Transkription

Finen, Eberhard: Der Seine Seele stillende David/ Und die Rechte Stelle einer stillen Zufriedenheit/ In einer Der weyland Hochwohlgebohrnen Frauen, Frauen Metten Catharinen, Gebohrnen von Borttfeld/ Des ... Christoph Julii Kragen/ ... Wittwen/ Nachdem Dieselbe am 15. Novemb. 1720. höchst-seelig verstorben/ ... in der Stiffts-Kirchen St. Blasii ... den 8 Decemb. ... gehaltenen Gedächtniß-Rede vorgestellet... .
[Inhaltsverzeichnis]
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Der Seine Seele stillende David / Und die Rechte Stelle einer stillen Zufriedenheit / In einer Der weyland Hochwohlgebohrnen Frauen, FRAUEN
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Metten Latharinen / Gebohrnen von Borttfeld /
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Des weyland Hochwohlgebohrnen Herrn, Hn. Christoph Julii Kragen / Erb-Herrn auf Schrentz /
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Hoch-Fürstl. Braunschweig-Lüneb. Hochbestallten General-Majors / und Commendantens der Residentz-Vestung Wolffenbüttel, hinterlassenen Frau Wittwen /
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Rachdem Dieselbe am 15 Novemb. 1720. höchst-seelig verstorben / und Dero verblasseter Cörper in der Stiffts-Kirchen St. Blasii in der Stille der Erden anvertrauet worden, Zu wohl-verdienter Ehr und Andencken, über die Worte Davids, Ps. CXVI. v. 7. 8. 9.
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Sey nun wieder zufrieden, meine Seele, etc. den 8 Decemb. welcher war der II Advents-Sonntag, Bey Volck-reicher Versammlung in vorged. Stiffts-Kirchen gehaltenen
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Bedächtniß-Rede vorgestellet von Eberhard Finen, Hoch-Fürstl. Braunschw. Lün. Consistorial-Rath, Abt des Klosters Michaelstein, Hof- und Stifts-Prediger, und der Campischen Inspection Superint.
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Braunschweig, Druckts Friedrich Wilhelm Meyer, Hertzogl. privilegirter Buchdrucker.
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|| [ID00004]

Der Hochwohlgebohrnen / Wohlseeligen Frau General-Majorinn
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Kragen / Gebohrnen von Borttfeld / hinterbliebenen Frau und Fräulein Schwestern /
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|| [ID00005]

Der Hochwohlgebohrnen Frauen / Frauen Ilse Annen / von Lornberg / Gebohrnen von Vorttfeld /
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Des Hochwohlgebohrnen Herrn /
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Herrn Adam von Lornberg / Auf Ober-Behmen und Bodenenger Erb-Herrn, Sr. Königl. Majest. von Groß-Britannien und Churfl. Braunscheig-Lüneb. Durchl. Ober-Hauptmanns
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Ehe-Liebsten / Und Der Hochwohlgebohrnen Fräulein / Fräulein
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Dorotheen Hedewig von Vorttfeld /
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|| [ID00006]

Ubergibt in mitleydigen Respect diese auf Dero Verlangen gehaltene / und zum Druck beforderte
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Bedächtniß-Predigt / Mit den hertzlich-gemeynten Anwunsch
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Dero eignen und gantzer vornehmen Famille
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Selbst gewünschten Seegens und hohen Wohlwesens an Geist / Seele / Leib und Leben bis an ein spätes und seeliges Ende
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DERO In trenester Ergebenheit
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Höchst-verbundener Diener und Fürbitter bey GOTT, Eberhard Finen.
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Ewiger Vater / gütiger GOTT! der du den Deinen vor / in und nach dem Tode gutes thust; JESU / der du unser aller Seelen hast aus dem Tode gerissen; GOtt heil. Geist / der du unsern Fuß allein bewahren kanst / daß er nicht gleite auf dem Wege zur Ewigkeit; Du heiliger Dreyeiniger GOtt! thue Gutes an unserer aller Seelen; Reiß von den Thränen die Augen aller derer / welche du nach deinen heiligen Raht und Willen weinen machest; Stehe uns itzt und allezeit bey mit deinen guten und freudigem Geiste; Laß uns auch alle dermahleins vor dir wandeln im Lande der Lebendigen / Amen!

Vorrede.
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Sihe! eine Thür ward aufgethan im Himmel. So A. beschreibet der Evangelist und JEsu an dem Hertzen gelegne Jünger Johannes Einen neuen Himmels-Blick, in seiner Offenb. Cap. 4. v. 1. Er hatte vorher recht was wunderbahres(Apocal. I. v. 17. 18.) erblicket und gesehen / nemlich den / der da ist der
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Erste und der Letzte, der da todt gewesen, und nun lebet von Ewigkeit zu Ewigkeit, und hat die Schlüssel der Höllen und des Todes, mit einem Worte / den Sohn GOttes / Christum JEsum; Von demselben hatte er einige Befehle erhalten / die damahls neugepflantzte Kirchen in Asia und ihre Bischöfe betreffend; itzund solte er nun ein mehrers / und zwar dasjenige sehen / was nachher geschehen solte. Nirgends her / als vom Himmel könte ihm solches offenbahret werden / und deswegen kömmt ihm nicht anders vor / als wenn eine Thür oder Pforte im Himmel sich eröffnete / üm eine freye und ungehinderte Einsicht in denselben zu haben. Das siehet er an mit der grössesten Verwunderung / will aber / daß wirs auch also ansehen sollen / darüm sagt er: Sihe! eine Thür ward aufgethan im Himmel. Wir M. A. sehen zwar durch diese geöffnete Thür das nicht / was Johannes gesehen / doch sehen wir darunter gar angenehme Bedeutungen. Um der Sünde willen war uns Menschen nicht nur ehemahls das Paradieß / sondern der Himmel selbst versperret; durch JEsum und sein theures Verdienst ist uns wieder eine Thür (Hebr. X. v. 19.) aufgethan im Himmel, und die Freudigkeit zum Eingange in denselben dargebohten. Manches mahl will uns der / der auf ewig aus dem Himmel gestossen / bange machen / als wolle uns GOtt nicht gern in dem Himmel haben: Diesem Lügen-Geist kan diese offene Himmels-Thür Lügen straffen / und uns versichern / daß GOtt nichts liebers sey / als daß keiner verlohren / sondern alle seelig werden und in dem Himmel kommen. Sehen wir hierbey an den Abschied der Gläubigen aus dieser Welt / so versichert uns GOttes Wort / daß ihr Geist /
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so bald er die irrdische durch den Tod nieder geworffene Hütte verlässet / zu Christo komme; Wie solte nun nicht ein sterbender Christ so wohl / als dorten Jacob sagen können: Hier ist die Pforte des Himmels; mit Stephano(Genes. XXVII. v. 17. Act. VII. v. 56.) sagen können: Ich sehe den Himmel offen? Ja / wie solten wir nicht / so offt wir hören / daß GOt eins von seinen Kindern abgefordert / sagen: Sihe! eine Thür ward aufgethan im Himmel? M. A. Ich sage dieses ohne Scheu / itzund / da ich Amts-halber aufgetreten / einer in GOtt seelig verstorbenen Christinn eine Leich- und Gedächtniß-Rede zu halten. Ich meyne die weyland Hochwohlgebohrne Frau / Frau Mette Catharina Kragen / gebohrne von Borttfeld: Des weyland Hochwohlgebohrnen Herrn / Hn. Christoph Julius Kragen, auf Schrentz, Hochfl. Braunschw. Lüneb. Hochbetrauten General-Majors, und Commendanten der Residentz-Vestung Wolffenbüttel, hinterbliebene Frau Wittwe. Ich sage ohne Scheu: Sihe! bey Ihrem seeligen Abschiede aus dieser Welt ward eine Thür aufgethan im Himmel / dero theure Seele einzulassen. Ein Erb-Recht zum Himmel hat sie schon so lange gehabt / als sie ein Kind GOttes gewesen; und wie schon auf Erden Ihr Wandelin dem Himmel gewesen; wie Ihr unermüdetes(Phil. III. v. 20. Ephes. II. v. 6. Coloss. III. v. 2.) Trachten nach dem, was droben ist, sie schon längst ins Himmlische Wesen versetzet / und ihr biß in dem Tod ihrem JEsu getreuer Glaube und Liebe an ihrer Seeligkeit uns nicht zweiffeln lässet / so konte die Himmels-Thür nicht vor sie zugeschlossen werden. Ich sage dieses mit guter Sicherheit / denn als ich in dem Augenblick ihres Abdrucks / in dem ihr vorgebetenen bekannten Ge
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sang: Wenn mein Stündlein vorhanden ist, etc. an die letzten Worte kam: der wird die Himmels-Thür aufthun, mich führn zum ewigen Leben; und sie fragte: Ob sie denn vest gläubte, daß ihr JEsus ihr itzund die Himmels-Thür aufthun, und sie ins ewige Leben führen werde? sagte sie mit einer mercklichen Gebärde das Ja, welches die Zunge nicht mehr sagen kunte. Nun so ist denn ihre Seele in die offne Thür des Himmels, ihr Leib in diesem GOttes-Hause in der Stille in die Erde gangen; wir aber finden uns verpflichtet / nach Christlich hergebrachter Gewohnheit / ihres gottselig-geführten Wandels hier öffentlich zu gedencken / und ihr seliges Ende im heiligen Vorsatz seeliger Nachfolge anzusehen. Dazu soll uns der in dieser Leichen-Predigt zu erklähren aufgegebene Biblische Spruch Anleitung geben. GOTT wolle zu unserm deßfalls gefaßten heiligen Vorhaben uns seines Geistes Licht und Krafft von oben her mildiglich verleihen / darum wir ihn demüthigst wollen ersuchen in einem gläubigen und andächtigen Vater Unser.

TEXTUS
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Psalm. CXVI. v. 7. 8. 9.
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Sey nun wieder zufrieden / meine Seele! denn der HERR thut dir gutes; denn du hast meine Seele aus dem Tode gerissen / mein Auge von den Thränen / meinen Fuß vom Gleiten. Ich will wandeln vor dem HErrn im Lande der Lebendigen.
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Eingang.
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Wenn ich meine Seele nicht setzete und stillete, so ward meine Seele entwehnet, wie einer von seiner Mutter entwehnet wird. In diesen Worten gibt David zu erkennen / Die mühsame Beruhigung seines Hertzens, Psalm 131. v. 2. Wenn ichs fünde erbaulich zu seyn / meinen lieben Zuhörern sehen zu lassen / daß ich unterschiedene Versiones, Commentarios und Auslegungen über diese itzt angeführte Worte gelesen / so könten davon einige Seiten voll geschrieben und mit deren Vortrag eine gute Zeit hingebracht werden; da ich aber den Nutzen davon nicht sehe / lasse ich solches andern über / und zeige nur kürtzlich / daß David vornemlich zweyerley sage: (1) Was er an seiner Seele thue: (2) Was er dadurch verhindere. Er sagt: Wenn ich meine Seele nicht setzete und stillete; gibt damit zu erkennen / daß er wohl finde und wahrnehme / wie der alte Mensch / die angebohrne affecten und Bewegungen seines Hertzens gleichsam wie ein Heffen immer aufstossen / und bald über dieses / bald über jenes wolten unruhig werden; da hätte er denn immer zu thun / daß er solchem Ubel zuvor käme / und machte / daß sich das wieder setzte / was in Bewegung kommen; Wie der Eigen-Sinn und Eigen-Wille wolle auf den von ihm betrettenen Wege der Gottseligkeit gleichsam immer Hügel aufwerffen / und es nicht eben lassen / und machte ihm also öffters viel zu schaffen / daß er das unebene wieder gleich machte; So wäre auch die stille Zufriedenheit der natürlichen angebohrnen Unart gantz was fremdes / die wolte sich in die Weise und Wege GOttes nicht schicken / sondern komme leicht zur Ungedult und Murren wider GOtt:
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Da habe er denn immer zu thun / und seinem Hertzen einzureden / daß es sich in Gelassenheit dem Willen seines GOttes unterwerffe. Dieses bezeugen die Zusprüche Davids / welche er öffters an seine Seele thut: Sey stille (Psalm. XXXVII. v. 7. Ps. XLII. v. 7.) dem HErrn, und warte auf ihm. Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? harre auf GOtt; denn ich werde es ihm noch dancken, daß er meines Angesichtes Hülffe und mein GOtt ist. Und sehen wir also wohl / was David an seinem Hertzen gethan; Er bemühete sich auf alle Weise / daß er dasselbe in Ordnung behalten / dämpffen und dahin bringen möchte / daß es sich setze / daß ers / wo es Hügel wolle aufwerffen und sich erheben / eben und gleich behalten / daß ers / wenn es murren und unruhig werden wolte / zur Stille und Zufriedenheit bringen möchte. Nun zeiget er auch / was er hiedurch verhindere und zurück halte; Er sagt: Wenn er seine Seele nicht auf vor angezogene Art stillete, so würde sie seyn wie ein Kind, welches erst entwehnet, abgewehnet, und von der Mutter Brust genommen worden. Ein solches Kind pflegt unruhig und unzufrieden zu seyn / man gebe ihm / was man wolle / so schreyet es / und will sich nicht zufrieden geben / sondern immer der Mutter Brust wieder haben. Es pflegen darüber auch wol allerhand Zufälle und Ungesundheiten zu kommen; So will David sagen / würde es seyn mit seinem Hertzen; wenn er nicht steurete / würde es immer wieder auf dasjenige fallen / was ihm ehemahls lieb und angenehm gewesen / dabey ers aber ohne Ubelstand und Ubertrettung des Willens GOttes nicht lassen könne; Es würde sich sperren und widerstehen / und er darüber an seinen geistlichen Wohlseyn und
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Gesundheit Schaden nehmen. Mit einem Worte / David will sagen: Er würde nimmer zur Zufriedenheit und Ruhe kommen / wenn er nicht durch die Gnade GOTTes und Hülffe des heiligen Geistes immer an seinem Hertzen arbeitete / daß es sich seines eignen Willens / seines eignen Wünschens begebe / und sich gantz und gar GOtt und dessen allgütigen und weisen Fügnisse überlasse. M. A. Ihr alle / die ihr diese Worte Davids höret / werdet / wo ihr sonst nicht in einem wilden und wüsten Wesen stecket / und euch / durch das / was eurer Seele angehet / nicht beunruhigen und anfechten lasset / ihr werdet / sage ich / den David wohl erkennen / und das / was er beklaget / an euch zu beklagen finden; Ich meyne ein unzufriedenes / ein bald hier / bald darauf steurendes unruhiges Hertz / an dessen Stillung ihr immer zu thun findet. Dieses beklagte auch die weyland Hochwohlgeb. Frau General-Majorinn zum öfftern / und beseufftzete gar sehr / daß / ob sie zwar dem lieben GOTT nicht gnug dancken könte / daß er sie insonderheit die letzten Tage ihres Lebens zu einer angenehmen äusserlichen Stille kommen lassen / es doch in ihrem Hertzen nicht immer stille bleiben wolte / sondern bald diese / bald jene Vorstellung / bald diese / bald jene Sorge / bald dieser / bald jener Wunsch und Verlangen / ihr allerhand motus und Bewegungen machte / daß sie zu thun hätte / ehe sie sich dabey überwünde / und das Hertz zufrieden krigte; Es käme dazu die offtmahlige Furcht / sie könte noch dieses / sie könte noch jenes erleben / sie möchte sich noch wol an ihren GOTT bald so / bald anders versündigen; sie thäte ihren Nächsten offt zuviel durch Argwohn / zu wenig in
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der Liebe; sie möchte mit dem Tode übereilet werden / und was dergleichen unruhige Einfälle mehr. Bey dem allem aber war ihr eintziges Bemühen / ihre Seele wieder durch Vorhaltung der unermüdeten Vorsorge / der unendlichen Liebe / Barmhertzigkeit und Langmuth GOttes / durch die so theuren Verheissungen seiner Gnade / seiner Gedult / die er mit denen Schwachen habe / und seiner Krafft / die er in ihrer Schwachheit wolte lassen mächtig seyn / zu stillen und zu beruhigen. Und kan ich wol sagen / daß ihr unter denen Trost-Sprüchen / welche ich ihr sonderlich in ihrer letzten Kranckheit vorgehalten / unser verlesener Text am beweglichsten angetretten. Es war derselbe ein angenehmes Labsal für ihr mattes Hertz / und sie rühmte / wie dasjenige / was dem David zur Beruhigung gebracht / auch Ihre Seele zufrieden stelle. Denn sie wüste auch / daß GOtt ihre Seele hätte aus dem ewigen Tode gerissen, auch ferner aus dem zeitlichen Tode reissen würde, daß er würde ihre Augen von Thränen reissen, daß sie auch vor ihm im Lande der Lebendigen wandeln werde. Nun M. A. Es hat ihr solche Versicherung biß in die letzte Stunde gut gethan. Lasset uns auch dahin sehen / daß wir uns ebenfalls diesen Spruch zu Nutze machen / und zu dem Ende dessen Inhalt zuforderst durch eine einfältige und / so viel möglich / kurtze Erklärung fassen mögen. Wir wollen also unter dem Beystande des heiligen Geistes uns daraus vorstellen:

Den seine Seele stillenden David.
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Erklärung.
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Wenn wir also mit einander ansehen und anhören: Den seine Seele stillenden David, so zeigt sich dabey zweyerley fürnemlich zu betrachten:
(I.) Eine Ermahnung stille zu seyn.
(II.) Eine Bewegung stille zu seyn.

Die Ermahnung ist diese:
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Sey nun wieder zufrieden, meine Seele!
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Wir finden gar offt in den Psalmen Davids soli loquia, oder solche Reden / die er mit sich selbst / mit seiner Seele / mit seinem Hertzen hält / und sind dieselbe nichts anders / als solche gute Gedancken / und gute Entschliessungen / die er forthin gedencket ins Werck zu richten / so / daß dieses: Sey nun wieder zufrieden, meine Seele, so viel ist / als: Ich wil nicht mehr unruhig, sondern ich wil stille und zufrieden seyn. Unruhe und Ruhe / Unzufriedenheit und Stille haben ihren Sitz in dem Hertzen oder Gemüthe / als dem vernünfftigen Theile des Menschen; darum wil David hier auch sein Hertz bestraffen und ihm einreden / daß es sich übereilet / und die Ruhe / die Stille / welche er in seinem GOTT gehabt / sich lassen nehmen / und unruhig und unzufrieden geworden; denn es heißt eigentlich: Revertere in quietes tuas, Kehre wieder in deine Ruhe. Die fata Davids sind unterschiedlich gewesen: Bey seinem ersten Ruff zum Königreich war alles gut; wie ihm Samuel gesalbet / war es auch noch ruhig; als er den Goliath erschlagen / und das Volck ihn mit einem Sieges-Liede bewillkommete / konte er auch zufrieden seyn / so lange als ihn Saul noch leiden kunte; hernach aber stifftete Neid und
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unverdienter Haß so viel Unruhe / daß er wie die Taube Noah nicht funde / wo sein Fuß ruhen konte / sondern muste sich von einem Orte zum andern jagen lassen: Dessen ungeachtet / blieb doch sein Hertz unbeweglich und in stiller Zufriedenheit. Nicht ohne ist es / daß es ihm wol nahe gangen / da Saul ihm so hefftig und mörderisch nachgestellet / da er die Priester seinethalben getödtet / und er wie ein Hund / oder wie ein verschüchtertes Wild gehetzet worden. Er behielte sich doch aber dabey in stiller Gelassenheit / biß ihm GOTT nach dem Tode Sauls liesse zum Besitz des Königreichs kommen: Aber da währete die Ruhe auch nicht lange / Absolon und sein Anhang machten ihm wieder Unruhe. Doch blieb auch bey solcher Unruhe sein Hertz noch stille und ruhig. Er bezeuget seine Gelassenheit gar schön mit diesen Worten: (2 Samuel. XV. v. 25. 26.) Werde ich Gnade finden vor dem HErrn, so wird er mich wieder holen, und wird mich die Lade des Bundes sehen lassen, und sein Hauß. Spricht er aber also: Ich habe nicht Lust zu dir. Sihe, hier bin ich; Er mache es mit mir, wie es ihm wohlgefället. Allein in solcher Stille mag sein Hertz nicht allezeit geblieben / sondern mit der Zeit ihm / über die vielen erlittenen Bedrückungen / Schmach und Verspottungen seiner Feinde / mithin über die vor Augen schwebende Seelen-Gefahr seines rebellirenden Sohns / die Gedult vergangen seyn; beyvorab da er kein Auskommen gesehen / und GOtt mit seiner Hülffe ziemlich lange verzogen. Wenn er nun in solcher Bekümmerniß / Grämen und Sorgen in ein betrübtes Zagen und beynahe Verzagen gefallen / wäre wol nicht zu verwundern. Man siehet aber / wie er sich bald wieder begriffen / und Halte oder Stillstand mit sich selbst gemacht / da er seiner Seelen zugesprochen: Revertere in quie
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tes tuas, Kehre wieder zu deiner Ruhe. Es kömmt ihm nicht anders vor / als ob sein Hertz das vorige nicht mehr sey / als habe es sich vergessen / als sey es nicht mehr zu Hause / sondern aus- und irre gegangen. Nein / wil er sagen / das muß so nicht seyn: Davids Hertz muß sich nicht so vergehen / es muß anders werden / es muß wieder zu sich selber kommen. Gnug / daß mir meine Feinde von aussen Unruhe machen / inwendig muß es wieder stille werden. Was ich andern gerathen / was ich vorher selbst gethan / das wil ich ferner thun: Ich wil meine Wege GOtt befehlen,(Psalm. XXXVII. v. 5. 6. 7.) ich wil auf GOtt hoffen; Er wirds wohl machen, und wird meine Gerechtigkeit hervor bringen, wie das Licht, und mein Recht, wie den Mittag. Ich wil mein Anliegen auf dem(Ps. LV. v. 23.) HErrn werffen, der wird mich nicht ewig in Unruhe lassen. Ich wil stille bleiben, so wird mir(Esa. XXX. v. 15.) geholffen. Das heißt: Sey nun wieder zufrieden, meine Seele. So weit gehet die Ermahnung / stille zu seyn. Nun folget die Bewegung, stille zu seyn. Solche fänget er an zuförderst überhaupt / und sagt: Denn der HErr thnt dir Gutes; Hernach erzählet er das Gute, das ihm GOTT gethan / insbesondere: Denn du hast meine Seele, etc. Der HErr thut dir Gutes. Die göttlichen Wohlthaten sind es lediglich allein / in welchen sich der unsterbliche Geist des Menschen beruhigen und zufrieden stellen kan; nicht so wol wie sie äusserlich als was Gutes anzusehen / sondern wie sie Zeugen sind der in dem göttlichen Hertzen gegen uns wallenden Liebe; Denn alles Gute ausser solchem Ursprung der göttlichen Liebe betrachtet / führet
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mit sich die Furcht des Verlustes oder der Veränderung / welche Furcht mehr beunruhigen / als die Freude über dessen Besitz vergnügen kan. Und wie die Begierden unserer Seelen keine Gräntzen haben / sondern unendlich sind / so mag kein Gutes ausser der unendlichen Güte GOttes betrachtet / die rechte , die rechte Vergnügung geben / und die Seele zufrieden stellen; GOTT, der unendliche GOtt, nnd die von ihm herkommende Gutthaten / als Pfande seiner unendlichen Gnade / können es alleine thun; Darum hält David dieselbe seinem Hertzen vor / wenn ers wil zur Stille bewegen / und sagt: Der HErr thut dir Gutes. David weiß sich sonsten wohl zu bescheiden / daß ihm GOTT nicht allezeit unmittelbar geholffen / und Gutes gethan / sondern durch allerhand Mittel-Ursachen / wie durch so viel Canäle seine Wohlthaten auf ihm zufliessen lassen. Durch Samuels unermüdete Fürbitte / durch die treue Freundschafft Jonathans / durch allerhand Hindernisse / welche sich dem Saul in den Weg gelegt / und ihn von seiner Verfolgung zurück gehalten / durch des Husai Redlichkeit / durch die Tapfferkeit seiner Helden ward David viel Gutes gethan; aber nur allein deswegen war es recht gut / weil GOtt diese aufgemacht und angetrieben / David Gutes zu thun. In seiner Sprache solte es fast heissen: Der HErr hat dir Gutes vergolten. Aber / ob gleich David sich seiner gerechten Sache wider seine Feinde getrösten / und in (Ps. XVIII. v. 21.) solcher Absicht sagen können: Der HErr thut wohl an mir nach seiner Gerechtigkeit; so ist ihm doch nimmer in dem Sinn kommen / daß er die geringste Gutthat (Rom. XI. v. 35.) bey GOtt verdienet / oder GOtt etwas gegeben,
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das ihm würde wieder vergolten? Viel ein anders bezeuget er / wenn er bald nach unserm Texte sagt: Wie soll ich dem HErrn vergelten alle seine Wohlthaten,(v. 12.) die er an mir thut? So will denn nun David sagen: Mein Hertz / du hast nicht Ursach unruhig zu seyn / du kanst dich noch deines GOttes / du kanst dich seiner Güte versichern; alles Gute / was er dir bißher gethan / was er noch an dir thut / wil dich deiner Unruhe halber beschämen / und hingegen überzeugen / du habest Ursach / zufrieden zu seyn. Er gehet hierauf zu den besonderen Gutthaten GOttes / und hält dieselbe seinem Hertzen zu dessen Beruhigung vor; diese sind theils schon genossen, theils noch zu gewarten. Du hast meine Seele aus dem Tode gerissen. Der Anspruch Davids verändert sich. Jetzt hat er geredet mit seinem Hertzen / mit seiner Seele / und dieselbe auf die Gutthaten GOttes verwiesen / nun lässet er sich mit dem Gutthäter selbsten ein. O GOTT! sagt er / an den ich mein Hertz gewiesen / du hast mit wahrhafftig viel zu gute gethan! Wie offt ist mein Leben dem Tode nahe gewesen / du hast mich aber den Tode vor den Rachen weggerissen. Es ist nicht einerley Tod / sondern alles dasjenige / was die Ubertretung der Befehle GOttes nach sich ziehet / heisset Tod. Zuförderst ist also ein Tod das Zorn-Gerichte /(1 Mos. II. v. 27.) in welches die Sünde den Menschen stürtzet / die Absonderung von dem Leben / das aus GOtt ist / von der Gnade GOttes und Gemeinschafft mit GOTT / welches endlich den andern Tod nach sich zeucht. In solcher Art des Todes hatte David seine Seele mehr als einmahl gesehen; aber GOtt hatte ihm heraus gerissen / da er ihm zur Busse gebracht /
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und auf die Busse die Sünde durch seine Gnade getilget hatte. Alles Unglück und leibliche Trübsalen / wie dieselbe gar offt mit der Todes-Gefahr verknüpffet / so gehören sie nach der Schrifft mit zu dem Tode. O wie manchem Tod hatte dißfalls der David erlebet.! Ehe er zur Crone (1 Samuel. XVIII, 11. c. XIX, 15. c. XXIII. v. 25. 26. 2 Samuel. XV. v. 16.) kam / wolte ihm Saul an die Wand spiessen; ließ ihn im Bette suchen; Er hatte ihn in der Wüsten Mahon gantz eingeschlossen; Als er schon zur Crone kommen / stund ihm sein Sohn Absolon nach Leib und Leben. Aber allezeit hat ihn GOtt wunderlich errettet / und ihn endlich in einem glücklichen Wohlstand gesetzt. Diß ist es / (Psalm. CXVIII. v. 17. 18.) was er rühmet: Ich werde nicht sterben, sondern leben, und des HErrn Wort verkündigen. Der HErr züchtiget mich wol, aber er gibt mich dem (Psalm. LXVIII. v. 21.) Tode nicht. Wir haben einen Gott, der da hilft, und einem HERRN HErrn, der vom Tode errettet. David fähret fort / und sagt: Du hast meine Augen von Thränen gerissen. Es ist wol nicht zu zweifeln / daß bey so mancherley Leyden / welches den David ohne Zahl umgeben / sein Hertz traurig worden / und die Augen von Thränen übergangen / als welche ihm bey seiner natürlichen Wehmuht ohnedem nicht veste sassen; da wil er nun seine Seele erinnern / und ihr vorstellen / sie solte doch bedencken / wie er (Ps. VI. v. 7. Ps. XLII. v. 4.) offtmahls sein Lager mit Buß-Thränen genetzet, wie dieselbe seine Speise gewesen Tag und Racht, weil man täglich zu ihm gesagt: wo ist nun dein GOtt? Wie er geweinet über das Verderben seines Sohns, (2 Sam. XII. v. 30. c. XII. 21.) des Absolons / über das Sterben seines Kindes; jetzt aber könne er nun seinen GOtt preisen / und sagen: Du
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hast meine Augen von Thränen gerissen; du hast meine Thränen durch deine Tröstungen abgewischet; Meine Augen sehen nun ihre Lust an deiner Gnade.(Mich. VII. v. 9.) Du hast die Thränen-Quellen verstopffet / indem du mein Elend und meine Gefahr von mir genommen. Dieses Gute nun / so GOtt an ihm gethan / solte sein Hertz bewegen / stille zu seyn / und sich zu beruhigen. Er setzet noch eine Gutthat hinzu / und sagt: GOtt, du hast meinen Fuß gerissen vom Gleiten. Davids öffteres Seufftzen / daß ihn GOtt seine Wege zeigen,(Ps. XXV. v. 4. Ps. LXIII. v. 10.) und seine Steige lehren, daß er ihm durch seinen Geist auf ebener Bahn führen möchte, waren nicht unerhöret blieben; Da er aber auf solchem ebenen Wege dennoch manches mal hätte gleiten, und entweder bey der lange ausbleibenden Erfüllung Göttlicher Zusagen / durch Mißtrauen und Zweifel; oder in den augenscheinlichen Gefahren / und da ihm Saul in die Hände gerathen / durch eigene Rache hätte straucheln und fallen können / so dancket er nun seinen GOTT / daß er die Hand nicht von ihm abgezogen / sondern ihn begriffen und gehalten; Ja / da er gar gefallen in Mord und Ehebruch / ihn nicht liegen lassen / sondern ihn wieder durch Vergebung seiner Sünde auf vestem Fuß gestellet: Auch wenn es sonsten geschienen / als ob es mit ihm gar aus wäre / als ob er schier zu Boden läge / hätte ihn doch GOtt wieder mit der Hand gehalten / daß er also selbst erfahren / was er gegen andere gerühmet: Fället der Gerechte, so wird er(Psalm. XXXVII. v. 24.) nicht weggeworffen, sondern der HErr erhält ihn bey der Hand. Wenn seine Seele auch dieses bedächte / meynet er / so hätte sie Ursach / stille und ruhig zu seyn.
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Nun kömmt er aber noch auf was Gutes / das er noch zu hoffen habe: Ich wil wandeln vor dem HErrn in dem Lande der Lebendigen. David spricht nun wieder mit sich selbst / und getröstet sich zuforderst seines guten Willens / daß er forthin vor dem HErrn seinem GOtt wolle wandeln; das ist / nach Redens-Art der heiligen Schrifft / ein gottseeliges GOtt-gefälliges Leben führen / so thun / als ob er alle Augenblick vor dem Angesichte GOttes stünde. Dabey getröstet er sich auch der Hoffnung / daß ihm GOTT noch wolle eine Zeitlang leben / und im Lande der Lebendigen behalten / und sich von ihm in seiner heiligen Hütten sehen lassen. Aber auch / wann dieses Leben / welches mehr heisse todt seyn / denn leben / zu Ende käme / ihn in das rechte Land der Lebendigen aufnehmen / da er erst recht aufleben / da er GOtt / den lebendigen GOTT / nach dem seine Seele so lange (Ps. XLII. v. 3.) gedürstet, vom Angesicht zu Angesichte sehen / und bey dem HErrn bleiben werde ewiglich.

Anwendung.
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Wir wollen hierbey zu unserer Erbauung erkennen lernen:
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Die rechte Stelle einer stillen Zufriedenheit. Welche ist wol dieselbe? Ich sage mit Wahrheit: Sie ist das Tod-Bette oder Todes-Lager eines gläubigen Christen. Diese Wahrheit wird wol nicht so fort einem jeden in die Augen leuchten. Es pflegt ja nichts unruhiger zu seyn / als das Krancken- und Todes-Bette. Die Schmertzen / die Beängstigungen / die Schlaflosen Nächte / das Wunder / worin man öffters noch in der Welt lebet / was man noch auszurichten gedacht / u. s. w. Das Winseln und die Thränen der umstehenden Angehöri
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gen sind wol nicht geschickt / einige Stille und Zufriedenheit ins Hertze zu bringen. Ja / M. A. wann der Glaube nicht weiter sähe / als auf solche äusserliche Dinge / möchten diese Einwürffe statt finden; So aber / als ein in wahrem Glauben und Vereinigung mit seinem JESU sterbender Christ den Tod ansiehet / ist doch das Tod-Bette die rechte Stelle einer stillen Zufriedenheit. Wir könnens aus unserm Text erweisen. In demselben / wie ihr gehöret / stillet der König David seine Seele / und heißt sie zufrieden seyn: Sey nun wieder zufrieden, meine Seele! Damit er solches von ihr erhalte / stellet er ihr vor die Wohlthaten / welche sie von GOtt zu geniessen habe; Einmahl überhaupt / wenn er sagt: Der HErr thut dir Gutes; dann auch insbesondere / daß er sie aus dem Tode gerissen, daß er ihre Augen von Thränen gerissen, daß er ihren Fuß vom Gleiten gerissen, daß er nun wandeln werde im Lande der Lebendigen. Nun alle diese Wohlthaten / mit deren Vorstellung David seine Seele wil zufrieden stellen / hat ein Gläubiger / und zwar in einem höhern Grad und ausnehmenden Eigenschafften für sich in seinem Sterbe-Bette. Ich meyne ja / der HErr thue ihm gutes; Gutes vor dem Tode, denn da hat er ihm die Sünde vergeben. Die Sünde ist der Stachel / der den Tod böse und gefährlich machet / wan̅ der hinweg / so hat der Tod nichts an ihm. Noch mehr Gutes! Die Tröstungen Gottes ergetzen seine Seele, und die Hoffnung, nun bald erlöset zu werden von allem Ubel, macht der Todes-Angst vergessen. Ist das nicht was gutes / das der HErr bey einen sterbenden gläubigen Christen thut? In dem Tode thut GOTT das / was David rühmet; durch den Tod reißt(Rom. VII. v. 24.) er eben seine Seele aus dem Tode. Der Leib des To
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des, damit er sich biß an seinem Tod schleppen / und üm davon erlöset zu werden mit Paulo hat seufftzen müssen / ist alsdan̅ gantz todt. Fleisch und Geist streiten nicht mehr wider einander / sondern der Geist hat den Sieg schon davon getragen. Der ewige Tod hat keine Macht an ihm / denn er (Apocal. XX. v. 6.) hat Theil an der ersten Auferstehung / so durch Busse und den Glauben an Christum JEsum geschehen; und der natürliche Tod ist ihm kein Tod / denn er hat vor sich die (Joh. XI. v. 25.) Worte seines Heylandes: Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich gläubet, der wird leben, ob er gleich stürbe, und wer da lebet, und gläubet an mich, der wird nimmermehr sterben. So ist ihm der Tod ein süsser Schlaf; JEsus sagt das (v. 11.) gewiß von ihm / was er dort von Lazaro sagte: Unser Freund schläfft; Und nach seinem Tode ist kein Tod mehr, sondern es ist noch recht was gutes, welches (Apocal. XXI. v. 4.) ein sterbender Christ gewiß im Todt-Bette vor sich hat / nemlich / daß GOTT seine Augen aus den Thränen (Ps. XLII. v. 4. Psalm. CXXVI. v. 5. Es. XXV. v. 8. Apoc. VII. v. 17. c. XXI. v. 4.) reissen wird. Hier sind noch immer die Thränen der Frommen Speise; hier währet noch immer die Thränen-Saat; dort aber werden die / so mit Thränen säen, mit Freuden erndten: Der HErr wird die Thränen abwischen von denen Angesichtern. GOtt wird abwischen alle Thränen von ihren Augen. Noch mehr Gutes bringt das Todt-Bette einem gläubigen Christen: Sein Fuß wird gerissen vom Gleiten. Auf dem Wege dieser Welt ist es gar schlimm zu gehen / schlimmer / als mitten auf dem Eise / und auf einen leimigten Erdreiche / da man keinen gewissen Tritt thun kan. Wie viel Aergerniß wird einem Kinde GOttes in
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dem Weg geleget / darüber es fallen und straucheln kan? Das Todt-Bette gibt ihm die Versicherung / daß es nun nicht mehr gleiten, sondern GOTT seinen Fuß auf einem Felsen stellen werde, da er gewiß tretten könne. Und mit solchen Tritten gehet denn an der Wandel vor GOtt im Lande der Lebendigen. Das ist / was uns JEsus zugesagt / daß wir durch dem Tod(Joh. V. v. 24.) zum Leben hindurch dringen. Was Paulus sagt: Daß wir, wann das irrdische Hauß dieser Hütten(1 Cor. V. v. 1. 8.) zerbrochen ist, sollen einen Bau haben von GOtt erbauet, der ewig ist im Himmel: Das ist eben das Land der Lebendigen, da werden wir daheim seyn bey dem HErrn / bey Christo seyn, der unser Leben(Phil. I. v. 23. Apocal. XXII. v. 1.) ist; da sind Lebens-Quellen, Lebens-Ströme, Lebens-Wein, Lebens-Früchte; da werden wir vor GOTT stehen / vor GOTT unserm Wandel haben / und ihn sehen, wie er ist, von Angesicht zu Angesichte.(1 Cor. XV. v. 12.) Nun in dieses Leben siehet ein sterbender Christ schon im Glauben hinein; Er hat schon in seinem Hertzen die Zusage: Heute, wenn du stirbest, wirst du mit mir im Paradiese(Luc. XXIII. v. 43.) seyn. So meyne ich ja / er hat in seinem Todt-Bette das höchste Recht / zu sagen zu seiner Seele: Sey nun wieder zufrieden, meine Seele, kehre wieder zu deiner Ruhe, zu deiner Stille; und so mag ja denn auch sein Todt-Bette die rechte Stelle seyn einer stillen Zufriedenheit. Darum heißt dann auch der Gläubigen Tod eine Hinfahrt in Frieden; wie ihn Simeon(Luc. II. v. 29. Apocal. XIX. v. 13. Esa. LVI. v. 2. Job. III. v. 18.) nennet. Von den Seelen derer / die in dem HErrn sterben, sagt der Geist, sie ruhen von aller ihrer Arbeit; Von ihren Gräbern sagt Esaias: Es sind Kammern, darin sie ruhen; und Hiob: Daselbst müs
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sen doch aufhören die Gottlosen mit toben; daselbst ruhen doch, die viel Mühe gehabt haben; da haben doch mit einander Friede die Gefangenen, und hören nicht die Stimme des Drengers. (Hebr. IV. v. 9.) So ist ja auch noch vorhanden eine Ruhe für das Volck GOttes. Ihr werdet nun glauben / daß der Frommen Todt-Bette die rechte Stelle einer stillen Zufriedenheit sey. Alle / die ihr Todt-Bette so können ansehen / haben sich so wenig dabey zu fürchten / als ein Schiffmann / der auf dem wilden Meer lange von Wind und Wellen umgetrieben / sich fürchtet vor den stillen Hafen. Ja! sie können mit frölichem Munde sagen: Komm, o Tod! du Schlafes-Bruder, komm, und führe mich nur fort! löse meines Schiffleins Ruder, bringe mich zum sichern Port! Es mag, wer da will, dich scheuen, du kanst mich vielmehr erfreuen, denn durch dich komm ich hinein zu dem schönsten JEsulein. Sie haben sich so wenig für dem Tode zu fürchten / als ein müder Taglöhner für den Feyr-Abend / und für das Bette oder Streu / darauf sich seine müden Glieder ausruhen sollen: Ja / sie können auch sagen: Müde, die der Arbeit Menge, und der Sonnen Hitz beschwehrt, wünschen, daß des Tages Länge werde durch die Nacht verzehrt, daß sie nach so vielen Lasten können sanfft und süsse rasten. Ich wünsch itzt bey dir zu seyn, allerschönstes JEsulein. Allein M. A. Es ist wol zu beklagen / daß nicht alle Christen / welche in das Todt-Bette oder in das Todes-Lager müssen / oder die auch wol schon im Todt-Bette sind /
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dasselbe für einen Ort und Stelle der Zufriedenheit halten können. Aber dazu gehöret Davids Hertz, Davids Busse, Davids Glaube, Davids frommer Wandel. Unruhige gottlose Weltkinder haben schon ausser dem Todt-Bette keine Ruhe, sondern sind wie ein ungestümes(Esa. LVII. v. 20.) Meer; Sie suchen ihre Ruhe nur in der Unruhe / machen ihnen viel vergebliche Unruhe; sie können(Psalm. XXXIX. v. 8.) nicht ruhen / biß sie ihre Bosheit und Schande haben ausgeübet. Zwar bilden sich dieselbe zuweilen / beyvorab wenn das Gewissen einschläfft / grosse Ruhe / grosse Zufriedenheit ein / sagen: Es ist Friede, so doch kein Friede ist.(Ez. XIII. v. 10.) Aber was sagt GOTTes Wort von solcher unzeitigen Zufriedenheit? Wenn sie werden sagen: Es ist(1 Thess. V. v. 2.) Friede, so wird sie das Verderben schnell überfallen. Es kan seyn / daß sie GOtt in solcher eingebildeten Ruhe eine Zeitlang lässet dahin gehen / lässet sie auch wol vor Menschen Augen sanfft und ruhig sterben; O das ist ein schwehres Gerichte über sie! denn ihre nicht erkannte / nicht beweinete / sondern biß an die letzte Kranckheit / biß an den Todes-Tag und Todes-Stunde getriebene Sünden können nichts anders / als eine ewige Unruhe, eine ewige Verdammniß nach sich ziehen. Sie sind es / von welchen Esaias sagt: Ihr Wurm wird nicht sterben,(Es. LXVI. v. 24. Apocal. XIV. v. 11.) ihr Feuer wird nicht verlöschen! Sie werden keine Ruhe haben Tag und Nacht! Ja! sage ein solcher auf seinen Todt-Bette zu seiner Seelen: Sey nun wieder zufrieden, meine Seele, denn der HErr thut dir Gutes! Er hat kein Gutes gethan / wie solte er Gutes erwarten? Sage ein solcher: Du hast meine Seele aus dem Tode gerissen, da er schon
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lebendig todt, und nur den Rahmen hat, daß er lebe, und der andere / der ewige Tod wartet auf ihn? Sage ein solcher: Du hast meine Augen von Thränen gerissen! Es gehet itzo an das Wehe / welches der (Luc. VI. v. 25.) HERR angedreuet: Wehe euch / die ihr lachet / denn ihr werdet weinen und heulen! Sage ein solcher: Du reissest meinen Fuß vom Gleiten; Sein Fuß hat nicht betretten die Wege GOttes / sondern er ist einen schädlichen Irrweg gegangen; und so wird dann auch (Prov. XV. v. 24.) sein Weg unterwärts gehen zur Höllen. Sage ein solcher: Ich werde wandeln vor dem HErrn im Lande der Lebendigen; Ja / wenn du hier vor GOtt gewandelt hättest / und wärest fromm gewesen! wenn du deinem Wandel hättest lassen in dem Himmel seyn! Da diß nicht ist / wird dich GOtt von seinem Angesichte verstossen / und dein Wandel wird seyn bey den bösen Geistern und Verdammten in der Höllen. Mercket dieses / ihr sichern Welt-Kinder / und sprecht / so lange ihr noch in Sünden stecket / eurer Seelen ja keinen Frieden zu! Ihr wisset ja nicht / wie bald euch euer Bette zum Todt-Bette werden möchte! wie bald ihr sonst unvermuthet euer Todten-Lager finden möchtet / da ihrs wol nicht gedacht! Und was wirds denn seyn / wann ihr ein unruhiges / oder in falscher Ruhe verstocktes Hertz hinein bringet? Ists euch zu thun üm das Land der Lebendigen / üm den Wandel vor dem HErrn / üm einen Tod / der kein Tod / sondern ein sanffter Schlaf / üm eine fröliche Freuden-Erndte? So machet euch bey Zeiten an euer Hertz / und sehet zu / ob in demselben ein wahrer Friede / oder ob ihr nicht den Bund des Friedens mit eurem GOtt ge
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brochen durch allerhand wissentliche Sünden? auch wol noch nicht willens seyd / von solchen Sünden abzustehen? Wo das ist / so sagt ja nicht: Sey zufrieden / meine Seele! Sagt ja nicht mit jenem Narren: Iß / trinck / liebe Seele / sey nun gutes Muths! Ihr möchtet hören: Du Narr /(Luc. XII. v. 20.) diese Nacht wird man deine Seele von dir nehmen. Lasset euchs lieb seyn / wenn ihr bey euren Sünden unruhig werdet; gebt euch aber nicht eher zur Ruhe / biß ihr in wahrer Busse und Glauben in den Wunden eures JESU Ruhe findet. Ach! laßt uns alle mit einander dahin dencken / dahin sorgen / dahin uns bestreben / daß wir ein ruhiges Gewissen / und dann die Versicherung des künfftigen Eingangs in die ewige Ruhe haben mögen! Lasset uns Gutes thun / und nicht müde werden / so wird der HErr uns wieder Gutes thun. O welch ein Trost wird es uns seyn / wenn wir uns dessen auf unserm Sterbe-Bette getrösten können / daß unser JEsus unsere Seele durch den Tod aus dem Tode reissen werde / daß unsere Buß-Thränen / unsere Creutz- und Trübsals-Thränen uns alsdann sollen abgewischet werden / daß alsdann unser Fuß den Weg des Friedens gehen / daß er zu GOtt kom̅en / daß wir vor GOtt in dem rechten Lande des Lebens / in seinem schönen Paradiese ewig wandeln sollen. Machet euch dieses Trostes gewiß / thut rechtschaffene Busse / wie David; waschet eure Seelen schneeweiß / wie David / in dem Blute JEsu; waschet eure Hände in Unschuld / wie David / so könnet ihr alle Tage sagen zu eurer Seele: Sey zufrieden / meine Seele / denn der HErr thut dir Gutes! Ja / wenn euch noch so viel in der Welt beunruhiget / könnet ihr sagen:
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Was betrübst du dich / meine Seele? etc. Ihr könnet in stiller Gelassenheit sagen: Sey stille dem HErrn! (Psalm. XXXVII. v. 7.) Ich wil schweigen / und meinen Mund nicht aufthun / du wirsts wohl machen! Ihr könnet in eurem Sterb-Stündlein sagen: Sey zufrieden / meine Seele / denn der HErr thut dir Gutes! Ja / recht was Gutes. Ihr könnet sagen: Mein GOtt / so wil ich nun dir als dein Kind vertrauen / und stets auf deine Treu / Allmacht und Wahrheit schauen. Ich wil in deiner Lieb und JEsu Wunden ruhn / Vor / in und nach dem Tod wirst du mir schon wohl thun. Wir haben dißfalls eine gute Vorgängerin an der wohlseeligen Frau General-Majorinn Fragen; von der kan ich vor GOtt bezeugen / daß ihr Todt-Bette eine rechte Stelle einer stillen Zufriedenheit gewesen; Wie sie in ihrem Leben ihre Ruhe in GOtt gesucht / und von keiner Zufriedenheit gewust / als welche sie in täglicher Bereuung ihrer Sünden / in der Liebe und Schoß ihres himmlischen Vaters / in den Wunden ihres JEsu gefunden; so konte sie allezeit / auch in ihren grössesten vielfältigen Leyden und Trübsalen zu ihrer Seele sagen: Sey nun wieder zufrieden / meine Seele / denn der HErr thut dir Gutes! Und in was für Zufriedenheit habe ich sie in ihren Schwachheiten / und fürnemlich in der letzten Kranckheit angetroffen? Da hieß es immer: Ich verlasse mich auf GOtt / der wird mich nicht verlassen. Viel vielmal habe ich diese Worte aus ihrem Munde gehöret; Sie besiegelte damit ihre tägliche Andacht / welche ich mit ihr hatte; Sie besiegelte damit ihre letztere absolu
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tion, und die Freudigkeit über den Genuß des heiligen Abendmahls gab sie zu erkennen / indem sie sagte: Nun weiß ich noch gewisser / GOtt werde mich nicht verlassen! Dabey freuete sie sich dann darauf / wie sie GOtt für seine beständige und sie nicht verlassende Liebe in der Ewigkeit / im Lande der Lebendigen preisen wolte. Wenige Stunden vor ihrem Ende war dieses ihr Wunsch: Ach! wenn ich doch die Weyhnachten bey meinem JESU im Himmel feyren möchte! Dieser Wunsch hat nicht müssen unerfüllet bleiben; denn bald nachher wurde ihre Seele aus dem Tode gerissen / ihre Augen von Thränen / und sie wandelt nun im Lande der Lebendigen vor dem HErrn; Daselbst hält sie einen Sabbath nach dem andern / einen Feyertag nach dem andern. Sie hat nun dem Gipffel der Zufriedenheit erreichet / und stimmt mit Freuden an: Ach! ich habe nun erblicket Schon die Himmels-Herrlichkeit! Ich bin nunmehr schon geschmücket Mit dem weissen Himmels-Kleid! Mit der schönen Ehren-Krone Steh ich da vor GOttes Throne / Schaue solche Freude an / Die kein Ende nehmen kan. Ich gebe dieses zu betrachten denen Leidtragenden Frau und Fräulein Schwestern / und hohen Angehörigen / und heisse sie bedencken: Ob sie nicht Ursach haben / auch zu ihren / durch diesen Todes-Fall sehr betrübten Hertzen zu sagen: Sey wieder zufrieden / meine Seele! Derjenigen / welche du beweinest / thut der HErr nun Gutes! Er hat ihre Augen aus den Thränen gerissen! Das wil nicht bethränet noch beweinet seyn.
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Der HERR gebe Ihnen allerseits seinen Willen in stiller Zufriedenheit zu erkennen / thue ihnen auch Gutes / und lasse zu rechter Zeit ihren Tod einen Riß aus dem Tode / einen Riß von den Thränen seyn! Er lasse ihren und unser aller Fuß / weil wir hier noch auf den schlüpffrigen Wegen seyn / nicht gleiten! Ja / er lasse uns alle vor ihm wandeln im Lande der Lebendigen / in der unendlichen Ewigkeit! Das thue er üm unsers Heylandes JEsu Christi willen / Amen!
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Lebens-Lauff.
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Nachdemmahlen nun der Wohlseeligen Frau General-Majorinn Kragen unsterblicher Geist zu GOtt / der ihn gegeben / wieder kommen / und Ihr verblichener Leichnam der Erden anvertrauet / so muß Ihr Gedächtniß noch über der Erden im Seegen bleiben. Wie denn von dero Christ-rühmlich geführten Lebens-Anfang / Fortgang und seeligen Schluß / zufolge löblich-hergebrachter Gewohnheit / noch etwas anzuhören / diese Christliche Versammlung sich nicht entziehen wird. Mit Recht konte die Wohlseelige Frau General-Majorinn eine Wohlgebohrne genennet werden / massen dieselbe aus denen beyden durch viele Secula florirenden Adelichen Geschlechten derer von Borttfeld / und von der Marwitz in der neuen Marck / entsprossen. Ihr seel. Herr Vater ist gewesen der weyland Hochwohlgebohrne Herr Burchhard von Borttfeld, auf Reuenhagen, Oelper und Soderhof Erbherr, Stifft Hildesheimischer wohlverdienter Schatz-Rath. Der Groß Herr Vater, Herr Friedrich von Borttfeld, Königl. Dänischer Rittmeister. Die Groß Frau Mutter von dieser Väterlichen Seiten, die weyl. Hochwohlgebohrne Frau, Frau Maria von Steinberg, aus dem Hause Bodenburg.
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Der älter Herr Vater, Herr Werner von Borttfeld, zum Söderhof Erbherr. Die älter Frau Mutter, Gertrud von Alten, von der Dunau. Der uhrälter Herr Vater, Friedrich von Borttfeld, auf Söderhof Erbherr. Die uhrälter Frau Mutter, Clara von Alten, aus dem Hause Wilckenburg. Der älter Herr Vater von der Frau Groß-Mutter Seiten, Herr Jacob von Steinberg, auf Bodenburg, Brüggen und Achem Erbherr. Die älter Frau Mutter von der Frau Groß-Mutter Seiten, Mette von Wrisberg, auf Wrisbergholtzen. Der uhrälter Herr Vater von der Fr. Groß-Mutter Seiten, Herr Schwaan von Steinberg. Die uhrälter Frau Mutter von der Fr. Groß-mutter Seiten, Anna von der Asseburg. Der uhrälter Herr Vater von der älter Fr. Mutter, Ernst von Alten, auf Dunau. Die uhrälter Frau Mutter von der älter Fr. Mutter, Catharina von Hollen. Der uhrälter Herr Vater von der älter Fr. Mutter, Großmütterlicher Seiten, Ernst von Wrisberg, der Jüngere, auf Wrisbergholtzen und Brunckensen Erbherr. Die uhrälter Frau Mutter von der älter Fr. Mutter an der Groß-Frau Mutter Seiten, Fr. Catharina von Rebocken.
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Bestehen demnach die Ahnen von Vaters wegen aus denen Geschlechten derer von Borttfeld.
von Steinberg.
von Alten von der Dunau.
von Alten aus Wilckenburg.
von Wrisberg.
von der Asseburg.
von Hollen.
von Rehbocken. Die Frau Mutter ist gewesen die weyland Hochwohlgebohrne Frau / Frau Ursula Catharina von der Marwitz / auf Marwitz. Der Groß Herr Vater / der weyland Hochwohlgebohrne Herr / Herr Curd von der Marwitz / auf Marwitz und Stendewitz Erbherr / Churfl. Brandenb. Regierungs- und Cammer-Rath. Die Groß Frau Mutter / Hedewig von Meding / aus dem Hause Schnellenberg. Der älter Herr Vater / Curd von Marwitz / auf Marwitz und Gralau Erbherr. Die älter Frau Mutter / Ursula von der Marwitz / aus dem Hause Beerfeld. Der uhrälter Herr Vater / Herr Caspar von der Marwitz. Die uhrälter Frau Mutter / Frau Anna von Wedel / auf Retz. Der älter Herr Vater von der Frau Groß-mutter Seiten / Wachsmuht vom Meding / Erbherr zum Schnellenberg. Die älter Frau Mutter von der Frau Groß-mutter Seiten / Catharina von Gilten.
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Der uhrälter Herr Vater von der Frau Groß-mutter Seiten / Levin vom Meding. Die uhrälter Frau Mutter von der Fr. Groß-mutter Seiten / Margaretha von der Schulenburg. Der uhrälter Herr Vater von der älter Frau Mutter / Moritz von der Marwitz / auf Beerfeld. Die uhrälter Frau Mutter von der älter Frau Mutter / Anna von Saeck / aus dem Hause Blanckenfeld. Der uhrälter Herr Vater von der älter Frau Mutter / Großmütterlicher Seiten / Werner von Gilten. Die uhrälter Frau Mutter von der älter Frau Mutter Großmütterlicher Seiten / Catharina von Oppershausen. Und sind also die Ahnen von Mütterlicher Seiten:
die von der Marwitz.
vom Meding.
von der Marwitz / auf Beerfeld.
von Wedel.
von Gilten.
von der Schulenburg.
von Saeck / und
von Oppershusen. Aus denen itzt angeführten bekannten Adelichen Geschlechtern hat die wohlseelige Frau General-Majorin ihr zeitliches Leben nächst GOtt empfangen / und dessen erstes Licht den 27 Febr. 1654. Mittags zwischen 11. und 12. Uhr auf dem Adelichen Gute Neuenhagen erblicket. Nun ist zwar eine dergleichen Adeliche Abstammung billig für eine besondere zeitliche Glückseeligkeit zu achten /
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als welche nicht wie andere Glückseeligkeiten durch meriten / Gunst / Geld / oder dergleichen Wege zu erlangen. Jedennoch aber gantz in keinen Vergleich zu stellen mit dem Adel / in welchem die Wohlseelige in der heiligen Tauffe / krafft der dadurch geschehenen Wiedergeburth gesetzet worden / denn hiedurch wurde sie ein Kind des höchsten GOttes / und mit dem Nahmen Mette Catharina in den Himmel angeschrieben. Die vornehmste Sorgfalt und Fleiß ihrer gottseeligen Eltern wurde dahin gerichtet / daß die Wohlseelige in dem Gnaden-Bunde mit GOtt beständig verbleiben / und zu dem Ende die schon in der heiligen Tauffe in ihr Hertz gelegte Gaben des heiligen Geistes immer mehr und mehr durch eine gute Anweis- und Erziehung möchten erwecket werden. Wie man denn / so bald Verstand und Jahre es zugelassen / dahin gesorget / daß zugleich mit dem Lesen durch Erlernung des Catechismi ein guter Grund der Erkänntniß GOttes und ihres Heylandes JEsu Christi / mithin einer ungefälschten Frömmigkeit dergestalt in ihr geleget / und sie nach gerade bereit geworden / Antwort zu geben denen / die da Grund forderten der Hoffnung / so in ihr war. Die Liebe und Hochachtung des göttlichen Worts / die rechte Art / im Geist und Andacht zu beten / und dem lieben GOtt für empfangene Wohlthaten zu dancken / eine hertzliche Freudigkeit / so wol GOtt öffentlich als daheim zu dienen / und überhaupt ein Christ-tugendsames Wesen wurde ihr durch unermüdetes Ermahnen und gutes Exempel ihrer wohlseeligen Eltern von Kindheit an eingepflantzet / dabey man auch nichts versäumet von alle dem / was zu Verhütung schädlichen Müssiggangs und Anführung zu der / einem Adelichen Frauenzimmer anständigen Arbeitsamkeit / Häußlichkeit / Vorsichtigkeit / und freund- und holdseeligem Bezeigen in Umgang und Wandel / nöthig gewesen. Von solcher guten Erziehung haben sich bey der Wohlseeligen durch ihr gantzes Leben solche Früchte gezeiget / daß man sie / ohne Schmeicheley / ein Muster der Gottseeligkeit / eines Heldenmüthigen / in Freud und Leid an GOtt vest haltenden Glaubens / unabläßiger und recht feuriger An
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dacht / eines sorgfältigsten Gehorsams und Treue gegen ihre Obern / unverstellter Redlichkeit gegen ihres gleichen / und willfertiger Liebe gegen jederman / nennen können. Bey dem allen war ihr doch am allereyffrigsten angelegen / daß sie ihren Beruff und Erwählung vest machen / und mit Furcht und Zittern möchte schaffen / daß sie seelig würde. In solcher Absicht arbeitete sie unabläßig / sich selbst und ihre Fehler zu erkennen / ohne sich mit untersuchen und richten anderer Leute Mängel aufzuhalten. Und als sie denn so wenig / als andere Menschen / das vest anklebende Ubel der Erb-Sünde abzuschütteln vermochte / so beklagte sie die daraus entspriessende sündliche Gedancken / Worte und Wercke mit täglichen Buß-Seufftzern / und bath alles wissentliche und unwissentliche Böse mit zerschlagenen Hertzen / in einem an JEsu Verdienst sich allein haltenden Glauben / ihrem GOtt hertzlich ab; vergaß auch nicht den süssen Trost des Evangelii bey dem heiligen Predig-Amt in weh- und demüthigster devotion öffters zu suchen / und die darauf versicherte Vergebung ihrer Sünden / durch den Genuß des Leibes und Blutes JEsu Christi / zu versiegeln. Dieser Gnade je eher / je lieber theilhafftig zu werden / war der erste und vornehmste Wunsch in ihrer letzten Kranckheit; Sie wurde auch gewiß an ihrem Geiste wie neu belebet / als GOtt den vierten Tag vor ihrem seeligen Abschied sothanen Wunsch erfüllete. Was übrigens der wohlseeligen Frau General-Majorin Durchgang durch diese Welt / und äusserlich geführten Lebens-Wandel betrifft / so möchte man wol ihr Leben mit mehrerm Recht ein Leyden als Leben nennen. Zumahl empfindlich muß es gewesen seyn / da sie in dem Anfang ihres eilfften Jahrs / und zwar abwesend / erfahren müssen / daß ihr wohlseeliger Herr Vater den 29 Febr. 1664. diese Welt durch einem seeligen Abschied verlassen / da sie erst dessen väterliche Vorsorge recht zu geniessen hoffete. Ihre wohlseelige Frau Mutter muste sie mit vier Geschwister / als unmündigen Wäysen in einem betrübten und Thränen-vollen Wittwen-Stande seufftzen hören; wozu dieselbe üm so viel mehr Ursach hatte / da sie die von dero seel. Ehe-Herrn hinterlassene Güter mit vielen Weitläufftigkeiten und
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Processen beladen gefunden. Als nachgehends itztgedachte ihre seelige Frau Mutter zu bequemerer Erziehung ihrer Kinder und dem öffentlichen Gottesdienst ordentlicher und öffter als auf dem Lande geschehen können / beyzuwohnen / sich hieher nach Braunschweig begeben / hat sie diese ihre Tochter / nebst dero Geschwister bey sich behalten / welche ihr denn auch das alltägliche Creutz mit kindlicher Folge und möglichsten Beystand erleichtert. Hier muste sie aber zusamt ihrer Frau Mutter und beyden Fräulein Schwestern das fast unerträgliche Leyden nach GOttes heiligen Rath über sich ergeben lassen / daß ihr eintziger wohlseeliger Herr Bruder von dem gefährlichen Vorsatz nicht können zurück gehalten werden / denen Kriegs expeditionen wider die Türcken so wol in Ungarn / als nachgehends unter der Venetianischen Armee in der Levante nachzuziehen / welches so unglücklich abgegangen / daß er an einer schweren Schiffs-Kranckheit das Ende seines Lebens im Jahr 1685. auf dem wilden Meere finden / und in der Insul Corfu müssen begraben werden. Die davon eingelangte Trauer-Post war üm desto empfindlicher / weil wohl-gedachter ihr seeliger Herr Bruder der letztere seiner in die acht hundert Jahr florirenden Familie gewesen / und also dessen Tod einen augenscheinlichen Abgang zeitlichen Glücks und Haabseeligkeiten nach sich gezogen. Die damahlige Durchlauchtigste Landes-Herrschafft nahm sich dieser betrübten Familie gnädigst an / und ließ die wohlseelige Frau General-Majorin nach Hofe ruffen / und als Hof-Dame vieler hohen Gnaden-Bezeigungen geniessen. Bald darauf ließ es sich an / als wolte der heilige GOTT der Wohlseeligen frölichere Zeiten erleben lassen / massen sie durch GOttes sonderbahre Fügung mit dem weyland Hochwohlgebohrnen Herrn / Herrn Christoph Julius Kragen, Erb-Herrn auf Schrentz / Hoch-Fürstl. Branschweig-Lüneb. hochbetrauetem General-Major und Commendanten der Residentz-Vestung Wolffenbüttel / den 27 Aug. im Jahr 1688. vermählet worden. Sothane getroffene Heyrath war zwar an sich selbst vergnügt und wohl gerathen / litte aber bald das unglückli
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che Schicksahl / daß der von GOtt geschenckte männliche Ehe-Seegen sich nicht anders als todt erblicken ließ / und es zu solcher erwünschten Glückseeligkeit hernächst nicht wieder gekommen. Hierzu kamen die währenden solchem Ehestandes von dem wohlseel. Herrn General-Majors mehrmahls gethane gefährliche Feld-Züge / und die tieffe Trauer / in welche sie durch den im Jahr 1700. den 31 Januar. erfolgten schmertzlichen Todes-Fall ihrer wohlseeligen Frau Mutter gesetzet worden. In eben diesem Jahr wurde sie von der weyland Durchlauchtigsten Regierenden Hertzogin als Ober-Hofmeisterin wieder an dem Wolffenbüttelschen Hof genommen; doch wurde auch dieser wohlscheinende Wohlstand dadurch verbittert / daß ihr wohlseeliger Ehe-Herr sich etliche Jahr in einem sehr kräncklichen Zustande befand / und endlich im Jahr 1703. den 2ten April diese Zeitlichkeit verließ / und die Wohlseelige den höchstbetrübten Wittwen-Stand antretten muste. Folgenden Jahrs verhängete GOTT wieder gar etwas hartes über sie / indem höchst-gedachter Frau Hertzogin Durchl. ebenfalls durch dero unvermutheten Todes-Fall sie und das gantze Land empfindlich trauren machte. Sie verließ zwar darauf den Hof / und entschloß sich / in stiller Einsamkeit dero noch übrige Lebens-Zeit hinzubringen. GOtt aber hatte es anders beschlossen / indem der weyland Durchl. Erb-Printzeßin Hoheiten die Wohlseelige wiederum zu dero Ober-Hofmeisterin gnädigst bestellete; aber es muste auch diese getroffene neue Veränderung den Weg zu einem neuen Leyden bahnen / indem sie im Jahr 1710. ohnvermuthet gnädigst befehliget worden / nach Hannover zu kommen / allwo sie vor höchst-gedachter Erb-Printzeßin Hoheit in einer höchst-gefährlichen Kranckheit / und bald darauf gar sterben gesehen. In Ertragung solcher vielen und recht ans Hertz trettenden Leyden hat die Wohlseelige durch die Gnade GOttes eine Christ-Heldenmüthige Gedult erwiesen / und den Trost / welchen GOtt aus seinem heiligen Worte in ihr Hertz geleget / bis an ihr Ende in demüthigster Erkänntlichkeit gepriesen. Sie fassete aber bey der letzt-erlebten unglücklichen Abwechselung den vesten
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Vorsatz / sich der Welt gäntzlich zu entziehen / und erwählete ihrem Aufenthalt und Umgang dieses Orts bey dero hochwohlgebohrnen / itzund bey diesem Trauer-Fall höchstbetrübten Fräulein Schwester / zu nehmen; welche denn auch / nachdem solcher Vorsatz im Jahr 1711. bewerckstelliget / an sich nichts erwinden lassen / mit aller möglichster Handreichung und treu-gemeynten Willfertigkeit derselben dergestalt beyräthig zu seyn / daß die Wohlseelige auch in ihrem Todt-Bette solches / und insonderheit dero fleißiges Vorlesen gottseeliger Bücher / mit beweglichster Danckbarkeit erkannt und gerühmet. In solchem von der Welt gantz abgezogenen Zustande hat sie dieses ihre grösseste Freude seyn lassen / daß sie sich zu GOTT hielte / und mit Beten und Dancken vor dessen heiligem Angesichte täglich erschiene / auch den öffentlichen Gottesdienst so wol in dieser Stiffts- als Brüdern-Kirche / wenn anders ihre schwache Leibes-constitution sie nicht daran hinderte / beywohnete. Ihre Zeit hat sie gröstentheils mit gottseeligen Gedancken zugebracht / und was davon übrig / dem liebrichen Nachsinnen gewidmet / wie sie ihren Nächsten dienen und helffen könte. Insonderheit hat die wohlseelige Frau General-Majorin die allerzarteste und reineste Mutter-Liebe für dero hochwohlgeb. Frau Schwester / der Frau Oberhauptmannin von Cornberg jüngsten Sohn / Mr. Carl von Cornberg geheget; Denn seitdem derselbe zu Wolffenbüttel in ihrer Behausung an die Welt gebohren / ist er von ihr / als wäre es ihr eigenes Kind / reichlich und sorgfältig verpfleget / von zarter Kindheit an zur Gottesfurcht und Frömmigkeit ermahnet und angeführet / nachgehends der information treuer praeceptorum und Aufseher untergeben / und bis daher an dessen verhoffentlich glücklicher Erziehung an nöthigen Kosten und anhaltenden Seufftzen zu GOtt üm dessen heilige Regierung und Bewahrung für so geistlichen als leiblichen Ubel / nichts erspahret worden. Welches Gebeth denn GOtt erhören / und die nunmehr derer Fräulein Schwester so hertzlich anbefohlne und übernommene Vorsorge zu zeitlichen und ewigen Heyl geseegnen wolle. Die Armuth / insonderheit dürfftige Witt
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wen / haben die Liebe und Mildthätigkeit dieser Tabea bey ihrem Leben wohl genossen / und geniessen es noch so wohl als andere Hülffs-benöthigte / nach ihrem seeligen Tode. Was nun endlich der wohlseeligen Frau General-Majorinn letztere Kranckheit und darauf erfolgter seeliger Abschied aus dieser Welt betrifft / so zählen wir billig mit unter die vor angeführte Leyden / daß dieselbe schon von guter Zeit her / und insonderheit in denen letzten Jahren eine gar schwache Leibes-constitution gehabt / und von dem Nieren-Stein öffters / von einer vollen Brust aber / und dem damit verknüpfft gewesenen Husten beständig incommodiret worden; daher ihre Leibes-Kräffte von Zeit zu Zeit mercklich abgenommen / und ob zwar dieselbe durch die unermüdete Treue und Sorgfalt des von ihr erwählten und in beständiger estime und Vertrauen behaltenen Medici, Herrn Mertzens / Medicinae Doctoris, und berühmten Practici allhier / und die von demselben vorgeschriebene und adhibirte Artzeneyen von obbemeldeten Beschwehrungen zuweilen einige Erleichterung gehabt / hat sich doch die geschwächte Natur nicht wieder recht erhohlen können. Sonderlich hat sich letzt-verwichenen Sommer der Abgang der Kräffte / und ein Marasmus senilis cum febri lenta, oder eine bey dem Alter sich anfindende Auszehrung mit einem langsamen Fieber / deutlich geäussert / wobey der appetit zum Essen weggefallen / das Gedächtniß schwächer worden / und die Füsse geschwollen sind. Doch ist die seelige Frau General-Majorinn die meiste Zeit noch in dem Stande gewesen / dem öffentlichen Gottesdienste beywohnen zu können / bis sie im letzt-verwichenen October so schwach worden / daß sie wenig mehr ausser dem Bette seyn können / auch fast nichts mehr von Speise genossen / wobey die Natur sich zu helffen / und sich auf die ihr sonst gewöhnliche Weise von denen schädlichen Feuchtigkeiten zu liberiren / nicht mehr vermögend gewesen. Ob man nun schon selbiger mit denen kräfftigsten medicamenten / die zur andern Zeit bey der seeligen Frau General-Majorinn gar guten effect gehabt / zu hülffe zu kommen bemühet ge
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wesen / hat es doch dißmahl dem lieben GOtt nicht gefallen / die medicamenten zu seegnen / sondern die Schwachheit ist von Tag zu Tage grösser worden. Wie vorhin allezeit / so auch währender solcher Schwachheit ist der wohlseeligen Frauen Gedult und Gelassenheit in den Willen GOttes immer beständig / und das Vertrauen ohne Wancken geblieben / GOTT / der vom Mutter Leibe an ihr GOtt gewesen / würde sie auch in ihrem Alter und an ihrem Ende nicht verlassen. Dabey ihr denn nichts angenehmers war / als wenn ich sie / als ihr Beichtvater / bey denen alltäglichen Besuchungen aus GOttes Wort und durch ein andächtiges Gebeth zu freudiger Ergebung in den Willen ihres himmlischen Vaters / und Anschickung zu einem seeligen Abschied aus dieser elenden Welt / unter den Beystand göttlicher Gnade aufmunterte. In solcher Andacht behielte sich denn auch dieselbe mit besonderer Freudigkeit / und verkürtzete die Schlaf-losen Nächte und übrige Zeit mit dem süssen Andencken und Vorstellung der himmlischen Herrlichkeit / zu welcher sie / wie sie vestiglich hoffete / mit ihrem Heylande Christo JEsu nun bald würde erhaben werden. Welche Hoffnung dann auch der Seelen nach erfüllet worden / als am 15den Novemb. Nachmittags gegen drey Uhr / dieselbe ohne alle Schmertzen / wofür sie der gütige GOTT in der letzten Kranckheit gnädig bewahret / bey vollem Verstande / und deutlich bezeigten Annehmung und Nachbehtens der von mir ihr vorgesprochenen Seufftzer / unter dem Gebeth der Anwesenden / mit Empfangung Priesterlichen Seegens / sanfft und seelig entschlaffen / nachdem sie auf dieser Welt gelebet sechs und sechtzig Jahr / acht Monathe / neunzehen Tage / drey Stunden.
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Wohlseelige! du kanst nun völlig seyn zufrieden / Weil deinen Geist GOtt aus dem Tode reißt. Du weinst nicht mehr; Du läst / was weinen macht / hienieden / Und wandelst itzt vor GOtt in seinem Lebens-Land. O JESU! setz uns all’ in solchem Ruhe-Stand.
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Betrübniß-volle Thränen / Mit welchen die Grufft Seiner bis in und nach dem Tode hertzinniglich geliebten und hochwerth-geschätzten, auch recht mütterlich gegen ihn gesinnet gewesenen
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Tante / Der Hochwohlgebohrnen Frauen, FRAUEN
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Mette Latharinä / Gebohrnen von
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Borttfeld / Ihro Hochwohlgeb. des Hochseeligen weyland Hoch-Fürstl. Braunschweig-Lüneburgischen Hochbestallten General-Majors, Commendanten der Vestung Wolffenbüttel, wie auch Obersten über ein Regiment zu Fuß, Herrn,
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Herrn Christoph Julii Kragen / hinterlassenen Frau Mittwen /
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Welche am 15 Novembr. des jetzt-lauffenden 1720ten Jahrs sanfft und seelig in ihrem Erlöser Christo JEsu eingeschlaffen, und am 8 Dec. in der Dohm-Kirchen St. Blasii hieselbst der Erden einverleibet worden,
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In grössester Wehmuth nochmahls benetzte DERO bey Lebzeiten an Kindes statt angenommener / und jetzo nach dem Tode Höchstbetrübter Vetter Carl von Kornberg, genannt Borttfeld.
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Ach! die Mama ist todt! Fünff Worte / tausend Pfeile! Mit Zittern schreib ich sie / mit Wehmuth sagts der Mund. Die Ursach meiner Quaal faßt eine halbe Zeile: Ach! die Mama ist todt! das ist der Thränen-Grund. Ach! die Mama ist todt! und mein vermeyntes Glücke / Das ich schon viele Jahr auf ihre Gunst gebaut, Verschwindet nun mit ihr in diesem Augenblicke, Da man diß schöne Korn der Erden anvertraut. O unerhörter Schmertz! O unaussprechlichs Leiden! O unverhoffter Fall! o Roth! o Angst und Pein! Wie ist es möglich doch, Mama, von mir zu scheiden! Daß auch ein Tropffen Bluts in mir noch warm kan seyn!
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Brecht, brecht, ihr Augen, brecht, seyd Zeugen meiner Schmertzen, Befeuchtet, Strömen gleich, der blassen Wangen Feld! Ihr Hände, zündet an die schwartze Todes-Kertzen, Jetzt ist mein Wohlergehn auf schwachen Fuß gestellt. Ach! könnten meine Vers als meine Zähren fliessen, Und wäre nur mein Hertz nicht allzusehr betrübt, Ich liesse durch diß Blat die guten Wercke wissen, So die Hochseelge Frau gar reichlich ausgeübt. Die wahre Gottes furcht, ihr Tugend-volles Leben, Der Keuschheit reine Loh, auch selbst der blasse Reid Wird ihr zu ihrem Ruhm noch dieses Zeugniß geben, Daß sie ein Muster war erwünschter Seltenheit. Sie hat ihr Leben nicht mit solchem Wust beschmitzet, Den falsche Heucheley und stoltzer Hochmuth lehrt: Es wurde nie ihr Thun mit Gleißnerey gestützet, So sonst die blinde Welt als etwas gutes ehrt. Es fand ihr edler Geist sich immer wohl gefasset, Ihr holder Mund war nie bey klugen Reden stumm: Sie hat den steifen Stoltz der Weiber sehr gehasset, Die klug von Dünckel sind, und sonst von Hertzen dumm.
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Sie durffte keine Pracht den Adel anzuzeigen, Ihr Angesicht hielt schon was Adelichs in sich; Ihr Sitzen und ihr Gehn, ihr Reden und ihr Schweigen, Ihr Lassen und ihr Thun war immer Adelich. Und ists ein hoher Ruhm, der an die Sternen rühret, Wenn man den Dürfftigen unzählig Guts erweist, So hat sie sich hierin so trefflich aufgeführet, Daß ihre Gütigkeit die Armuth ewig preist. Doch mögen andere von ihrer Tugend sagen; Jetzund bejammr’ ich nur, daß sie gestorben ist. Ihr Hinfall kräncket mich: Auch in den wen’gen Tagen Erfähret schon mem Hertz, wie sehr es sie vermißt. Es ist der Kinder Pflicht, die Eltern hoch zu schätzen, Und bey derselben Tod in Flohr und Trauer gehn: Die diß Ratur-Gesetz nach wilder Art verletzen, Sind harten Felsen gleich, die unbeweglich stehn. Zwar hat die seel’ge Frau mich nicht als Kind gebohren; Doch nahm sie mich, als Kind, in meiner Kindheit an: Sie hat mich, als ein Kind, zu ihrem Kind erkohren, Und hat bey mir, als Kind, recht mütterlich gethan.
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Drum werd ich so viel mehr zur Kindes-Pflicht getrieben, Da der Wohlseel’gen Huld mir viel zu preisen giebt: Die Mutter kan ihr Kind unmöglich höher lieben, Als mich von Kindheit an ihr holder Geist geliebt. Ich sahe sie mit Ernst sich für mein Heyl bemühen, Die Proben ihrer Gunst vermehrte jeder Tag. Sie wandte willig an, mich löblich zu erziehen, Was sonst der Eltern Fleiß an Kinder wenden mag. In solcher zarten Huld und treuen Mutter-Liebe Rahm sie die Ewigkeit in ihren froben Schooß: Die Reigung, die sie stets mich zu umfassen triebe, Die schloß sich eher nicht, als sie die Augen schloß. Ach! aber, daß sie schon die Augen hat geschlossen! Ach! daß die theure Frau nicht länger leben soll! Ach! hätt’ ich ihre Huld noch fernerweit genossen, So stünd es gantz gewiß üm meine Wohlfahrt wohl. O Lebens-Unbestand! O wandelbares Glücke! Wie strahlest du uns offt mit holden Augen an! Und gibst im Augenblick die allersaursten Blicke! Wie gar geschwind ists doch üm deine Gunst gethan! Für Rosen reichst du uns offt traurige Cypressen, Für Zucker speis’st du Gall, und Wermuth für Jesmin: Wer jetzo süsses kunt’ aus deiner Schalen essen,
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Der fällt durch bittre Kost stracks in die Ohnmacht hin. Wie offt versprichst du uns ein Hauffen güldne Berge! Du bauest ohne Grund gar Schlösser in die Lufft; Es werden aber bald aus güldnen Bergen Särge, Ja, aus den Schlössern wird ein offne Todten-Grufft. Die seeligste Mama versprach mir tausend Freude, Sie bot zu meinem Trost viel Huld und Liebe dar: Nun ist der Trost dahin! die Freude wird zum Leide! Das Liebste dieser Welt liegt auf der Todten-Bahr. Mein Ancker ist entzwey, mein Ruder ist versehret, Mein Leit-Stern eilt mit mir aus diesem Leben fort: Mein Glücks-wind höret auf, und wird im Sturm verkehret, Ich bin noch weit entfernt von dem gewünschten Port. Die Hoffnung lässet sonst nicht leicht zu schanden werden: Allein mein Hoffnungs-Stab bricht unvermuhtet ab. Die meines Glückes Stütz’ hier seyn solt auf der Erden, Ach! die wird allzufrüh gesetzet in das Grab. Was kan, betrübter Sinn! dir für ein Licht noch scheinen, Da deine Sonne muß hinfort verfinstert seyn? O! könt’ ich diesen Fall mit Blute nur beweinen! Den̅ Thränen-ströme sind zu solchem zu gemein.
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Ja / wenn auch lauter Blut von meinen Wangen rollte / So ließ mein Schmertz doch nur die mindsten Zeichen sehn: Ich wolte / (wenns mit mir auch nur der Himmel wolte /) Daß meine Leiche möcht an ihrer Stelle stehn. Jedoch / was hilffet mir mein Weinen und mein Klagen? Der HErr des Lebens ists / der diesen Riß gethan: Der hat auch Recht dazu; wer darf dawider sagen? Wer ist / der GOttes Thun und Schickung tadeln kan? Was dessen weiser Rath noch über mich ersehen / Erwart ich mit Gedult / und geh es willig ein: So kan mir in der Welt nichts widriges geschehen / Ja / so werd ich beglückt / und endlich seelig seyn. Der seeligsten Mama danck ich für alle Liebe / Die mein geringes Lob unendlich übersteigt: Ich danck ihr für die mehr als Mütterliche Triebe; Und weil kein Mittel sonst sich zur Vergeltung zeigt / So bleibt mein armes Hertz mit Danckbarkeit erfüllet / Ja / GOtt stellt sich für mich selbst als Vergelter ein. So lang ein Tropffen Blut in meinen Adern quillet / Soll ihre Mutter-Treu bey mir im Segen seyn. Ihr Angedencken soll in meinem Hertzen leben / Ihr schönes Contrefait mir stets vor Augen stehn / Ihr angenehmer Geist in meiner Seelen schweben / Und ihrer Tugend Glantz vor mir als Fackel gehn.
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Zwar solt ich ihr mit Recht ein würdigs Denckmaal setzen; Allein für ihrem Ruhm ist meine Kraft zu klein: Darum bin ich bereit / sie in mein Hertz zu ätzen / Ja / mein getreues Hertz soll selbst das Denckmaal seyn. Aus diesem will ich sie in Ewigkeit nicht lassen; O nein! für jetzo solls mit ihr zu Grabe gehn: Und wird es mit der Zeit nach GOttes Rath erblassen / So soll es dermahleinst mit ihr auch auferstehn. Ich wünsche; doch was ist zu wünschen übrig blieben / Da sie vor GOttes Thron mit einer Crone prangt / Wozu die Gottesfurcht sie immer angetrieben / Und welche sie nun auch im Glaubens-Kampff erlangt? Ihr hilfft kein Wünschen mehr: Sie lebt im seelgen Leben / Worin sie GOtt der HErr schon lebendig gesetzt: Ich weiß / ihr jetzigs Glück gedenckt sie nicht zu geben Für alles / was man hoch in diesem Leben schätzt. Wir kämpffen noch den Kampff / sie aber hat gesieget / Und geht den Himmel ein / der mehr als Sternen trägt: Was uns allhier beschwehrt / und auf den Schultern lieget / Hat sie schon glücklich hin- und frölich abgelegt. Ihr hilfft kein Wünschen mehr / weil sie dahin gegangen / Wo GOtt die Thränen-Fluth von ihren Augen wischt /
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Wo er dieselbige / nach sehnlichem Verlangen / Statt unsers Zähren-Trancks mit Engel-Wein erfrischt. Wo keine Weinenden an Babels Wasser singen / Wo man die Harffen nicht an bittre Weiden hängt / Wo Zions Aeltesten dem Lamme Lieder bringen / Wo man an kein Geschrey und an kein Winseln denckt. Was mir das letzte Wort der Seel’gen zuerkannte / War / daß ich die / so jetzt nebst mir von Wehmuth voll / Mein liebstes Eltern-Paar / und die Hochwerthe Tante / Biß in das kalte Grab mit Chrfurcht lieben soll. Ach ja! wie gern wil ich! Durch meiner Eltern Liebe Bin ich / ihr jüngster Sohn / nächst GOTT / so weit gebracht: Und o! wie hat bereits aus treu-gesinntem Triebe Die Tante für mein Heyl bey Tag und Nacht gewacht! Wohlan! so statt ich denn denselben unter allen Respect, Gehorsam / Lieb und Treu aufs willigst ab: Ihr Wille sey mein Will / ihr Wort mein Wohlgefallen! Kurtz / ich verehre sie bis in das kalte Grab; So weiß ich / daß ich mich dem allerletzten Willen / Dem mütterlichen Wunsch gemäß verhalten kan. Diß Kleeblat wollst du / GOtt / mit deinem Geist erfüllen / Und deine Gnaden-Hand rühr ihre Wunden an.
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Ach! giesse / weil die Noht fast unerwindlich scheinet / O Vater! deinen Trost auf sie vom Himmel aus: Weil in der Trauer-Nacht ihr Hertze klagt und weinet / So strahle deine Sonn in ihr verfinstert Haus: Stärck’ ihrer aller Hertz / still ihre blutge Zähren / Erhalte sie / mein GOTT! wann Unglücks-Winde wehn: Erhöre / was sie flehn / und in der Angst begehren / Ja / laß sie / mir zum Trost / noch langes Leben sehn. Und hiemit hör ich auf für dieses mahl zu schreiben / Dieweil mein müder Kiel nicht weiter fliessen will: Was ich zuvor gesagt / dabey soll es verbleiben: Ich halte nemlich GOtt / wie sonst / so jetzo still.


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