Transkription

Neu-eröffnete Schule/ vor das noch ledige Frauenzimmer : Worinnen durch 45. schön-erfundene Sinn-Bilder, aufs Beste angewiesen wird: Wie sich selbe in ehrbarer Liebe zu verhalten/ und auch alle ungebührliche Neigungen zu meiden haben / [Jacob Cats] – Maechdenplicht <dt.>
Cats, Jacob
[Inhaltsverzeichnis]
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XXIII.III.
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Neu-eroeffnete Schule/ vor das noch ledige Frauenzimmer;Worinnen, durch 45. ſchoen-erfundene Sinn-Bilder, aufs Beſte angewieſen wird: Wie ſich ſelbe in ehrbarer Liebe zu ver= halten/ und auch alle ungebuehrliche Neı= gungen zu meiden haben.Zu finden: Auf denen Franckfurter und Leipziger Meſſen.
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Edle, Hoch-Ehr- und Tu= gend-gezierte Jungfrauen.
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DAß gegenwaertiges Tra= ctaetlein durch den Druck ans Tages-Licht gekom= men iſt bey Uberſetzung deſ= ſelben die Meynung nicht geweſen; Nachdem aber ein guter Freund, der eben zur ſelben Zeit im copiren der darinn befindlichen Sinn-Bilder ſich beſchaefftiget gefunden geweſen, und in Erfahrung gebracht, daß ich, bey mueßigen Stunden, mich in der U= berſetzung derſelben Verſen dele= ctirt, bin von ihm erſucht worden, ihm dieſelbe zu communiciren, ſo nach lang gepflogener Freundſchafft nicht verſagen wollen, in Erwegung, [4] daß an allen Orten es ſolche Gemue= ther unter den Jungfrauen giebet, die in Veraenderung ſo wohl, als in Fuehrung ihres Jungfraeulichen Stan= des eine gute Anleitung vonnoethen haben moechten, daß auch manche Eltern nicht allemahl in Verheura= thung ihrer Jungfer Toechtern den Zweck treffen, oder ſie ihren Jung= fraeulichen Stand ſich gemaeß zu hal= ten recht leiten muß, daß man ſol= ches errinnern wollen, nicht unguetig aufgenommen werden, weil die Er= fahrung hievon manches Exempel vor Augen ſtellet.Wie aber beederſeits Eltern und Jungfrauen ſich in ihrem Amt und Stand nach aller Ehrbarkeit aufzu= fuehren haben, hat der Hochgelehrte Herr Doctor JACOB CATS, in einem kurtzen Begriff, in der Zu= ſammen-Sprach zweyer Jungfrau [5] en, Anna und Phillis, ueber das ſo= genannte Tractaetlein: Neu-eroeff= nete Schule vor das noch ledi= ge Frauenzimmer etc. verhan= delt, und in folgende Ordnung ge= bracht:Ob es rathſam ſeye ſich zu verheura= then, weiſet er in dem 1. 2. und 3. Sinn-Bilde.Keine Heurath leichtfertig und ohne Vorwiſſen der Eltern anzufangen. Sinnbild 4. 7.Ob es einer Jungfrauen wohl anſtaen= dig, aus eigner Bewegung ihre Eltern zu reitzen, daß ſie moechte verehlicht werden? Sinnbild 5.Daß es einem Ehr-liebenden Hauß= Vatter obliege, die Jahre ſeiner Mannbaren Tochter wohl in acht zu nehmen, und zeitliche Vorſe= hung zu thun, in Ermanglung [6] deſſen, ob die Tochter ſelbſt darinnen Hand anzulegen erhebliche Urſach habe? Sinnb. 6.Leichtlich und in der Eyl zum heura= then ſich bewegen laſſen, oder ſich ſelbſt dazu befoerdern wollen, iſt vor den Stand der Jungfrauen ſehr beſorglich. Sinnb. 8. 9.Eine gute Gelegenheit zu einer glueck= lichen Heurath ſoll man nicht leichtfertig laſſen aus Haenden ge= hen. Sinnb. 10. 11.Ob, und wie fern eine Jungfrau ihre Verheurathung moege befoerdern und forttreiben? Sinnb. 12. 13.Bedencken, ob es einem Vatter wohl anſtehet, ſeine Tochter, ohne daß ſie angeſprochen wird, anzubie= then? und durch was Mittel oh= ne Verletzung der Tochter ſolches geſchehen koenne? Sinnb. 14. 15.Ohngefehr vorkommende Anmer [7] ckungen ueber die Art der Kleidung der Jungfrauen. Sinnb. 16. 17.Daß eine Jungfrau ſich etwas wei= gert, iſt angenehm und befoerder= lich zur Heurath, und was Maaß darinnen zu halten. Sinnb. 18. 19. und 20.Groſſe Freyheit im Heurathen iſt ſchaedlich. Sinnb. 21.Schoene Worte, und groſſes Ver= ſpreche ̅ eines zur Unkeuſchheit ver= fuehrenden Liebhabers muß man verdaechtig halten. Sinnb. 22.Unartige und unbeſcheidene Schwae= tzer, und wie denſelbe ̅ zu begegnen. Sinnb. 23.Die Erkaenntnueß muß vor der Liebe hergehen, im Gegentheil erweckt es Reue. Sinnb. 24.Ob es einer Jungfrau geziemet, je= mand zum Zeit-Vertreib zu un= terhalten, und bißweilen mit [8] Junggeſellen Schertz zu treiben? Sinnb. 25. 26. 27. und 28.Ob es erlaubt ſey, daß Jungfrauen an Junggeſellen etwas ſchencken, oder von ihnen nehmen ſollen? Sinnb. 29. 30. 31.Spiel-ſuechtig, und viel auf der Gaſ= ſen ſich ſehen laſſen, iſt gefaehrlich, und einer Jungfrauen unanſtaen= dig. Sinnb. 32. 33.Anmerckungen auf das gar zu genaue Einſperren einer Jungfrauen, und ob ſolches in dieſen Landen nutzlich iſt? Sinnb. 34. 35.Bedencken ueber die Wahl eines Mannes? Sinnb. 36.Ob es wohl uebereinkommt, ein groſ= ſer Liebhaber der Buecher, und zu= gleich einer Frauen zu ſeyn? Sinnb. 37.Daß man den Grund des Ehſtandes nicht legen muß auf naerriſche Kael [9] ber-Liebe, und was vor Beſchwer= lichkeit, wann es geſchiehet, dar= aus entſtehet. Sinnb. 38. 39.Mehr auf das Gemueth als aeuſſerli= che Anſehen eines Menſchen zu ſe= hen. Sinnb. 40.Anmerckungen, ob es zu rathen ſey, eine Jungfrau an einen alten Mann oder Witwer mit Kindern zu verheurathen? Sinnb. 41. 42.Toechter, wann ſie von ihren Eltern zu einer ihnen widrigen Heurath angehalten werden, wie ſie ſich gegen dieſelbe aufzufuehren Urſach haben. Sinnb. 43.Bedenckens-werthe Vermahnung an neu-vertraute Jungfrauen, Sinnb. 44.
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Auf der Jungfrauen Wappen.
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WIr leben in der Zeit, da man m??? Wappen pranget, Und jeder ſeinen Sinn drinn zu erkenen giebt, Stier, Loewen, Adler, Fuchs, man in den Schild verlanget, Auch eine wilde Sau vor andern man beliebt. Fragt man, warum man doch abbilde ſolche Sachen? Die Antwort moechte ſeyn: Sie ſelbſt ſind ſo geſind,
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Weil manchen nur der Nam, nicht Tha= ten edel machen, Und ſich in dem Gemueth ein ſolche Unart findt. Indem nun jedermann ein Wappen wird gegeben, Warum hat man bißher den Jungfern keins gemacht? Die doch in dieſer Welt man pflegt hoch zu erheben, Iſt keines doch bißher ans Tages-Licht erbracht. Ein Herold ſollte ja noch was ausſinnen koennen, Das ihrer reinen Art und Sanfftmuth aehnlich ſey, Man koennt ein Schaeflein ja, an ſtatt deß Loewen nennen, Ein angenehme Taub zu mahlen ſtuend auch frey. Nein, noch auf dieſen Tag hats niemand unterfangen, Hier noch an andern Ort iſt kommen zu (Geſicht, Daß auch die Jungfrauſchafft mit Wap= pen koennte prangen, Dann niemand hat es noch bißhero auf= gericht. So ſtehts dannoch zu thun, ich will michs unterwinden,
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Das Bild, ſo man hier ſieht vor ſeinen Augen ſteh’n, Das hab vor andern ich, mir wollen außer= finden, Und hoffe, daß ich ſchon was rechts hab auserſeh’n; Hier ſeh’t ihr eine Traub mit kuehlem Thau benetzet, Ein Traube, die noch nie beſtuermet hat der Wind, An deren Anmuth ſich ein jedes Aug ergoetzet, Damit noch nie geſpiehlt ein ungezognes Kind; Ein Traube, ſo noch nie der Sonnen Hitz geſtochen, Vielmehr die allezeit mit friſchen Laub bedeckt, Wovon ein geiler Spatz noch keine Beer gebrochen, Und ſeinen Schnabel nie in ihren Safft geſteckt, Ein Traube, wo kein Wurm noch Raup dar= auf gekommen, Die niemahl was empfand, was ihre Schoenheit kraenckt, Davon noch keine Bien den Honigſeim ge= nommen, Darauf noch keine Flieg den Rueſſel hat gelenckt.
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Ein Traube, ſo noch nie mit Spinnenweb beſponnen, Da niemahls eine Schneck den Schleim darauf gebracht, Da weder Ratz noch Mauß zu freſſen anbe= gonnen, Es ſey bey hellem Tag, auch nicht bey dunckler Nacht. Ein Traube, ſo ſich nicht an Mauren ab= geſchlieſſen, Noch von der Ameiß waer die aeuſſre Haut verletzt; Die, ob ſie voll von Safft, doch niemahls berſten mueſſen, Deßwegen ſie ſehr hoch von jedermann ge= (ſchaetzt, Ein Traube, ſo kein Stoß noch Fall hat ausgeſtanden, Da niemals einig Kern entfallen aus der Beer, Da, was zur Schoenheit taugt, noch alles iſt vorhanden, Da keine Faeulniß hat gekraencket ihre Ehr. Ein Traube, da kein Menſch mit Fingern aufgedruecket, Ein Traube, ſo noch friſch, ja niemals iſt (befleckt, Davon noch keine Hand jemahls ein Beer gepfluecket, Im vollen Wachsthum ſtets, im gruenen Laub geſteckt.
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Die Kraentze, ſo allhie der Jungfern Wappen zieren, Die ſind von Winter-Gruen, welch’s Kraut ſanfft in der Hand, Davon man mit bedacht kan dieſe Lehr an= fuehren, Daß ſie mit ſanffter Art auch zieren ih= (ren Stand. Ein Kraut, das nimmermehr pflegt in die Hoeh zu ſteigen. Das in dem Wachßthum ſtets ſich auf der Erden haelt; Laßt euer Augen-Licht ſich mehr zur Erden neigen, Dann Demuth jedermann an Jungfern (wohlgefaelt. Ein Kraut, des gruenes Laub nicht in dem Winter weichet, Das niemals ſich beſaamt, ob es ſich gleich vermehrt; Wann eine Jungfrau nur es auch ſo weit er= reichet, Daß ſie im haertſten Stand die Ehre nicht (verſehrt. Ein Kraut, des Laubwerck waechſt, gar aehnlich Paar bey Paaren. Ein Kraut, das oeffters blueht, doch nicht in Saamen ſchießt; Lernt hie, o ſchoenes Volck! doch eure Ehr bewahren, Seyd freundlich, doch ſeht zu, daß nie= mand mehr genießt.
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Ein Kraut, beyd’ ſchwach und grad, ein Kraut, bequem zum flechten, Ein Kraut, das ſich zwar ſelbſt nicht biegt, doch biegen laeßt. Wann alle Frauen diß in ihrer Eh’ bedaech= ten, Zum Friedens-Mittel waer diß wol das (allerbeſt. Ein Kraut, ſo Blumen traegt, doch ohn Ge= ruch befunden, Weg Ambra, weg Ziebeth, und ſonſt wohl= riechend’s Kraut, So uns von Pegu wird geſandt bey vielen Pfunden, Ein Jungfrau, die nicht riecht, erwaehl ich (mir zur Braut. Ein Kraut, ſo haßt das Licht, und lieber waechſt im Dunckeln, Ein Kraut, das von dem Stihl ſetzt Wur= tzeln in die Erd. Ein Jungfrau-Aug das nicht auf jeglichen mag funcklen, Und thut gewiſſe Schritt, die, die iſt rueh= (mens werth. Ein Kraut, ſo aehnlich faſt den Blaettern von Lauriren, (Lorbeer) Ein Kraut, ſo fruehe blueht, doch niemahls Fruechte traegt; Seyd Frauen von Verſtand, und Jungfern von Manieren, Was Frauen Freude bringt, den Jung= fern Leyd erregt.
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Ein Kraut, ſo um die Farb in Garten wird gelitten, Obs gleich nicht Saamen traegt, bedeckts doch manches Feld. Was euch, o Jungfern Volck! hierdurch wird vorbeduetten, Iſt, daß ein kluger Geiſt mehr werth als Gold und Geld. Ein Kraut, ſo Regel-Recht im Wachſen ſich erweiſet, Lehrt, daß ein’ Jungfer ſich vor krummen Wegen huet. Ein Kraut, ſo man darum am allermeiſten preiſet, Weil deſſen zarte Blum ſehr edel, wann ſie blueht. Wohlan, gebrechlichs Gut, ſo man die Schwachen nennet, Eur’ Ehr iſt euer Schatz, eur’ Blume iſt es all, Macht, daß man ehrbar euch vor allem Volck erkennet, Soll euer Ruhm beſteh’n, ſo huet euch vor (dem Fall. Fragt man, was mich bewegt, den Jungfern hier zu geben. Ein Wappen mit der Traub, hoert meine Urſach an, Was eine Jungfrau iſt in ihrem keuſchen Leben,
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Auf beſſre Weiß man ſie nicht wohl vor= ſtellen kan. Recht nach dem Leben iſt ſie vorgeſtellet worden. Errinnert euch nur wohl, was oben iſt ge= ſagt, Befindet ihr euch nun in dieſem ſchoenen Orden, Iſt gar nichts auf der Welt, das eu= re Schuld anklagt, Merckt ins beſonder nur, was ich hab vorgeſtellet; Red ich gleich von der Traub, ſo hats doch den Verſtand, Daß Sonnen-klar hieraus die Jung= ferſchafft erhellet, Wers ließt und recht verſteht, achts nicht vor Kinder-Tand. Und was ſolls endlich ſeyn? moecht je= mand hier wol fragen: Soll eine Jungfer dann ſtets bleiben unberuehrt? Dem muß ich gleich darauf zu einer Antwort ſagen, Das man die Meynung nicht aus mei= nen Worten ſpuehrt, Es iſt ja noch ein Weeg zum rechten Zweck zu kommen,
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Und daß man in der Sach nicht ſchreite uebers Ziel, Es muß, wer ſie ſich hat zu lieben vorge= nommen, Mit einer keuſchen Hand ſie faſſen bey dem Stiel. Diß iſt der rechte Weg, kein’n andern ſollt du gehen, Daß du erlangen kanſt das theure werthe Pfand: Wird aber es von dir auf andre Weiß ge= ſchehen, So kriegt die Traub ein Fleck, und du be= ſtehſt mit Schand. Dem Leſer will ich nun hiemit die Sach ent= decken, Daß dieſe Traub vorſtellt die reine Jung= ferſchafft, Der Stiel die Art, wie man ſoll reine Luſt er= wecken, Daß man nicht ſagen darff, er hat ſie weg= gerafft. Wohlan dann, wer du biſt, willt du die Ehr nicht ſchaenden, So halte rechte Maaß, zu viel iſt unge= ſund, Greiff ja das Werck nicht an mit ungewaſch= nen Haenden,
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Man kan auch thun zu viel in keuſchem Ehe-Bund. Und ihr, o zartes Volck! ſo tuechtig ſeynd zum Freyen, Kommt eine keuſche Hand, ſo eure Frucht abpflueckt, Lebt keuſch in eurer Eh’, ſo wirds euch nicht gereuen, Dann es hat euch vielmehr aufs allerbeſt geglueckt, Mit guter Freunde Rath in Eh’ſtand ſich be= geben, Daß iſt die rechte Art, wo Ehrbarkeit zu treibt, Und wer in ſelben wird rein, keuſch und zuechtig leben, Wird Sie dann gleich ein (Frau Weib) dan= noch ein Jungfrau bleibt.

Chryſoſtomus.
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Der Eheſtand iſt die andere Gat= tung der Jungferſchafft, verſteht ſich, wann derſelbe zwiſchen Mann und Frau ehrlich gefuehret wird.
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Einleitung zu der Zuſammen= Sprach zwiſchen Anna u. Phillis.
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IN ihrer erſten Blueht hatt’ Phillis ih= re Freude. Mit unbedachten Muth in Liebes-Luſt geſtellt; Doch haette ſie gar leicht auf dieſer grue= nen Weide Sich um die Ehr gebracht, und alſo ſelbſt gefaellt, Wann ihr Geſpielin nicht es haette wahr= genommen. Und mit Gelegenheit das Ubel beyge= bracht, Wie leicht ein junges Menſch um ihre Ehr koennt’ kommen; Im Anfang ſchlug es noch die Phillis aus der Acht: Die Anna wollte doch die Phillis gerne retten, Und ſchlug ihr guten Rath und rechte Mittel vor, Wann ſie ſich in die Eh’ doch endlich wollt verketten, Und bracht ſie auch dahin, zu goennen ihr das Ohr.
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Ich ſtund nicht weit davon, es alles anzuhoeren, Was dieſes liebe Paar zum Vorſchein hat gebracht; Ich faßte wohl zu Sinn der Annen ſchoe= ne Lehren. Darauf ich mit mir ſelbſt bald dieſen Schluß gemacht: Ich wolte beyder Wort in Sinnen= Bilder ſtellen, Und weiſen wie, worinn der Jungfern Pflicht beſteh, Wann ſie ſich unterſteh’n, mit Maennern, Jung-Geſellen Zu aendern ihren Stand, und gehen in die Eh’ Ihr, die ihrs leſen wollt, und Nutzen darvon haben, Hoert beyder Worte an, und leſet mit Bedacht; Die tolle Jugend moecht an Phillis Wort ſich laben, Das Beſte aber iſt, was Anna vorge= bracht.
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1. Phillis.
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Es hat kein Art, Biß man gepaart.
ICh ſah’ auf eine Zeit ſich ſchnaeblen ein paar Tauben, Da fiel mir gleich im Sinn, wie GOtt hab jedem Thier Die Liebe eingepflantzt; ſo wird ers ja er= lauben Mir, der ich bin ein Menſch, begabt mit groeſſrer Zier. Es liebt ja, was nicht lebt; die Dattlen ſolches zeigen,
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Wann beyderley Geſchlecht nah beyeinan= der ſteh’n, Daß ſich das eine nah kan zu dem andern neigen, Wird man die reiffe Frucht mit vollem Zwei= ge ſeh’n. Dringt nun die Liebe durch ein Holtz, ſo voller Aeſte, Iſt ſelbſt der Fiſch im Fluß zur Liebe nicht zu kalt, Sind wilde Thier im Wald, die Voegel in dem Neſte, Nicht ſchnell und ſtarck genug der Liebe ihr Gewalt, Daß ſie nach ihrer Art ſich miteinander paaren. Warum ſollt ich dann jetzt noch laenger ſeyn allein, Ich lebte unvergnuegt in meinen beſten Jah= ren, Es fuehlet Loew und Baer ja ſelbſt die ſueſſe Pein.
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2. Anna.
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So bald gefreyt, So bald bereut.
IHr redet von der Sach, als wie ihr es verſtehet, Es ſcheint, die Jungferſchafft faellt euch zu tragen ſchwer, Und daß ihr wollt ein’n Mann, es geh’ euch wie es gehet, Meint ihr, daß aus der Eh’ ſey auch ein Widerkehr? Iſt dann das Eh’-Bett nur mit Roſen angefuellet?
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Ihr irret gar zu ſehr, an ſtatt der ſueſſen Luſt, Daran ihr Hoffnung macht, ſeyd ihr mit Leyd umhuellet, Habt nur Gedult, und hoert, weils euch noch unbewuſt, Was unſer Hertz verlangt, das pflegt man hoch zu ſchaetzen, Ob gleich der Werth ſehr ſchlecht. Und wenn man es beſitzt, Folgt je bey weitem nicht das ſueſſe Luſt= Ergoetzen, Wornach man ſich dennoch ſo ſehnlich hat geſpitzt. Bedenckt nur dieſes wohl, die Eh’ iſt eine Reuſe, Worinn man Fiſche faengt, und die, ſo drin= nen ſind, Die ſuchen draus zu ſeyn auf alle Art und Weiſe, Wiewol ſich ohn den Todt niemals der Aus= gang find. Nicht ſueſſers koennte wohl in euren Ohren klingen, Als wann man ſagen wuerd’: GOtt grueß euch Jungfer Braut! Ein Schießling, welchen man nur ſah vor Freuden ſpringen, Wann er kaum iſt vermehlt, bald hintern Ohren grau’t.
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3. Phillis.
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Ungleiche Angeſichter machen Freude.
MEin, Anna, redt nicht ſo, es ſind nur lau= ter Grillen, Der iſt mein Freund, ſo mir nur was von Freyen ſagt; Wo iſt ein junges Menſch, die, daß ſie ihren Willen Nicht gab zur fueſſen Eh’, hernach nicht hat beklagt. Die Laſt der Jungferſchafft wird mir zu ſchwer zu tragen,
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Man hat auch nichts davon als lauter Unge= mach, Ich rede frey heraus, merckt nur, was ich will ſagen, Indem ich was geſeh’n, das dienet mir zur Sach. Ich wurd an einem Ort zur Garten-Luſt ge= betten, Da ſchwummen Enten ſtill ohn einiges Ge= ſchrey, Der Gaertner kam zu mir mit Hoefflichkeit ge= tretten, Denn fragt ich: ob die Zahl der Enten ei= nerley? Und ob kein Enterich in dieſem Teich zugegen? Nein, war die Antwort, und zugleich flog ei= ner her; So ſtill und ſtumm zuvor, ſo thaet ſich alles regen, Und wurde ein Geſchrey, als wann ein Kirch= weyh waer. Da fiel mir gleich in Sinn, ſo macht es meine Mutter; So bald der Vatter nur ein’ kleine Reiß tritt an. Sie melancholiſirt, beſtellt auch ſchlechtes Futter, So haengt ja unſer Freud nur einzig an dem Mann.
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4. Anna.
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Zwing deinen Brand, In keuſchen Band.
NIcht klaerer kanſt du dich an hellen Tage legen, Daß du den ſueſſen Stand der reinen Freyheit kraenckſt, Doch weil du ja in dir ſpuehrſt ein ſo ſtarck’s Bewegen, Waer noethig, daß du dich vorhero wohl be= denckſt,
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Und deiner Kaelber-Lieb nicht leiſteſt ihren Willen, Vielmehr der Jugend-Luſt bezaehmteſt mit Verſtand; Gleichwie ein Kuefer thut, wann er das Vaß will fuellen. Mit Flammen-Hitz, ſo haelt er ſeine Glut in Band. Gib deine Meynung vor der Mutter zu er= kennen, Die wirds mit gutem Grund dem Vatter zei= gen an; Find’t er es dann vor gut, dich eine Frau zu nennen, Wird ſeine Vatters-Treu ſchon ſorgen vor den Mann, Der dich und dein Geſind wird wohl verſor= gen koennen. Dann dein Verſtand erreicht. allein ja nicht das Ziel, Vielmehr wirſt du ſchlecht-hin in das Ver= derben rennen, Drum traue dir allein, mein Phillis, nicht zu viel.
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5. Phillis.
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Man kans verſtehn obs gleich nicht ſchlaegt, Wann ſich das Uhrwerck nur bewegt.
ES kan nichts wenigers, als dieſer Rath beſtehen, Dann wo noch Scham und Ehr ein reine Jungfrau hegt, Wird man die Roethe gleich an ihren Wan= gen ſehen, Wenn jemand von der Eh’ die Lippen nur bewegt.
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Wer iſt dann wohl ſo keck der Mutter es zu ſagen? Wir Jungfern ſind hierinn den Uhren nah verwandt, Die durfften eden nicht ein’ jede Stunde ſchlagen, Der Zeiger macht es ſchon, wie viel es iſt, bekannt. Wann dreymal ſechs der Jahr nunmehr ſind hingeleget, Und daß der Mutter Rock uns nicht mehr iſt zu lang, So denck der Vatter nur, daß ſich in uns was reget, Sagt man gleich nichts davon, merckt maus doch an den Gang, Ja aller Schmuck, den wir an unſerm Leibe tragen, Die geben zu verſteh’n, warum man ſich ſo ſtutzt. Indeſſen duerffen wir, wo es uns fehlt, nicht ſagen, Und thaete man es gleich, ſeh’ doch nicht was es nutzt.
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6. Phillis.
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Es muß verſetzet werden In eine and’re Erden.
DRum wollen Eltern nicht groß Ungemach erleben, So laſſen ſie nur nicht die Zeichen aus der acht; Ein Gaertner, wann er ſieht, daß eine harte Reben Schon ſelbſten in der Erd viel Wurtzeln hat gemacht,
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Die junge Reb geſchwind der alten abzu= ſtutzen, Und giebt zu mehrer Krafft ihr ſelbſt ein eig= nes Land. Ach! dieſes waer mein Wunſch, wann mei= ne Eltern haetten So klueglichen Verſtand, und machtens ſo mit mir, Daß ich ſelbander mir auch einmahl koennte betten, Nach dieſer Lebens-Art ſteht eintzig mein Begier, Dann koennt auf meinen Schooß ich liebe Kinder ſetzen, Und meine reiffe Bruſt gaeb Milch genug zur Speiß; Wird man mich aber nicht auf ſolche Art ergoetzen, So fang ichs an gewıß auf eine and’re Weiß, Und folge deſſen Rath, ſo neulich mir gege= ben, Ich ſoll mir ſelbſten was zu lieben auserſehn, Man koennte nicht darum mit mir Proceß anheben, Und endlich koennt es doch mit allem Recht beſtehn.
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7. Anna.
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Rath nach der That, Kommt viel zu ſpath.
DEn erſten Vorſatz koennt man noch ſo gel= ten laſſen, Der letzte aber ſteht auf einer ſchwachen (Buehn, Die Hertzens-Meynung willt du nicht in Worten faſſen, Nun aber wirſt du ja auf einmal gar zu kuehn. Du irreſt aber ſehr, die Eltern mueſſen waehlen, Und trachten was dir nutzt, du aber ſelbſten nicht,
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Weil deiner Jugend Luſt hierinnen ſehr kan fehlen, So folg der Eltern Rath und deiner Freund Bericht, Dann nach der That den Rath erſt von den Freunden holen, Iſt viel zu ſpath; diß zeigt gewiß der Wall= fiſch-Fang, Haett’ er ſich aus dem Weg, wie man ſonſt ſagt, geſtohlen, Eh’ ihm der ſtarcke Pfeil in ſeinen Rucken drang; Allein, er wagt es auch, nachgehends will er fliehen, Wann ſeine Todes-Quaal ihn ſchon ergrif= fen hat, So muß der groſſe Fiſch an Strand ſich laſ= ſen ziehen, Haett’ er ſich vor gehuet’t, kaem Reue nicht zu ſpat.
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8. Anna.
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Sich wollen uebereylen, Bringt oeffters nur Verweilen.
DIe Heurath-Sucht, ſcheint wol, iſt je ein groß Gebrechen, Es gehe wie es will, ſie leidet kein Verzug, Man haſſet den, der da vernuenfftig zu will ſprechen, Und ſtecket in dem Wahn, ob treibe man Betrug, Da eine Jungfrau doch behafft mit dieſem Fieber,
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Sehr wohl bedencken ſollt, daß ſie ſich ſelbſt betruegt; Dann welchen Apffel hat man, ſaget mir doch, lieber, Den man ſelbſt reiſſt vom Baum, als der zu Fueſſen liegt, Du, oder der, ſo dich zu lieben war entſchloſ= ſen, Wird durch ein hurtigs Ja offt zu der Reu bewegt, Indem ihr dencken mueſt, ihr habt ein Fehl geſchoſſen; Drum beſſer iſts, daß man die Sach wohl ueberlegt, Ein Braten, der am Spieß wird hurtig um= gedrehet, Liegt eher in der Aſch, als daß er fertig wird, Und ſolcher Koch der iſt ja werth, daß man ihn ſchmaehet, Weil er durchs Eylen ſich ſehr groeblich hat geirrt. Willt du ein gutes End in deiner Buhlſchafft wiſſen, So eyle doch nur nicht, weil der Verzug er= (goetzt, Im Lauffen ſchnell zu ſeyn iſt jeder zwar be= fliſſen, Ein kleiner Stolp’rer machts, daß der offt wird der Letzt.
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9. Anna.
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Ein angebothener Dienſt iſt un= werth.
MEin Phillis, mercke diß, und laſſe dich be= richten, Man faengt die Voegel nicht in angelegter Schling, Als nur wann ſie ſich ſperrn, und ſonſten je mit nichten; Und dieſe Lehre acht’, ich bitte, nicht gering, Der Vogel muß nur ſeyn die Urſach von dem Fangen, Die Schlinge ziehet ſich ja von ſich ſelbſt nicht zu,
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Traegt jemand dann zu dir ein ſonders groß Verlangen, Sey du nur immer ſtill, und halte dich in Ruh. Die Liebe fraget nicht nach angebott’nen Sa= chen, Was ſie durch Mueh erlangt, das haelt ſie lieb und werth, Ein vorgeworffner Wurm kan Fiſche flie= hend machen, Der ſtill am Angel haengt, wird mit Begierd verzehrt, Ein Jaeger wird nicht leicht das Wild zur Er= den faellen, So ihm von ſelbſten kommt geloffen in die (Hand, Das iſt ihm eine Luſt, wenn er kan Netze ſtelle ̅ , Ohn dieſes haelt ers auch vor bloſſen Kinder= Tand. Was Liebe durch viel Mueh’, ihr kan zuwege bringen, Iſt ihr mehr angenehm, als was ſich ſelbſt (einſtellt, Soll es dir in der Eh’, mein Phillis, wohl gelingen, So laß dein Wille ſeyn, was mir ſehr wohl (gefaellt, Das iſt, du ſollt dich nicht ſo leicht bewegen laſſen, Dann wo die Liebe nicht hat Feuer, Pfeil (und Pein, So kan ich ja mit Recht auch dieſen Schluß wohl faſſen, Daß Liebe auch alsdann nicht rechte Lieb’ kan (ſeyn.
|| [40]

10. Phillis.
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Verſaumte Zeit, Wird ſehr bereit.
DEr Vortrag duencket mich von rechter Bahn zu weichen, Und ſage rund heraus, es gehet mir nicht ein, Ich wurd’ auf ſolche Art mein Ziel auch nicht erreichen, Wann ich ſagt gerne ja, ſoll dennoch ſagen nein, Man muß den Mund aufthun, um einen gu= ten Biſſen, Sonſt moecht’ ein anderer denſelben ſchnap= pen weg,
|| [41]
Und durch mein Wegern mueſſt ich, was mir lieb iſt mueſſen, Du machſt ein Maengel-Muß und wunder= lichs Geheck, Die Stunde, ſo vorbey, kan nicht zuruecke keh= (ren, Im Buhlen muß man auch verſaumen keine Zeit; Diß kan ich aus der Art des klugen Fiſch= (Weyh lehren, Der haelt ſich zu dem Fang, wanns Zeit iſt, wohl bereit, So bald der Fiſch ſich nur aufs Waſſer bloß (begiebet, Und ſpiehlet auf der Fluth, ſchießt er Pfeil= ſchnell daher, Ja wann er es auch nur ein Augenblick auf= (ſchiebet, Entgieng ihm dieſe Beut, und blieb der Ma= gen leer, Die Mutter von dem Glueck pflegt man ja ſonſt zu nennen, Nimm deine Zeit in Acht, eh’ daß ſie ſtreicht (vorbey, Und dieſes, wie es ſcheint, willt du mir nicht vergoennen, Ja haeltſt mich faſt davor, als ob ich thoericht (ſey, Da ich doch oft gehoert, wer etwas ausge= ſchlagen, Haetts oeffters gern gehabt, da es doch ſchon zu (ſpat; Drum wann ich es ſo mach’t, durfft ich mich auch beklagen, Mein Anna, noch gefaellt mir dißmal nicht der Rath.
|| [42]

11. Phillis.
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Kaems, ich naehms.
SOnſt moecht es eben mir, wie jener Jung= frau gehen, Die du und ich ſehr wohl, mein Anna, ja ge= (kannt, Von Jahren etwas alt, doch lieblich anzuſehen Die hat mir klar gebeicht, wie es mit uns be= wandt. Wann Roſen auf dem Stock in ihrer erſten Bluethe, Mit ihren Purpur-Roth aufs ſchoenſte ſind geziert, Wer ſie dann pfluecken will, hat Noth, daß er ſich huete,
|| [43]
Sonſt er der Doerner-Stich wohl recht em= pfindlich ſpuehrt, So hab ichs auch gemacht, wer mich nur wolt beruehren, Den kratzt und zwickte ich, daß er es wohl em= pfand, Es war mir auch nicht recht, nur bey der Hand zu fuehren, Und darum ſteht es auch mit mir in ſchlech= tem Stand, Da ich den ſtoltzen Sinn muß wohl empfin= dend bueſſen, Weil ich von jedermann anjetzt verachtet bin, So daß ich als verwelckt, getretten werd’ mit Fueſſen, Weil durch der Jahre Meng die Schoenheit geht dahin. Diß aber will ich nicht an mir erleben laſſen, Ich nehme an was kommt, und wanns ein Wittwer iſt, Ein alt geruntzelt Fell das muß ein jeder haſ= ſen, Vernehmen will ich nun, wie du geſinnet biſt.
|| [44]

12. Anna.
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Solls wohl gelingen, Muß man es zwingen.
DAß du diß recht verſtehſt, ſo laſſe dich be= richten, Und nimm vor allem doch die Regel wohl in acht, Das Gleichnuß von dem Weib gehoert hieher mit nichten, So du zu deinem Satz anjetzo vorgebracht; Drum ſtell es an die Seit, du ſelbſt muſt nicht zugreiffen, Dann dieſe Freyheit ſteht den Jungfern gar nicht an,
|| [45]
Wir ſind kein Fincken-Schling, ſo ſich zu= zieht durch Schleuffen, Auf ſolche Weiſe kommt man nicht recht an den Mann, So, wie man Schnepffen faengt, das ließ ich noch geſchehen, Daſſelbe Netz hangt ſtill, und fangt den Vo= gel doch, Indem er ſich verwirrt, daß er nicht kan ent= gehen; Auf ſolche Art geraeth ein mancher noch ins Joch, Den Willen will ich dir hiemit zwar nicht benchmen, Daß du zu rechter Zeit das Jawort geben ſollt, Doch muſt du die Begierd mit aller Macht bezaehmen, Diß waer es, was ich gern an dir erleben wollt.
|| [46]

13. Anna.
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Des Feuers Schein, Bringts Schiff wohl ein.
DAs Feur ſteht immer ſtill, das Schiff nur muß ſich lencken, Wo es den Schein erblickt, daſelbſt iſt Si= cherheit, Diß geb ich, Phillis, dir zur Nachricht zu be= dencken, Daß du von keuſcher Bahn dich nicht verirr’ſt zu weit,
|| [47]
Laß nur den Tugend-Glantz in deinem We= ſen ſpuehren, Laß ſehen, daß du biſt ein helles Tugend-Licht, Du darffſt dich eben nicht wie eine Nonn auf= fuehren, Mein liebſte Fre??? diß begehr ich nicht von dir, In Kleidern darffſt du dich wohl nett und reinlich halten, Nur meide allen Pracht, ſo keuſche Augen kraenckt: Du darffſt auch deine Stirn nicht eben zieh’n in Falten: Ein lieblichs Angeſicht macht, daß man dein gedenckt, Das Buhlen muſt du auch, mein Phillis, un= terlaſſen, Und warten biß man dich ſelbſt zu der Eh’ begehrt. Wirſt du dann dieſe Lehr und Unterrichtung faſſen, So biſt vor aller Welt auch lob-und liebens werth.
|| [48]

14. Phillis.
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Wanns nicht geht wie ich will, So ſitz und halt mich ſtill.
WEil deiner Meynung nach es dann nicht kan beſtehen, Und auch nicht rathſam iſt, daß wir uns bie= then an, So iſt es auch erlaubt, und kan gar wohl ge= ſchehen, Daß ſolchs der Vater thut, und hilffet uns zum Mann, Doch moecht mit gutem Grund die Urſach wol vernehmen,
|| [49]
Und daß ein Jung-Geſell ſich deſſen nicht darff ſchaemen, Da doch das Widerſpiel offt dennoch iſt ge= (ſcheh’n, Daß Jungfern, die man ſonſt wohl haette ſitzen laſſen, In hoechſt-vergnuegter Eh’ ihr Leben zuge= (bracht, Weil mancher bloeder Gaſt die Freyheit nicht darff faſſen, Daß er die Speiſe nimmt, biß man ihm gibt die Macht. Man durfft ſich endlich auch nicht klar am Tage legen, Es koente ja geſcheh’n durch eine dritte Hand, Kaem es zum Entzweck nicht und bliebe unter= wegen, Haett’ eine Jungfer doch davon kein Spott noch Schand, Man machs auf ſolche Art, als wollt man Voegel fangen, Der Vogler ſetzet ſich verdeckt im gruenen Laub Stimmt ſeine Lock-Pfeiff an, und wartet mit Verlangen, Biß ihm ſein Netz gefuellt mit angenehmen (Raub. Geſchicht das Widerſpiel und will hier nicht gelingen, Und daß es ſo nicht geht, wie er es haben will, Weil er doch nur mit Liſt ſie muß ins Netze bringen, Haelt er indeſſen ſich bey ſeinem Unmuth ſtill.
|| [50]

15. Anna.
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Eh ihr trett die Reiſe an, Forſcht ob ſicher ſey die Bahn.
DAß man das Jungfern-Volck wie gleich= ſam feil foll tragen, Iſt je, wie mich bedunckt, ein gar zu ſihwere (Sach, Und kommt gar leicht dahin, daß man ſich muß beklagen, Drum bitt ich, Phillis, thu in dieſem Stuck gemach, Die Rechnung ſo du machſt, es ſolls niemand erfahren,
|| [51]
Iſt ſchlechter Dings nicht wohl zu glauben, daß geſchicht, Die Welt iſt gar zu ſchlimm, und aerger als vor Jahren, Biß auf die Kinder zu iſt alles abgericht, So heimlich als du auch die Sache wirſt an= ſtellen, Kan es verrathen ſeyn, und das geſchicht gar leicht, Und wann man ueber dich wird vor ein Urtheil (faellen, Iſt, daß es dir zum Spott und hoechſten Schmach gereicht, Drum folge meinem Rath erforſche ſein Ge= (muethe, Mit dem du in die Eh’ zu tretten biſt geſinnt; Find’ſt du nicht Gegen-Lieb, beyleibe ja dich huete, Wo man nicht ſagen ſollt die Phillis liebte (blind. Der Fuchs nach ſeiner Art iſt hierinn klug und weiſe, Wan ̅ er im Winter will ein Reiſe nehmen vor, Und daß er gehen ſoll ob dem gefrornen Eiſe, Legt er ſehr wohl bedacht auf ſelbes erſt das Ohr, Und pfleget eine Weil aus Vorſicht wohl zu lauſchen, Befindet er ſodann die Bruecke noch ſo duenn, Und daß er von dem Fluß das Waſſer hoeret rauſchen, So aendert er den Weg, und geht wo anders hin.
|| [52]

16. Anna.
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Zu viel erſtickt, Das ſonſt erquickt.
SEhr noethig iſt es auch, daß ich dich un= terrichte, Wie in der Kleider-Tracht du dich auffueh= ren ſollt, Und dencke nicht dabey, daß ich etwas erdichte, Wer nett und ſauber geht, demſelben iſt man hold. Weg mit der faulen Art, die ſich nicht moegen putzen, Und wie ein Vieh-Magd ſich laeſt auf der Gaſſen ſeh’n,
|| [53]
Doch ſage auch dabey, es wird dir wenig nu= tzen, Wann du mit Gold geziert, wirſt praechtig einher geh’n. Du irreſt, wann du meinſt, die Kleider ſollen machen, Daß darum die Perſon ſoll werther ſeyn ge= acht, Man wird dir nur zum Spott ob deinem Hochmuth lachen, Und ſagen, was hat doch das Menſch aus ſich gemacht. Des Salamanders-Krafft wird durch der Sonnen-Hitze, Wann ſie zu helle ſcheint, je mehr und mehr verzehrt, Es iſt des Oels zu viel, der Ampel auch kein nuetze, Dann ihr ſonſt helles Liecht wird nur in Rauch verkehrt, Glaub daß die Liebe offt wird durch den Pracht vertrieben, Dann mancher Juengling denckt, die Liebe iſt zu theu’r, Ich kenn auch viel, ſo ſind durch ſtoltz-ſeyn ſitzen blieben, Indem man ſie geſcheut, als wie ein Unge= heu’r.
|| [54]

17. Anna.
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Wann die Jungfrau gar zu nett, Sagt die Frau offt, wann ichs haett.
DU wirſt es ſelbſten nun aus meinen Re= den ſpuehren, Daß groſſer Kleider-Pracht ſehr ſchlechten Vortheil bringt, Wann man mit Pomp und Pracht ſich will zu hoch auffuehren, Daß man das Lied zuletzt auf ein Lami aus= (ſingt. Ich hoerte dieſer Tag ein ſchoenes Gleichnuß geben,
|| [55]
Von einem Pfirſing-Baum und deſſen ſchoe= ner Blueh, Es ſchickte ſich auf uns, mein Phillis, ſo gar eben, Daß ich dergleichen noch mein Tag gehoeret nie, In ſeiner Blueth ſey er der Schoenſte| unter allen, Doch wann dieſelb vorbey, ſey nichts ſo un= geſtallt, So kleiden Jungfern ſich den Man ̅ s-Volck zu gefallen, Und wann ſie Weiber ſind, liegt alles aus der Falt. Laßt doch die Unart nicht, ihr Jungfern an euch ſpuehren, Daß ihr den Spiegel mehr, als Spindel nehmt zur Hand, Wollt ihr mit eurem Mann ein klugen Hauß= Stand fuehren, So bringt die Jugend zu nicht mit ſo eitlem Tand.
|| [56]

18. Anna.
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Was ſonſt ausloeſchet Gluth und Hitz, Es hier erregt; mercks, haſt du Witz.
WAnn es nun ſollte recht nach meinem Sinne gehen, So mueſte aller Pracht der Tugend ſeyn ver= (ſagt, Auf daß der Braeutigam noch koente Mangel ſehen, Sonſt was er ſchenckt und gibt, der Braut gantz nicht behagt, Warum! weil Uberfluß ſchon da in allen Sa= (chen,
|| [57]
So iſt kein Ehr noch Danck, auch was man ſchenckt und giebt, Diß kan nun anders nichts als Leyd und Un= muth machen, Was ſonſt den Mann erfreut, das macht ihn nur betruebt, Wanns endlich dahin kommt, daß man von dir begehret, Der Liebe Gegen-Gunſt, ſo ſey nicht gar zu (weich, Nur mit Beſcheidenheit ein wenig ſich geſper= ret, Und gieb bey leibe nicht von dir das Jawort (gleich, Es wird dein kuehler Sinn in ihm die Lieb’ er= wecken, Ein kuehles Waſſer kan erregen Hitz und (Brand, Und diß Geheimnuß kan die Liebe dir entdeken, Vertraue meinem Wort, es iſt kein Kinder= Tand, Merck ferner, wann die Sonn ein zeitlang nicht geſchienen, Und daß ihr ſchoener Glantz die Augen nicht (ergoetzt, Auch man ſich ihres Liechts ein Weil nicht konnt bedienen, Wann ſie nun bricht hervor, wie hoch man ſelbe ſchaetzt, Mach du es auch alſo mit deinem Gunſt-Be= zeugen, So wird der, der dich liebt, zwar etwas trau= (rig ſeyn, Wann du dann deine Gunſt zu ihm wirſt wie= der neigen, So kehrt bey ihm die Freud gewißlich dop= (pelt ein.
|| [58]

19. Anna.
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Der Geliebten Zanck und Streit, Foerdert zur Beſtaendigkeit.
SOllt etwa auch ein Streit ſich unter euch erheben, Daß durch ein Mißverſtand die Liebe wuerd’ verſtoehrt, Das hat kein Noth, es wird ſich doch bald wieder geben, Es iſt der Liebe Art, daß ſie bald wiederkehrt, Und wann der Strauß vorbey, vermehret ſich die Liebe, Sie ſpuehret den Verluſt; den ſie dadurch empfandt,
|| [59]
Kein Urſach iſt nun da, daß man ſich drob betruebe, Sey nur ſo kındiſch nicht, und alber am Ver= (ſtand, Wer einen Meiſter-Sprung wie etwa junge Knaben, In Willens iſt zu thun, der geht vor hinter (ſich, Daß er mit mehrer Krafft kan ſpringen uebern Graben, Mein, Phillis, mach es ſo und trau mir ſicher= (lich, Merck ferner, wann ein Schuetz den Bogen hoch will ſpannen, Iſt noth, daß man die Senn zuvor herunter (ruck, Es flieget auch der Pfeil mit mehrer Krafft von dannen, Weil in dem Abzug liegt der groeſſeſte Nachdruck. Ja wann ein Schloſſer will die Gluth noch mehr erhitzen, Und daß der Flammen Krafft das Eiſen ſchweiſ= (ſen ſoll, Muß er ein gutes Theil vom Waſſer darein ſpruetzen, So gehts, wie ers verlangt, nach Wunſch und (Willen wohl, Der Weinſtock, wann er wird von Wintzer wohl beſchnitten, Hat dieſen Nutz darvon, daß er mehr Fruechte (traegt, Laß dich um einen Kuß und Gegen-Liebe bitten, Ob gleich dein Slnn und Will nicht ſolche Mei= nung haegt, Stell dich bißweilen an als ob du unzufrieden, Beſtraffe deinen Schatz, hat ers gleich nicht ver= dient, Haelt er dich lieb und werth, ſo wird er nicht er= (mueden, Und machen, daß du wirſt bald wiederum ver= ſuehnt.
|| [60]

20. Phillis.
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Das Liecht zu harte putzen, Was bringet es vor Nutzen?
Es wuerd auch eben uns auf ſolche Art erge= hen, Wann dein gegebner Rath genommen wird (in acht, Eh wollt’ ich meinen Schatz um ſeine Gunſt anflehen, Als daß ich mit ihm ſo verfuehre unbedacht, Wer noch ein warmes Blut in ſeinen Adern haegte, Dem wuerde ja die Schmach ſehr tieff zu Her= tzen gehn, Wan ̅ ich ihm eine Schuld, doch ohne Schuld (auflegte, Was meineſt du wie lang wird unſer Reich beſtehn,
|| [61]
Wann ich nach deinem Rath die Liebe ſollt tractiren, Es kommt mir eben vor, ob macht mir einer (weiß, Wann zu der Winters-Zeit die Waſſer hart gefrieren, Daß eine Feuers-Flamm entſtehe aus dem (Eiß, Und daß die Liebe ſollt aus Zanck und Streit entſtehen, Hat jemals dein Verſtand, mein Anna, grob (geirrt, So wiſſe, daß es jetzt in voller Maaß geſchehen, Auch dieſe Lebens-Art mir nie gefallen wird. Es muß das Venus-Kind nur auferzogen werden Durch ſueſſe Freundlichkeit und angenehme Art, Es fliehet alle Laſt und was ihm macht Beſchwer= den, Es iſt der kleine Schelm Cupido viel zu zart, Daß er auf ſolche Art ſich koent abſpeiſen laſſen, Er iſt zu weich von Haut, darzu gantz nack’t und bloß, Man muß ihn nur gantz ſanfft, als wie mit Fin= (gern faſſen, Und ſetzen ihn zur Ruh auf unſern weichen Schoos Sein Heimat iſt ein Land, wo nichts dann Roſen ſtehen, Zwar haelt er in der Hand ein helles Fackel-Licht, Doch nicht von ſolcher Art, daß es nicht koent ver= gehen, Diß eben iſt was fehlt, und was daran gebricht, Drum iſt der Rath nicht gut, den du mir erſt ge= geben, Nur mit Beſcheidenheit muß ſeyn ein Licht ge= (putzt, Auf ſolche Art moecht ich das buhlen nicht anheben, Weil ich nicht ſehen kan was ſolche Strengheit nutzt.
|| [62]

21. Anna.
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Iſt nicht einmal zu frieden, Mit dem was ihm beſchieden.
LAß nur den, der dich liebt, in allem ſeinen Willen, So wirſt du Wunder ſehn, was artige Ge= (ſchick, Nach ſeiner blinden Lieb an dir er wird erfuelle ̅ , Goenn ihm nur allezeit die angenehmſte Blick. Zu Beyhuelff giebet man den Erbſen lange Stangen, Daß ſie auf naſſen Grund nicht liegen unter= druckt,
|| [63]
Wann ſie im Wachſen nun, die hoechſte Spitz erlangen, So machen ſie vor ſich noch Rollen in der Lufft. Laeſt man den Liebſten nun nach eignem Wil= (len leben, Was wird der ſtoltze Gaſt nicht alles fangen an? Schau nur, was er zuletzt noch mit dir wird anheben, Wann er nach ſeiner Luſt nichts mehr erhal= (ten kan, Er wird die groſſe Gunſt, ſo er von dir ge= noffen, Erzehlen hier und dar, wiewohl zur eignen Schand, Er fraget nichts darnach, ob es dich gleich verdroſſen, Indeſſen wird es doch bey jedermann bekannt. Es iſt der Jugend Art nunmehro ſo beſchaffe ̅ , Was ſie alleine weiß, das freuet ſie gar nicht, Wo ſie nur kommen hin, da geht es an ein Klaffen, Das hab ich da und dort bey dieſer ausgericht, Willt du, mein Phillis, nun, dein Ehre gerne retten, So ſpahr den ſueſſen Moſt, ſchenck lieber ſau= (ren Wein, Ich will mit dir gewiß um etwas Groſſes wetten, Daß es zu deinem Ruhm wird ſehr zutraeglich ſe???.
|| [64]

22. Phillis.
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Schwoert dein Geliebter Eyd auf Eyd, Es iſt nur Wind, mein, ſey geſcheid.
WAs du mir jetzt geſagt, laß ſeyn, daß es ge= ſchehen, Ob jemand ſich geruehmt, er habe Kuß um Kuß, Und wie es etwan pflegt, in Liebe herzugehen, So ſorg ich darum nicht, das mirs auch zum Verdruß Von jemand, der mich liebt, auch mueſte wie= derfahren,
|| [65]
Ich bin ſein Seel und Hertz, beherrſche ſei= nen Sinn, Drum kan ich meine Gunſt ſo gar an ihm nicht ſpahren.

Anna.
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O Einfalt, Phillis, ach, mein Kind, wo denckſt du hin? Die Junggeſellen ſeyn, gar fueglich zu verglei= (chen Mit einem weichen Schilff, und ſchwach ge= wachſ’nen Rohr, Das kan nach ſeiner Art dem Winde braf ausweichen, So bald er hoeret auf, hebt es ſich auch empor. So lang die Biene noch den Stachel bey ſich fuehret, So fliegt ſie froelich hin durch Gaerten, Blu= men, Feld, Doch aber wann ſie ihn durch einen Stich verliehret, Iſt ihre erſte Luſt und Krafft ſehr ſchlecht be= ſtellt. Hat nur die Jungfrau Braut ſich erſt ins Schiff geſetzet, Und faehret auf dem Meer der Wolluſt-Wel= len hin, Und daß der Braeutigam nach Willen ſich ergoetzet; Hoert offt die Freundſchafft auf und aendert ſich der Sinn.
|| [66]

23. Anna.
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Soll ſich der Laſter Schleim verzeh= ren, So ſtreuet aus das Saltz der Ehren.
DOch dieſem Ungemach kanſt du gar leicht entgehen, Wann etwa einer will bezeugen ſich zu kuehn. Zu allen was er thut, darfſt du nur ſauer ſehen, Und gieb ihm da bey Leib nicht eine ſueſſe Mien. Dann die alſo geſinnt, die laſſen ſich nichts wehren, Es ſey dann, daß man ſie mit rechtem Eyffer ſchilt:
|| [67]
Wiewohl auch viel zu keck, die ſich daran nicht kehren, Und achten es ſo viel als wie ein ſteinern Bild. Die Schnecke wo ſie kriecht, wird man den Schleim auch ſpuehren, Beſtreut man ſie mit Saltz, verſchmiltzet ſie, wie Eiß, Wirſt du nun mit Verſtand geſaltzne Reden fuehren, So retteſt du die Ehr, und machſt den Tho= ren weiß.

Phillis.
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Ich weiß ein’n beſſern Rath, und der gefaellt mir eben, Der mich befreyen kan von dieſem ueblen Stand, Man darff ſich nur fein bald in ſueſſe Eh’ bege= ben, Diß iſt die Artzeney vor der beſorgten Schand. Ihr Jungfern folget mir, die ihr in Sorgen ſtehet, Daß durch ein falſch Geruecht Noth leide eure Ehr, Und wann der Haß und Neid euch auf dem Fuß nachgehet, Nehmt baeldiſt einen Mann, diß iſt die beſte (Lehr.
|| [68]

24. Anna.
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Wer allzuſchnell und leicht mit unbe= dachtem Rath, Sich etwas unternimmt, dem kom ̅ t die Reu zu ſpath.
NUr nicht zu ſehr geeilt, man geht da nicht zum Reyhen, Es g’hoeret mehr zum Tantz, als ein paar neue Schuh, Soll dich der lange Kauff, mein Phillis, nicht reuen, So hoere dißmal nur mit ſtiller Andacht zu:
|| [69]
Wann eine heiſſe Speiß wird auf den Tiſch geſetzet, Und eh man die verſucht, wollt fahren gleich zum Mund, Wie bald iſt es geſcheh’n, daß man die Zung (verletzet. Merck’ ferner, was ich dir noch ſetzen will zum Grund, Dem Kranich ſtellt man nach auf ſondre Art (und Weiſe, Scharnuetzel von Pappier mit dicken Leim be= ſchmiert, In ſelbe wird geſtellt des Vogels ſeine Speiſe, An ſtatt daß er die nun zu ſeinem Raub weg= fuehrt, Wird ihm der Kopff bedeckt von der Papier= (nen Hauben, Da ſteht er dann verblendt, weiß nicht wo aus noch ein, Biß daß der Vogler kommt, das Leben ihn zu (rauben, Mein Phillis, laß dir diß ein gutes Vorbild ſeyn. Daß du zur Heyrath nicht mit ſchnellen Fueſ= ſen renneſt, Laß lieber deine Schuh beſchlagen ſeyn mit (Bley, Und ſchreite langſam fort, biß du den wohl er= kenneſt, Den du erwaehlen willt, daß er dein eigen ſey. Die Jugend iſt ſehr falſch, auf alle Raenck ge= ſchliffen, Drum nimm dich wohl in acht, und pruef den, (der dich liebt, Hat er auf ſeiner Pfeiff dir lieblich vorgepfiffe ̅ , Kans feyn, daß er hernach dich deſto mehr be= truebt.
|| [70]

25. Anna.
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Wirſt du den Buhler hoeren, So wird er dich bethoeren.
WAnn du nun wirſt gewahr, daß jemand dich will lieben, Der deiner doch nicht werth, ſo goenne ihm kein Ohr, Denck nicht, ich will den Schoeps zum Spaß ein wenig ſieben, Er pfeiff ſo ſueß er will, er treibt mich nicht zum Chor, So bald du diß gedenckſt, hat er ſchon halb gewonnen,
|| [71]
Und du biſt nicht mehr frey, vielmehr dem Netz ſchon nah, Dem Kluegeren dann du, iſt offt ein Witz ent= ronnen, Da ſie gemeynet nein, dannoch geſaget ja; Wirſt du nur ſtille ſtehn, und ſeine Wort an= hoeren, Was er nur lieblichs weiß, das bringt er an den Tag, Offt nur durch einen Kuß ließ man ſich ja be= thoeren, Ein angenehms Geſchwaetz, in Warheit viel vermag, Wann eine Wachtel erſt ihr Ohr dem Waechtler goennet, So iſt ſie ſchon ſo viel als in dem Netz ver= ſtrickt, Wann ein Caſtell und Stadt, vom Feinde iſt berennet, Und daß man zum Accord ſich allgemachs an= ſchickt, Wird bald der Friede gar in kurtzer Zeit ge= ſchloſſen. Und ſo gehts auch mit uns, hoert man den Freyer an, So wird der ſueſſe Pfeil in unſer Hertz ge= ſchoſſen, Daß man ſich, wie gemeint, nicht mehr loß wicklen kan.
|| [72]

26. Phillis.
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Die Wunde, ſo der Kuß mir gab, Die heil ich mit dem Wiſchen ab.
ICh mueſt’ nach ſolchem Rath mit keinem Junggeſellen Auf einig Art und Weiß gar nicht zur Spra= che ſteh’n, Was wuerden ſie von uns doch vor ein Ur= theil faellen, Die will gewißlich auch bald in ein Cloſter (geh’n? Mein, Anna, dieſer Rath beduenckt mich gar zu ſtrenge,
|| [73]
Ein Schwaetzer oder zwey zu meinem Zeit= Vertreib, Die hab ich mir erwaehlt, du fuehrſt mich ins Gedraenge, Der Pantzer iſt zu hart vor meinen zarten Leib, Wann ich bißweilen ſchertz und einen Kuß verdiene, Dabey iſt kein Verluſt, und kraenckt die Ehre nicht; So wenig eine Blum verletzt wird von der Biene, Draus ſie den Honig ſaugt, noch minder mir geſchicht, Was ich nun ohn Verluſt mit Liebe kan ver= ſchencken, Dieweil man mich ſo fort mit gleicher Muentz bezahlt, Wer dieſe Lebens-Art mir etwan will ver= dencken, Der thut ſo viel, als der mit Kohl im Kuemmich mahlt.
|| [74]

27. Anna.
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Du biſt von gar zu leichter Art, Bedenck doch wie die Ehr ſo zart.
ES iſt zu viel gewagt, die Zeit ſo zu ver= treiben, Da man nur ſchertzt und rollt, und lauter Wolluſt uebt, Iſt dir die Ehre lieb, und willt ohn Tadel (bleiben, Iſt Noth, daß man ſich nicht an ſolchen Ort begiebt; Dann iſt was auf der Welt, das leichtlich zu verletzen,
|| [75]
So iſt es einmal ja der Jungfern ihre Ehr, Und dieſen Schaden kan man nimmermehr erſetzen, Bey Geld-und Gut-Verluſt iſt noch ein Wiederkehr. Man kan der Jungfern Ehr vergleichen mit der Trauben, Da noch das ſchoene Blau auf ihren Beeren ſchwebt, Wie leichtlich aber muß die Schoenheit von ihr weichen, Wann man nicht bey dem Stiehl ſie aus der Schueſſel hebt. Mein Phillis, deine Ehr kan gleichfalls Schaden leiden, Durch loß Geſchwaetz im Schertz, ſo jetzt die Jugend treibt. Wo Wolluſt nimmt den Sitz, da muß die Ehre ſcheiden, Da dann zuletzt die Reu, und ſonſt nichts uebrig bleibt. Wer dich in dieſer Sach was anders will be= richten, Iſt, als wann einer ſpraech, das Schwartze ſeye weiß, Dann er nimmt nicht in acht die wahren Tu= gend-Pflichten, Weil Ehr verſchmiltzt ſo leicht als waers ein duennes Eiß.
|| [76]

28. Anna.
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Wann weg iſt eine Schelffen, Iſt nicht wohl mehr zu helffen.
MAn muß ſich nicht allein nur vor dem Boeſen ſchaemen, Du muſt den boeſen Schein auch treiben von dir ab, Dann dieſer kan ſowol dir deine Ehre nehmen, Daß du die Schande traegſt biß in das kuehle Grab. Kan man nun erſtlich was von einer Jung= frau ſagen,
|| [77]
Daß ſie geh’ aus und ein an ein verdaechtig Ort, So wird man ihre Ehr ſchon in der Stadt feil tragen, Du haſt Schuld oder nicht, der gute Nam iſt fort. Merck, wann an einer Nuß erſt mangelt eine Schelffen, Such unter tauſenden, du findeſt keine nicht, Daß du ſie machteſt gantz, und alſo koenteſt helffen, Daß an der Gleichheit hie und da nicht was gebricht. Drum trag, mein Phillis, doch ein ſonder groß Bedencken, Daß ja kein boeß Geruecht von dir werd’ aus= gebracht; Der Neyd ſucht gar zu ſcharff dir deine Ehr zu kraencken, Die Ehren-Wunden ſind ſo leicht nicht heyl gemacht. Wirſt du nun meiner Lehr, die ich dir werde geben, Und wie es billich iſt, auch folgen in der That, So kan der blaſſe Neyd nichts wider dich an= heben, So merck’ dann fleiſſig auf, und folge mei= nem Rath.
|| [78]

29. Anna.
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Soll deine Ehr ſeyn ungekraenckt, Iſt Noth, daß deine Hand nichts ſchenckt.
VOrs erſte muß du nicht an jemand was verſchencken, Viel weniger daß du was wollteſt nehmen an, Ich gebe dieſes dir hierbey nur zu bedencken, So lang kein Troepfflein Fett wird ſpruetzen aus der Pfann, So lang daſſelbe ſtill, und allgemach zerflieſ= (ſet, So hat es keine Noth, das Schaden kan ge= ſcheh’n,
|| [79]
Wo nur ein wenig Schmaltz ſich aus der Pfannen gieſſet, Da wird ſodann gar leicht ein groſſer Brand entſteh’n. Wann eine Jungfrau ſich zum Geben erſt be= quemet, Die hat ſich auf den Weg zum fallen ſchon ge= macht, Und koemmt auch bald dahin, daß ſie ſich nicht mehr ſchaemet, Da ſie um ihre Ehr ſchon wuercklich iſt ge= bracht. Drum gieb bey leibe nichts hinweg von deinen Haenden. Wo anderſt deine Ehr nicht leiden ſoll Ge= fahr, Was du aus Liebe wirſt gantz heimlich ihme ſenden, Das ruehmt er ueberall, und macht es offenbar. Was ihm gereicht zum Ruhm, das bringet dir Bereuen, Drum Phillis richte dich nach meiner treuen Lehr, So wird es dir zum Nutz gewißlich angedeyen, Behalte deine Gaab, ſo retteſt du die Ehr.
|| [80]

30. Anna.
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Der Pfenning-Klang, Der ſtaerckſte Zwang.
NIchts weg zu ſchencken bringt je allzeit mehr Vergnuegen, Abſonderlich bey uns, die wir was geitzig ſind. Drum kan es ſich gar leicht durch eine Ein= nahm fuegen, Daß wir den Fall nicht ſehn, weil Gaben machen blind. Ich leſe mit Verdruß wie ſchon vor alten (Zeiten, Das edle Frauen-Volck wurd um die Ehr gebracht.
|| [81]
Weil ſie durch Gold und Geld ſich laſſen ſo verleiten, Daß ſie den Nutzen nur, und Schaden nicht bedacht. Der Klang des Geldes iſt von gar zu groſſen Kraefften, Es dringet durch die Wacht, auch durch ver= ſchloßne Thor; Ja wie man ſie beſchlieſſt, weiß es ſich anzu= hefften, In kurtzem, Gold und Geld dem gehet nichts bevor. Legt ins Queckſilber ein, und ſehet, wie ihrs troffen, Piauter, Kupffer, Moeß, iſt alles noch zu leicht, Dem Gold und Silber ſteht allein der Weg nur offen, Vor Eiſen, Zinn und Stahl es aus der Stell nicht weicht.
|| [82]

31. Anna.
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Nimſt du Geſchenck in deine Hand, So ſetzſt du ſchon die Ehr zum Pfand.
DArum laß kein Geſchenck, noch andre ho= he Gaben, Von jemand, der dich liebt, dir ſtecken in die Hand, Er will doch nur darvor von dir was beſſers haben, Das doch weit edler iſt, als Gold und Dia= mant. Die Auſter wird gar nicht von einem Krebs gefreſſen,
|| [83]
Wann ſie die Schelffen nur fein feſt beſchloſ= ſen hielt, Doch weil ſie kein Gefahr hierinnen kan er= (meſſen, Biß daß der Krebs mit ihr nach ſeinem Wil= len ſpielt, Indem er einen Stein wirfft in die offne (Schelffen, Und langt mit ſeiner Scheer heraus den ſueſſen Fiſch, Sie kan ſich vor Gewalt auf keine Weiſe helffen, Weil nunmehr fuer den Krebs bereits ein off= ner Tiſch. Ich koennts in einem Tag nicht zur Genueg er= zehlen, Was ein geſchenck vermag, wie viel es Scha= den bringt. Es greiffet unſrer Ehr recht feindlich nach der Kehlen, Und iſt ein ſolches Gifft, ſo uns zum ſchwei= gen zwingt. Der giebt, ſucht mit der Zeit zu thun nach ſei= nem Willen, Die nimmt, ſchweigt endlich ſtill, und laeßt es ſo geſcheh’n, Sie machet ſich darob auch nicht viel frembde Grillen, Indem ſie Macht und Liſt nicht mehr kan wi= derſteh’n.
|| [84]

32. Anna.
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Durch ſueſſes Schertzen, Reitzt man die Hertzen.
NOch faellt mir etwas bey, daß ich nicht kan verſchweigen, Darauf ein Jungfrau wohl zu ſehen Urſach (hat, Sie muß ſich nicht zu kuehn im Handgemeng erzeigen, Es kommt ihr ſonſt die Reu, glaub mir es, viel zu ſpat: Leg niemand was ins Bett, ſchertz nicht viel mit der Jugend,
|| [85]
Dann ſolche Tendeley hat viel ins Netz ge= bracht, Weil ſolche Freude nicht beſteht in wahrer Tugend, So gieb der Eitelkeit, mein Phillis, gute Nacht. Es kommt mir eben recht, was kuertzlich iſt geſchehen: Ein junges Maedgen gieng ſpatzieren in dem Graß, Da thaet ſie eine Blum vor allen ſich erſehen, Darauf ſaß eine Bien, da hatt’ ſie ihren Spaß, Sie hatte ſpielens Luſt, zu ſchertzen mit der Biene, Sie trieb es auch ſo lang, biß daß ſie wurd verletzt: Da ſchri’ ſie ueberlaut, mit einer ſauren Mine, Daß du ſo boeſe biſt, haett ich mir nicht ge= ſchaetzt, Dein Stachel hat mir jetzt ein harten Stich gegeben, Ich habe Luſt geſucht, das Gegentheil ge= ſchicht, Dieweil mein Jungfern-Fleiſch zu g’ſchwel= len will anheben. Hinfort! ſpiel wer da will, uns Jungfern dient es nicht.
|| [86]

33. Anna.
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Wer viel ſpatzieret auf der Gaſſen, Muß auch viel von ſich reden laſſen.
ES ſchicket ſich nicht wohl vor unſ’ren Stand und Ehren, Daß man auf freyer Straß ſich oeffters ſe= hen laeßt. Sehr noethig iſt es auch, du folgeſt meinen Lehren, Laß dich nicht finden offt auf Spiel-und Hochzeit-Feſt; Wirſt du dich auch fein offt ſpatzieren laſ= ſen fuehren,
|| [87]
Und mit dem, der dich fuehrt, dich machen auf die Seit, So wird man je an dir gar leicht was arges ſpuehren, Daß jemand deine Ehr erhaſcht wie eine Beut; Laß dich an offner Thuer und Fenſter nicht viel ſehen, Dann eine gute Waar wird wohl mit Fleiß verſperrt, Die Thiere, ſo im Graß auf fetter Weyde gehen, Sind dannoch nicht ſo viel, als die im Stal= le, werth. Es iſt ja eine Ehr, den Kramer zu befragen, Ob er ein gute Waar in ſeinem Laden hat? Als wann er ſelbe muß an Ort und Ende tragen, Mein Phillis, mercke diß, und folge guten Rath. Noch eins zu guter Letzt: Ein Schaaf, das ſich verliehret, Und von der Heerde geht, durch Dorn und Hecken kriecht, Ein groſſen Abgang ja an ſeiner Wolle ſpue= ret, Dein ſelbſt-gelaßner Sinn am meiſten dich betruebt.
|| [88]

34. Phillis.
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Wann mans mit Gewalt will zwin= gen, Macht es Reif und Faeſſer ſpringen.
WEr hat dann nur vor uns ein ſolch Geſetz gegeben, Daß wir in ſolchem Zwang, faſt wider die Vernunfft, Als wie ein wildes Thier verſchloſſen ſollen le= (ben, Die Lehre iſt zu hart vor unſre Jungfer-Zunft, Man bringt auf ſolche Art uns von Verſtand und Sinnen, Ich ſieh, und hoere gern, was hier und da ge= ſchicht.
|| [89]
Was mueſt’ den gantzen Tag ich doch zu Hauß beginnen? Mein Anna, deine Lehr gefaellt mir wieder (nicht, Ich bin nun aus der Schul und deren Zwang entgangen, Da ich den gantze ̅ Tag in Furcht muß bringen (hin, Anjetzo da ich kan mit hohen Jahren prangen, Iſt immer ſeyn zu Hauß gar nicht nach mei= nem Sinn. Kom ich erſt in die Eh’, da gilts zu Hauſe blei= (ben, Da ich auf meinem Mann muß ſehen, was er will, Wann ich mit Kinder-Wart muß meine Zeit (vertreiben, Dann iſt die rechte Zeit, daß ich nicht mehr umtrill. Die Sclave ̅ feſſelt man, auch wie die Thier an (Ketten; Drum muß ein Unterſcheid bey uns und ihnen ſeyn. Was waers? wann wir nicht mehr als jene, Frey= (heit haetten, Uns gieng es eben ſo, als wie mit neuem Wein, Der in verſchloßnen Faß muß gieren u. verwuelen, Macht man ihm nicht bald Lufft, ſo ſpringet Faß und Band, Und muß der gute Wein ſodann den Kellerſpuelen. Nur Thorheit iſts, wer uns diß Urtheil zu erkan ̅ t. Iſt eine Jungfrau nicht von guter Art u. Sitten, Mein, ſage mir doch einſt, was hilfts einſperren doch, Entweder laeßt ſie ſich vom Stall-Knecht noch er= (bitten, Ja gibt ſich ſelbſt zum Preiß dem ſchmuz’gen Su= del-Koch.
|| [90]

35. Phillis.
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So mans zwingt, Endlich ſpringt.
ES gehet faſt mit uns, wie mit Caſtanien braten, Wann man dieſelbe will gebrauchen zum Ge= nuß, So wollt ich ja nicht leicht zu dieſer Kuehnheit rathen, Daß man den Schnitt vergeß, ſo vor geſche= hen muß,
|| [91]
Sie ſpringt in tauſend Stueck der Koechin um die Ohren, Weil in derſelben iſt die Lufft annoch ver= (ſperrt, Und aller Koſten iſt auf einmal gantz verlohre ̅ , Man findet auch davon nicht um ein Hellers werth, Alſo, wann man auch uns laeßt eine Freud ge= (nieſſen, Und in Geſellſchafft gehn, wo liebe junge Leut, Da man aus Hertzens-Grund laeſſt ſolche Worte flieſſen, Darbey kein Urſach iſt, daß mans hernach (bereut. So kan man mit Gedult ſchon warten auf die Hauben, Die uns im Frauen-Stand zu tragen erſt ge= (buert, Wann man uns aber will einſperren wie die Tauben, Davon man noch kein Ey im Tauben-Schlag (geſpuert, Und alſo ſeine Zeit im Trauren muß zubringe ̅ , Es thut, verſichre dich, mein Anna, gar zu weh, Es koennt auch leicht geſcheh’n, und moechte mißgelingen, Daß es nicht foerderlich zu einer guten Eh. Ja wann wir endlich noch zu einer Braut gedeyen, Und daß man uns auffuehrt zu einem Hoch= (zeit-Tantz, Wann es gleich nach der Zeit waer mitten in dem Mayen, Daß man kein Kraeutlein findt zu einem Jung= fern-Krantz.
|| [92]

36. Anna.
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Wo Feuer und Flamm gebricht, Entzuendet ſich kein Licht.
ICh halte ſelber nichts vom Weiber einzu= ſperren, Weil ich nicht ſehen kan, was es vor Nutzen ſchafft; Iſt ſelbſt ein Weib geneigt zu tugendlichen Eh= (ren So iſts ein Uberfluß, daß man ſie haelt verhafft; Iſt ſie im Gegentheil von leicht und loſen Sinnen, Iſt alle Mueh umſonſt, was man mit ihr anfaengt. Es wird uns eine Floh ſo leichtlich nicht entrin= nen, Als wann ein Weibes-Bild ſich an die Buhler (haengt.
|| [93]
Wir wohnen, GOtt ſey Danck! in einem ſol= chen Lande, Wo dieſer Zwang vor uns noch nicht iſt ein= gefuehrt, Jedoch zerreiß man nicht der Freyheit Ehren= Bande, Damit das Vorrecht noch bey uns lang werd geſpuert.

Phillis.
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Wann ich nun den Befehl, ich ſoll nicht jeden hoeren, Von deinem klugen Sinn beliebig nehmen (an, Was ratheſt du mir dann, mit wem ich ſoll verkehren.

Anna.
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Mit einem nicht zu jung, doch wohlgelehrten Mann, Der kan d ich mit der Zeit zu wahrer Tugend (leiten, Wo ſonſt dein dummer Sinn niemals haett’ hingedacht. Wirſt du ein dummen Schoeps dir ſtellen an (die Seiten, So ſteckt ihr alle beyd’ in einer tieffen Nacht. Zwey, ſo da nackend ſind, kan keins das and’re decken, Und wann an einer Kertz die Flamme ſelbſt gebricht, Wie wird an jener ſie die Flamme ſelbſt er we= (cken, So wird es dir ergeh’n, wann du mir folgeſt nicht.
|| [94]

37. Phillis.
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Was liebet die Buecher, Liebt ſelten die Tuecher,
SChweig Anna. dann es kan die Liebe ſel= ten hafften, Bey dem der offt ein Buch mehr liebet als ein Weib, Und der in ſteten Ruhm der hohen Wiſſen= ſchafften, Nur ſuchet Tag und Nacht darinnen Zeit= vertreib, Sie ſind Magneten Art, ſo ſchweres Eiſen heben.
|| [95]
Hingegen Holtz und Stroh nicht moegen an ſich zieh’n, Mit ſolchem koennt ich nicht im ſueſſen Ehſtand (leben, An ſtatt der ſueſſen Blick ſieht man ein ſaure Mien, Sie wollen im ̅ erdar nach hohe ̅ Dingen trach= (ten, Und ihre meiſte Sorg beſteht in Rechts-Pro= ceß. Was uns am meiſten freut, das wolle ̅ ſie nicht (achten, Damit gerathen wir bey ihnen in Vergeß. Auf daß man ihre Witz, Verſtand in hohen Gaben. Nur ruehme ueberall und faſt bewundern muß, So mueſſen ſie allſtet ein Buch in Haenden ha= ben, Davon genieſſen wir nur Kummer und |Ver= (druß, Sie ſitze ̅ gantze Nacht hindurch zu ſpeculiren, Und nehmen wol darzu noch Buecher in das Bett, Da liegen wir allein, und mueſſen faſt verfri= (ren, Wie wuerde mir ſo bang, wann ich ein’n ſol= chen haett’. Ich ſag’ es rund heraus, und zwar von gantzen (Hertzen, Liebt mich mein Mann nicht mehr als wie ein ſchoenes Buch, Und will nicht luſtig ſeyn, mit ſpielen, la= chen, ſchertzen, So giebt er Urſach, daß ichs anderwertig ſuch.
|| [96]

38. Anna.
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So lang es gut Wetter iſt.
ISt dann der Ehſtand nur darum geſtifftet worden, Daß man darinnen ſpiel, und Kinder-Poſſen treibt? Verſtand und kluger Rath gehoert in dieſen (Orden, Ohn welchen man nicht lang in gutem Wohl= ſtand bleibt. Was nutzet ſolcher Mann, der im gemeinen Weſen. Gleicht einem hoeltzern Klotz, der keine ̅ Stim= me hat,
|| [97]
Der kaum ſo viel Verſtand, ein’ gute Schrifft zu leſen, Geſchweigen in der Noth zu faſſen guten (Rath, Du ſucheſt deine Luſt in geiler Kaelber-Liebe, Die gleichwie duerres Stroh vom Feuer wird entzuendt. Ob dieſer Unart ich, mein Phillis, mich be= (truebe, Daß deine Jugend-Luſt mit Thorheit ſich verbindt. Die nur aus geiler Luſt in Ehſtand ſich begebe ̅ , Die gleichen ſich dem Bild, ſo Memmon auf= geſtellt, Das pflegt bey Sonnenſchein die Stimme zu erheben, Hingegen wann es trueb, ihm nie ein Schall entfaellt; So lang man in der Eh’ kan luſtig ſeyn, und ſpringen, So lang der Geigen-Thon noch klinget in dem Ohr, So lang man noch mit Luſt hoert Buhlen= Lieder ſingen, So lang ſchwebt das Gemueth in Wolluſt hoch empor: Hingegen wann ein Creutz ſich in der Eh’ ein= (ſtellet, Da faellet aller Muth auf einmal gleich dahin, Darum ein ſolcher Mann am beſten mir ge= faellet, Der beedes, Wohl und Weh, vertraegt mit (gleichen Sinn.
|| [98]

39. Anna.
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Aus geiler Luſt in Ehſtand ſich be= geben, Macht, eh ein Jahr vergeht, vor Aengſten beben,
MAn findet einem Fiſch, der Cephal wird genennet, Der liebt in kalter Flut des hellen Feuers Schein, Ein Fiſcher, ſo die Art von dieſem Fiſch er= (kennet, Dem muß an ſtatt deß Netz ein helle Fackel ſeyn, Die ſteckt er auf das Schiff: wan ̅ diß der Fiſch (erſiehet,
|| [99]
Daß bey der duncklen Nacht entſteht ein hel= ler Glantz, Schwimmt er aufs Schifflein zu, mit fprin= gen ſich bemuehet, Biß er kommt in ſein Grab, und ſo zum Tod= ten-Tantz. Mein Phillis, merckeſt du, warum ich diß er= zehle, Dann dieſes Gleichnuß ſtellt dir deine Schwachheit dar, Und ich wurd unrecht thun, wann ich es dir verhehle; Nun aber lieb ich dich, weil ich es offenbar, Wann du in reine Eh willt geile Lueſte bringen, Und um, ich weiß nicht was, in jemand biſt verliebt, So wirſt du mit der Zeit in hoechſter Schwer= muth ringen, Und wo du Freud gehofft, kommt nur was dich betruebt, Man hat es nur zu viel und gar zu offt er= fahren, Wann groſſe Freude ſich erzeigt in einer Braut, Daß ſie nach kurtzer Zeit, in etwan wenig Jahren, Als ein betruebtes Weib ſich hat im Kopff ge= kraut.
|| [100]

40. Anna.
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Ob gleich das Purpur-Roth der Roſen nicht beſteht, Jedannoch ihr Geruch im Alter nicht vergeht.
WAnn nun der Eh’ſtands-Grund heißt Schoenheit ohne Tugend, Wie lange meineſt du, beſteht ſo dann der (Bau, Kaum etwan halb ſo lang, als dauren kan die Jugend, Wann nun dieſelb’ vergeht, ſo wird die Liebe (lau, Ja wann der Grundſtein weicht, wie kan der Bau beſtehen.
|| [101]
Alſo nun wen ̅ das Geld, die Ehr und Schoen= heit weicht, Muß drauf geſetzte Lieb zugleich mit unter= (gehen, Weil Schoenheit, Geld und Ehr das Alter nicht erreicht. Darum nun, was du thuſt, nimm keinen ſim= (plen Gecken, Hat er gleich Geld und Gut, Ehr, Schoen= heit hohen Stand, Dann alle dieſe Ding die moegen nicht erklecke ̅ , Wann in der Eh’ ein Weh uns etwan ſtoſſt zur Hand. Wir haben in der Eh bald ſueß, bald ſaure Ta= (ge, In beeden brauchet man Verſtand und klu= gen Rath, Iſt aber dieſes nicht ein uebergroſſe Plage, Wann man zwar Geld und Gut, doch Troſt in Noth nicht hat. Soll dich nun deine Wahl ins kuenfftig nicht (gereuen, So muß dein Eh’-Gemahl ſeyn herrlich von Verſtand, Dann ſolcher wird ſodann in keiner Noth ſich (ſcheuen. Als ein getreuer Mann dir bieten ſeine Hand, Im Alter wirſt du erſt den rechten Nutzen ſpueren, Wann dein geliebter Schatz zur Tugend iſt (geneigt. Die Roſe den Geruch nicht leichtlich wird verlieren, Wann ſchon das ſchoene Roth von ihren Blaettern weicht.
|| [102]

41. Anna.
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Jung bey alt, Heiß bey kalt, Iſt ungeſtalt.
DAß du der Tugend-Frucht, mein Phillis, moegſt genieſſen, Laß keinen alten Mann dir trauen an die (Hand, Es wird ein ſchlechte Freud aus ſolcher Eh’ entſprieſſen, Drum ſiehe nicht darauf, wo Ehre, Geld und Stand, Es ſchicker ſich nicht wohl, bey etwan zwan= tzig Jahren, Daß da ein kahler Kopff ſoll an der Seiten ſteh’n,
|| [103]
Und daß dein junger Leib bedeckt von grauen Haaren/ Mit einem kalten Kuß muß laſſen ſich verſeh’n, Soll in der Eh’ es ſich nach Wunſch und Willen fuegen, Such man die Gleichheit nur, ſo viel man immer kan. Es wurde mancher ſich in Meynung ſelbſt be= (truegen, Daß er dein Vatter ſey, und nicht dein lieber Mann, Es koent auch leicht geſcheh’n, daß du im Frauen= (Orden, In einen andern Stand, als du vermeinſt, geſetzt, Und an der Mutter ſtatt zu einer Wittwen wor= den, Da du gedencken wirſt, das haett’ mir nicht ge= (ſchaetzt. Doch ſoll es etwan noch gantz unverhofft geſche= hen, Daß man dich mit der Zeit als eine Mutter (nennt, So muß dein alter Mann noch eh’ von hinnen gehen, Eh daß ſein liebes Kind als Vatter ihn erkennt. Und wuerden Kinder mehr auf deinen Schooß geſetzet, Wird etwan mancher nicht in den Gedancken (ſteh’n, Vielleicht hat dieſe Frau dein Ehe-Bund ver= letzet? Und alſo waer es dann um deine Ehr geſcheh’n. Auch iſt dem alten Baum ſehr wenig mit gedie= net, Indem der Epheu ihm gar ſchlechten Nutzen (ſchafft, Je mehr diß geile Kraut an ſeinem Stamme gruenet, Je mehr nimmts mit der Zeit ihn allen ſeinen (Safft.
|| [104]

42. Anna.
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Von Kindern, Kommt Hindern.
DEr Wittwer muſt du auch mit Kindern mueſſig gehen, Es ſey dann, daß du alt, und arm an Mit= (teln biſt. Wann eine Jungfrau ſchon ſoll Mutter= Stell verſehen, Da urtheilt jedermann, daß ſie ungluecklich iſt. Was ſchwerer iſt doch wol im Eh’ſtand aus= zuſinnen, Als Kinder erſter Eh’ erziehen mit Gedult, So groß auch ſelbe iſt, kan ſie doch offt zer= rinnen.
|| [105]
Den Kindern gibt man nicht, der Mutter nur die Schuld. Und ob der Braeutigam geneigt waer viel zu ſchencken, So darff er doch nicht mehr als nur ein Kin= (des-Theil, Sonſt wurden ſeine Freund ihn mit Proceſ= ſen kraencken. Drum, Phillis, was du thuſt, dich nur nicht (uebereil. Ein Zweig, ſo ſchoen mit Fruecht und Blaet= tern iſt verſehen, Kan einem jungen Stamm nicht werden ein= verleibt, Dann Blaetter, Frucht und Zweig ausdor= ren und vergehen, Weil ſelbſt dem jungen Stamm kaum Safft gnug uebrig bleibt. Ein Pfropf-Reiß, ſo kein Frucht noch Blaet= ter hat empfangen, Daſſelbe iſt bequem zu impfen auf den Stam ̅ , Und dieſes kan hernach mit eignen Fruechten prangen. Waer ich an deiner ſtatt, ich keinen Wittwer nahm, Dann Kinder hindern nur die Ruhe unſers Lebens, Beſonders, wan ̅ ſie nicht natuerlich eigen ſind, Auch alle Gutthat iſt faſt mehrentheils ver= gebens, Wie die Erfahrung lehrt an manchen frem= den Kind.
|| [106]

43. Phillis.
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Das Hertz iſt leicht zu brechen, Durch angenehmes Sprechen.
DAs letzte iſt das beſt, ſo mir Vergnuegen giebet, Doch was mein Vater will, das geht mir (auch nicht ein, Er will, daß was ich haß, von mir ſoll ſeyn ge= liebet, Das aber ſoll und muß, und wird, ja kan nicht (ſeyn, Ich ſoll ein alten Jaeck, nur weil er Geld hat, freyen, So doch aufs aeuſſerſte iſt wider mein Ge= (mueth, Dann es kan dieſe Eh’ zum Frieden nicht ge= deyen.
|| [107]
Was rath nun, daß ich nicht verſchertz des Vaters Guet.

Anna.
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Mit Sanfftmuth trachte nur das Vater= Hertz zu lencken, Sey liebreich gegen ihm, und gieb ihm gute (Wort, Mit ſauren Minen muſt du ſeinen Sinn nicht kraencken, In ſeinem Vorſatz moecht er ſonſt wohl fah= ren fort. Es laſſen Eltern ſich von Kindern nicht leicht (zwingen, Den Kindern ſelbſten iſt es eine ſchlechte Ehr, Wann ſie gleich ihren Zweck alſo zuwegen bringen, Ein liebreich, freundlich Wort find ehender (Gehoer. Es iſt an dem Geſchlecht der Jungfern ſehr zu preiſen, Wann ſie mit Sanfftmuths-Geiſt entdecken (ihr Gemueth, Sie koennen ihre Krafft viel ſtaercker auch er= weiſen, Ja ihm ſein hartes Hertz erweichen zu der (Guet, Merck, wann ein Zirbel-Nuß wird noch ſo hart geſchlagen, Wirſt du den Nutzen nicht von deiner Arbeit ſeh’n, Ein gantz gelinde Glut kan ihm die Frucht ab= (jagen, Was nun Gewalt nicht kan, mit Sanfftmut mus geſcheh’n.
|| [108]

44. Anna.
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Einer iſt genug.
WAnn du nun in den Stand der Ehe biſt getretten, Und daß dein Vatter ſagt, mein Kind, das Theil iſt dein, Jetzt haſt du, warum du ſo offt zu GOtt ge= (beten, So muß vor andern ſchon dein Hertz geſchloſ= ſen ſeyn. Ein Gaertner, wann ihm ſoll ſein’ Impfe wol= gedeyen, Schneidt weg, was ſelbe nur am Wachs= (thum hindern kan. Soll dich dein Ja-Wort nicht ins kuenfftige gereuen,
|| [109]
So halte dich allein zu deinem lieben Mann, Was ſonſt dein Hertz vorhin, ſehr bruenſtig pflegt zu lieben, Das muß nun auf einmal daraus verbannet (ſeyn, Es muß hinfort dich nichts erfreuen noch be= trueben, Beſitzen muß dein Hertz dein Eh’-Gemahl (allein, Verwandte, Hertzens-Freund, die naerriſch Mutter-Liebe, So eh dein Hertz zertheilt, muß jetzund hoeren (auf. Der jetzt dein eigen iſt, dem dich gantz ueber= giebe, Auf daß nicht dich und ihn gereu der lange (Kauf, Du muſt auch deinen Kopf und eignen Wil= len brechen, Soll anderſt deine Eh’ vergnuegt und friedſam (ſeyn. Dein Eigen-Will ſo ſcharf, den Mann als Doerner ſtechen, Dann weil er iſt der Herr, g’hoert ihm der Will (allein; Du muſt auch ſeine Ehr auf keine Weiſe kraen= cken, Ob du ihm groſſes Geld und Gueter zuge= (bracht. Diß aber wird geſcheh’n, wann du noch wirſt gedencken, Durch mein Vermoegen iſt er ja zum Mann gemacht, Die gute Tage, ſo er jetzt bey mir genieſſet, Die gute Biſſen, ſo erfuellen unſern Tiſch,
|| [110]
Diß alles nur allein aus meinen Baechen flieſ= ſet, Das Wildpret, Feder-Vieh, und delicate Fiſch; Wann du nach meinem Rath diß nicht wirſt unterlaſſen, Verſtehſt du auch den Grund nicht von der rechten Eh, Du muſt noch eins von mir recht tief zu Her= tzen faſſen, Wann ich dich etwan nicht ſo balde wie= der ſeh, Nimm dieſes noch zuletzt von mir zum Ange= dencken, Die Ehe macht den Leib, viel mehr das Guth gemein, Laß Phillis dieſes dich auf keine Weiſe kraen= cken, Dein Mann iſt auch dein Herr, es kan nicht anderſt ſeyn.
Biß ſo weit hoert ich zu dem angenehmen Paar, Da Anna ſich umſah, und jemand wurd’ ge= wahr, Mithin verſtummt der Mund, und eilt davon behende, Und machet dem Diſcurs vor dieſes mal einENDE.
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