DA nu die Phariseer bey einander waren / fragt sie Jesus / vnd sprach / Wie düncket euch vm̅ Christo? Wes Sohn ist er? Sie sprachen / Dauids. Er sprach zu jhnen: Wie nennet jhn denn Dauid im geist einen HErren? da er saget: der HErr hat gesagt zu meinem HErrn / Setze dich zu meiner rechten / biss das ich le ge deine Feinde zum Schemel deiner Füsse. So nu Dauid jhn einen HErren nennet / wie ist er denn sein Son? Vnd niemand kundte jhm ein Wört antworten.
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Auslegung.
DAS Gesetze ist eine nöttige lere in der gemeine Gottes. Denn ohn dasselbige können wir zur erkennis der Sünden nicht kommen / Darumb da der Herr Christus vom Phariseer gefragt wird / welches das fürnemsie gebot im Gesetz sey / antwort er im richtig darauff / wie wir im ersten theil dieses Euangelij gehört haben. Es lesset es aber dabey der HERR Christus nicht wenden / das auff die frage vom Gesetze ist geantwortet worden / Sondern legt den Phariseern eine frage für vom Messia / auff das er jhnen zuuerstehen gebe / wenn sie gleich das Gesetz auffs beste verstünden / so were es doch an dem nicht genug / Sintemal das Gesetz die Sünde wol zeiget / vnd Gottes zorn verkündiget / aber niemands von Sünden helffet noch seligmachet / man müsse auch den Messiam vnd sein ampt recht kennen. Wie denn nicht allein Moises / Sondern alle Propheteu / beide theil der Lere geführet haben / nicht allein das Gesetz geprediget / Sondern die verheissung vom Messia verkündiget / vnd alle Welt auff jhn vertröstet. Es hatten aber die Phariseer das heilsame Liecht der Prophetischen lere verloren / den zu
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künfftigen Messiam / hielten sie für einen Weltlichen Potentaten / das Gsetz deuteten sie nur vom eusserlichen gehorsam / haben also zugleich Gesetze vnd Euangelium verloren gehabt / wie auch im Bapstumb geschehen.
Ist der wegen von nötten / das wir auff beyde punct acht geben / damit wir nicht widerumb in solche Blintheit gerathen. Vom Gesetz ist in der Ersten Predigt nach notturfft gehandelt / Aaff dismal / wollen wir den Punct im MESSJA für vns nemen / auff das wir vnsern HErrn vnd Heylandt recht lernen erkennen / vnd wissen mögen / welchen trost wir in jhm wider die schwere anklag des Gesetzes haben. Das wir nun diesen nöttigen vnd hohen Artickel von der Person MESSIAE / an welchem punct alle vnsere Seligkeit gelegen / ewrer Liebe ordentlich fürtragen / vnd jhr den gründlich fassen möget so wollet auff diese Fünff Heubtstück achtung geben.
Fürs Erste / Das Ihesus Christus vnser Heiland / warer natürlicher Mensch sey.
Fürs Ander / Das Ihesus Christus ewiger vnd Allmechtiger Gott sey.
Fürs Dritte / Das die zwo Naturen / Menschliche vnd Göttliche / Persönlich vnd in alle ewigkeit vnzertrenlich vereiniget sind / Vnd derwegen nicht zween Christi / noch Söhne /
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Sondern ein Christus / vnd ein Son Gottes vnd Marie sey.
Zum Vierdten / Soll ewer Liebe vrsachen mercken vnd betrachten / warumb vnser Mitler vnd Heyland / müsse zugleich warer Gott / vnd natürlicher Mensch sein.
Zum Fünfften / Wie man von dieser hohen vnd wunderlichen Perfon / nach der leere der Aposteln / recht reden möge.
Der eingeborne Son Gottes Ihesus Christus / verleyhe vns seine Gnade / Verstandt vnd Stercke / durch seinen heiligen Geist / solche heilsame lere ewrer Liebe recht fürzutragen / Vnd das jhr es mit gleubigem Hertzen fassen / vnd dadurch selig werden möget / Amen.
I. Vom Ersten Heubtstück. Das Ihesus Christus vnser Heiland / warer natürlicher Mensch sey.
ALs der HErr Christus den Phariseern / die frage auffgibet / Wie düncket euch vmb Christo? Wes Sohn ist er? Sind sie baldt fertig / vnd antworten / Dauids. Denn die verheissung
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durch den Propheten Nathan geschehen / war jhnen bekant / 1. Chron. 18. Wenn aber deine tage aus sind. das du hingehest zu deinen Vetern / so wil ich deinen Samen nach dir erwecken / der deiner Söne einer sein soll / dem wil ich sein Königreich bestettigen / der soll mir ein Haus bawen / vnd ich wil seinen Stul bestettigen ewiglich / ich wil sein Vater sein / vnd er sol mein Sohn sein. Diese verheissung war gantz wol bekandt / Denn sie war in vielen Psalmen / vnd durch die Propheten sehr offt widerholet / vnd ward teglich im Volck geprediget / darumb bedencken sie sich nicht lang / Sondern sagen flugs / Dauids Sohn mus der Messias sein: Bekennen aber damit deutlich / das der Messias sein müsse / ein warer / rechter / natürlicher Mensch / der Leib vnd Seele / Fleisch vnd Blut haben werde / wie wir / vnd der vom geschlecht vnd geblüt Dauids her kommen soll. Der HErr Christus nimpt solche antwort der Phariseer für bekant an / straffet sie nicht / denn sie stimmet mit Gottes wort / darumb müssen wir acht drauff geben / das wir auch also vom heiland Ihesu Christo gleuben vnd halten.
Der böse Feind hat durch viel Rotten vnd vnd Secten diesen punct von der Menschheit Ihesu Christi / auff mancherley weise angefochten / denn er weis das vnser Seligkeit darauff stehet / die Valentinianer haben fürgeben / der
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HErr Christus were nicht ein rechter natürlicher Mensch / der Leib vnd Seel / Fleisch vnd Blut von der Jungfrawen Maria hette angenommen / Sondern seinen Leib / het er mit vom Himmel gebracht / vnd hette einen sonderlichen Leib. Die Manicheer haben gedichtet / der HERR Christus were nicht warer Mensch gewesen / Sondern hette sich nur also gestellet / Vnd were nichts anders / denn ein Gespenst gewesen.
Mit solchem Irthumb hat der Satan den grund vnsers Glaubens / vns entfüren wollen / Denn so der HErr Christus nicht warhafftig Fleisch vnd Blut gehabt / so hette er nicht Leiden noch sterben können / So hette er für vnser Sünde nicht bezalet / wir weren noch in vnsern Sünden / so köndten wir nimmermehr selig werden.
Die Arrianer haben bekent / das der HErr Christus hette wol einen warhafftigen Leib an sich genomen / aber one Seele / die Gottheit were aber an stadt der Seele̅ gewesen. Das ist auch ein gefehrlicher Irthumb gewesen / denn also were vnsere Seele nicht erlöset. Es bedarff aber vnser Seele nicht weniger der Erlösung von Sünden vnd seligmachung / denn der Leib / Darumb muste der HErr Christus den gantzen Menschen / Leib vnd Seele annemen / Matt. 26. spricht Christus / Meine Seele ist betrübet biss in den Todt. Vnd im 16. Psalm / Denn du wirst meine Seele nicht in der Hellen lassen.
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Vnsere Widerteuffer vernewen den Irthumb der Valentinianer. vnd tichten der HErr Christus habe sein Fleisch nicht von Maria noch von Dauid / Sondern vom Himmel gebracht / Aber hie zeuget diss Euangelium das widerspiel / Nemlich / Christus sey ein Son Danids / der aus seinen Lenden kommen sey. Schwenckfelt tichtet auch / das die Menscheit vergöttet / vnd Gott gleich worden sey / Alle diese jrthumen / sind falsch vnd vnrecht / vnd heissen den grund des Glaubens vmb / wollen vns den trost nemen / das Christus für vns gestorben / für vns hat bezalet / vnd Gott den Vater versünet / Das Christus Leib vnd Seel erlöset hat von Sünden / das Gott vnser Bruder ist / das vnser Fleisch vnd Blut zur rechten Hand Gottes sitzet / das Gott vnser Vater vnd wir erben sind der ewigen Seligkeit. Darumb sollen E. L. vber dem Artickel fest halten / das Ihesus Christus Warhafftiger natürlicher Mensch sey / der Leib vnd Seel / Fleisch vnd Blut an sich genomen / der ein rechter Son Dauids ist / der auch ein Warer Mensch bleibet in alle ewigkeit. Denn der Prophet Nathan spricht zu Dauid / Ich wil deinen samen nach dir erwecken / der von deinem Leibe kommen soll. 2. Reg 7. Vnd im 132. Psalm wider holets Dauid: Der HErr hat Dauid einen waren Eidt geschworen / dauon wird er sich nicht wenden. Ich wil dir auff deinen stul setzen die frucht deines Leibes.
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Darumb auch der Engel Gabriel zu Maria also spricht / Sihe du wirst schwanger werden im Leibe / vnd einen Son geberen / Des Namen soltu Ihesus heissen. Der HErr Christus nennet sich für vnd für des Menschen Sohn. Johannes spricht: Das Wort / Nemlich / Gottes ewiger Son / Ward Fleisch / Das ist / ein Warhaffciger Natürlicher Mensch / der vns in allem gleich sey / Ausgenomen die Sünde / Wie die Epistel zun Heb: am 2. Cap: Deutlich saget / Er nimpt niergent die Engel an sich / Sondern den samen Abrahe nimpt er an sich / Daher mus er aller ding seinen Brüdern gleich sein.
In diesem punct haben die Phariseer nicht geirret / sind richtiger gewesen / denn die Alten vnd Newen Rottengeister. Vnd ewer lieb sollen acht darauff geben / das sie den Artickel recht Bewaren. Denn Tertulianus recht saget: Totum pondus Christiani nominis, mors Christi negatur: quando Caro Christi negatur. Das ist / Die gantze macht vnd Wichtigkeit des Christlichen Namens / Nemlich der Todt Christi wird verlengnet / wen̅ sein Fleisch geleugnet wird. Vnd vnmüglich ist / das der Mensch ein einigen trost wider Sünde vnd Todt haben könne / der nicht gleubet / das Ihesus Christus ein warhafftiger Mensch sey / der Son Dauids von der Maria der Jungfrawen geboren.
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II. Vom Andern Heubistück. Das Ihesus Christus / Ewiger vnd Allmechtiger Gott sey / etc.
DER HErr Christus lest jhm dran nicht genügen / das die Phariseer bekennen / Christus sey Dauids Son / Fraget ferner / Warumb denn Dauid jhn seinen HErren nenne / vnd im Geist spreche: Der HErr sprach zu meinem HErren / setze dich zu meiner rechten / bis das ich lege deine Feinde zum schemel deiner Füsse. Sonun Dauid jhn seinen HErren nennet / wie ist er denn sein Sohn? Wenn gleich ein Son mechtiger wird / denn sein Vater gewesen ist / so ist er doch seines Vatern Herr nicht / Dauid ist wol mechtiger ge wesen denn Juda / Salomon / ist mechtiger worden denn Isaia war / aber den noch kennet Juda den Dauidem / Isaia den Salomonem nicht für seinen Herrn / Wie nennet den̅ Dauid den Messi am seinen Herrn / so er doch sein Son wird sein?
Hierauff können die Phariseer nicht antworten / Sondern bleiben gantz bestecken / den̅ da war bey den Phariseern das Liecht verloren / das sie den Messiam nicht kenneten / wusten nichts anders / denn das er würde ein Purlauter Mensch sein / wie andere Propheten vnd Könige / wie Salomon / Josophat / Josias / etc. Aber Mechtiger / Weiser / Gewaltiger / vnnd
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Glückseliger denn sie alle. Das er auch solte Gottes eingeborner Sohn sein / vnd Allmechtiger Gott selbs sein / das Liecht war bey jhnen verloschen / welchs schrecklich ist / denn solcher Artickel war offt vleissig durch alle Propheten getrieben / verkündiget / widerholet / als einer in der gantzen schrifft / wie auch solchs die not forderte / denn die gantze Christliche Lere der grund vnsers Glaubens / Aller trost von der ewigen Seligkeit stehet vnd ruhet hierauff / Das Christus Ewiger vnd Allmechtiger Gott sey.
Aber wie sie die Lere von dem ampt Messie verloren hatten / sein ewiges Geistliches reich nicht verstunden / Sondern den Messiam nur für einen Weltlichen Monarchen hielten / von dem sie nur gros Gut / Land vn̅ Leut / Ehre vnd Reichthumb / die ser Welt gewertig waren. Also kandten sie auch seine Person nicht / vnd gaben auff die herrliche zeugnisse der Propheten vom Messia wenig achtung. Derwegen dringet allhier der HErr Christus auff das herrliche zeugniss Dauids / der im Geist den Messiam seinen Son / seinen HErren genennet habe / Derhalben mus der Messias ein Höhere Person sein / denn Dauid gewesen / bey dem auch Dauid hat hülff vnd trost suchen müssen.
Dauit hat im Geist wol gesehen vnd gefühlet das er der Sünden vnd Thiranney des Sathans viel zu schwach were / das er Gottes Zorn nicht versünen / noch den Fluch des Gesetzes auff heben köndte. Er hatte wol gesehen /
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das er weder jhm selber / noch andern die ewige Seligkeit nicht geben kondte / vnd das kein Prophet noch einiger Mensch auff Erden solchs zu thun vermocht. Darumb Gott ist verursacht worden / den Messiam zuuorheissen / vnd alle Welt auff jhn zuuertrösten. Ob nun wol der Messias von seinem Geblüte komen / vnd sein Son würde / so würde er doch viel ein andere Person sein / Nemlich / sein des Dauids Gott vnd Schöpffer / sein Heilandt vnd Seligmacher / der so wol In / als alle Gleubige / würde selig machen / den er für seinen HErrn erkennen / den er anbeten / vnd zu dem er in allen nöthen zuflucht nemen müge / denn Gott würde den Messiam nicht senden / Weltlich zu regieren vber Land vnd Leute mit Reuttern vnd Knechten / frieden zu rrhalten / die Juden frey zu machen / vnd grosse Güter auszutheilen / Sondern ein geistlich Reich solt er füren / darin er zur rechten Hand Gottes sesse / Horrschete vber aller Menschen gewissen / hette alles in seiner hand / er solte Gott widerumb mit seinem Gehorsam versünen / die Sünde hinweg nemen / denn Todt verthilgen / die werck des Teuffels zerstören / ein frölich gewissen geben / ewige Gerechtigkeit schaffen / vnd den Menschen wider zur ewigen Seligkeit bringen. Da sihet Dauid vnd fühlet wol das alle Menschen / alle Ertzuetter / alle Propheten / alle Könige / alle Engel im Himel zu schwach sind. Darumb erkennet er den Messiam seinen Sohn / für seinen HErren / für seinen
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Gott vnd Schöpffer / der von ewigkeit bey dem Vater sey / mit welchem der Vater redet / vnd heisset jhn zu seiner Rechten sitzen / in gleicher Göttlicher Macht / Gewalt vnd Maiestet / mit jm herrschen / vnd das Geistlich Reich führen / Vnd beuget sich also Dauid für seinem Son Jesu Christo / sampt der gantzen Christenheit / als für seinem HErrn vnd Seligmacher.
Das ist nu der hohe vnd treffliche Artikel / den der HErr Christus nicht allein von den Phariseern / Sondern auch von vns allen fördert / wel cher auch der grundfest ist vnsers gantze̅ Christlichen Glaubens. Wer jhm den Artickel nemen oder verrucken lest / das Ihesus Christus ewiger / Warhafftiger Gott ist / der kan den aller geringsten trost wider Sünd vnd Todt nicht haben / noch in einiger anfechtung bestehen / ja sein Glaub muss aller ding verleschen / denn keine Creatur weder ein Engel noch Apostel / kan die macht der Sünden vber winden / den Todt hinweg nemen / das böse gewissen stillen / Gerechtigkeit vnd Leben schaffen / keine Creatur kan das Reich des Sathans zerstören / aus allen nöthen helffen / vns erhören / die ewige seligkeit geben. Solt nun der Messias nicht ewiger Gott sein / so köndten wir jhn nicht anruffen / an jhn nicht gleuben / noch vnsere hoffnung auff jhn setzen. Darumb auff das vnser Glaube ein starcken Grundfest habe / haben die Propheten den Artickel auffs gewaltigest getrieben / die Propheten vnd Apostel bezeugen / das der Mes
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sias Gottes ewiger vn̅ eingeborner Son sey / da her Dauid spricht / der Herr hat zu mir gesagt / Du bist mein Son / heut habe ich dich gezeuget. In der weissagung des Propheten Nathans spricht Gott: Ich wil sein Vater sein / vnd er soll mein Sohn sein. Johannes der Teuffer nennet jhn den eingebornen Son Gottes / Also zeugen sie auch / das der Messias Gottes Son / Himel vnd Erden / vnd alles erschaffen habe / alle ding sind durch dasselbige gemacht / was gemacht ist. Alle Propheten vnd Apostel zeugen / das die gantze Christenheit den Messiam soll anbeten / vnd alle hülff von jhm bitten. Psalm. 45. Er ist dein HErr / vnd solt jhn anbeten. Psalm- 96. Betet an den HErrn im heiligen schmuck / es fürchte jhn alle Welt. Also zeugen die Propheten vnd alle Apostel das der Messias / Sünde vnd Todt hinweg neme / Gerechtigkeit vnd Leben widerschaffe / alle Todten aufferwecken / vnd seine gleubige ewig Selig machen werde. O Todt spricht er im Osea. 13. ich bin dein gifft. O Helle / ich wil dir ein Pestilentz sein. Psalm. 22. Ewer hertz soll ewiglich leben. Aus welchen gewaltigen starcken zeugnissen vnwiderleglich folget / das der Messias ewiger Allmechtiger vnd warer Gott sey / der alle Creaturn in seiner hand hat / daher nennet jn Dauid einen waren Gott / Psalm. 45. Gott dein stul bleibet jmmer vnd
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ewig / das Scepter deines Reichs ist ein gerader Scepter. Du liebest Gerechtigkeit / vnd hassest Gottlos wesen / drumb hat dich Gott / dein Gott gesalbet mit freuden Ohle / mehr denn deine gesellen. Psalm. 72. Man wird dich fürchten / so lange die Sonne vnd Mond weret / von Kind zu Kindes Kindern. Psalm. 89. HErr Gott Zebaoth / wer ist wie du / ein mechtiger Gott / vnd deine Warheit ist vmb dich her / Himel vnd Erde ist dein / vnd du hast gegründet den Erdboden / vnd was drinnen ist. Psalm. 96, Saget vnter den Heiden / das der HErr König sey / vnd habe sein Reich so weit die Welt ist bereit. Jesa. 24. Zu der zeit (Nemlich Messie) wird man sagen / Sihe das ist vnser Gott / auff den wir harren. Jesa. 35. Stehet / Ewer Gott der kompt zur rache / als denn werden der blinden augen auffgethan werden. Jesa. 40. Bereiettt dem HErren den weg / machet auff dem Felde ein ebene Ban vnserm Gott / Saget den Stedten Juda / Sihe das ist ewer Gott. Das gehet alles auff die zeit Messie / das Gott vom Himel / als denn werde selbst furhanden sein. Jeremias spricht / Cap. 23. Dis wird sein name sein / das man jhn nennen wird / HErr der vnser Gerechtigkeit ist / Also gewaltig vnd manigfaltig haben die Pro
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pheten die ewige Gottheit vnsers HErrn Ihesu Christi dargethan / auff das wir einen gewissen grund vnser hoffnung hetten / vnd vns keinen zweiffel machen / vnser Heiland werde vns von Sünde vnd Todt / vnd allem jammer erlösen / vnd ewiges Leben geben.
III. Vom Dritten Henbtstück. Das die zwo Naturn in Chrlsto Ihesu Persönlich vereiniget / vnd nicht zween / Sondern an einiger Christus ist.
WIR haben bisher gehöret / Das in dlesem HERren Ihesu Christo / zwo vnterschiedliche Naturn sind / die Menschliche / so von Dauid vnd von der Jungfrawen Maria ist / Vnd die Göttliche / so von ewigkeit ist. Hie müssen wir nun ferner wissen / das diese zwo Naturn Persönlich vereiniget vnd verbunden sind / Also / das nur ein Christus ist / ein Son Gottes vnd Marie / ein HErr vnser aller / Der Mensch ist Gott / Vnd Gott ist Mensch / wie dis Euangelion klar zeuget / denn der Christus lest das den Phariseern gut sein / der Messias sey Dauids Sohn / vnd spricht doch / Dauid nenne im Geist den Messiam einen HErren / da sind nicht zween / Sondern nur
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einer / der zu gleich Dauids Son vnd Dauids HErr ist / denn Gott vnd Mensch ist eine Person / Also redet auch die Göttliche Schrifft allenthalben vom HErren Christo / Luce. 1. Das heilige / das von dir geboren wird / soll Gottes Sohn genennet werden. Es ist nicht ein ander / der von Maria geboren were / vnd ein ander / der von Gott geboren were / derselbe der von Maria geboren wird / wird Gottes Son genennet werden / Darumb auch Maria Gottes Mutter genennet wird.
Der Apostel Petrus Matth. 16. Redet mit dem Menschen Christo / vnd spricht. Du bist Christus / der Sohn des Lebendigen Gottes. Johan. 8. Ehe Abraham ward / Bin ich / der ich noch nicht Funfftzig Jar alt bin / Bin dennoch ehe denn Abraham war. Johannes. 9. Als Christus den Menschen / dem er die Augen auffgethan / Fraget / Gleubstu an den Sohn Gottes. Vnd er antwort / HErr / wer ists / das ich an jhn gleube. Spricht Christus / Der mit dir Redet / der ists. Der Mensch Christus / der mit dem / der Blind gewesen war / Redet / ist Gottes Sohn / Paulus spricht / Galattern. 4. Gott sandte seinen Sohn geboren von einem Weibe / vnd vnter das Gesetz gethan. Eben der / der vom Weibe geboren ist / ist Gottes Sohn / Rom. 1. Von seinem Sohn / der ge
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boren ist von dem Samen Dauid / vnd erweiset der Allmechtige Sohn Gottes / nach dem Geist / Rom. 9. Aus welchem CHristus her kompt nach dem Fleisch / der da ist Gott vber alles gelobet in ewigkeit. Ephes. 4. Der nun herundter gefahren ist / das ist derselbige / der hinauff gefahren ist vber alle Himel / auff das er alles erfüllet / eben derselbige der herundter gefahren ist / der als ein Mensch gestorben ist / der ist vber alle Himel gefahren / Johannes 1. Der Teuffer spricht: Nach mir kompt ein Mann / welcher vor mir gewesen ist / denn er war ehe / denn ich. Ausdrucklich spricht der Teuffer / es sey ein Mann der zugleich vor jhm gewesen ist / vnd nach jhm komen. Vor Johanne dem Teuffer ist er gewesen nach seiner ewigen Gottheit / nach jhm ist er kommen / nach seiner menschheit / vnd ist doch nur einer / denn die zwo Naturen sind Persönlich vereiniget miteinander / das sie in ewigkeit nicht können noch sollen getrennet werden.
Das ist zwar das aller höheste wunder / das im Himel vnd auff Erden geschehen ist / daruber sich die Engel vnd menschen verwundern müssen / wie Gott selbst bezeuget im Haggeo. Ich wil den Himel / die Erde / vnd das Meer bewegen / vnd Dauid wird kommen der trost der Heiden. Vnd wie der Apostel Petrus bezeuget / so gelüstet die Engel solche Wunder vnd Herrligkeit zu schawen / das Gott offenbaret ist im Fleisch / mit der Vernunfft / ists vn
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müglich zu begreiffen / das der Ewige vnd Allmechtige Gott / welcher vnendtlich ist / vnnd Himel vnd Erden allenthalben erfüllet ist / ein warer Natürlicher mensch sey / vnd das ein mensch der Fleisch vnd Blut hat / sich sehen vnd greiffen lest / wie ein ander mensch / solte Gott in der höhe sein / vnd alle Creaturen in seiner hand haben. Aber vnser Vernunfft müssen wir allhier gefangen nemen / vnd gleuben / was Gott von seinem Sohn zeuget / der ruffet von Himmel vnd spricht: Dieser / der da aus dem Wasser steiget / der von Johanne ist getaufft worden / den ewre Augen sehen / ist mein lieber Sohn / an dem ich ein wolgefallen habe / Den solt jhr hören.
Die Alten Lerer / Iustinus, Athanasius, Cyrillus, Augustinus, damit sie dis hoch Geheimnis dem gemeinen mann etwas köndten für bilden / haben sie dis gleichniss gebraucht: gleich wie Leib vnd Seel ein mensch ist / vnd nicht zween / Also / ist Gott vnd Mensch in Christo Ihesu ein person / durch aus ists nicht gleich / denn die Seele weichet vom Leibe im Todt / die Gottheit aber in Christo weicher auch im Todte nicht von der menschheit. Damascenus lib. 4. sagt recht vnd fein / Mors, quod semel adsumpsit, nunquam deseruit. Was der Sohn Gottes ein mal hat angenomen / das hat er niemals verlassen. Etliche haben auch diese gleichnis gefürt. gleich wie Fewer vnd Eissen vereiniget sind / vnd das Fewer durchs gantze Eissen leuchtet / also leuchtet die
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ewige Gottheie durch den menschen Christum / vnd sey Gott vnd mensch eine Person / Solches dienet etlicher massen zur anleitung / aber aller ding müssen wir vnsere gedancken gefangen nemen / vnd einfeltig gleuben / was die Göttliche schrifft zeuget / vom HErren Christo / Johannes spricht: Er wonet vnter vns / vnd wir sehen seine Herrligkeit / eine Herrligkeit / als des eingebornen Sons vom Vater / der vnter vns menschen gewonet hat / Jhesus Christus ist der eingeborne Sohn Gottes. Darumb mus man sich hütten vnd wol fürsehen / das man die person Christi nicht theile / auch nicht zween Christo / noch zween Söhne lichte / wie Nostorius gethan / Der hat fürgeben der Sohn Gottes were nicht mensch worden / Sondern wonete in dem HErren Christo / vnd der mensch Christus würde angebeten / vmb der einwonenten Gottheit willen / gleich wie sonst der Geist Gottes in den heiligen wonet vnnd wircket / nur das Gott grössere ding wircket in Christo / denn in andern heiligen. Darumb / hat er nicht sagen noch bekennen wollen / das Gott hette gelitten / were gestorben / das die Inden Gott hetten gecreutziget / das Maria Gottes Mutter were / Sondern Gottes Son were allein von Gott geboren / Maria aber hette den Menschen geboren / vnd allein der mensch were gestorben. Hielt also vom HErren Christo nichts mehr denn von anderen heiligen / Solchs aber ist ein hochschedlicher Irthumb /
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Denn so bald man die Person Christi theilet / die naturen sondert / vnd zwene Christos oder Söne setzet / so ist der Heiland vnd Seligmacher mit allem trost hinweg / denn Gott allein ohn die Menschheit kan nicht sterben / Die Menschheit allein ohn die Gottheit / kan die Sünde vnd Todt nicht hinweg nemen / drumb müssen wir einen solchen Heiland haben / der zugleich Gott vnd Mensch in einer Person sey. Darumb hat der Synodus Ephesiana den jrthumb Nestorij recht verworffen / vnd haben die alten Lerer den vnterscheid fein dargethan / zwischen der einwonung Gottes / durch den heiligen Geist in den Gleubigen / vnd zwischen der Persönlichen vereinigung / der Göttlichen vnnd Menschlichen Natur in Christo Ihesu.
Augustinus spricht In Epistola ad Darda. in quolibet Propheta & Apostolo habitat diuinitas, non tamen sicut in capite, quod est Christus, omnis plenitudo. Das ist / die Gottheit wonet in allen Propheten vnd Aposteln / aber nicht wie im Heupt / welchs Christus ist die gantze fülle / wie auch Cyrillus spricht / Wenn wir bekennen / das wort ward Fleisch / verstehen wir nicht auff die weise / wie Gott in andern heiligen wonet / In Epistola ad Nestorium: Gott wonet auch in euch Gleubigen Christen / wie Paulus zeuget / Wisset jhr nicht das jhr Gottes tempel seid / vnd der Geist Gottes in euch wonet. Aber Gott wird mit den gleubigen nicht eine Person. Gott war in Elia / in Paulo / Policarpo / aber nicht wie
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in Christo / da Paulus ist getödt / Polycarpus verbrandt worden / kundt man nicht sagen / Gott ist getödt worden / Gott ist verbrandt worden. Ob gleich Gottes Diener / Gottes tempel verbrand ward / aber da Ihesus Christus gecrentziget vnd getödt ward / müssen wir sagen / Gott ist gecreutziget / Gott ist getödtet worden / denn die Person die gecreutziget vnd getödt ist worden / ist Gott von Himel.
Also bleibt vns der trost fest / das Gott selbs sein Blut für vns vergossen / vnd fur vnsere Sünde bezalet hat / vnd das wir einen Allmechtigen Seligmacher haben, Darumb spricht der Apostel Paulus zun Colossern 2. Die gantze fülle der Gottheit wone in Christo Ihesu leibhafftig. Das ist Persönlich / nicht wie in andern Heiligen / als in einem Tempel / Sondern das er Fleisch vnd Blut an sich genomen / vnd Gott Mensch worden ist. Aus welchen allen hören Ewer Lieb / das man die Person Christi keines weges soll trennen / die naturen nicht von einander absondern / man soll vnd mus nicht zween Christos noch zween Söhne tichten / Sondern einen Christum mus man behalten / der zu gleich Gott vnd Mensch ist.
Wie man nun die person nicht mus trennen / also mus man auch die naturen nicht in ein ander mengen / wie Eutyches gethan hat / Denn die Gottheit ist nicht verwandelt in die Menscheit / Sondern die Gottheit bleibet in
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alle ewigkeit / vnd behelt jre wesentliche eigenschafften. Die Menscheit ist auch nicht verwandelt in die Gottheit / Sondern bleibt vnter Gott / vnd behelt jre wesentliche eigenschafften. wie im Chalcedonensi concilio wol ist geschlossen worden. Docemus vnum eundemque Christum filium vnigenitum Dominum, in duabus naturis, in confuse, immutabiliter indiuise, inseparabiliter nusquam sublata essentia naturarum propter vnioncm, magisque saluà proprietate vtriusque naturae. Das ist / Wir bekennen einen Christum / Gottes eingebornen Son vnsern HErren / in beyden naturen / vnuermenget / vnuerendert / vngetheilet / vnabgesondert. Das wesen der naturn niergendt auffgehoben / vmb der vereinigung wille̅ / viel mehr aber das beider naturen eigenschaffien behalten werde̅ / dennoch ist die Menscheit Ihesu Christi / nicht in die Gottheit verendert / Sondern bleibet eine ware Menschheit / Aber mit der Mensch heit ist sie persönlich vereiniget / vnd mag in alle ewigkeit von der Gottheit nicht getrennet werden. Wenn wir denn nun den HErren Christum im gebet ansprechen / müssen wir nicht den Menschen Christum / ausser oder ohn abwesend der Gottheit / oder allein die blosse Menscheit anbeten / Auch nicht die Gottheit ausser dem Menschen Christo / Sondern die gantze person / Gott vnd Mensch / vnsern mitler vnd Seligmacher / nach beyden naturen / müssen wir Anbeten / Loben / Preisen / Bekennen / vnd alle hülffe bey jhm suchen / wie der Blinde thut / JHESV
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du Son Dauid / spricht er / erbarm dich mein.
IIII. Vom Vierdten Heubtstück. Warumb vnser Mitler müsse zugleich warer Mensch vnd Ewiger Gott sein.
Ob wir schon etlicher massen solche Vrsachen gerurt haben / So wollen wir doch diesen Heuptpunct widerholen / vnd etwas gründlicher erkleren / auff das er desto besser verstanden / vnd gewisser behalten werde / denn dis ist so ein reiche / heilsame / tröstliche / vnd gnadenreiche Lere / das mit menschlichen zungen nicht gnugsam dauon kan geredet werden.
Warumb vnser Mitler müsse warer Mensch sein.
DIeser vrsachen muste vnser Mitler / Erlöser vnd Heiland / ein warer Mensch sein / auff das er köndte vnsere Sünde auff sich nemen / für vns den Todt leiden / vnd Gottes gerechtigkeit an vnserer stadt / für vnsere Sünde bezalen. Die Gottheit hette nicht Sterben können / nun hatte aber der Mensch mit
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seiner vertrettung den Todt. verdienet / Wie auch Gott den Todt / den Menschen gedrawet hatte / welches tages du wirst von dem baum essen / wirstu des Todtes sterben / Damit nun Gottes Sohn an vnser stadt Sterben köndte / vnd den abtrag verrichten / so hat er Menschliche Natur / Fleisch vnd Blut / das Sterben kondte / an sich genomen / Die Epistel zum Hebreern spricht / Auff das er durch den Todt die macht neme dem / der des Todtes gewalt hatte. Das ist / dem Teuffel / Cap. 2.
Die ander vrsach ist / anff das er der rechte Mitler were / der zwischen Gott vnd vns Menschen handelte. Die blosse / Göttliche Matestet ohne die Menscheit / hetten wir nicht ertragen können / denn Gott ist ein verzerendt Fewer / Deut. 4. Aber darumb hat sich die Göttliche Maiestet mit der Menscheit bekleidet / ja Gott ist selbst Mensch worden / auff das er vns allen rath Gottes offenbarete / vnd wir seine Göttliche gegenwart ertragen köndten. Jesaias am 40. spricht: Alles Fleisch wird sehen / das der Mund des HErren redet. Die Epistel zum Hebreern spricht: Daher muste er aller ding seinen Brüdern gleich werden / Auff das er Barmhertzig würde / vnd ein trewer hoherpreister für Gott / zuuersünen die Sünde des Volcks. Dis gibt nun vns Sündern einen vnaussprechlichen trost / denn da mus ja ein
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vnselich Fewer / der liebe in Gott gegen vns armen Menschen sein / weil er vns also geliebet / das er nicht allein in vns hat wollen wonen / Sondern auch selbst Mensch werden / vnd vns aller ding gleich sein. Weil er auch denn vnser Fleisch vnd Blut an sich genomen / vnd allenthalben gleich worden ist / wie wir / doch ohne Sünde / so wird er je ein hertzlich mitleiden haben mit vnser Schwacheit / vnd sich Barmhertzig gegen vns erzeigen. Hieraus sehen wir auch / das Gottes Son / der ein warer Natürlicher Mensch worden ist / vor vns gestorben ist / vnd Gottes zorn mit seinem Todt versünet hat / Vnd weil wir nun wissen / das vnser Fleisch vnd Blut sitzet zur rechten Gottes / vnd vns teglichen vertrit / so können wir je festiglich im Glauben schliessen / das Gott vnser Seüfftzen hören / sich vnser anneme / vnd im Todte keines weges lassen werde. Dis soll Ewer Liebe / teglich betrachten / so offt jhr trosts bedürfft.
Warumb vnser Mitler vnd Heilandt müsse Ewiger Gott sein.
WEn̅ gleich der aller heiligste ertznater / Prophet / oder Apostel / oder auch ein Engel / vns zum Mitler vnd heiland were gesetzt worden / so hette er doch das ampt vnd werck vnser Erlösung / nicht verrichten können / denn in alle wege eine vnentliche weis
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heit / vnd ewige Allmechtigkeit / zu vnser erlösung gehöret / eine Creatur / weder Engel noch Mensch / verstehet nicht allen rath vnd weisheit des ewigen Vaters / Sondern so viel Gott in der Schöpffung hat offenbaret. Vnser Mitler aber muste das gantze Hertz / vnd alle weisheit des ewigen Vaters verstehen / auff das er vns dem heimlichen vnd allen Creaturen verborgenen Rath des ewigen Vaters / von vergebung der Sünden köndte offenbaren. Nach dem Gesetz / welchs Gott in der Schöpffung hatte offenbaret / kondte vns nicht geholffen werden / Ja alle Creaturen hetten an vns verzweiffelt vnd verzagt. Aber der eingeborne Sohn Gottes / der im sches des Vatern ist / der sihet allen rath Gottes / der ist der Angelus magni Consily, der vns das grosse geheimnis verkündiget / das Gott aus gnaden durch seinen Son vns wolle gerecht machen. Paulus spricht: In Christo Ihesu liegen alle schetze der weisheit verborgen. Wie nun vnser mitler / alle weisheit vnd rath seines Vaters verstehen muste / auff das wir Gottes hertz vn̅ willen / gegen vns gewisser erfahren köndten / also muste er auch aller Menschen Hertze / Gedancken / Rath / vnd Anschlege ersehen vnd erkennen / auff das er zwischen Heücheley vnd Glauben richten / seiner Gleubigen tieffes Seüfftzen verstehen / auch seiner Feinde heimliche Practicken vnnd Anschlege / auch aller Teuffel listige tücken erkennen / wissen vnd verhinderen köndte / wel
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ches alles einer Creaturen / vnmüglich were gewesen / denn Gott allein ist ein Hertzkündiger.
Fürs Ander. Darumb muste vnser Mitler Ewiger vnd Allmechtiger Gott sein / auff das er den gantzen zorn Gottes / den aller Welt Sünde erreget hatten / ertragen vnd stillen kondte / den gantzen Fluch des Gesetzes hinweg nemen / eine volkömliche versünung sein / für aller Welt Sünde / auch mit seinem gehorsam eine solche gerechtigkeit vnd Seligkeit erwerben / die aller Welt köndte zugerechnet vnnd geschanckt werden / Solchs war abermal keiner blossen Creatur müglich. Dauid spricht / So du die Sünde wilt zurechnen / HErr wer wird bestehen. kein Mensch kan den zorn Gottes ertragen / Denn Gott ist ein verzerendes Fewer / wenn Gott einen Menschen vmb seine Sünde wil züchtigen / so gehet er bald zu boden / welcher Mensch wolt denn aller Welt Sünde auff sich nemen. So hett auch kein Mensch mit seinem gehorsam aller Welt die Seligkeit erwerben können / denn allen gehorsam / tugent vnd heiligkeit / so der Mensch leisten kan / wenn er gleich volkomen vnd ohne Sünde were / ist der Mensch an das / für sich Gott schuldig vnd noch viel mehr. Der eingeborne Sohn Gottes aber / weil er da zu von Gott in die Welt gesandt ist / so leistet er einen solchen volkommenen / aller heiligsten gehorsam / damit er erlanget / das Gott in seinem Sohn / allen
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die an jhn gleuben / die Gerechtigkeit zu rechnet vnd die ewige Seligkeit schencket. Paulus spricht / zum Römer 5. Durch eines Gerechtigkeit kompt die rechtfertigung des Lebens vber alle Menschen. Vnnd Johannes 1. Epist: 2. Ihesus Christus ist die versünung für vnsere Sünde / nicht allein für die vnsere / Sondern für die Sünde der gantzen Welt.
Fürs Dritte / vnser mitler solte die Sünde in vns gantz vertilgen / vnd den Todt hinweg nemen / Dagegen newe Gerechtigkeit schaffen / vnd ewiges Leben wider anzünden / denn in Adam sind wir alle gestorben / vnnd haben die Gerechtigkeit verloren. Solchs kundt abermahl kein Apostel / kein Prophet / kein Ertzuater / auch kein Gabriel / noch Seraphim verrichten / den einen Menschen zubekeren / von Sünd vnd Todt erretten / Leben in jhm zu wircken / vnd jhn Selig zu machen / ist nicht ein geringer werck / denn die Schöpffung Himels vnd der Erden / welche ehre allein der Göttlichen Maiestet zustehet. Ich wil meine ehre keinem andern geben / Spricht der HErr / Drumb muste der Ewige Allmechtige Gott selbst vnser Mitler erlöser / vnd Seligmacher sein. Auff das er solche ding verrichten köndte / die sonst allen Creaturen vnmüglich sind.
Fürs Vierdte / vnser Mitler vnd Heiland solte sein das Heupt der gantzen Christenheit /
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vom anfang der Welt bis zum ende / vnd der einige vnd ewige Schutzherr / König vnd hoherpriester / der zu allen zeitten / an allen orten / in allen nötten / allen seinen Gleubigen gegenwertig were / Sie Lerete vnd tröstete / der jhr Seufftzen sehe / jhre anruffung er hörete / wider alle jhre Feinde beschirmete / aus aller noth vnd gefahr errettete / alle gütter vnd notdurfft gebe / in allem versorgete / in diefem Leben bewarete / zu jenem Leben sicher fürete / vnd alle Creatur Himmel vnd Erde / Wasser / Lufft / vnd Fewer / Todt vnd Leben / in seiner Hand hettt / der allen Tyrannen vnd Rottengeistern mechtig were / jhre hertzen nach seinem willen lencken / jhren muth brechen / vnd allen jhren fürnemen wehren köndte / der dem Sathan alle sein Gewalt nemen / seine Tyranney zerstören / vnd die Helle zerreissen köndte / der auch den helligen Geist geben / zum ewigen Leben vns erhalten / vnd alle himlische Gaben schencken köndte / vnd in Summa / dem vberal nichts vnmüglich were / auff das wir in allen anligen trost vnd mit aller zuuorsicht anruffen köndten. Das nun dis alles keinem Propheten / noch Aposteln / noch einiger Creatur müglich sey / kan jederman leicht begreiffen / denn kein Engel kan an allen orten helffen / noch aus allen nöthen erretten / kein Engel ist ein HErr Himels vnd der Erden / kein Engel ist Allmechtig / Darumb muste der eingeborne / ewige vnd Allmechtige Son Gottes Mensch wer
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den / vnd das ampt des Mitlers auff sich nemen / solt vns Armen verlornen Menschen recht geholffen werden.
Was nun dis für einen krefftigen / Lebendigen / mechtigen vnd gewissen Trost gibet / in allen anfechtungen / das ist doch mit worten nicht aus zu reden / wer nur das festiglich kan fassen vnd gleuben / das er einen solchen Mitler / heiland vnd Seligmucher habe / der ewiger vnd Allmechtiger Gott ist / dem alles vnter worffen ist / was im Himel vnd auff Erden ist / was wil der in widerwertigkeit vnd anligen kleimüttig sein / oder zagen. Er ruff nur den HErren Christum an / der kan mit einem Wort die kranckheit vertreiben / die gefahr wenden / das vnglück hinweg nemen / das hertz trösten / was wil sich der fürchten für bösen Rottengeistern / oder mechtigen wütigen Tyrannen / Ist doch der Allmechtige Heiland bey vns / in der noth / der hat nicht allein alle Tyrannen vnd Feinde in seiner hand / Sondern kan jhn auch den muth nemen / vnd jhnen ein gebis ins Maul legen / vnd sie füren / wohin er wil / können vns doch die Feinde nicht ein herlein von dem heupt nemen / Christus der Allmechtige HErr / mus es jhnen erleuben / was wil sich auch ein Christ für der Sünde / für dem Todt / vor der gewalt des Sathans / vnd der Hellen fürchten / ist doch der Allmechtige heiland starcker denn sie alle / der solche Feinde alle schon vberwunden / sie ausgezogen / vnd schaw
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getragen bat / Er sagt: Niemand wird mir meine schefflein aus meiner hand reissen / Seid getrost / Ich habe die Welt schon vberwunden / der Fürst dieser Welt kompt / aber er hat nichts an mir. O wenn wir solchs festiglich gleubeten / so würde vnser hertz stets in freuden vnd sprüngen gehen / keine fahr / kein anligen / keine widerwertigkeit / keine kranckheit / kein vnglück / kein vnfahl / wie gros er auch sein möchte / keine lesterey / kein Tyranney / keine Sünde / kein Teuffel / kein Todt würde vns schrecken / oder betrüben können / denn hie ist Immanuel / würden wir sagen / Ist Gott mit vns / wer mag denn wider vns sein? Drumb sollen Ewer Liebe jhr solche heilsame vnd tröstliche Lere trewlich lassen befohlen sein / vnd nimmer aus der acht lassen.
V. Vom Fünfften Heubstück. Wie man vom HErren Christo vnd beiden Naturen in jhm / nach der Lere der Apostel recht reden soll / das man die Person nicht theile / vnd die Naturen nicht in ein ander menge.
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GRosse streitte sind in der Gemeine Gottes erregt worden / vber der art zu reden / denn weil dis eine seltzsame vnd wunderbarliche Person ist / so mus man / auch auff sondere weisse von dieser Person reden / gewisser vnd fürsichtiger aber können wir nicht fahren / denn so wir den fustapffen der Propheten der Aposteln / vnd des HErren Christi folgen / Denn wie Gott grosse geheimnissen von seinem Sohn / durch die Propheten / vnd der Apostein hat offenbaret / also hat er vns auch durch sie vnterrichtet / wie wir danon reden sollen.
Diese vorsichtigkeit müssen wir brauchen / das wir die Person nicht trennen / noch theilen / auch die Naturen nicht tilgen / noch in ein ander mengen / was einer Natur eigenschafft ist / Als Hunger vnd Durst / Leiden / Trawren / müde werden / Blut vergiessen / vnd sterben / ist eine eigenschafft Menschlicher Natur / von ewigkeit vnendlich / vnd allenthalben sein / ist eine eigenschafft Göttlicher Natur. Das wird der gantzen Person zugeschrieben. Also spricht man recht vom HErren Christo. Gott hat gehungert / ist durstig gewesen / müde worden / Gott hat gelitten / ist gestorben / vnd begraben / aufferstanden / Gott hat sein Blut vergossen / denn die Person die da Gott ist / ist gestorben vnd begraben / vnd hat sein Blut vergossen / Also redet der Apostel Paulus / 1 Corinth. 2.
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wo sie die weisheit Gottes erkand hetten / hetten sie den HErren der herrligkeit nicht gecreutziget. vnd Acto. 20. Habt acht auff die gantze herde / vnter welche euch der heilige Geist gesetz hat zu Bischoffen / zu weiden die gemeine / die Gott durch sein eigen Blut erworben hat. Acto. 3. Aber den Fürsten des lebens habt jhr getödtet. Die mus niemand gedencken / auch niemand also reden / als hette die Gottheit gelitten / were gecreutziget / gestorben / aufferstanden / hette jhr Blut vergossen / oder das Gott nach beiden Naturen were gestorben / das were gantz vnrecht / denn die Gottheit kan nichts leiden / noch sterben / ist vnwandelbar / aber die Person die warhafftig Gott ist / hat gelitten / vnnd ist gestorben / vnd Gott helts für sein eigen leiden / weil sein Fleisch / so er Persönlich hatt angenomen / hat gelitten / Solchs erkleren die Aposteln bis weilen / Als 1. Petri. 4. Weil nun Christus im Fleisch für vns gelitten hat / so wapnet euch auch mit demselbigen sinn. Item / 1 Petri. 3. Christus ist getödtet nach dem Fleisch / aber Lebendig gemacht nach dem Geist. Auff das man nicht gedencke / die Gottheit habe gelitten / oder sey gestorben / vnd dennoch mus man sagen / Gott hat sein Blut für vns vergossen / hat gelitten vnd ist gestorben / auff das man nicht tichte / die Menscheit allein abge
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sondert / von der Gottheit / were für vns gestorben / denn eine vnzertrendte Person ists Gott vnd Mensch / die für vns gelitten hat / vnd ist die Persönliche vereinigung der Menschlichen vnd Göttlichen Natur in Christo / auch im Todte nicht auffgelöset worden.
Das die Apostel mit solcher fürsichtigkeit reden / ist nicht allein vmb wort zu thun / Sondern viel mehr das die Persönliche vnd in alle ewigkeit vnzertrenliche vereinigung der Naturen in Christo / darauff alle vnsere Seligkeit stehet / erhalten werde. Also redet man auch recht / das der Mensch Ihesus Christus von ewigkeit ist / das der Mensch Christus / Himel vnd Erden erschaffen hat. Nun ist die Menscheit Christi nicht von ewigkeit / die Menscheit Christi hat Himmel vnd Erden im anfang nicht erschaffen / Aber die Person die Gott vnd Mensch ist / ist von ewigkeit / vnd hat Himel vnd Erden erschaffen. Darumb spricht der HErr Christus / Joha 8. Ehe Abraham ward / Bin ich. Vnd Johan. 1. Nach mir kompt ein Man / welcher vor mir gewesen ist / denn er war ehe denn ich.
Die Menscheit Christi ist nicht vor Johanne gewesen / vnd dennoch ist der mann ehe dann er. Das ist die Person / die Gott vnd Mensch ist / ist nach der Gottheit ehe gewesen / denn Johannes der Teuffer vnd alle Ertzueter. Also mus man auff diese vnter
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schiedene rede acht geben. Es ist nicht recht geredt / so man saget / die Menscheit Christi ist von ewigkeit / denn die Menschliche Natur hat jhren anfang aus Maria der Jungfrawen / vnd ist dennoch recht geredt / vmb der Persönlichen vereinigung willen. Der Mensch Christus ist von ewigkeit / welches von seiner Gottheit zuuorstehen ist.
Die Epistel zun Ebreern spricht / Cap. 13. Ihesus Christus Gestern vnd Heütte / vnnd derselbige auch in ewigkeit. Ein sonderliches ists / so man redet von der Maiestet / so die Menschliche Natur Christi empfangen hat / aus der Persönlichen vereinigung mit der ewigen Gottheit / vnd aus der verklerung vnd erhöhung. Denn da sagt man recht / das die Menscheit Christi allen gewalt habe / im Himmel vnd auff Erden / alles wisse vnd verstehe / das Christi Fleisch nicht allein Lebendig sey / Sondern auch Lebendig mache / das die Menschliche Natur Christi / vereinbaret mit der Gottheit / zur rechten hand Gottes sitze / vnd angebetet werde / von Engeln vnnd Menschen
Dis ist recht geredt / denn zu dleser Maiestet vnd Göttlichen Herrligkeit ist die Menschheit in Ihesu Christo erhaben vnd verkleret / nicht das sie sey abgetilget / oder in die Gottheit verwandelt / oder mit der Gottheit vermischet / Sondern verkleret ist sie / erhoben
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vnd mit Göttlicher Maiesiet gezieret. Der HErr Christus spricht / Matth. 28. Mir ist gegeben alle gewalt im Himel vnd auff Erden. Was nun Christo in der zeit gegeben ist / wie alle alte Lehr zeugen / das ist jhm nach der Menscheit gegeben / Johannes 6. spricht der HErr Christus: Wer mein Fleisch isset / vnd mein Blut trincket / der hat das ewige leben / vnd ich werde jhn am Jüngsten tage aufferwecken. Denn mein Fleisch ist die rechte Speise / vnd mein Blut ist der rechte Tranck.
Darumb ist hie beides recht gered / der Mensch Christus ist Allmechtig / vnnd die Mnscheit Christi ist Allmechtig / der Mensch Christus machet Lebendig / vnd die Menscheit Christi machet Lebendig. Der Apostel spricht zun Colossern. 2. In Christo Ihesu liegen verborgen alle schetze der weisheit vnd erkentnis. Nicht allein wil Paulus / das Gott alles wisse / Sondern das Ihesu Christo nach seiner Menscheit / als die mit der ewigen Gottheit / Persönlich ist vereiniget / nichts verborgen sey. So man auch von den ampts eigenschafften des Herren Christi redet / mus man dieselben Christo nach beiden Naturen zuschreiben. Christus Ihesus ist vnsere gerechtigkeit / vnser Heil / vnser Mitler / Erlöser / König / Hoherpriester / vnser fürsprecher / vnd Seligmacher / nach beiden Naturen / nach der
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Göttlichen vnd Menschlichen Natur. Denn darumb ist vnser Mitler zugleich Gott vnnd Mensch / auff das er vnser Heiland vnd Seligmacher / were nach beiden Naturen / also wird auch der HErr Christus nach beiden Naturen / in einer vnzertrenten Person von der gantzen Christenheit angebeten.
Diese hohe Lere von der Person Ihesu Christi / wird vns allhie in diesem herrlichen spruch / Der HErr sprach zu meinem HErren / setze dich zu meiner rechten / bis das ich deine Feinde zum schemel deiner füsse lege / Fürgetragen / vnd auff solchem hohen Leer punct ruhet vnsere gantze Seligkeit. Darumb sollen frome Hertzen den mit allem fleis lernen / nach rechtem grund in Gottes wort forschen / vnd für allerley verfelschung sich hüten.
Der Ewige vnd Allmechtige Son Gottes Ihesus Christus / Gott vnd Mensch / in einer vnzertrenten Person / der vmb vnsert willen vom Himel gestigen ist / vnd Menschliche Natur an sich genomen hat / auff das er vnsere Gerechtigkeit / Mitler / Heiland vnd Seligmacher were / erzeige vns seine Barmhertzigkeit / erleuchte vns durch seinen Heiligen Geist / das wir jhn vnd seine wolthaten recht lernen erkennen / wie er sich in seinem wort hat offenbaret / Alle vnsere hoffnung auff jn setzen / vnd durch sein Blut vnd Todt vergebung der Sünden vnd ewige Seligkeit erlangen / Amen.
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