|| [ID00001]
Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken u.
Erinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel.
Halle im Magdeburgischen, 1724. Zu finden in der Rengerischen Buchhandlung.
|| [ID00002]
|| [ID00003]
Vorrede.
ES wird wohl eben nicht viel sonderlichs seyn / was ich bey Edirung des dritten
Theils zum voraus zu erinnern haben möchte. Was mich bewogen bey dem ersten
Handel dieses Theils eine zwar ziemliche weitläufftige / aber zugleich auch eine
von denen meinen Lebenslauff betreffenden vornehmsten Umständen handelnde Piece
zu publiciren / davon habe ich daselbst / allbereit ausführlich meine Ursachen
entdeckt. Ob ich nun wohl nicht zweiffle / es werde die Weitläufftigkeit dieses
Handels allen unpartheyischen Lesern nicht verdrießlich fallen / zumahl wenn sie
darbey erwegen / daß ohne gar sonderbaren Beystand der Göttlichen Vorsehung /
die Errettung aus dem mir zubereiteten Unglück / keinesweges gemeiner
menschlichen Klugheit / am allerwenigsten aber der meinigen zugeschrieben werden
könne: So bescheideich mich doch / daß muthmaßlich viele
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meinen damahligen Feinden noch anhängende Gleichgesinnte / oder derer
Anverwandten wünschen dürfften / daß in diesem Stücke nicht alles so umständlich
wäre beschrieben worden: Sie werden aber doch auch / wenn Sie vernünfftlich
handeln wollen / deßwegen auff mich nicht erzürnet werden / wenn sie bedencken /
daß alles unpartheyisch und ohne Heucheley oder Feindschafft von mir erzehlet
worden / und daß ich des Lesers Urtheil auch lediglich überlasse / wo etwann
auch von mir hier und dar contraregulas prudentiae pecciret worden: und wenn sie
sich versichern / daß ich nicht alleine bereit sey / ihnen samt und sonders alle
Christliche und vernünfftige Liebes-Dienste zu beweisen / sondern auch / wenn es
möglich wäre / selbige meinen Verfolgern selbst / wenn sie noch lebeten /
erweisen würde / weil ich allezeit beständig geglaubet / daß sie nicht gewust /
was sie gethan / sondern sich gewiß beredet / daß sie Gott einen Dienst daran
thäten. Solte aber über Verhoffen diese Declaration nicht genung seyn ihre
Gemüther zu besänfftigen / sondern dieselben wieder die Publication dieses
ersten Handels etwas ungeziemen des vorzunehmen gesonnen seyn solten / wird es /
geliebts GOtt / Zeit genung seyn / in der Vorrede des vierdten Theils etwas
mehrers davon zu melden. Ob nun wohl ferner / dieser erste Handel bey nahe die
Helffte dieses dritten Theils eingenommen / auch insgesamt denen rubriquen nach
nur 17. Juristische Händel hier
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vorgestellet worden; so sind
doch nichts destoweniger in diesen dritten Theil in der That mehr Casus als in
denen beyden ersten enthalten / indem ich allhier angefangen / allerhand Casus
unter einer gewissen rubrique zu bringen / nach welcher sie einiger maßen eine
Gleichförmigkeit mit einander haben / dergestalt / daß zuweilen auch vier biß
fünffe unter einen Titul angebracht worden / und also bey nahe in die viertzig
unterschiedene Fälle / nebst denen darauf ertheilten responsis allhier werden
anzutreffen seyn: zumahl wenn man betrachtet / daß auch der erste Handel zum
wenigsten vier oder fünff special Casus in sich begreifft / indem erstlich Herr
D. A. mich verborgener Weise / und hernach unter der Larve der Philosophischen
Facultät wegen beschuldigter scommatischer Schrifften / und als ob ich ihn eine
concussion schuld gegeben / ingleichen wegen eines Auditorii domestici
denunciret und angeklaget; zum dritten Herr D. C. und D. P. das gesamte
Ministerium aufgebracht / mich wegen vieler angegebener injurien und
Anzüglichkeiten gleichfals zu denunciren / auch unter dessen Nahmen hernach
einen libellum famosum ad acta einschieben lassen; auch vierdtens die
Theologische Facultät verleitet / daß sie mich / als einen / der sich selbst
grober und straffbahrer Unthaten / und wieder GOttes Wort und unsere libros
symbolicos lauffender Reden und Lehren schuld gäbe / zur Inquisition und
Bestraffung denuncirten; endlich fünfftens / durch diese
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Klagen und Denunciationes insgesamt ein Kirchenbann und Ausschliessung von
Abendmahl sehr mercklich intendiret wurde. In übrigen entsinne ich mich zwar /
daß ich in der Vorrede zum andern Theil dem Leser Hoffnung gemacht / daß in
diesen dritten Theil meine Anmerckungen über den ersten Handel des andern Theils
von Verbesserung des Justitien-Wesens folgen solte; dieweil ich aber auch ietzo
an deren Ausarbeitung durch andere Geschäffte verhindert worden; Als wird er
sich belieben lassen / noch so lange zu gedulden / biß ich in dem Stande seyn
werde, mein Versprechen zu leisten. Wegen des in letzten Handel des andern
Theils angeführten Schwartzkopfischen Bedenckens / hat mir zwar ein guter Freund
/ wegen des in 8. §. erwehnten zu Braunschweig Anno 1604. entstandenen Aufruhrs
allbereit in November vorigen Jahrs unterschiedene bißher unbekannte / und von
andern unterdruckte / oder mit Vorsatz verschwiegene / damahls über das
Verfahren der Clerisey eingehohlte Responsa mitzutheilen versprochen / wofür ich
hertzlich dancke / nachdem aber dieses von meinen Haupt-Scopo etwas abgehet /
gleichwohl ich die besagten Responsa, und was der geehrte Freund von andern in
Händen habenden Consiliis Politicis und Cameralibus mir gemeldet / allerdings
für würdig halte / daß sie publiciret werden; Als will ich ihn hiermit Publice
darum ersucht haben / und verspreche / da über Verhoffen / sich sonst kein
Verleger dazu finden solte / mich zu bemühen einen zu verschaffen. Halle den 22.
April. 1721.
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Allerhand auserlesene Juristische Händel. Erster Handel. Reliquien des
Politischen Pabstthums mit gesuchter Inquisition wieder unschuldige
Leute.
§. I.
ICh habe bißher in unterschiedenen Disputationen(Haupt-Absehen dieses Handels.) dargethan, und das nöthigste daraus in
meinen Noten über die ersten drey Paragraphos des ersten Titels in vierdten Buch
des Lancelotti Institutionum juris Canonici excerpiret, daß der
Inquisition-Proceß ursprünglich aus dem Pabstthum herrühre, und daß die Päbste
vermittelst desselben es dahin gebracht, daß das unter dem Schein der
Gerechtigkeit vorlängst gesuchte Tyrannische Joch über die Layen destomehr
befestiget, und vermittelst desselben auch die unschuldigsten Leute umb Ehre,
Gut und Blut gebracht werden möchten; daß die Einführung desselbigen dem Pabst
Innocentio III. zu Anfang des 13. Seculi zuzuschreiben sey; daß eben dieser
Pabst auch die so genannte denuntiationem Evangelicam aus keiner andern Absicht
erfunden habe, als daß damit unter der Larve der Christlichen Liebe, feinen
Bruder zu bessern die unschuldigsten Leute vermittelst der offenbahrsten und
handgreifflichsten Calumnien ruiniret werden möchten, und doch die Angeber und
Verleumb der sich keiner Bestraffung,
|| [2]
wie sonst nach
der Art und Eigenschafft des Klage-Processes billig hätte geschehen sollen, zu
befahren hätten, sondern daß sie mit dem Praetext, sonderlich wenn es Clerici
gewesen, sich hätten von aller Straffe befreyen können, wenn sie nur vorgegeben,
daß sie ihre Verleumdungen aus guter Intention gethan, und es ihnen von Hertzen
lieb wäre, wenn die denunciirten Personen ihre Unschuld darthun könten; daß
ferner durch die andern eingeführten Neuerungen des Inquisition-Processes denen
armen unschuldigen denuntiatis gar ofste die Mittel benommen worden, ihre
Unschuld darzuthun, sondern vielmehr durch diese Neuerungen andere Leute beredet
worden, diese denuncirte Leute wären die gottlosesten Bösewichter, die man mit
Feuer und Schwerd verfolgen und ausrotten müste: Ich habe ferner gezeiget, daß
diese Erfindung des Inquisition-Processes das so genannte Laster der Ketzerey,
ingleichen einer sonst unbekannten Hexerey ausgeheckt, und aus ebenmäßigen
Absichten zu Stande gebracht; ja daß die peinliche Halsgerichts Ordnung unter
andern auch fürnemlich Gelegenheit gegeben, daß nachhero der Klag-Proceß
nothwendig untergehen, und alleine der Inquisition-Proceß übrig bleiben müssen
u. s. w. Gleichwie aber diese meine Lehren vielen, die bißhero aus denen
Reliquien des Pabsthums ihren Vortheil gesucht, nicht anstehen wollen, sondern
hefftig angefochten worden, auch solches zum Theil noch geschiehet, zumahlen da
auch Lutherische Theologi in gantzen Tractaten de corruptione fraterna die so
genannte Denuntiationem Evangelicam vertheydiget, und öffters practicirt; also
ist meine fürnehmste Absicht bey Vorstellung dieses Handels durch ein
handgreifflich Exempel zu zeigen, daß so bald eine Christliche Obrigkeit denen,
so unschuldige Leute durch ihre so genannte Denuntiationes Evangelicas in das
gröste Unglück zu stürtzen suchen; den Inquisition Proceß nur ein wenig
beschneidet, und ihnen das brachium seculare entziehet, so lange biß sie ihre
falschen Anklagen bescheiniget haben; oder wenn sie die denun ciatoszuvorher
gebührend höret, und nicht alsbald mit der Inquisition zuplumpt, oder von der
Captur des Denuntiati den Anfang macht, so bald auch denen falschen Angebern
alle Krafft benommen werde, daß sie die Pfeiffe einziehen und auf andere
Inventiones bedacht seyn müssen. Dieses ist der erste und vornehmste Zweck
dieses gegenwärtigen Handels.
(Noch zwey andere Ne-)
§. II. Hierzu kömmt noch ferner, daß da ich nunmehro auf der Gruben gehe, mir
nicht verdacht werden wird, daß ich besorget bin, so viel möglich, nicht so wohl
meinen Feinden als denen Feinden / der von
|| [3]
mir nach
meinem Gewissen vertheydigten Wahrheiten, einige Gelegenheiten(ben Absichten.) abzuschneiden, denenselben nach
meinem Todte durch Fürbringung unvollkommener Erzehlungen von meinen fatis zu
schaden. Meine vornehmste Fatalität ist diejenige, daß ich Anno 1690. durch
meine Wiederwärtigen aus Leipzig gejagt worden, und daß ich, wenn GOtt mich
nicht sonderbahr geführet, und bey meiner zeitigen Retirade meine Feinde
verblendet hätte, mir und denen meinigen vermuthlich was ärgers und betrübters
wiederfahren wäre. Nun habe ich zwar allbereit Anno 96. in der kurtzen Apologie,
die ich hinter das von dem itzigen Herrn Cantzler Brenneysen in Ost-Frießland
damahl edirten Recht Evangelischer Fürsten in Theologischen Streitigkeiten,
andrucken lassen, eine summarische Erzehlung wie es damit zugegangen, und mir zu
viel geschehen, meine Unschuld kurtz und deutlich vorgestellet, es hat sich auch
seit der Zeit so viel mir wissend niemand gefunden, der dieser Apologie
wiederspochen hätte; Alleine es haben mich doch bißher zu unterschiedenen mahlen
etliche gute Freunde erinnert, daß dasjenige, was mir Anno 1688. und 89 mit der
damahligen Philosophischen ingleichen der Theologischen Facultät und dem
Ministerio zu Leipzig begegnet, daselbst p. 241. und 242. allzukurtz und oben
hin erzehlet worden, und da die darauf folgende persecutiones etwas
umbständlicher beschrieben worden, es denenselben ein grosses Licht geben würde,
wenn diese Dinge etwas ausführlicher, jedoch ohne Bitterkeit, beschrieben
würden, weil sie gleichsam das Fundament der drauf folgenden Verfolgungen wären.
Ob nun wohl diese Raison nicht zu verachten, so habe ich doch aus
unterschiedenen Ursachen bißhero angestanden dieses ins Werck zu richten:
nachdeme ich aber für etlichen Monaten in Erfahrung kommen, daß zu D. E. W. und
auch zu J. die damahlen im Nahmen der Theologischen Facultät und des Geistlichen
Ministerii zu Leipzig eingegebene Klagen, und die dieser letzten angehängte so
genannte Erleuterungen in unterschiedener Leute Händen seyn sollen, und ich mich
dannenhero befahren muß, daß etwann ein nach Engelland reisender Passagierer,
oder ein Nachrichter unschuldiger Leute diese Dinge über kurtz oder lang an das
Tages-Licht bringen; aber dabey meine Antwort auslassen möchte; als habe ich vor
nöthig geachtet nunmehro die gantze Beschaffenheit der Sache ex actis, so viel
ich derer damahls habe habhafft werden können, und die mir communiciret worden,
fideliter zu erzehlen, und die darbey vorfallende Umstände etwas deutlicher zu
eröffnen.
|| [4]
(Erste Gelegenheit / wegen welcher man gesucht dem Autorem der Monate in die Inquisition zu bringen.)
§. III. Ich habe in besagter Apologie p. 341. gedacht, daß Anno 1688. der Lerm
occasione meiner damahls publicirten Monatlichen Gedancken angegangen. Jedoch
wird die deßwegen von mir verfertigte Supplique unten §. 12. zeigen, daß die
Haupt-Quelle meiner Verfolgung gewesen, daß ich angefangen die Scholastischen
Philosophischen Grillen und sonderlich in der morale in meinen lectionibus etwas
frey zu attaquiren, und des Herrn von Pufendorff hypotheses wieder seinen
vornehmsten adversarium Herrn D. V. A. zu defendiren. Was die Monate betrifft,
so hat es damit die Bewandtnüß. Der damahlige Herr Director der Actorum
Eruditorum Herr L. O. M. thate mir schon Anno 1685. auch die Ehre an, daß er
mich als ein Mitglied dieser berühmten Societät aufnahm, und mir ein und ander
Buch zu excerpiren gab; massen ich mich dann besinne, daß ich des Luciani Suavis
Syllogen quaestionum Juridicarum (davon besagtes Jahr der Actorum p. 107. seq.
& p. 154 seq. zu lesen ist) als das erste Specimen meiner Capacität
excerpiren muste. Ich weiß aber nicht wie es sich fügte, daß die Herren
Collectores bald meiner und ich ihrer überdrüßig wurden. Dieses entsinne ich
mich wohl, daß etlichen unter ihnen, die Disputation Anno 85. de crimine
bigamiae gar nicht anstund, und daß ich anno 87. dem Faß gar den Boden ausstieß,
als ich gegen die Oster-Messe, das erschreckliche und so lange damahls die
Universität gestanden hatte, noch nie erhörte Crimen begienge, (man bedencke es
nur!) ein teutsch Programma (welches bald zu Anfang meiner kleinen teutschen
Schrifften zu lesen ist) an das lateinische schwartze Bret zu schlagen, und
zugleich über die hernach edirte institutiones Jurisprudentiae divinae und
introductionem ad Phiosophiam Aulicam zu lesen anfieng, als in welchen beyden
Collegiis ich in vielen Stücken anderer Meynung war, als der Herr D. A. Aber
wieder auf die Monatliche Gedancken zu kommen, so hatte es damit diese
Bewandnüß. Weil ich unter andern mit angemercket hatte, daß etliche unter denen
Herren Collectoribus Actorum (derer insgesamt sonst eine ziemliche Anzahl war,)
Ihre nöthigsten Haupt-Arbeiten und sonderlich lectiones publicas über diesem
neben Werck liegen liessen, oder doch znm öfftern damit aussetzten, etliche auch
wohl gar über der grossen Begierde neue Bücher zu lesen, nicht mehr so fleißig
Collegia privata hielten; so nahme ich, der ich meine Familie zu ernehren, den
Tag über mit vielen Stunden Gollegiorum privatorum & privatissimorum
besetzet hatte, mir für, nur die übrigen müßigen Stunden zu Verfertigung eines
Journals in teutscher Sprache, und zwar auf
|| [5]
eine gantz
andere Manier als die Herren Collectores Actorum zu thun gewohnt waren,
zuschreiben; und weil ich sahe daß der Herr Director Actorum durch den Verlag
derselben keinen Schaden litte; als vermeynte ich durch meine Arbeit monatlich
auch ein Stück Geld mit Ehren zu erwerben, daß ich in Mangel eines salarii
publici nicht genöthiget würde, Geld aufzunehmen und mich in Schulden zu
stecken. Und fieng deßhalben an, den Nahmen der Müßigen auf den Titul zu setzen,
meinen Nahmen aber zu verbergen, damit ich anderer ihre Judicia desto
unvermerckter darüber vernehmen könte. Ich hatte auch in willens, die in ersten
Monat gebrauchte etwas freye und muntere Schreib-Art bald zu changiren, und nur
bald anfangs bey denen Lesern eine Begierde, die folgende Monate zu lesen, zu
erwecken. Da mir aber die Materie, die ich zu dem ersten Monat destiniret hatte,
unter der Hand wuchse, daß ich davon zwey Monate zu machen genöthiget wurde,
fügte es sich zu meinem Unglück, daß, als ich auf die Relation von denen Actis
Eruditorum gekommen war, ich, indem die zum ersten Monat destinirten Bogen
allbereit ihre völlige Ladung hatten, mich einer Invention bediente, den Discurs
nicht ohne Anmuthigkeit des Lesers abzubrechen, und dabey in fine zu melden, daß
derer Interloquenten ihr Discurs ein beschneyeres Ende genommen. Ob nun wohl
diese phrasis deutlich genug auf die Interloquenten gerichtet war, so fanden
sich doch unterschiedene Feinde, die die Herren Collectores Actorum bereden
wolten, ich hätte damit auf sie gestichelt, und zu verstehen geben wollen / daß
es mit der Collectione Actorum gar bald ein beschneyetes Ende nehmen würde, und
daß ich intendirte, mit diesen meinen Monaten ihnen einen Abbruch zu thun. Es
ware zwar diese Auslegung so zu sagen recht bey denen Haaren darzu gezogen, ich
kan auch bey meiner Ehre versichern, daß ich nicht einmahl bey Schliessung des
ersten Monats daran gedacht hatte, (quamvis cogitationis paenam nemo patiatur)
und daß ich splitter tolle gewesen seyn müste, wenn ich als ein junger Mann ohne
allen Beystand und Autorität mir hätte die thörichten Gedancken nur wollen in
Kopff kommen lassen, daß ich capable wäre, so viel berühmter Leute ihr Werck,
das allenthalben einen grossen Applausum fand, zu destruiren oder zu
vergeringern; aber nichts desto weniger muste ich vernehmen, daß diese
Verleumbdung bey etlichen, die ich für andern ehrete und liebete, doch einen
Ingress gefunden. Ja obschon in dem folgenden Monat Februario ich bey
Continuirung des in Januario abrumpirten Dißcurses mich dergestalt in acht nahm,
daß ich der Societät der Herren
|| [6]
Collectorum allezeit,
honorifice gedachte, und das geringste Wort nicht einfliessen liesse, das sie
mit Fug hätte touchiren können; dennoch hier und dar von meinen mißgönstigen mit
eben so contorten Explicationen, aus denen Relationen anderer Autorum die ich
daselbst historice excerpiret hatte, etliche loca abgeriessen wurden, in welchen
man mir dergleichen Dinge Schuld gabe. Es mag auch seyn, daß die bey dem
Januario an Monsieur Barbon und Tartüffe gerichtete Vorrede einen und andern
nicht angestanden; und wurde dannenhero beschlossen bey dem Hochwürdigen
Ober-Consistorio die Sache dahin zu bringen, daß wieder mich als einen
Pasquillanten inquiriret werden solte. Damit aber dieser Endzweck desto
unvermerckter nach und nach obtiniret werden möchte, wurde die Sache erstlich
durch Hand-Brieffe tractiret, und im Monat Februario aus dem Ober-Consistorio
Befehle ausgebracht, den Verleger meiner Monate eydlich zu vernehmen, wer der
Autor davon sey; und mag man sich wohl dabey beredet haben, daß ich entweder das
Ober-Consistorium gar sehr wieder mich irritiren würde, wenn ich dem Verleger
riethe, sich dieser eydlichen Aussage zu wiedersetzen, und ihm wohl gar als
Advocatus darinnen bedient wäre; oder daß, wenn der Verleger mich würde genennet
haben, ich so dann würde zum Creutz kriechen, und meiner Angeber ihr armer Mann
seyn müssen: aber sie betrogen sich in beyden Stücken, und wird die folgende
Supplic ausweisen, die ich noch in Februario an das Hochwürdige
Ober-Consistorium zu Dreßden abgehen liesse, daß ich mich einer gantz andern
Erfindung bedienete, als sie sich zu mir versehen hatten.
(Der aber begehret / daß sich die Denuncianten melden und man ihn genugsam hören solle.)
§. IV. P.P. Euer Churfürstliche Durchlauchtigkeit haben in zweyen ergangenen
gnädigsten Befehlen an Herrn D. Valentin Alberti und den Rath zu Leipzig
gnädigst anbefohlen / das sie, wer die Autores und der Drucker der unlängst
heraus gekommenen Schertz und ernsthafften Gedancken wären, sich erkundigen,
auch Moritz George Weidemann, als deren Verlegern, eydlich darüber vernehmen
solten; nun soll Ew. Churfürstliche Durchlauchtigkeit als Dero gehorsamster
Urterthan ich unterthänigst nicht verhalten, daß meinen an die Herren
Commissarios übergebenen Bericht nach, ich in so weit hierbey interessiret bin,
daß zu erwehnten Gedancken ich die gehörige Kosten vorgeschossen, und mit Moritz
George Weidemann einen Contract eingegangen, daß er seinen Nahmen auf erwehntes
Scriptum setzen und an statt dessen von jedem Exemplar 6. Pf. Profit haben
solte, wie Herr L. M. mit denen Actis Eruditorum gegen Gleditschen und andre
Buchführer zu thun gewohnet ge
|| [7]
wesen. Wann dann,
Durchlauchtigster Churfürst solchergestalt Moritz George Weidemann hierbey
unschuldig, und so hierinne etwas über Verhoffen pecciret worden, ich alleine
solches zu büssen verhafftet bin; mir auch höchst leyd seyn würde, wenn ein
ehrlicher Mann meinetwegen die geringste Mißfälligkeit zu ertragen verursachet
werden solte; als gelanget an Ew. Churfürstliche Durchlauchtigkeit mein um
erthänigst gehorsamstes Bitten, erwehnten Moritz George Weidemann des ihme
auferlegten Juraments zu erlassen, und daß er erwchnte Gedancken frey und
ungehindert verkauffen möge gnädigst zu vergönnen. Hiernechst soll aber aus
hoher Noth gedränget, ich wehemüthigst zu klagen nicht unterlassen,
welchergestalt bißhero ich bey vielen Wiederwärtigen, um daß ich aus gründlichen
Ursachen nach der gemeinen Art und Weise meine Collegia nicht einrichten wollen,
in grossen Haß und Feindschafft gefallen, auch als ich ohnlängst meine
Institutiones Jurisprudentiae divinae heraus zu geben angefangen, dieselbigen
recht irritiret worden, und mich, so viel an ihnen gewesen, zu einem Atheisten
und Ketzer machen wollen, auch, ob sie gleich gesehen, daß sie mit Grund der
Wahrheit mich dißfalls nicht anpacken könten, dennoch gewisser vertrauten
Nachricht nach sich resolviret, ihren Kopff nicht sanffte zu legen, als biß bey
Ew. Churfürstlichen Durchlauchtigkeit sie es dahin gebracht hätten, daß mir das
Handwerck, so wohl Collegia Juridica als Philosophica zu halten, geleget würde;
wannenhero ich leicht mir einbilden kan, daß, weil etlicher ungegründeter
Meynung nach bißhero ein Sctiptum anonymum und Pasquillus pro Synonymis gehalten
werden, meine Wiederwärtige dafür gehalten, sie könten keine bessere Gelegenheit
ergreiffen, bey Ew. Churfürstlichen Durchlauchtigkeit mich in schwere Ungnade zu
setzen, als wenn bey deroselben sie dieses Scriptum als einen libellum famosum
traducirten, und Ew. Churfürstliche Durchlauchtigkeit hierwieder zu inquiriren
veranlaßten.
Wenn aber, Gnädigster Churfürst und Herr, ich nichts destoweniger hierbey des
unterthänigsten Vertrauens lebe, es werde Ew. Churfürstliche Durchlauchtigkeit
mich als Dero gehorsamsten Unterthanen in gnädigsten Schutz wieder meine
heimliche Verläumbder nehmen: ich auch nicht die Gnade einiges Verbrechens,
sondern die hohe Gnade mich gnüglich zu hören, verlange, und die Zuversicht zu
meinen Wiederwärtigen, die bey Ew. Churfürstlichen Durchlauchtigkeit mich dieser
Schrifft wegen unverschuldet angegossen trage, daß ihr eigenes Christenthum und
sonderlich das achte Gebot sie verbinden werde, wenn sie GOttes Ehre
|| [8]
und das gemeine Beste vor Augen haben, sich gegen mir
als den geringsten Unterthanen nicht zu bergen; als gelanget an Ew.
Churfürstliche Durchlauchtigkeit mein unterthänigstes gehorsamstes Bitten, mich
nicht unverhört zu verdammen, oder mir, da nach Ew. Churfürstlichen
Durchlauchtigkeit hohen Wohlseyn ich nichts höher als meinen ehrlichen Nahmen
achte, einigen Schimpff zu erweisen, sondern vielmehr diejenigen, die durch
schrifftliche oder mündliche Verunglimpffung mich angegeben haben, aus hoher
Landes Fürstlicher Macht dahin anzuhalten, daß sie sich melden, und Ew.
Churfürstlichen Durchlaucht. Entscheidung, nach vorhergegangener gnädigster
Anhörung meiner unterthänigsten Defension, gehorsamst erwarten, in Verharrung
etc.
(Gelegenheit zur andern attaque.)
§. V. Gleichwie nun dieses mein petitum in denen allgemeinen und auch bey denen
Hottentotten üblichen Rechten gegründet war, und ich mich dabey wohl
versicherte, daß der Herr D. A. der die vorige Befehle durch seine Hand-Brieffe
ausgebracht, oder auch die andern Herren Professores Philosophiae, sich nicht
prostituiren würden, dasjenige, was ich in denen beyden ersten Monaten wieder
Mons. Barbon und Tartuffe geschrieben, auf sich zu appliciren und vorzugeben,
daß sie dadurch gemeynet wären; also veränderte ich auch im Martio selbst das
Theatrum. Ich ließ die Müßigen abdancken, und fieng an etwas ernhaffter,
(wiewohl mit Verbergung meines Nahmens unter denen Buchstaben E. D. F. U. K.)
von neuen Büchern zu raisonniren, und ob ich gleich die Satyrische Schreib-Art
nicht gantz einstellte, so ware sie doch lange so scharff und beissend nicht,
als in denen zwey vorigen Monaten, und ware demnach meine intention wahrhafftig
dahin gerichtet, daß diejenigen, die bißher in der Philosophischen Facultät sich
über den Januarium und Februarium erzürnet hatten, begütiget werden sollten,
wenn sie sähen, daß sie dergleichen künfftig sich nicht zu befahren hätten, und
hätte mir also eher des Himmels Einfall versehen, als daß dasjenige, was ich in
der neuen Vorrede daselbst in Beschreibung von meiner Person gedacht, die
löbliche Philosophische Facultät von neuem irritiren und von ihr selbiges als
ein Crimen nach Hoffe denunciret werden solte. Damit auch der geneigte Leser die
Sache desto deutlicher begreiffen, und wie sehr man sich zu mir genöthiget,
erkennen möge, will nöthig seyn, das vorgegebene corpus delicti von Wort zu Wort
herzusetzen, zumahlen da meine teutsche Monate anitzo in der wenigsten Leser
Händen seyn möchten. So schrieb ich demnach p. 226. U. f. auf solche Art: Damit
aber der Leser nur einen kleinen Concept von meiner
Person fassen / und zum Theil abneh
|| [9]
men möge, was
er ins künfftige von diesen Gesprächen zu hoffen habe, will ich ihme nur etwas
weniges von meiner Profession melden. Wenn ich
demjenigen Glauben beymessen wolte, was ich vernommen, das auch meine Feinde mir
nachsagten, wolte ich sprechen, ich wäre ein Gelehrter. Aber obgleich sonsten
die Zeugnüsse derer, die uns zuwieder sind, in Sachen, so zu unsern Vortheil
gedeuter werden könten, für sehr gültig gehalten werden, so wird mir doch
jedermann leichte Beyfall geben, daß ich selbsten am besten wissen müste, ob ich
gelehrt sey oder nicht. Ja ich getraue mir augenscheinlich darzuthun, daß ich
dieses Praedicuts gantz nicht fähig bin, weil ich zu
keiner Facultät gebracht werden kan. Ich bin kein Theologus, denn ich kan nicht predigen, viel weniger mit
denen Ketzern disputiren. Kein Juriste bin ich auch
nicht, dieweil ich durch die auream praxin die Zeit
meines Lebens nicht viel erworben, auch die wunderliche persuasion und Einbildung habe, daß die meisten Theile der Jurisprudenz von Triboniano, und
denen alten Glossatoribus nebst denen pragmaticis so verhuntzt worden, daß nunmehro unmöglich ist,
dieselbige in formam artis zuredigiren, und man sich solchergestalt gantz nicht wundern darf, wie es
doch komme, daß heut zu Tage ein Rabula ja so leichte in
diesem Studio fortkommer, als ein gelehrter Mann.
Vielweniger bin ich ein Medieus, denn ich habe mich von
Jugend auf gehüter, daß ich nicht mit anderer Leute Schaden klug werden möchte,
und halte von einem Trunck Rhein-Wein mehr, als von der besten Perl-Essentz; ja
ich habe mich auch noch nicht resolviren können / ob ich
es mir dem Galeno oder Hippoçrate, oder Theophrasto, oder mit einem von
denen Neotericis halten solte. Am allerwenigsten aber
bin ich ein Philosophus. Denn erstlich glaube ich in der
Logica nicht, daß fünff Praedicabilia, zehen praedicamenta und drey
figurae / yllogismorum seyn. Ich halte dafür / daß
die Logic, die wir in Schulen und Academien lernen, zu
Erforschung der Wahrheit ja so viel helffe, als wenn ich mit einem Strohhalm ein
Schiff Pfund aufheben wolte. Von der Metaphysic habe ich
mir eine wiederwärtige Impression gemacht, indem ich mir
eingebilder, daß die darinnen enthaltenen Grillen fähig sind, einen gesunden
Menschen solchergestalt zu verderben, daß ihme
|| [10]
Würmer
im Gehirne wachsen, und daß dadurch der meiste Zwiespalt in Religions-Sachen
entstanden, und noch erhalten werde. Die Mathesin habe
ich leider nicht gelerner, weil dieses höchst nützliche Studium auf Academien sowohl culpa docentium als discentium
gemeiniglich verachtet und negligiret wird. Mit der Physic ist es mir sehr unglücklich gangen. Denn als ich
gemeynet, ich hätte in denen Collegiis, so ich darüber
gehalten, vortreffliche profectus erlanget / und meine
privatorepetitiones deßhalben angestellet, bin ich
so tumm gewesen, daß ich nicht verstehen können, was das heisse, daß die natura principium motus & quictis sey / ja ob
mir gleich meine Praeceptores noch so deutlich
vorgesagt, quod anima sit tota in toto corpore, &
tota in qualibet parte corporis, ich auch einen gantzen Tag zugebracht
in Aufsuchung derer Physicorum, und befunden, daß diese
thesis so klar sey, daß niemahlsein rechtschaffener
Philosophus daran gezweiffelt, so hat mir es doch
gantz nicht in Kopff gewolt, daß meine Seele zu einer Zeit, wenn sie gantz und
gar mit Haut und Haar in der kleinen Fußzähe sässe, auch zugleich ein Ohrläpgen
seyn solte. Ebe̅ so ist es auch mit der herrlichen materia prima bey mir abgelauffen, welche doch der
wahrhafstige lapis Philosophorum ist. Am allerschlim̅esten aber ist mir es mit denen qualitatibus
occultis ergangen. Denn als ich versuchen wollen, ob es mir vielleicht
besser von statten gehen wolte, wenn ich selber etwas de
meo erfände, und zu dem Ende auf eine definitionem
qualitatis occultae bedacht gewesen, habe ich nach dreytägiger meditation, da ich zwey Buch Papier verschmieret, und
ein halb Schock Federn verschrieben, anders nichts heraus bringen können, als:
Qualitas occulta est vocabulum eleganter sonans, cujus vi
Physicus ignor antiam suam obvelare, & incautam juventutem occulte
pecunia emungere potest. Aber ich bin mit dieser Definition ankommen, daß ich bald darüber wäre zum Atheisten gemacht
worden. Endlich so hat es auch in der Philosophia
practica nicht mit mir fortgewolt. Denn ich bin gleich anfangs bey dem genere stutzig worden, und bin so ungläubig gewesen,
daß, ob ich gleich augenscheinlich gesehen, daß diese disciplin von allen pro prudentia ausgegeben
worden, dennoch mein Verstand so ungeschickt gewesen, daß er gemeynet, es
schicke sich dieser Titul nicht für diese Philosophie,
weil
|| [11]
der Tractat de Legibus
& Consiliis darinnen mangele: zu gesch weigen, daß ich den
gelehrten Streit de summo bono, und de proportione Arithmetica & Geometrica für läppisch und
unnützlich gehalten. Also / nachdem ich bey dieser Bewandnüß für keinen
Gelehrten paßiren kan / bemühe ich mich noch über dieses
/ daß ich andern Leuten, auch denen, die als Gelehrte zu mir kommen, ihre
Gelehrsamkeit benehmen, und diese Ignoranz beybringen,
auch sie darzu anhalten möge, daß sie in dem wenigen, so ein Mensch durch seinen
Verstand begreiffen kan / allezeit einen rechten Grund suchen, im übrigen aber
sich befleißigen, wie sie beyzeiren sich angewöhnen, andern Leuten, von waßerley
Zustand sie auch seyn mögen, denen sie dermahleins nach Unterscheid ihres
Standes zu dienen Gelegenheit erlangen werden, ihren Nutzen zu schaffen, und
sich selbsten also zu guberniren, damit man sie im
gemeinen Leben nicht auslachen möge. Ich bin gewiß versichert, daß derjenige, so
ohne Partheylichkeit heut zu Tage diese Passage durchlesen wird, wenn es auch
gleich jemand seyn solte, der noch an denen gemeinen Aristotelischen Doctrinen
klebte, in diesen meinen Worten kein Delictum, vielweniger ein Crimen finden
wird, sondern wenn es hoch kommen solte, würde er mich für einen Neuling und
gefährlichen Lehrer ausschreyen: zugeschweigen, daß mich GOtt zu meiner
Consolation hat erleben lassen, daß auch nunmehro zu Leipzig selbst einige
docentes sind, die diese meine hier gemeldete Meynungen, wo nicht alle, doch die
fürnehmsten darunter wahr zu seyn glauben, und in öffentlichen Schrifften
solches genugsam zu verstehen geben; oder wohl gar noch härtere, und der
damahligen Philosophischen Facultät noch unerträglichere Assertiones und
Doctrinas öffentlich lehren und vertheydigen. Indessen geschahe es doch damahls,
daß der Herr A. und seine damahlige Collegen in diesen Worten nicht allein ein
Crimen, sondern auch gar ein crimen laesae Majestatis gefunden zu haben sich
beredeten, und solches an das Ober-Consistorium zu gebührender Vindication
denuncirten. Nun rathe einmahl, geehrter Leser, was für eine Raison sich diese
damahls für gelehrt haltende Leute bedienet haben, diese unschuldige Worte in
ein Crimen laesae Majestatis zu metamorphosiren. Ich bin versichert, du wirst es
nimmermehr errathen, daß sie diesen Medium Terminum gebraucht, weil ich in
sothanen Worten die Disciplinen durchgehechelt hätte, die gleichwohl Seine
Churfürstliche Durchlauch
|| [12]
tigkeit und dero
GOttseelige Antiquität und Vorfahren auf der Universität zu dociren Gnädigst
angeordnet hätten.
(Nützliches Remedium das der Autor wieder diese attaque
gebraucht.)
§. VI. Es waren zwar schon damahls in Leipzig nicht wenige, die sich über diese
Prostitution meiner Herren Ankläger nicht wenig ärgerten, daß, da sie insgesamt
pro Lutheranis und die keine transsubstantation
glaubten, gehalten werden wolten, sie nichts destoweniger par force diese
treuhertzige Bekäntnüß meiner Meynungen in ein so grosses Crimen zu
transsubstantiren sich so eyffrig angelegen seyn liessen: aber es ware doch auch
auff meiner Seite nöthig zu vigiliren, weil meine Herren Adversarii unter denen
Herren Assessoribus im Ober Consistorio unterschiedene gute Freunde und Patronen
hatten, ich aber damit nicht versehen war. Und weil mir dann von einigen
Freunden in Vertrauen gemeldet worden, daß der damahlige Premier-Ministre zu
Dreßden der Herr Ober-Hoff Marschall von H. mit meinen Monaten nicht übel
zufrieden wäre, und das Vornehmen des Herrn D. A. improbirte; als nahm ich
dahero Gelegenheit ihn im Anfang des Aprills die bißherigen drey Monaten zu
übersenden, und dabey sein patrocinium auf folgende Art zu suchen. P. P. Eure
Hochwohlgebohrne Exellenz mit gegenwärtigen verdrießlich zufallen, solte mich
billig entsehen, wenn nicht eine hohe Nothwendigkeit mich hierzu veranlassete.
Gnädiger Herr die bißher heraus gekommenen Schertz und ernsthafften Gedancken,
von welchen ich beykommend ein Exemplar übersende, haben wieder des Autoris
Intention bald anfänglich etliche Wiederwärtige angetroffen, die dieselben beym
Chur-Sachsischen Ober-Consistorio diffamiret, und Anlaß gegeben, daß dawieder
inquiriret worden, wiewohl solches, als ich interveniendo eingekommen und
gebeten, daß sich die Diffamanten nahmhafft machen, und ich gnüglich gehöret
werden möchte, bald nachblieben. Nunmehro aber muß ich vernehmen, daß die
Philosophische Facultät zu Leipzig durch die Vorrede beym Mertz sich höchlich
touchiret befindet, auch diese Woche eine unterthänige Supplic an das
Hochlöbliche Ober-Consistorium eingesendet, in welcher sie Sr. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit denunciret, als wenn der Autor die Dilciplinen, die Seine
Churfürstliche Durchlauchtigkeit zu dociren gnädigst verordnet, durchhächelte,
da doch mit nichten die Disciplinen selbst, sondern der Mißbrauch derselben und
viele handgreiffliche Pedantereyen berühret worden. Ob ich nun gleich mir
getraue, denen Herrn Philosophis dergestalt mit Nachdruck auf ihre Denunciation
zu antworten, daß sie so bald dergleichen ungegründete Angebung nicht wieder
vorzunehmen Be
|| [13]
lieben tragen sollen, auch des
unterthänigsten Vertrauens lebe, es werde das Hochlöbliche Ober Consistorium
nicht ab Executione anfangen, sondern mich zuförderst hören; so erfordert doch
die Nothwendigkeit, und weil mir die Connexion, wo rauf sich die Herren
Philosophi verlassen, zur Gnüge bekannt, daß ich meines Orts auch in dieser
gerechten Sache eine Protection von hoher Autorität suche. Wann dann Eure
Hochwohlgebohrne Excellence bey dem gantzen Lande und bey auswärtigen / als ein
Cavallier, der alle Petanterey hasset, renommiret sind; mein gantzes Laster aber
darinnen bestehet, daß ich von Jugend auf keinem Pedanten habe flattiren können,
als gelanget an Eure Hochwohlgebohrne Excellence mein nnterthäniges Bitten, in
Dero Schutz und hochmögende Protection mich zu nehmen, und sich aller
unterthänigen treuen Dienste zu mir um so viel mehr zuversehen, weil meine
Wiederwärtigen durch ihre Verunglimpffung mich längst aller Hoffnung beraubet,
an einige Promotion in meinem Vaterlande zu gedencken, durch welche ich
abgehalten werden könte, Eure Hochwohlgebohrne Excellence mich eintzig zu
wiedmen. Gleichwie aber zu Eurer Hochwohlgebohrnen Excellence Gnade ich ein so
starckes Vertrauen trage, daß ich mich gnädiger Willfahrung auf mein
unterthäniges Bitten ungezweiffelt versehe; also werde ich gezwungen, denen
Herren Philosophis auch wieder meinen Willen höchst verbunden zu seyn, weil sie
mir durch ihre Angebung den Weg gleichsamgewiesen, um Eurer Hochwohlgebohrnen
Excellence Gnade mich unterthänig zu bewerben, und mir die Freyheit zu nehmen,
mich mit unterthänigen Respect zu erklären, daß ich Lebens lang seyn werde etc.
Ich erhielte auch in wenig Tagen folgende Antwort vom 4. Aprilis die mich nicht
wenig consolirte. P. P. Desselben an mich abgelassenes Schreiben vom 1. dieses
habe ich benebst denen überschickten drey Stücken derer Schertz und ernsthafften
Gedancken gestern zurecht erhalten, und dessen Desiderium dabey mir mehrern
vernommen; wie nun Meinem Hochgeehrten Herrn vor das zu mir tragende gute
Vertrauen, als auch beschehene Communication höchlichen dancke; also wolle er
sich versichert halten, daß ich alles dasjenige, worinnen demselben in dieser
Angelegenheit, als auch sonsten zukünfftig bey ereignender Occasion durch meine
Recommendation beym Hochlöblichen Ober-Consistorio dienlich werde seyn können,
willigst beytragen, und sonst nichts unterlassen werde, gestalt denn es auch
schon allbereit geschehen; und weiln ich nechstkommende Jubilate Messe selbst
in Leipzig zu seyn verhoffe; so werde ich Gelegenheit nehmen,
|| [14]
mit demselben selbst mündlich zu sprechen. In übrigen verbleibe
demselben in alle Wege zu dienen stets willig, und verharre unter Ergebung
Göttlicher Gnaden allezeit etc.
(Was Occasione des April. Monats
fürgegangen.)
§. VII. Indessen hatte dieser unzeitige Eyffer meiner Wiederwärtigen mich auch in
Harnisch gebracht, daß ich mit Fleiß in dem drauf folgenden April Monat ein
neues Gespräch verfertigte, worinnen ihr Abgott der Aristoteles mit einer so
beissenden Schreib-Art abgebildet wurde, daß dessen Liebe getreue, die die in
meinen Martio so wenig schmackhaffte Expressionen nicht hatten verdauen können,
nothwendig dadurch entweder ein starckes Reissen im Leibe empfinden, oder doch
zum wenigsten zu einem verdrießlichen Niesen bewogen werden müssen. Wannenhero
ich abermahls bey Zeiten vigilirte, und unter dem Dato des 10. Aprils bey
Uberschickung dieses Monats an den Herrn Ober-Hoff Marschall, folgende
Vorstellung thate. P. P. Eurer Hochwohlgebohrnen Excellence gnädige Protection
meiner Wenigkeit thut hier grosse Würckung, indem meine Herren Wiedersacher
nicht allerdings zufrieden sind, daß kein Befehl auf ihre Supplic erfolgen will,
und weil sie nicht gewohnet sind, ihre Consilia heimlich zu halten, als sprengen
sie selbsten aus, daß ihre Patroni nichts effectuiren könnten, weil sowohl Seine
Hochfürstliche Durchlauchtigkeit der Durchlauchtigste Chur-Printz, als auch
Eurer Hochwohlgebohrnen Excellence ein gnädigstes und gnädiges Gefallen über die
Schertz- und ernsthafften Gedancken bezeugten; weßhalben sie dann viel
Conferencien anstellen, wie sie die Sache auf eine gescheide Manier anfangen
möchten, und zweiffle ich nicht / daß nach beykommenden April-Gespräch (in
welchen die Eigenschafft der Zeit nicht leiden wollen, daß der Autor auf was
klügers bedacht gewesen) sie Gelegenheit nehmen werden, denselben als einen
Majestät-Lästerer des glorwürdigsten Aristotelis auf Haut und Haare zu
verklagen. Indessen lebe ich ruhig, nicht so wohl, weil ich mich schon längst
auf alle Fälle zum Voraus gefast gemacht, sondern weil Eure Hochwohlgebohrne
Excellence Dero geschehenen gnädigen Versprechen nach alle diese einfältigen
Consilia gar mit leichter Mühe zu elidiren vermögend sind, und mein gut Gewissen
läst mir keine Furcht zu, daß ich mich befahrete, daß die vielfältigen
Verleumbdungen, die nothwendig bey dieser Bewandnüß Eurer Hochwolgebohrnen
Excellence so wohl von der Partie meiner Antagonisten, als auch andern, die sich
eusserlich als meine gute Freunde anstellen, werden vorgetragen werden, Eurer
Hochwohlgebohrnen Excellence hohe Gnade nur im geringsten alteriren solten,
|| [15]
massen ich dann verhoffe, daß der Augenschein Eure
Hochwohlgebohrne Excellence meine unverfälschte unterthänige Sincerité
versichern solle, als der ich stetswährend verharre etc. Und auf solche Weise
wurden meine Wiedrigen genöthiget; den April wieder ihren Willen zu verdauen und
einzuschlucken.
§. VIII. Nachdem ich mir aber dabey leicht einbilden konte, daß(Dedication der Monate an Seine
Churfurstliche Durchlauchtigkeit zu Sachsen.) mir meine Herren
Adversarii dieses weder vergeben noch vergessen, sondern vielmehr hinter ein Ohr
schreiben, und sich bemühen würden entweder mir meinen Patron abspenstig zu
machen, oder andre die ihm die Wage hielten entgegen zu setzen, so wagte ich es,
und dedicirte meine Monate an Seine Churfürstliche Durchlauchtigkeit selbst /
umb auch hiedurch die Klugheit meiner Wiedrigen nachzuahmen und von ihnen etwas
gutes zu lernen, indem sie die Acta Eruditorum vor dem auch an Ihre
Churfürstliche Durchlauchtigkeit dediciret. Der deßhalben an den Herrn
Ober-Marschall geschriebene Brieff vom 22. Julii lautet also: P. P. Allermassen
die von Eurer Hochwohlgebohrnen Excellence mir ohnlängst durch Herr D. Pet.
entbottene beständige Gnade, mich bey der grossen Bemühung meiner Wiederwärtigen
gantz ruhig und sicher machet; also übersende hierbey Eurer Hochwohlgebohrnen
Excellence den Rest von denen Monat Gesprächen, nebst einem vollständigen
Exemplar, mit unterthäniger Bitte, solche gnädig anzunehmen. Indessen habe ich
gemeynet, es würden künfftig meine Feinde so wohl sich selbst, als mir mehr Ruhe
gönnen, wenn Seiner Churfürstlichen Durchlauchtigkeit ich diese meine
Monats-Gespräche unterthänigst dedicirte, wannenhero ich auch die hardiesse
gebraucht, und solches nach reiffen Bedencken gewaget; jedoch muß ich bekennen,
daß ohne Eurer Hochwohlgebohrnen Excellence gnädige Hülffe ich mir keinen
erwünschten Effect versprechen kan, in Ansehen ich eines Theils bey Hoffe keinen
weitern Access habe, noch verlange, als Eure Hochwohlgebohrne Excellence mir
bißhero gnädig erlaubet; anderes theils ich wohl zuvor sehe, auf was Art bey
seiner Churfürstlichen Durchlauchtigkeit man meine gute Intention übel
ausdeuten, und weil ich weiter nichts, als Seiner Churfürstliche
Durchlauchtigkeit ferneren gnädigsten Schutz verlange, mir an statt desselben
Dero Ungnade zuwege zu bringen sich bemühen könne und werde. Wannenhero nehme zu
Eurer Hochwohlgebohrnen Excellence ich auch dißfalls meine unterthänige
Zuflucht, und ersuche Dieselbe gehorsamst, mir die hohe Gnade zu erweisen, und
ohnmaßgeblich Herrn W. anzubefehlen, wem er die ihme zugesendeien zwey
Dedications-Exemplaria ein
|| [16]
händigen solle, auch
Seine Churfürstliche Durchlauchtigkeit durch Dero hochvermögende Intercession,
daß selbige mein unterthänigstes Unterfangen nicht ungnädig aufnehme, zu
disponiren, und endlich selbst Dero hohe Gnade mir dieserwegen nicht zu
entziehen, sondern sich zu versichern, daß, weil mich jetzo die Noth gedrungen,
Eurer Hochwohlgebohrnen Excellence Gnade beynahe zu mißbrauchen, ich mit allen
unterthänigen Aufwartungen meine gehorsamste Erkänntlichkeit zu bezeigen, und
den hierdurch begangenen Fehler auszubessern, mir äusserst angelegen seyn lassen
werde, als der ich verharre etc. Ich wurde so dann von dero Leuten
benachrichtiget, daß S. Excellenz nicht alleine diese Dedication selbst
übergeben, sondern auch hernach dem Churfürstlichen Bibliothecario anbefohlen,
das eine Exemplar davon in die Bibliothec zu setzen.
(Ein harter Befehl aus dem Ober-Consistorio zu Dreßden wieder den Autorem der
Monate.)
§. IX. Solch ergestalt nun continuirte ich meine Monate dieses gantze Jahr durch
in guter Ruhe, und ware gleich in dem Begriff bey dem Anfang des 89sten Jahrs
die letzten fechs Monate nebst der einen Dedication derselben an Seine
Churfürstliche Durchlauchtigkeit einzuschicken; als Herr D. A. der die Herren
Philosophen von neuen wieder mich aufgehetzet, da ich mich dessen am wenigsten
versahe, einen neuen Befehl aus dem Ober Consistorio an die gesamte Universität
und den damahligen Herrn Creyß-Amtmann ausbrachte, der am 9. Januarii 1689.
datiret war, und solchergestalt lautete. Würdige, Hochgelahrte, lieben
Andächtige und Getreue, was massen sich die Philosophische Facultät zu Leipzig,
ingleichen absonderlich D. Valentin Alberti über D. Christian Thomasium, wegen
seiner scommatischen Schrifften, beschuldigten Concussion und Aufrichtung eines
auditorii domestici, beschwehret, und was sie dahero gebeten, das ist aus den
Beyfügen zu ersehen. Wann dann die Billigkeit erfordert, daß solchen D. Thomasii
Beginnen ferner nicht nachgesehen, sondern solches gebührend geahndet und denen
Beleidigten Satisfaction geschaffet werde; als ist hiermit unser Begehren, ihr
wollet dasjenige, was die Philosophische Facultät und D. Alberti angerüget, auch
sonsten in D. Thomasii Schrifften injuriosisches und ärgerliches zu befinden,
extrahiren, und in gewisse Puncte bringen, so dann D. Thomasium vor euch
erfordern, ihn unser ernstes Mißfallen wegen seiner bißherigen Art zu schreiben
und Begünstigungen eröffnen, ihn über die extrahirten Puncten befragen, seine
Aussage fleißig registriren, und über solche wegen der Bestraffung auch
Satisfa
|| [17]
ction der Beleidigten zu
Wittenberg rechtlich erkennen lassen, das Urtheil aber uneröffnet einschicken,
darbey ihm zugleich andeuten, daß er dergleichen Satyrische Schreib-Art, wie
auch des Drucks seiner Schrifften ohne gewöhnliche Censur und der Continuation
eines auditorii domestici und deßhalben öffentlichen Anschlags, ohne Vorwissen
und Consens der Universität oder Decanorum derjenigen Facultät, dahin die
materia tractanda gehörig, bey Straffe Einhundert Ducaten, sich gäntzlich
enthalten solle. Daran geschicht unsere Meynung etc. Das officium Academicum,
welches damahls aus lauter Philosophis bestunde, war nebst dem Herrn
Creyß-Amtmann nicht säumig den 14. Januarii folgende Citation und Auflage an
mich ergehen zu lassen. Was der Durchlauchtigste Churfürst zu Sachsen und
Burggraf zu Magdeburg etc. Unser Gnädigster Herr uns wegen Herrn D. Christian
Thomasii Schrifften und Auditorii domestici in Gnaden anbefohlen, solches hat
besagter Herr D. Thomasius aus beygehender Abschrifft des gnädigsten Befehls mit
mehrern zu ersehen. Wann dann solchen gehorsamst nachzukommen, unsere
unterthänigste Schuldigkeit erfordert; als wird derselbe hiermit citiret und
geladen / des Montags vor Oculi, wird seyn der 25. Februarii nechstkünfftig Gel.
GOtt vor uns früh um 10. Uhr in loco Concilii unser, der Universität er in
Person erscheinen, und, welchergestalt er auf gewisse aus seinen Schrifften
extrahirte Puncte befraget, auch seine Aussage fleißig registriret werde,
gewarten, worbey ihm dann höchstgedachter Sr. Churfürstlichen Durchlauchtigkeit
ernstes Mißfallen wegen seiner bißherigen Art zu schreiben und Begünstigungen
eröffnet, und darneben zugleich angedeutet wird, daß er dergleichen Satyrische
Schreib-Art, wie auch des Drucks seiner Schrifften ohne gewöhnliche Censur und
der Continuation eines auditorii domestici, und deshalben öffentlichen
Anschlags, ohne Vorwissen und Consens unser, der Universität, oder derer Herren
Decanorum derjenigen Facultät, dahin die materia tractanda gehörig, bey Straffe
Einhundert Ducaten sich gäntzlich enthalten solle, Wornach er sich zu achten.
etc. Es wird zwar verhoffentlich der Leser hierbey begierig seyn, das nöthigste
Stück zu lesen, nemlich des Herrn D. A. und seiner Herren Collegen in der
Philosophischen Facultät ihre Klagen, darauf sich das rescript aus dem
Ober-Consistorio selbst beziehet; und dörfften wohl manche mich beschuldigen,
daß ich selbige mit Fleiß und aus Argelist weggelassen und nicht communiciren
wollen. Ich kan aber dabey versichern, daß ich damahls eben so begierig war
diese Klagen in Abschrifft o
|| [18]
der nur zum Lesen zu
überkommen; aber es wurde mir die Communication von denen Herren Commissariis
unter diesen Praetext abgeschlagen, daß ihnen diese Communication nicht befohlen
wäre, und ich solches wohl erfahren solte, wenn ich erscheinen, und auf die
extrahirten Puncte antworten würde. Weil aber dieses letztere, besage der
folgenden paragraphorum, nicht geschehen, und ich auch nach der Zeit die Acta
aus denen ferner zu meldenden Ursachen nie zu sehen bekommen können, so werde
ich auch genungsam entschuldiget seyn, wenn ich ohnmögliche Dinge nicht leisten
kan.
(Erleuterung etlicher Passa gen aus
dem September 1688.)
§. X. Damit aber der unpartheyische Leser desto besser von deren Inhalt nur aus
einem einigen specimine urtheilen, auch dasjenige was hernach in meiner
Supplique §. 13 angeführet werden wird, desto deutlicher verstehen könne; will
ich nur in antecessum melden, was ich von etlichen guten Freunden in Vertrauen
erfahren, weßwegen Herr D. A. mich verklaget haben soll, als ob ich ihn in
meinen Monaten einer Concussion beschuldigt hätte, das angegebene corpus delicti
soll in dem Monat September des 88. Jahrs enthalten seyn. In diesen hatte ich
pag. 308 seq. etwas frey von denen Mißbräuchen der Academischen Censuren und
Confiscirungen der Bücher raisoniret, und dabey etliche Umstände, wiewohl ohne
Nennung eines Menschen oder Collegii, berühret, die meine Herren Adversarios auf
sich zu appliciren, ihr eigenes Gewissen mochte veranlasset haben. Ich hatte
aber auch mein selbst nicht geschonet, sondern mit deutlicher Benennung meiner
Monats-Gespräche denenselben p. 315. nach dem Geschmack meiner Wiedrigen, den
Text rechtschaffen gelesen. Damit man auch dasjenige, was ich daselbst von einem
Collegio Oratorio gemeldet, desto besser verstehen möge, will ich dem curieulen
Leser diejenige Oratiunculam, die ein junger Orator in einem Collegio Oratorio
Anno 88. hatte halten müssen, communiciren, (in welcher der Autor sich
beflissen, denen so genannten Müßigen zum Faveur des Herrn A. und seiner
Collegen den Schwären rechtschaffen aufzustechen,) und das Urtheil davon einem
jeden überlassen.
Cum illud cumprimis sit Oratoris, A. O, ut ea, quae sunt exilia, evehat,
extollat, si fuerit libitum; illa vero, quae magnifica, minuat, attenuet atque
deprimat; ita hoc dicendi genus palato meo optimum semper judicavi, ut non modo
conatus fuerim, laudibus decorare, quae videbantur encomio minus digna, ex
adverso contra vituperare, quae a non paucis magni fiebant, sed etiam pro iis,
quorum lis, num celebranda vel culpanda, adhuc sub judice est,
|| [19]
causam dicere non dubitaverim. Hic mos A. O. cum in Palaestra
nostra viguerit hactenus feliciter, idem hodie coram vobis peroraturo ante
oculos versabatur, &, quin sequerer, non diu anxius haesitavi. Nimirum
ante aliquot dies non sine laude habita est oratio, qua patrocinium illorum, qui
virgula censoria eruditorum scripta minus caute notant, est susceptum. Quoniam
igitur integru̅ cuivis est judicium, quod otiosi ipsi, quamvis
limites excedant, sibi vindicant, invasit animum meum lubido, labores istorum
homuncionum, ut inconsultos, in optimos viros injurios, noxios, ineptos
improbandi.
Vos Auditores, benevole dicentem audietis, &, si liberius sententiam meam
prompsero, inter privatos parietes, aut, si mavultis, exercitationis gratia
dictum putabitis.
Ansam, A. O. quae impulcrit id hominum genus ad compilandas schedulas, si
conjecturare licet, mera videtur praebuisse invidia, aut potius Cacozelia, ut
appellant. Neminem enim fugit, quantus splendor Academiae nostrae apud
remotissimas etiam gentes per illos accesserit, qui eruditorum Acta brevibus,
sed erudite & summo Judicio doctioribus legenda exhibent. Haec res,
quemadmodum digna est, ut invidiam apud omnes pariat, ita male habuit quoque
Satyricos nostros. Ut igitur quid molirentur, quo nocere possent laboribus
Virorum Celeberrimorum, non modo expilare aliorum scripta, iniquum ferre de iis
judicium, sed Nostros fraudis atque socordiae, ac si mentem Auctorum vel
perverterint, vel ad minimum non fuerint assecuti, vel optima omiserint, haud
obscure insimulare sunt aggressi. Quid mirum Auditores? Qui nihil ipsi in vulgus
protrudere queunt, quo famam aucupentur, aliorum laedere habent necessum.
Calumninare audacter, semper aliquid haeret.
At hoc dabimus iis, quoniam ingeneratum est otiosis, quales & ipsi videri
volunt. Istud autem non potest non apud Vos bilem movere, si pensitemus, quid
animo intendant. In scenam prodit inepte philosophans Davides aliquis.
Deridentur Logicorum libelli, quoniam nil nisi praedicabilia &
Praedicamenta, figu ras syllogismorum continent. Inepti sunt Physici, nam cum
larvis pugnant, dum pro materia prima, qualitatibus occultis velut pro aris
& focis certant. Ethici & Politici insaniunt, nam prudentiam (ut
barbare loquar) genus harum disciplinarum contendunt.
|| [20]
Nullius pretii est Theologia, Jurisprudentia. Illa miscetur cum Philosophia, in
hac dominantur Tribonianus & Glossatores. Medici ad Garamantas sunt
relegandi, quoniam vinum Rhenanum sanitati conducit, aut adhuc dubium est, num
Galeno, Theophrasto, Hippocrati, an Neotericis sit calculus addendus. Et ut
paucis omnia comprehendam. Nihil omnes hi ex mente Otiosorum agunt, nisi ut
juventutem pecunia emungant. Heus bone Vir! abusum rei exponis, ideone cessent
artes liberales? Id moliris, ut absterreas optima ingenia, quo minus literarum
studia amplexentur, qui nondum norunt, quid distent aera lupinis, dum odiosa
reddis, sine quibus neque Respublica Christiana, neque civilis, neque
literaria, neque humana societas sarta tecta, atque incolumis persistere valet.
Quis monstrum in Theologicis, primam materiam & qualitates occultas in
Philosophicis (ignoscant delicatae aures, ut cum Barbaris loquar) probaverit,
nisi cum recta ratione insanire velit. Ipsi abusum detestamur, usum rei
magnifacimus. Reliqua A. cum sint inconcinna, dum recitavi, vosmet ipsi
refellistis.
Quin imo, id me mordet, quod Academiis, &, ni fallor, patriae suae
insultent. Optant, dari, qui inquirant in docentium socordiam &
eruditionem, quam falso jactent. Hic manuscripta, jam olim blattis &
tineis adjudicata in manus resumit. Ille quotannis eandem recinit cantilenam
& convictus, dum rationes hypothesin suffulturae desunt, ad conscientiam
suam ablegat Antagonistas. Et ut fucum faciant Satyrici, magnum Schuppium,
famigeratissimum quondam Hamburgensium Doctorem in suas partes trahere volunt,
cum tamen Vir beatissimus non sustinuerit Academiis dicam scribere, sed nato, ut
Parentem decet bene consulere, quamvis ab ineruditis pasquillos, ut vocant,
reportaverit. Id ambabus largior manibus, cultiores reddi posse Academias, si
exterminentur supervacanea. At horumne Catonum nutu omnia protinus peragentur?
Lustrabimus etiam A. qualem ferant de scriptis aliorum sententiam. Ut verbo
dicam: omnes omnino contemnunt, derident. Hunc ex aliis transscribere sua, magis
quam stentorea voce clamitant, illum ineptire. Profecto istudne est spurcare
existimationem bonorum Vitorum, cui non modo leges divinae, sed &
humanae poenam interminantur. Miror hosce, cum velint videri Juris
|| [21]
Antistites, tam perverse sacram Themidem violare. Ipsi
ineptias pene aniles propinant, & non immerito sibi dictum putent illud
Satyrici.
Cum tua pervideas oculis mala lippus inunctis, Cur in amicorum vitiis tam cernis acutum? Namque quis Tartuffus? quis Barbon? quid sibi vult catus in capitolio Davidis aut convivium Clarindianum. Nescio num risu excipiendi sunt homines, aut ad Galenum ablegandi. Sed forte fuste eos exceperit, quoniam ab illis vapulat. Theonino dente rodunt Viros Reverendos, quod pro rostris dicant, ut risum cieant, vel adulentur Principibus. Hypocritae? quid agitis? Omnes omnium sibilis exponere vultis, &, quod dolendum est, Gnathones estis inter primipilos. Reprehendistis alios, quod Autorum nomina ignorarint, vel confuderint. Nae fabulam de vobis narratis. Quis enim est Eggetin, cui litem cum Nostris fuisse dicitis, ne forte incuriae Chalcographorum tribuendum sit, quod vix credidero. Dixerim quoque, A. institutum hoc contrariari charitati Christianae, aut virtutibus, quas vocant Homileticas. Verum illud pedanticum est. Hi ad subsellia Hodiernorum Politicorum sunt referendi. Haec non curat Philosophus. Sed forsan A. vestra abutor patientia. Quare quae dicenda amplius, aliis relinquam. Hi homines latitare volunt, & quales sint, nobis non est compertum. Circa illorum meditationes solummodo nostras depromsimus. Hoc novimus, non esse doctos, nam fatentur ipsimet, & assentimur. Nam doctus non est, nisi sit vir bonus. Larvam ulterius non detrahimus. Dicimus quod sentimus. Hos natura non fecit artifices, sed ineptos judices. Cumque lateant, & latere velint, lateant. Nos oratiunculae nostrae colophonem imponimus isthoc ingeniosi Martialis:
Carpere Caussidicus ferturmea carmina, quis sit, Nescio, si sciero, Vae Tibi Caussidice. §. XI. Dieses alles aber, was ich bißher aus dem September(Das angegebene corpus delicti selbst aus be-) angeführet, war noch nicht das rechte Corpus Delicti, warumb der Herr A. mich verklagt hatte, sondern er hatte sonderlich dieses sehr übel genommen, daß ich mich unterstanden hatte, des Herrn von Pufendorff seine Schwedische Historie wieder die objectiones, die der Herr A. in
|| [22]
(sagten September nebst
etlichen dazu gehörigen Umbständen.) seinen bekannten Streitigkeiten
wieder einen vorgebracht, zu vertheydigen, wie diese Vertheydigung daselbst p.
358. biß 366. zu lesen ist. Nun leugnete ich zwar nicht, daß ich mit dieser
Vertheydigung auf den Herrn A. gezielet, weil diese seine objectiones jedermann
bekandt waren, jedoch hatte ich ihn in so weit menagiret, daß ich ihn nicht mit
Nahmen genennet, und war also dieses die quaestio praejudicialis, ob ich ihn in
dieser Vertheydigung injuriose tractiret hätte, dieses letzte vermeynte der Herr
A. aus der folgenden Passage zu erzwingen. Er hatte Herrn von Pufendorff unter
andern vorgeworffen, daß er den bekannten Theologum D. H. mit Unwarheit
beschuldiget hätte, als ob dieser mit 10000. Thalern sich hätte bestechen
lassen, den damahligen Churfursten zu S. zu den P. Friede zu bereden. Dieses zu
beantworten, hatte ich mich beflissen p. 362. seq. auf folgende Art zu thun: Ich
wundere mich aber hiernechst nicht wenig, warum der vornehme Mann, der dem Herrn
von Adlersring die Schwedische Historie so verkleinert / unter so vielen hundert
Actionen, die darinnen erzehlet werden, eben auf
diese gefallen, die von denen zehen tausend Thalern handelt, die der so geuannte
hochverdiente Mann soll bekommen haben; und bilde ich mir fast ein, er müsse mit
demselben von einerley Handwerck seyn, daß er sich dieser Sache so eyffrig
annimmt. Meines Erachtens wäre es besser / man machte durch ungegründetes contradiciren eine Sache, die noch in vieler alten Leute
Andencken schwebet, daß man dieselbige zu ihrer Zeit für eine kundbare Wahrheit
geglaubet / die aber bißhero durch Vergessenheit fast begraben gewesen, nicht
wieder rege. Es braucht hier eben keines Beweises durch einen Bothen, weil man
noch in alten Schrifften, die Zeit währendes dreyßig-jährigen Krieges anno etliche 20. biß etliche 30. heraus kommen, gar viel
Tractätgen findet, daß man nicht allein dieses, sondern noch viele andere Sachen
/ die hier nicht eben nöthig zu erzehlen sind, demselben hochverdienten Mann
öffentlich Schuld gegeben; und ob er gleich seines Orts nicht säumig gewesen,
durch öffentliche Segen-Schrifften, die ihm auferlegte Beschuldigung abzuleinen,
so weiset doch seine eigene Defension, und was er von
sich selber geschrieben, daß er, auf das glimpfflichste zu reden, ein Mann
gewesen seyn müsse, der gar vielen seinen Character sehr
unanständigen Begierden und Affecten den freyen Zügel
schiessen lassen. Daß man also, wenn man nichts mehr als eben diese sei
|| [23]
ne eigene Schrifften, die ich dem Herrn von
Adlersring selbst zeigen will, ansiehet, das von ihm damahls erschollene
Geschrey für nicht unwahrscheinlich halten muß. Und ge wiß 10000. Thaler ist ein
ehrlich Stück Geld welches bey vielen tugendhafften Leuten eine grosse
Versuchung zu erwecken allezeit fähig ist, absonderlich bey einem Gelehrten aus
der Schule des Aristotelis, der aus seiner Ethic gelernet, daß dasselbe unter die vera bona mit gehöre, und daß man solches nicht alleine
nach der einfältigen Stoicker Art nurso mit nehmen, sondern auch mit Verlangen
gar darnach trachten möchte. Wenn nun ein solcher rechtschaffener Philosophus wohl weiß, worzu das Geld gut ist, darneben
aber betrachtet, wie sauer er sich es müsse werden lassen, ehe er mit seinen Collegiis, und andern gewöhnlichen Handgriffen, nach
Gelegenheit tausend / hundert, oder wohl gar zehen Thaler vor sich bringen
könne; im Gegentheil aber / nur per impossibile fingiret
/ was er für ein glückseelig Leben führen könnte, wenn man ihm 10000. Thaler
schencken solte, so wird ihm fast die eintzige Einbildung dieser Glückseeligkeit
dahin verleiten, daß er sich kaum enthalten wird üb erlaut auszuruffen: Quis resistere potest tot armatis? Ja ich glaube
wenn gleich Aristoteles selbst, der doch (wie die alten
Römischen Käyser das jus civile) das Messergestecke der
Justitiae Universalis mit allen eylfs Tugenden in sorinio pectoris gehabt, dergleichen Stückgen aus der
sechsten Bitte ausstehen solte; Er würde gestehen müssen, daß er ein armer
Erden-Kloß sey, und daß das Kräutlein pecuniae viel
tausend mahl besser sey, als das Kräutlein patientia.
Ist doch unsere sündliche Natur durch den Fall der ersten Eltern so starck
verderbet worden, daß ob wir uns gleich noch eiffrig vornehmen, alle unsere
Thaten nach der ersten Vollkommenheit einzurichten, wir dennoch kaum vermögend
sind, einer Versuchung von einer kleinen Summe, die kaum so viel austräget, als
etliche arme Stipendiaten von ihren Stipendiis
Academicis zu gewarten haben, zu wiederstreben, und erinnere ich mich in
denen actis anecdotis ohscurorum virorum gelesen zu
haben, daß M. Ortuius Gratius zu seiner Zeit sich
durch eine Schüssel mit Pfann-Kuchen bestechen lassen, daß er einen unwürdigen
Candidatum Magisterii durch geholffen, den man auch
deswegen hernach allezeit zum ewigen Andencken Magistrum
nostrum do Placentia
ge
|| [24]
nennet. Aus diesen letzten Worten wolte nun
Herr D. A. erzwingen, ich hätte ihn als Ephorum Stipendiatorum beschuldiget, daß
er die Stipendiaten Casse bestohlen, oder sich einer Concussion gegen die
Sripendiaten gebraucht hätte. Nun lasse ich abermahl einen jeden unpartheyischen
Leser selbst urtheilen, ob man diese oder dergleichen Beschuldigung aus
obbesagten Worten per genuinas regulas interpretationis, etiam mysticae, heraus
bringen könne, ohne meinen Worten die gröste Gewalt anzuthun. Dieses kan ich
zwar nicht leugnen, daß damahls in Leipzig die gemeine Rede gieng, daß ein
gewisser Magister; der ein guterer ehrlicher aber dabey sehr simpler Mensch war,
in dem examine nicht wohl bestanden, und daß man in willens gewesen war ihn
einen Repuls zu geben, wenn nicht dessen Mutter die sich von Pfann-Kuchen backen
nehrete, einer gewissen Person eine ziemliche Schüssel voll Pfann-Kuchen
verehret hätte, und da die gute Frau dieses selbst unter die Leute gebracht
hatte, war es erfolget, daß der arme Mensch von jedermann der Pfann-Kuchen
Magister genennet wurde: Aber wie dieser Punct sich ohne dem nicht zum crimine
concussionis schickte; also hatte man demselben mit Fleiß in der Anklage
ausgelassen, und aus denen vorhergehenden Worten mir ein crimen andichten
wollen.
(Klage des Autoris der Monate über
dieses Verfahren bey Sr. Chur fürstlichen Durchlauchtigkeit selbst.)
§. XII. Jedoch wieder auf den oben §. 8. gedachten Befehl zu kommen, war
allerdiengs fürsichtiger Rath von nöthen, wie ich das mir darinnen angedrohete
Ungewitter vernünfftig und rechtmäßig abwendete. Anfänglich gabe es ein grosses
Nachdencken, warum diese Anklage occasione des Septembers in die vier Monate war
differiret worden, und ich erfuhr durch vertrauete Nachricht daß zwar die
Anklage alsobald im Monat September etlichen membris, die des Herrn A. Patrone
waren, war zugestellet, aber von denenselben nicht eher zur Resolution
vorgetragen worden, als biß damahlen etliche andere membra, die die gerechtsame
meines Begehrens erkenneten, und mich nicht übereilen lassen wolten, verhindert
wurden in consessum zu kommen, und mein Wort zu reden, auch hiernächst der Herr
Ober-Marschall damahls nicht in Dreßden war. Dieser Umstand veranlassete mich
nun, daß ich bey Uberschickung der Dedication dieser letzten sechs Monaten mich
immediate an Seine Churfürstliche Durchlauchtigkeit oder an das geheimbde
Raths-Colle̅gium sub dato den 15. Januarii 1689. wendete, und
folgende Vostellung thate.
P. P. Eure Churfürstliche Durchlauchtigkeit geruhen aus beykommenden Exemplarien
des andern Theils meiner Monat-Gespräche, und
|| [25]
der
voranstehenden unterthänigsten Zuschrifft gnädigst zu ersehen, was mich
veranlasset, Eurer Churfürstl. Durchlanchtigkeit denselben wiederum in
unterthänigsten Gehorsam zu dediciren. Ob nun wohl zu Eurer Curfürstl.
Durchlauchtigkeit ich des unterthänigsten Vertrauens lebe, es werde Eure
Churfürstl. Durchlauchtigkeit diese meine unterthänigste Dedication gnädigst auf
und annehmen; so werde doch hierbey genöthiget, Eure Ehurfürstl.
Durchlauchtigkeit wehmüthigst zu klagen, wie nunmehro eine geraume Zeit hero D.
V. A Prof. Logices & Metaphysices zu Leipzig, um daß ich mich einer
andern Lehr-Art, als die seinige ist, bedienet, durch falsche Verleumdungen mich
nicht alleine um Ehre, Nahrung und Vermögen zu bringen trachtet, sondern auch
die andern Professores philosophiae dergleichen zu thun wieder mich anhetzet,
massen dann, ohnerachtet im Anfang des vorigen Jahrs bey Eurer Churfürstl.
Durchlauchtigkeit Ober-Consistorio zu Dreßden ich in einem unterthänigsten
Supplicato gebeten mir die Gnade zu erweisen, und daferne dergleichen Verleumder
mich verklagen solten, mich zuförderst gnügich zu hören, dennoch ermeldter D.
Alberti nebst denen andern Professoribus Philosophiae durch ihre falsa narrata
beykommenden harten Befehl sub A. wieder mich sub & obreptitie
ausgewürcket, auch die darinnen ernenneten Commissarii, unter denen der Rector
Academiae und dessen jetzo verordnete Assessores selbst Philosophiae Professores
seyn, auch erwehnter D. A. mit darunter ist, mir heute beyliegende Citation und
Auflage sub B zugesendet.
Wann aber gnädigster Churfürst und Herr, der Augenschein weiset, daß ich (1)
ungehört (2) wegen einer blossen Satyrischen Schrifft, die weder in Göttlichen
noch weltlichen Rechten bißher für eine Missethat gehalten worden, und (3) wegen
Gebrauchs meiner Collegiorum, die allezeit auf den Nutzen der studierenden
Jugend ihr Absehen gerichtet, auch mir von keinem Menschen mit Bestande Rechtens
einiger Mißbrauch derselben wird dargethan werden können, als ein schimpfflicher
Inquisit und delinquent tractiret werden soll, (4) diese Art wieder mich zu
verfahren von dem gemeinen Wege Rechtens, den Eure Churfürstl. Durchlauchtigkeit
auch dem geringsten Bettler sonst wiederfahren läst, ausschreitet, und ab
executione anfänget, über dieses (5) meine Feinde und Wiederwärtigen selbst der
Commission sich anmassen, und (6) in der mir gethanen Auflage noch darzu extra
viam Commissionis schreiten, indem sie mir dasjenige, was sie dem Befehl nach So
dann, das ist: nach meiner Verhör thun solten, alsbald anfangs auferleget, und
mir
|| [26]
bey hundert Ducaten Straffe meine Collegia und
Schrifften, wie bißhers geschehen, frey zu halten und drucken zu lassen
untersaget, im übrigen aber (7) D. A. und die Professores Philosophiae mich
durch falsche Verleumdungen und unrechtmäßige Weise bey der gantzen erbarn und
gelahrten Welt zu ruiniren und prostituiren suchen; als nehme zu Eurer
Churfürstl Durchlauchtigkeit in unterthänigsten Gehorsam meine Zuflucht, und
bitte Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit mit wehmüthigem Hertzen, in Dero hohen
Churfürstlichen Schutz mich gnädigst zu nehmen, die angestellete Commission
nebst allem, was bereits in der Sache ergangen, zu cassiren, auch D A. und die
Professores Philosophiae nach dem Wege fürgeschriebener gemeiner und in Eurer
Churfürstl. Durchlauchtigkeit Landen üblichen Rechte, da sie mich Anspruchs zu
erlassen nicht gesonnen, mit mir zu verfahren ernstlich anzubefehlen, wieder
besagte meine fälschlichen Ankläger wegen der mir allbereit angethanen höchst
empfindlichen Beschimpffung Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen, und mir diese
Freyheit, die ich bißanhero gehabt, Collegia Juridica und Philosophica zu
halten, auch Bücher zu schreiben und drucken zu lassen, so ferne solches gegen
GOtt, Eurer Churfürstl. Durchlauchtigkeit und der raisonnabeln Welt zu
verantworten ich mir getraue, gnädigst zu vergönnen. Solche hohe Churfürstl
Gnade etc.
(Und noch ausführlicher bey dem Ober-Consistorio zu Dreßden.)
§. XIII. Nachdem ich vorstehende Schrifft überreichet hatte, wurde mir gerathen
den etwas kurtzgefaßten Inhalt derselben etwas deutlicher und umbständlicher in
einer an das Ober-Consistorium zu Dreßden selbst gerichteten Supplic
fürzustellen. Derowegen säumte ich mich nicht, selbiges auf folgende Weise am
24. Januarii 1689. zu thun.
(Kurtze Vorstellung dessenwas bisher in dieser Sache
vorgangen.)
P. P. Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit geruhen sich gnädigst zu entsinnen, was
massen im Monat Januario verwichenen Jahres, als Ew Churfürstl.
Durchlauchtigkeit D. A. und dem Rath zu Leipzig anbefohlen, wegen des Autoris
der so genannten Schertz- und ernsthafften Gedancken zu inquiriren, ich mit
einem unterthänigsten Supplicato einkommen, und Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit in unterthänigsten Gehorsam gebeten, wieder meine heimliche
Verleumder mich gnüglich zu hören, und deren falschen Angeben keinen Glauben
beyzumessen. Gleichwie ich nun jederzeit der beständigen Meynung gewesen, daß
dieses mein Suchen so wohl Göttlich-als menschlichen Rechten gemäß wäre; also
habe ich nach diesen die Consilia meiner Wiederwärtigen im geringsten meine
Gemüths-Ruhe nicht turbiren lassen, massen solches nicht alleine mei
|| [27]
ne beyden unterthänigsten dedicationes besagter
Monatlichen Gedancken ausweisen, sondern solches auch daraus abzunehmen ist, daß
ohnerachtet mir wohl bewust gewesen, daß bey Ew. Churfürul. Durchlauchtigkeit
die Philosophische Facultät wegen des Martii mich verklaget, ich dennoch mich in
geringsten nicht moviret, sondern jederzeit des unterthänigsten Vertrauens
gelebet, Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit würden mir die hohe Gnade erweisen,
und mich wieder diese Klage hören, zumahlen, da ich gespüret, daß Ew.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit viele Monate lang auf besagtes Supplicat derer
Philosophorum keine gnädigste Resolution ertheilet. Aus ebenmäßigen Absehen habe
ich vor unzeitig gehalten, als die Philosophi von neuen mense Octobri mich wegen
meines Collegii Disputatorii verklaget, so wohl auch D. V. A. mich fälschlich
angegeben, als ob ich ihm im Monat Septemper eines Diebstahls der
Stipendiaten-Casse, oder zum wenigsten einer Concussion beschuldiget hätte, Ew.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit mit meinen unterthänigsten Supplicatis verdrüßlich
zu fallen, sondern habe jederzeit der beständigen Gnade meines Durchl.
Churfürstens und meiner gerechten Sache mich getröstet, ohnerachtet eine Person
(die aus unterthänigsten Respect gegen Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit zu
nennen ich noch zur Zeit anstehe, auch so lange, biß Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit selbige zu nennen gnädigst mir erlauben, anstehen werde) durch
allerhand Bedrohungen mich zu einer schimpfflichen transaction mit besagtem D.
A. zu persuadiren gesuchet, und mir Versicherung geben lassen, daß, wenn ich mit
D. A. verglichen wäre, der Philosophischen Facultät Suchen nicht viel auf sich
haben würde. Nichts desto weniger aber hat Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit
gefallen an 9. Januarii. dieses Jahres aus Dero Ober-Consistorio an die
Universität und den Creyß Amtmann zu Leipzig einen Befehlig ergehen zu lassen:
Daß sie dasjenige / was die Philosophische Facultät und D. A. angeruget etc. (reliqua siehe oben §. 9.) Ob nun wohl, Durchlauchtigster Churfürst, ich hierbey alle die Empfindlichkeit fühle, die ein ehrlicher Mann, den seine Wiederwärtigen bey Seiner hohen Landes-Obrigkeit durch falsches Verleumbden in Ungnade zu bringen suchen, und der nechst GOtt und seinen Fürsten seine höchste Glückseeligkeit in rechtmäßiger Vertheidigung seiner Ehre und guten Renommé suchet, fühlen soll; auch meine Empfindlichkeit dadurch desto mehr erreget wird, weil meine Verleumder D. A. und die Philosophische Facultät allbereit über mich triumphiren, als hät
|| [28]
ten sie mich gäntzlich ruiniret, und den
erhaltenen Befehl in gantzen Churfürstenthum und sonsten ausposaunen, und mich,
als einen Inquisiten diffamiren, auch im übrigen noch die Unverschamheit haben,
daß sie sich der Commission anmassen, in Ansehen das jetzige Concilium Rectoris
& Assessorum ans L. I. S. Eloq. P. P. L. I. F. Poës. P. P. D. V. A. Log.
& Methaphys. P. P. L. O. M. Moral. P. P. und L. A. R. Hist. &
Utr. ling. P. P. bestehet; so wird doch die unterthänigste Reverenz, mit der Ew.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit ich verpflichtet lebe, nimmermehr zugeben, daß
diserwegen über Ew. Churfürstliche Durchlauchtigkeit ich einige Ungedult oder
ungeziemendes Murren blicken lassen solte, zumahlen mich die Rechts-Gelahrheit
vorlängst gelehret, daß alle Befehlige eines Fürsten die Clausulam: si pre es
veritate nitantur, bey sich führen. Jedoch glaube ich, daß Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit hohe Gerechtigkeit ich höchlich beleidigen würde, wenn Ew.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit ich nicht eine wahrhafftige Speciem facti, und die
Unrechtmäßigkeit des Begehrens meiner Verleumder deutlich, jedoch aufs kürtzeste
darstellen solte.
(Ursprung des A. tödlichen Hasses
wieder den Autorem, weil dieser die Pufendorffischen
Lehren vertheydiget.)
Gnädigster Churfürst: Es sind nun allbereit etliche Jahre verflossen, als ich in
meinen privat Collegiis zu Leipzig unter andern auch das Jus naturae angefangen
zu erklären, worinnen ich denen hypothesibus des Herrn Pufendorfs nachgegangen,
und meiner Auditoribus die Unzulänglichkeit derer hypothesium, derer sich D. A.
in seinem so genannten Compendio Orthodoxo bedienet, klar und deutlich, jedoch
allezeit modeste und mehrentheils ohne seine Nennung, oder doch zum wenigsten
cum praefatione honoris dargethan und erwiesen, worinnen ich mir destoweniger
was unrechtmäßiges zu thun eingebildet, weil ich gespühret, daß nicht allein Ew.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit Räthe ihre Kinder schrifftlich an mich, daß sie
diese meine Collegia Juris Naturae besuchen solten, recommendiret, sondern auch
gewahr worden, deß weder von denen hiesigen Herrn Theologis, noch von denen
Professoribus Philosophiae kein einiger diese hyothesin Albertinam für
vernünfftig geachtet und ihr beygepflichtet, sondern nur etliche unerfahrne
junge Magistri aus blinder Liebe zu ihrem Lehrmeister dieselbe zu behaupten sich
unterstanden, aber unerachtet sie sich entweder mit einer Epistola oder Carmine
commendatorio ihres Praeceptoris gewaffnet, doch allezeit, wenn es zum
disputiren kommen, den Kützern gezogen, und coram Auditorio publico, Ew
Churfürstl. Durchlauchtigkeit Academie, die Philosophische (Vielerley) Facultät, und sich selbsten
prostituiret. Dieses alles aber
|| [29]
hat bey D. V. A. einen
so tieffen Haß wieder mich erwecket, daß er sich von(Wirckungen desselbigen.) dar an feste vorgenommen, mich, so viel in
seinem Vermögen, bey meinem gnädigsten Churfürsten in schwehre Ungnade zu
bringen, ja bey der gesammten gelehrten und tugendhafften Welt als einen bösen
Menschen zu traduciren, worzu er sich folgender Mittel gebraucht. 1) Hat er
seiher(1) Durch ausgeschickte Behorcher.)
Kinder Praeceptores oder andre von seinen Creaturen etliche mahl in meine
Collegia gesendet, die meinen Discurs gar fleißig nach schreiben müssen, ob er
vielleicht daraus etwas ertappen könte, so zu seiner bösen Intention dienete,
wiewohl ich diesen Fall-Strick allezeit durch meine Behutsamkeit evitiret. 2)
Als für etlichen Jahren bey Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit(2) Durch falsches Angeben bey denen Churfürstlichen Ministris.) ich um gnädigste Conferirung der
Extraordinar Assessur in Consistorio zu Leipzig, die in blosser Arbeit bestehet,
und die geringste Befoldung nicht hat, unterthänigst angehalten, hat D. A. nicht
eher nachgelassen, als biß durch seine falschen Verleumdungen er meine Patronos
theils von mir abgewendet, theils mit ihm umzutreten verleitet, daß also bey Ew.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit hohen Ministris ich durchgehends diffamiret
worden, als ob ich ein Mann wäre, der sich mit keinem Menschen comportiren, und
also in kein Collegium könne gebraucht werden, wodurch mir zugleich alle
Hoffnung zu einiger würdigen Promotion in meinem Vaterlande abgeschnitten
worden. Dieweil ich aber diese Verläumbdung wenig geachtet, sondern mich meines
guten Gewissen tröstende, mit dem wenigen, was mir GOTT bescheret, und was ich
theils informando, theils mit Herausgebung etlicher Schrifften verdienet, wohl
begnüget gewesen; als ist D. A. weiter fort gefahren, mich auch an meinem Bissen
Brodt zu kräncken, wannenhero er 3) als ich vor zwey(3) Durch intendirtae Auffhetzung derer Theologorum wieder die Institutiones Jurisprudentiae divinae.) Jahren meine
Institutiones Jurisprudentiae divinae herausgegeben, die Herren Theologos zu
Leipzig wieder mich angereitzet, daß sie in Conventu Facultatis Theologicae
deliberiret: Ob es nicht rathsam sey, in Nahmen dieser Facultät einen
unterthänigsten Bericht an Ew. Churfürstliche Durchlauchtigkeit abgehen zu
lassen, und anzuhalten, daß besagtes mein Buch wegen gefährlicher Lehren
confisciret werden möchte, worbey D. A. in Gebung seines Voti mit gar
weitläufftigen und wohl studirten Worten die Affecten seiner Herren Collegen
dergestalt zu rühren gewust, daß er allbereit zwey von denenselben auf seine
Seite gebracht, biß endlich ein andrer unpartheyischer Theologus dieselben
erinnert, in dieser Sache behutsam zu gehen, und für allen Dingen diese meine
Institutiones wohl und bedächtig zu lesen, ehe sie darwieder einen Schluß
faßten, wodurch
|| [30]
dann auch diese Intention des D. A.
als diejenigen, so er zuvor auf seine Seite gebracht, nichts gegründetes wieder
mich in meinem Buche finde können, (4) Durch intendirte Verbietung aller Collegiorum Juridicorum et Philosophicorum.) elidiret worden.
4) Was die Collegia anlanget, hat D. A. als er für fünff viertel Jahren nach
Dreßden auf den Landtag als ein Abgeordneter von der Universität, verreiset,
gegen unterschiedene gute Freunde gloriret; er wolle seinen Kopff nicht sanffte
legen, biß er es dahin gebracht hätte, daß mir von Hoff aus Collegia Juridica
und Philosophica zu halten untersaget würde. 5) Als ich auch ferner m ine Ernst-
und Schertzhaffte Gedancken in vorigem Jahr angefangen heraus zu geben, ist Ew.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit Herrn Räthen im Ober-Consistorio selbsten zum
Theil wohl bewust, wie D. A. durch sein falsches Angeben zuwege gebracht, (5) Durch intendirte Inquisition
wegen der Monate.) daß ein Befehl ergangen, wieder den Autorem
derselben zu inquiriren, und wie er hernach, als bey Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit ich mich unterthänigst gemeldet, und daß sich meine
Verleumbder nennen möchten, gebeten, sich nicht getrauet öffentlich wieder mich
auszukommen. 6) Weil ihm dann dieser Streich nicht angehen wollen, als hat er,
nachdem ich im (6) Durch Aufhetzung der Philosophischen Facultät
wieder die Monate.) Monat Martio ermeldeter Gedancken in der Vorrede
die Eitelkeit der Aristotelischen Disciplinen berühret, die gesammten
Professores der Philosophischen Facultät wieder mich aufgehetzet, daß sie ihre
erste Klage wieder mich, so bey Ew. Churfürstlichen Durchlauchtigkeit sie
eingegeben, verfertiget, und hat dieselben desto besser darzu zu disponiren,
ihnen gewiß versprochen, daß er die Sache durch Hand-Brieffgen so nachdrücklich
recommendiren wolle, daß in zweyen Tagen ein Befehlich solte ankommen, in
welchen die Monatlichen Gespräche solten confisciret, und wieder den Autor
derselben eine Inquisition angestellet werden. Ob nun wohl sowohl D. A. als die
Professores Philosophiae, nachdem damahlen ihr unzeitiges petitum unresolvirt
liegen blieben, hätten sollen gewitziget werden, von ihren unrechtmäßigen
Beginnen wieder mich abzustehen, so hat doch D. A. nicht geruhet, nach der ihm
einmahl fürgesetzten Grund-Regel (7) Durch abermahlige
Aufhetzung der Philosophischen Facultät wieder die) wieder mich zu verfahren, als ich 7) an
vergangener Michaelis-Messe meine Introduction ad Philosophiam Aulicam heraus
gegeben, und ein Collegium Disputatorium darüber angeschlagen. Denn weil er
gesehen, daß ich in demselben Buche die Nichtigkeit seiner von allen seinen
Collegis selbst verworffenen Lehren gantz klar und deutlich, wiewohl ohne seine
Benennung, dargethan, und sich dasselbe durch vernünfftige und tüchtige Gründe,
als einem rechtschaffenen Christlichen Theologo, wie er sich rühmet, gebühret
hätte, zu wiederlegen nicht getrauet, hat er
|| [31]
die
Philosophische Facultät zum andern mahl verleitet, daß sie ihre andere(
Introductio ad Philosophiam Aulicam.
) Klage wieder mich verfertiget, und sie zu persuadiren, weil sie lange
nicht dran gewolt, sich dieser motiven gebrauchet: sie sollten nur einkommen, er
wolle sie nunmehro gewiß versichern, daß ein Befehl folgen sollte, weil er schon
einen bessern Weg gefunden hätte, als er zuvor versucht hätte, den ich
deutlicher zu exprimiren, aus unterthänigsten Respect gegen Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit und Dero hohe Ministros billig anstehe. Und damit er D. A.
seine wieder mich bißher verübte Begünstigungen vollführen möchte; als hat er 8)
selbsten eine Klage bey Ew. Churfürstliche(8) Durch
falsche Anklage Wegen beschuldigten Concussion,) Durchlauchtigkeit wieder mich eingegeben, in welcher er
mich seiner Gewohnheit nach fälschlich anschuldiget, als ob ich ihn eines
Diebstahls der Stipendiaten Cassa oder einer Concussion der Stipendiaten
geziehen hätte, welches er doch nimmermehr, daß es aus meinen Worten zu
schliessen sey, mir wird erweißlich machen können. 9) Andere vielfältige
Kränckungen, mit welchen D. A. mich beleget, indem er bey männiglich /(9) Durch andre Kränckungen mehr.) so wohl Fremden
als Einheimischen, mich als einen gottlosen Menschen und undanckbaren Discipel
tractiret, andere junge Leuthe für meinen Lehren warnet, und sie, wieder mich zu
schreiben und in öffentlichen Schrifften zu schmähen, anhetzet, worvon
beykommende Scarteque sub A. ein specimen abgebenkan; anjetzo zu geschweigen.
Gleichwie nun, Gnädigster Churfürst, dieses was ich jetzo erzehlet,(Vorbehaltung ausführlicher Beschwerden wieder etliche
andre Professores Philosophiae.) die
wahrhafftige species facti der zwischen mir und D. A. entstandenen Irrungen ist,
ich mir auch solche, da nöthig, durch Rechts bewährte Mittel zu erweisen
getraue, also ist daraus zur Gnüge zu sehen, was dieses Mannes seine
Denunciation für Gültigkeit mit sich führen könne, und dünckt mir dannenhero
unnöthig zu seyn, weil die Philosophi sich nur als instrumenta calumniae A.
gebrauchen lassen, anjetzo, was wieder die Philosophische Facultät insgesammt,
als absonderlich wieder L. A. G. H. L. O. M. und L. I. F. ich für Beschwerden
habe, zu melden; ich behalte mir aber bevor, daferne Ew. Churfürstliche
Durchlauchtig keit mir gnädigstes Gehöre verstatten wird, solches künfftig
weitläufftig zu thun, und daneben, meinen ehrlichen Nahmen wieder ihre
Verleumdungen desto nachdrücklicher zu retten, bey Ew. Churfürstlichen
Durchlauchtigkeit mit gnugsamen Indiciis zu rügen, daß sie diejenigen seyn, die
Ew. Churfürstlichen Durchlauchtigkeit Gesetze und Ordnungen nicht beobachten,
und durch ihre lectiones qua publicas qua privatas, durch ihre promotiones und
Disputationes Magistrales und Baccalaureales, Ew.
|| [32]
Churfürstliche Durchlauchtigkeit Universität zu Leipzig so wohl bey der
studierenden Jugend, als auswärtig prostituiren, und eine Barbarey einführen.
Dannenhero ist nichts mehr übrig, als daß mit Ew. Churfürstlichen
Durchlauchtigkeit gnädigsten Erlaubniß ich noch aufs kürtzeste erweise, wie sehr
besagte meine Calumnianten Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit verletzet, indem
sie wegen Sachen, die vermöge gemeiner und in Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit
Landen üblichen Rechten, nimmermehr inquisitorie tractiret werden können, eine
Inquisition wieder mich gesucht, und nunmehr, als ob sie mich zum Inquisiten
gemacht hätten, bey (Special-Antwort.) männiglich gloriren. Ew. Churfl.
Durchlauchtigkeit hat selbsten gefallen, in dem an die Universität und
Creyß-Amtmann zu Leipzig ergangenen Befehle, von denen Begünstigungen, dessen
mich D. A. und die Philosophi angeschuldiget, folgende, als injuriosische und
scommatische Schrifften, Satyrische Schreib-Art und das Auditorium domesticum
nahmhafftig (1) Auf die Beschuldigung injuriosischer Schrifften.) zu machen. Was das
erste anlanget, so wäre, wenn ich gleich D. A. eines Diebstahls oder Concussion
beschuldiget hätte, wie doch nicht geschehen / dieses eine injuria privata, in
Ansehen besagter D. A. wenn er schon in seinem Amte geschimpffet worden, dennoch
als Ephorus Stipendiatorum keine Jurisdiction hat, oder potestatem magistratus
sich arrogiren kan, auf welchem Fall sonst bewährter Rechts-Lehrer Meynung nach
propter injurias die Inquisition statt findet. Und obgleich die Philosophi mich
angeschuldiget daß die von Ew. Churfürstlichen Durchlauchtigkeit angeordnete
doctrinas publicas ich injuriret hätte; so ist doch dieses nicht alleine ein
offenbahrer Ungrund, massen ich solches allbereit in einem programmate publico,
in welchen ich vorigen Sommer die studierende Jugend zu einem Collegio Ethico
invitiret, dargethan, sondern ich getraue mir auch gar deutlich zu erweisen,
wenn Ew. Churfürstliche Durchlauchtigkeit die Gnade mich zu hören mir
wiederfahren lassen werden, daß ich im Martio wieder die Disciplinas
Aristotelicas nichts geschrieben, als was alle gelehrte Leute, die sich eine
wahre Renommée erworben, approbiren, ja was die Professores Philosophiae zum
Theil (2) Auf die Anklage wegen Satyrischer
Schreib-Art.) selbst dociren und vertheydigen. So viel aber die
Satyrische Schreib-Art betrifft, der ich mich in meinen Monat-Gesprächen vorigen
Jahres bedienet, so hätten sich die Philosophi billig entsehen sollen, dieselbe
als ein Inquisitions würdiges Laster anzugiessen, massen nicht allein nach
Göttlichen und weltlichen Rechten die Satyrische Schreib-Art niemahls verboten
gewesen, sondern denen Philosophis selbsten bestens be
|| [33]
wust ist, was für Lob Satyrische Schrifften jederzeit bey gelehrten
Leuten gehabt. Aus Furcht, Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit beschwehrlich zu
fallen, will ich jetzo nicht anführen, was Heinsius, Casaubonus und andere denen
Satyris zu Ehren geschrieben, jedoch wird verhoffentlich Ew. Churfürstliche
Durchlauchtigkeit gnädigst geruhen, mir zu vergönnen, daß ich folgende kurtze
Worte, die der weiland vortreffliche Theologus(D. Friedrich Kappolts Lob der Satyre.) und Philosophus zu Leipzig, derer meisten jetzigen
Philosophorum gewesener Praeceptor, Herr D. Friedrich Nappoldt nicht alleine
öffentlich dociret, sondern auch hernach in seinen Commentario über den Horatium
p. 9. drucken lassen, hierher setze: In iis, quae ad mores pertinent, praecipue
occupatur Satyra, indeque Horatius & Satyrici alii a Johanne
Sarisberiensi passim Ethici appellantur. Longe tamen latius fimbrias suas
extendit atque idem fere cum universa Philosophia objectum agnoscit. Quae cum
perfectio quaedam animi sit, &, ut Cicero loquitur, medicina; animique
vires primariae, medicinam & perfectionem desiderantes, duae sint,
rationis & appetitus, utriusque partis morbo, ut Philosophia, sic
& Satyra medetur. Et ex intellectu quidem ignorantiam, ex voluntate
& appetitu malitiam aufert. Ut non immerito de Satyra, quod Plutarchus
de Philosophia, pronuncies, esse eam Endlich so wundert
mich von Hertzen, wie(3) Wegen des Auditorii domestici.) die Philosophi die Kuhnheit haben, und
mich wegen des Auditorii domestici verklagen dörffen, da doch die in ihrer Klage
beschriebenen odiösen Umstände gantz von der Wahrheit entfernet sind, ich auch
anno 72. für mein gut Geld bey ihnen die potestatem, auch ohne Special Consens
ihres Decani Collegia privata lectoria & disputatoria zu halten,
erlanget habe. Und wie sich bißhero über mich keine andere Facultät als die
Philosophische beschwehret, auch verhoffentlich keine beschwehren wird, im
übrigen aber aus diesen allen, so angeführet, gnugsam erhellet, daß weder D. V.
A. noch die Philosophische Facultät bey so gestalten Sachen tüchtig seyn, einige
denunciation wieder mich mit Bestande fürzubringen, ihre bißherige
denunciationes auch theils auf falschen Verleumdungen, theils auf factis, bey
denen kein inquisition Process statt findet, beruhen, und im Gegentheil ich
viele Beschwehrden und Klagen wieder D. A. und die Philosophos anzubringen habe;
also gelanget an Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit mein unterthänigstes(Gegen-petitum des Sup-) gehorsamstes Bitten, mich zuförderst in
meiner rechtmäßig erlangten Freyheit, Collegia Juridica & Philosophica
zu halten, wie
|| [34]
der die Philosophische Facultät,
und da sonsten künfftig jemand dieserwegen mich verklagen wollte, gnädigst zu
schützen, und die meinetwegen an die Universität und den Creyß-Amtman zu Leipzig
ergangene Commission wieder gnädigst aufzuheben, hingegentheil aber eine
anderwertige Commission zu verordnen, die D. A. und die Philosophos, das, was
sie mich zur Ungebuhr per calumniam beschuldiget, gebührend zu erweisen, in
dessen Ermanglung aber wegen der mir durch sie zugefügten höchstschmertzlichen
Beschimpffung sie zu gebührender Satisfaction nachdrücklich anhalte, auch mich
mit meiner Nothdurfft wieder sie samt und sonders, sowohl was ich allbereit
angeführet, als was ich noch ferner künfftig eingeben und rügen werde, gnüglich
höre. Dieses mein Suchen wie es denen gemeinen Rechten, die Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit auch dem geringsten Bettler wiederfahren lässet, gemäß ist;
also lebe ich des unterthänigsten Vertrauens, Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit
werde diese hohe Gnade die mit meinen unterthänigsten Gehorsam ich Lebenslang
wieder zu verschulden verspreche, mir nicht entziehen, und verharre etc.
(Etliche kurtze Anmerckungen über vorige Supplique.)
§. XIV. Wiewohl nun diese Supplique ohne dem sehr weitläufftig und ausführlich
ist; so will doch von nöthen seyn, daß ich noch mit ein paar Worten zu
Erklährung derselben hinzusetze, daß die in derselben gedachte Beylage sub A.
eine so genannte Scriptorum recentiorum Decas war, die ein itzo in der gelehrten
Welt sehr berühmter, damahls aber noch sehr junger Mann anno 1688. edirt, und in
derselben mich sehr schimpfflich angegriffen hatte. Weil er aber damahls unter
dem patrocinio des Herrn D. A. lebete, und von selbigen wieder mich angefrischet
wurde, so ließ er sich aus jugentlicher Hitze dazu verleiten, jedoch weil er
damahls von andern wegen dieser seiner Schrifft angepackt wurde, und mit
denenselben genung zu thun bekam / ich auch ohne dem mit andern mächtigern
Adversariis zu thun hatte; so konte ich mich mit ihn nicht einlassen, ausser daß
ich hernach in der wieder den Herrn Tentzel (der die wieder mich in besagter
Decide befindliche censur verteutscht hatte) publicirten Schrifft genöthiget
wurde, die vornehmsten falschen Beschuldigungen kürtzlich zu zeigen. Hiernächst
hatte ich zwar damahls in der Supplique gesetzt, daß sich bißhero keine andere
Facultät als die Philosophische über mich beschwehret hätte, auch verhoffentlich
keine beschwehren würde: ich hätte auch damahls bona fide ein juramentum
credulitatis abgeleget, daß es nicht möglich wäre, daß solches geschehen könte;
aber es wird der Fortgang dieses Han
|| [35]
dels zeigen,
daß nichts so unglaublich sey, daß nicht geschehen könne, ehe man sich selbes
vermuthe, ja daß nicht unwahrscheinlich allbereit, da ich dieses schrieb, die
Glocke schon dazu gegossen war.
§. XV. Obige Supplique wurde von dem Herrn Ober-Marschall(Zwey Schreiben des Autoris an
zwey Churfl. Staats-Ministros.) dem damahligen
Herrn Ober. Consistorial Praesidenten, Herrn von K. übergeben, und weil ich
darinnen nichts als ordentliches Recht suchte, recommendirt, mir aber ferner an
die Hand gegeben, daß ich selbst dieserwegen an denselben schreiben solte:
welches ich auch den 10. Februarii thate, und die Copey von diesen Schreiben in
einen Brieff an den Herrn Ober-Marschall sub eodem dato beylegte. Das erste
lautete also:
P. P. Eure Excellence mit meinen geringfügigen Zeilen zu beunruhigen, würde ich
mich nicht entblöden, wenn nicht des Herrn Ober-Marschalls Hochwohlgebohrne
Excellence mir hätte berichten lassen, daß auf seine Recommendation Eure
Excellence sich so gnädig erwiesen, und meine an Churfürstl. Durchlauchtigkeit
eingesendete unterthänigste Supplic sich bestens anbefohlen seyn zu lassen
versprochen. Gnädiger Herr! Es hat mein Glück verhenget, daß schon eine geraume
Zeit hero die blame meiner Feinde an dem Hoffe Seiner Churfürstl.
Durchlauchtigkeit mich ziemlich verhaßt und odieus gemachet, und alles mein Thun
und Lassen, zu dessen Zweck ich mir zuförderst das Aufnehmen der studierenden
Jugend auf hiesiger Academie vorgesetzet, dergestalt vergifftet, daß ohnerachtet
ich biß dato Verlangen getragen, Eurer Excellence, nachdem selbige von Sr.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit denen Academischen Gelehrten als ein hoher
Beschützer vorgesetzet worden, die Unbefugniß meiner Verleumder darzustellen,
ich dennoch mich wegen ermanglender Gelegenheit befahren müssen / es möchte Eure
Excellence, solches ungnädig aufnehmen, in Ansehen nicht leicht ein gescheider
Mann, ehe er öffentlich angeklaget worden, seine Entschuldigung fürbringen soll.
Nachdem aber nunmehro meine Wiederwärtigen so kühne worden, daß durch falsches
Beschuldigen meines Durchlaucht. Churfürsten Ungnade gegen mich zu erwecken sie
sich angelegen seyn lassen, wird hoffentlich Eure Excellence aus meiner
eingesendeten unterthänigste̅ Supplic, wo nicht gäntzlich meine
Unschuld, doch so viel zur Gnüge erkennen, daß ich so irraisonnabel nicht sey,
als man mich abgebildet, und daß zum wenigsten dieses einige praesumtion für
mich mache, daß ich mich meine Klagen gegründet zu erweisen anerbiete, und die
allgemeinen Rechts-Mittel ausbitte, da in Gegentheil meine Gegner
ausschweiffende Wege suchen, und sich für nichts
|| [36]
mehr,
als für den Beweiß ihrer Anschuldigung scheuen. Ich habe in besagter meiner
Supplic den kleinsten Theil meiner Beschwehrden angeführet, und würde ich viel
von mehrern zu sagen haben, wenn ich nur das anführen wollte, was seit wenig
Wochen mir von meinen Gegnern wiederfahren, wenn nicht meiner Natur das
Verklagen höchst zuwieder wäre, ich auch für höchst ungereimt hielte, Eurer
Excellence mit denen bagatellen, fo mir wiederfahren, beschwehrlich zufallen.
Ich erinnere mich vielmehr, die Feder zu dem Ende ergriffen zu haben, daß Eurer
Excellence ich unterthänigsten Danck für die Gnade, so durch das des Herrn
Ober-Hoffmarschalls Excellence gescheyene Versprechen sie mir erwiesen,
abstatte, und Eure Excellence ferner gehorsamst ersuche, in Dero hochvermögenden
Schutz wieder meine Verfolger mich zu nehmen. Ich weiß nicht, ob eine wenige
Erkäntnüß des Rechtens, oder, wieder Verhoffen, eine meinen möglichen Fleiß
unerachtet nicht gäntzlich ausgerottete Wurtzel der Selbst-Liebe mich beredet,
ob sey mein unterthänigstes Begehren denen Rechten nicht zuwieder. Nichts
destoweniger will ich auch die Gerechtigkeit der Gnade nicht gantz entgegen
setzen, sondern obschon der Mangel des Erkäntnüsses eines Verbrechens, mir noch
nicht zulässet, S. Churfl. Durchlauchtigkeit darum unterthänigst anzuflehen; so
ist doch die Hitze meiner Selbst-Liebe niemahln so starck gewesen, daß ich das
strenge Recht wieder meine Gegner begehren sollen, massen dann mit ihrer
Beschimpffung mir wenig gedienet ist, sondern ich jederzeit zufrieden seyn
werde, wenn wegen der allzuempfindlichen Verletzung, daß sie mich bey männiglich
als einen Inquisiten ausschreyen, und dadurch sonderlich an auswärtigen Orten
meine wenige renommée, so viel an ihnen, zu kräncken suchen, ich nur eine
ohnmaßgebliche satisfaction erhalte. Und weil dann zu Eurer Excellence ich des
unterthänigen Vertrauens lebe, daß selbige Dero hocherleuchteten Verstande nach
schon hierinnen ein beqvemes Temperament zu treffen wissen werden; Als will zwar
Ew. Excellence nochmahln meine Angelegenheit in Unterthänigkeit ich gehorsamst
recommendiren, dabeneben aber submittire Dero gnädigen decision ich dieselbige
gäntzlich, und werde meinen Gegnern, ihrer üblen intention ungeachtet, doch
deswegen verbunden bleiben, weil ihre Verleumdung mir einen Anlaß gegeben, Ew.
Excellence in unterthänigen Respect zu versichern, daß ich jederzeit seyn werde
etc.
Das andere Schreiben war folgenden Inhalts:
P. P. Gleichwie Ew. Hochwohlgebohrnen Excellence überhäuffte
|| [37]
Gnade mich jederzeit beschämet; also hat Dero gnädiges, welches ich
mit unterthänigen respect erhalten, mich dieselbe nochmahln würcklich
versichert, und kan ich keine geziemende Worte finden, meine unterthänige
Danckbahrkeit deßhalben gebührend zu erstatten. In übrigen hab Ew. Hochwohl
ebohrnen Excellence Befehl zu folge an den Herrn Ober Consistorial-Praesidenten
beykommendes abgehen lassen, und mit jetziger Post zugleich gesendet, werde auch
von nun an meinen Gegnern keine fernere Gelegenheit, über mich mit einiger
Wahrscheinlichkeit zu murren, geben, massen ich denn allbereit in Januario
dieses Jahrs (davon ebenmäßig eine Beylage,) meine vorige Schreib Art
abgedancket, wiewohln ich vernehme, daß sie über die Vorrede, so darinnen
enthalten, die allbereit, als sie den Commissions Befehl erhalten, gedruckt
gewesen, ihren Gebrauch nach von neuen klagen. In übrigen getröste Ew.
Hochwohlgebohrnenen Excellence ferneren gnädigen Schutzes ich mich
ungezweiffelt, und unerachtet ich vermöge Ew. Excellence gnädigen Befehls dem
Herrn Ober Consistorial-Praesidenten meine Sache gäntzlich submittiret, so werde
ich doch jederzeit Ew. Hochwohlgebohrnen Excellence alleine für die mr hierdurch
erwiesene Gnade verpflichtet leben, als &c.
§. XVI. Es gehören zwar die bißhero bey diesen Handel communicirte(Warumb die nach Hoffe ergangene Hand-Brieffe allhier
beygefüget worden.) Schreiben an die Churfürstlichen Ministros
eigentlich nicht ad acta; ich habe aber nichts destoweniger dieselbige
beyzufügen vor nöthig erachtet, nicht, daß ich den Leser etwa unterweisen wolle
wie man nach Hoffe schreiben müsse, sondern damit eines theils die connexion
dessen, was mir folgends mit meinen Gegnern begegnet, desto besser verstanden
werden könne, andern theils aber, daß ich offenhertzig vorstelle, wie ich nicht
durch betrügliche und heimtückische Art bemühet gewesen, meinen Feinden
Fallstricke zulegen, oder durch sclavische Schmeicheleyen mich bey Hoffe zu
insinuiren, sondern daß ich so viel die Schreib-Art betrifft in den Schrancken
einer submissen Höfflichkeit geblieben (gleichwie ich auch dieselbe vermeine in
acht genommen zu haben, als ich in September des 88. Jahrs dem Herrn
Ober-Hoffmarschall meine introductionem ad Philosophiam aulicam dedicirte) und
daß ich zwar in denen ad acta gegebenen Suppliquen meinen wiedrigen cordate und
vielleicht allzuhertzhafft begegnet, und was ich mit Recht von ihnen fodern
können, begehret; aber in denen Hand Brieffen an die hohen Ministros zugleich
bezeuget, daß ich kein so unverträglicher und wiederwärtiger Kopff wäre, als
mich meine Gegner bey Hoffe beschryen; sondern daß denenselben
|| [38]
ich die gütliche Vergleichung in dieser verdrießlichen affaire
lediglich übergäbe.
(Enrschuldigungs Schreiben an den einen Herrn Commissarium.)
§. XVII. Indessen obschon bey Hoffe an diesen Vergleich gearbeitet wurde, muste
ich doch meines Orts vigiliren, daß ich zu Leipzig in dem Proceß nichts versähe.
Ich war / wie oben §. 9. gemeldtet worden von denen Herren Commissariis citiret
worden auf den 25. Februarii für ihnen zu erscheinen &c. Weil nun das
damahlige Concilium Academicum unstreitig partheyisch war, als addressirte ich
meine exception an den Herrn Creyß Amtmann als neben Commissarium.
P. P. Es hat das löbliche Conc lium hiesiger Universität und mein Hochgeehrter
Herr vigore Commissionis mich, heute für ihnen zu erscheinen, und auf gewisse
Puncie zu antworten, citiren lassen. Nun ich dann keine Scheu trage, die
fälschlichen Beschuldigungen, mit denen mich D. V. A. und die Philosophische
Facultät beleget, von mir gegründet abzuleinen, und für denen Churfürstlichen
Herren Commissariis meine Nothdurfft in dieser Sache einzubringen, wenn nur
meine Ankläger besagter D. A. und die Philosophi nicht die Nullität begangen,
und sich der gnädigsten Commission selbst angemasset hätten, auch noch
anmasseten, indeme nicht alleine der Rector Magnificus, sondern auch die vier
Assessores des Concilii insgesamt von meinen Anklägern seyn, auch weder zur
Ausfertigung der citation einen Prorectorem bestellet, noch zur weitern
Fortsetzung dieser Sache andern ihre vices auftragen können, weil andere
Ursachen zugeschweigen, so wohl die Assessores Concilii (mit denen allerdings
ein Concilium besetzet seyn muß) als überhaupt kein Commissarius potestatem
delegandi haben. Als gelanget an meinen Hochgeehrten Herrn Creyß-Amtmann mein
dienstliches Bitten / mein heutiges Aussenbleiben nicht als einen Ungehorsam und
Verletzung des unterthänigsten respects, den Sr. Churfürstl. Durchlauchtigkeit
ich zu erweisen schuldig aufzunehmen, sondern Churfürstlicher Durchlauchtigkeit
diese meine exception unterthänigst zu berichten. Behalte mir im übrigen quaevis
Jura compententia ausdrücklich bevor, und verharre &c.
(Vorstellung die dem Herrn D. A.
geschehen / sich lieber)
§. XIIX. Der Vergleich der von denen hohen Ministern dem Hrn. D. A. durch seine
guten Freunde ihm vorgetragen wurde, bestande in folgenden Vorschlägen. Die
Philosophische Facultät urgirte ihre Klage wieder mich nicht ferner, ja es
hätten unterschiedene berühmte membra desselben, und fürnehmlich Herr L. O. M.
theils in Discursen theils in Schrifften zu verstehen gegeben, daß sie von Herrn
D. A. grösten
|| [39]
theils wieder mich aufgebracht worden,
und ihre Klage ihm zu gefallen(in Güte zu setzen und
deren Wirckung.) eingegeben, zumahl da er das in Fürsten Hause von ihm
bewohnte grosse Zimmer zum conventu ordinario collectorum Actorum Eruditorum
hergabe, und daß sie also gar wohl leiden könten, daß die Sache abgethan würde,
auch sie ferner nichts wieder mich sprechen würden, wenn Herr D. A. die Sache
wolte ruhen lassen: bey dieser Bewandniß nun möchte er Herr D. A. wohl
bedencken, ob es für ihn rathsam wäre die Sachen zu poussiren: er könte aus
meinen bey dem Consistorio übergebenen Schreiben wohl mercken, daß ich nicht
nachgeben, sondern alles ad extrema würde ankommen lassen: und ob man zwar in
mein Begehren, was ich wieder ihn und die Philosophische Facultät gebeten hätte,
auf Seiten des Ober Consistorii nicht leichte willigen würde, so könte man doch
nicht ferner die Sache inquisitorie tractiren, sondern man würde mir des Herrn
D. A. und der Philosophischen Facultät Klage Schreiben allerdings communiciren,
und mich deßwegen schrifftlich vernehmen müssen: und da könte er leichtlich
vorher sehen, wie ich alsdenn erst loß ziehen würde, da ich allbereit in dem
übergebenen Schreiben so viel ihm unangenehme Dinge einfliessen lassen; zumahl
wenn, wie leichte geschehen könte, die Philosophische Facultät von ihm absetzen
würde; zu dem hätten viele von seinen Patronen und guten Freunden, nachdem sie
den locum aus meinen Monaten, über welchen er sich für andern beschwerte (vide
supra §. 11. mit seiner Klage conferiret, dafür gehalten, daß er besser gethan,
wenn er sich desselben Dinges nicht angenommen hätte, indem die Sache von mir
dergestalt wäre vorgestellet worden, daß niemand, dem sonsten die nur unter
etlichen Leuten bekannte Historien unbekannt wären, nur muthmassen würde daß
dieser locus auf jemand in specie, am allerwenigsten aber, daß er auf ihn
appliciret werden könte. Zum wenigsten würde kein vernünfftiger Mensche die
Auslegung machen als wenn ich ihn Diebstahls der Stipendiaten Casse oder daß er
die Stipendiaten zu concutiren pflege, hätte beschuldigen wollen, sondern es
sähe jedermann, daß die von mir gebrauchten Worte und zwar nur in sensu Mystico
weiter nicht verstanden werden könten, als wenn er wohl nicht capable seyn
möchte einer Versuchung, von einer geringen Spendage und die kaum 30. oder 40.
fl. austrüge, Wiederstand zu thun; oder wenn es hoch käme, daß er als Ephorus
die Stipendia denen armen studiosis für andern zukommen liesse, die ihm (ohne
daß er solches von ihnen forderte) dann und wann kleine Praesente thäten.
Absonderlich aber möchte er sich wegen des Kuchen
|| [40]
Magisters wohl in acht nehmen, denn man befürchte sich, daß ich, da
die gantze Stadt davon voll wäre, leichtlich etliche Zeugen coram Notario
& testibus möchte abhören lassen, die dann das gemeine Geschrey leichte
bekrafftigen möchten, es möchte nun die Sache an sich selbst beschaffen seyn wie
sie wolle. Solchergestalt aber wolte man ihm dem Herrn A. rathen, daß er die
Sache nicht weiter poussiren sondern viellieber durch gute Freunde versuchen
solte, daß selbige in Güte verglichen würde, massen man denn auch mir von Hoffe
aus wolte zu reden und anbefehlen lassen, mich dißfalls zu acommodiren, ich mich
auch allbereit erklähret hätte, die Güte nicht auszuschlagen. Es giengen zwar
alle die bißher erzehlte Vorschläge dem Herrn D. A. schwer ein, nicht, daß er
wieder die dabey gemeldete Umstände und motiven etwas tüchtiges hätte einwenden
können, sondern weil er sich gewiß versicherte, daß er zu seinen vorgesetzten
Zweck durch den einmahl erhaltenen harten Befehl gelangen würde, wenn nur mit
der angefangenen methode und denen arcanis processus inquisitorii wieder mich
würde continuiret werden. Nachdem ihn aber seine guten Freunde versicherten, daß
solches noch zur Zeit ohnmöglich zu hoffen sey, indem der Herr Ober-Marschall
gar sehr drauff dränge, daß man mich gantzlich hören solte, auch der Herr
Consistorial Praesident sein votum allbereit etliche mahl dahin gerichtet, und
er bey dieser Bewandnüß wohl vorher sahe, das auff solche Weise wieder mich
nichts zu erhalten seyn dürffte, als gabe er endlich diesen Vorschlag Gehör.
(Allerhand SchWürigkeiten die sich bey dem Vergleich
ereignet / und wie weit derselbige endlich zu Stande kommen.)
§. XIX. Der Leser darff sich nicht wundern, daß ich bey Erzehlung des Vergleichs
keine Brieffe oder partes actorum, wie bißher geschehen, anführe, indem der
Vergleich extra judicium geschehen, auch dißfalls von mir keine Brieffe mit
niemand gewechselt worden, von der Gegen-Seite aber, wenn ja die Sache von
selbiger auch mit Brieffen tractiret wäre, dennoch davon keine unter meine Hände
kommen, sondern ich erzehle diese Umstände treulich nach demjenigen, was ich
damahls pro memoria in meine privat acta gezeichnet, solte auch noch jemand in
Leipzig leben, dem dieser Vergleich damahlen bekannt gewesen, so wird derselbe,
wenn er unpartheyisch ist, nichts anders, als was ich hier schreibe, bezeigen
können. Der gröste Zweiffel kam damahls darauf an, wen man zu Leipzig zum
Mittler gebrauchte, in dem Herr D. A. meine gute Freunde für partheyisch hielte,
aber dabey wohl vorher sahe, daß ich mit denen seinigen auch vermuthlich mich
nicht einlassen würde. End. lich kam ein damahliger D. und Professor Medicinae
Herr D. A. P in
|| [41]
Vorschlag als welcher nicht allein bey
den Herrn Ober-Hoff-Marschall, so offt derselbe nach Leipzig kam, intimioris
admissionis, sondern auch so wohl Herrn D. A. als mein guter Freund war. Dieser
muste mir nun proponiren, daß ich den Herrn D. A. zwar keine Abbitte, aber doch
eine schrifftliche declarationem honoris thun solte, und als denn wäre er bereit
seiner Anklage sich zu begeben, und solte darauf der ergangene
Consistorial-Befehl pro ipso jure cassato gehalten werden: und wenn ja dieses
von mir nicht erhalten werden könte, so solte doch der Herr Mittler dahin
bedacht seyn, daß ich diese declaration gegen Herrn D. Alberti in Gegenwart
Herrn D. P. als Mittlers und noch eines andern Professoris Philosophiae mündlich
thäte. Ich gab zur Antwort, daß ich diese Vorschläge, so wohl den ersten als den
andern für raisonabel gehalten haben, und gerne eingegangen seyn würde, wenn
Herr D. A. oder die Philosophische Facultät dergleichen vorher ehe sie den einen
schimfflichen Befehl wieder mich durch ihr falsches Angeben ausgebracht, mir
hätte vorschlagen lassen. Nachdem aber meine Herren Adversarii so zu sagen mich
auf Haut und Haare fälschlich angeklaget und mich dadurch forciret hätten, wegen
dieser Beschimpffung Satisfaction von ihnen zu suchen, würde wohl nunmehro
entweder die Ehren-Erklährung auf beyden Theilen geschehen müssen, oder von mir
alleine nicht praetendiret werden können; und wie ich leicht vorher sähe daß
eines theils die meinen Herren Adversariis anklebende infallibilität, oder der
eingebildete status integritatis nicht zuliesse, von ihnen zu hoffen, daß sie
ihres Orts mir weder schrifftliche noch mündliche Ehren-Erklährung thun würden,
als würde es am besten seyn, daß wir zugleiche aufhüben, (zumahl da wir
beyderseits einander beschuldigten, daß der Gegentheil angefangen hätte, den
andern zu injuriren,) und einander künfftig die Freyheit überliessen, daß ein
jeder nach seinen Gewissen und Erkäntnüß dociren möchte. Da man nun auf A.
Seiten sahe, daß ich zu nichts weiter zubringen war, ließ man sich zwar den
ersten Ansehen nach diesen Vorschlag gefallen, jedoch aber dabey in Vorschlag
bringen, daß weil unser Zwiespalt doch in der gantzen Stadt bekannt, es für
beyde Theile gut seyn würde wenn wir wieder zusammen kämen und freundlich mit
einander conferirten; und solte ich dannenhero eine Zeit beniemen, wenn mir es
es gelegen wäre, zu dem Herrn D. A. ins Fürsten Hauß zu kommen, und den Hrn. D.
P. mit zu bringen, und folte so dann auch Herr L. O. M. und Herr L. I. F.
hinkommen, und wir also ein paar Stunden in bona charitate beysammeu bleiben,
und wegen meines gethanen Vorschlages mutuelle Erklährungen gegen einander thun.
|| [42]
Ich hatte aber vieles Bedencken warumb ich diesen
Vorschlag nicht acceptiren konte, welches alles weitläufftig zu erzehlen dem
Leser vielleicht verdrießlich fallen würde, hauptsächlich befürchtete ich mich,
daß entweder von einem meiner Gegner oder auch von mir selbst etwan ein
zweydeutiges Wort in conversatione vorgebracht und dadurch Gelegenheit gegeben
werden möchte, den gütlichen Vergleich zu ab umpiren, und mir hernach die Schuld
bey zumessen daß sich die Güte zerschlagen, oder aber, wenn wir den euserlichen
Ansehen nach noch so gute Worte einander geben würden, dennoch kein Theil dem
andern trauen, der Vergleich auch nicht lange tauren, und hernach ein jedweder
Theil den andern die Schuld geben würde. Derowegen war meine Antwort. Wenn dem
Herrn D. A. mein letzter Vorschlag in der That gefiele, so würde zu Vermeydung
aller ferneren Zwistigkeiten, und zu Bezeigung gegen andre, daß wir gute Freunde
und vertragen wären, wohl an sichersten seyn, wenn ein schrifftlicher Vergleich
auffgesetzet würde, in welchen beyde Partheyen ihren bißherigen querelen gegen
einander renuncirten, und nebst Versprechung aller Liebes-Dienste sich
declarirten, daß ferner keiner den andern wegen der unterschiedenen Lehr-Art
anfeinden oder schimpfflich angreiffen, sondern einer den andern dißfalls
toleriren und seine Freyheit lassen solte; der Herr D. A. könte selbsten
dißfalls eine Formul auffsetzen und mir selbige communiciren lassen, ich
verspräche zum wenigsten bey allen dem, was von meiner Seite auff raisonable
Weise praetendiret werden könte, keinen unnöthigen disputat dawieder zu erregen.
Ich bekam aber zur Antwort, daß es aller dieser Weitläufftigkeit nicht brauchte:
ich wäre zu mißtrauisch: Er Herr D. A. wolte mir mit seinen Exempel zeigen, daß
er meiner gethanen mündlichen Erklährung trauen wolte, und liesse er mich nicht
alleine ein gleichmäßiges von seiner Seite durch den Herrn Mittler versichern,
sondern er wolte es auch nach Hoffe berichten daß wir nunmehro verglichen wären,
ich könte dergleichen thun: welches ich dann auch geschehen liesse, damit nur
der obige strenge Befehl des Ober-Consistorii seine Krafft verlöhre, ob ich
schon das wahre Absehen dieser Sincerationen mehr als zuwohl verstunde, und auch
der Leser dasselbige aus der bald folgenden suite verhoffentlich deutlich
erkenen wird.
(Der Herr A. begehret von Autore der Monate.)
§. XX. Che ich mich aber zur Erzehlung derselben wende, muß ich noch einen
notabeln Umstand melden, den der Herr D. A. mit in Vorschlag brachte. Er ließ
mich durch Herrn D. P. ersuchen, ich möchte doch zu Bezeugung des nunmehro
zwischen uns getroffenen Vertrags ihn in meinen Monaten loben, aber auf solche
Weise, daß das Lob nicht
|| [43]
zweydeutig oder satyrisch
wäre. Ich verwunderte mich von Hertzen über(gelobet zu
werden.) dieses Zumuthen, nicht daß mir selbiges verdrießlich gewesen
wäre, sondern daß ich dafür hielte, es wäre dieses selbst begehrte Lob dem Herrn
D. A. mehr schimpfflich als nützlich, und würde er dennoch den etwa dabey
intendirten Zweck damit nicht erreichen, dannenhero versprach ich ihn durch den
Herrn D. P. solches alsbald zu thun, so bald ich von Hoff aus versichert wäre,
daß der Consistorial Befehl für aufgehoben gehalten seyn solte, und wolte ich
ihm so dann das Lob vorher selbst zuschicken, ehe ich es drucken liesse. Welches
ich auch redlich gehalten. Denn ich schickte nach etlichen Wochen ihm seine
laudes durch den Herrn D. P. zu, wie sie noch anjetzo in dem April des 1689sten
Jahrs p. 243. & seq. zu lesen sind, nemlich daß der Leipzische berühmte
Theologus, Herr D. V. A. der
seine dexterität allbereit für zwantzig und mehr Jahren
in seinen wieder den so genannten Christianum
Conscientiosum und andrer Papisten heraus gegebene Theologische Bücher blicken lassen, auch eine gelehrte Schrifft Anno 84. wieder die von Herrn Grafen von Collonitsch edirte Augustanam
& Anti-Augustanam Confessionem auf Seiner Churfürstlichen
Durchlauchtigkeit special-Befehl verfertiget hätte.
Nachdem er nun dabey nichts zu erinnern hatte, (ob er wohl vermuthlich viel
lieber gesehen hätte, daß ich ihn in Ansehen der Lehren, mit welchen ich mit ihm
nicht einig war, gelobet hätte;) ließ ich auch dieselbe bona fide dem April
einverleiben. Dieweil aber der Herr D. A. an seiner Seite mir sein Versprechen
nicht hielt, sondern schon damahls das Ministerium wieder mich aufgehetzet
hatte, daß sie seine bißherige Klagen an seine statt wieder mit fortsetzen
sollten, wie die Svite bald zeigen wird, muste er es sich auch hernach nicht
verdriessen lassen, daß ich in December des 89sten Jahrs p. 1054. selbst wieder
erinnerte, daß ich ihn oben in Monat April gelobet hätte, und daß ich hernach
folgends in denen Anno 90. diesem andern Jahrgang praemittirten summarischen
Inhalt dieser 12. Monate bey dem Ende des Aprils mit deutlichen Worten
erwehnete, daß er dieses Lob selbst begehret / wie er dann auch diesen Umbstand
nachhero niemahls geleugnet, noch nach Anleitung bißher erzehlter Umstände
leugnen konte.
§. XXI. Bey dieser Gelegenheit wird nicht undienlich seyn noch(Noch ein andres gleichmässiges Exempel.) etwas
von des Pufendorffii Epistola gratulatoria, die in nur allegirten December p.
1057. seq. zu lesen ist, zu erinnern, weil selbiges theils die Absicht, die ich
damahls mit derselben gehabt, noch etwas deutlicher, als daselbst geschehen,
erklähren, theils aber des Herrn D. A. seine sonderliche
|| [44]
Neigung, von seinen Adversariis gelobet zu werden, und was ich davon in
vorigen paragrapho gemeldet, bestärcken wird. Ich war gleich damahls als der
Herr D. A. in April 1698. den Herrn von Pufendorff in einen Schreiben umb ein
Carmen ersuchte, bey diesen zu Berlin. Und konte er sich nicht genug über das
Begehren verwundern, erkan̅te auch gar wohl, daß selbiges kein
andres Absehen hätte, als daß die Leute meynen solten, wunder, was ihm daran
gelegen wäre, daß er und Herr D. A. nunmehro verglichen wären. Derohalben
resolvirte er gleich, ihm dieses Zumuthen höflich und mit guter Manier
abzuschlagen. Ich sagte ihm zwar gleich zuvor, daß Herr D. A. als denn auch
diesen Brieff würde drucken lassen; er vermeynte aber, er wolte denselben schon
dergestalt einrichten, daß Herr D. A. keine Ursache hätte, denselben druck en zu
lassen, oder aber, wenn er es ja thun solte, wenig Ehre davon haben würde.
Nichts destoweniger aber geschahe es, und wurde dadurch bekräfftiget, daß auch
in moralibus & politicis das bekan̅te Sprichwort seinen
guten Nutzen hätte; De gustibus non esse disputandum.
(Unvermuthete peinliche Klage des gesamten Ministerii wieder den A. der
Monate.)
§. XXII. Dem sey aber nun wie ihm wolle, so wiese es der Ausgang, daß der Herr A.
deßhalb mit seinen Vergleich so eilete, weil er wohl wuste, daß mir ein heisser
Bad zubereitet wäre, zu welchen er unvermerckt seine Hülffe und Beystand würde
beytragen, und nichts destoweniger, weil solches durch mündliche vertraute
Anhetzungen oder geheime Brieffe nach Hoffe geschehen würde, sich entschuldigen
können, daß er sich bey allen diesen neuen motibus MERE PASSIVE verhielte. Ich
aber hätte mir eher ich weiß nicht was versehen, als daß ein gantzes und zwar
damahliges Ministerium sich über mich beschweren und wegen meiner Monate Hrn. D.
A. mit der Klage über mich so zu reden ablösen und die Schildwache übernehmen
solten, indem ich in meinen Monaten keine Theologische controversias tractiret
hatte, auch wenn ich sonst was ärgerliches darinnen solte begangen haben, doch
die geringste gradus admonitionis von ihnen nicht waren observiret worden, zu
geschweigen, daß ich den Superintendenten Herrn D. Lehmannen und Herrn Lic.
Ittigen für meine wahre Gönner und Freunde hielte, auch, wie die Svite weisen
wird, hernach auch in der That also befand, in übrigen andre drey Herren,
nemlich Lic. Rivinus, L. Seeligmann und M. Dornfeld meine alte gute Bekandte und
Academische Freunde waren, ich auch nebst Herrn Rivino und Dornfelden ein
Collegium Oratorium in der teutschen Sprache gestifftet hatte, das wo es nicht
noch jetzo währet, doch noch
|| [45]
für wenig Jahren zu
Leipzig in Gebrauch gewesen, und Herr Rivinus bey Anfang meiner Monaten in einer
damahls öffentlichen Thée- und Caffée Conversation, den Januarium und Februarium
mit grossen Vergnügen durchlesen, und der übrigen Compagnie vieles daraus mit
approbation vorgelesen hatte, unerachtet man damahls noch nicht wuste, daß ich
Autor war. So ware auch über dieses Herr M. Wagner mein naher Schwager, indem er
mit meiner Halb-Schwester verheyrathet war u. s. w. Nichts destoweniger geschahe
es, daß das gesamte Ministerium Lipsiense Zeit währender Tractaten zwischen
Herrn D. A. und mir folgende Supplique an das Ober. Consistorium zu Dreßden
einsendete.
P. P. Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit berichten wir unterthänigst, was massen
Christian Thomasius eine geraume Zeit her unterschiedene Satyrische Schrifften
monathlich evulgiret, darinnen er sich nicht allein, so viel die Religion
betrifft, sehr profan erwiesen, sondern auch männiglich ohne Unterscheid,
absonderlich aber seine vormahls gewesene Praeceptores schmählich und lästerlich
angegriffen, auch dabey unserer gutentheils, ja des gantzen Ministerii nicht
verschonet, sondern mit allerhand schimpfflichen und nachtheiligen Bildern,
Gleichnüssen, Durchhechlung unserer Predigten und injuriösen Auflagen
beschweret, wie solches notorisch ist, und jedermann beydes allhier und andern
Orten gelehrt und ungelehrt sich mit seinen Schmäh-Schrifften träget, und sowohl
unserer in Ministerio, als derer andern, so er übel tractiret / zu verlachen und
zu verspotten, Materie bekömmet, welches offentliche Scandalum und schwere
Sünden, wir ihn durch seinen Beicht-Vater unsers Mittels (die gradus
admonitionum zu adhibiren) zu Gemüth führen, und zur Erkäntniß und Bereuung
seiner so grossen Verbrechen, und daß er von dergleichen bösen Beginnen forthin
abstehen und sich bessern möchte, bringen wollen, mitlerweiln aber und ehe
solches geschehen, entblödet er sich nicht, insonderheit an seinen Beicht-Vater
mit vielen groben unverschuldeten Schmähungen, Beschuldigungen und Lästerungen
sich zu machen, u. das wenig Tage vorher, als er Sontags darauf des Heil.
Abendmahls sich gebrauchet, und von demselben, der damahls von dessen wieder ihn
publicirten Schmähe-Schrifft noch nicht gewust, die absolution gesuchet und
erhalten.
Wann dann, Gnädigster Churfürst und Herr, aus dieser des Thomasii Begünstigung
wir leichtlich erachten können, daß unsre treue Erinnerung bey ihm nichts
fruchten, sondern zu mehrern Calumnien ver
|| [46]
anlassen dürfften, zumahl aus allen seinen Vornehmen zu befahren stehet,
daß er als ein öffentlicher Verächter Gottes und des Heil. Amts, so wir führen,
endlich in den verkehrten Sinn gerathen möchte; als sind wir genöthiget solches
Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit unterthänigst zu denunciren, und zu bitten,,
Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit wollen gnädigst geruhen, zu befehlen, daß
dieser unruhige Mensch zur gebührenden Inquisition gebracht, und nechst
schuldigster Abbitte an alle, die er unbillig beleidiget, andern, so er mit
sündlichen Schrifften geärgert, zur Abscheu und Warnung, exemplarisch
bestraffet, und das Ubel und grosse Aergernüß aus unsrer Christlichen Gemeine
ausgerottet werde. Solches etc.
D. Georgius Lehmann. D. J. Bened. Carpzov. D. August Pfeiffer. L. Thomas Ittig. L. Thielemann And Rivinus. L. Gottlob Fried. Seligmann. M. Johannes Dornfeld. M. Immanuel Horn. M. Christian Waaner. (Allerhand judicia vor und wieder dieselbe, nebst dem Befehl von Ober-Consistorio.) §. XXIII. Der Augenschein weiset es, daß diese Supplique nicht alleine mich sehr grob und unhöfflich, sondern auch sehr injuriös und als wenn ich der ärgste Bösewicht und Ubelthäter gewesen wäre tractiret; und die Urheber und Concipienten von dieser Schrifft hatten sich feste beredet, daß wenn sie nur ihre Collegen persuadiren könten, daß sich selbige mit unterschrieben; alsdenn auch zu Dreßden alle Ministri die sich in quantum de jure sonst meiner angenommen, erzittern und Thomasium augenblicklich bey dem Kopffe nehmen und mit schwerer Leibes-Straffe (davon sie auch schon glorirten) belegen lassen würden. Und gewiß ich wüste selbst nicht, was ich würde gethan haben, wenn ich damahls an derer Minister Stelle gewesen wäre, die mir auch nicht feind, sondern in dieser Sache gantz indifferent waren. Denn man bedencke nur: neun berühmte und von den Volck für Gottesfürchtig und fromm gehaltene Männer bezeugen, daß Thomasius so ein gottloser Bube und exemplarisch zu bestraffen sey. Das ist ja nimmermehr möglich, (werden viele gedacht haben) daß so viele honnete Leute mit Unwarheit umbgehen solten. Die H. Schrifft sagt ja selbst; in zweyer oder dreyer Zeugen Munde soll die Wahrheit bestehen, warumb nicht in neun Zeugen? Wenn sie auch gleich nicht geschworen haben: (zumahl da nunmehro,
|| [47]
wie ich selbst in der Disputation de fide juridica erwiesen, ausgemacht, daß
die endliche Aussage der Zeugen nicht juris gentium sondern erst von Constantino
Magno erfunden sey) sie beziehen sich ja ausdrücklich auf die Notorietät
&c. Und gewiß, wenn ich die Sache noch itzo überlege, habe ich es für
eine sonderliche direction Göttlicher Barmhertzigkeit für mich anzusehen, daß
Herr D. A. die Philosophische Facultät wieder mich aufgehetzet, und daß hernach
die Herren Ministri zu Hoffe aus meiner Antwort und Conferirung meiner Monate
gewahr worden, daß es grösten theils affecten gewesen, und dannenhero dem Herrn
A. von seinen guten Freunden selbst gerathen werden müssen, daß er sich in Güte
verglichen. Man begriff dannenhero bey Hoffe allbereit in etwas zum voraus was
für eine connexion diese Klage mit der vorhergehenden Albertinischen hätte.
Andern fiele die Historie der Susanne bey, und daß auch die ältesten des Volcks
zu weilen falsch Zeugnüß zu geben gewohnet wären, zudem waren auch etliche
Ministri bey Hoffe so penetrant, daß sie unterschiedene defectus judicii logici
in der Klage antraffen, als z. E. daß man sich auf eine Notorietät beruffte, und
doch die inquisition angestellet haben wolte, ja daß diese Notorietät, wenn man
meine Monate conferiret, notorie falsch wäre; item: daß man von Seiten der
Supplicanten selbst erkannt, wie es sehr unvernünfftig sey, wenn Prediger non
oblervato ullo admonitionis gradu sich viritim als peinliche Ankläger und
Blutschreyer selbst angeben, und daß die Entschuldigung die sie deßwegen in der
Klage vorbrächten den Stich wohl nicht hielte, sondern ihre Blösse vielmehr
entdeckte, auch mit grössern Nachdruck wieder sie selbst retorquiret und daraus
erwiesen werden könte, daß sie um so vielmehr schuldig gewesen wären, Thomasium,
ehe sie ihn mit einer so famösen Klage angepackt, zum wenigsten für ihr
gesammtes Ministerium gebührend einladen zu lassen, und ihre Erinnerungen
daselbsten vernünfftig und Christlich zu thun &c. Mit einen Worte, meine
Patroniurgirten was ich urgirte, nehmlich justitiae administrationem, und daß so
wohl ich als meine peinliche Ankläger gehöret und ich nicht übereilet würde.
Deßwegen kunte nun wohl aus dem Ober Consistorio damahls kein andrer Befehl als
nachstehender sub dato d. 1. Martii 1689 an die Universität erfolgen.
P. P. Würdige, Hochgelahrte, lieben, andächtige und getreue, der Einschlnß
weiset, welchergestalt sich das Ministerium zu Leipzig über D. Christian
Thomasium, daß er sie mit allerhand Anzüglichkeiten in seinen Schrifften
angegriffen, unterthängist beschwehret, und was sie
|| [48]
dahero gebethen; darauf ist hiermit unser Begehren, ihr wollet gedachten D.
Thomasium darüber vernehmen und seine Verantwortung darauf anhero berichten,
darneben aber ihm, daß er sich in seinen Schrifften aller injuriösischen
Anzüglichkeiten, damit wir wiedrigenfals zu schärfferer Verordnung nicht
veranlasset werden mögen, enthalten soll, andeuten; daran geschicht unsere
Meynung &c.
(Was dem Angeklagten hierbey zu thun gerathen worden.)
§. XXIV. Gleichwohl war die Sache auch auf meiner Seiten behutsam zu tractiren:
die Anfechtung lehrte mich, daß in dieser Welt ein Mensch auf die Gerechtigkeit
seiner Sache nicht trotzen dürffe, sondern daß er auch dabey die Regeln der
Klugheit in acht nehmen müsse, und daß, weil die Stiffter der Universitäten
nicht für rathsam gehalten, daß man die Studenten klug machen solte, man diese
prudenz aus Rathfragung treuer Freunde und deren Erfahrung herholen müsse. Diese
riethen mir nun zweyerley: erstlich, daß ich mich bemühen solte, jedoch ohne
Gebrauch Rabulistischer Künste, Zeit zu gewinnen; und hernach daß ich binnen
dieser Zeit meine adversarios zu beschämen die gradus admonitionis gegen sie in
acht nehmen, auch dabey gütliche Vorschläge thun solte; jedoch müste ich mich in
beyden Stücken nicht surchtsam sondern hertzhafft anstellen, aber bey Leibe
nicht trotzig seyn, sondern bedencken, quod ne quiden Hercules adversus duos,
geschweige denn ein einiger Mann der so wenig protection in seinen Vaterland
hätte, wieder eine Legion, das ist wieder so viel ansehnliche Männer, die in
gantz Sachsen so viel Freunde und Patronos fürnehmlich aber das gemeine Volck
auf der Seite hätten. Ich begriff augenscheinlich, daß dieses ein guter Rath
wäre ob er gleich mit allegatis legum & Doctorum (auff die ich sonst
damahls noch sehr viel hielte) nicht ausgespickt wäre, und beflisse mich
dannenhero denselben für andern zu folgen. Ob ich nun selbiges klüglich
practiciret, mag der Leser selbst aus dem Verfolg urtheilen.
(Wie es mit der ersten Citation
abgelauffen.)
§. XXV. Die Universität ware ichres Orts nicht säumig mir folgende Citation
zuzuschicken.
Was der Durchlauchtigste Churfürst zu Sachsen und Burggraff zu Magdeburg etc.
Unser gnadigster Herr. E. Löbl. Universität Leipzig, auf des Ministerii allhier
beschehenes unterthänigstes suppliciren, in Gnaden rescribiret und anbefohlen,
solches hat Herr D. Christian Thomasius aus beygehender Abschrifft mit mehrern
zuersehen; und wird demnach von dem Herrn Pro Rectore Magnifico gedachter
löblichen Universität Leipzig und dessen zugeordneten Assessoren ernannter
|| [49]
Herr D. Thomasius hiermit citiret und geladen, daß
Freytages vor Palmarum, wird seyn der 22. hujus nechstkünfftig G. G. früh um 10.
Uhr in loco Concilii ermeldter Universität er in Person erscheinen, und
welchergestalt er über Eingangs erwehnten Ministerii über ihn geführten
Beschwerden vernommen werde, gewarten, wobey ihm dann zugleich angedeutet wird,
daß er sich in seinen Schrifften aller injuriösischen Anzüglichkeiten damit
höchst gedachte S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit wiedrigenfalls zu schärfferer
Verordnung nicht veranlasset werden möge, enthalten solle, wornach er sich also
zu achten etc.
Es ware mir zwar sehr empfindlich, daß man mich in Person zu erschienen citiret
hatte, da der Ober-Consistorial-Befehl davon deutlich nichts enthielte, und ich
hatte schon deßhalb ein ausführlich Beschwerungs Schreiben auffgesetzt, nachdem
ich aber die Sache reiffer überlegte, hielte ich es für rathsamer zu seyn, wenn
ich in Person zwar erschiene, aber diese meine exception bescheidentlich
opponirte, wannenhero an 22. Martii von dem Actuario Universitatis nachstehende
registratur ad acta gebracht wurde.
Herr D. C. Thomasius erscheinet in Person und wurde ihm angedeutet, daß vermöge
Churfürstl. Sächsischen ergangenen gnädigsten Befehls er über des Ministerii
allhier geführte Beschwerden vernommen werden sollte. Resp. Er erinnere sich des
gnädigsten Befehls, und das darinnen enthalten, daß er über des Ministerii
Beschwerden vernommen werden solte. Wiewohl nun Churfürstl. Durchlauchtigkeit in
Dero Gn. Befehle nicht anbefohlen, daß er in Person erscheinen solte, und
dannenhero seines Erachtens die Herren Commissarii in der ihm ausgefertigten
Citation viam Commissionis überschritten, so hätte er doch um gegen S.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit Seinen gnädigsten Herrn seinen unterthänigsten
Gehorsam zu bezeugen, sich allhier einfinden wollen, nebst dienstl. Bitte, die
Herren Commissarii wollen sich so geneigt erweisen, und ihn von der Klage des
Ministerii, als worauf der Gn. Befehlig sich beziehet, Abschrifft zukommen
lassen, und ihme zu seiner Verantwortung eine genugsame Frist geben, versiehet
sich auch, weil sein Petitum denen Rechten und Churfürstl. Durchlauchtigkeit Gn
Befehl gemäß, geneigter Willfahrung etc.
Durch diese Bescheidenheit erhielte ich auch so viel, daß die Universität mir
zwar so fort mein petitum nicht einwilligte; aber doch versprach, an Seine
Churfürstl. Durchlauchtigkeit und das Ober-Consistorium zu berichten, und
Anfrage zu thun, wie sie sich darinnen ver
|| [50]
halten
solten, massen dann auch alsbald des Tages drauff als den 23. Martii geschehen,
wie folget:
Nachdem Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit uns auf des Ministerii allhier wieder
D. C. Thom. f. 2. seqq geführte Beschwerden.
daß wir gedachten D. Th. darüber vernchmen etc. f. act. 1 in Gn. rescribiret und anbefohlen, haben wir ernannten D. Th. f. 4. deshalben citiret und gn. anbefohlener massen zugleich Aufflage gethan, sind auch in dem anberaumten termino ihn sowohl über oberwehnten Ministerii f. 2. & seqq. befindliche denunciation, als über die von demselben nachgehends f. 5. seq. ad Acta gebrachten summarischen Extract gebührend zu vernehmen parat gewesen, da er denn zwar erschienen, keineswegen aber, wie aus der Registratur f. 9. zu ersehen, sich darauff einlassen wollen, sondern des Ministerii Klage ihn in Abschrifft zu communiciren, und zu seiner Verantwortung eine gnug me Frist zu geben gebethen. Wann wir dann hierauff vor uns etwas zuverordnen angestanden; als haben E. C. D. wir solches gehorsamst berichten, und was selbige hierinnen zu resolviren in Gnaden geruhen werden, unterthänigst erwarten wollen; welchen wir so dann Pflicht schuldigst nachzukommen wissen werden und verbleiben &c. (Eine von neuen denen actis sub nomine Ministerii eingeschobene famonse Schrifft, nebst etlichen praliminar Anmerckungen darüber.) §. XXVI Ehe ich weiter fortgehe, muß ich vorhero noch erinnern, daß in diesen Universitäts-Berichte unter andern gedacht worden, wie von dem Ministerio nachhero (i. e. nach dem das Churfürstliche Rescript aus den Ober-Consistorio bey der Universität eingelauffen und die Citation an mich ergangen) ein so genannter summarischer Extract ad acta gebracht worden. Weil nun dieser Extract von mir in meinen folgenden Schrifften zu unterschiedenen mahlen als ein libellus famosus (der aber den gesamten Ministerio gantz nicht zu imputiren wäre) angesehen worden; als ist nöthig, daß derselbe allhier bey Zeiten vorgestellet werde, ob ich ihn gleich damahlen noch nicht zu Gesichte bekommen. Eines Ehrw. Ministerii Denunciation und Bericht wieder Herr D. Christianum Thon asium beruhet auf 4. Puncten. 1) Daß er in der Religion sich gar profan erwiesen v. g. Er redet liederlich von der Religion, und erbeuth sich die so genannte Religionem eruditorum zu defendiren. Jan. 89. p. 59. Man könne gar wohl in Glaubens Artickuln sonderbahre Meynung hegen, und dürffte sich dißfalls dem Joche der Clerisey (i. e. receptis Symbolis) nicht gäntzlich unterwerffen. ibid. pag. 60. Er defendiret ärgerlich das dicterium. Vir Politicus debet carere religione, pudore & Uxore. Jul. 88. p. 17. 18.
|| [51]
seq. (wie er denn sonst keinen
pudorem naturalem zugeben will, und ihm dahero scortatio, pollutio &
mollities, sodomia, bestialitas, incestus, etiam in linea recta &c.
nicht contra jus naturae seyn conf. jurispr. Div L. 3. p. 71. 75. 102. 103. 108.
149. 152. 162. &c.)
Er cavilliret die Evangel. Theologos als schmähsüchtige Zäncker, und siehet
ungern, daß solches zancken auch nicht hier, wie in Chur-Brandenburgischen
verbothen wird. P. II. p. 792.
Sie sind ihm unruhige Federfechter, die keine raison gegen die Reformirte
brauchen. p. 785.
Christus werde sie an jenen Tage, wenn sie sprechen: haben wir cht mttherrlichen
Methaphysicis distictionibus &c. haben wir nicht mit den Ketzern eiffrig
gestritten &c. gleich andern Heuchlern abweisen. p. 732.
Durch die Theologiam Polemicam, die von der Scholastischen herrühre, werde kein
Ketzer bekehret, sondern immer mehr Krieg geheget. P. II. p. 719.
Es stehe dahin, ob nicht die Theologi das gröste Regiment von Atheisten
aufbringen könnten. P II. p 48.
Theologia moralis, als die nöthigste, werde auf unsern Universitäten nicht
getrieben. P II. p. 720. 721.
1) Daß er seine Praeceptores übel tractire, wie er in seinen Scartequen durch und
durch Herrn D. Alberti, und Herrn L. Fellern calumnire und durchziehe, ist
notorisch, deren jener seyn Praeceptor Academicus, dieser sein Informator von
Kindheit an, biß er ad studia Academica geschritten, so wohl auch hernach
gewesen.
So hat er sich auch selbst erklähret, warum er ihnen keinen Respect schuldig sey.
P. II. p. 119.
3) Daß er sowohl das gesammte Ministerium, als unterschiedene Prediger
insonderheit calumniret.
Er zeucht den methodum concionandi, der bey hiesigen Ministerio in Observanz,
schimpfflich durch P. II. p. 714.
Die, so das Straff-Amt brauchen, vergleichet er mit einen unnützen Bettel-Voigte,
P. I. p. 851. welches denn auf einen gewissen Collegen (Herrn M. I. D.)
gemeinet. In Kupffer daselbst praesentiret er den Ercker als eine Cantzel.
Er schreibet, die meisten in diesem Orden, wären grobe Kerl und wiederwärtige
Zäncker, weil sie geringer Leute Kinder, und plump aufgezogen würden. P. II. p.
117.
|| [52]
Einer aus des Ministerii Mittel hat Fer. I. Pent. occasione verborum: die andern
hatten ihren Spott etc. Act. 11. 13. erinnert, wie man diejenigen, welche dona
Sp. S. sowohl sanctificantia als ministrantia haben, und mit beyden ihren
nechsten zu erbauen trachten etc. nicht aushöhnen und verspotten, oder bey der
Jugend, die vorhin nicht gar zu fleißig, prostituiren solle, worbey unter andern
angeführet Sirachs Ermahnung c. VII. 2. laß dich nicht zu klug düncken,
jedermann zu tadeln, u. s. w. und daß mann an jüngsten Gerichte von jeglichen
unnützen Worte werde Rechenschafft geben müssen Matth. XII. 36. u. s. w.
Dieses hat D. Thomasius auf sich appliciret, und anstatt, daß, da er sich
getroffen gefunden, sich hätte bessern sollen, seine raillerie damit getrieben
im Julio 88. p. 14. in verbis.
Ich hätte ihm vorpredigen wollen, daß er vermöge Göttlicher und weltlicher Rechte
schuldig wäre, durch gutes verhalten und sonderlich durch Hochachtung der Alten
vermöge des vierdten Gebotes sich überall Freunde, nicht aber durch allgemein
tadeln sich jedermann zum Feinde zu machen, ich hätte ihn den Syrach wollen vor
die Nase legen, daß er mir den Spruch auskratzen solte, wenn er spricht: Laß
dich nicht klug düncken, jedermann zu tadeln &c. biß: wieder das beste.
item. p. 16. Komme ich ihm mit dem Syrach aufgezogen, so hat er flugs drey
Sprüche für einen darwieder zu sagen (denn er hat den Sirach auch gelesen) den
Spruch, den der Herr Geoatter jetzt erzehlet, habe ich ihn schon lange
vorgesaget: aber ich mag die Sprüche nicht erwehnen, die er mir darauf zur
Antwort gegeben, damit sich der Herr Gevatter nicht erzürnen, und sie vielleicht
auf sich ziehen &c.
p. 66. In übrigen habe ich nur vor wenig Tagen das 25. Cap. Matthaei durchlesen,
aber in denselben gantz und gar die geringste Nachricht nicht finden können, daß
man dermahleinst dafür Rede und Rechenschafft geben müsse, das man die
Aristotelische Phlosophie ein bisgen derb auf ihr Fontanell angeriffen habe.
Im Januario 88. p. 86. treibet er sein Gespötte mit Rabbinischen Predigten und
was für vortrefflicher Nutzen und Erbauung dadurch geschaffet werde &c.
weil etwan ein oder ander aus des Ministerii Mittel in Erklährung der Bücher und
Texte altes Testaments auch der Ebräischen Auslegungen nach Gelegenheit zu
erwehnen pfleget.
ibid. p. 9. railliret er die Geistlichen mit der Geldgierigkeit, als wenn
dasselbe ein Kenn-Zeichen wäre, dabey man bald mercken könne, daß einer ein
Prediger sey &c.
|| [53]
4) Daß er seinen Beicht-Vater in einer ausführlichen Schrifft zu der Zeit, als
er, Thomasius, communiciren wollen, mit vielen groben Beschuldigungen und
Auflagen angegriffen.
Communiciret hat er am Sontage Esto mihi h. a. In der Woche, da er sich ad dignam
usurpationem praepariren sollen, publiciret er Januarium 89.
Daselbst fingiret er p. 64. einen Mons. de la Fontange, der vielleicht nie in
rerum natura gewesen, und bringet eine injurieuse relation daraus vor, wieder
seinen Beicht Vater, den er den injurieusen Nahmen Chrestophilus giebet.
Es hatte sein Beicht-Vater den 23. Januarii vorher eine Predigt de officio senum
gehalten, und darinnen in usu die vitia senum gestraffet, dabey auch wieder die
öffentliche angestellte Freude der Schlittenfarth geeifert, die zu dieser Zeit,
die zwischen den beyden grossen Fast-Buß- und Bet-Tagen innen ist, sich nicht
gezieme, zumahl da unser Landes-Vater mit seinem Kriegs-Volck wieder den Feind
zu Feld liege.
Wieder diese Predigt schüttet er seinen Gifft aus, nennet seinen Beicht-Vater
einen Calumnianten und ist des schmähens und beschuldigens kein Ende, biß er ihn
letzlich noch gar mit einen versoffenen Capitler verglichen.
Und das nennet er ibid. p. 15. railliren, wie der Heilige Geist in der H.
Schrifft selbst railliret, blaspheme.
Als ich nach einiger Zeit die acta selbst zu Gesichte bekommen, befand ich 1) daß
diese denen actis gefährlicher Weise eingeschobene Schrifft kein datum hatte,
noch von einen eintzigen derer Herren Ministerialium unterschrieben war. 2) War
keine Registratur bey denen actis welchen Tag und von wem dieselbe wäre
übergeben worden. 3) Hatte der Actuarius Universitatis diese Schrifft von Anfang
biß zum Ende mit eigener Hand ad acta abgeschrieben und ware also kein Original,
sondern eine blosse Copie, damit man ja aus der Hand nicht erkennen solte, wer
der wahrhafftige Concipient und Autor davon wäre. 4) War alles dasjenige, was in
num. 3. ante numerum 4. vorhergehet und D. A P. alleine und in specie touchiren
solte a verbis: Einer aus des Ministerii Mittel
&c. biß zu Ende des numeri 3. sub signo à part geschrieben, jedoch
fol. 6. b. ein signum gemacht, daß dieses ad num. 3. gehöre. So ist auch
hiernechst zu erinnern, daß diese Scarteque ob sie gleich selbst keine rubrique
oder Titel bey denen actis hatte, hier und in folgenden paragraphis, mit
unterschiedenen Nahmen benennet
|| [54]
wird; der Universitäts
Bericht nennet sie in §. praeced einen summarischen Extract: Ich nenne sie in meiner Supplique, die in folgenden paragrapho zu
lesen ist, ein hernach eingesendetes weitläufftiges Memorial, in dem ich zwar davon damahlen etwas confuse vernommen, aber sie
noch nicht zu sehen bekommen hatte. Das unten in 27. §. zu lesende rescript aus
dem Ober Consistorio, nennet es Erläuterungs Puncte; welches ich hiermit in
antecessum zu melden für nöthig erachtet, damit der Leser durch diese
unterschiedenen Benennung nicht confundiret werde.
(Des A. der Monate Gegen-Klag /
fürnehmlich wieder. D. A. P.)
§. XXVII. Nunmehro dünckte es mir auch Zeit zu seyn, selbst bey dem
Ober-Consistorio supplicando ein zukommen, und meine Gegen Klagen wieder die
wenigen Personen in den Ministerio die die andern wieder mich aufgebracht
hatten, absonderlich aber wieder Herr D. A. P. als den unverschämtesten darunter
sub dato 28. Martii offenhertzig einzugeben.
P. P. Eure Churfurstl. Durchlauchtigkeit haben aus Dero Ober-Consistorio zu
Dreßden am verwichenen 1. Martii an die Universität zu Leipzig einen gnädigsten
Befehl ergehen lassen,
Daß sie mich über die wieder mich angebrachten Beschwerden des Ministerii allhier vernehm-n / und meine Verantwortung drauf wieder nach Dreßden berichten sollten. worauff mich auch die Universität für ihnen auf den 22. besagtes Monats zu erscheinen citiren lassen. Ob nun wohl Ew Churfürstl Durchlauchtigkeit der Universität nicht anbefohlen, daß sie mich in Person für sich citiren sollten; so bin doch, um gegen Ew. Churfürstl Durchlauchtigkeit meinen jederzeit bereitesten unterthänigsten Gehorsam zu bezeigen, ich für ihnen erscheinen, und habe gebeten, des Ministerii Klage mir in Abschrifft zu communiciren, und zu meiner Verantwortung eine gnugsame Feist einzureumen; aber nichts mehr, als folgende resolution erhalten können, daß Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit Sie mein petitum unterthänigst berichten, und Dero gnädigste resolution erwarten wollten, da doch meines Erachtens die Worte hochgedachten gnädigsten Befehligs allbereit dahin zielen, daß sie solches thun sollten, und solchergestalt ohne meine Schuld meine Verantwortung nicht wenig verzögert wird. Denn wenn die löbliche Universität mir alsbald bey der citation Abschrifft von der Klage des Ministerii zugesendet hätte, würde ich alsbald in termino mit meiner Verantwortung parat gewesen seyn, oder wenn sie mir nur bey meinen petito gratificiret, würde ich
|| [55]
die Zeit der ferien über auff
meine Verantwortung bedacht gewesen seyn können; so aber wird die Sache zu
grossen praejudiz meines ehrlichen Nahmens, der dieser Anschuldigung halber
nicht wenig gekräncket wird, aufgehalten; Ja ich kan, so lange biß ich die Klage
des Ministerii gelesen, nicht einmahl Ewr. Churfürstl. Durchlauchtigkeit eine
ausführliche speciem facti zur Vortrab meiner Verantwortung vorstellen. Jedoch
werden Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit mir gnädigst erlauben, daß, Deroselben
ich indessen der Sachen wahre Befchaffenheit nur in etwas entwerffe.
Es hat Herr D. A. P. nunmehro fast ein Jahr her auf öffentlicher Cantzel ohne
alle gegebene Ursach wieder meine doctrinas privatas und wieder meine Schrifften
mit harten anzüglichen Worten öffters geprediget, auch mich auf Gastereyen und
in andern Gesellschafften als einen scurram mit vielfältigen Schmähen
durchgezogen, welches alles aber ich aus Christlichen Gemüthe, und daß ich bey
der Gemeine kein Aergernüß geben möchte, verschmertzet, und gemeynet, ihn
hierdurch zu gewinnen, und von seinen untheologischen Vornehmen abzuwenden.
Nichts destoweniger muß ich jetzo erfahren, daß er für etlichen wenigen Wochen
meinen bißher gewesenen Beicht Vater Herr D. I. B. C. durch weiß nicht was vor
persuasiones wieder mich mit ihm umzutreten veranlasset, worauf sie beyderseits
ohne alle vorher in acht genommene und gewöhnliche gradus admonitionis bey
Versammlung des Ministerii jüngsthin mit einer excessiven Schmäh Schrifft, in
welcher sie mich vieler schändlichen Laster sollen beschuldiget, auch auf sich
genommen haben, dieselbige mir klärlich darzuthun, hervor gerückt, und dadurch
die übrigen Herren des Ministerii verleitet, daß sie die bey Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit übergebene harte Klage (wiewohln doch noch etliche härtere
Worte auf Einrathen der anderen darinnen geändert seyn sollen) viritim
unterschrieben, zumahl da denen übrigen von diesen zweyen Herren Collegen
Versicherung gethan worden, daß Ew. Ehurfürstl. Durch auchtigkeit alsbald einen
strengen Befehl, wieder mich auf das schärffste zu inquiriren, ergehen lassen
würde; nachdem aber Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit die Unbefugnüß ihres
petiti augenscheinlich wahrgenommen, und dannenhero der Universität, daß sie
mich zuförderst wieder des Ministerii Anklage hören solten, gnädigst anbefohlen,
für welche hohe Churfürstl Gnade Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit ich
unterthänigsten Danck abstatte, hat Herr D. P. nicht alleine fortgefahren in
allen seinen inzwischen gehaltenen Predigten mich auf das hefftig
|| [56]
ste zu injuriren, sondern er hat auch, als ob
Ew. Churfürstl Durchlauchtigkeit eine inquisition wieder mich angeordnet hätte,
die Herren Commissarios durch gefährliche Cavillirung des in dem gnädigsten
Befehl enthaltenen Worts vernehmen bereden wollen, und privata autoritate ohne
Consens des übrigen Ministerii ein weitläufftig memorial, das er selbst
verfertiget, (wie er sich gegen andere gerühmet:) denen Herren Commissariis daß
sie mich darüber, als auf in quisitional-articul vernehmen sollten, übergeben,
welches also auch die Ursache mag gewesen seyn, warum die Herren Commissarii in
mein geschehenes petitum nicht alsobald willigen wollen.
Wann dann, Gnädigster Churfürst, durch diese von dem Ministerio wieder mich
eingegebene inculpation mein ehrlicher Nahme aufs hefftigste gekräncket wird,
ich aber bey diesen allen eine bewegliche und Christliche Schrifft an ein
ehrwürdiges Ministerium abgehen zu lassen gesonnen bin, in welcher ich ihnen die
Unbefugniß ihres Vorhaben mit bescheidenen Worten vorstellen, und sie (auch
besagte beyde Urheber Herrn D. P. und Herrn D. C. nicht ausgeschlossen:) daß sie
von ihren Fürhaben wieder mich abstehen, und sich Ehristlich mit mir
vergleichen, gebührend ersuchen will, in dessen Entstehung aber Ewr. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit ich meine Unschuld gegründet darzuthun vertraue; gleichwohl
derer keines ohne erhaltene Communication der wieder mich eingegebenen Klagen
füglich geschehen kan; als gelanget an Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit mein
unterthänigstes gehorsamstes Bitten, der löblichen Universität anzubefehlen, daß
sie mir nicht alleine die erste und von denen Herren des Ministerii viritim
unterschriebene Klage, sondern auch das hernach eingesendete memorial in
Abschrifft communiciren, und zu meiner Verantwortung eine Monats-Frist
verstatten, Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit im übrigen lediglich und
unterthänigst anheimstellende, was sie wegen Herrn D. P. künfftigen Predigten
gnädigst anzuordnen geruhen werden, in stetwährender Verharrung &c.
(Das von denen Adversalis
angegebene Corpus delicti aus dem Januario 1689.)
§. XXIIX. Damit auch der unpartherische Leser in antecessum beurtheilen möge, wie
ungegründet alle die imputationes seyn, die der concipient der so genannten
Erläuterungs-Puncte gegen mich eingegeben; so will ich nur speciminis loco das
von dem concipienten angegebene corpus delicti sub num. 4. als wegen welches D.
I. B. C. am allermeisten von D. A. P. wieder mich aufgebracht worden, aus dem
Ianuario des 89. Jahrs hierher setzen, ob es gleich ein wenig weitläufftig und
daselbst a p. 64. biß p. 77. zu lesen ist. Ich hatte in besagtem Janua
|| [57]
rio meine Gedancken über des Jani Philadelphi
Schrifft de optima Christianorum secta eröffnet, und dabey in den §. 8. daselbst
folgendes gemeldet: Jedoch kan ich dieses nicht bergen / daß ich lieber gewolt /
Janus Philadelphbus hätte seine Meynung von denen
Mängeln der Protestir enden Geistlichkeit / und
sonderlich der Priester / etwas verblümter gegeben, nicht daß ich ihn
beschuldigen wolte / als habe er hierinnen unrecht gehandelt / sondern weil auch
unter demjenigen / so mit Fug und Recht geschehen kan / unterschiedene grade sind / von welchen einer besser als der andre ist,
und viel wackere Leute der Meynung sind daß wenn man mit der Priesterschafft zu
thun / man lieber der Sache zu wenig thun / als sich des strengen Rechts
gebrauchen solte. Solches desto besser zu verstehen / kan ich nicht umhin dem
Leser einen artigen locum aus des Mons. de la Fontange seiner Voyage par les Pays
Bas, die Anno 87. zu Amsterdam gedruckt worden
/ zu communiciren / massen derselbe überaus a propos kömmt, und das Büchelgen sehr rar ist. Als ich
/ spricht er p. 264. seqq. Anno 72. nach L. (ich glaube
/ daß er Leyden meynet) kam kehrte ich bey dem Herrn Socrate ein. Dieses ist ein Mann von überans grossen meriten / der nebst einer galanten und soliden Gelahrheit in geistlichen / historischen und politischen Wissenschafften auch eine ungemeine Klugheit
besitzet, weßwegen er auch / und weil er seinem Vaterlande sehr viele nützliche
Dienste eine lange Zeit geleistet, die höchste Ehren Stelle in besagter Stadt
erlanget hat, und von jedermann mit gebührender submission geehret und geliebet wird. Mein Vater hatte in seiner Jugend
viel Wohlthaten von ihm genossen und hatte mir ihn dannenhero für andern recommendiret. Und ich muß bekennen / daß ich an ihm ein
rates Exempel und dergleichen ich sonsten nicht leichte angemercket / gewahr
worden. Denn ob er gleich anfienge in ein hohes Alter zu treten / ich aber
damahlen in der besten Blüthe meiner Jahre war / so erwiese er mir doch so viel
Höfflichkeit / und wustes in Ehrwürdiges Alter mit meiner wenig verständigen
Jugend der gestalt zu temperiren / daß ich des
Vergnügens / welches ich aus seiner Conversation
genossen / nie vergessen werde. Er suchte mich zu erfreuen alle dienliche Mittel
herfür / und wiewohl es im Winter war / so vergnügte er mich doch so gut / als
es die Jahrs Zeitzuliesse. Er bath mir zu Ehren andere
|| [58]
vornehme Familien zu sich, und machte mich mit denenselben bekandt. Und da
harten wir eine ungemeine Lust / indem uns / die Wir insgesamt junge Leute
waren, die Complaisance dieses vortrefflichen Mannes zur
Frölichkeit aufgemuntett / in Gegentheil aber der Respect, den wir ihn schuldig waren / und den er auch mitren in der
grösten Frölichkeit mit der artigsten Manier zu ethalten wuste, unsre Freude im
Zaum hielte / daß sie nicht auf einen Excess hinaus
lieffe. Damahls lernete ich, daß das Alter an und für sich selbst der Jugend
nicht zuwieder wäre / sondern daß die murrischen und neidischen mores, deren sich gemeiniglich alte Leute bedieneten
hieran schuld wären / und daß dieses eine rechtschaffene Autorität und Ansehen sey die mit Liebe vergesellschafftet ist, massen
dieselbe auch nach dem Tode daurer / da hingegen dieses nur für einen Schatten
der Autoruät zu achten / die man durch eine misantropische Ernsthafftigkeit sich zuwege bringet / in
Ansehen diejenigen, die uns so dann äusserserlich auch knechtische Complimenten erweisen / nothwendig innerlich uns als
Zuchtmeister fürchten / und folglich hassen / auch unser Andencken in der Grube
/ mit einen Abscheu und Verdruß / als Leute / die von einen Sclavischen Joch
entlediget worden, erwehnen. Es ware aber auch in dieser Stadt damahlen ein
berühmter Prediger mit Nahmen Christophilus, von dessen
äusserlichen Gabe / ich allbereit viel hatte reden hören. Diesen zuhören /
gienge ich so bald / als ich Gelegenheit hatte, in seine Predigt / und gefiel
mir sein nach denen Regeln der Rede Kunst eingerichteter und mit äusserlicher
pronunciution und Minen wohl ausgeschmückter Sermon, über die massen; aber ich wurde von Hertzen
bestürtzt / als ich hörete / Wie er in den Usibus seiner
Predigt die Conversation der alten mit jungen Leuten mit
denen Haaren darzu zog / und mit Aergernüß der gantzen Gemeinde die Conversation, so Socrates mit
uns gehabt hatte, mit so schimpfflichen Worten beschriebe, auch den
rechtschaffenen Alten mit so schmähsichtigen phrasibus
durchzoge / daß ein unparthisches Christliches Gemüthe nothwendig einen Abscheu
dafür kriegen muste. Ich ärgerre mich dermassen darüber, daß ich kaum an mich
halten konte / dresen Calumnianten ins Angesichte zu
wiedersprechen, jedoch mäßigte ich mich /
|| [59]
brachte
hierauf den Votmittag mit lauter Verdruß zu, und gieng mit dieser übeln disposition zum Philintis, der
mich zu Mittage zu Gaste gebeten hatte, woselbst fast die gantze Mahlzeit durch
von dieser Predigt raisonniret, und der unzeitige Eifer
des Chrectophilus von denen meisten bestrafft wurde,
ausser daß ein junger naseweiser Mann den Schatz seiner morale aufthun wolte, und, weil er auch durch ein närrische Singularität ein Ansehen zu erlangen sich fürgesetzet /
einen gantzen locum communem, wie man seine Autorität conserviren solte,
herbetete. Ich hatte guten Lust, mit ihn anzubinden, wenn ich nicht allbereit in
derselbigen Gesellschafft gewahr worden wäre, daß man ihn vor einen hochmüthigen
Gecken hielte, auch von einen meiner Beysitzer gehöret hätte, daß er dasjenige,
was er war, zwar nicht vi oder clam, jedoch precario sich hätte zuwege bringen
müssen. Nach der Mahlzeit expedirte ich etliche
Geschäffte, die ich zu verrichten hatte, und verfügte mich gegen den Abend zu
meinem Socrate. Ich gedachte, ich würde wegen der
empfangenen Beschimpffung ihn entrüstet und verdrießlich antreffen. Nachdem ich
aber seine gewöhnliche Leutseligkeit an ihm verspührete, und er mich, weil
denselbigen Tag gleich verdrießlich Wetter War / zum Camin führete, und bey
einer Pfeiffe Toback seine weise Discurse so ruhig als
sonsten fortführete; konte ich mich nicht länger enthalten / ihn zu fragen: ob
er nicht wüste, daß Chrestophilus uns denselben Tag
aufgeboten hätte? Er sagte Nein, und begehrte von mir zu wissen, was ich damit
meynete. Ich erzehlete ihm die Sache von Anfang biß zum Ende, und weil die
Umstände einige Hefftigkeit bey mir erregten, wurde der ehrliche Socrates bewogen, seine Pfeiffe vom Munde zu nehmen, und
mir mit einiger attention zuzuhören. Als ich aber meine
Erzehlung vollender hatte, und verhoffte / Socrates
solte seinen Eiffer über diese Unbilligkeit blicken lassen / verdroß es mich
wohl von Hertzen, als ich sahe, daß Socr ates gantz
keine Farbe im Gesichte änderte, seine Pfeiffe wieder ansteckte, und mit einer
kaltsinnigen Mine zu mir sagte: ich bin dergleichen Complimenten von dem Herrn Chrestophilo schon
gewohnet, und afficiren mich dieselben so wenig, daß
wenn ich sonst nicht auch mit Geschäfften überhäufft wäre, wolte ich des Herrn
Chrestophili
|| [60]
Zorn und Ungnade unerachrer / diese Woche noch eine
dergleichen Conversation anstellen, und dabey Chrestophili seine Gesundheit trincken. Ich konte dieses
phlegma nicht begreiffen, und dachte in meinen
Hertzen: ist Socrates so ein weiser Mann, und hat nicht
mehr Empfindlichkeit für seine Ehre und renommée? Ja ich
konte nicht unterlassen, ihn zu fragen; ob er denn diese Beschimpffung
ungeahnder wolte hingehen lassen? Chrestophilus hätte ja
sein heiliges Amt mit diesen calumnien augenscheinlich
entheiliget. Es wäre in allen wohlbestellten Republiquen
heilsamlich verordnet, daß die Prediger auch in straffbahren Dingen keine personalia auf denen Cantzeln tractiren solten, geschweige denn, daß sie selbsten die Leute, denen sie
Ehrerbietung zu erweisen schuldig wären, schimpff ich injurirten, bey denen Unterthanen eine Verachtung ihrer Obrigkeit
erweckten, und den geheiligten Predigt Stuhl zu einem Schmähe-Stuhl machten, auf
dem sie ihre sündlichen und ärgerlichen affecten
auslassen könten Socrates wäre, vermöge seines
Christentbums, vermöge seines Amts, und vermöge politischer Klugheit schuldig, Chrestaphilo zu
weisen, daß er bey ihm unrecht ankäme, massen er sonst künfftig dergleichen
Begünstigungen von ihm mehr würde gewärtig seyn müssen, auch Chrestophilus ohne Zweifsel in seinen frevelhafften Vornehmen würde
gestärcket werden, wenn ihm dieses so für genossen ausgienge / und würde hernach
dasjenige, was er jetzo dem Socrati gethan, andern
geringen Leuten desto ungescheuter thun, und sich einbilden, daß der heilige Ort
ein theatrum sey, darauf er diejenigen, die es nicht
nach seinen Kopff machten, gleichsam per modum
privilegii schänden und schmähen dürffte. Und dieses würde man ihm dem Socrati hernach alles imputiren,
daß er diesen Ubel nicht gesteuret hätte, da ihm doch jetzo die beste
Gelegenheit darzu vorstiesse. Socrates antwortete mir in
seiner gewöhnlichen Sanfftmuth: Ich dancke den Herrn zwar für seine gute intention gegen mich; aber ich bin gantz anderer
Meynung, als der Herr. Er kennet den Herrn Chrestophilum
noch nicht. Wenn man einen ungeistlichen Geistlichen vorstellen wolte, dürffte
man nichts thun / als sein currieulum vitae drucken
lassen. In seinem Amte bindet er sich weder an geistliche noch weltliche
Ordnungen, sondern sein eigen Gehirne ist ihm an statt einer Richtschnur; den
ihm vor
|| [61]
gesetzten
Euscbium tractir et er so verächtlich / als wenn er Eusebius, und Eusebius
Chrestophilus wäre. Seine Untern regierer ex auf solche Weise, als wenn ein
Imperium despoticum in der Chrißlichen Kirche seyn
müste; das ihm anvertraute Amt vorwalret et nicht, wenn er soll, sondern wenn es
ihm beliebt, weil er wohl weiß, daß ihm seine Einkünffre niemand wegnimmet, im
Gegentheil, wo er seinen armen Mit Brüdern ein accidens
Wegnehmen kan, da liesse er keine Gelegenheit aus Händen gehen, und wenn es
gleich mit Gefahr seiner Gesundheit gesehehen solte; wenn das Volck zu einer
betrübten oder ernsthafften Andachr soll gereitzet werden, will er dieselbe mit
unflätigen Zoten / oder lächerlichen Redens-Arten erwecken, daß er öffters
genöthiger wird, für dem allgemeinen Gelächter seiner Zuhörer innen zu halten;
und wenn er einen schmähen will, thut er solches in seinen homilien gantz ungescheuet, und ist doch hernach so unverschämt / oder
so verzagt, daß er bey denen erschrecklichsten Schwüren sich vermißt, er habe
denjenigen, den er doch so demlich beschreibt, als wenn er ihn mit Nahmen
genennet hätte, gantz nicht gemeynet. Und wie solte er Privat Personen verschonen, da er sich nicht entziehet, hohe Häupter
selbsten ehrenrührig anzugreiffen: Solte ich aber von seinen privat-Leben und denen darinnen vorlauffenden unzehlichen prostitationen und Aergernüssen, die durch viele Zeugen
erwiesen werden können, ja die der gantzen Stadt bekandt sind, anfangen zu
erzehlen, würde ich heute nicht fertig werden. Jedoch erzehlte mir Socrates etliche davon / an denen ich so viel zu hören
hatte, daß mir beyde Ohren gälleten. Ich sprach: desto meht Ursache hätre Socrates, die erwiesene Schmach an Chrestophilo zu rächen. Er antwortete aber: Mein lieber Hert Fontange, er ist noch jung und unerfahren, mit Mehrung
der Jahre wird er gantz anderer Meynung werden. Solte ich mir den Tort anthun,
mich mit Chrestophilo in einen Zanck und offenbahre collision einzulassen, und meine Gemüths-Ruhe zu stören.
Wie viel Stunden müste ich verderben, die ich zu Fortsetzung und Endigung
desselben anwenden müste, zumahl ich mit einen solchen Manne würde zu thun
kriegen, der nicht unterlassen würde, alles auf das äusserste zu treiben, und so
unverschämt ist, daß er alle Wochen an statt seiner Predigrendem Volck unsern
Proceßher erzehlen, und auf
|| [62]
die Richrer, Advocaten, Procuratores und alles was
ihm zuwieder wäre, schmähen würde; ja ich bin versichert, wenn er wüste, daß wir
jetzo mit einander Toback träncken, er würde alle Pfeiffen und fidihus uns als ein Aergernüß offentlich aufmutzen / und
nicht ermangeln, unsern Speichel, den wir wegen überflüssiger Feuchtigkeit von
uns gegeben, wieder in seinen Mund zu nehmen. Ich weiß nicht, wie lange ich zu
leben habe, und könte leicht geschehen, daß ich stürbe, ehe der Injurien-Process zu Ende gieng.
Mit was vor einen Hertzen würde ich für dem Richter-Stuhl meines Erlösers
erscheinen: Zugeschweigen, daß sich das Volck scandalisiren, und die gantze Zeit, so lange der Proceß währete, von mir und Chrestophilo reden
würde. Offenbahre Verleumdungen soll ein weiser Mann gar nicht achten, massen
sie ihm so wenig schaden können, als das Bellen eines Hundes; und wenn alle, die
von Chrestophilo geschmäher werden, dergleichen
Gedancken, als ich, haben, wird sich keiner seine Beschimpffung zu Gemüthe
ziehen. Wenn einige Hoffnung da wäre, Chrestophilum zu
gewinnen, und ich mir vermuthete, daß nur noch ein Füncklein eines wahren
Christen bey ihm anzutressen wäre, wolte ich ihn aufs freundlichste bitten, zu
behertzigen, was er dermahleins für die vielfältige Entheiligung seines heiligen
Amts dem strengen Richter, dessen Diener er sich nennet, für schwere
Rechenschafft werde geben müssen. Aber so bin ich mehr betrübt über seinen
elenden Zustand, als erzürnet über sein böses Fürnehmen. Mit diesen und
dergleichen andern Gründen gedachte Socrates mir meine
Meynung zu benehmen, die Bewegung meines Geblütes aber liesse mit damahls nicht
zu / selbige zu behertzigen / und ob sie gleich nicht wiederletzen konte, so
bezeigte ich doch mein Mißfallen mit einen starcken Kopff-Schütteln. Es hatte
aber Socrates kaum aufgehöret zu reden, als sich ein
Tumult auf der Gasse erhube / und eine grosse Menge Volcks zusammen lieffe Socrates sendete seinen Diener hin / zu sehen, was
vorlieffe, der bald wieder kam / und erzehlte / es hätte ein ttunckner Capitler in seiner Vöilerey an einen ehrbahrn Mann
gestossen der ihn mit harten Worten angeredet: Ihr voile Sau, habt ihr nicht
Raum genug auf der Strassen: Welches aber der Trunckene nicht concoquiren können / sondern hätte den ehrbahren Mann dergestalt
ausgemacht / daß kein unflätiges Scheltwort
|| [63]
wäre,
dessen er sich nicht wieder ihn bedienet hätte / dergestalt / daß der andre auch
mit Scham davon gehen müssen. Was dünckt ihn / Herr Fontange, sprach Socrates zu mir? Hätte der gute
Mann nicht besser gethan / er hätte den Puff von dem trunckenen Kerl eingesteckt
/ als daß er durch seine Schelt-Worte so viel Ehren-Titel von ihm heraus
gelockt. Der versoffene Capitler wird wohl morgen müssen ins Gefängniß kriechen
/ aber damit ist doch die Prostitution des andern bey
dem Volcke nicht vergessen / und wie lange wird er sich wegen dieses Zufalls von
andern müssen vexiren und seiner spotten lassen?
Trunckenen Leuten gehet jedermann aus dem Wege. Einem Schmähsüchtigen aber
weichen nur weise Leute. Ich kame hierdurch zur Erkänntnüß meines Irrthums / und
bat Soctätem wegen meines Unverstandes höchlich um
Verzeihung, der mir aber an statt der Correction
folgende Lehre gab: Der Herr collidire sich die Zeit
seines Lebens nicht öffentlich und durch Proceße mit Priestern / sondern sehe,
Wie er sie sonst auf andre Wege vom Leibe behalte. Und wahrhafftig, ich habe
zeithero dem Socrati wegen dieser guten Warnung
vielfältig gedanckt weil ich sie so probat und just befunden; Biß hieher aus dem Reise Buch des Mons. de la Fontange, von welchen ich vielleicht
künfftig absonderlich reden werde, wenn ich verspühre / daß dem Leser dieses
daraus excerpirte Specimen nicht mißfallen. Nun beliebe
der Leser mit diesen loco den in 26. §. angeführten numerum 4. zu conferiren,
und erwege, ob nicht die darinnen gemachte application auf D. I. B. C. mit den
Haaren darzu gezogen sey; ja, wenn man auch alle regulas interpretationis
genuine mysticae zu Hülffe nehmen wolte, der interpres, oder wer sonsten diesen
locum auf sich appliciren würde, nothwendig sich offenbahr prostituiren müsse,
zum allerwenigsten aber mir kein crimen inquisitione dignum daraus gemacht
werden könte, wenn ich gleich bey Schreibung dieses §. auf eine gewisse Person
in specie gedacht hätte. Andre mehr specielle Beantwortungen werden unten zu
seines Zeit folgen, und deutlich zeigen, daß weder D. A. P. die geringste
Ursache gehabt, des halb Herr D. C. wieder mich aufzubringen, noch Herr D. C.
ohne deutliche Geständnüß, daß er andre ehrliche Leute gröblich zu injuriren
angefangen, sich so zu sagen par force zum Chrestophilo, und daß er unter diesen
Nahmen von mir gemeynet wäre, zu machen.
§. XXIX. Indessen ware es meinen Haupt-Adversariis nicht(Neuer / von D. P.) genug,
daß sie mich als einen von ihnen angegebenen gottlosesten Men
|| [64]
schen
(mit seinen lectionibus Anti
Atbeisticis gemachter Lermen nebst der Beschwerung
darüber.) in ein gefährliche inquisition zu bringen trachteten; sondern sie
bemüheten sich auch bey denen Studiosis insonderheit mich als einen Atheisten
auszuschreyen, indem sie wohl wusten, auch zum Theil aus der Erfahrung hatten,
daß, wenn sie diesen Zweck erhielten, es leicht geschehen könte, daß die
Studiosi entweder so dann leichtlich, auch an hellen lichten Tage mir die
Fenster einschmeissen, oder wohl noch empfindlichere Beschimpffungen anthun
würden, zumahl wenn sie dabey versichert wären, daß sie von denen Herren
Theologis und Philosophis würden deßwegen gelobet und dergleichen Thaten auf
denen Cantzeln wohl gar als solche, die aus sonderbahren Göttlichen Trieb
geschehen, würden angegeben werden. Zu diesen Ende ließ Herr D. A. P. ein
Programma ad Lectiones Anti Atheisticas drucken, über welches und die
beygedruckten quaestiones er nach der damahligen Oster-Messe zu lesen gesonnen
war. Nun war ich zwar in demselben nicht mit Nahmen benennet, es wird aber
beykommendes Schreiben sub dato 4. Aprilis zeigen, warumb ich mich dessen
annehmen, und wieder dieses Vorhaben zu besch wehren genöthiget worden:
P. P. Es ist mir gestern ein Lateinisch Programma für Augen gebracht worden, so
bey Christoph Fleischern gedruckt ist, in welchen Herr D. Pfeiffer die Studiosos
ad Lectiones privatas Anti-Atheisticas die er nach der Oster-Messe zu halten
gesonnen, invitiret, und wie aus dem Ende desselben zu sehen ist, dieses
Programma auf jetzigen Sontag öffentlich anschlagen will. In diesem Programmate
so wohl auch in denen dabey angeführten quaestionibussind folgende loca, als
Auf den eilfften Blat a. 3. verba: suamque religionem Eruditorum sive prudentum
appellant.
Auf den 12ten Blat a. 4. verba: ut & illi, qui in eo se applausum hominum
consecutos censent, si praecones verbi divmi eorumque sacra munia cavillari
ingeniose queant, quasi ad istam operam a cacodaemone stipendio conducti essent.
In den quaestionibus Tit. 8. q. 14. An nihil habeat rationem peccati, nisi sola
Dei voluntate, vel in ordine ad civitatem, & ob interdictum superiorum.
Tit. 10. q. 1. verba: a quibus omnis pudor naturalis proscribitur.
Eod. tit 10. q. 3. An legis Mosaicae divisio in moralem, Ceremonialem &
Forensem sit inepta?
|| [65]
Tit. 15. q. 2. An scortatio, mollities, sodomia, in se sint peccata? &
qu. 5. An gradus lege divina prohibiti sint contrajus naturae. die ich auf mich
ziehen muß, weil er Herr D. P. wie bekandt, dieserwegen ein ehrwürdiges
Ministerium wieder mich aufgewiegelt, und in dem ohnlängst bey Ew. Magnif. und
dem Concilio Asseslorum eingegebenen Memorial, das er privata autoritate und
ohne Consens des Ministerii, jedoch in dessen Nahmen verfertiget, (seiner selbst
eigenen Berühmung nach,) mir die in besagten locis als sententias Atheisticas
angegebene Meynungen imputiret, und mich dieserwegen als einen Atheisten in
privat Discursen eine geraume Zeit traduciret.
Ob nun wohl bey S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit meinem gnädigsten Herrn, und für
der gantzen ehrbarn Christlichen Welt, ich meine Unschuld wieder diese
unchristliche Schmähungen rechtschaffen und nachdrücklich, jedoch Christlich,
nechst Göttlicher Hülffe auszuführen mir freudig und getrost getraue; auch jetzo
dahin gestellet seyn lasse, warumb der Herr Censor dieses Programmatis, da Herrn
Pfeiffers Begünstiguugen wieder mich notorisch und der gantzen Stadt kundig
sind, obbesagte loca censiret, als weswegen zu einer andern Zeit ich mir meine
Jura competentia vorbehalte; und in übrigen nicht gesonnen bin, bey Ew. Magnif
und Meinen Hochgeehrten Herren wegen des mir allbereit geschehenen Unrechts Herr
D. Pfeiffern zu verklagen;
So habe doch der Nothdurfft zu seyn erachtet, Ew. Magnif. und Meinen Hochgeehrten
Herren diese meine Beschwerden bey Zeiten zu erkennen zu geben, und wegen des
Interesse Publici ihrer reiffen deliberation anheim zustellen: Ob bey dieser
Bewandnüß Herrn D. Pfeiffern besagtes Programma anzuschlagen: und das Collegium zu
halten zu verstatten sey:
Und zweiffle nicht, es werden Ew. Magnif. und meine Hochgeehrte Herrn
ohnmaßgeblich bey dieser deliberation folgende momenta causae.
1.) Daß ein imputirtes crimen Atheismi eine solche Sache sey, die kein ehrlicher
und Christlicher Mann auf sich ersitzen lassen kan.
2.) Daß keinem privato zukomme, einen Concivem dieses schweren delict fälschlich
und zwar publice zu beschuldigen.
3.) Daß Herr D Pfeiffer solches am menigsten Ursache habe.
4.) Daß alle Umstände weisen, daß Herr D. Pfeiffer dieses Collegium nicht aus
einen Christlichen und Theologischen Antrieb, sondern aus einen Vorsatz viele
gelehrte unschuldige Leute, für nehmlich aber mich
|| [66]
zu
calumniren, und die studirende Jugend wieder mich aufzuhetzen, zuhalten
Vorhabens sey.
5.) Daß, wenn Herrn D. Pfeiffern dieses Collegium zu halten, und das programma
anzuschlagen vergönnet wird, viel Aergernüß und Unglück, so die Ruhe des
gemeinen Wesens nothwendig turbiren würde, gar wahrscheinlich entstehen könne.
reifflich erwegen, und einen solchen Schluß fassen wie sie es gegen S.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit und die Rechte zuverantworten sich getrauen,
worbey noch dieses erinnern will, daß Herr D. J. B. C. der Pfeifferischen
Begünstigungen consiliis & opera particeps ist, in stets währender
Verharrung &c.
(D. P. exemplarische Antwort
darauf.)
§. XXX. Ich hatte mein voriges Schreiben kaum bey der Universität übergeben, als
D. P. more consueto) alsobald Nachricht davon bekam, und noch selben Tag,
nehmlich den 4. April mit einer Gegenschrifft wieder mich bey der Universität
einkam.
P. P. Ew. Magnif. und Excell. kan ich unberichtet nicht lassen, wie mir zu Ohren
kommen, was massen Herr D. Christian Thomasius, wegen meines Collegii Anti
Atheistici, so ich kommenden Sontag zu intimiren mit GOtt entschlossen, sich bey
ihnen angemeldet, und mich, als ob ich ihn darinnen angegriffen, bezüchtiget,
auch mir Einhalt zu thun verlangt haben solte. Ob ich mich nun zwar über dieses
sein unbesonnenes und unverschämtes Ansinnen höchlich verwundere, daß, indem er
hiebevor ein und ander teutsches programma, das hie weder censiret noch
gedrucket, auch durch Schmähungen des im Römischen Reich gebräuchlichen Juris
Caesarei und andere Anzüglichkeiten zur perturbation des gemeinen Wohlstandes
ein ziemliches beytragen könte, propria autoritate ohne requisition des Rectoris
und Concilii Academici anschlagen lassen, er jetzo fordern darf, daß man einen
Doctori Publico, der nichts contra ananalogiam fidei & receptam
doctrinam zu lehren suchet, auch Censuram Decani suae Facultatis gebührend
requiriret hat, seinetwegen, und weil er sich getroffen einbildet, oder etwann
befahret, es möchte seine Waare bey der studirenden Jugend etwas weniger gelten,
alsbald und stante pede inhibition thun soll, worinnen ihm so schlechterdings zu
deferiren, seine bißherige merita gegen die hochlöbliche Academie nicht
zulänglich seyn. Jedoch weil ich die Contenta seiner Klage, so gar eigenilich
nicht weiß, auch mich nicht besinne, daß ich ermeldeten Thomasium nahmentlich
oder also, daß er für seine Persen sichs absonderlich anziehen müste,
angegriffen, oder des A
|| [67]
theismi heschuldiget,
vielmehr aber dieses Collegium also zu halten vermeyne, daß weder Thomasii noch
seiner Schrifften mit einem Worte gedacht werde, so bitte ich gehorsam und
dienstlich, sie geruhen mir seiner Klage Abschrifft zu communiciren, damit ich
nach Befinden meine Nothdurfft weiter vorbringen könne in dessen aber lebe der
guten Zuversicht zu ihrer bekandten dexterität auch der Gunst, welcher ich
bißhero genossen, sie werden mich in meinem proposito, welches GOtt zu seinen
heiligen Ehren und dem einreissenden Atheismo zu steuren angesehen, zumahl weil
noch nicht periculum in mora, und das Collegium allererst nach dreyen Wochen
angehen soll, an der Intimation nicht hindern, sondern vielmehr gegen diesen
unruhigen Menschen dabey schützen, da ich denn alle Verantwortung, so bey hoher
Landes-Obrigkeit derowegen entstehen könte, unerschrocken über mich nehmen, und
Herr Christ. Thomasio nach seinem Verdienst zu begegnen wissen werde. Wobey
unter Empfehlung in Göttl Gnaden-Huth ich verharre &c.
Der unpartheyische Leser wird indessen aus diesen und folgenden D. P. eigenen
Schrifften seine Schreib-Art erkennen können, und wie dieselbe seinen
sonderbahren character deutlich abbildet, der in einer gewissen und in Nahmen
seines Sohns publicirten schrifftlichen Antwort mit mehrern abgemahlet ist, als
er vorher Herrn D. Petersen in einen Schreiben an diesen seinen Sohn unter
andern als einen groben und unverschämten Mann zu beschreiben sich unterstanden
hatte.
§. XXXI. Unerachtet auch bey denen Universitäts actis keine(Die Theologische Facultät mischet sich in die Sache. Unzeitige Denunciation derselben.) Registratur
vorhanden, daß mein Petitum weder Herr D. P. noch der Hochwürdigen Theologischen
Facultät wäre in Schrifften communi ciret worden; so weisete doch die Folge, daß
man ihnen sehr wahrscheinlich clanculum die acta geschickt, indem sie, die
Theologische Facultät, sub dato den 6. Aprilis nachgehendes Schreiben an das
Ober-Consistorium abgehen liesse.
P P. Ew. Churfürstl. Durchlanchtigkeit müssen wir in aller Unterthänigkeit
berichten, daß, als unser lieber Collega Herr D. Aug. Pfeiffer Hebr. L. P. P.
ein Collegium Privatum Anti-Atheisticum auf morgenden Sontag Quasimodogeniti zu
intimiren sich bey mir jetziger Zeit Decano gewöhnlicher massen angemeldet, das
Programma und Quaestiones Anti Atheisticas, darüber er in solchem Collegio zu
lesen gemeynet, überreichet, und die Censuram und subscriptionem erhalten,
Christian Thomasius, als ihm davon ein Exemplar in die Hände kommen, in einen
Schreiben sub dato 4. Aprilis von Rectore Aca
|| [68]
demiae und Concilio Professorio gesucht, daß solches Vorhaben ihm
untersaget werden möchte, weil er so wohl in dem programmate als quaestionibus
viel auf fich deuten müsse: welches sein Suchen von ermeldten Concilio
Professorio unserer Facultät übergeben worden, da wir denn insgesammt in
Facultatis consessu beydes nochmahls revidiret und befunden, wie alles als
GOttes Wort und denen libris symbolicis gemäß zu approbiren, dahero es bey der
einmahl ergangenen Concession billich verbleibet, und alles dißfalls seine
Richtigkeit hat.
Wenn aber, Gnädigster Churfürst und Herr erst erwehnter Christian Thomasius sich
gleichwohl in diesen seinen Schreiben derer in mehr besagten programmate und
quaestionibus rechtmäßig verworffener und gestraffter Unthaten, und wieder
GOttes Wort und unsre libros symbolicos lauffender Reden und Lehren selbst
schuldig giebet, und laut Beylage lit. A. bekennet.
1) Suam religionem esse religionem eruditorum sive prudentum.
2) Se esse inter eos, qui in eo se applausum hominum consecutos censent, si
praecones verbi divini eorumque sacra munia cavillari ingeniose queant, quasi ad
istam operam a Cacodaemone stipendio conducti essent.
3) Se cum Spinosa, Cupero &c. credere, nihil habere rationem peccati,
nisi sola Dei voluntate, vel in ordine ad civitatem & ob interdictum
superiorum
4) A se omnem pudorem naturalem proscribi, adeoque natu rale honesti turpisque
discrimen negari, & contra affirmari, quod jus naturae unice fundetur in
utilitate, potentia &c. indeque sir mensurandum.
5) Legis divinae divisionem Mosaicam, in moralem, ceremonialem &
Forensem, sua sententia esse ineptam.
6) Favere se Knuzio & Epicuraeis recentioribus, qui scortationem,
mollitiem, Sodomiam, &c. negant in se esse peccata.
7) Sua sententia incestum in linea recta pudorem naturalem non violare.
Gestalt er dieses alles aus selbigen extrahiret, und da er niemahls genennet noch
beschrieben worden (besage der Beylage lit. B.) sich doch entweder getroffen,
oder wiedersprochen zu seyn, stimulante conscientia mala, klaget; darneben auch
aperte falsa, als daß
|| [69]
1.) Er Herr D. Pfeiffer das Ministerium wieder ihn Thomasium aufgewiegelt; (da
wir, die wir zugleich in Ministerio seyn, ein anders wissen.)
2.) Er Herr D. Pfeiffer beym Herrn Rectore und Concilio im Nahmen des Ministerii
ohne dessen Vorbewust dem 22. Martii, als Thomasius vorstehen sollen, ein langes
Memorial eingegeben habe; (da doch ich der Superintendens nach angelangten
Churfürstl. Gnädigsten Rescript solches auf Begehren und Ansuchen des Concilii,
so es durch den Actuarium Academiae von mir bitten lassen, an den Herrn Rectorem
übersendet, auch selbiges nicht Herrn D. Pfeiffern sondern einen andern Collegen
in Ministerio aus Thomasii Schrifften zu excerpiren anvertrauet, und aus dessen
Händen empfangen gehabt.)
3.) Ich D. J. Bened. Carpzov, den Pfeifferischen Begünstigungen, wie er redet,
eonsiliis & opera particeps sey, (welches er nimmermehr erweisen kan, ob
ich gleich dessen, da ihm also wäre, mich weder zu scheuen noch zu schämen
hätte.)
Und anders mehr immisciret und annotiret; Als haben wir Amts-Pflichts- und
Gewissen halber Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit solches unterthänigst
denuncren, und bitten sollen, gnädigst anordnen zu lassen, daß wieder mehr
besagten Christian Thomasium ernstlich inquiriret, und er nach Befindung seines
ärgerlichen und bösen Beginnens andern zum Abscheu exemplarisch abgestrafft und
solches Ubel abgeschafft und ausgerottet werde. Welches wie es zu GOttes Ehre
und Rettung der Wahrheit gereichet; also wird GOtt Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit reichlich dafür segnen, und wir verharren &c.
Und also hatte ich armer Mensch damahls nicht alleine das gesamte Ministerium,
sondern auch die gantze Theologische Facultät öffentlich, insgeheim aber Herr D.
A. und seinen Anhang von der Philosophischen Facultät nebst deren Clienten zu
Leipzig und Patronen bey Hoffe auf dem Halse.
§. XXXII. Die Beylagen, darauf sich das Schreiben der Theologischen(Das Pf. Scriptum selbst / nebst
denen Ursachen warumb selbiges hier-) Facultät bezoge, bestanden lit.
A. aus meiner bey der Universität eingegebenen und in 29. §. angeführten
Supplique, lit. B. aber waren das gedruckte Pf. programma wegen seiner lectionum
privatarum Anti-Atheisticarum und die demselben angehengte Quaestiones, worüber
der Autor zu lesen gesonnen war. Ich wo te wünschen daß das Werckgen noch in
jedermanns Händen wäre; daß ich mich kürtzlich auf dasselbe beziehen könte;
nachdem aber dasselbige in Buchläden wohl
|| [70]
(beygedruckt Worden.) schwerlich zu bekommen, auch
in vielen Bibliothequen rar seyn dürffte, und gleichwohl der deßhalb entstandene
Streit zwischen Herr D. P. und mir, und was dieserwegen nun ferner in folgenden
wird zu erzehlen seyn ohne Lesung desselbigen nicht wohl kan verstanden werden;
als glaube ich, daß es dem Leser wo nicht eben gar zu angenehm seyn werde, wenn
ich es beydrucken lasse, doch denen meisten unter denen Lesern es mehr
verdriessen möchte, wenn ich es wegliesse, als wenn ich es mit beyfüge.
Zugeschweigen, daß vielleicht etliche ein Mißtrauen in mich setzen möchten, als
wenn ich mich hierbey allzupartheyisch aufgeführet hätte, indem ich diejenigen
piecen aus meinen Monaten, darüber sich meine Adversarii touchiret befunden,
grösten theils hiermit beydrücken lassen; aber das Pf. Scriptum, welches dieser
für ein unschuldig Scriptum und das vielmehr zu GOttes Ehre gereiche,
ausgegeben; ich aber selbiges als eine injuriösische Schrifft angeklagt, mit
Fleiß ausgelassen hätte, damit mein Ungrund dem unpartheyischen Leser nicht so
leichte in die Augen fallen möchte.
Ad Lectiones privatas Anti-Atheisticas, SS. Theologiae cultores, quin
& aliarum facultatum studiosos peramanter invitat, simulque
controversiarum, quae nobis cum Atheis & Scepticis, uti &
infidelibus atque haereticis, quatenus illis suppetiantur, per universum
Theologiae Systema intercedunt, recensum Methodicum ceu collegii materiam
exhibet D. AUGUSTUS PFEIFFER, P. P. & Ecclesiastes.
(De Atheismo vaticinia.)
L. S. O. Magis nos haud immerito moveret ingravescens nostra aetate, &
tam longè latepue serpens ATHEISMUS, ut non aulas modo principum, sed &
caulas ipsas plebejorum occupet nisi sacra literae (certissimo divinae
revelationis argumento) istam rerum faciem jamdudum praedixissent &
quasi repraesentassent. Ita enim Salvator noster in secula benedictus Luc.
XVIII. 8. An putas, inquit, filium
hominis, cum venerit, fidem inventurum in terra? Et Petrus de ultimi
temporis empaectis cunctos verè fideles sollicite praemuniit, ut tanto minus
doleamus nos in ea tempora incidisse, quod devinae voluntatis atque gratiosae
revelationis scuto nos tutos sciamus: Venient, ait ille,
in novißimis diebus illusores, juxta proprias
concupiscentias ambulantes & dicentes; Ubiest promissio
ad
|| [71]
ventus
ejus? ex quo enim patres dormierunt, omnia sic perseverant ab
initio creaturae, &c. 2. Petr. III. 3. s. (conf. 2. Tim. III.
1. s. &c.)
Ejusmodi oraculorum veritatem eventus nostro tempore luculentissime(Nostro tempore impleta.)
comprobat. Nam cum olim inter Judaeos Atheus instar Chimaerae apud gentiles vero
miraculi instar esset, si per integrum forte seculum unus vel alter communem de
DIIS persvasionem improbare auderet, qui & e civitate ideo
proscribebatur, (qualis sententia in Protagoram ab
Atheniensibus lata est) hac tempestate multa hinc & inde Atheorum millia
numerari poslunt. Unicam Lutetiam Parisiorum An. 1623. jam 50000. Atheorum
continuisse autor est Marinus Mersennus Comm. in Gen. p. 671.
ubi (ita pergit ille) in unica domo aliquando XII.
reperire posis, qui hanc impietatem vomant. Quantum vero numerus iste
in hunc usque diem creverit, quilibet vel me tacente intelligit. Et quam uber
proventus ejusmodi zizaniorum in aliis regnis & provinciis reperiatur,
puta in Italia (unde quasi ex equo Trojano nequitiae
hujus magistri prodiere) in Anglia (de qua Th. Edoardus
in Gangraena sua testatur: Nullam haeresin, blasphemiam aut
confusionem esse, quae non vel inveniatur in Anglia, vel ariatur) in Belgio (quod commune Libertinorum
receptaculum & Atheismorum sentinam vocat Voëtius) & in
nostra quoque Germania, alii edisseruere (v. Voët Dispp. Sel. p. l. p. 225. s. Spizelius Scrutin. Atheismi p. 17. s. Reiserus Ep. de Atheism. ad Spizel. p. 241. s. Mullerus Atheism. dev. p. 32.) Recte Mersennus l. d. Ne
quis, inquit suspicetur me injuria conqueri, vel enim
paucos vel nullos esse, qui Deum negent, sciat velim, non solum in Gallia
sed etiam in aliis regnis tantam esse nefandorum atheorum multitudinem, ut
jure mir ari possimus, quomodo Deus eos vivere sinat, quippe qui bonitatem
insinitam in eis ad resipiscentiam exspectandis effundit.
Quid vero hic consilii capiendum, & utrum consultius sit istam(
An Atheismo resistendum?
) Atheismi invalescentis illuviem otiose spectare, &, ne infirmi
turbentur, prorsus istam non movere Camarinam; an vero mascule potius contraire,
ut, nisi athei convertantur, tamen a contagio alii praeserventur? ambigere
fortean quis possit. Quemadmodum enim in politiis minime tutum est, ipsa rerump.
sundamenta & jura dominantium injectis scrupulis sollicitari apud eos,
qui e diutina consuetudine parendi absque haesitationo ulla in officio
continentur; ita non magis tutum videtur, in religione ipsa
|| [72]
principia, e quibus omnis fit demonstratio, sub publicae
contentionis aleam atque controversiam revocari.
(Affirmatur, sed cum cautela.)
Verum enim vero licet & nos prudentiam hîc
requiramus, ne quaevis sc temere & ubivis,
coram rudi cumprimis plebe, in apricum producantur, minime omnium autem, si sine
praesentissimo id fiat antidoto; non tamen committendum putamus, ut nobis
tacentibus malum istud secure serpat, & vires subinde majores acquirat.
Ea enim de bonitate causae Christianae concipienda fiducia est, ut nihil in ejus
oppugnationem a quibuscunque infernalis organis
excogitari posse credamus, cui non ex instructissima verbi divini & pro re nata e sana quoque ratione, fortitcr obviam
iri possit. Et licet de atheis ipsis, scilicet,
praefractis & in sensum plerumque reprobum justo DEI judicio jam
traditis, exigua conversionis spes sit, sistendus tamen grassantis corum luis
impetus est, ne pars sincera trahatur. Praecipue autem
Theologiae cultores, ceu futuri aliis olim duces, in
Academiis praemuniendi sunt, ut profanis hominibus, gregi suo aliquando forte
molestis, oppilare queant.
(Ratio instituti nostri exponitur.)
Cum ergo nostram hic opellam a nonnullis expeti videremus, noluimus nos
subtrahere labori, quem vel isto nomine nos DEO debere fatemur, quod &
nos inter ejusmodi belluas, adolescentiae nostrae olim insidiantes, ceu Danielem
inter leones, servavit, iisque (quod citra ullam jactantiam, in solius divini
Numinis gloriam dictum esto) instruxit dotibus viribusque, ut Satanae ejusque
satellitibus obviare atque aegre facere queamus.
(Atheorum differentia.)
Antequam vero de methodo & procedendi ratione aliquid afferamus,
exponendum prius videtur, quos nomine atheorum
potissimum notemus. Neque enim unius sunt generis, nec pari audacia, ut quae
mente premunt, ore calamove expromant & in auras evaporent. Qua ratione
Atheismus in Speculativum
& Practicum, in proprium & participatum, directum &
indirectum, fermalem & virtualem, manifestum & clancularium,
inchoatum & consummatum, crassum & subtilem,
&c. distingui possit, alii exposuere, & nos suo loco rite
& ex ordine trademus. (Vid. interim Voët. Dispp. Sel
P l. p. 115. s. 141. 166. & e nostris Calov. Syst. T. II. p. 132. s. Müllerus Ath. dev p. 4.
s. Spizelius l. c. p 4. s. J. Diecmannus de Natur alism. p. 26. s. George Petri Deo in admir. Naturae repraesentato
|| [73]
p. 85. s.) NOVEM diversas ATHEISMI SPECIES recensuit Petr. Poiretus Cogit. rat. de Deo, anima & malo, Disc. praelim. §.
98. s. p. 50. s. seil. Naturalismum sive
congenitam homini post lapsum , Brutalismum, Atheismum formalem, Fluctuationem anxiam, Fluctuationem
offectatam sive Pyrrhonismum, Impietatem sive Epicureismum, Rationalismum
sive Idealismum, Activismum sive scrupulosam curiositatem, Acediam spiritualem. Nobis omnes ii Atheorum nomine veniut, qui sive
Existentiam DEI; sive , providentiam puta ejusdem, omnipotentiam, &c. sive divinam revelationem in Scripturacontentam,
immortalitatem animorum, praemia & poenas post hanc vitam
&c. sive directe, sive indirecte & per pronam consequentiam, sive conceptis verbis
negant, sive facto ipso sese negare demonstrant (quod sc. faciunt Epicurei & Pseudopelitici) Omnibus enim illis
licet non idem sit impietatis gradus tribuendus,(Atheis omnibus idem fixus scopus.) idem tamen
omnino fixus est scopus, isque Atbeisticus, quo pariter collineant, sc. ut omnem exuant atque
excutiant Nu minis reverentiam, conscientiam
perterresacientem supprimant atque occidant, ex sua denique libidine sine omni formidine vivant. Similes sc. sunt dyscolis atque
male moratis pueris, quibus cum animo semel sedet non elaborare pensum a
ludimagistro forte per paedagogum injunctum, varia comminisci solent; vel enim
sibi persuadent Ludimagistrum peregre abesse, vel. si domi sit, paedagogum ejus
autoritate abusum & suo arbitrio pensum tale confinxisse, vel si nec
illud sit, comminationem additam non esse seriam & spem de praemio
adjectam vanam atque irritam, & sic per mille effugia sibi ipsis
blandiuntur, ut se penso subtrahant & ex suo genio vivant; ita quibus
semel certum atque constitutum est, ordinem a DEO instutum & restrictam
vivendi rationem non sequi, pari ratione sibi persuadent, vel prorsus non esse
Deum (qui quidem directus & perfectus Atheismus ejusque gradus summus
est) vel si Deus sit, antistites religionis colendi rationem praescriptam vafre
esse commentos, vel certe minas & promissiones additas tantoque conatu
inculcatas non esse serias, quo sic excusso omni metu & reverentia
Numinis ita vivant, ut quicquid libet, liceat, Recte id advertit Henr. Morus,
unde in Antid. adv. Atheismum l. 3. e 16. §. 16. T. II Op
Philos. p. 142. fundum ait hujus enormis morbi
Animi (Atheismi) esse indomitum desiderium suam explendi
voluntatem in
|| [74]
omnibus, conscientiam autem & divinae vindictae timorentenetandi atque exting vendi.
(Diversa tamen Atheorum indo es est.
Quidam impudenter agunt.)
Quanquam vero idem omnibus Atheis fixus sit scopus, non paritamen passu ad eundem
contendunt. Alii enim sibi solis sapiunt, quid alii credant, securi: alii
audaciores & typho inflati ex nequitia famam captant, scabiemque
Atheismi sui aliis affricare laborant. Et horum alii quidem impudenter & levato quasi velo agunt, animique sensa plane
resupinant, & vel in DEI existentiam, vel providentiam, vel scripturas
Propheticas & Apostolicas, vel in Mosis & Christi personam,
veritatemque miraculorum, vel animorum immortalitatem & quicquid sive
praemiorum sive poenarum est post hanc vitam, qua scriptis, qua dictis
insurgunt. Talis autor libri sceleratissimi de tribus
impostoribus, quem plerique Aretino adjudicant
(Conf. Voët l. c. p. 198. J. Rodius de Anonym. p. 33. Dekherr. de Adesp. p. 119.
& Epist. Baelii ap eund. p. 373. Wagner Exam. Ath. p. 7. Spiezel. l c. p.
5. Morhof. Polyh. p. 71. Michaëlis ad Gaffarell. p. 330.) Talis itidem autor libelli
Atheistici in Polonia Cracoviae A. 1588. sub titulo: Simonis
religio, incerto autore editi, in quo praeter coetera portentiloquia,
etiam ista reperiuntur: Crcdo in tria, Coelum, Terram
& Coeliformam: In eoelum, patrem atque creatorem omn um: in terram,
rerum omnium matrem atque nutriccm; & in coeliformam omnia semientem
atque intelligentem. Ede itaque, bibe, lude, jam Deus figmenium est.
Idque autor maledictus vocat symbo lum Simonis
Theodortanum. Ejusdem plane farinae est Godofredi a Valle liber de arte nibil credendi: item libellus Valei vel alterius
nebulonis; Cur receptum sit Evangelium? Nec non
nequissimum illud Mundi Cymbalum a Bonaventura Periers
sive de Perez teste Mersenno p. 66. Gallicè
translatum quod quatuor dialogis constit prorsus Lucianicis, quibus una cum
gentilium fabulis religio Christiana ludibrio habetur.
(Alii fraudulenter.)
Alii callide, fraudulenter & quasi per ignes suppositos cineri dolosp procedunt, virus
atheisticum iris modis incrustant & dum Christianam causam agere
Deique existentiam & providentiam contra Atheos desendere videri volunt,
lectorem dimittunt, eique incauto Atheismum instillare
conantur. Ita CAMPANELLA
(Campanella.) Atheismum scripsit triumphatum,
quem tamen, si peni. tius inspicias, ex sua saltem intentione, Friumphntem
potius dixisset; nam dum causam DEI agere videtur, eandem prodit at
|| [75]
que prostituit v Reiser de
Atheism. p. 261.) De Julio Caesare (alias Lucilio) Vanino similiter certum est, quod in libris
suis (Amphitheatro(Vaninus.)
sc. providentiae & Arcanis naturae) tam callide texerit, ut censores quoque suos frustratus sit:
cum tamen facile sagacioribus suboleat, eum, dum solida argumenta enervat
& ficulnea ingerit, ludos facere lectores suos voluisse. (V. Voet. l. c. p. 202. Parkerus de DEO
& provid. p. 77. Windet de statu vita funct.
p. 34. Leydecker Praep. Ev. p. 194. Reiser Ep. de Atheism. p. 246.) Peffilentissimus Empaecta
& versipellis nebulo Bened. de Spinosa,
maledictae(Spinosa.)
memoriae DEI existentiam & attributa dum in scriptis suis, praesertim
Ethica posthuma, mathematice demonstrare prae se fert, omnem religionem
& sanum de DEO sensum pessundare instituit, id quod praeter alios
(Poiretum, Velthusium, Regner. a Mansvelt, B yenbergium &c.) Franc. Cuperus in Arcanis Atheismi
detectis P. I(Cuperus.) ostendere visus est, quem vero haud levibus argumentis
Henr. Morus Op. Philos T. I. p. 596. s. convincit quod
ipse quoque astutam vapido gestet sub pectore vulpem.
Namque postquam argumenta pro existentia DEI usitata, eademque solida
enervasset, ipse alii ingerit, omni robore destituta praesertim apud Atheos. Cum quis ad probandam fidem inducit rationes, quae non sunt
cogentes, cedit in irrisionem infidelium, credunt enim quod hujusmodi
rationibus innitamur & propter ea credamus. recte ait Thomas
P. I q. 32. Art. 1. & q. 46. art. 2. Alii
denique cum totam religionem convellere apertove Marte aggredi vel etiam
scripturae autoritatem sollicitare & lacessere tutum haud existiment,
per sublestas tamen hypotheses & portentosas opiniones, quasi per
cuniculos, utramque subruere tentant, dum scil. ea, quae in scripturis
liquidissimam testificationem habent, ex quodam novandi pruritu & vanae
gloriae aucupio negant. Talis sycophanta fuit Is.
Peyrerius Gallus, Praeadamitarum conditor, quem(Is. Peyrerius.) certatim adorti sunt
Dannhawerus, Micrelius, Ursinus, Hilpertus, Eusebius Romanus, Maresius
&c. ut alios nunc transmittamus, quorum nomina in quaestionibus nostris
passim comparebunt.
Cum itaque Athei neque eundem malitiae tencant gradum,(Nomina diversa Atheorum.) neque eandem
insistant viam (metam interim properantes ad unam) diversis discriminandi sunt
nominibus, non qualia ipsi affectant (dum sese Destas, les Esprits forts h. e. ingeniosos &
qui confirmatioris animi sint, quam ut omnia credant, De
grues h. e.
|| [76]
non amplius cum vulgo
desipientes, Conscientiarios sive Gewissener, suamque
religionem eruditorum, sive prudentum (verius stultorum Ps. XIV. 1.)
appellant) sed quae genium ipsorum propius exprimunt. Inde factum, ut
quaestiones nostrae directae sint tum contra Atheos, sc.
formaliter & stricte dictos, tum Epicureos,
Empaectas, Natur alistas. Antiscripturarios, Latitudinarios, Neutralistas,
Libertinos, Scepticos sive Pyrrhonios, Machiavellistas &
Pseudopoliticos, in ipsa tractatione in certas classes ordine
digerendos Tit. I. qu. 1.) Jam vero contenti erimus
nominum istorum rationem atque vim aliquanto explicatius edisseruisse.
(Athei formales.)
Atheos, formaliter tales, appellamus, qui universum hoc
pro Numine habent neque motorem ipsi contradistinctum admittunt, quales Campanella, Caesalpinus, Vaninus, Spinosa, Matth.
Knuzius & alii.
(Epicurci.)
Epicureos vocamus, qui vel cum Epicuro curam rerum humanarum DEO abjudicant sive ejus providentiam negant & omnia fortunae
tribuunt; vel etiam incuria rerum spiritualium laborant & lethargo
securitatis oppressi ventri serviunt, Epicurei de grege
porci, quamvis Epicuro ipso nequiores, uti praeter
alios P. Gassendus ostendit.
(Empaectae.)
Empaectae sive Scoptici nobis
sunt, qui religionem aperte non negant, interim sub larva nominis Christiani
meri sunt Christianismi irrisores, eumque, ubicunque possunt, profanis
frivolisque dicteriis impetunt. Talis scurraille, qui mulieres contendit non esse homines: Talis
autor libri de populis terrae australis incognitae, quos Sever ambes nominat: tales Franc. Rablaesius,
Bonav. Peresius, Adr. Beverland & alii obscoeni &
impuri scriptores; ut & illi, qui in eo se applausum hominum consecutos
censent, si praecones verbi divini eorumque sacra munia cavillari ingeniose
queant, quasi ad istam operam a cacodaemone stipendio conducti essent.
(Naturalistae.)
Naturalistas nos non cos modo dicimus, qui Naturam rerum
pro DEO habent, sed & qui omnes religiones
positivas, quas vocant, repudiantes, solam naturalem sufficere sibi ad Numen conciliandum censent. Tales Bodinus (de cujus dialogis, quibus titulus: Colloquium Heptaplomeres de abditis rerum sublimium
arcanis vid. Diecmannus Naturalism. p. 7. s.) Thomas
Hobbes. Edv. Herbert
|| [77]
de Cherbury, Uriel Acosta (cujus Exemplar humanae vitae Phil. a Limborg vulgavit & alii.
Antiscriptur arii iidem dicuntur, quod scripturam quidem,
non(Antiscripturarii.) tamen ideo omnem religionem sese repudiare
profiteantur.
Latitudinarii sunt, qui omnes religiones probant, ut eo
tutius(Latitudinarii.) nulli sese obligent. Tales Franc.
Puccius, Henr. Nicolai ejusque familia charitatis,
Angelus Marianus, Fowlerus &c.
Neutralistae vocantur, qui de religionibus omnibus
judicium(Neutralistae.) suum suspendunt & ,
nullam pro falsa, at nec ullam pro vera habentes. Talis Cardanus, qui cum l. XI. de Subtil. f. 212. s.
(recte observante Mersenno l. c. p. 1829.) argumentum
libri nefarii de tribus impostoribus recensuisset,
tandem p. 214. a. frigide satis subjicit: igitur his arbitrio victoriae relictis &c.
notatus ideo Scaligero Exerc. 258. p. 794. Tales multi,
quibus omnis religio & nulla ita pari passu ambulant: ut ad utrumque
semper sint parati.
Libertini hisce proxime accedunt, qui libertatem sibi postulant(Libertini.) ex omnibus religionibus seligendi credenda, quae
volunt, id nominis a quibusdam Fanaticis sortiti (V. Calvinus Tr. contra Libertinos T. V III. Op. p. 374. Voët. l. c. p. 224. Hoornb. Summ. controv. p. 389.
s. Joh Nicolai demonstr. Theol. gentilium P. I. p.
184) Talis inter alios Postellus, qui ex omnibus
religionibus unam conflandam esse suasit l. de orbis terrae
Concord. (Conf. Spizel. Inf. lit. p. 361.
Reiser. l. c. p. 271.)
Sceptici sive Pyrrhonii sunt, qui
de omnibus, etiam certissimis,(Sceptici.) dubia movent, sua opinione nunquam solvenda:
Talis Th. Broune autor libri de
religione medici (de quo conf. Micrelius Praef. ref.
opinionis de Praeadamitis, Placcius de Anon. p.
26.)
Machiavellistae & Pseudopolitici sunt, qui cum
nullam religionem(Machiavellistae
& Pseudopolitici.) serio probent, quamcunque externe
simulare parati sunt, quos recte Politicos dixeris sine religione. (conf. Reinking. Polit. Bibl. l. 1. Ax. 7. Dannhawerus Theol. Conse.
T. l. p. 507. Mullerus Atheism. dev. p. 48.
Clasenius Relig. politica, Lassenius in Arcanis Politico-Atheisticis, Heunischius in
Nicodemo sive Hoff-Catholischen Relig. Pellerus
Polit. sceler at. impugnat.)
Quas proinde ejusmodi homines, ad eundem scopum Atheisticum(Infideles & Haeretici Atheis
suppetiantur.) diverso licet gradu contendentes moverunt controversias, impias & monstrosas, ut &
quaestiones amatas, examinare cum cu ra nobis animus
est. Ubi nemo mirabitur, quod notemus quo
|| [78]
que passim
Judaeos, Muhammedanos, Pontificios, Socinianos,
&c. quod non ideo fit, ac si ipsos Atheismi
stricte sic dicti postulemus, sed quod illi aliud licet agentes
& diversa intentione excitati arma atheis subministrent, adeoque de
Atheismo participent vel (si mavis) ipsi communicent; quae enim illi ad suam
adstruendam superstitionem vel heterodoxiam invenerunt ea hi ad convellendam
veritatem religionis Christianae, imo omnis arripiunt. Quam avide e. g.
excipiunt Athei libr. Gretserianum: Unde probas verbum DEI
esso verbum DEI? quam pronis ulnis amplectuntur Judaeos & Socinianos, (Quod & incaute a lii fecere.) Christi
divinitatem & satisfactionem secum explodentes? Ita & Cartesius, ipse licet Atheis non temere accensendus,
hypothesibus tamen quibusdam sublestis mirum in modum Atheis gratificatus est.
Phil. a Limborg e Remonstrantibus nuper edidit Amicam collationem cum erudito Jadaeo de veritate religionis
Christionae, quam Athei in Belgio & Anglia magno cum applausu
excepisse feruntur. Nam quae Judaeus contra miracula Christi exceperat, ipse non
pessima quidem intentione at eventu non optimo in
miracula Mosaica retorsit p. 151. s. qua ratione uti
Christi autoritas per Judaeum, ita Mosis autoritas per Limborgium infirmari visa
est.
(Modus procedendi & methodus
contra atheos.)
Verum cum ita hostes nostros lciamus, jam acies contra ipsos instruendae
& copiae educendae sunt. Commodissima vero docendi ratio hic nobis visa
est, quae procedit per QVAESTIONES, quas juxta seriem Systematis Theologici digessimus, nisi ubi hostium ratio forte orbitam
deserere postulavit. Posset enim quis cavillari, quare in quaestionibus nostris
Atheisticis v. c. doctrinam de existentia DEI a loco de
DEO Triuno divellamus, cum in bene constituta
methodo homogena veniant aggreganda: sed qui penitius rationem instituti nostri
inspicere voluerit, quod scil. non condamus Systema
Theologiae ut sic, sed Elenchum
Atheisticae, facile nos ab
culpa absolvet. Nostro enim judicio cum Atheis commodius agi nequit, quam si
ante omnia probetur existentia DEI, creatoris &
gubernatoris universi: deinde evincatur existentia
religionis sive obligatio creaturae rationalis ad cultum DEI, tum ex
instinctu naturali gratitudinis benefactori suo debitae, quam scil. athei ipsi a
suis beneficiariis exigunt & omissam toto animo detastantur; tum ex
morsu conscientiae, quae dictitat numen laesum & iratum esse timendum
& placandum; quam obli
|| [79]
gationem omnes,
etiam barbarissimae & locorum spatiis maxime disjunctae nationes tacita
quadam conspiratione agnoscunt, dum aliquem Deum colendum fatentur, licet
nesciant genuinum cultus modum: Proximum est, ut ostendatur necessitas revelationis divinae, quam scil. evincit tum insufficientia
eorum, quae de cultu DEI religio naturalis suggerit, tum mirus nationum in cultu
divino dissensus, quo ipso simul fassoe sunt, se modum colendi Deum ipsi unice
acceptum atque probatum ignorare: Sane uti princeps non ex arbitrio ministri,
sed e praescripto suo & instructione coli postulat, ita DEO quoque
cultus electitius hominum, dissonus & saepe absonus, non satisfacit, sed
ipse coli procul dubio vult, juxta ordinem a se praescriptum quem licet non
repetat apud singulos & per singula momenta, sufficit tamen, quod
voluntatem suam de modo cultus sibi placentis patefecerit quibusdam &
apud eos tabulas instructionis suae deposuerit atque in aperto quasi collocarit,
ut inquirentibus facilis semper pateat accessus. Tum denique probandum, inter
omnesrevelationes eminere eam, quae in Sacra Scriptura continetur, cujus autoritas tum methodo
destructiva tum astructiva ftabilienda atque in tuto locanda est. Ita deinceps
faciliori negotio dogmata e Sacra Scriptura deducta, quae alias Athei convitiis
impetere solent, instillari ipsis at que probata dari paulatim potuerunt.
Ad illum igitur procedendi modum exegimus seriem quaestionum(Tractatio
quaestionum Antiatheisticarum delineatur.)
anti atheisticarum, quas ordine ita discutiemus, ut
primo sensum quaestionis sive statum controversiae
exponamus; mox quae situm vel affirmemus diserte vel negemus; post adversarios nomi
nemus, quibus cum nobis res est, idque candide, ut nemini quicquam affingamus,
sed in rei fidem verba ipsa autorum in medium producamus; porto rationes decidendi subjungamus, idque nervose, nulla
rhetoricatione & circuitione usi; ubi in prioribus titulis priuscuam
seilicet ad roborationem autoritatis SSae deventum est) primas in probando
partes adsignabimus rationt & experientiae. (cum
aliud principium athei nondum admittant) secundas SSae.
idque non ideo, ut atheos e Scriptura nondum stabilita convincamus, sed in
gratiam fidelium & ut sanctos DEI homines eodem probandi modo usos
ostendamus: postmodum vero, ubi Sacrae Scripturae autoritas jam fuerit
stabilita, (quod siet Tit. IV.) in subsequentibus deinde Titulis primum locum in
probatione do
|| [80]
gmatum tribuemus Sacrae Scripturae, alterum rationi, non quod
articulos fidei seposita autoritate Sacrae Scripturae ex ratione solide
demonstrari posse putemus, (qua in re nequicquam desudavit Mart. Sabunde) sed in
cumulum quasi argumentorum, quae ex revelatione petuntur, & ad
conciliandam dogmatibus sacrise lumine naturae aliquam probabilitatem, tum ad
liberanda eadem ab & contradictione: Non radix veritatis domonstratur e natura, sed posita radice
congruentia & probabilitas, juxta Thomam P.
I. q. 32 art. 1. Denique elidemus objectiones,
& autores subjiciemus, unde sitim suam auditores nostri levare
ulterius queant.
Istas vero nostras operationes finitis nundinis
vernalibus annuente DEO intra privatos parietes auspicaturi sumus; mature
tamen insticutum nostrum significandum studiosae juventuti duximus, quoii, qui
operam nobis dare voluerint, commodam studiorum temporisque rationem inire
queant. Horam destinavimus laboribus nostris quartam pomeridianam, iisdemque intra semestre spatium proximum finem imponere constituimus. Si institutum
probatis, adeste frequentes, de utilitate impensi temporis securi, cum Panstr atiam habituri sitis non modo contra Atheos quosvis, sed etiam Judaeos,
Turcas, Socinianos, Pontificios & alios heterodoxos, quatenus ulla ratione Atheismo
suppetiantur. Caeterum quaestiones in Collegio
discutiendas pro directorio laborum & materia
discursus subjicere h. l. placuit.
J. N. J. C. ANTI-ATHEISMI DELINEATIO. TIT. I.
PRAELIMINARIS DE ATHEISMO IN GENERE.
Qv. I. AN ii solummodo Athei dicendi qui existentiam DEI
insiciantur? Neg. & exponitur differentia Atheismi, contra
Deistas (qui se vocant) Naturalistas & Antiscripturarios. Qv. II. An consultum vel proficuum sit, Atheismum resupinare
& refutare? Aff. cum dist. contra Libertinos. Qv. III. Quaenam verae sint Atheismi hodie ingravescentis causae?
Eae ordine exponuntur, & removentur
|| [81]
fictae.
Qu. IV. An Athei ex praetextu libertatis conscientiae in
Republ. toler andi, & qua ratione sint compescendi? Neg. prius
contra Libertinos & Neutralistas, cum consilio quoad posterius. Q. V.
An per bonam consequentiam ad Atheismi vel Scepticismi
suspicionem deductus poßit in foro Politico contra monitorem suum intendere
actionem injuriarum? Neg. contra Scepticos & Pseudopoliticos.
Qu. VI. An Luther anis, qua talibus, ullo colore Atheismus
impingi queat? Neg. contra Pontificios quosdam.
TIT. II. DE EXISTENTIA DEI Qu. I. An detur notitia aliqua
natur alis de existentia Dei, conditoris & gubernatoris totius
universi, non modo acquisita e speculatione creaturae, sed etiam ingenita s.
insita? Aff. contra Atheos & Socinianos. Qu. II. An notitia illa Dei naturalis possit supprimi, adeoque dentur
nationes quaedam omni sensu Numinis destitutae, vel saltem personae
singulares DEIexistentiam non modo ex malitia sid etiam ex ignor antia aut
plena persuasione negantes seu Athei speculativi, qui vel nullum prorsus
Numen, vel certe non aliud praeter naturam s. materiam mundanam aeternam
& agnoscunt? Aff. cum dist. contra
Thom. Broune, Edv. Herbertum de Cherbury aliosve id absolute negantes. Qu. III.
Quomodo hujusmodi Athei de existentia DEI sint
convincendi? R. & agitur quoque in specie de modo probandi
Scholastico, Cartesiano, Cuperiano, Vaniniano, Spinosiano &c. cum
. Qu. IV. An de existentia DEI
liceat dubitare, sive homo hic quoque primum ad statum dubitationis sit
deducendus? Neg. contra Cartes.
TIT. III. DE RELIGIONE. Qu. I. An detur religio sive obligatio
creaturae rationalis ad cultum DEI? Aff. contra Atheos crassiores Qu.
II. Num conscientia sit testis obligationis nostrae erga
DEum, an vero impressio tantum imaginaria? Aff. prius; Neg. posterius
contra eosdem. Qv. III. An religio sit excogitata ad plebem
coërcendam & in officio continendam? Neg. contra Spinosam
& Pseudopoliticos. Qv. IV. An religionum ortus
& interitus ab astris dependeat? Neg contra Th. Paracelsum,
Andr. Caesalpinum, H. Cardanum, Vaninum, &c. Qu. V. An religio naturalis sive solius natarae ductum & lumen rationis
sequens sufficiat ad salutem? Neg. contra Franc. Puccium, J. Bodinum,
Fdv. Herbert. de Cherbury, Th. Hobbes, Urielem Acostamaliosque Naturalistas,
Latitudinarios & Antiscripturarios. Qv. VI, An in
quavis religione salus obtineri queat? Neg. contra Puccium, Spinosam,
Familiam charitatis sive Henric. Nicolaitas, Nicol. Ma
|| [82]
chiavellum & alios Pseudopoliticos. Qv. VII. An in religionis negotio liceat esse
sive neutralem? Neg. contra Spinosam, Neutralistas, Libertinos,
Scepticos, Pseudopoliticos. Qv. VIII. An plures religiones in
Republica sint ferendae? Aff. cum dist. contra Paul. Windek, Ern. de
Eusebiis aliosque id simpliciter negantes, uti & Libertinosid absolute
affirmantes. Qv. IX. An religionem veram dissimulare,
falsamve simulare liceat, si id ratio status postulare videatur? Neg.
contra Familistas, item Machiavellistas sive Pseudopoliticos &
Statistas. Qv. X. Num religio vera ex certis sive char acteribus sit determinabilis, eaque apud
aliquos, puta Christianos, Judaeos, Muhammedanos vel Paganos jam extet, an
vero necesse adhuc sit, ut ex omnibus illis una quaedam, ceu quinta
essentia, extrahatur? Aff. prius; Neg. posterius, contra Gv. Postellum
aliosve scepticos. Qv. XI. Nunc religio pagana sive gentilium
sit excusabilis, & gentiles moratiores sive heroice boni in ea
salvati? Neg. contra Puccium, Herbert, Henr. Morum &c. simulque
disquiritur de sententia Zwinglii. Qv. XII. An religio
Judaica moderna, scil. Talmudica vel Rabbinistica, sit Abrahamitica vel
Mosaica, adeoque vera? Neg. contra Judaeastros hodiernos. Qu. XIII. An & quare religio Muhamme dana sit falsa? Aff.
cum rationibus. Qv. XIV. An Judaei & Muhammedani sint
idololatrae? Aff. cum dist. Qv. XV. An &
quare religio Christiana sit vera? Aff. contra Atheos, Paganos,
Judaeos, Muhammedanos cum rationibus svasoriis. Qv. XVI. An
perversa vita Pseudo christianorum, vel etiam crimina Christianis intentata,
veritati religionis Christiane praejudicent? Neg, contra paganos
veteres & Christiani nominis hoftes modernos. Qu. XVII. An Christianorum in varias sectas dißilientium discor dia
arguat religionis Christianae falsitatem vel incertitudinem? Neg.
contra eosdem.
TIT. IV. DE REVELATIONE DIVINA & SCRIPTURA SACRA. Qu. I. An ad ver am religionem opus sit divina revelatione, ceu
ejusdem norma? Aff. contra Naturalistas & Antiscripturarios.
Qu. II. An S. Scriptura, in specie V. Testamenti, sit
, s. divinae revelationis &
autoritatis? Aff. contra Atheos, quibus arma subminstrant e Pontificiis
nonnulli, de S. Scriptura sceptice disputantes. Qu III. An S.
Scriptura N. Testamenti sit ? Aff. contra
Atheos & Judaeos. Qu. IV. An omnia, quae sacris
literis continentur, sint divinitus inspirata? Aff. contra Atheos
& Naturalistas.
|| [83]
Qv. V. An
non conceptus modo, sed verba quoque singula a Sp. S. sint dictata?
Aff. contra eosdem & Fr. Svarez &c. Qv. VI. An hodier. ni S. Scripturae lihri ab autoribus, quos praeferunt, ita sint
concinnati, an vero centones saltem & breviaria quaedam sint ex
priscis atque fusioribus monumentis? Aff. prius; Neg. posterius contra
Is. Peyrerium, Spinosam, Hobbes, Rich. Simonem, &c. Qv. VII. An Scriptores jacri, Prophetae & Apostoli, ullo modo
fallere & hominibus imponere voluerint? Neg. contra Aretinum
vel quisquis autor est execrandi libri de tribus impostoribus, item Spinosam
aliosque Atheos. Qv. VIII. An scriptores sacri in
consignatione librorum suorum falli & labi memoria potuerint?
Neg. contra eosdem, item Erasmum, Hug. Grotium, Lud. Cappellum & alios.
Qv. IX. Num miracula in S. Scriptur a recensita sint omnino
certa, & annon aliqua (E. g. transmutatio uxoris Loti in statuam
salis, transitus Israelitarum per mare rubrum, Manna in deserto coelitus
deplutum, edulcoratio aquae amarae, serpens aeneus alexipharmacus, sudor
Christi sanguineus, &c.) è causis mere natur alibus fieri
potuerint? Aff. prius; Neg. posterius contra Spinosam similesque Empaectas.
Qv. X. An in S. Scriptura reperiantur Physica, Mathematica, Historica, & an talia sint, quae referuntur
de serpente seductore, cataclysmo catholico, arca Noachica, probatione
virginitatis, asina Bileami, vulpibus Simsonis, statione solis tempore
Josuae, aqua mir aculosa Bethesdae, ecclipsi universali tempore passionis
dominicae, &c. Neg. contra eosdem. Qv. XI. An miracula Apollonii Thyanaei aliave, item oracula & vaticinia
gentilium in specie Sibyllina, miraculis & oraculis sacris sint
aequiparanda? Neg. contra eosdem & Bodinum. Qv. XII. Num SSa contineat quamplurima seu
contradictiones, sive & in distans, sive in
adjecto, irreconciliabiles? Neg. contra Matth. Knuzen Spinosam, Hadr.
Beverland; item Lud. Cappellum & alios; simulque solvuntur nodi ab
Empaectis pro insolubilibus habiti. Qv. XIII. An S. Scriptura
contine at & argumentationes ineptas?
Neg contra atheos & Empaectas Pseudochristianos. Qv. XIV. An S. Scriptura, qualem candem hodie habemus, sic confuse
& sine ordine, item perfunctorie & tavtologice scripta?
Neg. contra Spinosam, Is. Peyrerium, Beverlandium, Rich. Simonem &
alios. Qv. XV. An S. Scriptura de rebus naturalibus &
moralibus, per verba propria & assertiva insinuatis, loquatur ex
opinione vulgi haltucinantis? Neg. contra atheos, itemque Christoph.
Wittichium aliosque Cartesianos. Qv.
|| [84]
XVI. An S. Scriptura, praesertim N. T. scateat barbarismis
& soloecismis? Neg. contra Empaectas, item Erasmum, Bezam,
Crojum, Salmasium, &c. Qv. XVII. Num Textus S.
Scripturae originalis scatent mendis, & in multis locis ita sit
depravatus, ut sensus laboret, an vero ad nos pervenerit incorruptus
& illibatus? Neg. prius; Aff. posterius contra Spinosam; nec
non J. Morinum, Rich. Simonem & Pontificios alios; item Lud. Cappellum,
Is. Vossium. &c. Qv. XVIII. An detur testimonium Sp.
S. internum, S. Scripturae autoritatem obsignans? Aff contra Atheos
& Empaectas, Arminianos, &c. Qv. XIX. An S.
Scriptura sit explicanda praescripto rationis? Neg. contra
Rationalistas, Socinianos, Autorem exercitationis paradoxae de philosophia S.
Scripturae interprete & Cartesianos crassiores. Qv. XX. An Judaeorum Talmud sit divinae originis, ejusdemque
dignitatis cum Sacra Scriptura? Neg. contra Rabbinistas, posterius
quoque contra Atheos. Qv. XXI. An Muhammedanorum Alcoranus,
nec non Sunna Arabum, Turcarum &c. sit divinae originis, &
num e jusdem pretii cum S. Scriptura? Neg. contra Muhammedanos,
posterius itidem contra Atheos. Qu. XXII. An Braminicus canon
Vedam, ejusve glossa Jastra, sit divinae originis vel S. Scripturae
suppar Neg. contra Indos, posterius quoque contra Atheos.
TIT. V. DE DEO TRIUNO. Qu. I. An & quousque attributa
divina elumine naturae sint cognoscibilia? Aff. cum dist. contra
Atheos, nec non Cuperum aliosque Socinianos. Qu. II. Utrum
unus modo verus sit Deus, an vero plures sive coordinati sive uni
subortinatis? Aff. prius, Neg. posterius, contra Polytheitas paganos,
Tritheitas veteres, Gnosticos item, Manichaeos & alios duo principia
rerum contraria fingentes. Qu. III. An Deus sit
corporeus? Neg. contra Anthropomorphitas veteres, item Conr. Vorstium,
Hobbes, Cuperum &c. nec non Spinosam, Vaninum aliosque Atheos, quibus
Deus est ipsa corporeae naturae universitas. Qu. IV. An Deus
sit essentialiter ubique, seu omnipraesens? Aff. contra Aristot.
Vorstium, Cuperum & Scepticos alios. Qu. V. An dogma
Trinitatis ex lumine naturae sit demonstrabile, vel saliem quodammodo leclar
abile? Neg. prius contra Raim. Lullum, Mornaeum, J. Am. Comenium,
Poiretum &c. posterius suo modo probatur contra Atheos & alios
mysterii hostes. Qu. VI. An dogma Trinitatis eschola Platonis
in ecclesiam per Patres sit introductum; vel saltem Philosophi gentiles
aliquam de S.
|| [85]
Trinitate habuerint notitiam? Neg. prius contra
Socinianos & Empaectas; Aff. posterius cumdist. Qu. VII. An dogma Trinitatis manifestam implicet contradictionem,
& annon inaucat Polytheismum? Neg utrumque contra Atheos,
iisque succenturiantes Judaeos, Muhammedanos, & Socinianos. Qu. VIII.
Num omnibus salvandis hoc mysterium sit creditu
necessarium? Affirm, contra Latitudinarios & Syncretistas.
TIT. VI. DE CREATIONE & GUBERNA TIONE UNIVERSI. Qu. I. An Mundus sive rerum natura sit ipse Deus, constans infinitis attributis
h.e. partibus vel in eundem, ceu Oceanum suum,
restuis? Neg. contra Spinosam aliosque Atheos. Qu. II. An mundus sit vel esse possit ab aeterno? Neg. prius
contra Atheos & veteres Philosophos, ipsum etiam Aristotelem; posterius
contra Scholasticos. Qu. III. An Mundus fortuito ex atomis
conflaxerit? Neg. contra Epicurum & Atheos crassiores. Qu. IV.
An creatio mundi ex lumine naturae sit
cognoscibilis? Aff. cum dist. contra Empaectas. Qu. V. Num mundus sit creatus ex nihilo, an vero ex essentia DEI, vel Hyle sive
materia ipsi coaeterna? Aff. prius cum dist. contra Manich. &
Materiarios, quibus etiam annumerandus Cuperus. Qu. VI. Num
mundus eo tempore, quod Moses innuit primum sit conditus, an vero infinities
antea fuerit destructus & reproductus? Aff. prius; Neg.
posterius contra Franc Cuperum, Qu. VII. An mundus sit in
insinitum extensus? Neg. contra Atheos quosdam, itemque Cartesium. Qu.
VIII. An mundus Spiritu quodam universali sive anima
permeante agitetur, adeoque sit animal quoddam alia inse fovens? Neg
contra Philosophos veteres, praesertim Stoicos & Platonicos, ut
& Hermeticos novos, H. Nollium, Campanellam, item H. Morum &c.
Qu. IX. Num unus modo, an vero plures dentur mundi? Neg.
posterius contra Epicurum, Jordanum Brunium & alios. Qu. X. An Planetae, excepto sole, sint terraquei & instar
telluris nostrae habitabiles? Neg. contra Stoicos aliosque e ven
teribus, e recentioribus Anonymum illum Gallum, qui scripsit detectionem orbis
in Luna, item Th. Burnetium, H. Morum &c. ut & suo modo contra
eos omnes, qui Lunae coeterisque Planetis (praeter solem) omne lumen insitum
abjudicant. Qu. XI. An salva autoritate S. Scripturae assert
queat, quod sol quiescat, terra moveatur? Neg. contra Caesalp.
Copernic. & Gartesianos, Qu. XII. U. trum mundus easu
fortunave feratur, an vero providentia divina
cer
|| [86]
toque
consilio & ordine regatur? Aff. posterius contra
Epicurum & Atheos. Qu. XIII. An omnia fato
inevitabili sive absoluta necessitate per natur altum causarum aeternam,
& adamantinam quasi, immutabilemque concatenationem agant &
siant? Neg: contra Stoicos & Spinosam. Qv. XIV. Utrum Deus creaturas, ceu avtomata quaedam, in causis suis
determinata ipsis deinde relinquat, an vero perpetuo ad opera naturae
singula concurrat? Neg. prius; Aff. posterius contra Durandam,
Taurellum & Scepticos. Qv. XV. An providentia divina
sese ad qvaevis, etiam minutissima, extendat? Aff. contra veteres
quosdam & recentiores Scepticos; ubi & disquiritur, an eadem
mens fuerit Hieronymo ad Hab. I. Qv. XVI. An Deus quandoque
praeter & supra naturae ordinem agat, sive num concedenda sint ulla
miracula? Aff contra Spinofam qui miracula ignorantiae hominum
adscribit. Qv. XVII. Annou Astrologia judiciaria, quae
futuros eventus ex astris metitur, profanitatem Ethnicam sapiat? Aff.
contra Pompanatium, Cardanum, Vaninum & alios. Qv. XVIII. An stellae in coelo, ceu libro quodam, repraesentent positu
sus certos characteres legibiles, intelligibiles & arcanorum
indices? Neg. contra H. Corn. Agrippam, Joh. Gaffarellum, similesque
nugatores. Qv. XIX. An alii modi futuros eventus explorandi,
E. g. per claviculam Salomonis & varia arcana Magica, diversaque
genera divinationum, sint probandi? Neg. contra Paracelsum, Agrippam,
&c.
TIT. VII. DE ANGELIS. Qv. I. Num dentur Spiritus finiti
independentes a corpore i. e. angeli? Aff contra Sadducaeos veteres,
Atheos modernos, Spinosam, Hobbes, &c. simulque agitur de modo probandi
eorum existentiam seposita autoritate Scripturae. Qu. II. An
Angeli sint materiales & mortales? Negatur contra Gentiles,
Judaeos & Scepticos nonnullos. Qu. III. Num Spectra
mera sint cerebri humani idola & phantasmata, vel vanorum hominum
figmenta? Neg. contra Spinosam, Hobbes &c. Qu. IV. An Energumeni melancholia solummodo laborare putandi
sint? Neg. contra eosdem. Qu. V. An magis atque sagis
revera commercium sive familiaritas indercedat cum Satana? Aff. contra
eosdem. Qu. VI. An familiaritas curiosa cum geniis sic
probanda vel ambienda? Neg. contra Paracelsistas.
TIT. VIII. DE HOMINE EJUSQUE UL TIMO FINE & DIVERSO STATU. Qu. I. An genus humanum sempiternum fuerit, aut lumbricorum primum
more, vicaloris solaris, eterra propullularit? Neg.
|| [87]
contrt A. Caesalpinum & fabulatores veteres apud Diodorum,
& Censorinum. Qu. I. An Adam fuerit primus homo?
Aff. contra Isaacum de la Periere sive Peirerium, Praeadamitarum conditorem
ineptum, cui Jordanus Brunus praeiverat, Athei vero omnes succinunt. Qu. III.
An una anima eaquc communis detur in omnibus hominibus,
qui multiplicentur secundum sola corpora; an vero quilibet homo peculiari
gaudeat anima? Aff. posterius contra Platonicos quosdam &
Caesalpinum. Qu. IV. An plures unius hominis animae dentur
realiter distinctae? Neg contra Arabes & alios. Qu. V. An anima humana sit materialis, item an modificatio saltem
& temperamentum corporis? Neg. utrumque contra Epicurum
& alios. Qu. VI. An mulieres sint homines? Aff.
contra Empaectam nugacissimum, qui edita peculiari dissertatione id negare ausus
fuit. Qu. VII. An aliquod detur summum hominis bonum
praeterquam tempor ale, alia sc. post hanc vita, eaque aeternum beata?
Aff. contra Epicurum, Spinosam, Urielem Acostam & Atheos quosvis. Qu.
VIII. Num summum bonum ex lumine & ductu naturae sit
investigabile? Neg. sed cum dist. contra Mornaeum, Raim. Sabunde
& alios. Qu. IX An status in togritatis ex natura sit
cognoscibilis & contra Atheos demorstrabilis? Neg. de notitia
clara & demonstratione proprie dicta. Qu. X. An
impetus stimulans hominem ad actiones lege DEI morali prohibitas ab ipso DEO
in creatione, humanae naturae sit insitus & inditus? Neg.
contra Franc. Cuperum. Qu. XI. An peccatum originis sive
corruptio naturae humanae e lapsu primi hominis orta pro fabula sive
commento Stoico sit habenda? Neg. contra Spinosam & alios
Atheos, iisdemque velificantes Socinianos & Arminianos. Qu. XII. Peccatum originis num gentilibus cognitum fuerit, vel cuivis
homini natura notum sit? Negatur contra Mornaeum aliosque, de notitia
certa & distincta. Qu. XIII. Peccatum originis an
consistat in solo stimulo ad res venereas? Neg. contra H. Corn.
Agrippam & spurcissimum Scriptorem Adr. Beverland. Qu. XIV. An nihil habeat rationem peccati, nisi sola DEI voluntate,
vel in ordine ad civitatem, & ob inter dictum superiorum? Neg.
contra Scholasticos quosdam; item Spinosam, Cuperum, &c. Qu. XV. An peccata dependeant non a voluntate humana, sed neceß tate
absoluta, adeoque ipse Deus sit eorum causa? Neg. posterius contra
Stoicos, Libertinos, Spinosam, Hobbes &c. Qu. XVI. An
peccata Deum offendant, isque ideo placari debeat? Aff. contra
Libertinos & Spinosam.
|| [88]
TIT. IX. DE CHRISTO REDEMTORE. Qu. I. An sine notitia Christi
salus obtingere queat? Neg. contra Puccium, Ang. Marianum, Fovvlerum
aliosque Latitudinarios & Naturalistas. Qu. II. An
Christus Redemtor sive Meßias debuerit potucritque esse ? Aff. contra Spinsam aliosque Atheos, &
his frigidam suffundentes Judaeos atque Socinianos. Qu. III. Num Meßtas premissus jam sit exhibitus, an vero adhuc exspectandus?
Affirm. prius contra Judaeos. Qu. IV. An Messias neque
venerit, nec unquam sit venturus? Probatur eum & venire
debuisse, & venisse contra Atheos & Mart. Seidelium. Qu. V. An Jesus Nazarenus sit promtssus Salvator generis humani
& Meßias? Aff. contra Atheos & Judaeos Qu. VI. An seposita etiam scrtptura probari tamen queat, Evangelium
continere veram historiam de Christo, sive Jesum Nazarenum vixisse illo
tempore, quo vixesse dicitur, & edidisse miracula, quae ipsi
tribuuntur? Aff. contra Atheos, praesertim crassiores. Qu. VII. An nativitas Christi ex illibat a virgine vere facta,
& an talis partus sit miraculosus? Aff. utrumque contra
Judaeos, prius quoque contra Atheos. Qu. VIII. An ad
reconciliationem DEI & redemtionem humani generis opus fuerit
satisfactione? Affirm. contra Bodinum, personatum Frider. Warmund sive
Adr. Koerbagh autorem Lexici Atheistici Bloemhoff & similes, iisque
succenturiantes Socianos. Qu. IX. An Christus in se prorsus
insons, pro sontibus passus sit? Aff. contra Empaectas veteres,
Julianum Apost. puta Lucianum, &c item Judaeos, atque Atheos modernos.
Qu. X. Num Pilatus Christum ad crucem condemnans sit
excusandus? Neg. contra Atheos, Judaeos & Stellerum. Qu. XI.
An crucifixio Christi ex se sit scandalosa, quaeque
religionem Christianam prostituat? Neg. contra Sinenses aliosque
paganos, item Atheos, Jud. & Muhammedanos. Qu. XII. Resurrectio Christi num vere facta, an vero metaphorice accipienda?
Affirm. prius contra Judaeos, Atheos &c. Neg. posterius contra Spinosam
& Familistas.
TIT. X. DE LEGE & EVANGELIO. Qu. I. An nullum detur na
turale honesti trupisque discrimen, sed jus naturae unice fundetur in
utilitate, potentia, &c. indeque sit mensurandum? Negatur
contra Spinosam, Hobbesium, Cuperum, fautores indifferentismi nec non eos, a
quibus omnis pudor naturalis proscribitur. Qu. II. An Moses
legislator fuerit a DEO missus? Affirm. contra Antiscripturarios
& Atheos quosque. Qu. III. An legis divinae divisio
Mosaica in
Mo
|| [89]
ralem,
Ceremonialem & Forensem sit inepta? Neg. contra
Scepticos quosdam. Qv. IV. An lex moralis a Mose tradita nos
obliget? Aff. contra Archonticos veteres, & recentiores
Antinomos, Libertinos, Hobbes aliosque. Qu. V. An leges
Mosaicae ceremoniales ab aliis gentibus mutuo sumtae sint? Negatur
contra Spencerum, Marshamum, Witsium &c. quibus hic pollicem premunt
Athei. Qu. VI. An sacrificia ex lege Naturae derivanda
sint? Neg. contra Jud. & Pontificios quosdam, Bodinum, Hug. Grotium
& alios. Qu. VII. An Evangelium per praedicationem
Apostolicam omnibus nationibus, & ipsis quoque Americanis ante
Columbi adventum, innotuerit? Aff. contra Scepticos aliosque e diversis
sectis.
TIT. XI. DE SACRAMENTIS. Qu. I. An Circumcisio sit ceremonia
mutuatitia, & jure explodenda, ceures foeda & ridicula?
Neg. contra Naturalistas & Empaectas. Qu. II. An
Baptismus Christianorum, lustrationibus paganis vel Baptismo proselytorum
penes Judaeos originem debeat? Neg. contra Empaectas & quosdam
nimis curiosos. Qu. III. An effectus solutaris Baptismo
adscriptussit super stitiosus? Neg. contra Atheos, Jud. Soc.
&c. Qu. IV. An Paedobaptismus sit absurdus? Neg.
contra eosdem & Anabapt. Qu. V. Eucharistiae dogma ex
mente orthodoxorum explicatum numsit audituhorrendum, absonum, imo barbarum
& Cyclopicum? Neg. contra Paganos, Atheos, iisque faventes
Socin. Calv. Bezam, &c.
TIT. XII. DE FIDEET BONIS OPERIBUS. Qu. I. Fidesan naturaliter
& ex intuitu divinae providentiae concipi queat? Neg. contra
Latitudinarios, Naturalistas, Hobbes & alios Qu. II. Fides num reqoirat non tam vera, quam pia dogmata? Neg. contra
Spinosam. Qu. III. Fides implicita sive qualiscunque num ad
salutem sufficiat? Neg. contra Latitudinarios, iisdemque faventes
Pontificios. Qu. IV. Bona opera an sint indifferentia
& non necessaria? Neg. contra Carpocratianos veteres, idemque
Epicuraeos, Libertinos & Antinomos recentiores. Qu. V. Num satis sit vitare scelera publica & cum scandalo
aliorum conjuncta? Neg. contra Lolhardum, Brounium & hypocritas
quosvis. Qu. VI. An opera gentilium vere bona DEOque
placentia esse qaeant? Neg. contra Latitudinarios, quibus frigidam
suffundunt Pontificii & alii, Qu. VII. An preces
omnes frustraneae & otiosae? Neg. contra Prodicianos veteres,
modernosque Pseudopoliticos & Atheos quosvis.
|| [90]
TIT. XIII. DE ECCLESIA ET MINIST. ECCLESIASTICO. Qu. I. An
Ecclesiam aliquam quaerere necesse sit? Aff. contra Exspectantes in
Anglia: item Socinianos, cumque illis conspirantes Atheos. Qu. II. Ministerium Ecclesiasticum num necessarium sit &
annon repudiari queat? Aff. prius contra Knuzium, Atheosque alios,
& qui ipsis strenue suppetias ferunt, Swenkfeldistas, Weigelianos,
Quakeros & Fanaticos alios, item Pseudopoliticos ministerii osores
& irrisores. Qu. III. An ministri Ecclesiae, dum
strictam quandam & praecisam vivendi rationem hominibus e suggestu
praescribunt & fervide inculcant, ideas condant Platonicas, quas nec
ipsi observare velint, nec ullum observaturum sciant? Neg. contra
Urielem Acostam, Atheosque alios, Libertinos & Pseudopoliticos. Qu. IV.
An Elenchus ministrorum Ecclesiae, qui sit , ex arbitrio Magistratus sit coërcendus? Neg.
contra eosdem.
TIT. XIV. DE MAGISTRATUPOLITICO. Qu. I. An magistratus sit
suspiciendus ceu divina ordinatio? Aff. contra Knuzium, aliosque
Atheos, item Anabaptistas & fanaticos. Qu. II. An
Magistratui aliqua conveniat religionis inspectio? Aff. contra
Libertinos, Independentes, iisque non abnuentes Pontificios. Qu. III. An Magistratus subditis imperare queat quamcunque religionem,
&, que velit, in religione mutare? Neg. contra Machiavellum,
Hobbes & alios.
TIT. XV. DE CONIUGIO. Qu. I. An conjugium in se malum atque in
poenam peccati datum sit? Neg. contra Tatianum & similes quorum
errorem incrustavit Adr. Beverland. Qu. II. An scortatio,
Mollitics, Sodomia &c, in se sint peccata? Aff. contra Kunzium
& Epicureos recentiores, quibus favet Cuperus, cum iis, qui pudorem
naturalem proscribunt. Qu. III. An libri obscoeni &
omne lasciviae genus curiose quasi sint optimi ad
virtutem magistri? Negatur contra foedissimos nequitiae magistros
& sceleratissimos Atheismi satellites, quales Joh. Casa Encomiastes
Sodomiae, G. Scioppius Priapejorum glossator, Autor Satyrae Sotadicae. Adr.
Beverland ejusque furfuris alii. Qu. IV. An polygamia
simultanea sit licita? Negatur contra Judaeos Muhammedanos, Ochinum,
personatum Theoph. Aletheum, Daphnaeum Atcuarium, similesque scepticos Qu. V.
An gradus lege divina prohibiti sint contra jus
naturae? Aff. contra Cuperum & alios, quibus nec incestus in linea
recta pudorem naturalem violare censetur.
|| [91]
TIV. XVI. DE MORTE HOMINIS, STATUQUE POST MORTEM. Qu. I. Mors
num homini ex conditione naturae obtingat, an vero sit poena peccati?
Neg prius contra Pelagianos veteres, & alios. Qu. II.
an sit licitum, tutum & commodum medium se,
necessitate urgente, rebus humanis subducendi, & an omnes damnandi? Neg. prius contra Stoicos, quos praxi sua
Bonav. Periers sive de Perez interpres scelerati libri, qui vocatur Cymbalum
mundi, Uriel Acosta aliique ex grege Atheorum expressere: Posterius Aff. cum
Limit. Qu. III. Num anima hominis sit immortalis sive a morte
superstes, ejusque immortalitas seposita autoritate Scripturae probari
queat? Prius Aff. contra Pomponatium aliosque Atheos &
Epicureos, circa modum probandi dist. Qu. IV. Num vel palingenesia sit concedenda? Neg. contra
Pythag. Cabbalistas, Cardanum, item autorem libelli de revolutione animarum
TIT. XVII. DE NOVISSIMIS RELIQUIS. Qu. I. An resurrectio non
alia concedenda quam spiritualis & methaphorica, sc. a
peccatis? Neg. contra Henric Nicolaitas sive Familistas, Spinosam &
alios. Qu. II. An resurrectio corporum proprie accepta ex
ratione sit demnstrabilis vel saltem cum ea conciliabilis? Neg.
prius? Aff. posterius contra Sadducaeos, & Atheos quosvis. Qu. III. Num resurrectio futura sit universalis, sive num impii quoque
sint resurrecturi? Affirm contra Judaeos quosdam & Atheos. Qu.
IV. Num judicium post hanc vitam sit exspectandum?
Affirm. contra Atheos & his non adeo abnuentem Th. Broune. Qu. V. An mundus sit. interiturus¿ Affirm. contra eosdem. Qu.
VI. An detur infernus? Aff. contra Spinosam aliosque
Atheos. Qu. VII. An improbis nil poenae restet praeter morsum
& torturam conscientiae in hac vel altera vita? Negatur contra
Libertinos, Matth. Knuzium ejusque Pseudo conscientiarios, quibus faventior est
Th: Broune, Qu. VIII. Num cruciatus infernalis tam horribiles
futuri ac a sacerdotibus tragice describi solent, an vero ista descriptio
inferni sit saltem quoddam, ad majorem hominibus
incutiendum terrorem? Affirm. prius contra Spinosam aliosque Atheos
& Epicureos, item Pseudopoliticos. Qu. IX. An
cruciatus Tartarei futuri sint aeterni? Affirm. contra eosdem &
Misericordes veteres.
DEO TRIUNI GLORIA ATHEIS CONFUSIO FA CIEI.
|| [92]
(Kurtza praeltminar Erleuterung
eines falschen zweydeutigen asserti in der denunciation der Th. Facultät.)
§. XXXIII. So ist auch hiernechst zu desto besserer Verständnüß dessen, was in
der Denunciation der Theologischen Facultät prope finem numero 2. gemeldet wird,
(daß ich meirer Supplique aperte falsa mit eingemischt, indem ich unter andern
vorgegeben, daß D. Pf. beym Rectore und Concilio in Nahmen des Ministerii ohne
dessen Vorbewust den 22. Martii als ich Thomasius vorstehen sollen, ein langes
Memorial übergeben hätte) zum Voraus zu erinnern, daß die dabey in parenthesi
beygefügte declaration dieses Vorgebens zwar quoad literam wahr sey, aber nichts
destoweniger die mir imputirte falsche assertion in geringsten nicht beweise,
indem ich die Erklärung dieses zweydeutigen Vorgebens unten in meiner den 2
Septemb, 1689. übergebenen Einlassung auf die Klage der Theologischen Facultat §
71. ausführlich vorgestellet, wie die allda zu befindende Umbstände hernach von
dem Superintendent Herrn D. Lehmannen selbst mir eröffnet und freywillig
gestanden worden.
(Anmerckung über die daselbst erwehnre Beförderung der Ehre
GOttes.)
§. XXXIV. Ich kan auch hiernechst nicht leugnen, daß ich mich damahls nicht wenig
ärgerte, als ich in dem Schreiben der Theologischen Facultät gewahr wurde, daß
sie sich nicht entblödet zu schreiben, daß das Ober-Consistorium durch die
anzustellende inquisition wieder mich, ja durch meine Bestraffung und Ausrottung
GOttes Ehre befördern und GOtt seine Churfürstl. Durchlauchtigkeit reichlich
dafür segnen würde, (wie dann auch D Pf. in dem Schreiben an die Universität, ja
in der gedruckten Schrifft selbst dergleichen Beförderung Gottlicher Ehre durch
sein vorhabendes Collegium die Leute bereden wolte:) ja ich seuffzete hertzlich,
wie es doch immermehr möglich wäre, daß gelehrte Leute und Theologi solche Dinge
wieder ihr besseres Wissen und Gewissen schreiben könten, und vermeynte, daß ich
wegen solches offenbahren Mißbrauchs des Göttlichen Nahmens die concipienten
dieser denunciation einer blasphemie oder wohl gar der Atheisterey selbst
convinciren könte. Aber ich verstunde damahls noch nicht, daß die guten Leute
dieses alles bona fide thäten und in der That vermeyneten, auch wahrhafftig das
Juramentum credulitatis drauf schwören könten, daß sie GOtt einen Dienst mit
ihrer denunciation thäten: Ich begriff noch nicht, daß dieser Mißbrauch von
Beförderung Göttlicher Ehre durch Verfolgung unschuldiger Leute noch unter die
reliquias und arcana Papatus Politici gehörete, wie ich solches hernach durch
GOttes Gnade tieffer eingesehen und in meinen Schrifften (z. E. in denen
Cautelen circa praecognita Jurisprudentiae cap. I. §. 23. und in denen Cau
|| [93]
telen circa praecognita Jurisprudentiae
Ecclesiasticae cap. 17. §. 42. seq.) deutlich zu erkennen gegeben. Ich verstand
also noch nicht rechtschaffen denn Sin unsers Heylandes: Vater vergib ihnen,
denn sie wissen nicht, was sie thun: Ja ich wuste noch nicht, daß auch wir
Juristen auf Universitäten mit dieser Lehre von falscher Beförderung der Ehre
GOttes durch das Jus Canonicum und dessen allzugrosse Hochachtung ja sowohl
eingenommen wären, als die Theologi; wie ich solches nunmehro in meinen notis ad
Lancelottum hin und wieder angemercket.
§. XXXV. Endlich ist auch wegen dieser sub nomine Facultatis(Ingleichen über die Unterschrifft derselben.)
Theologicae bey dem Ober-Consistorio eingegebenen Denunciation folgendes
anzumercken, daß die Urheber derselben ihre Herren Collegas doch nicht hatten
bereden können, daß die Herren Theologi dieselbeviritim unterschrieben hätten,
wie bey der denunciation des Ministerii geschehen war, sondern es ware die
Unterschrifft nur collective und in terminis generalibus geschehen: Decanus, Senior, wie auch andere Doctores und Assessores der Theologischen Facultät daselbst. Wiewohl diese
differenz nur dem euserlichen Ausehen nach einen Unterschied machte. Denn in der
That waren so wenig die gesamten Herren Prediger wieder mich erbittert, als die
gesamten Herren Professores Theologiae, wie der Verfolg dieses Handels dem
unpartheyischen Leser mit mehrern zeigen wird.
§. XXXVI. Auf die denunciation der Theologischen Facultät(Anmerckungen über das darauf erfolgte Consistorial-Rescript.) erfolgete nun ein
Rescript aus dem Ober Consistorio sub dato den 12. Aprilis, welches denen
Urhebern derselben zwar in etwas aber doch nicht allerdings gefiele. Dieses ware
ihnen gar recht, daß D. Pf. vergönnet wurde sein Collegium Anti-Atheisticum zu
halten, und daß darinnen von mir gemeldet wurde, wie man nicht absehen könte,
aus was für Ursache ich mich demselben opponirte, (ob man mir schon zugleich
aufferlegte darzuthun, auf was Weise durch Haltung dieses Collegii viel
Aergernüß und Unruh entstehen würde, derer beyder connexion zu begreiffen, wie
ich gerne gestehe, damahls über meinen Verstand war.) Alleine daß die Herren
Ober-Consistoriales nicht alsobald mit der Inquisition wieder mich und mit
meiner Bestraffung und Ausrottung verfahren, sondern mich erstlich hören wolten,
das stande ihnen eben nicht an. Denn sie sahen und begriffen gar deutlich, daß
die Herren Ober-Consistoriales in diesen Stück nich mit ihnen einerley Meynung
wären, als wenn durch die Inquisition wieder mich und durch
|| [94]
die übereilte Bestraffung und Ausrottung meiner Person GOttes Ehre
befördert, und daß unser Herre GOtt Seine Churfürstl. Durchlauchtigkeit
reichlich dafür segnen würde; und ich glaube Herr D. P. hätte diesen Unglauben
gerne zur Athe sterey gemacht und seinen quaestionibus beydrucken lassen, wenn
er sich nicht gefurcht hätte. Denn ob ich wohl oben bereits erwehnet, daß er mit
dem dono impudentiae in einer sehr starcken dosi begabt gewesen, und dergleichen
Qualitäten auch seinen Herrn Confratri & Socio, wiewohl in einen etwas
geringern Grad beywohneten, so zeiget doch die tägliche Erfahrung, daß je
stärcker die Grobheit bey einen Mnschen ist, je weniger wahrhaffte
Hertzhafftigkeit auch derselbe nothwendig besitzen müsse. Dieweil ich aber
leichte vorher sehe, daß der Leser mehr nachdem Innhalt des Rescripts als nach
continuirung dieser digression verlange, so will ich selbiges hiermit beyfügen.
W. H. L. A. und G. was die Theologische Facultät zu Leipzig wegen D. Christ
Thomasii anher berichtet, und dabey gebeten, solches habt ihr aus dem Beyschluß
zu ersehen. Soviel nun D. Aug. Pfeiffers angeschlagenes Programma und
vorhabendes Collegium Anti-atheisticum betrifft, halten wir solche Arbeit
vornöthig und nützlich, wie ihr denn demselben, damit fortzufahren anermahnen
werdet, können auch gar keine Ursache finden, warum sich D. Thomasius dieser
Sache entgegen setzen will, achten aber, vor Resolution auf die andern
angeführten Dinge zuförderst zu wissen vor nöthig, wie und auf was masse D.
Thomasius beyzubringen habe, daß D. Pfeiffer ein Memorial in Nahmen des
Ministerii ohne dessen Vorbewust übergeben, auch wie er verificiren könne, was
er D. Joh. Ben. Carpzovio in seinen Schreiben beymessen thut, ingleichen ist uns
nöthig, seine deutliche Erklärung über die, aus dem Programmate allegirten, und
in seinem Schreiben beniemte loca, und ob er dem, was D. Pfeiffer daselbst
taxiret und verwirfft, beypflichte, und auf was masse seine assertion, daß, wenn
D. Pfeiffern das obige Collegium zu halten, und das Programma anzüschlagen
vergönnet würde, viel Aergernüß und Unglück, so die Ruhe des gemeinen Wesens
nothwendig turbire, gar wahrscheinlich entstehen könte, er gemeinet, und ist
demnach hiermit unser gnädigstes Begehren, ihr wollet D. Thomasio alsobald in
Schrifften auferlegen, daß er binnen acht Tagen über obiges seine deutliche
Erklärung und Meynung bey euch einbringen solle, welche ihr so dann zu fernerer
Resolution mit wie
|| [95]
der Einschickung der Beylagen
also fort ein zu senden wissen werdet, daran geschiehet unsre Meynung.
&c.
§. XXXVII. Gleichwie nun die Universität nicht seumig war diesen Befehl alsbald
den folgenden 15. April solgender Gestalt zu expediren.
Was der Durchlauchtigste Churfürst zu Sachsen und Burggraff(Neuer Befehl in Sachen das Ministerium betreffende.) zu Magdeburg etc. etc. Unser
gnädigster Herr, E. löblichen Universität Leipzig auf Herren Decani, Senioris,
wie auch anderen Doctorum und Assessorum der Theologischen Facultät allhier
beschehenes unterthänigstes suppliciren, in Gnaden rescribiret und anbefohlen,
solches hat Herr D, Christian Thomasius aus beygehender Abschrifft mit mehrern
zu ersehen, und wird demnach von dem Herrn Rectore Magnifico gedachter löblichen
Universität Leipzig und dessen zugeordneten Adsessoren ihme solches hiermit
communiciret, darnebst aber aufferlegt und anbefohlen, daß er, Inhalts solchen
gnädigsten Befehls, wie und auf was Masse er bey zubringen habe, daß Herr D.
Augustus Pfeiffer ein Memorial im Nahmen des Ministerii ohne dessen Vorbewust
übergeben, auch wie er verificiren könne, was er Herrn D. Johann Benedicto
Carpzoven in seinem Schreiben beymessen thut, ingleichen über die aus dem
Programmate allegirte und in seinen Schreiben beniemte loca, und ob er dem, was
Herr D. Pfeiffer daselbst taxiret und verwirfft, beypflichtete, und wie auf was
masse seine assertion, daß, wenn Herrn D. Pfeiffer das obige Collegium zu halten
und das Pregramma anzuschlagen vergönnet würde, viel Aergernüß und Unglück, so
die Ruhe des gemeinen Wesens nothwendig turbire, gar wahrscheinlich entstehen
könte, er gemeynet, binnen 8. Tagen seine deutliche Erklärung und Meynung bey
ernannter löblicher Universität einbringen solle, wornach er sich also zu achten
&c.
Also wurde sub dato eben dieses 15. Aprill von Ober-Consistorio zu Dreßden in der
Sache mit dem Ministerio auf den oben §. 25. zu le senden Bericht gleichfalls
ein Rescript ausgefertiget.
W. H. L. A und G. Uns ist euer eingeschickter Bericht von 23. Martii jünsthin,
nebenst denen hierbey wieder zurückkommenden Acten, das Ministerium und D.
Christian Thomasium in Leipzig betreffend, vorgetragen worden, es ist auch bey
uns gedachter D. Thomasius mit dem Innschluß einkommen, und hat unterthänigst
gebethen, wie daraus zu ersehen, darauf ist hiermit unser Begehren, ihr wollet
D. Thomasio des Ministerii Klage nebenst desselben Ad acta fol. 5. &.
seqq. ge
|| [96]
gebene Exleuterungs-Puncte in Schrifften
communiciren, und ihm darneben, daß er auf beyde, binnen 10 Tagen, seine
Verantwortung bey euch übergeben, und darinnen sich aller Anzüglichkeiten
enthalten solle, andeuten, und so dann solche nebenst denen Acten zu unserer
ferneren Resolution einschicken, daran geschicht unsere Meynung etc.
Welcher Gnädigster Befehl auch alsbald von der Universität auf nachstehende Weise
den 19. Aprilis expodiret wurde.
Was der Durchlauchtigste Churfürst zu Sachsen etc. E. löblichen Universität
Leipzig in Sachen E. Wohl-Ehrwürdigen Ministerii allhier und Herrn D. Christian
Thomasii in Gnaden rescribiret und anbefohlen, solches hat besagter Herr D.
Thomasius aus beygehender Abschrifft mit mehrern zu ersehen, und wird demnach
von dem Herrn Pro-Rectore Magnifico gedachter löblichen Universität Leipzig und
dessen zugeordneten Adsessoren ihme Inhalts solchen gnädigsten Befehls ernannten
Ministerii Klage nebenst desselben ad Acta fol. 5. & seqq gegebene
Erleuterungs Puncte hiermit communiciret, darnebst aber, daß er auf beyde binnen
10. Tagen seine Verantwortungen bey mehr erwehnter löblichen Universität
übergeben und darinnen sich aller Anzüglichkeiten enthalten solle, angedeutet,
wornach er sich also zu achten etc.
(Etlicher Ministerialen dawieder
angestellete vergebliche procession.)
§. XXXIIX. Dieser letzte Befehl ware nun abermahls gar nicht ad gustum meiner
Herren Adversariorum, indem sie aus demselbigen erkenneten, daß unerachtet sie
gemeinet hatten, durch die vafris artibus ausgebrachte Unterschrifft jeder
Herren Ministerialen, mich augenblicklich in die Inquisition zu bringen, dennoch
der Hoff und das Ober-Consistorium mit Verhengung des inquisition-Perocesses
mich nicht übereilen, sondern mich ordentlicher Weise schrifftlich hören wollen,
massen diese methode sich zu ihren Zweck gar nicht schickte; jedoch musten sie
sich dißfalls in Christlicher Gedult fassen, und waren fürnehmlich besorgt wie
sie meine Patronen zu Dreßden entweder zu fürchten oder mir sonst abspenstig
machen möchten. Es berichtete mir einer von des Herrn Ober-Marschalls Bedienten,
sub dato 23. April, daß Herr D. A. P. sich nicht entblödet hätte an Seine
Excellenz zu schreiben und sich nicht allein wegen vorgehabter Hintertreibung
seines Collegii Anti Atheistici über mich höchlich zu beschweren, sondern auch
dabey Seiner Excellenz protection wieder mich und meine übergebene Klage wieder
ihn Pf. gesucht, daß aber Seine Excellenz ihn darauff kürtzlich gemeldet, daß
sie davon keine Wissenschafft hätte, auch die Sache vor sie nicht gehöre; ja es
wurde mir zugleich unter den Fuß gegeben,
|| [97]
weil S.
Excellenz in etlichen Tagen nach Leipzig kommmen würde das praevenire zu
spielen, weil vermuthlich Herr D. P. nicht lange ausbleiben dürffte. Ich konte
mir aber diese Nachricht nicht zu Nutze machen, weil ich mich schon, wie gleich
mit mehrern wird gemeldet werden, auf einer kleinen Reise befand. Nach deren
Endigung erfuhr ich aber, daß Zeit meiner Abwesenheit meine beyden Herren
Adversarii D. C. und D. P. nicht beyde für sich alleine Seiner Excellence
aufgewartet hätten, sondern sie hätten auch vermittelst ihrer autorität ihre
beyde übrige Collegen an der Thomas Kirche beredet ihnen bey dieser visite
Gesellschafft zu leisten, wiewohl diese letzten wenig geredet hätten, sondern
obige beyde alleine wieder mich haranguiren lassen: es wurde mir ferner (damahls
in Vertrauen) gemeldet, daß S. Excellenz ihnen mit aller Höfflichkeit
geantwortet, daß sie nimmer gesonnen gewesen die Feinde des Ehrwürdigen
Ministerii oder der Ehrwürdigen Theologischen Facultät in Protection zu nehmen,
und daß, wenn ich unter die Classe derselben gehörete, er sich meiner umb so
viel weniger annehmen würde, weil ich selbst niemahls weder schrifftlich noch
mündlich Protection bey ihm wieder diese beyde Facultäten gesucht, sondern
alleine als ich von Herrn D. A. und denen Philosophis verklagt worden, er von
mir gebeten worden wäre bey dem Herrn Praeside Consistorii mir in so weit
Addresse zu machen, daß ich mit inquisition-Processen nicht übereilet, sondern
vorhero genugsam gehöret werden möchte. Weil nun dieses mein petitum nicht
alleine allen Göttlichen und Menschlichen Rechten gemäß wäre; also hoffte er
auch, es würde die Ehrwürdige Theologische Facultät und das Ministerium daraus
erken̅en, daß so wenig ich Ihn umb eineprotection in einer
unrechtmäßigen Sache angesprochen, so wenig wäre er auch jemahls gesonnen
gewesen, mir darinnen beyzustehen. In übrigen würden sie ihm doch gleichfalls
nicht zumuthen, daß er sich in ihre Klage wieder mich mischen solle, weil
selbige nicht zu denen ihm anvertrauten Affairen sondern einzig und alleine für
das Ober-Consistorium gehörete; und er also Unrecht thun würde, wenn er Seiner
Excellenz dem Herrn Praeside des Ober-Consistorii Eingriff thun wolte, ja sie
die vier Herren Ministeriales würden sich dieses Unrechts theilhafftig machen,
wenn sie von ihm ein solches begehren solten etc. Gleichwie nun des Herrn Ober
Marschalls Excellenz hierinnen nichts anders als die Wahrheit gefagt hatte, und
die obigen 15. ersten paragraphi dieses Handels diese seine Antwort genugsam
erleutern werden; also musten die vier Herren Deputati oder seipsos deputantes
mit dieser Antwort zufrieden seyn.
|| [98]
Ja sie waren auch
in der That wohl zufrieden, weil sie vorher irrig gemeynet hatten, als wenn ich
wegen der Affaire mit der Theologischen Facultät und dem Ministerio mit dem
Herrn Ober-Marschall correspondirte; und daß er in specie dieserwegen mein Wort
bey andern Königlichen ministris und absonderlich bey dem Herrn Praeside des
Ober. Consistorii noch redete und ihnen die Sache recommendirte. Ich aber hatte
auch nicht Ursache überdiese visite und Antwort des Herrn Ober-Marschalls mich
zu beschweren, weil ich bey denen wenigen persönlichen Auffwartungen in Leipzig
schon des vorigen Jahrs in Dißcurs unter andern von ihm so viel vernommen, daß
er sich für der Clerisey, (und sonderlich wenn sie in corpore erschiene oder
sich viritim unterschriebe,) aus Politischer Erfahrung und kluger Einsicht in
die Politischen reliquias Papatus, zwar nicht als wie die Kinder für den Popantz
fürchtete; aber sich doch für ihnen sodann hütete und ihnen gerne aus dem Wege
gieng. Wannenhero ich mich auch umb so vielmehr entsehen, Ihm wegen der
denunciation dieser beyden corporum zu behelligen, je weniger ich Ursache hatte,
mich über das Verfahren und die seit dem ergangene Befehle des Ober-Consistorii
zubeschweren, seit dem ich, wie oben §. 15. gemeldet worden, an den Herrn
Praesidenten des Ober-Consistorii selbst geschrieben hatte. Denn ob er mir
gleich auf mein Schreiben nicht schrifftlich geantwortet, so hatte er doch kurtz
hernach in Leipzig, da ich ihm persönlich aufgewartet, und zu verstehen gegeben,
daß ich nichts mehr als recht und genugsames Gehör begehrte, mich versichert,
daß mir dieses wiederfahren solte; massen ich dann auch nochmahlen nach dessen
Todte an ihm rühmen muß, daß wir in dieser Affaire mit dem Ministerio und der
Theologischen Facultät, (denn von der affaire wegen meiner lectionum de
differentiis justi & decori wird unten apart zu handeln seyn,) dieses
Versprechen aufrichtig und redlich gehalten worden, wie aus dem Verfolg dieses
Handels mit mehrern wird zu erkennen seyn.
(Dilations Gesuch des Autoris der Monate nebst etlichen Anmerckungen ü-)
§. XXXIX. Denn was konte ich von denen bißherigen beyden Befehlen mehr
praetendiren, da mir so wohl die Klage des Ministerii nebst deren Erleuterung,
als auch die Klage der Theologischen Facultät ware schrifftlich communiciret,
auch meine Antwort darauff schrifftlich zu thun anbefohlen worden. Es ware zwar
an dem, daß in beyden Befehlen die Frist von acht und zehen Tagen sehr kurtz
war. Aber desto besser war solches für mich, indem ich auf diese Art mit desto
mehrern Recht, dilation zu suchen befugt war. Weil ich nun ohne dem bey dem
|| [99]
Empfang der letzten oben §. 37. erwehnten Aufflage von
15. April in Begriff(ber eine damahlige Keise)
war, eine kleine Reise meiner Gesundheit halber Zeit währender Oster-Messe zu
thun; als satzte ich mich noch selben Abend alsbald nach Empfang erwehnter
Aufflage drüber, notificirte der Universität meine Reife, und bate nach deren
Endigung, in beyden Processen eine monatliche Frist zu Einbringung meiner
Nothdurt aus, indessen aber die Theologische Facultät und das Ministerium
dahin anzuhalten, daß sie den Concipienten so wohl ihrer Klagen oder
denunciationen als der so genannten Erleuterungs-Puncten melden, und dieselben
unterschreiben lassen möchten. Meine Reise selbst gienge auf Berlin, fürnehmlich
den Herrn von Pufendorff zu sprechen, auch etlichen Ministris bey Hoffe auf zu
warten. Von dar reisete ich nach Hamburg, mich mit einen von meinen gewesenen
ersten Auditoribus privatissimis in jure (den itzigen Herrn Burgermeister G. S.
meinen werthesten Gönner) etliche Tage jedoch bescheiden und erbar zu ergötzen,
der mir auch viel unverdiente Höfflichkeit mit Abholung aus dem Gast-Hoffe in
seine Wohnung, und angenehmer Bewirthung erwiese, deßwegen ich mich noch diese
Stunde verbunden erachte, indem ich seit dem keine Gelegenheit gehabt weder Ihme
noch denen Seinigen wiederumb angenehme Dienste zu erweisen. Es dürffte zwar
manchen diese digression etwas Kindisch und gezwungen vorkommen, und könte ich
auch allenfalls selbige mit meinen nunmehro durch GOttes Gnade vollendeten 66.
Jahre entschuldigen; ich glaube aber doch, es werde diese Entschuldigung nicht
brauchen, wenn ich dabey erwehne, das unerachtet ich nicht in willens war in
Hamburg grosse Bekandtschafft zu machen oder weitläufftige visiten zu geben,
dennoch Herr D. Meyer zur selbigen Zeit noch mein so guter und vertrauter Freund
damahlen war, daß er mich zu sich zu Gaste bitten, durch seinen eigenen Wagen
abholen ließ und in einer nur aus drey Personen bestehenden Compagnie mir in
Vertrauen entdeckte, wer der Autor der damahls wieder mich edirten Schmähe
Schrifft: judicium de Triga scriptorum recentium wäre (davon ein mehrers in dem
Julio des 1689 Jahrs meiner Monatlichen Gedancken p. 524. seq. zu lesen ist,
wiewohl ich damahls aus rechtmäßigen Ursachen Herrn D. Meyern nicht gemeldet) ja
über dieses meine Verfolgung höchlich beklagte, und mir so viel scandalöse Dinge
von denen beyden Urhebern derselbigen Herrn D. C. und Herrn D. P. vorsagte, daß
ich mir nimmermehr hätte einbilden können: möglich zu seyn, daß er in gar
kurtzer Zeit darauff mit diesen beyden sich wieder vereinbahren, und nebst ihnen
den Seeligen Herrn D.
|| [100]
Spener und andre Christliche
Männer in öffentlichen Schrifften so schändlich lästern würde. Wodurch dasjenige
zugleich erleutert wird, was ich allbereit hiervon in der dedication meiner
weitern Erleuterung an Herr D. Meyern. p. 17 erwehnet habe.
(Neue dilation und Bericht nach
Hofe.)
§. XL. So bald ich von meiner Reise wiederkommen, erhielte ich von der
Universität am 31. May zwar dilation in beyden Sachen, aber nur auf 14. Tage.
Von dem Herrn Pro Rectore Magnifico der löblichen Universität Leipzig, und dessen
zugeordneten Adsessoren wird Herrn D. Christian Thomasio hiermit notificiret,
daß, auf sein beschehenes Ansuchen, ihme zu Einbringung der von S. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit zu Sachsen etc. etc. Unsern gnädigsten Herrn, wegen der
löblichen Theologischen Facultät allhier über ihn geführten Beschwerden von ihm
gnädigst erforderten und sub dato den 15. April jüngsthin auferlegten Erklärung,
ihm zu seiner Verantwortung auf E. Wohl Ehrwürdigen Ministerii allhier wieder ihn geführte Klage und desselben ad acta fol. 5. & seqq. gegebene
Erleuterungs-Puncta annoch 14. Tage Frist verstattet
werden, wornach er sich also zu achten etc.
Wegen der Unterschrifft des Concipienten aber sendete Universitas sub eodem dato
folgenden Bericht an das Ober-Consistorium ab.
P. P. Nachdem Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit uns auf der Theologischen
Facultät wieder D. Christian Thomasium unterthänigst geführte Beschwerden,
Wir solten besagten D. Thomasio &c. (vid. supra §. 36.) und ferner wegen des Ministerii allhier,
Wir solten desselben Klage &c. (vid. supra §. 37.) sub dato den 12. und 15. Aprilis jüngsthin in Gnaden rescribiret, und anbefohlen, und wie solche gnädigste Befehle gehorsamst expediret, ist mehr berührter D. Thomcsius mit denen in Copia beygehenden Schreiben einkommen, und darinnen ihme zu Einbringung seiner Erklähr- und Verantwortung nach seiner Wiederkunfft eine Monats-Frist zu verstatten, zuförderst aber sowohl die Theologische Facultät, als das Ministerium dahin anzuhalten, daß der Concipient ihrer Klagen und Erleuterungs-Puncten sich unterschreiben und nahmhafft machen möge, gebethen, worauff wir ihm zwar zu seiner Erklär- und Verantwortung annoch 14. Tage Frist gegeben, wegen der gesuchten Unterschrifft des Concipientens aber etwas vor uns zu verordnen angestanden: Als haben Ewr. Churfürstl. Durchlauchtigkeit wir solches hiermit unterthänigst be
|| [101]
richten, und zu
Dero gnädigsten Gefallen stellen wollen, was selbige hierunter zu resolviren in
Gnaden geruhen werden, deme wir sodann gehorsamst nachzukommen so willigst als
Pflichtschuldigst etc.
§. XLI. Ehe nun dißfalls ein neuer Befehl von Ober. Consistorio(Des A. der Monate eröffnete lectiones gratuitae de differentiis iusti &
decori.) einlieff, bekame ich mit Herr D. P. und der sich
seiner, dem euserlichen Ansehen nach, annehmenden so genannten Theologischen
Facultät neue Händel. Es ist allbereit oben §. 36. erwehnet worden, daß der Ober
Consistorial Befehl D. Pfeiffern vergönnet sein Collegium Anti Atheisticum zu
halten. Solchergestalt nun muste ich solches halter auch geschehen lassen; ich
vermeynete aber dennoch, daß mir bey diesen Umständen nicht gewehret wäre, mich
zum wenigsten bey der studierenden Jugend wieder seine falschen und gefährlichen
imputationes Atheismi zu vertheydigen, und schluge dannenhero am 9. Junii
folgendes Programma an das schwartze Bret.
Veritatis & Jurisprudentiae divinae cultoribus. S.
P. D. Christianus Thomasius.
COnstitui, cooperante divina clementia, Institutiones meas Jurisprudentiae
divinae per semestre spatium intra privatos parietes explicare. Sed antequam id
fiat, fama mea (cujus defensionem moderatam ipsa lex divina inculcat) ut
discursum Prooemialem eumque gratuitum de differentiis justi & decori
per aliquot septimanas praemittam, postulat. Incipiam eundem, Deo dante, die
crastino hora pomerid. a 4. ad 5. & ita me geram, ut doctrinas, qua
principales de justo & Decoro, qua incidentes, quarum praecipua erit de
Natura Atheismi & genuino eum refutandi modo, de essentia &
norma pudoris &c. non discursu quodam informi & ex libris
aliorum hinc inde consarcinato, sed solide &
perspicue explicem, ac integritatem doctrinae meae adversus immodestas &
impias malevoli cujusdam calumnias pie & modeste demonstrem. Valete.
&c.
§. XLII. Dieses mochte nun wohl dem guten Herrn D. P. dersen(Dessen Adversariorum
ängst-) Collegium etwan acht Tage vorher und in selbigem wacker auf mich
zu lästern angefangen hatte, gar nicht gefallen, zumahlen da ich eben die
|| [102]
(liche Klage darüber.) Stunde von vier bis fünffe
zu meinem discursu prooemiali gratuito genommen, in welcher er seine lectiones
Anti-Atheisticas non gratuitas zu halten pflegte. Hier ware nun grosse Noth
vorhanden. Man liesse dannenhero nicht alleine noch des Sonntags dieses mein
Programma durch einen famulum vom schwartzen Brette abreissen, sondern wan
colligirte auch noch selbigen Tages die vota der Theologischen Facultät
schrifftlich, und nach erhaltener pluralität derselben vel quasi gab man des
Montags frühe als den 10. Junii folgende Supplique im Nahmen der Theologischen
Facultät, mit der vorigen general-Unterschrifft ein:
P. P. Ew. Magnificenz und andern Herren Adsesloribus können wir unberichtet nicht
lassen, daß der Herr D. Thomasius gestriges Tages sich unterfangen, ein
Collegium Atheisticum, darinnen er de natura Atheismi & genuino
refutandi Atheismos modo handeln will, publice anzuschlagen. Wann dann diese
materia vor ihme nicht, sondern ad Theologiam revelatam gehöret, und nur unsern
lieben Collegen Herrn D. Pfeiffern damit zu kräncken angesehen ist: Als gelanget
an Ew. Magnificenz und sämtliche Herren Assessores unser dienstliches Bitten,
sie wollen gedachten D. Thomasium schrifftliche inhibition thun lassen, mit
solchem intimirten Collegio bis auf fernere Verordnung zurück zu halten. Womit
wir dieselben göttlichen Gnaden-Schutz befehlen thun. &c.
(Darauf erfolgtes Universitäts-man datum
cum clausula.)
§. XLIII. Es ware meinen Herren Adversariis nun so viel an der Beschleunigung
eines decrets von der Universität gelegen, daß sie nicht ruheten, bis sie von
dem Rectore und Assessoribus des Concilii noch den 10. Junii Vormittage
folgendes mandatum erpresseten.
P. P. Was bey dem Herrn Pro Rectore Magnifico der löblichen Universität Leipzig
und dessen zugeordneten Adsessoren, Herrn Decanus, Senior und andere Doctores
und Assessores der löblichen Theologischen Facultät allhier, wieder Herrn D.
Christian Thomasium wegen des gestrigen Tages von ihm intimirten Collegii
Atheistici gesuchet und gebethen, solches hat besagter Herr Doct. Thomasius aus
beygehender Abschrifft mit mehrern zu ersehen, und wird ihm demnach selbige
hiermit communiciret, darnebst aber aufferlegt und anbefohlen, daß er mit
obberührtem Collegio bis auf fernere Verordnung anstehen, und da er etwas
erhebliches einzuwenden hätte, solches binnen dato und nechstkommer Mittwoche ad
Acta berichten solle, wornach er sich also zu achten &c.
|| [103]
Welches mir auch noch selbigen Tages gegen den Mittag richtig insinuiret wurde.
Ob nun wohl meine Adversarii meyneten, wunder was sie dadurch erhalten hätten;
so verstunden sie doch nicht, daß diese Auflage gar nicht für ein mandatum sine
clausula passiren konte, sondern offenbahrlich nur ein mandatum cum clausula
war. Ja sie verstunden nicht, daß wenn es auch ein mandatum sine clausula
gewesen wäre, mich dennoch selbiges nicht würde gebunden haben, sondern mir frey
gestanden haben würde interposita appellatione meine lectiones gratuitas
anzufangen. Aber so brauchte es propter clausulam adjectam nicht einmahl einer
appellation.
§. XLIV. Wie ich mich nun über die Universität ratione dieses(Neues dilations-Rescript vom
Hofe.) mandati eben nicht zu beschweren hatte; also wurde mir doch
anderwärts dadurch dazu Ursach gegeben, daß selbige ein sub eodem dato den 10.
Junii abgegangenes rescript, in welchen mir eine völlige Monats-Frist zu
Einbringung meiner Nothdurfft verstattet wurde, nicht communicirte, noch sonst
davon Nachricht ertheilete. Das rescript lautete also:
P. P. Was an uns ihr in Sachen D. Christian Thomasium und die Theologische
Facultät und Ministerium zu Leipzig betreffend untern 31. May jüngsthin
unterthänigst berichtet, und darauf beschieden zu seyn angesuchet, das ist uns
vorgetragen worden. Wie wir nun geschehen lassen, daß D. Thomasio eine Monats
Frist zu seiner Erklär und Verantwortung verstattet werde; also lassen wir es im
übrigen bey unserm von 12 und 15. Aprilis ergangenen Verordnungen bewenden, und
ist hiermit unser Begehren, ihr wollet euch also darnach achten, und D.
Thomasium darauf bescheiden. &c.
Weßwegen ich mich auch zu seiner Zeit deßwegen bey Hoffe beschwerte, wie unten §.
56. wird gemeldet werden.
§. XLV. Herrn D. P. selbst war so angst bey diesen meinen vorhabenden(D.A.P. eilfertige Supplique an das Ober-Consistorium.) lectionibus, daß, so bald er mein programma
de facto abreissen lassen, er noch des Sonntags früh sich drüber machte und den
9. Junii mit der Post folgende in Eyl entworffene Supplique an das
Ober-Consistorium überschickte.
P. P. Gleichwie E. Chur-Fürstl. Durchlauchtigkeit ich unterthänigsten Danck
abzustatten schuldig bin, daß dieselbe mein vorhabendes Collegium
Anti-Atheisticum wieder D. Christian Thomasii unziemliche Zunöthigung in Gnaden
placediren wollen, kan aber Ew. Chur-Fürstl. Durchlauchtigkeit gehorsamst
unberichtet nicht lassen, daß besag
|| [104]
ter D.
Thomasius nicht allein biß anhero auf die ihm zugeschickten puncta noch nicht
geantwortet, sondern auch zum höchsten Aergerniß der Jugend heute eine schedulam
(deren Abschrifft mit beygefüget ist) angeschlagen, da er in eben der Stunde, in
welcher ich mein Collegium würcklich halte, sich eigenthätig zu rächen und mich
zu beschimpffen suchet. Gelanget demnach an Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit
mein unterthänigstes demüthigstes Bitten, sie wollen mich wieder diesen
unruhigen Menschen in ihren kräfftigen Schutz nehmen, und ihm in seinen
schädlichen Beginnen, welches zu Verwirrung der Academie und grossen Aergernüß
unserer Kirchen ausschlagen wird, nachdrücklichen Einhalt thun, wofür unter
stets andächtigen Gebethe für Dero ungekränckte Chur-Fürstl. Wohlfarth ich
ersterben werde &c.
§. XLVI. Ich aber fieng nichts desto weniger den 10. Junii, (Exordium der lectionum de differentiis iusti & decori.) welches
damahls der Montag nach den andern Sonntag nach Trinitatis war, meine lectiones
praeliminares collegii über die Jurisprudentiam divinam in GOttes Nahmen an,
bekam auch ohnerachtet Herr D. Pf. meinen Zettul vom schwartzen Brette hatte
abreissen lassen einen ziemlichen numerum Auditorum. Ob nun wohl es sich nicht
schicken wird, wenn ich den gesamten Inhalt dieser meiner lectionum beydrucken
lassen wolte, so will doch zu desto besserer Beurtheilung meines und meiner
Adversariorum bißher erzehlten und folgends zu meldenden thun und lassens
vonnöthen seyn, daß ich die vornehmsten Umstände hierbeysetze, wie ich sie in
meinem damahligen concept finde. Der Anfang ware in ein paar lectionen folgenden
summarischen Inhalts: daß der Apostel Johannes in der gestrigen Sonntags-Epistel
1. Joh. 3. vers. 13. nicht ohne Ursach meldete: Verwundert euch nicht, meine
Brüder, ob euch die Welt hasset, indem er selbst alsbald die Ursache deutlich
genug ausdrücke, daß solches darum geschähe, weil sie aus wahrer Gottesfurcht
die Brüder liebten. Man müste aber in diesen Spruch des Apostels durch die Welt
nicht etwa alleine das gemeine Volck und den geringen Pöbel verstehen, sondern
auch die Vornehmen und Vorsteher des gemeinen Volcks, wenn diese sich einer
ungeziemenden Autorität anmasseten und über das Volck herrschen wolten, indem
das Exempel unsers Heylandes es deutlich genug bezeigete. Denn da er jederman
gutes gethan, hätten es die Schrifftgelehrten und Pharisäer nicht vertragen
können, und hätten das Volck, da sie keine vernünfftige Ursache ihres Hasses
vorbringen können, bloß auf ihre Autorität verwiesen und gesprochen: Glaubet
auch ein Pharisäer an ihn? Ja als der HErr
|| [105]
CHristus
ferner das von diesen Heuchiern versührte Volck gewarnet: (Wehe euch ihr
Schrifftgelehrten und Pharisäer &c. ingleichen Sehet euch für für den
falschen Propheten &c.) hätten diese Leute den Heyland nicht alleine der
erschrecklichsten Laster als der Zauberey, Ketzerey, beleydigter Majestät u. s.
w. fälschlich beschuldiget, sondern auch öffentlich verklagt, und durch den sich
vor ihrer Wut und Raseren fürchtenden ungerechten Richter Pilatum gar verdammet.
Diese Anmerckung müsse nun anfänglich ein jeder wahrer Christ auf sich
appliciren, (jedoch nach vorher erwehnter und mit Unterschied beantworteter
Frage: ob und wie weit ein wahrer Christ sich mit dem Herrn Christo vergleichen
könne?) und sey demnach dieses eines von denen vornehmsten Kenn-Zeichen eines
wahren Christen, daß ihn die Welt hasse. Dannenhero sey auch offenbahr daß es
eine falsche und heuchelerische Beschuldigung sey, wenn man einen ehrlichen Mann
dadurch verdächtig machen wolle, daß er viel Feinde habe und sich mit niemand
vertragen könne. Denn gleichwie das Gegentheil aus dem angeführten Spruch
Johannis deutlich könne erwiesen werden; also werde selbiges auch durch gar
viele Exempel tugendhaffter Leute erleutert, (worbey für andern die Exempel
Aristidis, Socratis, Lutheri, Erasmi, Reuchlini, Hutteni etwas umbständlicher
angeführet wurden.) Man pflege zwar zu Beschönigung dieser verleumderischen
Beschuldigung aus dem Syrach cap. 6. vers. 2. & seq. anzuführen: Laß
dich nicht zu klug düncken jedermann zu tadeln; denn ein solcher gifftiger
Mensch schadet ihn selber, und wird seinen Feinden ein Spott. Wenn man aber
dasselbige vernünfftig auslege, so käme die application auff ehrliche Leute eben
so verleumderisch heraus, als die Beschuldigung selbst. Vielmehr käme denen
Verleumbdeten zu statten was Syrach in 20. Cap. versic. 6. & 7. sage;
Etlicher schweiget, und wartet seiner Zeit: Ein weiser Mann schweiger, biß er
seine Zeit ersiehet, aber ein jäher Narr kan der Zeit nicht erwarten. Ingleichen
was das Buch der Weißheit in 2. Cap. vers. 11. seq. lehre: Was wir nur thun
können, das sol recht seyn. Denn wer nicht thun kan, was ihn gelüstet, der gilt
nichts: So laßtuns auf den Gerechten lauren, denn er macht uns viel Unlust / und
setzt sich wieder unser thun &c. (wie denn auch die folgende Worte biß
auf den 21. vers inclusive denen Auditoribus vorgelesen wurden.) Ja es erhelle
aus diesen letzten Ort, daß derjenige, der allgemeine Mängel und Laster
öffentlich tadele, nicht so fort für lasterhafft ausgeschryen werden
|| [106]
müsse, wenn die Sache wahr sey und er dabey eine gute
intention habe. Nach diesen wurde auch die application des Hasses der Weltauf
einen jeden wahren Christen gemacht und dieser Haß nach Anleitung dessen was
oben von dem Haß der Schrifftgelehrten und Pharisäer gegen den Herrn Christum
gemeldet worden, auch hieher gezogen. Endlich wurde etwas von dem Trost, den
wahre Christen bey dergleichen Verleumdungen hätten, gehandlt, nehmlich
zuförderst von dem Vertrauen auf Gottes-Schutz, und hernach auch, daß die
weltliche Obrigkeit nicht allemahl mit Pilato sich für denen Veleumbdern
fürchtete, sondern daß durch Göttliche Gnade noch Gerechtigkeit auf Erden zu
hoffen sey.
(Praelimi. nar-Anmerckungen wegen
dieser lectionen.)
§. XLVII. Hiernechst folgete die special application auf mich selbst, wobey etwas
ausführlich von meiner bißherigen intention der studirenden Jugend allgemeine
Irrthümer zu zeigen, und solchergestalt ihnen nützlich zu dienen, gehandelt
wurde. Es sey Stadtkündig, daß ich damit grosse Feindschafft, Haß und Verfolgung
mir über den Halß gezogen: und ob ich wohl befugt wäre, diesen Haß und
Feindschafft gantzen collegiis zu imputiren, so wären mir doch etliche wenige
Personen darunter sehr wohl bekannt, die an allen diesen Unfug hauptsächlich und
für andern Ursach wären. Unter diesen letzten nun wäre ein gewisser Verleumbder,
der mich der Atheisterey und Gottloser Lehre beschuldiget, und dadurch
intendiret mich bey Ihrer Churfürstl. Durchlauchtigkeit damit anzuschwärtzen,
und bey der studirenden Jugend, ja bey der gesamten gelehrten Welt zu
prostituiren. Derowegen sey mein gegenwärtiger Vorsatz, daß ich denen Herren
Studiosis die Unschuld und Reinigkeit meiner Lehre zeigen wolle: und könne mir
dieser Vorsatz nicht übel gedeutet werden, zumahl da derselbe sein Absehen nicht
dahin richte, andre zu verklagen, sondern bloß mich zu vertheidigen: die
Vertheidigung sey natürlichen und allgemeinen Rechtens, so gar, daß nach der
allgemeinen Lehre der Juristen man selbige auch nicht einmahl dem Teuffel
versagen solle; und dieses sey auch nach Gelegenheit der Umbstände von der
defension pro avertenda zu verstehen, ob gleich ohnlängst jemand (NB. dieses war
Herr D. I. B. C. den ich aber nicht nennete) auf der Cantzel sich unterstanden
hätte, aus der Paßions Historie zu beweisen, daß alle defensiones pro avertenda
unrecht wären, und man dieselbe nicht zu lassen solte; da man doch vielmehr
meine Meynung aus der Paßions Historie beweisen könne. Jedoch wolle ich diese
meine Vertheydigung mit Bescheidenheit vornehmen, und gantz
|| [107]
nicht wieder schelten, noch mit Schelmen, Narren, Eseln und
Flegeln umb mich werffen; denn dieses sey ein Kenn-Zeichen eines unchristlichen,
groben und niederträchtigen Gemüths: ja ich wolle meinen Wiedersacher nicht
einmahl nennen, indem er ohne dem jedermann bekannt wäre. Hiernechst wolte ich
mich bey dieser Vertheidigung auch Christlich aufführen. Wahre Christen suchten
jederzeit anderer Menschen, nicht aber allein ihren eigenen Nutzen; derowegen
wolte ich mich bey meiner Vertheidigung also verhalten, daß ich zugleich die
studirenden in Sachen die da schwer und dunckel wären, und insgemein confuse
vorgetragen würden, unterwiese. Ich hätte die Gelegenheit zu diesen lectionibus
bey dem Vorhaben über meine Institutiones Jurisprudèntiae divinae zu lesen,
ergriffen, weil mein Verleumbder aus eben diesen Buch Gelegenheit genommen mich
zu verleumbden; ich hätte mir vorgesetzt in diesen praelectionibus von denen
differentien des Rechts und Wohlstandes (justi & decori) zu discuriren,
weil diese Lehre sehr nützlich sey, und weil mein Wiedersacher eben aus
Unwissenheit derselben dahin verfallen, daß er mich viel Dinge ohne Grund
beschuldiget; ich wäre gesonnen nicht confus und ohne Ordnung pro und contra zu
disputiren, sondern ich wolte mich einer methode, die bey nahe der
Mathematischen gleich käme, bedienen: ich versprach hierbey meinen Zuhörern,
eine aufrichtige und alle Vorurtheile bey Seite setzende Lehr-Art: hingegen
wünschete ich mir solche Zuhörer zu haben, die nicht aus Neugierigkeit in meine
lectiones kämen, auch weder meine Freunde noch Feinde, sondern indifferent, und
etwas rechts zu lernen begierig wären. Es solte ihnen erlaubet seyn mich
absonderlich zu befragen, wenn sie was nicht recht verständen oder bey einer und
andern Lehre einige Zweiffel hätten: was aber etwa ausgeschickte heimliche
Behorcher beträffe, die wolte ich nur freundlich erinnern, daß sie nicht Dinge
aufschrieben, die ich nicht geredet hätte.
§. XLVIII. Die special Ordnung des Dißcurses solte in folgenden(16. Special-Puncte die in
denenselben vorgetragen werden sollen.) 16. Punckten oder Abschnitten
bestehen 1.) Beschreibung des Rechts (justi) und deutliche Auslegung derselben.
2.) Dessen unterschiedene Eintheilung. 3.) Daß der Grund alles Rechts aus dem
Willen des Gesetzgebers hergeleitet werden müsse. 4.) Daß man ohne GOTT und die
Göttliche Vorsorge sich keinen deutlichen concept von Recht machen könne. 5.)
Daß dannenhero die Atheisten in der That den Grund alles Rechts auffhüben. 6.)
Beschreibung und Eintheilung der Atheisten. 7.) Von der ächten und
untadelhafften Art und Weise die
|| [108]
Atheisten zu
refutiren, und was für Irr-Wege hierbey ein rechtschaffener Gelehrter meyden
müsse; 8) Von etlichen Autoribus die wieder die Atheisten geschrieben, und was
von denenselben zu halten sey. 9.) Von Wohlstand (de decoro) und daß die Lehre
von Wohlstand bißhero zwar insgemein unterlassen worden, aber doch sehr
nothwendig und nützlich sey Urtheil von dem, was Velthuysen, der Herr von
Pufendorff und Herr D. Becman zu Franckfurt bißher von Wohlstand geschrieben.
10) Von Beschreibung und Eintheilnng des Wohlstandes. 11) Von Ubelstand (de
indecoro) wieder die Cynischen Philosophos. 12.) Von der Schamhafftigkeit und
daß die Lehre von derselben nicht so wohl zum Recht als zum Wohlstande gehöre.
13.) Was die Schamhafftigkeit, und wie vielerley dieselbige sey. 14.)
Unterschiedene der Schamhafftigkeit entgegen gesetzte Mängel. 15.) Sumarische
Vorstellung des Unterscheids zwischen dem Recht und Wohlstand. 16.) Aus denen
bißherigen Lehren hergeleitete Beantwortungen, der falschen Beschuldigungen des
Wiedersachers.
(Erster Ober-Consistorial-Befehl
wegen dieser lectionen.)
§. XLIX. Indem ich also den 10. und folgenden Junii mit diesen meinen lectionibus
gratuitis beschäfftiget war, eileten die Gönner des D. P. und D. C. zu Dreßden,
daß alsbald den 12. Junii folgender Befehl aus dem Ober-Consistorio nach Leipzig
geschickt wurde.
P. P. Welchergestalt sich D. Augustus Pfeiffer P. P. zu Leipzig über D. Christian
Thomasium wegen Haltung eines Collegii beschweret und was er dahero
unterthänigst gebethen, das ist aus dem Innschluß zu ersehen; wann wir dann
gestalten Sachen nach D. Thomasium sein Collegium halten zu lassen, ehe und
bevor er seine Erklär- und Beantwortung auf der Theologischen Facultät und des
Ministerii zu Leipzig Beschwerung gethan, Bedencken haben; als ist hiermit unser
Begehren, ihr wollet D. Thomasio deswegen inhibition thun, und die anbefohlene
Erklärung zu befördern andeuten, daran geschicht unsere Meynung &c.
Dieser Befehl, so bald er bey der Universität angelanget, wurde als bald den 14.
Junii auf nachstehende Weise expediret.
Was der Durch auchtigste Churfürst zu Sachsen, etc. E. löblichen Universität
Leipzig auf Herrn D. Augusti Pfeiffers P. P. allhier über Herrn D Christian
Thomasium wegen Hallung eines Collegii unterthänigst geführte Beschwerde in
Gnaden rescribiret, und anbefohlen, solches hat besagter Herr D. Thomasius aus
beygehender Abschrifft mit mehrern zu ersehen, und wird demnach von dem Herrn
Pro-Rectore Ma
|| [109]
gnisico der löblichen Universität
Leipzig und dessen zugeordneten Adsessoren Ihme solches hiermit communiciret,
darneben aber, daß er berührtes Collegium nicht halte, inhibiret, und die
gnädigst anbefohlene Erklär- und Beantwortung auf der Theologischen Facultät und
des Ministerii allhier Beschwerung befördern solle, angedeutet. Wornach er sich
also zu achten &c.
§. L. Nachdem also dieser Befehl eingelauffen und expediret(D. A. P. frühzeitiges jauchzen
darüber.) war, war niemand froher als D. Pf. zumahl da er diese Woche,
in welcher ich gelesen hatte, gar wenig Auditores hatte, und diejenigen, so uns
beyde gehöret hatten, anfiengen mir recht zu geben und sich über seine
Unverschamheit zu verwundern. Derowegen schlug er alsbald den Sontag drauff als
den 16. Junii und den dritten Sontag nach Trinitatis folgende jauchzende und
gleichsam Triumpff-schreyende Schedulam an:
D. Augustus Pfeiffer. P. P. Auditoribus Collegii Anti-atheistici. S. P. D.
ABsolvimus nuper Deo favente & ringente Satana Prolegomcna nostra de
nomine, natura, differentia & historia Atheorum. Jam ob causam plerisque
Vestrum notam intercipiendus est dies unus atque alter. Proximo vero die Jovis
ad majorem Dei gloriam, & confusionem Satanae, qui sibi suisque Atheis
jugulum peti videt atque dolet, aggredimur alacriter evolutionem ipsarum
quaestionum. Adeste solita benevolentia & frequentia. Non audietis
inanes logos, sed seria, solida, salutaria & in omnem vitam profutura.
Valete. &c.
Diese Schedulam desto besser zu verstehen ist zu mercken, daß so bald D. Pfeiffer
an 10. Junii gemercket, daß gar wenig studiosi in seine lectiones kommen,
sondern grösten theils zu mir gangen waren, hatte er den 11. Junii, da noch
weniger sich eingefunden, und da er ohne dem gleich mit Erklährung seines
programmatis fertig worden, unter den praetext gewisser Verhinderungen, seine
lectiones auf etliche Tage aufgeschoben und versprochen, den Tag, wenn er wieder
lesen würde, an dem schwartzen Brete zu notificiren. Daß er aber nicht gleich
des Montags drauff seine lectiones wieder zu continuiren versprach,
|| [110]
ware wohl die meiste Ursache, weil ich des Freytags,
als mir der Befehl von der Universität schon insinuiret war, nichts destoweniger
fortgelesen und die folgende Woche damit zu continuiren gedacht hatte, auch bald
Anfangs der folgenden Woche nicht so fort ein anderer Befehl von Hoffe konte
gehoffet werden.
(Wie sich der Autor lectionum bey
diesen ersten Befehl verhalten.)
§. LI. Diesen letzten Umbstand nun desto besser zu begreiffen, so hatte es damit
diese Bewandnüß. So bald ich den 14. Junii den Universitäts Befehl bald nach
Tische erhielte, muste ich meine Wiedersacher von Hertzen auslachen, daß sie
ihre Tücke nicht klüger angefangen und sich eingebildet hatten, mich durch ihre
falsche Anklagen und ausgebrachte Befehle entweder an meiner defension zu
hindern, oder aber, wenn ich nicht parirte, mich in ein grosses Unglück zu
bringen. Ja ich wurde noch mehr zur Frölichkeit bewegt, als ich sahe / daß des
Freytags umb vier Uhr fast noch einmahl so viel Auditores als vorher sich in
meiner Stube einfunden, davon die meisten wahrscheinlich emissarii von meinen
adversariis waren, die genau Achtung geben solten ob ich nicht aus Ungedult
entweder bey Fortsetzung oder Auffhebung des Collegii etwa in Worten mich
vergehen möchte, daraus sie mir ein neues crimen bey Hoffe andichten möchten.
Aber es bekamen diese guten Abgeordneten greuliche lange Nasen, als ich meine
Freytags lection ohne Meldung des geringsten Befehls, und ob ich demselben
pariren wolte oder nicht, continuirte. Weil ich mir aber wohl vermuthete, daß
meine Gegner deßwegen den 16. Junii mit der Sontags-Post mich würden von neuen
verklagt haben, als richtete ich die folgende Dinstags Lection den 18. Junii
ohngefehr auff folgende masse ein. Ich hätte bißhero in denen gehaltenen vier
lectionibus meine intention von diesen lectionibus praeliminaribus über die
institutiones juris divini, ingleichen die special methode und Inhalt derselben
gemeldet, auch allbereit die ersten vier membra oder Abschnitte davon erklähret,
und dabey versprochen, daß ich in dem letzten Abschnitte allererst auff die
Verleumdungen meines Wiedersachers antworten wolte; Alleine ich würde nunmehro
genöthiget aus folgenden Ursachen diese meine methode zu ändern, und mit dessen
Wiederlegung gleich desselben Tages den Anfang zu machen. Denn ich könte meinen
Zuhörern nicht verhalten, daß es demselbigen gar nicht angestanden hätte, daß
ich seine Verleumdungen augenscheinlich wiederlegen, und denen studirenden
dieselbe fein handgreifflich machen wollen; deßwegen hätte er mich bey Seiner
Churfürstlichen Durchlauchtigkeit verklagt, als wenn ich die Universität in
Verwirrung setzen
|| [111]
und die Evangelische Kirche mit
meinen Collegio gräßlich ärgern würde; hätte auch auf diese Weise einen Befehl
von Hoffe erhalten, daß ich besagtes mein Collegium über die Institutiones
Jurisprudentiae divinae nicht eher halten solte, als biß ich auff der
Theologischen Facultät und des Ministerii zu Leipzig Beschwehrung geantwortet
hätte; ob ich nun wohl befugt wäre, aus vielen rechtmäßigen Ursachen bey Seiner
Churfürstlichen Durchlauchtigkeit unterthänigst zu bitten, daß dieses Verbot
wieder ausgehoben würde, so wolte ich doch lieber gehorchen, und meinen
auditoribus hiermit andeuten, daß aus dem Collegio über die Institutiones juris
divini dieses mahl nichts werden würde; sie könen sich dieses auch zu einen
Exempel dienen lassen, wie Unterthanen zuweilen wohl thäten, wenn sie auch in
Sachen, da zu harte mit ihnen verfahren würde, ihrer hohen Landes-Obrigkeit
gehorcheten; im übrigen hoffte ich bald Gelegenheit zu haben, daß ich meine
Unschuld öffentlich darthun könte. Dieweil ich aber billig mich befahren müsse,
daß mein Wiedersacher nicht vergnügt seyn würde, daß mir das Collegium selbst
verboten worden, sondern daß er auch in specie anhalten würde, mir diese
lectiones praeliminares zu untersagen; als würde ich genöthiget, die
Beantwortung seiner Verleumdungen alsbald vorzunehmen, damit, wenn etwa mir auch
dieselbe zu absolviren solte vorboten werden, meine Zuhorer doch zum wenigsten
den Ungrund und Unverschamheit meines Wiedersachers begreiffen möchten
&c.
§. LII. Nun kan sich ein jeder leicht einbilden, wie diese meine(Der andre Ober. Consistorial-Befehl wegen diesser lectionum.) proposition meinen beyden Herren Adversariis gefallen
muste, und wie sie dawieder wüteten und tobeten. Ich bedaure hierbey gar sehr,
daß ich die Supplique die dieses meines thuns halber alsbald an 16. ejusdem als
allbereit den Sontag vorher nomine Academiae nach Dreß den geschickt wurde,
nicht habe können zu sehen bekommen, noch bey denen Universitäts-Acten (als sie
mir hernach fürgelegt worden) gefunden, denn sonst wolte ich dem Leser gar gerne
damit willfahren, da aber solches nicht in meinen Vermögen ist, wird derselbe
vorlieb nehmen, daß ich allhier nur den anderwärtigen Ober-Consistorial Befehl,
der den 19. Junii datiret war hieher setze.
P. P. Uns ist euer anderweit eingeschickter Bericht von 16. dieses, mit den
hierbey wieder zurück kommenden Acten D. Thomasium betreffend, gebührend
vorgetragen worden. Wie wir nun über D. Thomasii Ungehorsam Mißfallen tragen,
also ist hiemit unser Begehren, ihr wollet vorige Inhibition nach Inhalt unsers
am 12. dieses ergange
|| [112]
nen Befehls nochmahls und
zwar bey Straffe Funffzig Rthlr. wiederhohlen, und wie er sich darauf bezeiget,
fernerweit berichten. Daran geschicht unsre Meynung &c.
Die Universität war nicht säumig den 21. Junii (abermahls Freytags) mir folgende
Aufflage zuzuschicken.
Was der Durchlauchtigste Churfürst &c. E. löblichen Universität Leipzig
in Gnaden rescribiret und anbefohlen, solches hat Herr D. Christian Thomasius
aus beygehender Abschrifft mit mehrern zu ersehen.
Und wird demnach von dem Herrn Pro-Rectore Magnifico gedachter löblichen
Universität Leipzig und dessen zugeordneten Assessoren ihme solche hiermit
communiciret, darneben aber bey Straffe Funffzig Rthlr. auferleget und
anbefohlen, daß er voriger an ihn, wegen Unterlassung des am 9. dieses Monats
Junii jüngsthin von ihm intimirten Collegii, abgelassenen Inhibition von 14.
hujus nochmahls Folge leisten solle, wornach er sich also zu achten etc.
(Attestatum, das etliche Auditores dem Autori lectionum
gegeben.)
§. LIII. Dieweil aber auch in diesen Befehl nur des Collegii nicht aber der
lectionum praeliminarium gedacht war; als fuhre ich in meinen lectionibus immer
fort. Jedoch hielte ich es dabey für nöthig, bey dem Ober-Consistorio mich
nunmehro in dieser Sache selbst zu melden, damit man nicht etwan die angedrohete
funffzig Thlr. Straffe von mir begehren möchte, und bate dannenhero zuförderst
etliche von meinen Herren Auditoribus folgendes attestatum nach ihren guten
Gewissen den 26. Junii zu unterschreiben, welches auch von ihnen willig und zwar
ohne Observirung des gehörigen Rangs geschahe, und werden diejenigen, die davon
noch an Leben, und an unterschiedenen Orten in Dignitäten und Würden seyn, (sie
mögen nun itzo gleich noch meine vornehme Gönner und Freunde, oder meine
vornehme Mißgönner und Feinde heissen) verhoffentlich nicht übel nehmen, wenn
sie etwa ihre Nahmen zu lesen bekommen solten.
Wir Ends unterschriebene uhrkunden hiermit und bekennen, daß Herr D. Christian
Thomas an vergangenen Dienstag vor acht Tagen, war der 18. Junii, Abends umb 4.
Uhr, als wir nebst vielen andern seine lectiones zu besuchen gekommen, gegen uns
insgesamt ohngefehr folgenden Vortrag gethan, daß er zwar per schedulam publicam
uns versprochen ein Collegium über seine Institutiones Juris divini zuhalten, es
hätte aber sein Adversarius mit vielen nichtigen ungegründeten Vorgeben sich
dißfalls bey S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit beschwehret,
|| [113]
und hätte S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit gefallen, ihm die
Haltung besagtes Collegii inhibiren zu lassen weshalben es ihm leid wäre, daß er
uns mit Haltung besagtes Collegii nicht dienen könte. Denn ob er gleich sich
wohl getrauete, bey S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit durch Vorstellung der
unverschämten und falschen calumnien, mit welchen ihn sein Adversarius beleget,
einen anderwärtigen gnädigsten Befehl zu erhalten, auch ohne dem bekandt wäre
quod omne mandatum Principis tacitam clausulam habeat, si preces veritate
nitantur; so wolte er doch jetzo einen andern Weg wehlen, und der geschehenen
Inhibition alsobald pariren, theils weil er vermeinte, seinen Adversarium, als
der nur intendirte, mit S. Gn. Churfürsten ihn auf allerley Wege zu collidiren,
hierdurch zu confundiren, und seine böse Intention viel eher abzuleinen; theils
damit er uns ein Exempel gäbe, daß ein Unterthan, wenn gleich durch fälschliche
Anklage seiner Wiederwärtigen ein wiedriger Befehl wieder ihn extrahiret worden,
jederzeit, wenn er andre Mtttel hätte seine Unschuld darzu thun und seine
Gerechtsame zu vollführen, sich angelegen seyn lassen solte, viel, lieber durch
parition einen Befehl bey Kräfften zu erhalten zu helffen, als durch andere
zugelassene Wege zu suchen, daß derselbe geändert werde, weil es eine bekandte
politische Regul sey, daß eines Fürsten hohe Autorität und Respect guten theils
dadurch in allezeit grünenden Flor erhalten werde, wenn er seine Gesetze und
Befehlige, so wenig als möglich ändere u. s. w. Wann denn Herr D. Thomas, daß
dieses sich in der That also verhalte, und wir ihn dißfalls mit unsern Zeugnüß
zu statten kommen möchten, uns ersuchen lassen; als haben wir wohlbedächtig und
ungezwungen, auch niemand zu Lieb und Leid, sondern bloß zu Steuer der Warheit
dieses Testimonium mit unserer eigenhändigen Unterschrifft bekräfftiget,
Friedrich Emich. Ramm. Johann L. Bensen. Johann Wilhelm Schotte. Christoph Vockerodt. Salomon Friedrich Packbusch. Christoph Semler. Magnus Gottfried Oemichen. Christian Gottfried Sultzberger. Johann Wilhelm Zieroldt. Johann Gottfried Packbusch. Johann Friedrich Günther.
|| [114]
(Supplique desselben an das Ober
Consistorium wegen obiger lectionum.)
§. LIV. Dieses vorstehende Attestatum legte ich hernach in der an das
Ober-Consistorium sub dato 27. Junii abgelassenen Supplique bey, in welcher ich
Herr D. P. Unfug ausführlich vorstellete, und wie aus derselben selbst zu lesen
seyn wird, dergleichen rescripta künfftig gebührend deprecirte.
P. P. Es hat Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit gnädigst gefallen, ohnlängsten
Herrn D. Aug. Pfeiffern zu verstatten, daß er sein öffentlich intimirtes
Collegium Antiatheisticum halten solte. Nun will ich zwar jetzo nicht anführen,
daß in denen von ihm dißfalls herausgegebenen quaestionibus, gar viele Dinge
enthalten sind, die theils D. Pfeiffers Unwissenheit und incapacität, theils
seine üble intention, turbas in der gemeinen Ruhe anzufangen an dem Tag geben,
in Ansehen er, (1.) den terminum Atheistarum so abusive braucht, daß er unter
denenselben wieder den gemeinen Gebrauch der Gelehrten alle diejenigen, die
abgöttlichen Religionen, und die von uns irrig geglaubet werden, zugethan sind,
begreifft, und solchergestalt unter denen adversariis, wieder die er disputiret,
Pagani, Aristoteles, Pythagoras. Stoici, Platonici, Judaei, Mahummedani,
Pelagiani, Rationalistae, Sociniani, Polytheitae, Tritheitae, Gnostici,
Manichaei, Anthropomorphilae, Syncretistae anzutreffen sind. (2) Unter die
Atheisten solche Leute rechnet, die man von diesen Laster unschuldig zu seyn gar
leicht erweisen kan, als Thomam Broune, Spencerum, Marshamum, Witsium, Calvinum,
Bezam, Raimundum Lullium, Mornaeum, Comenium, Poirctum, die Hermeticos novos,
Nollium, H. Morum, Copernicum, die Scholasticos u. s. w. (3) Cartesium und die
Cartesianer, derer Philosophie doch von den meisten Gelehrten, und sonderlich
von denen Medicis, auch von denen, die auf Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit
Universttäten publice dociren, angenommen wird, als Atheisten tit. 1 q. 4. tit.
4. q. 15. 9. tit. 6. q. 7. & 11. angegeben. (4.) Unter die Quaestiones
Anti-atheisticas auch solche rechnet, die gar nicht zur Theologie, sondern zur
blossen Philosophie gehören, als zum Exempel tit. 6. qu. 10. & 11. Ob
der Monden und die andern Planeten ihr eigen Licht führeten, oder es von der
Sonnen entlehneten? Ob die Erde oder Sonne sich bewege? (5) Solche Meynungen in
seinen quaestionibus defendiret, die entweder dem Mißbrauch fast gantz und gar
unterworffen seyn, (z. E. tit. 1 qu. 5. daß man einem, der dem andern per bonam
consequentiam in Verdacht des Atheismi gebracht hätte, nicht injuriarum belangen
könte.) Denn welcher calumniante wird nicht e
|| [115]
ben sowohl bonam consequentiam vorschützen (als D. Pfeiffer thut) oder (6)
gar mit dem Respect, den die Clerisey der hohen Obrigkeit schuldig ist,
streiten, und groß Aergerniß in republica erwecken, als wenn er tit. 13. qu. 4.
defendiret, daß der elenehus Ministrorum Ecclesiae, qui fit ex arbitrio Magistratus nicht coërciret werden könne, und
was dergleichen mehr seyn möchte, denn dieses gehöret ad interesse publicum, und
würde ich mich entsehen haben Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit dieses vor
zutragen, wenn ich mich nicht entsonnen hätte, das Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit mir ohnlängst anbefehlen lassen, meine Meynung dißfalls
deutlich zu entdecken. Was aber mein privat Interesse hiebey anlanget, so hat D.
Pfeiffer in besagten quaestionibus und dem dabey gedruckten programmate mich
dadurch gröblich injuriret, indem er mich zu vorher in einem nomine Ministerii,
aber ohne deren meisten ihren Vorwissen, verfertigten Libello famoso, vieler
gefährlichen Lehren beschuldiget, und dieselbigen in diesem seinem Collegio und
Programmate wieder unter die Atheisticas gesetzet, und habe ich dannenhero,
nachdem ich zuvor (die gradus admonitionis zu beobachten) dem Concilio
Professorio allhier die Sache zu überlegen, wiewohl fruchtloß übergeben, dafür
gehalten, weil defensio juris naturalis, daß mir vergönnet sey, der studirenden
Jugend, die von diesen falschen Beschuldigungen durchgehends eingenommen worden,
die integritatem doctrinae meae modeste und solide darzuthun, zu welchem Ende
für etlichen Wochen ich ein Collegium über meine Institutiones juris divini
intimiret, dabey aber in einen discursu prooemiali gratuito de differentiis
justi & decori meine Unschuld darzuthun versprochen, in welchen ich bald
Anfangs bey der ersten lection meinen Auditoribus von nichts mehr als denen sub
lit. B. beykommend specificirten membris zu discuriren versprochen. Dieweil aber
D. Pfeiffer wohl zuvor gesehen, daß auf diese Art seine Boßheit gar zu klärlich
an den Tag kommen möchte; als hat er nicht alleine meine Schedulam
unrechtmäßiger Weise von schwartzen Bret abreissen lassen, in seinen Collegio
mich für allen Auditoribus als einen Narren in folio, der bey künfftigen
Hundstagen vollends rasend werden würde (andere schimpffliche Worte, die er bey
nahe in allen lectionibus und in allen seinen Predigten wieder mich gebrauchet,
anietzo zu geschweigen) so viel an ihm gewesen, prostituiret; sondern er hat
auch sich nicht entsehen, nochmahlen gegen Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit
dieses meines Collegii und discursus prooemalis halber durch viele grobe
|| [116]
und falsche Beschuldigungen sich zu beschweren. Ob
ich nun wohl gar gerne gestehe, daß mir unwissend ist, wodurch Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit so schwere Ungnade ich verdienet, daß mir auf Pfeiffers
Anklage oberwehntes Collegium zu halten alsbald inhibiret worden, da ich doch
jederzeit des unterthänigsten Vertrauens gelebet, es würde Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit mir die hohe Gnade erweisen, und mich zu vorhero wieder D.
Pfeiffers Anschuldigungen gnüglich hören; so habe doch Besage beykommenden
Attestati sub A. der mir geschehenen inhibition aus denen daselbst angeführten
Ursachen ich pariret, und hätte mich dannenhero nichts weniger versehen / als
daß bey Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit die Universität allhter mich, als ob
ich ungehorsam gewesen wäre, fälschlich und per calumniam hätte anklagen, und
dadurch Ew. Churfürstl. Durch auchtigkeit jüngsten Befehlig, die vorige
inhibition bey Straffe 50. Rthlr. zu wiederholen, hätte extrahiren sollen.
Wannenhero ich nicht ferner umhin gekonnt Ewr. Churfürstl. Durchlauchtigkeit der
Sachen wahre Beschaffenheit hiermit unterthänigst vorzutragen, und Dieselbe in
unterthänigsten Gehorsam zu bitten, sich feste zu versichern, daß alles
dasjenige, was ich biß anhero angeführet, nicht mit der intention über die mir
geschehene inhibition zu murren oder mich zu beschweren, sondern bloß, Ew.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit meine unterthänigste parition und Unschuld zu
erkennen zu geben, geschehen sey, und flehe darneben Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit in unterthänigster submission nochmahls an, mir die hohe Gnade
künfftig zuerweisen, und mit meinen Adversariis, absonderlich aber mit D.
Pfeiffern ein gleiches Recht wiederfahren zu lassen, und mich wieder ihre
künfftigen falschen Beschuldigungen, ehe eine execution oder inhibition wieder
mich decretiret werde, zuvor gnuglich zu hören, auch denen künfftigen Berichten
der Universität (weil das gantze Cocilium Assessorum mit denen, die mich
fälschlich angeklagt, und also insgesamt partheyisch sind, besetzet ist) vor
meiner Anhörung keinen Glaubenzu geben; für welche hohe Churfürstl. Gnade ich
Leben lang verharre &c.
Bey dieser Supplique ist nichts mehr zu erinnern, als daß die Beylage sub A. der
in der Supplique gedacht wird, das in vorigen paragrapho gemeldete attestatum
sey, die Beylage sub B. aber die in paragrapho 48. allbereit specificirte 16.
Punckte erzehlet, über welche ich meine vorgehabte lectiones prooemiales zu
halten gesonnen gewesen.
(Noch eine andre Sup-)
§. LV. Dieweil aber allbereit oben §. 44. gemeldet worden, daß die Umversität mir
den auf ihren §. 40. befindlichen Bericht erhalte
|| [117]
nen Ober-Consistorial-Befehl nicht communiciret hatte; und ich
solchergestalt(plique,
wegen gesuchrer dilation selner Beantwortung.)
nicht eigentlich wuste, woran ich wegen gebetener fernerer dilation zu
Einbringung meiner Nothdurfft, eigentlich war, als verfertigte ich sub eodem
dato des 27. Junii noch eine Supplique an das Ober-Consistorium folgenden
Inhals:
P. P. Ew Churfürstl. Durchlauchtigkeit haben für etlichen Wochen an die hiesige
Universität gnädigst rescribiret, mir aufzulegen, daß binnen 8. und 10. Tagen
ich auf des Ministerii und der Theologischen Facultät allhier wieder mich
eingegebene Klagen antworten solte. Ob ich nun wohl alsbald nach geschehener
Aufflage mich schrifftlich excusiret, daß wegen einer damahligen Reise ich nicht
so fort unterthänigste parition leisten könte; auch daneben gebeten, mir nach
meiner Zurückkunfft eine völlige Monats-Frist zu Einbringung meiner Unschuld zu
verstatten, zuförderst aber sowohl der Theologischen Facultät als dem Ministerio
anzubefehlen, daß der Concipient, sowohl bey denen wieder mich eingegebenen
Klagen, als bey denen des Ministerii halber ad acta gegebenen sogenannten
Erleuterungs-Punckten sich unterschreibe; und solchergestalt mich versehen
hätte, es würde die Universität, wie Commissariis gebühret, Ew. Churfürstl.
Dchlauchtigkeit dieses mein unterthänigstes petitum berichtet, und Dero Gn.
Resolution darauf erwartet haben, so muß ich doch das Gegentheil muthmassen, in
Ansehen sie nach meiner Zurückkunfft mir ohne Beziehung auf Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit Befehl eine neue Aufflage, daß ich binnen 14. Tagen einkommen
solte, zugesendet, unerachtet die Concipienten gebetener massen noch nicht zur
Unterschrifft angehalten worden.
Wann dann die Universität hierdurch officium Commissionis überschritten,
hierneben aber notorium, daß vermöge vielfältiger Churfürstlichen Constitutionum
und Mandatorum jederzeit die Concipienten zu Unterschreibung derer
Supplicationum und anderer Schrifften gehalten werden sollen; auch absonderlich
bey gegenwärtigen Fall ich diese Unterschrifft sowohl zu Führung meiner
defension, als zu Prosequirung meines Rechts höchstnöthig habe, auch aus
derselben mir klärlich zu erweisen getraue, daß D. Aug. Pfeiffer, und D. Johann
Bened. Carpzov, diejenigen seyn, die eine Theologische Facultät und das
Ministerium allhier verleitet, mich mit so schweren und falschen Beschuldigungen
zu belegen; als gelanget an Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit mein
unterthänigstes gehorsamstes Bitten, der Universität gnädigst anzubefehlen, daß
sie zuförderst dem Ministerio und der Theologischen Fa
|| [118]
cultät allhier auferlegen, daß sie den Concipienten ihre
Klagen und übergebene Erleuterungs Punckte unterschreiben lassen, auch sodann
mir die acta complet vorlegen, und zu Einbringung meiner Nothdurfft eine völlige
Monats-Frist verstatten, in Verharrung etc.
(Beyschreiben an den Herrn Praesidenten des Ober-Consistorii.)
§. LVI. Ich vermeynte hierbey nicht sicherer zu gehen, als wenn ich diese meine
beyden Suppliquen sub eodem dato an den damahligen Herrn Praesidenten des
Ober-Consistorii addressirte, welches in nachstehenden formalibus geschahe
P. P. Ew. Hochwürdige Excellenz geruhen sich gnädig zu entsinnen, daß nicht
alleine ich bißhero um die Gnade, daß mir gemeines Recht, das S. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit Dero geringsten Unterthanen sonst wiederfahren läst,
verstattet werden möchte, unterthänige Ansuchung gethan, sondern auch S.
Hochwohlgebohrne Excellenz der Herr Ober-Hoff Marschall meine wenige Person zu
etlichen mahlen auf so weit recommendiret. Nun wolte ich von Hertzen wünschen,
daß Ew. Hochwohlgebohrnen Excellenz mit ferneren suppliciren verdrießlich zu
fallen ich entübriget seyn könnte; es weisen aber innliegende zwey
unterthänigste supplicatadie hochdringende Noth, die mich wieder meinen Willen
unhöfflich zu seyn veranlasset. Und gelanget dannenhero an Ew. Hochwürdige
Excellenz mein noch mahliges gehorsamstes Bitten, durch Dero hochgültige und
nachdrückliche intercession und autorität mich künfftig vor gnüglicher Anhörung
mit inhibitionen und dergleichen, was der execution ähnlich ist, nicht übereilen
zu lassen, sondern mir gleiches Recht mit meinen adversario zu verstatten, wofür
ich jederzeit verharren werde &c.
(Indessen tentirte Güte mit dem Ministerio, nebst einem schrifftlichen Vorschlage zu
derselben.)
§. LVII. Damit man aber nicht meynen möchte, daß dasjenige, was ich bißhero wegen
der von mir gebetenen dilationen meine Einlassung und Beantwortung der von dem
Ministerio und der Theologischen Facultät eingegebener denunciationen
betreffende gemeldet, von mir aus Rabulistischen Absichten die Gerechtigkeit
auffzuhalten, und das Licht zu scheuen, geschehen, muß zuförderst aus dem §. 24.
hier repetiret werden, daß mir von rechtschaffenen Leuten gerathen worden, es
zuversuchen, ob ich nicht meine Adversarios durch vorgeschlagene gütliche Mittel
gewinnen, oder doch zum wenigsten beschämen könte. So bald ich nun zu Ende des
May von meiner oben gemeldeten Reise wieder nach Hause kommen war, verfügte ich
mich zu dem Herrn Superintendenten Herrn D. Lehmannen, als dessen ehrliches und
friedliebendes Gemüthe für andern in der gantzen Stadt bekannt war, und trug
|| [119]
ihm dieses mein Vorhaben des gütlichen Vergleichs
mündlich für. Ich befand auch, daß ich in meinen Vertrauen zu ihm nicht geirret
hatte, indem er seine Geneigheit mir in diesen Christlichen Vorhaben zu dienen
nicht alleine deutlich zu verstehen gab, sondern mir auch vieles entdeckte, was
künfftig, wenn ja über Verhoffen die Güte fruchtloß abgehen solte, zu meiner
defension dienen würde. Er nahm auch über sich, mit meinen Haupt-Adversariis zu
reden, und mißfiel ihm nicht, daß ich in antecessum einen Auffsatz meines
Vorschlags verfertigen wolte, welchen er so dann bey dem ersten Convent des
Ministerii zu übergeben gesonnen wäre. Dannenhero setzte ich in Monat Junio mit
guten Bedacht einen zwar etwas weitläufftigen, aber nach denen damahligen
Umständen nicht wohl kürtzer zu fassenden Vorschlag zur Güte auf, wie
nachfolgender §. denselben von Wort zu Wort vorstellen wird.
§. LIIX. P. P. Wiewohl ein ehrwürdiges Ministerium allhier(Vorbedingungen wegen des vorgeschlagenen
Vergleichs.) 1) ohne alle vorhergegangene sowohl in Gottes Wort
verordnete, als in der Christlichen ersten Kirchen übliche gradus admonitionis
mich D. Thomasium in einer von ihnen 2) viritim unterschriebenen Klage 3) bey
Churfürstlicher Durchlauchtigkeit 4) vieler horrendorum criminum, als profanität
in der Religion, Verachtung meiner Praeceptorum und des H. Ministerii,
Verfertigung vieler Schmäh Schrifften und schimpflichen Bilder, Lästerung meines
Beicht-Vaters, Abstehlung der Absolution, Verachtung Gottes u. s. w.
angeschuldiget, und dabey 5) die intention gehabt, mich in eine schwere
inquisition, und folgbar in ein grosses Unglück, nehmlich laut ihrer Worte, in
die Ausrottung aus der Christlichen Gemeine zu bringen, welches ihnen aber 6)
fehl geschlagen, immassen S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit die inquisition nicht
verordnet, sondern mir den Weg gemeiner Rechte eröffnet, und es also solcher
gestalt 7) nothwendig dahin gedeyen muß, daß E Ehrwürdigen Ministerio der Beweiß
auferleget werden wird, zudem sich aber wenig Mittel finden dürfften, zumahlen
da 8) ihnen selbsten insgesamt am besten bewust seyn wird, mit was für Grunde
sie in ihrer Klage setzen, daß sie, ehe ich mich (ihren Vorgeben nach) an meinen
Beicht-Vater vergriffen, gesonnen gewesen wären, mir durch selbigen meine
schwere Sünd zu Gemüthe führen zu lassen; und ich dannenhero solchergestalt,
wenn ich mich nach politischen Absichten richten wollte, wenig Ursach finden
würde, die mich zu einen Vergleich bewegen könnten. So habe ich doch in Ansehen
meines Christenthums, das mich nicht gleiches mit gleichen zu vergelten lehret,
anderen Gedancken Raum gegeben, nicht alleine mich
|| [120]
zu
einem gütlichen Vergleich berenwillig finden zu lassen, sondern auch, damit ich
als der beleydigte Theil, wieder E. Ehrwürdiges Ministerium meines Orts die
gradus admonitionis in acht nähme, ihnen selbst denselbigen anzutragen, und
raisonnable wie auch Christliche Mittel vorzuschlagen, des Vertrauens lebende,
es werde ein Ehrwürdiges Ministerium meine gut gemeynte und Christliche
intention hieraus erkennen, und nicht etwann sich das praejudicium einnehmen
lassen, als brächte mich einig Mißtrauen in die Gerechtigkeit meiner Sache zu
diesen Vorschlägen, vielweniger aber die in diesen Vergleich enthaltene Worte
also auslegen, ob hätte ich dieselbige einen oder den andern zu touchiren
vorgebracht, massen ich mich dann beflissen, alle Affecten, so viel menschliche
Schwachheit zuläst, beyseit zu setzen, und meine Vorschläge bloß nach der Sachen
wahren Beschaffenheit einzurichten.
(Eintheilung desselbigen in 4. unterschiedene Classen.)
Ob nun aber wohl die bey S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit wieder mich eingegebene
Klage ihrer neune unterschrieben, und dannenhero so viel diese Unterschrifft
betrifft, sie insgesamt gleiches Grades zu seyn scheinen, so muß ich doch wegen
desjenigen, so vor dieser Unterschrifft vorhergegangen, und nach der Zeit darauf
erfolget, dieselben in vier unterschiedene Classen ordnen, und meine Vorschläge,
nach Unterscheid derselben, auf viererley Arten vortragen.
(Was bey der ersten Classe voraus zu setzen / wegen fünff
vornehmer und dem Autori sonst nicht ungewogener Herren
Ministerialen.)
Und zwar, so viel zum ersten Herrn D. Lehmannen, Herrn Lic. Ittigen, Herrn Lic.
Rivinum, Herrn Lic. Seligmannen und Herrn M. Horn betrifft, so glaube ich 1) daß
itztgemeldte fünff Herrn des Ministerii so wenig für ihre eigene Personen in
particulari wieder mich, als ich meines Orts 2) wieder sie ausser dieser
unterschriebenen Klage etwas zu praetendiren haben. Ich glaube auch noch zur
Zeit 3) daß besagte fünff Herren die in dem Klag Libell wieder mich
ausgestossenen falschen und harten Beschuldigungen mehr aus persuasion ihrer
anderen Collegen, als aus bösen Vorsatz unterzeichnet haben; ich glaube 4) daß
sie die hernach ad acta übergebenen so genannten Erleuterungs-Punckte, die in
der That nichts anders, als ein formaler libellus famosus sind, entweder nicht
gelesen, oder doch zum wenigsten nicht approbiret haben, oder noch approbiren;
Ich glaube 5) daß sie nunmehro das mir hierdurch zugefügte Unrecht deutlich
erkennen, ich glaube 6) daß sie, so viel das gesamte Ministerium betrifft,
nichts an mir zu praetendiren haben, als daß ihnen dasjenige, was ich im
Januario dieses Jahres von der Religione eruditorum gesetzet, und dabey von dem
Joch der Clerisey gemeldet, odiös vorgebracht, und auf eine verdächtige Weise
|| [121]
von andern ausgeleget worden; ich glaube 7 daß
diese ihre praetension und Anspruch durch die Erklährung, die ich dieserwegen
unlängst gegen den Herrn Superintendenten gethan, und mich zu derselben
nochmahlen bekenne, gäntzlich abgethan und erloschen sey, Gleichwie ich
dannenhero(Vorschlag einer aufrichtigen Amnestie.) bey dieser Bewandnüß willig und
bereit bin, die mir durch ihre Unterschrifft erwiesene Schmach von gantzen
Hertzen zu vergessen, auch fernerweit ihnen mit gebührender Ehrerbietung zu
begegnen; also vermeynte ich, daß so wohl der ihnen gehörige respect und mein
ehrlicher Nahme erhalten werden könte, wenn zwischen uns eine Christliche und
rechtschaffene amnestie aufgerichtet, und von beyderseits Partheyen
unterzeichnet würde. Und ob ich gleich nicht der Meynung bin, ihnen deßfalls
etwas fürzuschreiben, sondern gar wohl kan geschehen lassen, daß von ihrer Seite
ein Concept des Vergleichs entworffen wird; so habe doch, um das conferiren
nicht langweilig zn machen, ihnen zugleich meine wenige Meynung eröffnen wollen,
daß ich für dienlich hielte, wenn der Vergleich ohngefehr auf folgende Art
eingerichtet würde. Daß(Ohnmaßgeblicher schrifftlicher
Entwurff derselben.) bißhero zwischen E. Ehrwürdigen Ministerio und
mir dahero Irrungen entstanden, weil dem Ministerio etliche Redens Arten in
meinen Schrifften verdächtig vorgekommen, weswegen es auch die Sache bey S.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit denunciret. Weil aber hieraus eine für beyderseits
Partheyen verdrießliche Weitläufftigkeit zu entstehen geschienen, indem ich
diese denunciation für eine unerweißliche injurie aufgenommen, auch darneben des
wieder mich entstandenen Verdachts wegen gnugsame Erklärung gethan; als hätten
obbesagte fünff Herren des Ministerii und ich einander hierüber vernommen, und
aus Christlicher guter intention uns in der Furcht des Herren mit einander
folgender gestalt verglichen: daß 1) wir auf beyden Theilen uns aller dieser
vorgegangenen Sache wegen vermeyntlichen An und Zusprüchen wieder einander
wohlbedächtig und ohne Argelist begeben, 2) alles, was bißher vorgegangen, auff
beyden Theilen vergessen, und aus Christlichen Gemüthe vergeben seyn solte, 3)
daß, wie ich künfftig denen Herren des Ministerii mit gebührenden respect
jederzeit zu begegnen, und ihr heiliges Amt in Ehren zu halten versprochen; also
auch sie mit mir hinwiederum, als Priestern mit einen Gliedmaß der Kirchen und
geistlichen Sohne gebühret, umgehen, mich nach Gelegenheit der Umstände
gebührend straffen, ermahnen, warnen, lehren und trösten, absonderlich aber im
Fall, eines bey mir sich ereignenden Fehlers die gradus admonitionis gegen mich
in acht nehmen wollten, 4) daß gleichwie Vermöge des ersten Punckts
|| [122]
derer Herren des Ministerii ihre wieder mich
unterschriebene den unciation ohnedem wegfiele, also sie auch gar wohl geschehen
lassen könnten, daß bey dem hochlöblichen Ober-Consistorio zu Dreßden zu meiner
Nothdurfft ich diesen zwischen uns getroffenen Vergleich insinuiren dürffte,
massen dann zu dem Ende mir zwey Originalia des Vergleichs ausgeantwortet
worden: u. s. w.
(Gegründete Klagen über zwey Herren Ministeriales in der andern Classe.)
Die andere Classe betreffende, so lebe ich der beständigen Hoffnung, es werde
Herr M. D. und Herr M. W. mir mit Bestande der Wahrheit, oder mit der geringsten
Wahrscheinlichkeit nicht nachsagen können, daß sie in Person von mir weder mit
Worten noch mit Wercken in geringsten touchiret worden. Denn obgleich, wie ich
vernehme, Herr M. D. dasjenige, was ich in meinen Gesprächen einsmahlen von
einen Bettel Voigte discuriret, auf sich ziehen, auch aus dem dabey im Kupffer
gestochenen Aercker mit aller Gewalt eine Cantzel machen will, so wird er doch
dieses falsche Fürgeben nicht mit der geringsten Wahrscheinlichkeit demonstriren
können, ja ich habe das Vertrauen, es werden die fünff obbeniemte Herren des
Ministerii selbst erkennen, (wenn ihnen Herr M. D. die fundamenta seiner
conjectur aus meinen Schrifften etwan erweisen wollte) daß seine explication
nicht anders, als bey denen Haaren hergezogen sey, und kan ich meines Orts
keinen andern Grund dieser Beschuldigung, als sein böses Gewissen, muthmassen,
weil ihm wohl bewust, auch Stadtkündig ist, daß er für dem Jahr, kurtz vor der
Zeit, als ich das Gespräche, das er auf sich ziehet, geschrieben, zu zweyen
unterschiedenen mahlen meine Schrifften auf der Cantzel gantz deutlich
beschrieben, und dieselben als Sünden wieder das achte Geboth angegeben.
Gleichwie er dannenhero hierdurch wieder sein heiliges Amt mich schon damahls
gröblich injuriret, also hätte er billig, daß ich diese mir zugefügte
Beschimpffung verdauet, zu frieden seyn, und nicht von neuen durch die
Unterschrifft der denunciation sich an mich reiben sollen, Herr M W. aber hätte
die vielleicht wegen einer alten controvers, die ich mit seiner Familie gehabt,
an ihm noch vorhandene Rachbegierde durch die nahe Schwägerschafft, so zwischen
uns ist, austilgen, oder doch zum wenigsten dieselbe so viel gelten lassen
sollen, sich bey seinen Herren Collegen dieserwegen zu entschuldigen, zumahlen
ich vernehme, daß man ihn sonsten bey denen Conventibus Ministerii in
dergleichen Fällen, so wenig als den Pastorem Lazarethanum mit zu consuliren
pfleget. Ob nun wohl hieraus so viel erhellet, daß ich mit guten Fug mich wegern
könnte, diese beyden Herren des Ministerii, als die sich
|| [123]
für andern zu mir genöthiget, ex lite zu lassen, so habe ich doch
in Gegentheil erwogen, daß Herr M. W. als ein noch sehr junger Mann mehr ex
imprudentia, als ex malitia sich vielleicht hierinnen verstossen, und daß ich
billig die zwischen uns schwebende nahe Schwägerschafft, umihn hierinnen mit
einem guten Exempel fürzugehen, in höherer Obacht als er halten müsse; so viel
aber Herrn M. D. betrifft, habe ich erwogen, daß die von ihm durch Predigten
oder anderwärtig wir zugedachte Beschimpffungen mir bey verständigen Leuten
wenig Schaden zu fügen werden, indem jedermann bekannt, daß er seinen affecten
durchgehends den Zügel schiesen lassen, und es seinen Collegen, Herrn Lic. S.
als dieser über ihn gesetzet worden, so wohl auch E. E. Rath dieser Stadt, als
sie ihm nach seinen Gefallen mit zeitlicher Ehre und Beförderung nicht unter die
Arme greiffen wollen, in gar vielen Predigten mit grossen Aergernüß der Gemeine
nicht besser, als mir gemachet, auch noch auf diese Stunde erwehnten Herrn S.
unerachtet ihn derselbe jederzeit mit geziemender Freundschafft begegnet, gar
eine kaltsinnige Christliche Liebe bezeige. Wannenhero(Vorschlag alles ihnen zu vergeben und zu vergessen.) ich hiermit
contestirt, daß ich ihnen beyden, Herrn M. D. und Herrn M. W. die mir zugefügte
Beleidigung aus Christlichen Gemüthe von Hertzen verzeihe und vergebe, auch
bereit bin, ihnen mit allen Liebes-Diensten, da sie deren von mir benöthiget
seyn solten, an die Hand zu gehen. Ja es hat sich Herr M. D. zu versichern, daß
wenn er gleich künfftig ferner in denen Predigten mich anzwacken solte, daß
ich meines Orts, und wenn E. Ehrwürdig Ministerium nicht ex officio dawieder
einsebeu will, mich niemahls darüber moviren, sondern solches aus obangeführteu
Ursachen allezeit als Sachen, so infra iram sind, betrachten werde
Was drittens meinen bißhero gewesenen Beicht-Vater Herrn D.(Bey der dritten Classe vielerley Beschwerungen über den
gewesenen Herrn Beicht-Vater. 1) Wegen) I. B. C. betrifft, wolle ich
wünschen, daß ich nicht genöthiget würde, meine vielfältige Beschwerungen
wieder ihn deutlich zu eröffnen. Nachdem aber mich jetzo die hohe Noth darzu
dringet, und ich ohne dieselbe zu einen rechtschaffenen Vergleich nicht gelangen
kan; als wird E. Ehrwürdiges Ministerium auch solches andrer Gestalt nicht
aufnehmen. Der Ursprung ist von meiner Heyrath anzurechnen. Indem er, als eine
Schertz Schrifft damahlen auf meine Hochzeit an statt einer so genannten
Braut-Suppe gedruckt worden, welche ein Studiosus verfertiget, und ein wohl
bekandter Mann in dieser Stadt sich dadurch touchiret zu seyn gemeynet, dabey
aber durch etliche Herr D. C. angehende Weibs-Personen daß Geschrey ausgebracht
worden, als ob ich selbst
|| [124]
(iner chertzhafen Schrift und dabey bezeigten illegalen Aufführung.) Autor von dieser
Braut-Suppe wäre, nicht allein eine schwere Inquisition wieder ermeldeten
Studiosum (als damahliger Rector Magnificus) contra jura zu formiren angefangen,
sondern auch mich in dieselbige zu ziehen sich äussersten Fleisses angelegen
seyn lassen, die Sache mit allen circumstantiis personalibus auf die Cantzel
gebracht, und mich aus Ubereilung, dem Teuffel übergeben, auch fernerweit, als
er besagten Studiosum contra jura incarceriret, und derselbe durch meine Hülffe
sich der Incarceration befreyet, ex impotentia animi von seinem Stuhle
aufgesprungen, und mich zu zweyen mahlen mit hefftigen Worten einer
Leichtfertigkeit beschuldiget, auch dem Actuario, den ich solches zu registriren
vermahnet, sein Amt dißfalls zu verrichten verbothen, und noch über dieses
hernach bey dem Concilio Professorio, als ob ich respectum Rectori debitum
prostituiret hätte, mich verklagen wollen. Nachdem aber mein Seel. Vater Zeit
währenden Concilii mir davon Erwehnung gethan, ich auch alsobald mit ihn gehen,
und zugleich bey dem Concilio Professorio meine Beschwerung wieder Hr. D. C.
einbringen wollen, habe ich doch endlich auf meines Seel. Vaters interposition
mich überwunden, und ihn Herr D. C. antragen lassen, daß wenn die Sache per
modum amnestie gehoben werden könte, ich den morgenden Tag darauf zu ihn kommen,
und wir beyde dißfalls unsere Erklärungen gegen einander thun wollten, wie mir
dann auch (Und hartnäckigter
Unversöhnlichkeit.) durch meinen Seel. Vater die Antwort zurücke gebracht
worden, daß Herr D. C. solches acceptiret habe. Als ich aber meinen Versprechen
nachgekommen, habe ich mit Bestürtzung vernehmen müssen, daß Herr- D. C. der
genommenen Abrede zu wieder mir nicht alleine in faciem, daß ich Autor von der
Braut Suppe wäre, Schuld gegeben, sondern auch nöthigen wollen, daß ich der
dadurch beleidigten Person Satisfaction geben sollte, und meiner Declaration und
Remonstration (bey der ich mich aller ersinnlichen Worte, die ein Beicht-Kind
gegen seinen Beicht-Vater brauchen kan und soll, bedienet ohnerachtet, nicht
dahin zu bewegen gewesen, daß er sich auf Christliche und einen Theologo
geziemende Art, mit mir verglichen hätte, sondern seine unversöhnlichkeit nicht
allein damahls dadurch bezeiget, daß er ohne categorische Antwort auf mein
Bitten, mich mit der grösten Kaltsinnigkeit dimittiret, sondern kurtz darauf,
nachdem ermeldeter Studiosus sich zu der Braut-Suppe bekennet, auch dadurch zu
erkennen gegeben, daß er durch allethand unrechtmäßige Fragen ihn verleiten
wollen, auf mich zu bekennen, auch hernach, ohnerachtet der Studiosus nichts
wieder
|| [125]
mich ausgesaget, dennoch seinem Successori
Herr Licentiat Fellern, inter expedienda, daß wieder mich erwehnter Ursache
halber inquiriret werden möchte, übergeben. Ob mich nun gleich diese seine
Unversöhnlichkeit, wie leicht zu gedencken, sehr gekräncket und geärgert; so
habe ich mich doch meines Orts allezeit in Gedult gefast, ihn den gehörigen(2) Wegen feindlicher Hinderung und calumnirung der Institutionum Jurisprudentiae
divinae.) Respect erzeiget, und ihn dadurch zu gewinnen
gemeynet. Es hat aber auch dieses nicht fruchten wollen, sondern es hat Herr D.
C. für etlichen Jahren als ich meine Institutiones Jurisprudentiae divinae
heraus gegeben, mich mit dem Herrn Ordinario Facultatis Juridicae, der mir
allbereit etliche Bogen davon censiret, zu collidiren gesucht, auch nachdem ich
genöthiget worden, das Buch zu Halle vollend drücken zu lassen, bey der
Theologischen Facultät, sich für andern angelegen seyn lassen, daß dieselbe nach
Hoffe suppliciren und um confiscation meines Buchs, als worinnen ärgerliche
Lehren enthalten wären, anhalten solte, und speciminis loco angegeben, ich
verwürffe die bekandte divisionem legis in moralem, cercmonialem &
forensem, auch hin und wieder mich mit folgender Schmähung beleget, ich wolte
Institutiones Juris divini schreihen, und sähe doch lieber, daß alle Gebote
Gottes aus der Bibel herausgerissen wären, massen ich dann wieder das vierdte
Geboth von meinem Seel. Vater zum offtern dissentirte, und scabiose von seinem
Meynungen redete u. s. w. Ja dieses ist ihm noch nicht genug gewesen, sondern
als für ein paar Jahren der Herr Pufendorff den so genannten invenustum pullum
Veneris Lipsiae ediret, und er Herr Carpzov hernach auf der Cantzel diese
Schrifft als eine scurrilische Schrifft und libellum fomosum durchgezogen, hat
er(Nebst grober Schmähung des Autoris auf der Cantzel. 3) wegen gleichmässiger injurien / die auch andre vornehme) mich auch
eingemischet, indem er ohngefehr mit folgenden Worten fort gefahren: es wolten
viel Neulinge in jure divino & naturali scrupuliren und machten viel
rotomantaden, da sie doch nichts davon verstünden, sondern rechte tumme, tumme
Esel wären, welche Worte er cum summa emphasi ausgesprochen, daß ja jedermann
penetiren möchte, daß er hiemit aus mir an statt eines Thomasii einen tummen
asinum machen wolte. Als ich für ungefehr einen halben Jahre bey ihn gewesen,
und wegen einer hohen Person etwas bey ihn zu verrichten gehabt, hat er hernach
gegen andere nicht hönisch genug von mir zu reden gewust, und wegen meiner
Kleidung halber mich einen Obrist Lieutenant genennet, und endlich, als in
verwichenen Winter ich in einer vornehmen, ehrlichen und ehrbahrn Compagnie mit
auf den Schlitten über Land gefahren, und daselbst uns einer zuläßlichen Lust
bedienet,
|| [126]
(Leute tou chiret.) auch
kein ärgerlicher Excess dabey fürgegangen, hat er alsobald darauf in einer
Leich-Predigt, mit Beschimpffung seines heil. Amts ohne alle gegebene Ursache
diese unsre zulaßliche Lust, auf die Cantzel gebracht, fürnehmlich Herrn
Bürgemeister St. dem er doch aus vielfältigen Ursachen Respect und Ehrerbietung
schuldig, recht ärgerlich für dem gemeinen Volck als einen alten Narren
prostituiret, auch die übrige gantze Gesellschafft und folgbar auch mich, als
Narren, die sich mit Schellen behiengen, (4) Wegen
gantz unvernünfftiger applicirung dessen / was in
Januario von Chrestophilo gedacht wird / auf sich selbst) wieder alle
göttliche und weltliche Rechte, gescholten. Wiewohl nun dieses alles, so jetzo
angeführet, mich vielleicht würde entschuldigen können, wenn ich aus
menschlicher Schwachheit bey so vielfältigen Zunöthigungen, auch wieder einen
Excess begangen hätte, so kan ich doch wohl sagen, daß ich von Hertzen
erschrocken bin, als ich vernommen, daß Herr D. Carpzov, was ich in Januario
meiner teutschen Gespräche von Chrestophilo gemeldet, auf sich zöge, auch (weiln
ich keiner Schlittenfahrt erwehne, und in übrigen in meiner Erzehlung viel
andere Umstände mit seyn, die sich auf seine ärgerliche Predigt gantz nicht
appliciren lassen) keinen andern Grund dieser application gegen andere erwehnet,
als daß die Beschreibung des Chrestophili ihme gleich käme, denn er pflegte alle
Leichen-Predigten anzunehmen, und thäte freylich dadurch seiner Gesundheit
Schaden, er thäte aber dieses seinen Collegen zu weisen, daß es nicht nach ihren
Köpffen gehen müste u. s. w. Ich läugne nicht, ich habe dieses anfangs nicht
anders als eine grosse Ubereilung angenommen, und gemeynet, Herr D. Carpzov
würde sich bald eines bessern besinnen. Denn entweder das im Januario
befindliche portrait des Chrestophili ist ihm ähnlich oder nicht. Wenn dieses
ist, warum und aus was für fundament nimmt er sich denn desselbigen an? Ist es
ihm aber ähnlich, so dächte ich, Herr D. Carpzov thäte besser, daß er gantz
heimlich sich besserte, als daß er durch dessen applicirung auf sich, sich für
der gantzen ehrbahrn Welt prostituirete, in Ansehen die Beschreibung (Und deßhalb Wieder den Autorem
erregten und contituirten gegenwärti-) des
Chrestophili einen formalen Atheisten abbildet, der nicht einer, sondern hundert
Inquisitionen schuldig ist. Wie dem allen aber, so hat dennoch Herr C. bloß
wegen dieser Beschreibung des Chrestophili alle gegenwärtige Uneinigkeit
angefangen, und von der Zeit an seine unversöhnliche Rachgier in vielen
Gelegenheiten blicken lassen, indem er 1) die von dem Ministerio unterschriebene
hatte und höchstanzügliche Denunciation entweder selbst concipiret, oder doch
concipiren lassen, 2) in dieselbige noch viel härtere terminos gesetzet, als
jetzo darinnen befunden werden, 3) folgends auf der Cantzel theils mich, als ob
ich ihm
|| [127]
die Absolution abgestohlen hätte, für dem
Volck nicht undeutlich beschuldiget,(gen Unfugs / von
welchen zwölff sonderbahre / Umstände angeführet werden.) theils aber
4) in einer andern Predigt, als er das Lied: Herr JEsu Christ ich schrey zu dir,
erkläret, und das Volck allbereit durch seine diffamation wieder mich
praeoccupiret gewesen, durch vieles seuffzen, schluchzen und weinen, daß mancher
eine heimliche Noth auf den Hertzen hätte, die er nicht sagen dürffte, das Volck
noch mehr wieder mich aufzufrischen getrachtet, da doch 5) ihn damahls eine
gantz andere Noth auf dem Hertzen gelegen, die mir von Anfang (Herr D. C. wird
schon wissen, was ich meyne) biß auf die gegenwärtige Stunde, mit allen
Umständen, nebenst denen consiliis, die dabey vorgegangen, und noch vorgehen, so
wohl auch denen modis exequendi gantz ausführlich und deutlich, und also besser,
als es Herrn D. C. lieb seyn wird, bekannt ist, ich aber dieselbige von Hertzen
gerne, wenn er nur selbsten mich nicht ad extrema poussiret, in ewigen
Stillschweigen vergraben werde. So hat er auch ferner, als ich wegen D. P.
Collegii Anti-Atheistici bey dem Concilio Professorio eingekommen, nicht alleine
6) in der Donnerstags-Nacht für Quasimodogeniti sich (mit grosser Aergernüß
vieler Leute, die dafür gehalten, es wären Diebe in der Kirchen) in der Thomas
Kirche bey brennenden Licht mit D. P. beredet, wie sie mir Schaden thun möchten
auch die darauf im Nahmen der Theologischen Facultät verfertigte falsche
denunciation 7) entweder selbst concipiret, oder doch concipiren helffen, auch
8) nachdem D. P. mich per calumniam Atheismi beschuldiget, ohnlängst in einer
Predigt, da er das Lied: Es spricht der Unweisen Mund wohl etc. erkläret, (das
er ohnedem ziemlich bey den Haaren auf das Evangelium gezogen) vieler
anzüglichen Worte sich gebrauchet, die die Zuhörer insgesamt auf mich
appliciret; ausser was er 9) nachdem ich ohnlängst ein Collegium über meine
Institutiones divinas angeschlagen, mit Thaten, Worten und Hand Brieffen zu
meinen Schaden wieder Recht und Billigkeit vorgenommen; massen ich dann auch 10)
nicht erwehnen will, daß er bey allen diesen Begünstigungen sich bey jedermann
weiß zu brennen gesucht, und vorgegeben, er hätte gantz nichts wieder mich,
würde auch nimmermehr bey Churfürstl. Durchlauchtigkeit sich über mich
beschwehret haben, wenn nicht der Herr Superintendens, der an allen diesen
Dingen Ursache wäre, ihm dazu auffgefrischet; so will ich auch 11) davon nichts
sagen, daß er mich bey vielen Leuten diffamiret, als wenn ich ein instrumentum
calumniae alienae wäre, und das, was ich im Januario geschrieben, auf
Anstifftung anderer Leute absonderlich aber Herrn Bur
|| [128]
gemeister St. gethan hätte, zu welchen Ende er dann auch 12) für
weniger Zeit diesen vornehmen Mann abermahls in einer Predigt unter einer
Historie von einen Burgemeister von Güterbock, so viel an ihm gewesen, (Etliche Ursachen die den Autorem
von Vorschlag des Vergleichs billig abhalten solten.) schimpflich
durchzuziehen sich nicht entblödet. Ob aber nun gleich dieses alles entweder
facta notoria sind, oder doch zum wenigsten von mir durch gegründete Mittel
sattsam bescheiniget werden können, so sehe ich doch gar leicht zuvor, daß Herr
D. C. seinen Gebrauch nach die meisten Umstände darunter gäntzlich verneinene,
oder sich wohl gar dieserhalben zu einen Eyd offeriren solte; jedoch wird er
sich auch verhoffentlich bescheiden, daß diese seine Manier schon allzu bekannt
sey, und also wenig Leute dadurch wieder mich eingenommen werden möchten, massen
dann die Predigt wegen der Pragischen Reise, und was einsmahls wegen D. D.
passiret, denen Leuten die Augen sehr aufgethan, des Trauer-Carminis auf D.
Strauchen zu geschweigen. Wannenhero bey dieser Bewandniß ich ja billig anstehen
solte, von Vergleich mit Herrn D. C. etwas zu reden, zumahl ich mir ohnschwer
einbilden kan, es werde Herr D. C. meine Vorschläge entweder als wenn sie ex
diffidentia causae herrühreten, oder doch sonst verächtlich annehmen. Nichts
desto weniger will ich in blossen regard, daß er bißher mein Beicht-Vater
gewesen, wenn er einen rechtschaffenen und Christlichen Vergleich einzugehen
(Viererley Christliche und vernünfftige Vorschläge
zu demselben.) gesonnen, ihm folgende vernünfftige Vorschläge thun, 1)
daß ein schrifftlicher Vergleich ohngefehr folgenden Inhalts aufgesetzet werde;
daß Zeit hero zwischen Herrn D. C. und D. Thomasen wegen vielfältiger Ursachen
Irrungen entstanden, welche beyderseits zu vielen Verrdrießlichkeiten und
Weitläufftigkeiten auszuschlagen geschienen; weßwegen beyde Partheyen durch
interposition guter Freunde sich dahin verglichen, daß so viel das vergangene
betrifft, unter ihnen beyden eine Christliche und vollkommene amnestie
aufgerichtet seyn sollte, dergestalt, daß sie einander zu beyden Theilen wegen
des, was der andre sich zu leide geschehen zu seyn beklaget, um Verzeihung
bäten, auch beyderseits einander dasselbige von gantzen Hertzen vergäben, und
von dato an alles vergessen und abgethan seyn sollte; absonderlich aber
renuncirte Herr D. C. der bey Churfürstl. Durchlauchtigkeit wieder D. Thomasen
unterschriebenen denunciation, D. Thomas aber begäbe sich aller wieder Herrn D.
C. deßhalber gehabten An und Zusprüche: inskünfftige aber hätten beyde Partheyen
einander alle Christliche Liebe und aufrichtige Freundschafft, und D. Thomas an
seinem Ort Herrn D. C. allen ihn gebührenden respect nnd Ehrerbietung zu
erweisen versprochen u s. w.
|| [129]
2) daß dieser Vergleich
nicht allein von uns beyden, sondern auch auff jeder Seite von zwev Zeugen
unterschrieben werde. 3) Daß nach vollzogenen Vergleich beyde Partheyen bey den
Herrn Superintendenten zusammen kommen, beyderseits gegen einander mündlich ihre
gute affection contestiren, hierauff D. Thomas Herrn D. C. ersuche, daß er
künfftig nicht übel nehmen wolle, wenn er sich eines andern Beicht-Vaters
bedienen werde, massen er solches nicht ex rancore animi, sondern aus andern
wichtigen und sein Gewissen betreffenden Ursachen zu thun genöthiget werde, Herr
D. C. hingegen dem Herrn Superintendenten bezeige, daß er D. Thomasen mit guten
Willen von Beicht-Stuhle lasse, dieserwegen keinen Groll gegen ihn hege, auch
gar wohl geschehen lassen könne, daß der Herr Superintendens demjenigen, den D.
Thomas zu seinen Beicht-Vater erkiesen würde, dieser seiner Erklärung halber
Versicherung thue. 4) Daß Herr D. C. ebenmäßig mit Herr Burgemeister St. (weil
doch dieser in der letzten Predigt von dem Burgemeister von Gütterbock
meinethalben unschuldig leiden müssen) einen Christlichen und raisonnablen
Vergleich treffe. Ich gebe dem Ehrwürdigen Ministerio selbsten zu erkennen, ob
diese vorgeschlagene Puncta Herrn D. C. schimpfflich seyn, und ob bey so
gestalten Sachen man mir andere Vorschläge ohne meine gröste Beschimpffung
zumuthen könne. Da(Und Erinnerung an das Ministerium, Herrn D. C.
zuzureden.) aber ja über Verhoffen Herr D. C. diese meine Vorschläge
nicht annehmen, und sich mit mir in der Güte vergleichen wollte; ersuche ich die
übrigen Herren des Ministerii, und erinnere sie wohlmeynend ihres Amts, daß sie
so dann Herrn D. C. gebührend zureden, und ihm alles dasjenige, was zum Frieden
dienet, vorstellen, absonderlich aber zu erwegen geben wollen, daß bey diesen
Vergleich mein interesse das wenigste sey, sondern vielmehr bey Entstehung der
Güte nicht allein er selbst, sondern auch durch ihn das gantze Ehrwürdige
Ministerium Gefahr leiden könne.
Zum vierdten und letzten ist Herr D. P. noch übrig. Ich wolte wünschen,(Bey der vierten Classe wegen Herrn D. P.) daß mit diesen so wohl als mit denen andern res
integra wäre, und ich mit ihm auf die Art, wie mit denen übrigen Herren aus
einander gesetzet werden könnte. Aber ich gebe seinen sämtlichen Herren Collegen
zu erwegen, daß sich bey so vielen unziemenden und unchristlichen
Begünstigungen, die er wieder mich begangen und noch täglich damit continuiret,
es sich so nicht thun lasse. Ich will nur unter vielen unzehligen(Kurtze Specification von)
jetzo die gröbsten anführen, 1) hat er seinen heiligen Amt zuwieder für dem Jahr
in denen Pfingst-Feyertagen mein damahls ohnlängst
|| [130]
(dessen vielen groben und unverschämten
Schmähungen.) herausgegebenes Programma auff der Cantzel mit ärgerlichen
Worten wiederleget, oder vielmehr geschmähet. 2) Hat er ohne alle gegebene
Ursache bald darauf auff einer Gasterey bey Herrn D. Friesen bey nahe eine
gantze Stunde auff mich nahmentlich gelästert, und mich als den ärgsten
Schurcken ausgemachet, da beneben aber mit schandbahren Narrentheydungen und
Mißbrauch Göttliches Worts die gantze Compagnie geärgert, daß auch Herr Lic.
Mencke nnd Herr Lic. Feller sich höchlich drüber geärgert, und bey nahe vom
Tische aufstehen wollen. 3) Hat er in Nahmen des Ehrwürdigen Ministerii, wiewohl
ohne Vorbewust und Genehmhaltung der meisten eine rechte Schand-Schrifft und
famos libell verfertiget so auch hernach ad acta gegeben worden) in welcher
nichts als Lügen und unerhörte peinliche jedoch unerweißliche Anschuldigungen
enthalten sind. 4) Ist er damit nicht vergnüget gewesen, sondern hat noch über
dieses, das, wessen er mich in besagten libello famoso nahmentlich beschuldiget,
in seinen hernach gedruckten Programmate zum Collegio Anti-atheistico, wiewohl
ohne meine Benennung, wiederholet, und mich also als einen Atheisten
ausgeschrien. 5) Die hernachmahls, als ich zu meiner defension ohnlängst ein
Collegium angeschlagen, wieder mich bey Churfürstl. Durchlauchtigkeit
angebrachte Verleumdungen, und die tägliche Schmähungen, damit er mich seit dem
in seinen Predigten und Collegiis beleget, indem er mich, wenn er am
höfflichsten seyn will, einen Narren in folio heisset, der bey herannahenden
Hunds-Tagen schwermen werde, mit dem Jsmuel, einen Marckschreyer u. s. w.
vergleichet, will ich nicht einmahl erwehnen / weil (Und warumb kein vernunfftiger Vergleich von ihn zuhoffen / ein anderer aber
dem Geschmäheten nicht zuzumuthen.) sie meinen Hochgeehrten Herren
selbst besser als mir bekandt sind. Ich glaube dannenhero, daß bey dieser
Beschaffenheit niemand mir werde zumuthen können, daß ich auf andere Weise mit
ihm Friede zu machen gehalten sey, als wenn er 1) mir wegen dieser vielen
Begünstigungen eine schrifftliche Abbitte thue, 2) genugsam cautionem de non
amplius laedendo praestire, 3) auch bey einer nahmhafften Straffe angelobe, daß
er künfftig in seinem Predigten sich Christlich und bescheidentlich gegen mich
halten wolle. Weil aber dieses alles seine Verstockheit und Hartnäckigkeit von
ihm nicht hoffen läst; als werden meine Hochgeehrten Herren mir nicht verüblen,
wenn ich der an mir verübten vielfältigen Boßheiten wegen meine Satisfaction
durch anderwärtige gerechte, Christliche und zulängliche Mittel suche. Da aber
ja über Verhoffen jemand, wer es auch sey, andere Vergleichungs-Mittel mit Herr
Pfeiffern mir vorschlagen würde, die ich bey Erhaltung meines ehrlichen
Nah
|| [131]
mens eingehen könte, soll derselbe
allezeit bey mir geneigtes und williges Gehör finden etc.
§. LIX. Es sind zwar einige Dinge in vorhergehenden Vorschlag(Eine notable Geschichte /
daraus Herrn D. C. genius deutlich zu
erkennen.) zum Vertrag enthalten, die wohl eine deutlichere Erklährung
brauchten, aber das gegenwärtige Vorhaben leidet es nicht, sich länger dabey
aufzuhalten. Sonderlich ist etwas dunckel, was ich bey Erzehlung der Ursachen,
die mich von Vorschlag des Vergleichs mit Herrn D. C. billich abhalten solten
oben p. 128. von der Pragischen Reiseingleichen was ehemahls wegen D. D.
passiret, und von dem Trauer-Car mine auf D. Strauchen erwehnet. Nachdem ich
mich aber über itzt angeführte Entschuldigung, auch der andern beyden Umbstände
anitzo nur etwas confus noch erinnere; als wird itzo genung seyn, wenn ich
speciminis loco, dar zu thun, daß von mir daselbst nichts falsches vorgebracht
worden, nur dasjenige was mit D. D. passiret, erwehne. Es hatte nehmlig zu
selbiger Zeit ein sonst wohlhabender Kauffman ohnvermuthet falliret. Wie nun
derselbe Herrn D. C. recht gegen über wohnte, und dieser also von dessen
Haußhaltung gar wohl etwas genau informiret seyn konte; auch ohne dem nicht zu
leugnen ist, daß in Handels-Städten der luxus und übermäßige Pracht grösten
theils von der Kauffmanschafft herrühret; also thate Herr D. C. gar löblich, daß
er bey dieser Gelegenheit auff der Cantzel von dieser Pracht gebührende
Erinnerung thate, und dieselbe gebührend und ernstlich bestraffte, wenn er nur
dabey in Schrancken geblieben wäre. Aber dieses ware er zu thun gar zu
ungewohnt, sondern er mischte etliche recht ärgerliche Worte mit unter, welche
desto besser zu verstehen, zu melden ist; daß besagter Kauffmann denen
Holländischen Kauffleuten das meiste schuldig war, und dannenhero weil er die
Sache nicht eben zu einen concurs kommen lassen wolte, einen Advocaten nebst
einer Vollmacht in Holland schickte, mit seinen Creditoribus daselbst zu
accordiren. Zu dieser Reise nun konte der Kauffmann nicht leichte einen
Advocaten gebrauchen der in praxi für andern sehr berühmt war, weil dieser
allzuviel Geld wegen seiner Versäumnüß würde gefordert haben, sondern muste sich
eines Mannes bedienen der in mittlern Beruff war, und wehlte deßwegen von dieser
Art einen in der gantzen Stadt für recht ehrlich aber dabey auch nicht für
ungelehrt oder ad praxin ungeschickt gehaltenen Mann, der auch die ihm
auffgetragene Verichtung sehr wohl und ohne daß die Creditores in Holland sich
über ihn beschwehret hätten, expedirete. Weil dieser Advocate nun (der zwar in
seiner Jugend war Magister worden, aber nachhero Zeit
|| [132]
währender Advocatur und nach seiner Verheyrathung keine ihm anständige
Gelegenheit gehabt hatte in Doctorem zu promoviren, auch allbereit ein Mann von
etlichen 40. Jahren war) wohl wuste, daß in Holland die promotiones Doctorales
mit wenigern Unkosten und Solennitäten, als damahls in Teutschland fast
durchgehends gebräuchlich waren, konten erhalten werden, also nahm er bey dieser
Gelegenheit den gradum Doctoralem in Holland gleichsam in transitu auch an, und
kam also als Doctor wieder nach Leipzig zu rücke. Da nun Herr D. C. den Pracht
der Kauffmannschafft, und daß dergleichen fallimente daraus zu entstehen
pflegten, obgedachter massen gar wohl und löblich bestraffte, überschritte er
die regulas justi & decori gar enorm; indem er diese Worte beyfügte.
Wenn hernach diese Praler und Großthuer Banquerot
geworden, schicken sie einen armen Sünder in Holland und lassen ihn da Doctor werden. Denn zu geschweigen, daß es zwar
schändlich und unrecht ist, durch unordentliche Haußhaltung banquerot zu werden;
aber dennoch, wenn einer nun banquerot worden, gantz nicht unrecht und verboten
ist, mit seinen Creditoribus gütliche Tractaten vornehmen zu lassen; so ist es
noch vielweniger etwas ungebührliches und unlöbliches, wenn ein Advocat sich zu
dergleichen Tractaten gebrauchen läßt: und gebühret sich dannenhero noch weniger
einen ehrlichen Mann auff der Cantzel anzugreiffen und gleichsam mit Nahmen zu
nennen. Solchergestalt geschahe es aber, daß weil die in denen Worten gebrauchte
Formalien ohnmöglich auff einen andern Menschen als auf besagten D. D. konten
appliciret werden, nach dieser Predigt von dem gemeinen Volck fast jedermann
auff ihn mit Fingern wiese, und ihn den Zunahmen des armen Sünders oder desarmen
Sünder Doctors gab. Aber dieses ist noch alles nichts,
gegen dem was darauff erfolgete. Der auff diese Weise geschimpffte und für aller
Welt prostituirete D. D. konte als ein ehrlicher und sonst unbescholtener Mann
nichts vernünfftigers und Christlichers thun, als daß er selbst zu Herr D. C.
gieng, ihm mit bescheidenen Worten diesen begangenen Unsug vorstellete und ihn
deßwegen umb eine billiche und Christliche Satisfaction ansprach. Nun rathe ein
jeder vernünfftiger Leser, was Herr D. C. hierbey gethan. Er beschwerte sich zum
höchsten daß ihm D. D. solche Sachen Schuld gäbe, da er ihn doch nicht genennet,
daran er die Zeit seines Lebens nicht gedacht hätte. Und ob ihm wohl D. D.
vorhielt, daß die gantze Welt nicht anders urtheilen könte, als daß er ihn müsse
gemeynet haben, indem ja sonst kein Kauffmann so
|| [133]
falliret, einen Mann nach Holland geschicket hätte, der daselbst Doctor worden
wäre; so bliebe doch D. C darbey und bekräfftigte mit etlichen formalen
Eydschwüren, und Anruffung göttlicher Bestraffung, daß er ihn D. D. nicht
gemeynet hätte. Was konte nun dieser bey solchen Umständen anders machen, als
daß er diese erhaltene Antwort jedermann, wer ihn nur darum befragte, frey und
offenhertzig erzehlete, und durch diese Erzehlung bey aller vernünfftigen Welt
sich an D. C. nachdrücklicher revangirte, als wenn er ihn auf Leib-und
Lebens-Straffe injuriarum belanget hätte; denn alle ehrliche Leute entsatzten
sich über den geschehenen offenbahr falschen Eyd, zumahl, da jedermann sahe, daß
Herr D. C. dieser durch die gantze Stadt erschallende Erzehlung nicht alleine
nicht contradicirte, sondern auch jedermann, fürnehmlich aber seine eigene gute
Freunde, die mit ihm wegen obiger Worte und deren Bedeutung sprachen, in Ernst
bereden wolte, daß er D. D. nicht gemeynet hätte. Ich zweiffle auch nicht, es
werden noch unterschiedene fürnehme und gemeine Leute in Leipzig seyn, die die
Wahrheit dessen, was ich in diesem paragrapho gemeldet, werden bekräfftigen
können, weil dergleichen sensible Historien denen Menschen nicht leichtlich aus
dem Gedächtniß zu fallen pflegen.
§. LX. Damit ich aber wieder in die Ordnung komme, so schickte(Schreiben an den Hrn. Superintendent die Güte zu befördern.) ich den 3. Julii, als ich
erfuhr, daß denselben Vormittag ein conventus ministerii in der Sacristey der
Niclas-Kirche seyn würde, des Morgens den im 58. §. vorgestelleten
schrifftlichen Vorschlag zum gütlichen Vergleich an den Herrn Superintendenten
D. Lehmannen nebst beykommenden Schreiben:
P. P. E. Hoch-Ehrwürden entsinnen sich, was für Abrede ich für etlichen Wochen
wegen des zwischen Ew. Ehrwürdigen Ministerio und mir vorhabenden Vergleiches
genommen; Nachdem aber seit der Zeit diese meine gute Intention wenig befördert
worden, und ich vernommen, daß anjetzo das gesammte Ministerium beysammen wäre;
als übersende Ew. Hoch-Ehrwürden meine Vorschläge schrifftlich, mit Bitte,
dieselbigen in öffentlicher Gegenwart ablesen, und mir sodann E. Ehrwürdigen
Ministerii categorische Resolution wissen zu lassen. Denn ich wolte gerne
einmahl gewisse Nachricht haben, ob das Werck in Güte gehoben werden könnte,
oder das Recht, dafür ich mich im geringsten zu fürchten keine Ursache habe,
seinen Fortgang nehmen solte. Ich habe in Hoffnung zur Güte bishero bey denen
Herren Commissariis mich mit exceptionibus dilatoriis aufgehalten, weil E. Ehrw.
Ministerium
|| [134]
leicht ermessen kan, daß, wo ich einmahl
mich rechtlich einlasse, ich wegen Härte der Anklage, und Versicherung meines
guten Gewissens mich einer solchen Schreib-Art zu bedienen werde genöthiget
werden, die entweder die Güte ihnen sehr sauer machen, oder doch, daß sie auf
ihrer Seite mit wenigern Respect, als ietzo geschehen könne, verursachen möchte.
Dieweil aber durch D. Pfeiffers importunes Verhalten bey Chur-Fürstl.
Durchlauchtigkeit in Verdacht gebracht worden, als verzögerte ich meine Antwort
aus Mißtrauen gegen die Gerechtigkeit meiner Sache; Als wird E. Ehrwürdig
Ministerium mich nicht verdencken, daß ich auf eine categorische Antwort dringe.
Ich verhoffe, Dieselbige werden meine Vorschläge als christlich und vernünfftig
approbiren. Da auch über alles Verhoffen E. Ehrwürdig Ministerium die Güte auf
vorgeschlagene Weise abschlagen, oder mich mit einer zweifelhafften und Aufschub
nehmenden Antwort abfinden solte: werde ich doch, daß ich alle gradus
admonitionis beobachte, und an der aus Fortsetzung des Rechts ihnen erwachsenden
Ungelegenheit, unschuldig sey, also bald S. Churfürstl. Durchl. diese meine
Vorschläge zusenden, und um eine gnädigste Commission zur Güte unterthänigste
Ansuchung thun. E. Hoch-Ehrwürden ersuche ich demnach E. Ehrw. Ministerio auch
diese Umstände vorzutragen, und verharre unausgesetzt etc.
(Dritter Befehl wegen der lectionum de
differentiis justi & decori.)
§. LXI. Indem ich nun dieses Vergleichs halber auf resolution und Antwort
wartete, wurde zu Dreßden den 8. Julii der dritte Befehl aus dem
Ober-Consistorio wegen meiner lectionum Anti Pfeifferianarum abgefertiget, in
welchen mir, wie ich allbereit vorher vermuthet, auch die lectiones über den
Discursum prooemialem nahmentlich verbothen wurden, wie aus dessen contentis zu
sehen.
P. P. Wir haben verlesen, was ihr auf unsern Besehl vom 19. Junii jüngsthin D.
Christian Thomasium Betrl. mit Beysügung der hiemit wieder zurückkommenden Acten
anderweit unterthänigst bertchtet, es weiset auch der Innschluß, was gedachter
D. Thomasius zu seiner vermeynten excusation eingewendet: Wenn wir aber solch
sein Anführen von keiner Erheblichkeit befinden,
Als ist hiemit unser Begehren, ihr wollet D. Thomasio, mit Vorbehalt der bereits
verwürckten, nochmahls bey Ein hundert Rgfl. Straffe, unsern dißfalls ergangenen
Befehlen zu gehorsamen, und sich mit Haltung des angefangenen Collegii oder
Discursus prooemialis, ehe und bevor er die, von ihm erfoderte, Erklär- und
Beantwortung gethan, und darauf mit Bescheide versehen worden, gäntzlich
enthalten solle, an
|| [135]
deuten, und uns, wie er sich
hierauf erweisen wird, ferner unterthänigst berichten. Daran geschiehet unsere
Meynung etc.
§. LXII. Es beziehet sich vorstehender Befehl nebst meiner(Etliche nothwendige Erläuterungen desselben.)
Supplique abermahl auf einen Universitäts Bericht, welcher wohl schwerlich
favorabel für mich wird eingerichtet gewesen seyn, weil ich denselben nie habe
zu Gesichte bekommen können, auch bey denen hernach mir vorgelegten Acten nicht
gefunden. Dem sey aber nun wie ihm wolle, so zeigete doch das datum dieses
dritten Befehligs, daß mit Ausfertigung desselbigen zu Dreßden nicht so
geschwinde, als mit denen beyden ersten, die meine Adversarii alleine poussiret
hatten, geeilet worden, weilen vermuthlich mein Bericht die Herren
Ober-Consistoriales veranlasset hatte, die resolution etwas reiflicher zu
überlegen. Das konte ich wohl vorher sehen, daß nach denen fundamentis oder
rationibus, weshalb mir das collegium selbst war verbothen worden, es möchten
nun dieselben aus einem loco topico vel Rhetorico geflossen seyn, woraus sie
wolten, auch die lectiones praeliminares verbothen werden würden; ich vermeynte
aber doch nichts straffwürdiges zu begehen, wenn ich die lectiones prooemiales
so lange continuirte, biß mir dieselben in specie untersagt würden; Es zeiget
auch der Befehl, daß unter denen Herren Ober-Consistorialibus zum wenigsten die
Herren JCti in so weit meine rationes für erheblich gehalten, daß ich nicht so
fort in die dem andern Befehl angehengte Straffe der 50. Rthlr. verfallen wäre,
sondern man vorhero erst sehen müsse, wie ich mich nach publicirung dieses
dritten Befehls aufführen würde. Dannenhero es auch geschahe, daß obgleich in
diesem dritten Befehl die Worte mit Vorbehalt der bereits verwürckten Straffe
enthalten waren, und meine Adversarii aus Unverstand des gewöhnlichen styli
curiae schon darüber frolockten, dennoch nach der parition auf diesen dritten
Befehl, von welcher ich bald Nachricht geben werde, nicht ein Heller von denen
vorigen 50. Rthlr von mir zu erlegen begehret worden.
§. LXIII. Indessen hatte ich Zeit übrig gehabt, in denen bisher von(Und über die darauf von der Universität geschehene pub licirung desselben.) mir beständig
continuirten lectionibus praeliminaribus meinem Wiedersacher ausführlich und
deutlich auf seine falschen Anklagen zu antworten, nach welchen er mich so wohl
von denen so genannten Erläuterungen, die nomine Ministerii angegeben worden,
als in seinem programmate und quaestionibus Anti Atheisticis gottloser Lehre
beschuldigen wollen. Ja ich hatte noch ferner Zeit gehabt, nachdem ich mit
diesem chapitre fertig worden, die oben §. 48. specificirten 5. 6. und 7. Puncte
mei
|| [136]
ner lectionum überflüßig zu
erläutern, und bey Erklährung des letztern augenscheinlich zu beweisen, daß mein
Gegner mit seiner ungeschickten Wiederlegung der Atheisten nicht capable wäre,
dieselben auf den Weg der Wahrheit zu bringen, sondern vielmehr andern
Unverständigen vielfältige Gelegenheit gebe, in die Atheisterey zu verfallen.
Deswegen eilten auch meine Adversarii bey der Universität mit publicirung dieses
dritten Befehls nicht so geschwinde, als sie mit publicirung der beyden ersten
gethan hatten, sondern sie liessen mir erst den 13. Julii folgende Auflage
insinuiren.
P. P. Was der Durchl. Churfürst etc. E. Löbl. Universität Leipzig wegen Herr D.
Christian Thomasii in Gnaden rescribiret, und anbefohlen, solches hat derselbe
aus beygehender Abschrifft mit mehrern zu ersehen. Und wird demnach von dem
Herrn Pro-Rectore Magnifico gedachter Löbl. Universität Leipzig und dessen
zugeordneten Adsessoren ernannten Herrn D. Thomasio solche hiemit communiciret,
darnebst aber, mit Vorbehalt der bereits verwürckten, nochmahls bey Ein hundert
Rgfl. Straffe höchst-gedachter S. Churfl. Durchl. ergangenen gnädigsten Befehlen
zu gehorsamen, und sich mit Haltung des angefangenen Collegii oder Discursus
prooemialis, ehe und bevor er die, von ihm erforderte Erklähr- und Verantwortung
gethan, und darauf mit Bescheide versehen worden, gäntzlich enthalten solle,
angedeutet. Wornach er sich zu achten etc.
(Ingleiche̅ über die Umstände wie diesem
drltten Befehl alsobald schuldige Folge geleistet worden.)
§. LXIV. Gleichwie nun der 13. Julii damahls eben ein Sonnabend war, an welchem
ich ohnedem nicht lase; Also laureten meine Wiedersacher auf mich, wie ich mich
nunmehro begehen würde: Sie liessen ihre emissarios den darauf folgenden Sonntag
wieder fleißig an das schwartze Bret geben, um zu sehen, ob ich die Einstellung
meines collegii daselbst notificiren oder in fraudem des Befehls eine falsche
explication desselbigen vornehmen, oder mit continuation des Collegii die Herren
Ober-Consistoriales irritiren würde, die dictirte 100. Reinische Gold-Gülden
nebst denen vorigen 50. Thlrn. als Straffe von mir zu fordern. Ja sie freueten
sich schon und persuadirten sich dieses letztere gewiß, nachdem sie höreten, daß
ich die Einstellung meiner lectionen am schwartzen Bret nicht notificiret, und
hingegen, wie sonst gewöhnlich, in der letzten Freytags-lection (ehe mir der
Befehl insinuiret worden) meine Auditores auf den folgenden Montag wieder
eingeladen hatte. Aber sie betrogen sich auch hierinnen gewaltig, indem ich
eines Theils niemahls in Willens gehabt hatte, dem deutlichen Befehl
|| [137]
meiner Obrigkeit mich zu wiedersetzen, vielweniger in
den Zustand war 175. Rthlr. (die in casu inobedientiae von mir gewiß wären
gefordert worden) so gering zu achten, daß ich dieselben bloß aus Begierde, mich
an meinen Gegnern zu rächen, so hätte verschleudern oder auch nur hazardiren
sollen, andern Theils aber dasjenige, was ich bißher gethan, nur deshalben
geschehen war, damit ich meinen Adversariis stillschweigend und gleichsam per
indirectum zeigen wolte; wie sie gar ungeschickt wären, ihr Müthlein an mir zu
kühlen, indem sie vorher, und zwar mit Einsendung meiner oben §. 41. erwehnten
schedulae selbst, in welcher das collegium und die lectiones prooemiales als
distincte piecen waren gemeldet worden, nur gebeten hatten mir das collegium zu
verbiethen, auch in denen beyden ersten Befehlen nur des collegii nicht aber des
discursus praeliminaris Meldung geschehen war; Wannenhero auch meine bißherige
explication nach denen regulis bonae interpretationis nicht vor straffbar
gehalten werden konte. Denn zu geschweigen daß die gemeine Lehre der Jure
Consultorum damahln noch überall herrschete, quod odiosa sint restringenda,
item: quod leges Poenales tanquam odiosae sint restringendae (ob ich schon zur
selben Zeit an meinem Orte, jedoch mit vieler contradiction anderer, wie
bekannt, die Thorheit dieser Regeln in etwas einzusehen angefangen hatte) so war
zum wenigsten diese Regul ohne contradiction bey allen recipiret, und
höchstvernünfftig: quod in dubio interpretatio contra eum vel eos sit facienda,
qui clarius loqui debuissent, dergleichen alle diejenige sind, die unordentliche
und ungewöhnliche Dinge begehren, absonderlich aber diejenigen, die andern ihr
Freyheit, und sonderlich ihre defension wieder offenbahre Verleumbdungen
abschneiden wollen. Als nun der Montag wieder herbey kam, und um vier Uhr
abermahl eine mehrere Anzahl als sonst gewöhnlich war, von Auditoribus
erschiene; proponirte ich folgendes, daß ich ihnen zwar danckte, daß sie wieder
erscheinen wollen, ich könte ihnen aber nicht verhalten daß auch die lectiones
prooemiales nunmehro nicht würden weiter continuiret werden, weil Seiner
Churfürstlichen Durchlauchtigkeit gnädigst gefallen, auch die continuation
derselben mir auf so lange zu untersagen, biß ich vorher auf die beyden
denunciationes geantwortet hätte. Indessen wäre Seiner Churfürstlichen
Durchlauchtigkeit ich unterthänigst verbunden, daß sie mich hiermit nicht hätten
übereilen, sonder Zeit genug übrig lassen wollen, der studirenden Jugend den
Unfug meiner Wiedersacher so ausführlich zu zeigen, daß ich hierzu keine fernere
continuation meiner lectionum be
|| [138]
dürffte. Damit
sie aber nicht vergebens anjetzo erschienen wären, wolte ich ihnen andere
lectiones gratuitas und zwar Logicas de praejudiciis öffnen, jedoch mit diesem
Unterscheid, daß diese letzten nur wöchentlich zwey Tage und zwar nicht ferner
von 4. biß 5. Uhr, sondern von 5. bis 6. Uhr gehalten werden solten, jedoch
wolte ich in gegenwärtiger Stunde alsobald einen kleinen Anfang davon machen:
wie ich auch thate. Dieses ware nun meinen Adversariis auch nicht recht, weil
sie wohl vorher sahen, daß ich in diesen lectionibus de praejudiciis
hunderterley connexiones finden würde, die in ihren lectionibus oder Predigten
wieder mich zu continuirende Beschimffungen und injurien glimpflich und
gründlich zu wiederlegen, weßhalb sie auch Himmel und Erde so zu reden bewegten,
daß mir auch diese lectiones sollten untersaget werden, aber vergebens, wofür
ich dem Hochwürdigen Ober-Consistorio nochmahl verbunden bin: jedoch würden sie
villeicht wohl eher was obtiniret haben, wenn ich diese neuen lectiones in eben
der vorigen Stunde continuiret hätte. So aber da Herr D. P. nicht mehr vorwenden
konte, daß ich seine Auditores des Collegii. Anti-Atheistici ihn ferner
abspenstig machte, sondern vielmehr viel von denen, die mich bishero gehöret
hatten, die Anzahl seiner bißherigen Auditorum vermehreten; als fiel auch dieser
praetext, mir zu schaden, in Brunnen. Was sonst ferner mit diesen neuen
lectionibus de praejudiciis passiret, wäre zwar auch nicht unanmuthig zu lesen;
aber es gehöret zu gegewärtigen Handel nicht / und werde ich vielleicht anderswo
Gelegenheit finden ein mehrers davon zu melden.
(Praejudicirlicher Bericht der
Universität nach Hoffe.)
§. LXV. Nun hatten zwar die Herren Ober-Consistoriales in dem dritten Befehl
(oben §. 61.) in fine befohlen, daß die Universität berichten solte, wie ich
mich auf denselben erweisen würde, ich habe aber bey denen mir hernach
vorgezeigten Universitäts actis von dergleichen Bericht nicht das geringste
gefunden auch sonst nicht etwas davon erfahren. Aber dieses bin ich hernach wohl
gewahr worden, daß den 31. Julii von der Universität nachstehender Bericht
abgegangen, in welchen sie ohne vorher an mich gegangene Erinnerung hinter
meinen Rücken bey dem Ober-Confistorio mich anzuschwärtzen, so viel an ihnen
gewesen, jedoch ziemlich verdeckt, sich angelegen seyn lassen.
Ew. Churfl. Durchl. erinnern sich gnädigst, was dieselbe uns auf der
Theologischen Facultät und des Ministerii allhier über D. C. Thomasium
unterthänigst geführte Beschwerden fol. 4. seq. in actis sub. und fol. 11.
in actis sub in Gnaden rescribiret und anbefohlen; Wann
|| [139]
dann solche Eurer Churfürstl. Durchlauchtigkeit ergangene
gnädigste Befehle wir fol. 10. in actis sub und fol. 15. in actis sub
gehorsamst expediret, und D. Thomasio seine Erklähr- und Verantwortung binnen
den in mehr angeregten gnädigsten Befehlen enthaltenen Fristen zu thun
auferleget, ihm auch auf sein beschehenes Ansuchen fol. 12. in actis sub und
fol. 17. in actis sub darzu über vorige annoch 14. Tage Frist verstattet,
derselbe aber mit seiner Erklär- und Verantwortung nicht einkommen, sondern nun
fast in die zwey Monathe vorbeystreichen lassen; Als haben Eure Churfürstliche
Durchlauchtigkeit wir solches in Unterthänigkeit hiermit berichten wollen, zu
dero gnädigsten resolution stellende, was selbige hierunter ferner in Gnaden zu
verordnen geruhen wollen, deme wir gehorsamst nach zu kommen iederzeit etc.
§. LXVI. Gleichwie ich mich aber dieses Streichs am allerwenigsten(Fortsetzung der Historie wie es mit dem vorgehabten und
tentirten Vergleich abgelauffen.) versahe,
zumahlen da ich mich allbereit bey Hoffe dieses Puncts halber selbst gemeldet
hatte. (vide supra §. 55.) und meine Antwort aus keiner andern Ursache
differiret hatte, als weil mir noch immer Hoffnung gemacht wurde, daß wegen des
vorgeschlagenen gütlichen Vergleichs mit Herrn D. C. die Sache bald ihre
Endschafft erreichen, und folgends mit denen übrigen Herren Ministerialibus es
keine grosse Schwierigkeit geben, sondern Herr D. P. alleine zurück bleiben
würde: Also wird folgendes Schreiben an den Herrn Superintendenten sub dato den
6. Augusti zeigen, daß es nicht an mir gelegen, sondern daß Herr D. C. die mir
gemachte Hoffnung gäntzlich über den Hauffen geworffen.
P. P. Derselbe wird sich bestens entsinnen, welchergestalt bißhero wegen der
zwischen einen Ehrwürdigen Ministerio allhier und mir entstandenen Streitigkeit,
nach denen von mir gethanen gütlichen Vorschlägen die Sache durch öfftere
Unterredung zwischen uns beyden, endlich dahin gediehen, daß auf beyden Theilen
beliebet worden, daß ich zuförderst mit meinem gewesenen Herrn Beicht-Vater,
Herrn D. C. in Gegenwart meines Hochgeehrten Herrn Superintendentis eine
christliche und aufrichtige Amnestie wegen des vergangenen aufrichten, und wir
beyderseits künfftig einander alle christliche Liebe und respective gebührende
Ehrerbietung und Freundschafft versprechen sollten, so dann wolte das
Ministerium an Seine Churfürstliche Durchlauchtigkeit unterthänigst berichten,
daß wegen derer Dinge, weshalben bey Churfürstlicher Durchlauchtigkeit sie mich
denunciret, ich ihnen genugsame declaration oder Satisfaction gegeben hätte, und
sie von mir nichts als Liebes und Gutes zu sagen wüsten, und ich solte alsdann
mich aller fernern Ansprüche an E. Ehrwür
|| [140]
diges
Ministerium begeben, und als einen christl. Pfarr-Kinde geziemet, selbigen
begegnen. So ist auch Euer Hoch Ehrwürden unentfallen, daß von Churfürstl.
Durchlauchtigkeit für wenigen Tagen ein gnädigster Befehlig ergangen, daß, wenn
ich mich erklären würde, wie ich keinen Haß noch Feindschafft gegen meinen
gewesenen Beicht-Vater trüge, Euer Hoch-Ehrwürden so dann mir einen andern
Beicht-Vater zu erkiesen vergönnen solte. Nun dann Eure Magnificenz mir werden
Zeugniß geben müssen, daß an verwichenen Donnerstag acht Tage, ich nach
vorhergenommener Abrede frühe nach neun Uhr zu ihnen in Dero Behausung mich
verfüget, der Meynung, mit Herrn D. Carpzovio vorgeschlagener massen mich zu
vergleichen, und theils daselbst in der Nähe biß 1/4 auf ein Uhr aufgewartet,
Herr D. Carpzov aber nicht nur wieder sein Versprechen sehr späte und nach 11.
Uhr erst, und zwar, da man erstlich wieder nach ihn schicken müssen, zu Ihnen
kommen, sondern auch ohnerachtet noch Zeit genug übrig gewesen, diese
Vergleichung vorzunehmen, dennoch dieselbige ohne alle erhebliche Ursache biß
Nachmittags verschieben wollen, woraus ich dann gar deutlich erkennet, daß Herrn
D. Carpzovio um den Vergleich mit mir es kein Ernst sey; als wird verhoffentlich
ein Ehrwürdiges Ministerium erkennen, daß es dißfalls an mir nicht gelegen
gewesen; und ersuche dannenhero Eure Hoch-Ehrwürden, demselbigen solches
vorzutragen, und zu verschaffen, daß an Seine Churfürstliche Durchlauchtigkeit
selbiges nunmehro den oberwehnten unterthänigsten Bericht auf vorgeschlagene
masse abgehen lasse: massen mich höchlich verlanget, mit ehesten des heiligen
Nachtmahls mich zu gebrauchen, und gleichwohl in meinem Gewissen mich so lange
als mit dem gesamten Ministerio in so schwerer Streitigkeit lebe, nicht
disponirt befinde, einen von ihnen zu einen Beicht-Vater zu erkiesen. Die
Particular Controversien mit Herrn D. C. und Herrn D. P. belangende, mögen
dieselbigen in statu quo verbleiben, weil jenen ich die Güte genugsam
angeboten, dieser aber zu gebührender christlicher Satisfaction wegen des wieder
mich verfertigten libelli famosi nicht zubereden gewesen; jedoch erkläre ich
mich hiermit und Krafft dieses, daß wieder keinen von beyden ich einigen Groll
und Feindschafft hege, sondern vielmehr bereit bin, alle begehrte Liebes-Dienste
ihnen zu bezeugen, auch ihnen die vielfältigen mir Zeithero erzeigten
Kränckungen von Hertzen verzeihe, und sie ihres Orts, als einen Christen
gebühret, ersuche, mir dasjenige, so sie wieder mich haben, gleichfalls
zuvergeben, und GOtt täglich bitte, mir dasjenige, worinnen sie von mir
|| [141]
beleidiget zu seyn vorgeben, zu erkennen zu geben,
allermassen ich hiernächst willig und bereit bin, so mir zu ihrer Vergnügung
durch rechtsame Mittel etwas zuerkennet werden solte, ihnen dieserwegen
Satisfaction zu geben, im übrigen aber sie sich versichert halten können, daß
dasjenige, was ich künfftig in dieser Sache vornehmen werde, zu keinem andern
Absehen gerichtet sey, als bloß meinen ehrlichen Nahmen für meiner vorgesetzten
Obrigkeit und der ehrbaren Welt zu retten, und sie durch rechtliche Mittel
abzuhalten, künfftig nicht ferner meine Gemüths-Ruhe durch dergleichen oder
andere Kränckungen zu stöhren. Diese Erklährung bitte ich gleichfalls einem
Ehrwürdigen Ministerio fürzutragen, und das Werck gebetener massen zu
beschleunigen in Verharrung etc.
§. LXVII. In vorstehendem Schreiben ist unter andern ausgedacht(Neuer Befehl von Hoffe und dessen publicirung.) worden, daß mir Hoffnung gemacht worden, an
statt Hrn. D. C. mich eines andern Beicht-Vaters zu bedienen; und erforderte
zwar nunmehro die Ordnung, von dieser Sache und denen dahin gehörigen Umständen,
auch wie dieselbe abgelauffen, eine mehrere Erleuterung zu geben; es wird sich
aber der geneigte Leser gedulden müssen, bis vorhero das übrige erzehlet worden,
was ferner wegen der Einlassung auf die denunciationes des Ministerii und der
Theologischen Facultät vorgegangen. Den 9. Augusti 1689. ergieng ein neuer
Befehl aus dem Ober-Consistorio an die Universität.
P. P. Wir haben aus eurem eingeschickten Bericht vom 31. Julii jüngsthin und den
hierbey wieder zurückkommenden Acten ersehen, wie D. Christian Thomasius seine
Erklähr- und Verantwortung auf der Theologischen Facultät und des Ministerii in
Leipzig über ihn geführte Beschwehrde, der ihn gesetzten Fristen ungeachtet, bis
dato noch nicht gethan habe; darauf ist hiermit unser Begehren, ihr wollet
gedachten D. Thomasio besagte seine Erklähr- und Verantwortung, binnen 14. Tagen
bey funffzig Rheinische Gulden Straffe anbefohlener massen zu übergeben
auferlegen etc.
Und geschahe mir hierauf, wie wohl erstlich auf den 20. Augusti folgende Auflage.
Was der Durchlauchtigste Churfürst zu Sachsen etc. E. Löblichen Universität
Leipzig anderweit in Gnaden rescribiret, und anbefohlen, solches hat Hr. D.
Christian Thomasius aus beygehender Abschrifft mit mehrern zu ersehen, und wird
demnach von dem Hrn Pro-Rectore Magnifico gedachter löblichen Universität und
dessen zugeordneten Adsessoren ernannten Hrn. D. Thomasio solche hiermit
communiciret, dar
|| [142]
nebst aber bey funffzig
Rheinl. fl. Straffe aufferleget und anbefohlen, daß er seine Erklähr- und
Verantwortung auf der löblichen Theologischen Facultät und E. Wohl-ehrwürdigen
Ministerii allhier über ihn geführte Beschwehrde, gnädigst anbefohlner massen,
binnen 14. Tagen übergeben solle, wornach er sich also zu achten etc.
(Bittschreiben umb Vorlegung der acten / und was darauf erfolget.)
§. LXIIX. So bald mir vorstehende notification den 21. Augusti gebührend
insinuiret wurde, kame mir billich bedencklich für, daß der gnädigste Befehl
sich auf einen Universitäts-Bericht bezoge, wegen welches ich schon kurtz vorher
§. 65. & 66. einige Erinnerungen gethan habe; und weil ich vermuthete,
daß dergleichen Dinge noch mehr geschehen seyn möchten, auch begierig war, den
ermeldten Bericht selbst in Augenschein zu nehmen, als verfertigte ich alsbald
beykommendes Schreiben an die Universität.
P. P. Dieselben haben mir gleich ietzo vigore Commissionis a Serenissimo ein
Auflage thun lassen:
bey funffzig Rheinl. Gulden Straffe meine Erklähr- und Verantwortung auf der löbl. Theologischen Facultät und E. Wohl-Ehrwürdigen Ministerii über mich geführte Beschwehrde zu übergeben. Wann ich dann nicht alleine zu Darthuung meiner Unschuld, sondern auch zu Entschuldigung meiner bishero unterlassenen Antwort die perlustration derer vollständigen actorum benöthiget bin; als gelanget an dieselben mein dienstliches Bitten, Dero Actuario anzubefehlen, daß er mir besagte Acta mit ehesten vollständig vorlege, und meine Nothd’urfft daraus gnüglich excerpiren lasse. Versehe mich geneigter Willfahrung, in Ansehen mein Suchen denen Rechten gemäß, und protestire wiedrigenfalls, daß mir nicht imputiret werde, wenn anderer gestalt dem gnädigsten Befehlig ich keine Gnüge leisten kan, in Verbleibung etc. Weil mir nun dieses mein rechtmäßig petitum ohne dem grösten Unfug nicht abgeschlagen werden konte, als wurden mir den 22. Augusti so wohl die in Sachen des Ministerii als der Theologischen Facultät ergangene Acta vorgeleget, davon diese mit dem signo jene aber mit bezeichnet waren (durch welchen Umbstand der oben §. 65. gemeldete Bericht, und wo sonsten künfftig die acten mit diesen beyden signis möchten allegiret werden, in etwas verständlicher gemacht wird) die acta des Ministerii bestanden nur aus 17. foliis und giengen nicht weiter als bis auf den 31. May dieses Jahrs, gleichwie die Acta mit der Theologischen Facultät 19. folia hatten und bis an den 21. Augusti sich exten
|| [143]
dirten. Ich fande zwar bey dieser
communication unterschiedene mir bißher unbekannt gewesene Schrifften, die ich
oben §. 25. 30. 40. in fine und §. 44. allbereit angeführet; aber ich ermißte
derer noch etliche, wie ich davon gleichfalls in vorhergehenden schon ein und
andermahl Erinnerung gethan habe.
§. LXIX. Ob ich nun wohl bey dieser Bewandniß gnugsame(Beantwortung der Klage des Ministerii.)
Ursachen für mir gehabt, warum ich die mir anbefohlne Beantwortungen so lange
ausschieben können, bis diese defecte wären suppliret worden; so war mir doch,
nachdem ich alles, was von einem ehrlichen Mann zu Beförderung der Güte konte
erfordert werden, wiewohl vergebens, gethan hatte, nunmehro selbsten an
Beförderung der Sache viel gelegen: derowegen machte ich mich alsobald über die
Beantwortung her, und vollführte zuförderst meine Antwort auf die Klage des
Ministerii (als welches den Anfang gemacht hatte) übergab auch dieselbe nach
Verfliessung wenig Tage, wie solche hier beykommend zu lesen ist, bey der
Universität als Commissariis.
P. P. Es hat Churfürstl. Durchlauchtigkeit zu Sachsen, mein gnädigster(Recht mäßige Beschwerung über die Universität / wegen
ungleicher Berichte.) Herr, ihnen Actorum sub fol. 11. anbefohlen,
daß sie des Ministerii Klage nebenst desselben ad Acta fol. 5. seqq. gegebenen
Erleuterungs-Puncten mir in Schrifften communiciren, und darneben 10. Tage zu
Einbringung meiner Verantwortung beniemen sollten. Worauf ich fol. 16. wegen
einer damahligen Reise gebeten, mir nach meiner Zurückkunfft eine völlige
Monats-Frist zu Einbringung meiner Nothdurfft zu vergönnen, zuförderst aber dem
Ministerio aufzulegen, daß der Concipiente der Klage und der Erleuterungs-Puncte
sich unterschreiben solle. Nun haben zwar meine Hochgeehrten Herren Commissarii
nach meiner Zurückkunfft fol. 17. actorum mir noch eine 14. tägige Frist
eingeraumet; aber weil sie meines übrigen petiti wegen mir keine refolution
gemeldet, ich mir aber dieses in meinem Schreiben fol. 16. zuförderst bedungen;
als habe ich mich nicht verbunden erachtet, ehe und bevor ich dieserwegen
beschieden wäre, gedachter Auflage fol. 17. zu pariren. So weisen auch über
dieses die Acta sub fol. 13. daß Seiner Churfürstl. Durchlauchtigkeit meine
Hochgeehrte Herren Commissarii unterthänigst berichtet, wie sie mir 14. Tage
vergönnet hätten, und darneben, wie sie sich wegen der von mir geforderten
subscription verhalten solten, gnädigsten Befehl verlanget. Worauf S.
Chur-Fürstliche Durchlauchtigkeit fol. 15. Actorum sub gnädigst rescribiret;
man sollte mir eine Monats. Frist verstatten, und mich im übrigen bescheiden,
|| [144]
daß es bey denen an 12. und 15. Aprilis
ergangenen Verordnungen ver bleiben sollte. Ob nun wohl denen Herren
Commissariis billig obgele gen hätte, ietztermeldten gnädigsten Befehl
unterthänigst zu expediren, und mir denselben zu publiciren, so hat ihnen doch
gefallen, mir solchen zu hinterhalten, und an dessen statt den odiösen Bericht
fol. 16. actorum sub zu verfertigen, auf welchen Seine Churfürstl.
Durchlauchtigkeit zur Ungnade wieder mich, und wegen eines nach Anleitung
besagten Berichts mir imputirten Ungehorsams zu der in dem letzten gnädigsten
Befehl fol. 17. Act. sub enthaltenen commination funffzig Rheinischer Gulden
Straffe bewogen worden. Gleichwie ich aber die von denen Herren Commissarien mir
hierunter zugefügte empfindliche Kränckungen ietzo verschmertzen und GOTT
anbefehlen muß, und wohl mercken kan, auf wessen Antrieb und aus was für
intention solches geschehen; Also habe ich doch der Nothdurfft zu seyn erachtet,
in gegenwärtiger meiner Verantwortung der Sachen Beschaffenheit kürtzlich anzu
führen, um Seiner Churfl. Durchl. für allen Dingen unterthänigst darzuthun, daß
meine bishero unterlassene Antwort nicht ex contumacia, oder Ermanglung meines
unterthänigsten Gehorsams, sondern wegen nicht in acht genommener publicirung
des offierwehnten gnädigsten Befehligs herrühre.
(Vorstellung / daß wegen des gesuchten Vergleichs bishero
die denunciationes nicht beantwortet worden.)
So soll auch hiernechst Seiner Churfürstl. Durchl. ich unberichtet nicht lassen,
wie daß ich bißanhero fleißig und als einen Christen gebühret, mich bearbeitet,
ob die weit aussehenden Irrungen zwischen E. Ehrwürdigen Ministerio und mir, in
Güte gehoben werden könten, massen ich in Betrachtung meines guten Gewissens und
gerechten Sache leicht zuvor gesehen, daß die Fortsetzung dieser wieder mich
angesponnenen schweren Beschuldigung, in Ermangelung gegründeten Beweises, auf
Seiten E. Ehrwürdigen Ministerii nicht zum besten ablauffen würde, und
dannenhero mich gegen dasselbige derer gebührenden graduum admonitionis bedienen
wollen, damit für GOtt und der gantzen ehrbaren Welt an denen wahrscheinlich aus
der Fortsetzung dieser Zanck-Händel entstehenden prostitutionen ich meine
Unschuld desto deutlicher erweisen könnte. Gleichwie dannenhero auch ex hoc
capite erhellet, daß die bisher von mir verzögerte Beantwortung nicht ex
contemtu superioris aut contumacia hergerühret, sondern vielmehr aus Hoffnung
entstanden, diese Verdrießlichkeit in Güte zu componiren; (Umbständliche) also achte ich vonnöthen zu seyn,
diese meine gesuchte Güte etwas deutlicher zu entwerffen, theils damit S.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit gnä
|| [145]
digst erkenne,
daß Selbige nicht mit Unwahrheit zu hintergehen ich gemeynet(Erzehlung dieser tentirten Güte
/ und wer daran schuld gewesen / daß selbige nicht zu Stande kommen.)
bin, theils daß S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit Dero gewöhnlichen Landes
Väterlichen Vorsorge nach gnädigst erwege, durch was zulängliche Mittel E.
Ehrwürdiges Ministerium, weil noch nur in etwas res integra ist, zu einem weder
ihnen noch mir schimpfflichen Vergleich anzuhalten sey. Nachdem S. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit gnädigst anbefohlen, daß mir die Klagen und
Erleuterungs-Punckte des Ministerii in Abschrifft communiciret würden, habe
alsobald nach meiner Zurückkunfft nach Pfingsten mich bemühet, dem Ehrwürdigen
Ministerio gütliche Vorschläge zu thun, weshalben ich mich in Person zum Herrn
Superintendenten begeben und mit ihme mündliche Abrede genommen, was er
meinethalben E. Ehrwürdigen Ministerio vorschlagen sollte, auch als mir von dem
Herrn Superintendenten dieserwegen gute Hoffnung zwar gemachet worden,
gleichwohl aber in etlichen Wochen von ihm keine Antwort erhalten, und ich
vernommen, daß den 3. Julii das gesamte Ministerium beysammen wäre, habe ich
meine Vorschläge zur Güte schrifftlich in den conventum des Ministerii
einsendet, auch dabeneben den Herrn Superintendenten schrifftlich ersucht / wie
alles aus der Beylage meiner gethanen Vorschläge sub A. und dem Beyschreiben B.
(NB. diese sind allbereit oben § 58 und 60. zu lesen) mit mehrern zu ersehen
ist. Ob ich nun gleich verhoffet hätte, von dem Herrn Superintendenten
gewünschte Antwort zu erhalten, so habe ich doch mit Betrübniß vernehmen müssen,
daß er mir dißfalls im Nahmen des Ministerii den Vergleich pure abgeschlagen,
nichts desto weniger aber weil ich sonst vertrauere Nachricht erhalten, daß bey
demselben conventu meine Vorschläge nicht wären abgelesen worden, weil unter
denen Herrn Collegis selbst ein hefftiger Streit wegen einer von Herrn Licentiat
Rivino gehaltenen Predigt und einem bösen Geschrey Herrn D. C. ältesten N.
betreffend, auf etliche Stunden entstanden; als habe den Herrrn Superintendenten
nochmahlen gebeten, daß er meine Vorschläge per tenorem ad singulos herum
schicken und ihre vota schrifftlich colligiren wollte. Aber ich habe auch
hierauff vernehmen müssen, daß das Ministerium auf meine Vorschläge sich
einzulassen Bedencken trüge, und von mir eine, einer schimpfflichen revocation
nicht unähnliche, Zurücknehmung begehre, worauff ich denn nichts anders
repliciren können, als daß es mir leyd wäre, daß ich genöthiget würde, meine
Vorschläge an S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit in Unterthänigkeit zu übersenden,
und um eine Commission zur Güte
|| [146]
anzuhalten, unter
welcher resolution ich auch davon gegangen, des Vorsatzes, mit nächster Post
dieserwegen an S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit eine unterthänigste Supplic
abgehen zu lassen, wenn nicht folgendes Tages der Herr Superintendens durch
einen guten Freund mich davon abgehalten hätte, der mir in seinen Nahmen andere
Vorschläge gethan, die endlich dahinaus gelauffen, daß wenn ich mit Herren D. C.
eine Christliche amnestie treffen würde, sodann die übrigen Herren des
Ministerii, die mit mir insonderheit nichts zu thun hätten, in einen
unterthänigsten Bericht an S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit sich erklären
wollten, daß sie fernerweit an mir nichts zu praetendireen hätten. Weil ich dann
dieses nicht nur ohne meine Beschimpffung gar füglich eingehen können, sondern
auch selbsten von Anfang dieses oder ein dergleichen Mittel begehret, dabey aber
mich befahret, daß bey mündlicher Erklährung Herr D. C. seinen Gebrauch nach nur
viele sincerationes und aus der heiligen Schrifft erborgte undienliche und übel
applicirte Einredungen, seine bißherige Begünstigungen wieder mich zu beschönen
oder zu verneinen, mich aber auf piquante Manier zu rühren, hervorzusuchen sich
angelegen seyn lassen würde; als habe ich zuförderst bey dem Herrn
Superintendenten mir bedungen, daß er selbsten proponiren, und von uns beyden
unsere Erlärung hierüber mit kurtzen zu thun erfordern sollte, bin auch in
diesen Absehen am 25ten Julii frühe gegen 10. Uhr hin zu dem Herrn
Superintendenten gegangen, und habe daselbst und in der Nähe biß nach 11. Uhr
auf Herrn D. C. gewartet, welcher aber seinen Versprechen nach um 10. Uhr nicht
erschienen, sondern erst nach 11. Uhr, nachdem ihn der Herr Superintendent
hohlen lassen, dahin gekommen. Wiewohl aber noch so viel Zeit übrig gewesen, daß
wohl zehen Vergleiche hätten vorgenommen werden können ich auch in einer
Neben-Stube biß auf ein Virtel auf ein Uhr aufgewartet, so hat doch Herr D. C.
nicht in Willens gehabt abgeredeter massen unsern Vergleich zu vollziehen,
sondern auf mein geschehenes Nachfragen mir vermelden lassen, ich sollte
Nachmittag wiederkommen, so sollte die Sache vorgenommen werden. Wann ich dann
hieraus klärlich erkennet, daß es Herrn D. C. kein Ernst um dem Vergleich sey,
auch mir laut meiner beykommenden Vorschläge sub A. seine Unversöhnlichkeit
längst bekannt gewesen; als habe ich mich nicht verpflichtet gehalten, noch
fernerweit von ihm äffen zu lassen; sondern habe beykommendes Schreiben sub C.
(Siehe oben §. 66.) an den Herrn Superintendenten geschickt, und hätte mich
dannenhero versehen, es würden zum wenigsten
|| [147]
die
übrigen Herren des Ministerii ihren durch den Herrn Superintendenten mir
gethanen Vorschlägen nachkommen; aber ich habe auch dißfalls am verwichenen 20.
Augusti von dem Herrn Superintendenten abschlägige Antwort erhalten. Nun weiß
zwar GOtt am besten, wie schwer ich dran gehe, diese Sache nach Verordnung derer
Rechte anzugreiffen, und protestire nochmahlen, daß an der, wegen mir angethanen
falschen Beschuldigung, nothwendig erfolgenden prostitution derer
Haupt-Interessenten ich unschuldig seyn will, ja ich würde auch nachmahlen bey
S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit in einem unterthänigsten Supplicato um eine
Commission zur Güte angehalten haben, wenn nicht durch ungleichen Bericht derer
Herren Commissariorum mir bey so hoher Straffe, mich rechtlich einzulassen, wäre
anbefohlen worden. Wannenhero ich auch nunmehr mit rechtschaffener Freudigkeit
und guten Gewissen in GOttes Nahmen zu der Sache selbst schreite.
Und sage demnach, so viel die Klage des gesamten Ministerii Actorum(Ordentliche und solenne litis
contestation auf des gesamten Ministerii
Klage.) fol. 2. & 3. betrifft, daß dieselbige von gantz
fälschlichen Beschuldigungen durch und durch angefüllet sey, ich wiederspreche
derselben von Anfang biß zum Ende in bester Form Rechtens, und contestire litem
folgender gestalt: 1) gestehe ich, daß ich eine Zeithero unterschiedene
Schrifften monatlich evulgiret, ich gestehe zum 2) daß unter denenselben etliche
Satyrisch gewesen, ich läugne 3) daß ich in meinen Schrifften, so viel die
Religion betrifft, mich sehr profan erwiesen, ich negire 4) daß ich in
denenselben männiglich ohne Unterscheid, absonderlich aber meine vormahls
gewesene Praeceptores schmählich und lästerlich angegriffen, ich läugne 5) daß
ich dabey die Herren des Ministerii guten theils, oder 6) das gantze Ministerium
nicht verschonet; ich läugne 7) daß ich mit allerhand schimpflichen und
nachtheiligen Bildern, Gleichnüssen, Durchhechelung ihrer Predigten und
injuriösischen Auflagen sie beschwehret, ich läugne 8) daß dieses notorisch sey,
ich weiß wohl 9) daß jedermann beydes allhier und anderer Orten, beydes gelehrt
u. ungelehrt sich mit meinen Schrifften trage, ich läugne 10) daß meine
Schrifften Schmähe-Schrifften sind, ich weiß nicht 11) ob jederman aus meinen
Schrifften so wohl derer Herren in Ministerio als anderer Leute zu verlachen,
und zu verspotten Materie bekommt, massen ich dann 12) verneine, daß ich
darinnen jemand übel tractiret, ich läugne 13) daß ich mit meinen Schrifften ein
öffentliches scandalum gegeben, gestehe 14) daß ich für GOtt mich grosser und
schwerer Sünden schuldig erkenne, ich vermeyne 15) und getraue mir zur Noth zu
erweisen, daß diß
|| [148]
falls ein Ministerium wieder
sein Gewissen rede, wenn es vorgiebet, es habe die gradus admonitionis
adhibiren, und mir durch meinen Beicht-Vater meine Sünden zu Gemüthe führen, und
mich zu Erkäntniß meines Verbrechens, und daß ich von dergleichen Beginnen
abstehen und mich bessern follen, bringen wollen. Ich läugne 16) daß ich
mittlerweile mich insonderheit an meinen Beicht-Vater mit vielen groben
unverschuldeten Schmähungen, Beschuldigungen und Lästerungen gemacht; ich
gestehe 17) daß ich mich des H. Abendmahls gebrauchet, und von meinen damahls
gewesenen Beicht-Vater D. J. B. C. die Absolution gesucht und erhalten; ich weiß
18) nicht, ob D. C. von meiner kurtz zuvor publicirten Schrifft, die nochmahlen
19) eine Schmähe-Schrifft zu seyn verneinet wird, etwas gewust oder nicht: ich
negire 20) daß ich eine Begünstigung begangen, und verneine 21) daß wenn gleich
die mir zugemessenen Bezüchtigungen wahr wären, dennoch das Ministerium
leichtlich daraus erachten können, daß ihre treue Erinnerung bey mir nichts
fruchten, oder mich zu calumnien veranlassen werde; ich laugne 22) daß aus allen
meinen Vornehmen zu befahren stehe, daß ich endlich in den verkehrten Sinn
gerathen möchte. Ich läugne 23) daß ich ein öffentlicher Verächter GOttes und
des heiligen Amtes seye; Ja ich läugne endlich 24) daß des Ministerii petito zu
deferiren sey, und daß sie genugsame indicia wieder mich angebracht haben, auf
welche die inquisition und eine so harte Bestraffung zu erkennen wäre. Dieses
ist meine Verantwortung auf des Ministerii Klage.
(Rechtmässige Erinnerung Wegen der Erleuterungs-puncte und und petitum des
Angeklagten.)
Was die so genannten Erleuterungs-Puncte anlanget, die fol. 5. seqq. actorum
anzutreffen sind, halte ich dieselbige vor keine Schrifft des Ministerii, oder
daß das Ministerium dieselbe ad acta gegeben, sondern vor einem libellum famosum
und Schand-Schrifft, die D. A. P. ohne Vorbewust und Geheiß des gesammten
Ministerii verfertiget, welche das gesammte Ministerium niemahls gelesen, noch
approbiret, auch nimmermehr approbiren wird. Ob ich nun wohl bereit bin, auch
auf dieselbige nach Gebühr zu antworten, wenn der Autor sich hierzu angeben
wird, massen dann in dessen Ansehen bey Sr. Churfürstlichen Durchlauchtigkeit
ich allbereit unterthänigst gebethen, den Concipienten dieses pasquilles
anzuhalten, daß er seinen Nahmen unterzeichne; So lebe ich doch des viel zu
festen unterthänigsten Vertrauens zu S. Churfürstlichen Durchlauchtigkeit, sie
werden mir das beneficium gemeiner Rechte wiederfahren lassen, und eher der
Verfertiger dieses pasquills sich gemeldet, mich nicht nöthigen, darauf
einzulassen, massen dann
|| [149]
S. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit ich wehemüthigst anflehe, mich wieder die falschen Anklagen
des Ministerii, und wieder die unchristlichen Verleumbdungen D. A. P. und seines
Consorten D. J. B. C. als welcher die Klage des Ministerii concipiret, in
gnädigsten Schutz zu nehmen, mir zu Erstattung meines durch diese beyde
höchst-gekränckten ehrlichen Nahmens ernstlich und nachdrücklich zu verhelffen,
dem gesamten Ministerio aber anzubefehlen, daß sie ihre schwere Klage wieder
mich, wie recht, darthun und erweisen. Solches alles gleichwie es göttlichen und
weltlichen Rechten gemäß; also bitte die Herren Commissarios dienstlich, S.
Churfürstl. Durchlauchtigkeit diese meine unterthänigste Antwort mit ehesten
einzusenden, und verharre etc.
§. LXX. Als ich mich aber hiernechst auch zur Beantwortung(Bitte um nöthige registraturen
/ so aber abgeschlagen worden.) dessen, was nach der denunciation der
Theologischen Facultät mir zu thun anbefohlen worden, bequemen wolte, erkannte
ich bald anfänglich, daß ohne gewisse in denen mir vorgezeigten actis noch
ermangelnde registraturen dasselhe nicht füglich geschehen könnte, und
verfertigte zu diesem Ende folgende Supplique den 24. Augusti 1689.
P. P. Es ist in dem gnädigsten Befehl in Actis sub fol. 4. & 5. mir
auferleget worden,
Zu vermelden / wie ich beyzubringen hätte / daß D. Pfeiffer ein Memorial im Nahmen des Ministerii ohne dessen Vorbewust übergeben habe. Nun dann in neulicher perlustration derer Actorum sub ich befunden, daß der daselbst fol. 5. seq. befindliche Extract oder so genannten Erläuterungs-puncta wegen der Beschwehrden des Ministerii durch und durch die Hand des Actuarii Universitatis sey, und ich gleichwohl gnugsame Nachricht habe, daß D. Pfeiffer denselben Extract verfertiget; Als gelanget an Eure Magnificenz und Meine Großgünstige Hochgeehrte Herren mein dienstliches Bitten, zu Steuer der Wahrheit, und damit dem gnädigsten Befehl ich völlige Gnüge leisten könne, dem Hrn. Actuario anzubefehlen, daß er zu besagten Actis sub vor jetztgemeldten Extract eine Registratur mache: auf wessen Geheiß dieser Extract von dem Ministerio gefordert worden? Wer den Extract übergeben? Wo das Original desselbigen hingekommen? Ob selbiges nicht D. Pfeiffers Hand, wie diese in Actis sub fol. 3. zu befinden, gewesen? und warum das Stücke des Extracts das fol. 7. b. mit bezeichnet ist, nicht alsobald zum fol. 6 b. dahin es gehöret, geschrieben worden? auch mir sodann diese Registratur zu meiner Nothdurfft furzulegen, wofür ich jederzeit verharre etc.
|| [150]
Es wurde mir aber dieses mein Bitten von denen Herren Com missariis in Ungnaden
abgeschlagen. Die praetexte, die man zu justificirung dieser abschlägigen
Antwort gebrauchte, sind breitern Inhalts im folgenden paragrapho zu lesen, und
überlasse ich dem judicio des Lesers, ob diejenige, so solches gethan, Ehre
davon gehabt, oder nicht.
(Anbefohlne Erklärungen wegen der denunciation der Theolog. Facultät. Protestati. on, daß die Theolog.
Facultät von dieser gantzen Sache wenig Ehre haben könne.)
§. LXXI. Ich kehrete mich aber daran nicht, sondern arbeitete auch die
Erklährungen mit gutem Bedacht und in aller Gelassenheit aus, die mir occasione
der denunciation der Theologischen Facultät, beyzubringen vom Ober-Consistorio
war anbefohlen worden. Und so bald ich damit fertig worden, übergab ich selbige
den 2. Septembr. bey der Universität.
P. P. Warum dem in Actis sub fol. 4. befindlichen gnädigsten Befehlig sub
dato 12. Aprilis bishero von mir keine Folge geleistet worden, deßhalb habe
meine Entschuldigung weitläufftig in meiner jetzo eingegebenen Beantwortung der
Klage des Ministerii ausgeführet, welche ich auch hieher propter connexitatem
causae von Wort zu Wort wiederhohlet haben will. Ich wollte auch wünschen, daß
die Theologische Facultät ihre ungegründete und unerweißliche Beschuldigungen
nicht ferner poussiret hätte. Nachdem aber wegen des letzten gnädigsten
Befehliges die Sache einmahl dahin gediehen, daß ich auch hierinnen mich
rechtlich einlassen soll; Als will ich solches in GOttes Nahmen verrichten, und
hoffe, es werde die Theologische Facultät den aus dieser Sache nothwendig ihnen
erwachsenden Schande und Spott niemand, als sich selbst zuzuschreiben belieben
lassen.
(Zulängliche indicia daß D. P. Autor von denen Erläuterungs-Puncten des Ministerii, jedoch ohne der mei-)
Seine Churfürstliche Durchlauchtigkeit will 1. wissen:
Was massen ich beyzubringen habe / daß D. Pfeiffer ein Memotial im Nahmen des Ministerii ohne dessen Vorbewust übergebeu. Worauf zu unterthänigster gehorsamster Antwort ich der Sachen wahre Beschaffenheit anfangs folgender Gestalt erzehle. Nachdem wegen der Klage des Ministerii der in Actis sub sol. 1. befindliche gnädigste Befehl ergangen, daß die Herren Comissarii mich darüber vernehmen solten, haben etliche von denen Herren Commissariis mich gerne als einen Inquisiten tractiren, und auf articul vernehmen wollen, weswegen sie auch privata autoritate, & absque praescitu reliquorum, oder ohne Schluß des gesammten Concilii den Actuarium Universitatis an den Herrn Superintendenten gesendet, daß er die Special-Gravamina des
|| [151]
Ministerii einsenden solte.
Dieser hat die Sache nicht mit dem gesamten(sten ihren
Vorbewust / sey.) Ministerio communiciret, sondern weil D. Carpzov und
D. Pfeiffer Urheber der von dem Ministerio eingegebenen Klage gewesen, so hat er
Herrn D. Carpzov aufgetragen, daß er excerpta aus meinen Schrifften machen
solte. Dieser aber, weil er dieselbige Woche viel Leichen-Predigten zu thun
gehabt, hat diese Bemühung Hrn. D. Pfeiffern wieder subdelegiret, welcher sodann
die fol. Actorum fub fol. 5. seq. so genannten Erläuterungs-puncta
verfertiget, dieselbe Hrn. D. Carpzovio zugestellet, dieser aber diesen libellum
famosum dem Hrn. Superintendenti eingehändiget, welcher sie endlich, wiewohl nur
auf schlechten Schedis denen Herren Commissariis übersendet. Daß also die
übrigen sechs Collegae des Ministerii, die die erste Klage übergeben, gar nichts
von diesen Erläuterungs-Puncten gewust, auch dieselbige niemahls approbiret,
oder noch approbiren, sondern D. Carpzovio und D. Pfeiffern die Verantwortung
überlassen. Weil aber die Unbefugniß, die die Herren Commissarii mir hierdurch
erwiesen, gar zu mercklich gewesen wäre, wenn diese Schedae, so wie sie
übergeben worden, wären ad Acta gehefftet worden, als hat der Actuarius
dieselbigen mit eigener Hand ad Acta dicto folio 5. seq. niederschreiben müssen,
und keine gehörige registratur darzu machen dörffen, von wem dieselben übergeben
worden. Auch ob ich gleich den 24. Augusti schrifftliche Ansuchung gethan,
daß(Ungegründete raisons /
Warumb man auf Seiten der Universität deswegen gebuhrende registraturen nicht wollen machen lassen.) diese registratur
noch ad acta gebracht werden möchte, und dieses ohne dem Dinge sind, welche zu
thun dem Directori Processus und Actuario ihre Eyd und Pflicht sponte erinnern
solten, so hat man mir doch dieses mein Suchen unter dem gantz offenbahr
ungegründeten Vorwand abgeschlagen: Es differire dieses mein petitum nichts oder
sehr wenig von demjenigen, da ich gebeten, das Ministerium anzuhalten, daß der
Concipient der Klage und der Eläuterungs-Puncte sich unterschreiben solte, und
weil dieses von Seiner Chur-Fürstlichen Durchlauchtigkeit mir abgeschlagen
worden; Als trüge man billig Bedencken, mir in dem jetzigen zu gratificiren.
Wiewohl aber dadurch bey Seiner Churfürstlichen Durchlauchtigkeit die Herren
Commissarii sattsamen Verdacht wieder sich erwecken werden, daß Hrn. D.
Pfeiffern zu Liebe man mir die registratur um keiner andern Ursache willen
denegiret, als daß man mir die auferlegte Bescheinigung nur desto schwerer
machen wolle. So wird ihnen doch verhoffentlich diese ihre Erfindung wenig
helffen, in Ansehen(Handgreifliche Vorschlä-)
ich des festen Vertrauens lebe, daß, wenn Seine Chur-Fürstliche
Durchlauchtigkeit gnädigst geruhen will, theils dem Hrn. Superinten
|| [152]
denti
(ge / wie S. Churfl. Durchl. dißfalls hinter die
Wahrheit kommen könne.) anzubefehlen, daß er über die von mir ietzo
erwehnte Umstände nach seinem Gewissen einen unpartheyischen Bericht einsende;
theils aber dem Hrn. Syndico Universitatis und Actuario bey Straffe aufzulegen,
daß sie die von mir verlangte Registratur mit denen in meinem eingegebenen
Schreiben darinnen exprimirten Umständen, nach ihren Eyden und Pflichten
verfertigten, daß so dann auf meiner Seite es keines fernern Beweises über die
Frage: Ob D. Pfeiffer ein Memorial im Nahmen des Ministerii ohne dessen
Vorbewust übergeben, werde bedürffen.
Zum 2) Will Seine Churfürstliche Durchlauchtigkeit wissen:
Wie ich verificiren könne / was ich D. Johann Benedicto Carpzovio in meinem Schreiben beygemessen. (Daß D. C. der Pf. Begünstigungen consilio et operae theilhafftig gewesen, neun merckliche indicia.) Worauf ich also meine unterthänigste deutliche Erklärung thue, daß ich in meinem Schreiben nichts anders Hr. D. Carpzovio beygemessen, als daß er der Pfeifferischen Begünstigungen consilio & opera particeps sey. Hierzu aber haben mir folgende Umstände Anlaß gegeben. 1) Hat Hr. D. Carpzovius nebst D. Pfeiffern in dem Conventu Ministerii, da die Klage des Ministerii wieder mich unterschrieben werden sollen, am hefftigsten wieder mich sulminiret, und beyde wegen ihrer privat-Beschwehrungen, die sie wieder mich zu haben, vermeynet, ihre übrigen Herren Collegas wieder mich aufgehetzet. 2) Hat D. Carpzov die wieder mich unterschriebene Klage des Ministerii entweder dem gesamten Ministerio proponiret, oder doch dem Hrn. Superintendenti zu proponiren übergeben. 3) Hat D. Carpzov besagte Klage nebst D. Pfeiffern entweder selbst concipirt, oder doch concipiren lassen. 4) Sind in derselben Klage anfänglich viel härtere expressiones enthalten gewesen, welche D. Carpzov und D. Pfeiffer approbiret, aber deme von denen andern Herren Collegis wiedersprochen, und dieselbigen auch hernach ausgelassen worden. 5) Als mein in Actis sub fol. 1. befindliches Schreiben (NB. dieses ist oben §. 29. zu lesen) übergeben worden, und man contra jura die beyden reos Hrn. D. Carpzoven und D. Pfeiffern auch ad Concilium Professorium citiren lassen, haben diese beyde des Nachts zuvor in der Thomas-Kirche zwischen 9. und 11. Uhr bey brennendem Licht mit einander gerathschlaget, wie sie mir Stricke legen, und ein Unglück zubereiten wolten, so gar daß unterschiedene vorbeygehende Studiosi und andere Leute, da sie das Licht zu so ungewöhnlicher Zeit in der Kirche gesehen, nicht anders gemeynet,
|| [153]
als es wären Diebe in der Kirchen. 6) In dem Concilio
haben sie sich beyde nicht alleine eingefunden, sondern auch als partes und
Judices zugleich ihre vota gegeben, da dann sonderlich D. Carpzov wieder mich
eine wohl studirte aber ungemein harte Rede gehalten. 7) Die darauf verfertigte
Supplic der Theologischen Facultät Actorum sub fol. 6. hat D. Carpzov
entweder mit oder ohne D. Pfeiffers Einrathen selbst concipiret, oder doch
concipiren lassen. 8) Als der Decanus Facultatis Theologicae D. Moebius damahlen
auf seinem Gute über Land gewesen, hat D. Carpzovius und D. Pfeiffer einen
absonderlichen Boten zu ihn gesendet, daß er bey Nacht nach Leipzig herein
kommen, und die Supplic unterzeichnen müssen, wobey denn 9) Herr D. Carpzov, als
er erfahren, daß D. Moebius nicht hier sey, absonderlich sehr ängstig gethan,
und, als ob Feuers-oder eine andere Noth vorhanden wäre, sich angestellet;
anderer Umstände, mit welchen mich D. Carpzovius zuvor nun etliche Jahre her
gekräncket, die ich weitläufftig in der bey meiner Verantwortung über die Klage
des Ministerii beygelegten Beylage sub A. beschrieben, anjetzo zu geschweigen.
Wiewohl nun aber dieses alles guten theils im verborgenen(Warumb zu Bescheinigung dieser indicioru̅ kein Eyd deseriret / sondern viel mehr Zeugen angegeben worden.)
geschehen, und bey dieser Bewandnüß ich billich mein Refugium zur Eydes delation
nehmen solte, auch mit gutem unerschrockenen Gewissen das juramentum calumniae
ablegen könte, so enthalte mich doch dessen billich, theils weil ich viel
gegründete, offenbahre oder leicht erweißliche Ursachen habe, mich zu befahren,
daß D. C. den ihme deferirten Eyd wieder sein Gewissen ablegen möchte, theils
weil der gnädigste Befehl nicht dahin gehet, daß extra ordinem consuetum
processus ich, der ich vielmehr Beklagter als Kläger bin, mit dem onere des
Beweises beschweret werden solte, sondern vielmehr dahin sein Absehen richtet,
daß Seiner Churfürstlichen Durchlauchtigkeit ich gegründete indicia meiner
Beschuldigung beybringen solle. Daß dannenhro dieses alles, was ich bishero von
D. C. erzehlet, sich in der Wahrheit also verhalte, wird S. Churfürstl. Durchl.
dadurch vergewissert werden können, wenn dieselbe ohnmaßgeblich 1.) dem Herrn
Superintendenten über diese Umstände, durch einen unterthänigsten Bericht seine
Wissenschafft und Wohlbewust zu eröffnen, 2.) Herr Licentiat Fellern, Herrn
Lic. Rivinum, Herrn M. Wagnern, D. Carpz. Famulum, Herrn Zimmermannen, D. Moebii
ältesten Sohn, Medicinae Candidatum und N. Fuchsen, den Thomas-Küster darüber
wegen ihrer Wissenschafft und Wohlbewust eydlich zu vernehmen, gnädigst
anbefehlen wird
|| [154]
(Erklährung über D. Pf.
Beschuldigungen 1. Wegen der imputirten religionis prudentum)
Zum 3. erfordert S. Churfürstl. Durchl. meine Erklärung.
über die aus D. Pfeiffers programmate allegirte und in meinen Schreiben beniemte loca, und ob ich dem / was D. Pfeiffer daselbst taxiret / und verwirfft / beypflichte. Der erste locus ist auf dem 11ten Blat in Pfeiffers programmate verbis: suamque religionem eruditorum sive prudentum, verius stultorum appellant, welches er mir zu Schimpffe gesetzet, indem ich in meinen Monathlichen Gedancken dieses Jahrs im lanuario p. 59. seqq. geschrieben, man könne auf gewisse masse das paradoxum wohl defendiren, daß die religio eruditorum die beste sey, massen er dann auch in seinem libello famoso actorum sub fol. 5. diese Anklage alsbald oben an gesetzt. Gleichwie aber per religionem eruditorum ich nicht religionem atheorum & impiorum verstehe, sondern zu dem Ende in besagten Januario p. 60. durch eine ausführliche definition meine Meynung gantz deutlich erkläret; also verstehe ich durch das daselbst angeführte Joch der Clerisey weder das Ministerium noch die libros Symbolicos, (die ich pro norma doctrinae, die heilige Schrifft aber pro norma fidei achte) sondern das Joch derer, bey diesen letzteren Zeiten häuffig sich findenden zänckischen Theologen, die aus Eingeben des Satans wegen eines geringen dissensus circa interpretationem scripturae sacrae, oder wohl wegen eines ungewöhnlichen Gebrauchs eines methaphysischen termini oder phraseos durch Verketzerung und Verdammung ihres Gegentheils höchstbedaurlichen Zwiespalt und Zanck in der Gemeine Gottes anrichten. (2. Wegen Durchziehung der Prediger) Der andere (2) locus ist auf den 12. Blat des programmatis inverbis: ut & illi, qui in eo se applausum hominum consecutos censent, si praecones verbi divini eorumque sacra munia cavillari ingeniose queant, quasi ad istam operam a cacodaemone stipendio conducti essent. Hierüber ist meine Erlärung, daß ich die Leute, die solches thun, für gottlose halte, massen mir dann auch niemand mit Grund der Wahrheit wird nachsagen können, daß ich die Prediger göttliches Worts, oder ihr heiliges Amt auf dergleichen Art durchgezogen. Ich habe mich aber über diesen locum deßwegen beschwehret, weil P. in seinen Erleuterungs-puncten mich beschuldiget, daß ich so wohl das gesammte Ministerium, als unterschiedene Prediger insonderheit calumniret hätte, und also ohne allen Zweiffel in besagten programmate durch die jetzo angeführten Worte auf mich gezielet.
|| [155]
Der dritte (3) locus ist in denen quaestionibus Anti Antheisticis(3. Ob man die Sünde ohne dem Verbot eines Ober-Herren
concipiren konne.) tit. 8. qu. 14. An
nihil habeat rationem peccati, nisi sola Dei voluntate vel in ordine ad
civitatem, & ob interdictum superiorum. Negatur contra Scholasticos
quosdam, item Spinosam, Cuperum. Diese Frage hat D. Pf. wahrscheinlich zu meiner
Beschimpffung unter die Anti-atheisticas gesetzet, weil er gewust, daß ich in
meinen Institutionibus Jurisprud. Divinae lib. 1. cap. I. §. 28. legem in genere
beschrieben, quod sit jussus Imperantis &c. auch im cap. 2. §. 74. seq.
die Meynung derer Scholasticorum de actibus per se & sua natura item
antecedenter ad voluntatem divinam honestis vel turpibus nach des Herrn von
Pufendorffs seiner wohl fundirten Lehre refutiret, absonderlich aber eod. cap.
§. 86. nach der Lehre des Apostels gesetzet: quod peccatum sit aberratio a lege.
So wenig nun als diese controvers de formali legis, wie auch alle diejenigen,
die ex disciplina Juris Naturalis hergenommen, ad controversias Theologicas oder
ad Theologiam naturalem zu rechnen ist, sondern entweder ad Philosophiam moralem
oder ad Jurisprudentiam gehöret, so wenig habe ich einem Theologo dieserwegen
für Gerichte Rede oder Antwort zu geben, massen besagtes mein Buch, so viel
librum I. anlanget, allhier zu Leipzig von dem Herrn Ordinario Facultatis
Juridicae, die übrigen beyden Bücher aber zu Halle von einem darzu bestellten
Lutherischen JCto und Consistorial Rath censiret und gedruckt worden, ja so
vielmehr lächerlich ist es, daß D. P. diese Frage, bloß mir Verdruß zu thun, bey
denen Haaren zu denen Anti-atheisticis gezogen.
Der vierdte (4) locus beziehet sich auf tit. 10. qu. 1. welche er, wie(4. Wegen der natürlichen Schamhafftigkeit und derselben
Ursprung.) er setzet, unter andern auch wieder diejenigen defendiret,
a quibus omnis pudor naturalis proscribitur, und sie also unter die Atheisten
rechnet. Daß P. aber mich dadurch meyne, erhellet abermahls, daß in denen
Erläuterungs-puncten bald anfangs er mir ausdrücklich als eine profanitatem in
religione zurechnet, daß ich keinen pudorem naturalem zugeben wolle, und sich
dieserwegen auf meine Institutiones beziehet, aus welchen doch, und zwar ex lib.
3. cap. 2. §. 157. 158 ingleichen §. 238. biß auf §. 243. nur so viel erhellet,
daß ich diejenigen, die von pudore bißher geschrieben, (unter welchen ich
fürnehmlich auf Velthusium sehe) in dieser doctrin viel petitiones principii
begangen zu haben beschuldige, und daß ich §. 243. ausdrücklich setze, pravam
libidinem potissimum fundamentum pudoris vere poni. So dichtet mir es demnach so
wohl die Theologische Facultät, als D. P. per apertissimam calumniam an, wenn
sie saget,
|| [156]
ich statuire, es sey kein pudor naturalis,
massen ich denn nicht allein pudoris existentiam defendire, sondern auch
ohnlängst in einen offenen programmate versprochen, der Jugend mit ehesten die
essentiam pudoris ex doctrina de decoro klar und deutlich für die Augen zu
legen, da im Gegentheil die Theologische Facultät und D. P. wenn sie de pudore
naturali reden, niemand ihren pudorem naturalem durch eine klare und deutliche
definition können zu erkennen geben. Habe ich unrecht geschrieben so geben sie
mir eine, und entsinnen sich nur des bekannten Sprichworts: Hic Rhodus, hic
salta.
(5) Von der scholastischen
Eintheilung des Mosaischen Gesetzes.)
Der 5te locus ist ex eod. tit. 10. qu. 3. hergenommen, Qu. an legis divinae
divisio Mosaica in Moralem, Ceremonialem, & Forensem sit inepta? Negatur
contra scepticos quosdam. Hier hat nun D. P. abermahls niemand anders meynen
können, als mich, weil er keinen andern adversarium, wieder den diese thesis
gerichtet seyn solle, wird anzuführen wissen, ich aber, ob ich gleich niemahlen
besagte Eintheilung als ineptam verworffen, dennoch in denen Institutionibus
Juris divini lib. 1. cap. 2. §. 3. juncta dissert. prooemiali p. 17. §. 20.
& p. 47. §. 43. auch schon längst zuvor in einer Disputation de crimine
bigamiae, die der Herr Ordinarius censura sua approbiret, §. 8. & 20.
meine Ursachen gesagt, warum mir dieselbige mißfalle. Die Theologische Facultät
und D. P. hat, wie ihnen ihr Gewissen sagen wird, so bald als meine
Institutiones fertig gewesen, diese meine Erklärung meiner Sentenz gelesen,
warum haben sie sich denn den vorgewendeten Eyffer für die Ehre GOttes und die
Religion nicht eher, als jetzo wieder mich treiben lassen, da sie doch schon,
wie allenfalls der Herr Superintendens und Herr D. Oearius nach ihren
Pflichten werden bezeugen müssen, noch ehe mein Buch vollend gedruckt worden,
einen Convent gehalten, auf was masse sie zuwege bringen könten, daß mein Buch
confisciret werden möchte, und D. C. darbey absonderlich diese meine Meynung als
heterodox aufgeworffen; wenn Herr D. C. so fertig wäre, diese meine Meynung mit
gegründeten rationibus (darzu er zur Noth alle Rabbinen zu Hülffe nehmen kan) zu
wiederlegen, als fertig er ist, peinliche Anklagen wieder mich zu machen, und
mich nebst andern ehrlichen Leuten auf der Cantzel zu schmähen, würde er die
affectirte autorität und primatum vielleicht besser mainteniren als so.
|| [157]
Nun ist der letzte und 6) locus noch übrig, welcher auf tit. 15. qu.(6) Wegen Erkentniß der Hurerey u. andern dergleichen
Sünden / ingleichen wegen der im 3. Buch Mosis verbothenen
Blut-Schande.) 2. & 5. reflectiret: Qu. an scortatio, mollities,
sodomia &c. in se sint peccata? Affirm. contra &c. eos, qui
pudorem naturalem proscribunt. An gradus lege divina prohibiti sint contra jus
naturae? Aff. contra eos, quibus nec incestus in linea recta pudorem naturalem
violare censetur. Daß D. P. hier abermahls auf mich ziele, beweisen die
Erläuterungs-Puncte, worinnen er unter die von mir begangene profanität contra
religionem auch rechnet, weil mir besagte crimina nicht contra jus naturae
wären. Was ich aber quoad has quaestiones statuire, ist ausführlich aus meinen
Institutio nibus Jurisprudentiae divinae lib. 3. cap. 2. a §. 139. usque ad 167.
item a §. 220. usque ad §. 247. zu lesen; mit welchen aber ejusdem lib. 3. cap.
3. §. 71 ad 75. & a §. 99. usque ad finem capitis, ingleichen der 20. §.
aus der dissertatione prooemiali conjungiret werden muß, als woraus erhellet,
daß ich nicht etwann diese gottlose Lehre führe, ob wären besagte Laster nur von
denen menschlichen Gesetzen verbothen, und wären also nicht alle Menschen,
absonderlich aber die Fürsten, nicht gehalten, diese Verbothe zu unterlassen,
wie mir P. hämischer Weise, wenn er mich zu Knuzio, Cupero, und denen Epicuraeis
recentioribus in denen besagten quaestionibus rechnet, Schuld giebet, sondern,
daß dieses meine Meynung sey, daß wir aus der blossen Vernunfft ohne die heilige
Schrifft kein gnugsam stringirend argument vorbringen können, durch welches wir
einen Heyden (dem doch das Gesetz der Natur in das Hertz geschrieben) zu
convinciren wüsten, daß obgesagte Laster der Natur und dem Gesetz derselben
zuwieder wären, hingegen aber, daß wir aus heiliger Schrifft erkenneten, daß
GOTT diese Greuel anfänglich allen Menschen und consequenter auch Fürsten per
legem positivam universalem sub lege morali contentam nach drücklich verbothen
habe, und dannenhero die Ubertretung derselben ja so eine schwere Sünde sey, als
die Ubertretung des natürlichen Gesetzes, und daß wir diese Meynung uns
fürnemlich zu dem Ende bey Zeiten imprimiren müsten, damit nicht, wenn wir bey
der gemeinen Lehr-Art verbleiben, und diese Laster mit schlechten
Vernunffts-Gründen bestreiten wollten, Spötter und Atheisten daher Gelegenheit
nehmen möchten, unschuldige Hertzen zu verführen, wie für etlichen Jahren mit
der polygamie (nachdem dieselbige gleichfalls wieder das Recht der Natur zu seyn
gelehret worden) geschehen. Ist nun noch die geringste Ader, ich will nicht
sagen eines Theologi, sondern nur eines Christens in Herrn D.
|| [158]
P., so handele er so aufrichtig an mir, und erweise mir, daß was
gefährliches oder Atheistisches in dieser meiner Lehre enthalten sey. Ich will
es mit ihm nebst GOttes Beystand in Schrifften und mündlich für Gelehrten und
Ungelehrten, Hohen und Niederen annehmen, und ihn der mir hierdurch erwiesenen
Verleumdung überzeugen.
(Erklährung von dem Aergernüß und der Unruhe / die aus D. Pf. Collegio Antiatheistico zu befahren.)
Zum IV. erfordert S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit hierinnen meine Erklärung:
Was massen meine assertion zu verstehen: daß wenn D. P. das obige Collegium zu halten / und das programma auzuschlagen vergönnet würde / viel Aergernüß und Unglück / so die Ruhe des gemeinen Wesens nothwendig turbire / gar wahrscheinlich entstehen könne. Gleichwie aber S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit hierüber allbereit in einer sub dato 27. Junii eingesendeten unterthänigsten Supplication (NB. Siehe oben §. 54.) ich meine Meynung zum Theil eröffnet, als in welcher ich erwehnet, daß 1) D. P. wieder den gemeinen Gebrauch unter dem Worte Atheisten alle irrige Lehren von GOttes Wesen, 2) Leute, die gantz offenbar an diesen Laster unschuldig sind, 3) die Cartesianer, die heut zu Tage durchgehends bey uns als Grund gelehrte Leute passiret werden, rechnet, 4) unter die quaestiones anti-atheisticas auch solche zehlet, die gar nicht zu der Theologie gehören, 5) solche Meynungen in seinen quaestionibus defendiret, die entweder dem Mißbrauch fast gantz und gar unterworffen sind, oder 6) mit dem respect, den die Clerisey der hohen Obrigkeit schuldig ist, streiten, und groß Aergerniß in der Republic erwecken; also ist leicht hieraus zu verstehen, was für prostitution bey auswärtigen, und denen die von D. P. ohne Ursache unter die Atheisten gerechnet sind, wahrscheinlich Eurer Churfürstl. Durchlauchtigkeit Acadcmie daraus entstehen können. Was aber hier die innerliche Ruhe und den gemeinen Wohlstand angehet, habe ich gemeynet, daß bey dieser confusen tractation und D. P. dabey geführten scandaleusen Leben der studierenden Jugend mehr zum Atheismo führende scrupel beygebracht, und zu den hochschädlichen Laster der heuchlerischen Atheisterey dieselbe verführet werden würde. Ich habe mich auch über dieses befahren müssen, daß durch seine ungleiche Beschuldigung und Durchziehung meiner Person, als die er in seinen Collegio fast bey allen lectionen durch unchristliche und untheologische Worte wieder mich geführet, er die studierende Jugend wieder mich auf hetzen, und zu einer Thätlichkeit veranlassen möchte, massen denn allbereit damahls in Sr. Churfl. Durchlauchtigkeit Convictorio die Gemüther der meisten wieder mich wegen dergleichen blâme sehr erbittert gewe
|| [159]
sen, und
etliche von meinen Auditoribus gleichsam als Atheisten und Ketzer beschimpffet
und verachtet.
Ob nun wohl hiermit S. Chur-Fürstl. Durchlauchtigkeit gnädigsten(Hertzliche Klage über der Theol.
Facultät falsche Beschuldigung.) Befehlig ich verhoffentlich
ein unterthänigstes Gnügen geleistet, so achte ich doch vor nöthig, hierbey in
unterthänigstem Gehorsam zu contestiren, daß die grausamen und unerhörten
Anschuldigungen einer Theologischen Facultät zu Leipzig ich mir mit grosser
Hertzens-Bekümmerniß zu Gemüthe ziehe, zumahlen da dieselbe 1) eine gantz
offenbahre und ihrem character sehr übel anstehende calumnie zum Grund geleget:
Ich gäbe mich in meinem Schreiben derer in D. P. programmate und quaestionibus rechtmäßig verworffener und gestraffter Unthaten / und wieder GOTT und unsere libros symbolicos lauffende Reden und Lehren selbst schuldig u. s. w. Da doch nicht nur mein Schreiben ausdrücklich weiset, daß ich D. P. Anzwackungen mich bloß deßhalben annehmen müssen, weil er in denen so genannten Erleuterungs-Puncten dieses für meine Meynung ausgegeben, sondern auch aus meiner ietzigen Erklährung, die meinen Schrifften und meinen Lehren gantz und gar gemäß ist, gnugsam erhellet, daß meine Lehren wieder GOTT und unsere libros symbolicos nicht lauffen, vielweniger für Unthaten zu achten. So habe ich auch(Und offenbahren Mißbtauch des göttlichen Nahmens Ehre.) fast nicht ohne Thränen lesen können, daß die Theologische Facultät GOttes heiligen Nahmen und die heilige Theologie so schwerlich gemißbrauchet, und ihren Spott damit getrieben, wenn sie nicht allein vorgiebet, sie habe ihre denunciation Amts-Pflichts- und Gewissens halber gethan, sondern auch S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit bereden will, es werde, wenn S. Churfürstl. Durchlauchtigkeit wieder mich inquirirte u. s. w. zu GOttes Ehre gereichen, und GOTT werde S. Churfürstl. Durchl. davor reichlich seegnen. Ich wünsche von Hertzen, daß sie GOTT bekehren, und ihnen diesen ärgerlichen Mißbrauch vergeben wolle, und wie im übrigen S. Churfürstl. Durchl. ich um nichts mehr, als die hohe Gnade, mir gemeines Recht wiederfahren zu lassen, unterthänigst anflehe, also behalte ich mir wieder die Theologische Facultät quaevis jura competentia ausdrücklich bevor, verharre aber hierbey etc. §. LXXII. Ich kan leicht vorher sehen, daß die meisten Leser,(Unvermuthete Endschaft dieses) wenn sie bis hieher kommen, nunmehr recht curiös und begierig werden möchten zu wissen, was dann nach diesen von mir eingegebenen Beantwortungen wo nicht von dem gesamten Ministerio und der Theologi
|| [160]
schen
(Handels u. deren Ursachen.) Faeultät doch zum
wenigsten von denen beyden Herren, D. C. und D. Pf. ferner vorgenommen worden,
nachdem ja in denen von mir bisher erzehlten und ad acta gebrachten Schrifften
viel verdrießlichere und sensiblere Dinge auf das Tapet gebracht worden, als
nimmermehr vorher in denen Monaten geschehen, wegen welcher doch dieser Lermen
mit assistenz dieser beyden Corporum mit solcher fast unglaublicher Hefftigkeit
angefangen worden. Ich kan dergleichen Gedancken niemand verdencken, denn ich
selbst, und meine wenige gute Freunde, dachten damahls nicht anders. Ja die
gantze Stadt erwartete mit grossem Verlangen, wie es mir nun gehen würde, indem
ich der göttlichen Allmacht und der Gerechtigkeit meiner Sachen vertrauende, die
Sache nicht heimlich hielte, sondern jedermann, der mich darum befragte,
umständliche Nachricht davon crtheilte. Aber dem allen unerachtet, ist wegen
dieser beyden denunciationen oder peinlichen Anklagen, von meinen Herren
Adversariis, weder in corpore, noch insonderheit, nicht das geringste weiter
öffentlich wieder mich eingegeben worden, sondern so bald ich diese meine
doppelte Beantwortungen und Erklährungen ad acta eingegeben hatte, kam nichts
wieder zum Vorschein, sondern die bisher gemeldeten denunciationes blieben
liegen und hat also diese historische Beschreibung ein Ende. Wie es zugegangen,
kan ich nicht melden, sondern ich überlasse solches alles des Lesers reifferen
Nachdencken. Ich zweifle zwar nicht, es habe die Universität beyderley Acta
wieder in das Ober-Consistorium geschickt, auch dieses selbst nicht für rathsam
befunden, daß bey so bewandten Umständen neue Befehliche deßwegen ertheilet
würden, weil sie wohl vorher sahen, daß dieselbigen nicht gar zu favorable für
die beyden denuncirenden Corpora würden ausfallen können. Die beyden Herren
Urheber aber fanden auch nicht rathsam, die Sache weiter zu poussiren, weil sie
deutlich begriffen, daß nunmehro ihre Haupt-Intention, mich in eine schimpfliche
inquisition oder wohl gar zur captur zu bringen, rebus sic stantibus, nicht
würde zu Wercke gerichtet werden. Und weil sich allbereit andere Personen
angaben, die mich eben so peinlich anklagten, als sie gethan, als wolten sie
lieber eine Zeit lang, nach ihrer gebräuchlichen Redens-Art, sich hierbey mere
passive verhalten, und sehen, wie weit dieselbe es bringen würden, oder auf eine
neue Gelegenheit warten, vermittelst welcher sie mit mehrerm Nachdruck mir
schaden könnten, wie davon in meiner dem Brenneysischen scripto angefügten
Apologie zum Voraus mit mehrern ge
|| [161]
lesen werden
kan, dessen weitläufftigere Erklährung aber ich biß zu einer andern Gelegenheit
aussetze.
§. LXXIII. Wolte man fragen, wie es denn komme, daß ich(Warumb die Sache von mir selbst nicht fortgesetzet worden.) sebst die
Sache nicht weiter poussiret / und zum wenisten auff eine förmliche absolutoriam
gedrungen hätte; und vielleicht dabey auff die Gedancken fallen, daß ich mich
gewiß nicht gar zu gerecht gewust haben müsse, weil ich solches unterlassen; so
kan ich dieses dubium gar leicht beantworten, daß ich von Natur zu zancken nicht
geneigt, und dannenhero GOtt danckte, daß ich ohne ferner von mir geforderte
Verantwortung und ohne fernere Hinderung in der That wieder in den Stand meiner
vorigen Freyheit gesetzt wurde, meine Monate zu absolviren, auch meine Collegia
so wohl Juridica als Philosophica wie vorher zu continuiren, und nach meiner
Erkänntnüß mich an keines Menschen Meynuug zu binden, sondern die gemeinen
Irrthümer bescheidentiich aber doch offenhertzig zu refutiren, fürnehmlich aber,
daß das Hochwürdige Ober-Consistorium (eo ipso, daß es mir vergönnete, einen
andern Beicht-Vater anzunehmen, und daß der von mir neuerwehlte auch ohne
Weigerung sich dazu bequemte,) ohne formale schrifftliche Befehle, deutlich
genung zu verstehen gab, daß es die von dem, obgleich viritim unterschriebenen,
Ministerio und von der Theologischen Facultät eingegebene Beschuldigungen für
falsch und unerweißlich hielte, und daß die übrigen von dem Ministerio durch D.
C. und D. P. Beredung vorhero wieder mich auffgebracht worden.
§. LXXIV. Beydes etwas deutlicher zu machen, so zeigen meine(Exempel der wieder der wieder wärtigen Willen maintenirten Freyheit zu lehren und
zuschreiben.) Zeit währendes dieses Streits und nachhero in Leipzig noch
geschriebene Monate, daß ich in Julio des 89. Jahrs bey referirung des
Abercrombii Furis Academici, in Augusto in dem raisonnement von Confucio, item
von Lohensteins Arminio, in October von des Huetii Censura Philosophiae
Cartesianae, und von des Anonymi Philosophie du Prince, und in November von der
Beschreibung der Sevarambes, ja so freymüthig als vorhero von denen damahls noch
üblichen und von meinen Adversariis grösten theils vertheydigten Pedantischen
Lehren, und moribus der Lehre raisonniret, ja in dem November den Autorem, der
das Gedichte von denen Sitten der Sevaramber verfertiget, wieder die rationes
nach welchen Herr D. Pf. in seinen lectionibus Anti Atheisticis ihn zum
Atheisten machen wollen, gründlich jedoch glimpfflich vertheydiget, und
gezeiget, daß er den Herrn Morhoff absque judicio in diesen Stück
ausgeschrieben. Es wird
|| [162]
auch hiernechst aus meinen
hernach zusammen gedruckten kleinen teutschen Schrifften zu lesen seyn, daß ich
mitten in diesen troublen an 10. Junii des 89. Jahrs ein teutsch programma
publiciret, in welchen ich denen studierenden einen Vorschlag thate, wie ich
einen jungen Menschen, der sich ernstlich fürgesetzt, GOtt und der Welt
dermahleins in vita civili rechtschaffen zn dienen, und als ein honnet und
galant homme zu leben, binnen dreyer Jahre Frist in der Philosophie und singulis
jurisprudentiae partibus zu informiren gesonnen wäre, und damit nach Michaelis
desselbigen Jahres den Anfang machen wolte, und daß mir, unerachtet der von der
Theologischen Facultät und dem Ministerio indessen entstandenen und nachhero biß
auf Michaelis continuirten Verfolgung, dennoch nicht alleine selbiges a
Consistorio supremo nicht ver boten worden zu halten, sondern auch daß ich cum
applausu dasselbige umb gemeldete Zeit angefangen, und biß meine Adversarii
anderer und neu erfundener Mittel sich bedienet, mich zu verjagen, continuiret.
Ja obwohl dieses alles meinen Adversariis dergestalt in Leibe risse, daß der
vornehmste, (ich hätte mich bald verschrieben, und gesetzt, der gröbste) drunter
sich nicht enhalten konte, sein heiliges Amt empfindlich zu prostituiren, und
zwar keinen libellum famosum, aber doch eine sehr plumpe und abgeschmackte
Schmähe-Schrifft, wieder mich zu publiciren, und zu versuchen, ob er nicht zum
wenigsten auff diese Weise mir die Auditores abspänstig machen könte; dennoch
auch diese invention keine andre Würckung hatte, als daß der Autor damit seinen
mehr als hündischen Neid für jedermanns Augen legte, und von denen die sich ohne
dem bißher an seinen immer mehr und mehr zunehmenden Grobianismo geär gert
hatten, nur ausgelacht wurde; dergestalt, daß ich damahls in der ersten Hitze
nicht schlim in Willens hatte, an statt der Beantwortung daß alte bekannte
Gedichte von Grobiano wieder aufflegen, und dieses Scartecgen als ein specimen
beydrücken zu lassen, und (weil er sich auff den Titel desselben einen
Unbekannten genennet hatte) dem Bekannten Unbekannten in einer kurtzen an statt
einer Vorrede praemittirten allocution zur Danckbarkeit zu dediciren. Nachdem
ich aber die Sache reifflicher überleget, ließ ich es unterwegens, und that
hernach diesen Werckgen, zur Bezeugung, daß ich es für incapabel hielte, mir und
meiner Lehr-Art bey vernünfftigen Leuten den geringsten Schaden zu thun, die
Ehre an, daß ich es ohne satyrische Manier, meinen kleinen deutschen Schrifften
beydrucken liesse, und nur mit zwey Worten dabey erinnerte, daß Herr D. A. P.
Autor davon gewesen. Dieses letzte
|| [163]
assertum gleichwie
es zur Zeit der ersten publication des Gutachtens jedermann in Leipzig bekannt
war, auch der Autor selbst es gegen die, so er für seine guten Freunde, oder
doch zum wenigsten für seines gleichen hielte, nicht eben läugnete, also wird es
auch von niemand in Zweiffel gezogen werden, der sich die Mühe geben will, diese
Schrifft gegen D. P. andre Streit-Schrifften wieder den Seeligen D. Spener, Herr
D. Petersen und andre edirt, und seinen Nahmen vorgesetzet, zu conferiren. Er
bemühete sich zwar anfänglich, so viel möglich, sich dadurch unbekannt zu
machen, daß er mir vorwurff, als hätte ich mich darauff viel eingebildet und
damit geprahlet, daß mich das Reich der Pedanten und Heuchler als einen
Atheisten und profanen Mann angeklaget hätte; da ich doch viel zu tumm dazu
wäre, und daß sich keiner jemahls die Mühe genommen mich eines Atheismi mit
Nachdruck zu beschuldigen, und wenn es ja etwan einer oder der andre einmahl
gesagt hätte, quid tum postea? Denn durch diese Worte solte sich der Leser
einbilden, daß dieses Gutachten von einen Unbekannten ausser Leipzig gemacht
worden, der von denen arcanis Lipsiensibus keine Nachricht hätte; alleine es
spotteten auch schon damahls die Studiosi zu Leipzig des Mannes Rabbinischen
unverschämten Einfalt, und sagten, daß er durch die zur Unzeit beygefügten
limitation: mit Nachdruck zwar hätte praecaviren wollen, daß man ihn nicht etwan
einer offenbahren Unwahrheit beschuldigen könte, aber eben damit sich gar zu
sehr verrathen hätte; indem zwar freylich die jedermann bekannte Beschuldigung,
daß ich Atheistische Lehren führete, keinen Nachdruck weder bey denen Studiosis
noch bey ihren Eltern, am allerwenigsten aber bey dem Hochwürdigen
Ober-Consistorio zu Dreßden gehabt; aber daß eben dieser Mangel des Nachdrucks
und daß D. P. diese Beschuldigung nicht verificiren können, mir desto mehr
Gelegenheit gegeben hätte, mich über diesen Frevel in öffentlichen Schrifften zu
beschweren, und daß eben diese mit so grossen Bedacht eingeflickte Geständniß
des began̅genen Unfugs nicht mich, sondern ihn selbst höchstens
prostituirete.
§. LXXX. Was die permission mir einen andern Beicht-Vater(Notable Umstände / die
vergönnete Erwehlung eines neuen) zu erwehlen betrifft, so habe ich
schon oben §. 67. etwas davon gemeldet, und ist also noch übrig, daß ich vor
Beschluß dieses Handels die gantze Sache umständlicher erzehle, zumahl da meine
Adversarii intendirten, mich durch diese ad reliquias Papatus gehörige
excommunication mit Nachdruck zu prostituiren. In denen oben §. 26. zu lesenden
eingeschobenen Erleuterungs-Puncten beschuldigte man mich unter andern, daß
|| [164]
(Beicht-Vaters betreffend.) ich meinen bißher
gewesenen Beicht-Vater gröblich beleidiget, und ihm die Absolution gleichsam
abgestohlen hätte, und da man mich zugleich zu Ende dieses libelli samosi einer
blasphemie beschuldigte, hatten meine Adversarii schon feste sich beredet, es
könne nun nicht fehlen, daß ich zum wenigsten in excommunicationem minorem
versallen würde. Denn wenn ich nach Verfliessung etlicher Monaten wieder zur
Beichte mich einfinden wolte, würde ich entweder bey meinen bißherigen
Beicht-Vater nebst denen andern Beicht-Kindern de facto hintreten, oder vorher
mich wegen dieser neu entstandenen Streitigkeit anmelden lassen. Geschähe jenes,
so würde es Herrn D. C. nicht verdacht werden können, wenn er mich abwiese, und
also in Gegenwart etlicher Zeugen besehimpffte, ja gar ein argument zu neuen
Klagen daher wieder mich nähme liesse ich mich aber bey ihm melden, so würde
seine bereits fest beschlossene Abweisung doch auch nicht heimlich bleiben; und
ich also ebenmäßig prostituiret werden: wolte ich einen andern Beicht-Vater
wehlen, würde ich doch keinen so trerchertzig machen, daß er mich annehme, so
lange die von dem gantzen Ministerio und zwar a singulis unterschriebene Klage
nicht abgethan wäre: bliebe ich aber gar von der Beichte und Abendmahl von
freyen Stück en weg, so würde man neue Gelegenheit bekommen / mich als einen
offenbahren Verächter des Abendmahls bey Hoffe zu verklagen. So listig nun
dieser Jesuitische Anschlag ausgesonnen war, und so gefährlich er auch zu seyn
schiene; so gab mir doch GOtt Gnade, daß ich auch diesen Fallstricken entgienge.
Denn nachdem ich, wie oben gemeldet, bey dem damahligen Herrn Superintendenten
mich zum gütlichen Vergleich offeriret, und ihn seines Orts davon eben nicht
abgeneigt zu seyn gemercket hatte; gieng ich nach etlichen Wochen wieder zu ihn,
und vermeldete ihn, daß nunmehro die Zeit wieder herbey nahete, in welcher ich
mich sonst des H. Abendmahls zu bedienen pflegte; dieweil ich aber aus wichtigen
und oben angeführten Ursachen gesonnen wäre, einen andern Beicht-Vater zu
erwehlen, solches aber nicht eher thun könte, als biß die Klage des Ministerii
gehoben wäre, als bäte ich ihn, er möchte doch den Vorhabenden Vergleich
beschleunigen. Der Herr Superintendens gab hiervon dem gantzen Ministerio,
zuförderst aber meinen beyden Haupt-Adversariis Nachricht. Diese protestirten
hefftig dawieder, daß man mich nicht zulassen und den andern Herren
Ministerialibus, sonderlich aber denjenigen, den ich zum Beicht-Vater annehmen
wolte, sagen solte, daß sie mich nicht admittirten. Der Herr Superintendens
replicirte;
|| [165]
ich hätte ihn noch niemand genennet, ja
so gar nicht das geringste mich mercken lassen, aus welchen ich für andern
reflectirte, daß er es aber allen untersagen solte, daß mich keiner admittirte,
dabey hätte er auch vielfältiges Bedencken, daß er solches für sich und ohne
vorhergehende Consistorial-Ordre nicht wohl thun könnte; sondern er riethe
vielmehr, daß Hr. D. C oder D. P. oder alle beyde dieserwegen selbst einen
Consistorial-Befehl ausbringen möchten. Weil aber diese beyde auch Bedencken
hatten, ich weiß nicht aus was für Ursachen, deßhalb eine schrifftliche Klage zu
übergeben; als vermeynten sie zwar anfänglich, das Consistorium zu Leipzig durch
mündliches, jedoch geheimes Einbringen, dahin zu bewegen, daß sie ex officio
einen ihnen favorablen Befehl entweder an den Superintendenten oder das gesamte
Ministerium oder an mich abgehen liessen. Allein dieses war zu verständig dazu,
sich dieses zu unterfangen, und wendeten hauptsächlich zu ihrer Entschuldigung
für, daß weil die Haupt-Klage des Ministerii einmahl bey dem Ober-Consistorio
angebracht wäre, auch dieser punct daselbst zu Dreßden nothwendig ausgemacht
werden müste. So bald ich hiervon Nachricht bekam, bate ich den Hrn.
Superintendenten, daß er so gut seyn möchte, mein desiderium, nebst meinen
oberwehnten Erklährungen dem Ober-Consistorio selbst schrifftlich vorzutragen,
und dabey um einen Befehl zu bitten, wie er sich hierbey verhalten solte. Er
versprach mir solches und hielte es auch redlich, massen er mir dann noch zu
Ende des Maji, wie allbereit oben §. 66. angeführet worden, meldete, daß von dem
Hochwürdigen Ober-Consistorio ihm wäre anbefohlen worden, daß, wenn ich mich
erklähren würde, wie ich keinen Haß noch Feindschafft gegen meinen gewesen
Beicht-Vater trüge, er sodann mir vergönnen solte, einen andern Beicht Vater zu
wehlen. Es zeiget auch zugleich mein damahliges Schreiben an den Herrn
Superintendenten eod. paragrapho 66. daß ich nach Erhaltung dieser resolution
desto eyfriger bemühet gewesen, wegen des Vergleichs mit dem gesammten
Ministerio die Sache zu Stande zu bringen, indem ich einen neuen Verdruß mich
nicht unbillich zu befahren hätte, wenn ich, so lange die von dem gesamten
Ministerio unterschriebene Klage und denunciation nicht cassiret wäre, mich
unterstünde, jemand daraus zu meinem Beicht-Vater zu wehlen, zu geschweigen, daß
ich auch zu ihrer keinen kein Vertrauen haben konte, so lange diese von ihnen
unterschriebene ungegründete denunciation nicht aufgehoben wäre. Nachdem aber
diesen allen unerachtet die Güte gleichsam sich zerschlagen hatte, und ich durch
die Haupt-Adversarios forciret
|| [166]
worden war; meine
Antwort und Erklährungen auf die denunciationes zu thun, auch solches, wie oben
zu sehen, ziemlich derb und cordate geschehen war, dergestalt, daß es denen
Adversariis wohl schwerlich gefallen konte; So hatte ich mich zwar nicht
unbillich zu befahren, daß mir nunmehro die admissio ad sacram coenam von neuen
möchte difficultiret, oder von dem von mir nun zu wehlenden Beicht-Vater die
acceptirung zum wenigsten aus Furcht für D. C. und D. P. dörffte depreciret
werden. Aber ich muß auch in diesem Stück des Hrn. Superintendentis mir
erwiesene Christliche Liebe preisen, daß er ferner an das Ober-Consistorium
einen Bericht abstattete, darinnen meine declaration so wohl in Ansehen des
gesamten Ministerii, als auch wegen D. C. und D. P. in specie, ingleichen was
ich mich auf Seiten des neu zuerwehlenden Beicht-Vaters besorgete, aufrichtig
meldete, und darauf einen neuen Befehl erhielte, daß er mich nunmehro ohne
fernere Anfrage admittiren, und, da es nöthig wäre, dem von mir neu benannten
Beicht-Vater melden solte, daß, wenn er nicht sonst Bedencken trüge, mich
anzunehmen, er solches, der von dem Ministerio beschehenen denunciation beym
Ober-Consistorio unerachtet, gar wohl thun könne. Es erfreuete mich auch von
Hertzen, als er mich zu sich bitten ließ, und bey meinem Erscheinen mir von
dieser erhaltenen Ordre mündliche Nachricht gabe, und vertrauete ich ihm so dann
nicht weniger, daß ich Herrn Lic. Ittigen (der nachhero Doctor Theologiae wurde,
und ihm dem Herrn D. Lehmann in der dignität der Superintentur succedirte) zu
meinem Beicht-Vater ausersehen hätte, nebst freundlicher Bitte, diesem alsbald
davon, und von dem Inhalt des Ober-Consistorial-Befehls Nachricht zu geben;
Worauf ich nach wenig Tagen mich bey ihm in Beicht-Stuhl einfand, und so lange
ich in Leipzig verblieben, Seiner als meines Beicht-Vaters mich bedienet.
(Beschluß dieses Handels.)
§. LXXVI. Noch eines habe ich bey dem Beschluß zu erinnern; warum ich bey
Erzehlung dieser letzten affaire nicht auch die Berichte und Befehle
umbständlich und in ihren formalien mit angebracht, wie vorhero mit der
Haupt-Sache geschehen, damit nicht etwa jemand daraus Gelegenheit nehme, meinen
dißfalls geschehenen Bericht verdächtig zu halten, oder in Zweiffel zu ziehen.
Die Ursache ware, weil von denen Umständen der Haupt-Sache die acta mir entweder
in Abschrifft waren communiciret, oder doch ad excerpendum vorgeleget worden;
welches bey der letzten affaire nicht geschahe, sondern von dem Hrn.
Superintendenten alles mir mündlich berichtet, auch bey dieser mündlichen
|| [167]
Unterredung nicht einmahl die erhaltenen
schrifftlichen Ordren oder Befehlige sind gezeiget worden. Nachdem nun dieses
alles, was er mir meldete, mir im geringsten nicht praejudicirte, sondern
vielmehr sehr favorable für mich war, auch der effect die Wahrheit bezeugte,
würde ich sehr unhöflich gehandelt haben, wenn ich thm die schrifftliche
communication seiner Berichte, und der darauf ergangenen Befehle nur hätte
zumuthen, geschweige denn drauf dringen wollen.
II. Handel. Ob und wie weit Comödianten / Pickelheringe / item Scharffrichters
Söhne ad Dignitates Academicas zuzulassen; item ob das Papiermachen denselben
praejudicire.
§. I.
ISt jemahls eine moralische oder politische doctrin durch die(Verwirrung und Schwürigkeit der Lehre von ehrlichen und
unehrlichen Thun und Lassen.) Acade mischen Lehrer, und sonderlich
durch die Juristen verwirret worden, so ist es gewiß die Lehre von der Ehre und
Ehrlichkeit, oder den guten Nahmen der Menschen, und der dieser entgegen
gesetzten Unehre dergestalt, daß auch nach Marquardi Freheri und Pufendorfii
hiervon edirten Schrifften, noch viele Zweiffel überblieben, von denen ich meine
Gedancken an unterschiedenen Orten eröffnet, indem ich nicht allein 1703. in der
disputation de Noricorum causis adimendi legitimam §. 20. seq. sondern auch
hernach 1709. noch ausführlicher in der disputation de existimatione, fama
& infamia extra Rempublicam, und endlich 1713 in denen notis ad
Pandectas tit. de his qui notantur infamia, die meisten hieher gehörige Streit
Fragen angemercket, und dabeneben einen Vorschlag gethan, wie aus diesem
Labyrinth etwa zu kommen sey, auch zugleich eine kleine Probe vorgestellet, wie
man sich zuförderst einen deutlichen und gegründeten Begriff von der Natur und
Eigenschafft eines guten Nahmens und Gerüchts, ingleichen der Schande und Unehre
in dem Stand natürlicher Freyheit und ausser der bürgerlichen Gesellschafft
machen, und etliche hierbey vorkommende irrige Mey
|| [168]
nungen meiden müsse: ingleichen woher es komme, daß in denen
bürgerlichen Gesellschafften nicht einerley Meynungen von löblichen und
schändlichen Thun der Menschen sey, sondern nach dem Sprichwort: Ländlich,
sittlich, was an einem Orte für wohlanständig, oder doch zum wenigsten für nicht
über-anständig gehalten, an andern hingegen für schändlich, unehrlich u. d. g.
geachtet werde? welchergestalt dannenhero nicht zu verwundern, daß auch nach
Römischen und Teutschen Rechten dißfalls ein grosser Unterscheid müsse gemacht
werden, und der titulus pandectarum de his, qui notantur in famia bey uns
schlechten Nutzen habe, ja in denen alten teutschen Statuten und Gewohnheiten
selbst solche Dinge vorkommen, da wir nicht wissen, was wir damit machen sollen
u. s. w. Z. E. Also waren bey denen Jüben auch diejemgen unehrlich, die die
Tauben fliegen lerneten: Also hat schon Cornelius Nepos in der Vorrede
angemerckt: daß bey denen Griechen nicht für schändlich gehalten worden, wenn
einer seine leibliche Schwester geheyrathet, ing eichen, daß junge Bürchsgen von
ihren Liebhabern, als Frauenzimmer, bedienet worden, daß Adel. Wittwen
Comödiantinnen abgegeben, hingegen kein ehrlich Frauen-Volck mit denen Männern
zu Gaste gegangen, noch ihre Zimmer forne heraus auf die Strasse gehabt,
vielweniger visiten ausser von denen nächsten Freunden, angenommen; Also war bey
denen Römern eine Geschwächte keine Hure, vielweniger eine concubine, denn sie
wusten davon nichts, daß die Ehe ein Sacran ent seyn solte: So waren auch bey
denen Römern die ausser der Ehe gezeugten Kinder nicht infam, noch für
Huren-Kinder gehalten. Also waren für etlichen hundert Jahren die Diebhencker in
Teutschland noch nicht infam, sondern dieses Amt wurde von ehrlichen Leuten,
auch wohl von denen untersten Schöppen verrichtet. Also ist sehr ungewiß in
denen alten teutschen Statuten: was Katzen Ritter heissen, und warum dieselbe
für rechtloß gehalten worden; ingleichen die Spielleute und Gauckler; und ob
auch die Feder-Fechter und Marx-Brüder darunter zu rechnen? It. wie die
Stadt-Pfeiffer und Kunst-Geiger von denen Spielleuten zu unterscheiden? Wohin
die Taschen-Spieler, Häscher, Schwein-Schneider, Schinder, Unflaths-Räumer, zu
rechnen? Also ist zweiffelhafft gewesen, wie ein Gesetz zu verstehen, wenn ein
Fürst befohlen, daß wenn die von Adel mit Weibes-Personen vom Bauren-Stande und
gar geringen Herkommens sich verheyratheten, alsdann die Kinder nicht für
ebenbürtig zu halten wären? Da nehmlich der Fall sich zugetragen, daß einer von
Adel eines Buch druckers Tochter geheyrathet? u. s. w.
|| [169]
§. II. Absonderlich aber sind wegen der Comödianten, Pickelheringe,(Insonderheit von Comödien und Possenspielen.) u.
d. g. noch heutzutage viele Streitigkeiten zwischen denen Gelehrten,
absonderlich aber auch unter denen Theologis selbst, worzu viel Gelegenheit
gegeben, daß nach denen Römischen Rechten die Geld-Comödianten für unehrlich
gehalten worden, und daß die ersten Kirch-Väter gar offte wieder die Comödien
geeyffert. Hingegen hat schon für hundert Jahren der berühmte JCtus Albericus
Gentilis einen sonderlichen tractat davon geschrieben, daß man weder die
Comödianten noch ihre Zuschauer für anrüchtig halten solle; und die gottseeligen
Herrn Jesuiten würden ja das nicht thun und durch ihre Schüler so viel Comödien
und Tragödien (in sensu proprio & metaphorico) anstellen, wenn die
Comödien was schädliches wären. Wannenhero desto weniger zu verwundern, daß auch
die Evangelische Theologi für die honneteté der Comödien und Possenspiele so
eyffrig gestritten, weil die Kirchen-Historie lehret, daß Philippus Melancthon,
der zu seiner Zeit für den gemeinen Praeceptor und Lehrer der gesammten
Evangelischen Teutschen Lande passirete, die Comödien in denen Lutherischen
Schulen wieder eingeführet Gleichwie aber die allzueyffrigen Vertheydiger der
Comödien gemeiniglich ihre natürliche Neigung zur Wollust verrathen haben, und
vergebens ihre eigene prostitutiones, wenn sie Comödien machen oder denenselben
beywohnen, zu vertheydigen gesuchet; Also ist bey denen hefftigen Anfechtern und
Verdammern der Schauspiele und der Comödianten zu bedauren, daß sie nach ihrer
natürlichen melancoley und Ehrbegierde die zur Wollust treibende oder
Anlaß-gebende actiones alleine für schädlich und schändlich gehalten, hingegen
die zum subtielen Ehrgeitz und Geldgeitz Anlaß-gebende Sachen als lauter heilige
und löbliche Dinge angesehen, und mithin den Grund der morale, nehmlich die
Mitteldinge gantz und gar über den Hauffen geschmissen. Meines Erachtens sind
die Comödien, auch die ums Geld gespielet werden, an sich selbst und wenn kein
scurrilischer Schertz mit eingemischet wird, nicht böse noch schädlich, sondern
auf gewisse Maße nützlich; Wenn mich aber jemand fragt, ob ich ihm rathe die
Comödien zu besuchen, sofrage ich ihn erst, ob er denn ein Verlangen, oder einen
Abscheu, oder eine indifferenz darnach bey sich befinde. Bejahet er das erste,
so rathe ich ihn, daß er zwar die bißher angewehnte Besuchung continuiren könne,
aber als von einer ihm schädlichen und gefährlichen Sache sich je eher je lieber
von derselben nach und nach entziehen solle: Hat er einen Abscheu dafür, so
rathe ich ihn, daß er die Comödien sich als eines Gegen-Giffts wieder das
|| [170]
schwehrmüthige und scheinheilige Geblüthe desto eher,
jedoch mit masse, sich bedienenen solle. Sagt er, es sey ihm indifferent: so
antworte ich auch, daß ich auch für indifferent hielte, er möge hinein gehen
oder nicht. Was die Comödianten selbst betrifft, ist freylich auch hin und
wieder ein Unterschied zu machen. Ernsthaffte, tyrannische, schertzhaffte,
barmhertzige, tugendhaffte, lasterhaffte Personen zu praesentiren, und
dergleichen Reden zu führen, wie selbige zu thun pflegen, (wann nur der excess
als GOtt eslästern, Fluchen, Sauzoten u. d. g. verhütet wird) halt ich
gleichfalls an sich selbst für indifferent; jedoch muß eben die vorige
Anmerckung auch hieher appliciret werden, daß man wohl acht gebe, durch was für
Personen der herrschende lasterhaffte affect gestärcket oder geschwächet werde.
Solcher gestalt mache ich auch einen Unterscheid unter denen sogenannten
Pickelheringen, ob dieselben einen ingeniösen Schertz fürbringen, oder ob sie
mit groben und garstigen Redens Arten die Zuschauer zum Lachen bewegen. Ich kan
mich auch nicht bereden, daß es an sich selbst eine Sünde seyn solle, wenn eine
Manns-Person in einer Comödie eine Weibs-Person agiret, ob mir gleichwohl
bekannt, daß Moses auf GOttes Befehl denen Israeliten verboten, daß sie keine
Weibes-Kleider tragen solten, nachdem Spencer und andere Gelehrte gewiesen, daß
das Mosaische Gesetz seine Absicht fürnehmlich gehabt die Israeliten von denen
heydnischen, und abgöttischen und lasterhafften Gebräuchen die bey dem
Götzen-Dienst des Martis und Veneris im schwange giengen, abzuhalten. Ich halte
ferner dafür, daß es eine sehr unanständige auch schändliche Sache sey, wenn
geistliche Personen, und unter denen weltlichen Alte und in ansehnlichen
Ehrenstellen stehende Leute Comödien agiren, oder denenselben beywohnen. Dieses
ist kürtzlich meine Meynung von dieser Materie, so ferne ich als ein Liebhaber
der wahren und vernünfftigen Weißheit, ingleichen als ein vernünfftiger Ausleger
des auch denen Layen bey uns zulesen vergönneten Mosaischen Gesetzes darum
gefraget werden solte. So ferne ich aber als ein Juriste davon schreiben soll,
kan ich die Comödianten überhaupt nicht für unehrlich halten, nachdem in
Teutschland auch unter denen Evangelischen Fürsten durch eine allgemeine
Gewohnheit das Gegentheil eingeführet ist, und die Comödianten zuweilen mit dem
Ehren Titul Fürstlicher Kammerdiener, Hoff-Comödianten u. s. w. begnadiget
werden. Ich entsinne mich hierbey, daß in meiner Jugend vor 50. Jahren in
Leipzig denen Studiosis vergönnet wurde, eine Zeitlang Comödien für Geld zu
spielen, und daß damahlen ein junger Mensch, der von der Schulen
|| [171]
kam, und gemeiniglich eine ehrbare Weibes-Person
agiren muste, von denen Zuschauern wegen seiner Geschicklichkeit und modestie
admiriret wurde; Nachdem aber bald darauf diese Vergönstigung, fürnehmlich wegen
der Untreu und gemachten Schulden derer Directorum wieder aufgehoben wurde, zog
dieser junge Mensch mit denen Comödianten, die von dieser Nahrung profession
machten, und von einem Ort zu den andern zu ziehen pflegten, etliche Jahre
herum, und bekam auf diese Weise Gelegenheit ohne seine Kosten (die ihm ohne dem
mangelten) die Sitten und Gebräuche der Teutschen Provintzien und anderer
angräntzenden Länder kennen zu lernen, wendete sich aber nachhero wieder in sein
Vaterland nach Leipzig, wiedmete sich dem Studio Theologiae, und verdiente mit
seinem Fleiß und bescheidener Lebens-Art, daß er nicht alleine von denen Lehrern
auf die Cantzel gelassen, und von dem Volck wegen seiner angenehmen Art zu
predigen sehr geliebet, sondern auch nach etlichen Jahren in einer benachbarten
Stadt zum Prediger bestellet wurde, ohne daß ihm die geringste Hindernüß wegen
seines vorhergehenden, obschon männiglich bekannten Comödianten-Lebens, von
jemand wäre gemacht worden.
§. III. Dieses voraus gesetzt, werden nunmehro die bey diesem(Erster casus von der Gültigkeit
eines Contracts darinnen sich eine Comödiantin auf
eine gewisse Zeit versprochen hatte.) Handel etwa vorkommende Fälle
und responsa desto deutlicher verstanden und begriffen werden können. Anno 1697.
im Julio wurde von unserer Facultät ein Responsum über folgenden casum begehret.
Antonia hatte sich von Mevio zu Fortsetzung der Opern bestellen lassen, und sich
dabey versprochen in seinem Dienste zu bleiben, so lange er die Opern
continuiren würde. Der Contract war auf folgende Art schrifftlich abgefaßt:
Demnach Herr Mevius zu Fortsetzung der Opern so wohl durch Herrn Cajum, als
jetzigen Directorem, als hinkünfftig durch andere mich zu Ends-Unterschriebene
anhero kommen / und so lange er dieselben continuiren
wird, mich dabey zu engagiren sich gefallen lassen; Als verpflichte und verbinde
mich hiemit und in Krafft dieses, daß ich währender solchen Zeit mich nicht
allein fromm, und wie einen honesten Frauenzimmer wohl anstehet, tragen, dem
Herrn Directori pariren, diejenige Partheyen, so mir zu repraesentiren werden
zugestellet werden, ohne Wiederrede memoriren und aus bestimmte Zeit vorstellen,
denen legibus gleich andern mich unterwerffen, auch sonsten so verhalten will,
daß man deßfalls ein völliges Vergnügen haben solle, besondern ich verspreche
auch, daß ich währender solcher Zeit mit niemand, er sey hoch oder niedrigen
Standes, mich engagiren, oder Opern ab
|| [172]
singen zu
helffen mich ohne dessen Wissen und Willen einlassen will, vielmehr will ich,
wenn solches oder dergleichen mir solte zugemuthet werden, so fort treulich
offenbahren, und den dadurch besorgenden Schaden verhüten und abkehren, und zwar
dieses alles, weil ich keine andere Versicherung geben kan, bey dem Worte der
ewigen sichern Wahrheit, und so wahr mir GOtt helffen soll. Solte ich indeß
zuwieder handeln, will ich nicht allein meines rückständigen Salarit verlustig seyn / sondern auch daher entstehenden Schaden, so
viel in meinem Vermögen, gut thun. Dahingegen verpflichtet sich Herr Mevius
durch die Unterschrifft, der Jungfer Antonia jährlich 250. Rthlr. sage
zweyhundert und funffzig Reichsthlr an guten couranten Gelde, als alle Qvartal
62. und 1/2 Rthlr. zu bezahlen, bey Verpfändung seiner Haab und Güter, so viel
dazu vonnöthen. Womit denn beyderseits Contrahenten friedlich, und ist dieser
ontract zwiefach zu Pappier gebracht, und zu fester Haltung von Herrn Mevio und
Jungfer Antonia samt den hierzu erbetenen Herrn Curatore eigenhändig
unterschrieben. So geschehen H. den 22. Augusti 95.
Mevius. Antonia.
in testimonium & Curario nomine Sempronius.
Nach der Zeit hat ein junger Mensch diese Antoniam an sich gezogen, sie
geschwängert, auch hernach in öffentlichen Schrifften diesen Contract als einen
abscheulichen und schröcklichen Contract angepackt, dabey aber, nachdem an uns
ergangenen Bericht, keinesweges den Umbstand angeführet, daß es eine infame
Sache sey, eine unverständige Weibes-Person zu bereden, daß sie Comoedien oder
Operen umb Geld zu spielen sich gebrauchen liesse, sondern nebst andern Ursachen
fürnemlich diese raison urgirt, daß sich die Jungfer darinnen gleichsam auf ewig
verkaufft hätte.
(Das Responsum selbst.)
§. IV. Nun begehrete Mevius über fünff Fragen von uns informiret zu seyn, die
viel deutlicher aus dem responso selbst werden verstanden werden.
P. P. Hat Mevius in einer gewissen vornehmen Stadt mit der (1. Ob der Contract abscheulich
sey / weil er eydlich?) Antonia, die er auf seine Unkosten aus fernen
Landen kommen lassen, dahin contrahiret, daß sie gegen Erhebung eines Salarii
von 250. Rthlrn. die Opern absingen helffen solle, und, weil sie keine
hypothecam constituiren, noch einige andere Versicherung geben können, hat sie
zu Haltung dessen allen, so sie in dem Contract versprochen, bey den Worten der
ewigen sicheren Wahrheit und so wahr ihr GOtt helffen solle, sich anheischig
gemacht. Ist der nächst vor einiger Zeit durch Veranlassung
|| [173]
eines jungen Menschen, welcher die Antoniam an sich gezogen und
geschwängert, sothaner Contract nicht alleine mündlich, sondern auch durch eine
heimlich gedruckte Schrifft, solcher eydlichen Verpflichtungen halber, als ein
abscheu- und schrecklicher Contract traduciret worden, und es wird anfänglich
gefrager, ob mehr gemeldeter Contract deßhalb, daß er von einem Frauenzimmer in
Ermangelung anderer Versicherung vorangeregter massen unterschrieven worden, für
ein solches Monstrum, oder abscheu- und schrecklichen Contract zu halten sey? Ob
nun zwar in solchem Contract eine gedoppelte eydliche harte Betheurung
enthalten, man aber jederzeit dahin zu sehen hat, damit zu dergleichen
Eydschwüren nicht ohne sonderbahre erhebliche Ursachen jemand adigiret werde,
indem nicht allein dadurch der Nahme GOttes profaniret, sondern auch ein Mensch,
wenn er hernach zu andern Gedancken kömmet, und ihn das versprochene zu reuen
anfänget, leichtlich in Gefahr seiner Seelen kan gesetzet werden. Dennoch aber
und dieweil einem jeden frey stehet, sich dem andern so fest zu verbinden, als
es ihm beliebet, es auch nicht etwas ungewöhnliches, daß zu mehrer Sicherheit
die Contrahentes denen Contracten dergleichen Clausulam juratoriam
einzuverleiben pflegen, und denn in gegenwärtigem Fall Mevius mit einer
Weibs-Person contrahiret, welche weder eine hypothecam irgendwo zu constituiren,
noch sonsten einige Versicherung zu leisten vermocht, gleichwol aber derselbe um
allen besorgenden Schaden zu verhüten, wegen der von Antonia geschehenen
Promessen, gesichert seyn wollen, dannenhero kein anderes assecurandi medium,
als eine eydliche Verbindung auszusinnen gewesen; so ist auch bey solcher
Bewandniß selbiger Contract für einen abscheulichen und schrecklichen Contract
nicht zu halten.
Auf die andere Frage erachten wir vor Recht: hat Antonia in(2) Ob darinnen ein ewiger Verkauff der Comödiantin
enthalten?) vorgedachtem Contract sich unter andern anheischig
gemacht, daß, so lange Mevius die Opern continuiren würde, sie sich dabey
engagiren lassen, auch währender solcher Zeit mit niemand, er sey hoch oder
niedrigen Standes, Opern absingen zu helffen, sich ohne Wissen und Willen des
Mevii einlassen, vielmehr, wenn solches, oder dergleichen ihr solte zugemuthet
werden, sie es so fort treulich offenbahren und den dadurch besorgenden Schaden
verhüten wolte, und es wird ferne gefraget: Ob, wie in vorgemeldeter gedruckten
Schrifft vorgegeben worden, aus den Worten: So lange er die Opern continuiren wird, ein ewiger Verkauff der Jungser
geschlossen werden könne? Ob nun wohl es das Ansehen gewinnen möchte, weil
Antonia ihre actiones dem Mevio der
|| [174]
gestalt zu
dessen Disposition unterworffen, daß sie ohne desselben Wissen und Willen vor
sich nichts unternehmen wollen, ingleichen demselben Zeit ihres Lebens sich
verpflichtet zu haben daher erscheinet, weil nicht leicht vermuthlich, daß
Mevius die Opern in einer vornehmen Stadt, so lange er lebet / nicht immerhin
fortsetzen solte, daß dahero in effectu der geschlossene Contract nicht anders
als ein ewiger Verkauff zu consideriren; dennoch aber und dieweil mehrgemeldete
Antonia nicht alle und jede actiones des Mevii arbitrio, sondern nur in dem
angeregten Contract etliche zu Fortsetzung derer Opern gehörige actiones dessen
Willen unterworffen, hiernächst annoch ungewiß, ob Mevius die Opern Zeit seines
Lebens continuiren werde, und wenn solches nicht geschähe, die Antonia ipso
facto von ihrem Versprechen liberiret wird, auch nach dem gemeinen Lauff der
Natur und dem Alter nach nicht zu vermuthen, daß Mevius Antoniam überleben
solte, auf welchen Fall der Contract gleichfalls durch den Tod expiriren würde,
und Antonia dessen Erben zu nichts weiter gehalten wäre. Endlich auch, gleichwie
in allen Conventionibus die Clausula: Rebus sic stantibus, pro tacite inserta zu
halten, und also durch die angeführte Worte justa renunciationis causa eaque
tempestive facta nicht ausgeschlossen, sondern nur auf die renunciationem
intempestive factam poena commissi residui Salarii gesetzet worden; im übrigen
aber bekannten Rechtens, daß contractus societatis gar wohl in perpetuum
geschlossen werden mag,
L. 1. ff. pro socio. und ob schon gegenwärtiger Contract nicht eben pro societate zu halten, dennoch ratione perpetuitatis in promissis operis paritas rationis allhier militiret; so mag auch aus denselbigen Worten ein ewiger Verkauff der Jungfer nicht geschlossen werden. (3) Ob die Opern an sich selbst in einer Stadt zu toleriren.) Auf die dritte Frage: Ob die Opern, welche mit grössester Sorgfältigkeit und praecavirung alles dessen, was einiger massen scandalös seyn kan, getrieben werden, in einer Stadt toleriret werden können? Erachten wir V. R. Ob zwar insgemein in denen Opern dergleichen Liebes. und andere Gedichte vorgestellet zu werden pflegen, dadurch die Zufeher, absonderlich aber junge Leuthe geärgert, und vom guten ab auf allerhand böse sündliche Lüste und deren Ausübung, auch zu Müßiggang und Verschwendung der kostbahren Zeit angeführet und gereitzet werden, hiernechst in Vorstellung geistlicher Geschichte gemeiniglich eine profanation Göttlichen Nahmens mit unterläufft, und auch nicht absehen können, auf was Weise solche scandala mit Nachdruck oraecaviret werden möchten; dahero, weil dem gemeine̅ Wesen dadurch gar
|| [175]
kein
Nutzen, besondern vielmehr ein mercklicher Schaden zuwächset, nicht zu rathen,
daß dieselbe in wohlbestelleten Republiquen und vornehmen Städten eingeführet
werden; dennoch aber und dieweil in der uns vorgelegten Frage praesupponiret
wird, daß die Opern mit grössester Sorgfältigkeit und praecavirung alles dessen,
was einiger massen scandalös seyn kan, getrieben werden; so erscheinet daraus so
viel, daß solche Opern, welche mit grössester Sorgfältigkeit und praecavirung
alles dessen, was einiger massen scandalös seyn kan, getrieben werden, in einer
vornehmen Stadt toleriret werden mögen.
Auf die vierdte Frage erachten wir vor recht. Ist in dem angezogenen(4) Ob in dem Contract
jurisdictionalla übertreten worden.) Contract unter andern
befindlich, daß Sempronius ad hunc actum zu der Antoniae Curatore erbethen
worden, dessen Curatorio nomine geschehene subscription auch darunter zu fehen,
und es hat in dem oben berührten heimlich gedruckten Scripto solcher Contract
dieferwegen, und daß eine eydliche Betheurung darinnen enthalten, beschuldiget
werden wollen, daß dadurch jurisdictionalia überteten worden; Ob nun zwar ein
Curator, wenn dasjenige, so er intuitu officii Curatorii verrichtet, effectum
juris nach sich ziehen soll, von dem Magistratu eines jeden Ortes constituiret
werden muß, auch die juramenta regulariter in loco Judicii authore Judice
aufgenommen zu werden pflegen; und ein privatus, wenn er für sich einen
Curatorem jemand anders bestellet, allerdings einen Eingriff in das richterliche
oder Obrigkeitliche Amt thun würde; dieweil aber dennoch ein gantz anders ist,
einen Curatorem zu erbitten, und denselben jemand anders zu constituiren, in
praesenti casu aber nicht dieses letztere, wohl aber das erste geschehen, indem
die ausdrücklichen Worte des Contracts eines hierzu erbethenen Curatoris
gedencken; hiernechst juramenta voluntaria extrajudicialiter delata sine
autoritate ejus, qui gaudet Jurisdictione, ad nudam alterius delationem fine
violatione aut turbatione jurisdictionis abgestattet werden können, zu
geschweigen, daß allhier ein solenner Eyd nicht praestiret, sondern nur eine
eydliche Versicherung dem Contract inseriret worden, welches inter privatos tota
die zu geschehen pfleget; so mag auch Mevius mit Bestande nicht beschuldiget
werden, daß er wegen der in der Frage enthaltenen factorum jurisdictionalia
übertreten habe.
Auf die 5te und letzte Frage erachten wir vor recht: Ist mehrgemeldete(5) Ob Mevius die Autores) meldete Schrifft auf Veranlassung
eines jungen Menschen heimlich und wieder der dasigen Stadt-Obrigkeit generalen
Verboth gedruckt, und
|| [176]
(der Schmähe-Schrifft injuriarum belangen könne.) darinnen so wohl der contract, wie in
der ersten und andern Frage gedacht, als auch der Contrahens, Mevius selber, wie
bey der vierdten Frage erwehnet, traduciret worden, und es wird letzlich
gefraget: Ob nicht Mevius befugt, solcher Traductionen halben, die Autores mit
einer schweren Action zu belegen? Ob nun wohl, wenn die imputirten facta alle in
rei veritate gegründet, die Autores zu ihrer Entschuldigung anführen möchten,
daß sie nicht eben animum injuriandi oder conficiendi libellum famosum gehabt,
sondern nur dasjenige, so sie gethan, suasu Antoniae justo dolore ad id
adductae, verrichtet und ihre Unschuld vorgestellet, ihre Nahmen aber blos aus
Furcht für Mevio verschwiegen hätten; dieweil aber dennoch aus der Resolution
derer ersten 4. Fragen erhellet, daß solche facta dem Mevio wiederrechtlich
imputiret worden, und solchergestalt der dolus imputantis offenbahr ist, zumahln
da, wann gleich die facta imputata einiger massen gegründet wären, dennoch der
modus proponendi an sich straffbahr, cum veritas convitii non excuset
injuriantem, bey dieser Bewandniß aber zugleich mit erhellet, daß derer Autorum
Nahmen in dem scripto dolose und metu poenae verschwiegen worden; und also die
Schrifft quaestionis pro libello famoso zu halten, so ist auch Mevio solche
Auctores actione injuriarum civili & criminali zu belangen, unbenommen,
alles V. R. W.
(Etliche Neben-Anmerckungen über besagten Contract.)
§. V. Ob nun wohl über die uns vorgelegte fünff Fragen, wie obstehet, damahls
geantwortet worden, so kan ich doch nicht absehen, was für einen sonderlichen
Nutzen und juristisches interesse Mevius gehabt, den Contract auf solche Art
einzurichten. Denn was anfänglich das Versprechen betriff, daß Antonia, wenn sie
demselben nicht nachkäme, dem Mevio den daher entstehenden Schaden, so viel in
ihrem Vermögen, gut thun wolle; so ware doch dieses Versprechen in der That
umsonst und vergebens, weil aus dem gantzen Contract erhellet, daß Antonia kein
Vermögen hatte, auch von dem ihr versprochenen Salario vermuthlich keine
capitalia und Uberschuß beylegen würde, und solchergestalt konte sie allemahl
aus dem Contract selbst excipiren, daß es in ihrem Vermögen nicht stehe, den von
Mevio praetendirten Schaden gut zu thun, zu geschweigen, daß ich nicht finden
kan, auf was masse so dann Mevius sein etwa praetendirtes interesse liquidiren
und bescheinigen können, daß er durch das nicht halten der Antoniae einen
Schaden erlitten. So viel aber den Verlust des rückständigen Salarii betrifft,
bin ich wohl der Meynung, daß nach Entdeckung
|| [177]
der
Schwängerung der Antoniae oder nach der Zeit da Antonia dem Mevio den Contract
auffgesagt, dieselbe von Mevio ferner kein Salarium fordern können; aber dazu
hätte es keiner so scharffen obligation bedurfft, sondern Mevius wäre auch ohne
dieselbe befugt gewesen Antoniae ferner kein Salarium zu geben. Da ferne aber
Mevius etwan die vorhergehende Quartale der Antoniae seinen Versprechen nach zu
gesetzter Zeit nicht ausgezahlethätte; kan ich nicht absehen, daß Mevius Vermöge
des Contracts befugt gewesen sey per cavillationem des Worts rückständig ihr die
Auszahlung derselben Quartale zu denegiren &c.
§. VI. Der folgende casus kömmt dem Haupt-Zweck dieses gegenwärtigen(Der andre Casus von einen
Gauckler / Seiltäntzer und Pickelhering / der Doctor
Medicinae werden wollen / Frage an die Facultät.) Handels noch näher. In Januario 1705. wurde von uns
aus G. durch einen Juris Practicum, der sich Marcum Javolenum nennete über die
Frage, ob ein gewisser Seiltäntzer, Gauckler und der auf öffentlichen Marckt bey
einem Artzt einen Pickelhering agirt, in der Me dicin Doctor werden könne, oder
pro infami zu achten wäre, ein Responsum begehret, zumahlen da in der Frage viel
allegationes legum ex Jure Romano & Doctorum enthalten sind.
P. P. Es hat George Friedrich sich in seinen jungen Jahren zu einen berühmten
Marcktschreyer E. begeben, und bey ihm viel Jahre sich als einen Pickelhering
und Seiltäntzer gebrauchen lassen. Nachgehends hat er sich zu G. bey einer
Wittwe eingefreyet und das Bürger-Recht gewonnen, auch sich als einen Chirurgum
aufführen wollen. Weil aber die Chirurgi daselbst sich darwieder moviret, ist
ihm solches bey 10. Rthlr. Straffe vom Rath daselbst verbothen worden. Worauf er
sich nach Wittenberg begeben, in Meynung daselbst in Doctorem zu promoviren.
Entstehet also die Frage: Ob gedachter Krause pro homine infami zu achten?
Affirmativa scheinet darinn gegründet zu seyn: weiln er bey seinem Lehr-Meister
öffentlich sich pro scenico und zwar lucri causa gebrauchen lassen. Gleichwie
nun diese bekannten Rechten nach pro infam zu achten, und zwar dergestalt, ut
inter istos infames referendi sint, quorum factum turpe lex ipsa immediate
notavit. L. 1. & 2. §. f. ff. de his qui not.
infam. Auch hierunter die Dd. einstimmig, quod cum his comparandi sint
histriones, funambuli, & agyrtae, qui per omne dementiarum genus publice
in conspectu omnium institutum se populo commendant, quo eum his artibus
ludicris pecunia emungant. Stryk. Us. mod. ff. dict. Tit. §.
7. Also scheinet diese Illation richtig zu seyn, daß gedachter Georg
Friedrich, weil er öffentlich bey einem Marckt-Schreyer einen Gauckler,
Pickelhering und Seiltäntzer mit grossen Aergernüß agiret hat, pro homine ipso
jure insami zu achten sey: Hieraus resultiret nun die 2. Frace: ob die
Medicinische Faeulät zu
|| [178]
Wittenberg, allwo er sich
noch diese Stunde aufhält, diesen infamen Menschen salvis privilegiis in
Doctorem aut Licentiatum Medicinae creiren könne? Pro affirmativa scheinet zu
seyn, weilen er zu G. das Bürger Recht gewonnen, und also hierdurch vorige
infamia aboliret worden. Negativa hingegen ist dem Ansehen nach besser
gegründet. In Betrachtung (1) Rechtens, quod per infamiam quis honestorum
virorum numero eximatur. L. 2. C. de Dignit. Wissenbach
Disput. ad ff. XI. Thes. 12. und solcher gestallt
(2) unwiederleglich, quod infamis non tantum repellatura dignitate obtinenda,
sed etiam obtenta. L. 8. C. de Decur. Castrens. Consil. 180. super eo quod n. 3. lib. 1. Gleichwie nun
in facto richtig, daß (3) George Friedrich nach erlangten Bürger-Recht hin und
wieder eine lange Zeit öffentlich einen Seiltäntzer abgegeben und sich eo ipso
des Rechts der in Brau-Urbar sitzenden Bürgerschafft verlustig gemacht: indem
vel sola infamia fact auch ex Collegiis inferioribus die Remotion nach sich
ziehet: Carpzov. Lib. 6. Resp. 100. n. 9. seq. Cum
infamia etiam dignitatem non adeo magnam perdat Besold. Conf.
118. n 16. oder doch allenfalls a jure Civitatis ad jura Doctoralia
male inferiret wird, cum Civis quoque esse possit, qui infamis est, Lynk. P. 2. Decis. 702. Also ist (4) nun vielmehr zu
behaupten, daß er zu solchen Ehren, welche cum ipsa nobilitate in gleichem Grad
stehen, nicht zu admittiren, cum infamibus personis omnes honorum portae clausae
sint, usque eo ut omnis dignitas, imo & ipsa nobilitas eis adimatur.
Brunnem. ad L. un. Cod. de Infam. n. 12. Wie denn auch
ex praemissis zu schliessen seyn will, daß diejenige Medicinische Facultät,
welche einen ipso jure infamem ad honores Doctorales erhebet, sich ihrer
Privilegien verlustig machet, cum privilegio privari debeat, qui permissa sibi
abutitur potestate, Cravett. Consil 96. n. 10. und
scheinet dahero verschiedener Doctorum Vorhaben nicht unrecht zu seyn, daß sie
sich per pactum vielen Städten verbinden wollen, keinen Doctorum Medicinae,
welcher auf derjenigen Universität, wo George Friedrich promoviret, ihrer
Conversation würdig zu achten, und so wohl ihren Kindern, daselbst einen Gradum
künfftig hin abzunehmen verbiethen: als auch andere so viel möglich, davon
abhalten wollen. Endlich entstehet 5) die Frage: ob George Friedrich wenn er zu
Wittenberg oder anderswo, Doctor oder Licentiat worden, auch an andern Orthen
die privilegia Doctoratus nebst andern Dd. zugleich zu geniessen habe? Pro
negat. scribunt Dd quod privilegia indignis non competant, usque adeo, ut semel
Laureatus propter apparentem insufficientiam Doctoratus insigniis spoliari
possit, cum praerogativae graduatis datae, Doctorellis non competant, quippe qui
non tam Doctores quam Dolores appellandi fint, vid
latius Besold. Dissertat. dt Studios. Magistr. Licent.
& Doct.. Cap X. Welche Meynung nun am besten in Rechren
gegründet sey, geruhen Dieselben Dero rechtliches Gutachten gegen Erle
|| [179]
gung des gewöhnlichen honorarii uns hochgütig
des förderlichsten zu ertheilen. Wie ich nun das Vertrauen habe Meine
Hochgeehrteste Herren werden ihres hohen Ortes Dignitatem Doctoralem Medicam in
allen unverletzt zu conserviren, auch vieler Universitäten Judiciis, wovon nur
wenige hierbey geleget, beyzustimmen geneigt seyn. Also verharre ich vor Dero
Bemühung jederzeit etc.
§. VII. Die Beylagen, darauf sich die Frage in fine beziehet,(Fünff Medicinischer Facultäten invectivae wieder
denselben.) bestanden aus fünf lateinischen Epistolis, die von
unterschiedenen Medicinischen Facultäten an die Herren Medicos zu G. insgesamt
Anno 1704. abgegangen waren, und zwar im Januario von denen zu Wittenberg, im
Martio von denen zu Altdorff, Würtzburg, Rostock und Kiel. Ob nun wohl diese
Epistolae insgesamt die Untüchtigkeit dieses George Friedrichs nicht so wohl
seinem Gauckler- und Pickelherings-Stande als seiner Ungelahrheit zuschrieben,
auch vermuthlich die Herren Medici zu G. selbst als quaerentes in ihrer Epistel
(die uns zwar nicht mit zugeschicket worden, aber derer Inhalt aus denen fünff
Antworten leicht abgenommen werden mag) zuförderst diese letztern mochten
urgiret haben, so wird es doch verhoffentlich nicht unangenehm seyn, wenn ich
besagte fünf Episteln nach der ietzt gemeldeten Ordnung, wie uns dieselbigen
zugeschickt worden, mit beyfüge.
I. Quae de Circumforaneorum audacia & multorum Medicorum imperitia, per
literas ad nos datas, questi estis, quod in opprobrium Medicinae, genuinis se
admisceant filiis, ea Vobiscum nos querimur, & artis nobilissimae vicem
dolemus, qui in eam curam semper incumbimus, ut dignitatem ejus tueamur.
Gratulamur itaque nobis de assensu vestro, & simile studium laudamus,
quod imperitum vulgus ab arte nostra secernere satagit, quo nomine de
Circumforaneo tali nos certiores redditis. Venit quoque ad nos Georgius
Friedericus, & ut in numerum civium reciperetur, petiit, atque ope
studiosi cujusdem impetravit. Postea se fidei studiosi cujusdam Medicinae
tradidit, qui rudimenta latinae linguae ipsum docet, & forte etiam
aliqua artis fundamenta subministrat. Tantum tamen abest, ut supremos honores a
nobis petere audeat, ut ne quidem in numerum auditorum nostrorum fuerit
receptus, cum tamen non una nocte, ut fungus, nascatur Medicus, &
plurimis indigeat subsidiis. Speramus itaque fore, ut multa inveniat obstacula,
& laborum pertaesus Academiam nostram sponte deserat, atque ad antiqua
castra, quae ipsi non invidemus, transgrediatur. Nos enim non tantum latinae
linguae, sed & Philosophiae fundamenta in auditoribus nostris
desideramus, cum praeter haec plurima & inexhausta sint, quae in arte
nostra ingenio hominis perquirenda objiciuntur. DEUS vero Vos
|| [180]
quam diutissime servet, Vestrisque benedicat laboribus, ut in rei
Medicae incrementum cedant, & aegrorum valetudinem promoveant.
II. Desiderio Vestro aequissimo, quod literis ad collegium nostrum in hoc Lyceo
Medicum die XVII. Februarii datis & d. XXVII. ejusdem huic redditis prolixius exposuistis, velificaturi nostrarum partium
esse judicavimus, ut absque mora & ambagibus Vos redderemus non solum
certiores, quod de dicto illo Jatro vel Chirurgomastigo sive flagello Georgio
Friederico hactenus nihil quicquam perceperimus, verum etiam, ut bona fide
serioque Vobis promitteremus, si forsan inposterum huc veniret, quod illum
minime ad impetrendum aliquod testimonium, ne dum ad ambitum honorum
Doctoralium admissuri simus, upote cum nobis nihil magis curae cordique sit,
quam ut caveamus, ne indigni & rudes praemiis ejusmodi mactentur.
Caeterum querimonia Vestra deperniciosa Medicastrorum & Chirurgastrorum
audacia inveterata quamvis sit verissima, cui & nos lubentes
adstipulamur, supervacanea est habenda, cum non situm sit in Medicorum
genuinorum potestate malum hoc corrigendi, multo minus extirpandi. Optandum
quidem esset, ut Summates & Magistratus, qui hoc praestare possunt,
reapse etiam praestarent, verum quod sperandum sit, plane dubitamus: Etenim
Vosmet ipsos Viri Nobilissimi, arbitros evocamus, si Magistratus G. Vester,
dictum illum Georg Fridericum nunquam admisisset, aut Magistratus Academicus
Wittebergensis non in coetum studiosorum recepisset., antequam de illius vitae
genere certius illis constitisset, an non querela haec praecaveri potuisset?
Verum nostra non interest de hac admissione aequa vel non aequa facere
arbiteium. Interim ita quoque cum pene omnibus hujusmodi circumforaneis
& agyrtis comparatum esse, (quod tamen magnopere dolendum est,) ut a
Regibus, Principibus & Magistratibus testimonia temerariam exercendi
& faciendi Medicinam vel Chirurgiam sub-& obreptitie impetrent,
notius est, quam ut prolixioribus opus sit verbis. Quin potius Responsum hoc
nostrum finientes, unaque Vos, Domini & Fautores Honoratissimi, Divinae
protectioni in Reipublicae Medicae emolumentum, praesertim turbulentis hisce
temporibus, una nobiscum devote commendantes, sigillo Facultatis nostrae in
majorem fidem obsignari curavimus.
III. Accepimus literas Vestras, Viri Nobilissimi ex quibus certiores nos facitis
de Circumforaneo quodam, qui postquam praxin Chirurgicam, cujusnon nisi
Enchirises aliquot operari didicit, in G. vestra civitate, temere ac
praelicenter exercuisset, ab Amplissimo urbis Senatu prohibitus Wittebergam
accessit, ubi in num̅erum Civium adscriptus, praemisso latinitatis
simul ac Medicinae tyrocinio ad Doctoratus lauream fertur adspirare. Quem
|| [181]
admodum vero Reipublicae literariae non minus,
quam Politicae multum interest, sibi provisum esse de Medicis in arte peritis,
optimaque rerum ad eam pertinentium praecognitione instructis, ita in utriusque
detrimentum vergit, dum hodie e trivio quivis Medicum agere atque illotis, ut
ajunt, manibus divinae scientiae nostrae sacra profanus quisque tractare
praesumit, cum tamen alta die solo non sit extructa Corinthus, & ut bene
notastis, non una nocte instar fungi nascatur Medicus. Merito igitur nauci
hominem, qui neque natare neque literas novit, ab Academia Wittebergica non ita
pridem rejectum, & auditorum suorum syllabo exclusum legimus, ne forte,
quod agyrtae solent, ansam inde arripiat Medicastri loco Medicum profitendi.
Quanquam vero sua tales homines natura impudentes facit, videtur nihilominus a
magistro suo E. ejusmodi documenta pridem didicisse. Ille enim vero cum forte
ante biennium in nundinis Herbipolensibus quisquilias
suas e theatro forensi venales exponeret, vulgi applausu arrogans factus, ausus
est non solum aegros quosvis sine discrimine curandos suscipere, sed &
insuper ultra nundinarum terminos medendi causa urbi inhaerere, cum equis
& curribus, famulis & tatellitibus fastuosus ingredi, donec
tandem indicta mulcta 50. Imperialium, quorum quidem 25. solvit, reliquos
distributis hinc inde munusculis, ipsam tamen summam excedentibus, redemit,
terga urbi, non sine ignominia, vertere jussus fuerit. Quod si male morati hujus
praeceptoris non degenerem discipulum ad nos quoquevenire contingeret ei non
modo accessu Collegii nostri, verum etiam, si quid vituperio dignum egerit, aqua
& igni urbis nostrae interdicendum foret. Nam, quod antiquis
Univerfitatis nostrae legibus & statutis sanctum est, ad examina neminem
admittimus, nisi qui Philosophiae cursum integrum emensus, triennii spatio ad
minimum Medicinae desuper fedulam dederit operam, Philosophos vero non absolutos
quinquennii damnamus. Mirati proinde sumus anno superiore hominem, qui cum e
chirurgiae tyrocinio rudis hinc discederet, impetratis nescimus cujus Academici
Jubilaei indulgentiis Doctor Medicus reversus est, & dum duo puncta,
Hippocraticum nimirum & Galenicum, secundum Facultatis nostrae statuta
publice solvere eum oportuit, totus aqua haerens piscis instar obmutuit, etiam
latinae linguae ignarus, non sine suo opprobrio ac praesertim alto cachinno,
postquam vero a nobis, ut debuit, ob exercendae Praxeos Medicae licentiam
repulsam tulisset, nunc alicubi Medicinae studio novam operam impendit. Nos
proinde memores jurisjurandi Hippocratici, odimus ignorantes ejusmodi
Medicastros iisque locum apud nos tribui tantum abest, ut potius omnibus illos
modis persequamur. Consultius foret itaque, ut Circumforaneus vester, licet ne
Oesopum quidem trivit, fabulas
|| [182]
suas in vulgus
divendere pergat deinceps, acturus in scenis Roscium, aut funambulum in theatro,
quam ut Medicum aut Chirurgum professus mundo dolose imponat. Hisce apicem
praesentibus imponimus, & felicissimos in omni successus Excellentiis
vestris apprecati toto nos animo V obis addicimus.
IV. Vèstram de Circumforanei cujusdam Georgii Friderici audacia ad nos
transmissam querelam ex amicissimis vestr is literis d. 10. Mart. satis
intelleximus. Dolemus Vobiscum, quod in ea incidimus tempora, ubi impostoribus
& artis medicae prorsus ignaris saepe major habetur fides, quam genuinis
laudatae artis nostrae filiis, ut ut solidam eruditionem profiteantur, aut, ubi
iis mala agendi ansam largitur Superiorum conniventia, aut eadem dat occasionem,
titulo sub honorifico suam maximo cum Reipublicae damno exercendi inscitiam.
Vigilantia igitur omnino hic opus est, quam Vos Viri experientissimi, instituto
laudabili exercetis, gratulamur nobis de mutuo supprimendi hoc imperitum hominum
genus studio, atque Vobis in eo omnem pollicemur assensum. Dictus autem
Circumforaneus Georgius Fridericus nondum nobis innotuit, nec nobis facile
persuademus, illum nostram salutaturum esse Facultatem, cum notorium hic sit,
quam multa is deprehendat obstacula, qui modo testimonium scientiae suae
chirurgicae desiderat, quod absque praevio rigoroso examine non obtinet,
& sic multa majora deprehendat dictus G. F. si a nostra Facultate
Doctoris privilegia petere vellet. Id enim nobis hic solenne est, quod in
proverbio dicitur: Loquere, ut Te videam, unde non tantum solidis in arte Medica
fundamentis instructi debent esse nostri Candidati, sed simul sua aliis in
Academiis gesta studia & bonae famae testimoniis indubitatis probare
prius tenentur, antequam ad nostrae Facultatis admittantur examina. Haec cum
ardua sint, multis difficilia, a quibus tamen hic nemo excipitur, siquidem id
sibi gloriae nostra ducit Facultas, quod nondum hactenus
indigno contulerit Doctoris Gradum, facile deterrebunt G. Fr. sic suum
nomen atque desiderium lubentius reticebit, quam aperiet. Quod reliquum est,
DEus Vos omnes atque singulos sospites atque felices quam diutissime servet,
& vestris in aegrorum salutem & artis Medicae incrementum
quotidie instituendis consiliis atque curis sua
adsit gratia, quam ubertissime. Valete.
V. Accepimus recte, quas ad nos dedistis, de Georgio Friderico quodam literas,
vestramque pro artis honore vigilantiam collaudamus. Equidem Doctoris titulum
& insignia quae in praemium exantlatorum undique laborum, veluti
pretiosissimum thesaurum, quo vilius aurum, & quaevis gemmarum materia a
Sacra Caesarea Majestate, summa in his terris potestate nobis
|| [183]
concredita, sacrosanctam habere par est, in indignos conferre,
& vulgus prostituere, grande est nefas: idque ne faceremus, Sacramenti
fide prohibemur. Est igitur quod vobis admonentibus de hominis conditione
& inscitia dignas gratias agamus: quod facimus, simul & de nobis
securos esse jubemus; Nihili qui pensamus lucrum dum hominis cura habenda est.
Quapropter pauci etiam ex nostro Collegio iisdem condecorati prodire solent,
quin artem jam tum alibi exercuerint aliquandiu, ut plurimos in studiis annos
contriverint, ut nuper adeo quidem chirurgus insignis, insuper a Serenissimo
Lüneburgo-Cellensi Duce Castrensis Medicus titulo auctus, quando innotuit, eum
in Academiis operam studiis rite non collocasse, nec profecisse sub publicis
Praeceptoribus, academicas dignitates a nobis petens, etsi latinitatis literis
imbutus, publice defendere inauguralem Disputationem in se susciperet, rejectus
tamen a nobis est. Itaque si quis vel Georgius Fridericus, vel quicunque alius,
speciminibus academicis ante se editis non instructus, ad nos venturus est,
nullum apud nos preces ejus locum habituras, tuto potestis confidere. Salvete
Viri Clarissimi, artis nostrae decora, diuque ipsi sospites, multorum saluti
feliciter consulite.
§. IIX. Was unsere Facultät damahls auf die drey vorgelegten(Unser Responsum.) Fragen
zu antworten beschlossen, zeiget nachfolgendes Responsum.
Als derselbe uns einen Bericht nebst einigen Beylagen sub n. 1. 2. 3. 4.
& 5. wie auch dreyen unterschiedenen Fragen zugeschickt etc. Hat George
Friedrich sich in seinen jungen Jahren zu dem bekannten Marcktschreyer E.
begeben, und bey demselben viele Jahre sich als einen Pickelhering und
Seiltäntzer gebrauchen lassen, wornechst er zu G. eine gewisse Wittwe
geheyrathet, und das Bürger-Recht gewonnen, sich auch darnebst als einen
Chirurgum aufführen wollen, als aber die andern zu G. befindliche Barbirer
deßhalben Vorstellung gethan, und G. Fr. unter sich nicht leiden wollen, ist ihm
die Barbier-Kunst zu treiben bey 10. Rthlr. Straffe von dem Rath daselbst
untersaget worden, weßhalb er sich nach Wittenberg gewendet, sich in numerum
Studiosorum recipiren lassen, und ist nunmehro des Vorhabens, den gradum eines
Doctoris Medicinae daselbst anzunehmen, welches hingegen die zu G. befindliche
Medici äussersten Vermögen nach zu hintertreiben bemühet sind, und es will
dannenhero derselbe anfänglich, ob nicht besagter G. F. pro
homine ipso jure infami zu achten: berichtet seyn: Ob nun wohl nach
denen Römischen Rechten alle diejenigen, qui lucri causa in scenam prodeunt pro
ipso jure infamibus geachtet werden L. 1. ff. de his, qui
not. infam. G. F. auch so gar nach bereits erlangtem Bürger-Recht in G.
annoch eine lange Zeit sich als einen Seil-Täntzer öffentlich gebrauchen lassen;
Dieweil aber dennoch in der materie de infa
|| [184]
mia,
insonderheit so viel die histriones und dergleichen Leute, welche artes ludicras
exerciren, betrifft, von denen Römischen Rechten auf unsere heutigen mores nicht
wohl argumentiret werden mag, angemercket, nach besagten Römischen Rechten auch
alle Comödianten pro infamibus gehalten werden, im Gegentheil aber nicht nur
Albericus Gentilis in pecul. tractatu de fama hodiern.
Comicorum, gezeiget, daß solches sich auf die heutigen Comödianten
nicht appliciren lasse, sondern auch die Erfahrung selbst lehret, daß selbige so
gar von Fürsten und Herren werth geachtet, und entweder zu würcklichen
Hoff-Diensten gebrauchet, oder doch öffters mit dem praedicat der Cammer-Diener,
Hoff-Comödianten und dergleichen beleget werden, wie denn auch grosse Herren
denen Marckt-Schreyern nicht selten herrliche privilegia zu geben pflegen, und
mit deroselben Leuten, in specie denen Pickelheringen, jedermann umgehet, weil
sie zumahlen von denen Marckt-Schreyern insgemein beym curiren und Besuchen
derer Patienten mit gebrauchet werden. So erscheinet daraus so viel, daß Georg
Friedrich gestalten Sachen nach pro homine ipso jure infami nicht zu achten,
indessen aber, weil doch nicht leicht jedermann bey Marckt-Schreyern zu einem
Pickelhering sich gebrauchen lässet, und deßfalls von denen Pickelheringen bey
Comödianten auf die, welche bey denen Marckt-Schreyern sich befinden, nicht
schlechterdings zu argumentiren, so wird er pro homine levis notae macula
laborante nicht unbillig gehalten.
Auf die andere Frage: Ob eine Medicinische Facultät Georg Friedrichen salvis
privilegiis zu einem Licentiato oder Doctore Medicinae promoviren könne: erachten wir vor
Recht: Ob wohl G. Fr. seine vorige Lebens-Art nunmehro völlig verlassen, auch
das Bürger-Recht in G. gewonnen, und sich in Wittenberg zu der vorhabenden
promotion zu habilitiren, Vorhabens ist; Dieweil aber dennoch bey der vorigen
Frage ausgeführet worden, daß Krause pro homine levis notae macula laborante zu
achten, er auch, nachdem er das Bürger-Recht in G.bereits erlanget gehabt,
dennoch dem öffentlichen Seil-Tantzen ferner obgelegen, und es dannenhero auf
eine prostitution des gradus hinauslauffen dürffte, wenn man dergleichen Leute
promoviren wolte, angesehen die Doctores denen Nobilibus in vielen juribus
aequipariret werden; Zudem es fast unmöglich zu seyn scheinet, daß G. F. da er
zumahlen keine fundamenta in der Lateinischen Sprache hat, sich in einer turtzen
Zeit zu der vorhabenden promotion habilitiren könne. So erscheinet daraus so
viel, daß Georg Friedrich von der Medicinischen Facultät zu Wittenberg, (deren
Meynung laut der Beylage sub num. 1. auch selbst dahin gehet) in Licentiatum
oder Doctorem Medicinae nicht wohl promoviret werden möge, es wird inzwischen
aber doch die Frage: Ob besagte Facultät, wenn sie es dennoch thäte, nicht
dadurch ihrer privilegien verlustig zu achten? der dijudication der dasigen
hohen Landes-Obrigkeit billig überlassen.
|| [185]
Auf die dritte und letzte Frage erachten wir Recht: Will derselbe berichtet seyn:
Ob G. Fr. wenn er zu Wittenberg oder anders wo Doctor
oder Licentiat worden, auch an andern Orten die privilegia Doctoratus nebst andern Doctoribus zugleich zu geniessen habe: Ob nun wohl derselbe anführet,
daß die privilegia Doctoratus, nach der Rechts Lehrer Meynung denen Unwürdigen
nicht zu statten kommen mögen und einige Medici Vorhabens sind, sich per pactum
zu verbinden, daß sie keinen Doctorem, welcher auf derjenigen Universität, wo G.
F. promoviret, passiren lassen, noch ihre Kinder dahin schicken wollen; Dieweil
aber dennoch ein jeder, welchem a Facultatibus Medicis der gradus Licentiati
oder Doctoratus beygeleget worden, die rechtliche Vermuthung vor sich hat, quod
digne promotus fuerit, weil deßhalb die gewöhnlichen Examina vor der promotion
vorher gehen müssen, uns auch in specie von G. Fr jetziger Wissenschafft, noch
seinem nunmehro angefangenen studio, und wie weit er darinnen proficiret, nichts
bewust ist; So dann das von einigen Medicis intendirende pactum denen Rechten
zuwieder lauffen, und also keinen effect nach sich ziehen dürffte; So hat auch
G. Fr. wenn er über Vermuthen zu Wittenberg, oder anderswo den gradum Licentiati
oder Doctoris erhalten solte, an andern Orten die privilegia Doctoratus nebst
andern Doctoribus allerdings zu geniessen. V. R. W.
§. IX. Gleichwie aber aus dem, was oben §. 1. angeführet worden,(Der dritte casus, Streit derer
Professorum zu Straßburg mit denen Medicis zu Regensburg. Ob eines Scharffrichters Sohn
könne Doctor werden?) zu sehen, daß in
Teutschland für etlichen Seculis die Scharffrichter gantz nicht für infam
gehalten worden; also ist nicht zu verwundern, wenn auch noch heute die
Gelehrten nicht einerley Meynung sind: Ob die Söhne der Scharffrichter ad
promotiones Doctorales zu zulassen, oder nicht? Es ist deßfalls ein Streit
zwischen denen Herren Professo ribus zu Straßburg und denen Medicis zu
Regensburg entstanden, auch derselbe Streit durch öffentlichen Druck in
lateinischer Sprache im vorigen Jahre publiciret worden. Weil aber diese
controvers wenigen bey uns bekannt ist; will ich dieselbe kürtzlich erzehlen. Es
hatte für einigen Jahren die Medicinische Facultät zu Straßburg zwey
Scharffrichters-Söhnen, die sich auf Universitäten sittsam aufgeführet, und die
Medicin fleißig studiret hatten, nach vorgehabten Rath der Juristen-Facultät
daselbst, die Doctor Würde mitgetheilet. Dem ersten war auch keine controvers
von jemand gemachet worden, als welcher in Straßburg geblieben. Der andere aber,
dessen Vater und Bruder noch am Leben, und beyde Scharffrichter waren, wolte
nicht alleine in seinem Vaterlande zu Regensburg für einen Doctorem Medicinae
von denen dortigen Medicis nicht passiret werden, sondern es erhielten auch
diese nicht allein ein Juristisch und Medicinisches Responsum von Alt
|| [186]
dorff, sondern auch eines dergleichen von der
Medicinischen Facultät zu Wien, und producirten selbiges im October 1719, bey
dem Rath zu Regensburg, in welchem, und fürnehmlich in dem letzten, gesprochen
war, daß es eine schändliche und unerhörte That seyn würde, wenn man eines
Schinders Sohn in coetum der Medicorum aufnehmen wolte, und daß die zu Straßburg
geschehene Doctoral-promotion für unrechtmäßig, heßlich und nichtig zu achten
wäre. Nun mochten wohl unterschiedene vom Rathe zu Regensburg mit ihren Medicis
in diesem Stücke nicht einig seyn, und also ist nicht zu verwundern, daß das
Responsum derer Medicorum zu Wien auch nach Straßburg passirte und die dasige
Universität davon Copey erhielte. Diese säumten sich nicht, ihre promotion zu
vertheydigen und wiederlegten das Wienerische Responsum in einem programmate,
welches der damahlige Rector D. Schertz, Professor Juris im Monath December
1719. (bey Gelegenheit einer invitation zu Anhörung der Anfangs-Oration eines
neuerwehlten Professoris Botanices & Chymiae) drucken lassen. Die Medici
zu Regensburg liessen darauf Anno 1620. wiewohl ohne Benennung des Orts wiederum
eine dissertationem epistolarem drucken und vertheydigten das Wienerische
Responsum.
(Rationes der Straßburgischen JCtorum mit welchen sie dergleichen promotiones vertheydigen.)
§. X. Das Straßburgische Programma wundert sich anfänglich, daß des promovirten
Scharffrichters-Sohns Feinde sich beredet hätten, den Stadt-Magistrat zu
Regensburg durch ein Medicinisches Responsum auf ihre Seite zu bringen, und daß
die Medici zu Wien sich unterfangen, in Sachen, die für die Juristen gehöreten,
und da sie die fundamenta, was recht oder unrecht wäre, nicht gelernet hätten,
Responfa zu geben, und, was noch ärger, der hohen Landes-Obrigkeiten ihre jura
und regalia anzutasten, indem sie gemeldet; daß die infames infamia facti
(dergleichen der Schinder ihre Söhne wären) und wenn sie auch schon von denen
Landes-Fürsten ehrlich gemacht wären, in den Doctor-Stand nicht aufgenommen
werden könten. Denn hierdurch würde ja das regale die Leute mit Nachdruck und
vollkommen ehrlich zu machen, angefochten, welches doch insgemein von denen
Publicisten (als Limnaeo, Rhetio, Schwedero) nebst dem Käyser auch allen Reichs
Ständen zugestanden würde. Käyser Ferdinandus III. habe 1640. einem
Scharffrichter ein diploma gegeben, in welchen er hohe und niedrige Aemter,
geist- und weltliche Lehen und andere Gericht und Rechte zu besitzen, Urtheil
schöpffen und recht zu sprechen fähig gemacht worden. Es helffe denen
dissentirenden nichts, wenn sie vor
|| [187]
gäben, daß
dergleichen promotiones den gemeinen Rechten, auch denen Privilegiis und denen
von Käysern confirmirten statutis zuwieder wären, indem dieselben erforderten,
daß die Candidati von denen ehrlichsten (ab honestissimis) Eltern gebohren
wären, und verböten, daß kein mercklicher befleckter (insignis notae macula
inustus) zum Doctor gemacht würde. Denn erstlich stehe dahin, ob die Worte
(honestissimis Parentibus) in denen statutis einer eintzigen Universität
befindlich seyn solten; Hernach aber, wenn es ja wäre, so könte doch durch
dieselbige nicht verstanden werden, daß der Candidaten ihre Eltern eben Leute
von sehr geehrter condition seyn müssen, weil sonst die Bauers- und
Handwercksmanns-Söhne nicht würden können Doctores werden, sondern daß sie, wie
ltter de Grad. Acad. c. 7. §. 20 lehre, ehelich gebohren seyn müsten, denen aber
doch die ehrlichgemachten gleich geachtet würden. So wären auch ohne dem der
Scharffrichters oder Schinder-Söhne nicht nach der Medicorum Vorgeben laborantes
infamia facti, aut insigni macula inusti, denn ihre eintzige raison, weil sie
von dergleichen Eltern gebohren wären, hätte keine connexion, und könten sie
deshalb keine leges für sich anführen. Was in der Policey-Ordnung 1548. tit. von
Handwercks-Söhnen und anno 1577. tit. 38. ausdrücklich von Müllers- oder
Baders-Söhnen u. d. g. verordnet würde, hätte schon längst Bentus in Cas. Variis
p. 24. gezeiget, daß es auch müsse auf Schinders- oder Scharffrichters Söhne
appliciret werden, und zwar um so vielmehr, weil nach allen Rechten der Eltern
ihre Mängel und Fehler denen Kindern nicht praejudiciren solten. Decret Gratiani
dist 56. per tot. und weil man nach dem gemeinen Rechts-Sprich-Wort eher suchen
solle, zehen ehrlich, als einen unehrlich zu machen. Aus diesen Ursachen wären
die Juristischen Facultäten in Jena, Tübingen und Leipzig Besage Richteri Part.
2. Decis 80. n. 25. Carpzovii P. II. decis 112. in fine, From manni de levis
notae macula § 37. bewogen worden, für die Söhne der Schinder, Scharffrichter /
Häscher, zu sprechen, denen auch Mauritius Resp. Tubingensi 7. und Itterus d. c.
7. §. 24. beyfielen und noch andere mehr citirten. Und obwohl auch etliche
Juristen anderer Meynung wären, so würden doch diese dadurch überwogen, weil die
berühmtesten und gelehrtesten Theologi, Juristen und Medici mit guten Grunde
gezweiffelt, daß ein Scharffrichter oder Schinder unehrlich seyn solte. Denn was
thäten sie denn übels oder schändliches: Synesius hätte sie schon Epist. 44. die
Hände der Gesetze genennet, und Gregorius Nazianzenus in der 8 Epist. gesagt:
die Scharffrichter thären nichts übels,
|| [188]
denn sie
bedieneten die Gesetze. Und wenn auch gleich die Scharff. richter entweder
selbst oder durch ihre Gesellen denen Thieren, die keines gewaltsamen Todes
gestorben, die Felle abzögen oder sie schindeten; und aus denen heimlichen
Gemächern den Menschen Koth ausräumeten; so könte doch dieses die Scharffrichter
so wenig oder noch weniger unehrlich machen als die Fleischer und Schlechter
wenn sie dem geschlachteten Viehe das Fell abzögen, oder denen, die Pferde,
Ochsen-und Schweine Koth wegräumeten. Spräche man, die Scharffrichter wären
deßhalben unehrlich, weil sie mit Schelmen und Dieben zu schaffen hätten, und
dieselben umbrächten, so würde man antworten, daß auch die Richter mit Schelmen
und Dieben zu schaffen hätten, und daß die Soldaten die Missethäter beyderseits
ohne Verletzung ihrer Ehre arquebusirten. Ja bey denen alten Teutschen wäre
dieses so wenig für Ehrenrührig geachtet worden, daß auch nach Taciti Zeugniß de
Mor. Germ. VII 2. die peinlichen executiones nur denen Priestern wären vergönnet
worden. Conf. Spec Suev. art. 36. & art. 26. Dannenhero auch Beier ad
Pandect. tit de Poenis in Notis erinnerte, daß bey unsern Vorfahren der
Scharffrichter eine vornehme Amts Person gewesen, und auch heute die execution
der Straffe die Scharffrichter nicht allein von der unehrlichkeit, sondern auch
an vielen Orten von der levis notae macula befreye. Conf. quae ex Hovedeno habet
Hachenb, in Germ. med. dissert. 1. §. 10. ingleichen Doepler. in Theatro
Poenarum Part. 1.c.6. denen von denen Theologis Dannhauer in Theol. Consc T. 1.
p. 723. und von denen Medicis aulini in der Zeit kürtzenden erbaulichen Lust
P. I. p. 231. beystimmeten &c.
(Rationes der Regensburgischen Medicorum dadurch sie die vorige Meynung wiederlegen
wollen.)
§. XI. Die Regensburgischen Medici berufsen sich in Gegentheil anfänglich auf die
ihnen von dem Rath gegebene Statuta, in welchen mit deutlichen Worten enthalten
wäre, daß der Promotus zuvor dem Colligio Medico richtige Uhrkund seiner Studien,
Promotion zum Doctorat, samt der Disputatione inaugur ali, wie auch sonst seiner
ehrlichen Herkunfft und Wohlverhaltens fürlege, wovon das judicium denen Herren Deputirten verschlossen
zugestellet werden solle: so hätten sie auch die obgedachte Altdorffer und
Wiener Responsa für sich, und was insonderheit dieses letzte beträffe, so hätten
sich die Herren Medici daselbst keinesweges in frembde oder Juristische Händel
gemiseht, oder aus denen Kayserlichen Rechten ihre Meynung bekräffriget, sondern
aus und nach ihren von den aysern ertheilten Statuten gesprochen, und wäre
bekannt, daß die aus Statuten und
|| [189]
Privilegiis
entstandene Gewohnheiten eben so viel gölten, als geschriebene Gesetze.
Hiernächst thäte Scherzius jenen grosses Unrecht, wenn er sie beschuldigte, als
wenn sie geleugnet hätten, daß die hohe Landes-Obrigkeit nicht solte Macht haben
unehrliche Leute ehrlich zu machen, sondern sie hätten nur geleugnet, daß
dergleichen begnadigte Leute könten zu Doctorn gemacht
und andern Collegiis aufgedrungen werden / unter welchen
beyden ein grosser Unterschied wäre. Vielmehr solten sich die Straßburgischen
Juristen schämen, daß sie die ersten wären, die eine so schändliche Sache
angerathen hätten; denn wenn sie nur ein eintziges Exempel hätten anführen
können, daß anderswo oder vorher eines Schinders Sohn wäre promoviret oder in
die Zahl rechtschaffener Medicorum aufgenommen worden, würden sie es unstreitig
nicht vergessen haben anzuführen, und solchergestalt hätten sie besser gethan,
wenn sie das Wienerische Consilium hätten unangepackt gelassen, zumahl da sie
solches nicht mit mehrern Nachdruck refutiret, und bald anfangs eine Eheliche
und Ehrliche Geburth mit einander confundiret hätten, unter welchen beyden doch
ein grosser Unterschied wäre, indem z. E Leibeigene Kinder zwar ehelich aber
nicht honoratiores, Ehrlich wären, wie allbereit dr. Beier in Tyrone p. 45.
& 65. diesen Unterschied angemerck hätte, und Lehmann in der
Speyerischen Chronick auch dahin inclinirte. Und ob wohl Scherzius leugnen
wolte, daß die Scharffrichter und Schinder nicht levis notae macula laboritten,
so hätten doch die meisten Juristen das Gegentheil behauptet, ja Frommann selbst
de levs notae macula p 8. & passim bejahet, daß die Häscher
levissima, die Scharffrichter leviori, und die Schinder oder Abdecker levi
macula laborirten, und wäre diese Meynung in dem gemeinen Völcker Recht oder
doch zum wenigsten in jure gentium moratiorum gegründet, wovon man ein mehrers
bey Bodino de Rep. l. 3. c. 3. prope finem & l. 4. c 8. Lipsio ad Tacit.
Ann. 2. c. 32. Frehero de Infamia lib. 3. c. 23. n. 2. & 13. finden
würde. Die Schinder und Abdecker gehörten unter diejenigen, die nach Carpzovii
stilo part. 2. Decis. 112. bey Verrichtung ihres Amts oder Handthierung mit
unziemlichen Dingen umgiengen, und wären demnach die Scharffrichter ihrer Person
wegen nicht infam, sondern weil sie die garstigen Dinge, als Schinden, Cloacen
reumen u. s. w. umb schändlichen Gewinsts willen übernommen. Das stärckste
Argument wieder die Schinders Söhne wäre dieses, daß in denen Poltcey-Ordnungen
1548. und 1577. artic. von Handwercks. Söhnen, unter denen daselbst gemeldeten
Handwerckern der
|| [190]
Scharffrichter und Schinder nicht
mit einer Sylbe erwehnet würde, und sie also nothwendig unter denen daselbst
folgenden Worten, andre geringere Handwercke begriffen seyn müßten, zumahlen da
in der Policey-Ordnung 1530. §. 21. der Nachrichter und Abdecker nahmentlich
wäre gedacht und ihnen aufferleget worden, daß sie absonderliche Kleydung tragen
solten, (damit man nemlich desto eher ihren Umgang fliehen könte.) Die Priester
und andere, so vor alters die peinlichen Straffen exequiret, die hätten ja die
andern garstigen Handthierungen nicht dabey exerciret. Das Diploma, das Kayser
Ferdinand III. dem Scharffrichter gegeben, bewiese vielmehr, daß die
Scharffrichter nicht ehrlich wären, denn sonst hätte ihn der Kayser vermittelst
des diplomatis nicht von denen übrigen seines Geschlechts absondern dürffen. Was
die Richter mit denen Delinquenten zu schaffen hätten, wären gantz andre Sachen,
als des Scharffrichters Affairen: denn, wer müste doch wohl den Unflath
wegschaffen, wenn die Delinquenten in der Tortur sich fur Angst bethäten? Müste
es nicht der Scharffrichter thun? Qui bene distinguit, bene docet. Das Argument
von dem arquebousiren schiene zwar dem ersten Ansehen nach etwas besser zu seyn,
es verlöhre aber seine Krafft gar bald, wenn man die formalia der Urtheil
beschauete: der Delinquent solle aus besondern Gnaden
nicht durch des Henckers Hand, sondern von Ehrlichen Cameraden von Leben zum
Todte gebracht werden. So wäre auch ferner unter denen Schlächtern und Bauern,
die den Pferde-und Sau-Mist wegführeten, und unter der Scharffrichter ihren
Verrichtungen ein grosser Unterscheid, inmassen die Schinder verbunden wären,
die verfaulten Aeser zu schinden und auf den Schind Anger zu führen, die tollen
Hunde und andre Thiere zu fangen und umbzubringen, zu castriren, in Hunds-Tagen
und zur Meßzeit die ungezeichneten oder schäbichten Hunde mit Stricken und
Prügeln zu verfolgen; die Ubelthäter, so sich selbst umgebracht, wegzuführen,
und den Ort von ihren Unflath zu saubern, die öffentlichen Cloaquen zu reinigen,
der Bettler ihre Kleider und ihren übrigen von Läusen und Flöhen zu tausenden
besetzten Haußrath fortzuschaffen u. s. w. Was endlich die Söhne der
Scharffrichter beträffe, so wäre ihnen zwar die gemeine Regel, daß die Kinder
der Eltern Missethat nicht tragen solten, nicht unbekannt, aber es wäre auch
nicht unbekannt, daß die Regel ihre exceptioncs hätte. Wenn Kinder ausser der
Ehe gezeuget würden, so wären sie so lange Hur-Kinder und levis notae macula
notati, biß sie legitimiret würden. Die von Scherzio alle
|| [191]
girten autores kämen ihnen auch wenig zu statten: Mauritio
setzten sie Mynsingeri Autorität entgegen. Das aus Carpzovio angeführte Exempel
schicke sich nicht hieher, weil dabey diese raison ausdrücklich angeführet
würde: weil der Vater / als der Sohn gebohren, noch nicht Stadt-Knecht gewesen,
so könne ihm solches nicht praejudicirlich seyn:
Richterus rede nicht von Scharffrichters Söhnen oder Töchtern, sondern von
denen, die vielleicht aus Unbedachtsamkeit oder andern Ursachen dem Schinder in
seine Verrichtung gefallen wären, ja man fände bey Richtero decis. 80 n. 19.
item p. 68. das Gegentheil, und daß gesprochen worden, daß men einen Meister,
der eines Scharffrichters Tochter heyrathen wollen, nicht schuldig wäre im
Handwercke zu dulden, dergleichen Exempel auch Carpzovius anführete, Part. III.
qu. 37. n. 59. Conradus Dinnerus in Walth. Tract. de privileg. Doctor. p. 65
ingleichen Bernegger ad Taciti Germaniam qu. 11. wären auf ihrer Seite.
Scherzius könne sich auf Dannhauern und Paullini deßwegen nicht beruffen, weil
er selber in seinem programmate spräche, daß es denen Medicis (und folglich auch
denen Theologis) nicht zukäme, Juristische Responsa zu geben; und dem responso
der Juristen-Facultät zu Tübingen wolten sie l. 12. ff. de Offic. Praesidis
entgegen setzen. Uber dieses käme ihnen die Bayerische Landes-Ordnung lib. 4.
tit. 1. zu statten, indem in selbiger enthalten, daß nur diejenigen, die mir
denen Malefiz-Personen bey der strengen Frage oder
Vollziehung der peinlichen Urtheile nicht zu schaffen, noch Hand anzulegen
hätten, ohne Hinderung zu Lernung der gemeinen Handwercke gelassen werden
sollen. So wäre auch in Valentini Pand. Medico legal. p. 435. seq. zu lesen, daß
auf Befehl des Hrn. Landgraffen von Hessen-Darmstadt eines Scharffrichters Sohn
auf der Universität Giessen heimlich relegiret oder ihm ein Consilium abeundi
gegeben worden. Ja es hätten ihnen die Herren Altdorffini mit weitleufftigen
Umständen berichtet, wie vor 30 Jahren eines Henckers Sohn aus Zittau, der sich
bey dem dasigen Waßen- oder Feldmeister aufgehalten, sich heimlich nach Altdorff
gemacht, und als ein fremder Studiosus sich in das Wirths-Hauß einlogiret, und
von einem andern Studioso, der ihn nicht gekennet, sich die Bibliotheck und das
Auditorium weisen lassen, auch dabey gemeldet, er hoffe auch noch auf dem
Catheder, wo die Promotiones Doctorales beschehen, mit nächstem dergleichen
honores zu erlangen. Als aber bald hernach es denen Studiosis kund worden, daß
dieses eines Henckers Sohn sey, hätten sie ihn durch ihre
|| [192]
famulos dergestalt abprügeln lassen, daß er sich alsobald mit
zerbrochenen Degen, und zerrissenen Federn auf den Hut aus der Stadt gemacht und
folgends auf requisition Senatus Academici aus des dasigen Amts-und
Stadts-districtu sortgeschaffet worden. Ferner hätten die Augspurgischen Medici
in Sept. 1719. an sie die Regensburgischen Medicos geschrieben, daß der
Magistrat zu Augspurg Anno 1679. einen Doctori Medicinae, der in das Collegium
Medicum daselbst aufgenommen zu werden gebeten, diese seine Bitte bloß deßhalben
abgeschlagen, weil man glaubwürdig vernommen, daß er sodann des dasigen
Scharffrichters Tochter zu heyrathen gesonnen wäre. Und ob wol darauf der
Scharffrichter sich bemühet zu Wien einen Befehl zu erhalten, daß dieser sein
Eydam in das Collegium Medicum recipiret werden solle, so wäre doch von S.
Kayserlichen Majestät dieses sein petitum ihm abgeschlagen worden. Endlich
hätten auch die drey Reichs-Collegia zu Regensburg Anno 1671. dieses einmüthige
conclusum gemacht, daß die kurtz vorher aus der Bayerischen Landes-Ordnung
angeführte Worte auch der neuen Reichs-Policey-Ordnung einerleibet werden
solten, welches auch S. Käyserliche Majestät 1681. ratificiret hätte, wie in
denen Meditat. ad Instrum. Pac. specim. VII. p. 1409. und 1519 zu lesen wäre,
und ob es schon noch nicht als ein Reichs-Abschied wäre publiciret worden, so
wäre doch kein Zweiffel, daß die hohe Autorität derer Herren Abgesandten, die
alles wohl und reifflich überleget hätten, schon von solchem Gewichte wäre, daß
kein kluger Mensch sich ferner dawieder aufflehnen würde, massen dann auch der
Magistrat zu Regensburg bisher ihnen denen Medicis in diesem Stück nicht
zuwieder gewesen wäre.
(Was bey Beurtheilung dieses Streits überhaupt zu
beobachten sey?)
§. XII. Wer hat nun wohl unter diesen beyden Partheyen Recht? Ich überlasse
solches eines jeden Lesers Erwegung; und kan aus dem, was ich vorhero bey diesem
Handel angemerckt, leicht abgenommen werden, was etwa meine Meynung sey,
zumahlen da ohnedem die Sache so kurtz nicht abgehandelt werden kan, als mein
Vorsatz bey Edirung dieser Händel zuläßt. Jedoch will ich nur noch etwas weniges
zu fernerm Nachdencken überlassen. Wie wenn einer spräche: es hätten beyde
Partheyen Recht? Denn das ist wohl ausgemacht, daß die Scharffrichter ex solo
Jure Naturae nicht für infam zu halten, sondern die levis notae macula, die
ihnen beygemessen wird, ein merum inventum juris civilis und zwar
consuetudinarii sey, und also nicht zu verwundern, wenn selbiges hier und dar
variiret, und dannenhero die Profes
|| [169]
sores zu
Straßburg so lange sie unter Franckreichs Botmäßigkeit sind, an die
consuetudines Germanicas nicht gebunden werden können. Bey dieser Bewandnüß aber
wären doch selbe nicht zu verdencken, daß sie ihre Ehre wieder das Wienerische
responsum gerettet, weil dieses ihnen Schuld gegeben, daß sie unrechtmäßig und
heßlich gehandelt, indem sie eines Scharffrichtes Sohn zum Doctore Medicinae
creiret; obgleich diese promotion die Medicos in Teutschland nicht binden könne,
dieselbe für gültig passiren zu lassen. Wie wenn man ferner erinnerte? daß
allhier zuförderst zwey unterschiedene Fragen nicht müsten vermischt werden. So
lange derer Medicorum oder anderer Doctorum, die eines Scharffrichters Sohn
nicht unter sich leyden wollen, ihre hohe Landes-Obrigkeit mit ihnen eines
Sinnes ist, so wolte ich dem Doctor Scharffrichters Sohne für seinen Doctor
nicht einen Dreyer geben, und wenn er auch selben zu Rom von dem Praetendenten
bey der Entbindung dessen Gemahlin erhalten, und noch darzu die neue Frau
Gräffin und ehe mahlige Hebamme geheyrathet hätte: Wann aber der Landes-Herr ihn
in numerum Medicorum will auffgenommen haben, und zumal wenn er ihn zu diesem
Ende vorher legitimiret, da weiß ich eben nicht, ob die Herren Medici mit der
distinction weit reichen würden, wenn sie unter andern melden, daß sie zwar
nicht läugneten, daß die hohe Landes-Obrigkeit nicht solte Macht haben,
unehrliche Leute ehrlich zu machen, sondern sie läugneten nur, daß dergleichen
begnadigte Leute könnten zu Doctoribus ge macht und andern Collegiis
aufgedrungen werden. Ja allen Ansehen nach haben die Herren Medici sich bey
dieser odiösen materie nicht lange aufgehalten, weil sie (wie sie auch zuletzt
rühmen) des Beystands ihrer Obrigkeit sich versichert, u. vermuthlich nur
etliche wenige von denen Raths-Personen, die von denen meisten überstimmet
worden, ihnen zuwieder gewesen. Aber ich will dieses alles nur discursive, nicht
aber assertivevorgebracht haben, weil ich für die Hrn. Medicos burchgehends
allzugrossen respect habe und gleich da ich dieses schreibe bey dem Autore
Meditat. ad Instrum. pacis p. 1405. mit Vergnügen lese, daß derselbe sich nicht
einmahl getrauet, mit Leuten von geringerer Condition, nehmlich mit den
Barbirern, Peruquen-machern und Apotheckern einzulassen,
weil, wie seine Worte lauten, die ersten sich mit dem Scheer-Messer / die andern
an denen Haaren / und die dritten mir einen Laxier-Träncklein oder Ciystier
leicht revangiren könten. Jedoch wird ihnen nicht zu
wieder seyn, weil ich sehe, daß sie die Lesung der Meditationum ad Instrumentum
Pacis ihren Adversariis recommendiret, wenn ich sie
|| [194]
gleichfalls darauff verweise, was in besagten meditationibus p. 1409. davon
gemeldet worden, daß man Anno. 1672. auf den Reichs-Tage geschlossen, daß jeder
Obrigkeit, die Regalien von Reich hat / unbenommen seyn solle, die
Policey-Ordnungen nicht alleine einzuziehen, zu ringern und zu mäßigen, sondern
auch daß die in der alten Policey-Ordnung 1548. angehengte Worte: aber nicht zu
erhöhen und zuvermehren, künfftig ausgelassen werden solten; und daß dannenhero
auch hieraus der Anno 1671. entworffene Auffsatz num 2. (in besagten
Meditationibus p. 1511.) verstanden und emendiret werden müsse.
(Vorschlag / Wie etwa die Untersuchung von Ursprung und
Ursachen der Verunehrung der Scharffrichter in Teutschland einzurichten sey?)
§. XIII. In übrigen kan ich auch nicht leugnen, daß der Autor der Dissertationis
Epistolaris in dieser seiner Schrifft sich also aufgesühret, daß man daraus wohl
spühren könne, daß er ein Mann von einen guten Judicio, und fähig sey, auch
zweiffelhaffte und unrecht scheinende Sachen sehr plausibel vorzustellen und zu
vertheydigen. Mich soll dannenhero verlangen, ob die Herren JCti zu Straßburg
auff diese Dissertation so stille schweigen, und sich nicht verantworten werden.
Zum wenigsten dächte ich, solte es ihnen an Materie nicht mangeln. Ich wünsche
indessen, daß sich jemand drüber machen und den Ursprung, wie und wann es
geschehen, daß bey uns Teutschen die Scharffrichter für unehrlich gehalten
worden, etwas gegründeter, als bißher geschehen, entdecken wolte: welches meines
Erachtens eben keine so grosse Mühe brauchte, wenn man nur aus Speidelio und
Besoldo unter denen Tituln: Abdecker, Frohnbote, Hencker, Nachrichter,
Scharffrichter, Schinder u. s. w. die dazu nöthigen Collectanea excerpiren
wolte. Jedoch müste man bey diesen collectaneis ein wenig ein judicium
adhibiren, indem viele falsche assertiones darunter zu befinden. Meine
unmaßgebliche Gedancken gehen dahin; 1) die Scharffrichter sind bey unsern
Teurschen Vorfahren niemahls Personen von grosser Würde gewesen: und darff man
sich daran nicht kehren, daß Hachenberg in Germ. media dissert. 1. §. 10.
geschrieben. Etiam carnifex splendidi officialis nomen (apud Saxones antiquos)
moribus nostris soedum atque turpe. Denn erstlich weiset das gantze Buch, daß
Hachenberg zwar ein sehr fleißiger Mann, aber dabey nicht eben mit grossen
judicio versehen gewesen sey; hernach beweiset der von ihm aus Hovedeno
angeführte locus von 1040. Jahre gar nichts. Rcx Harde
Canutus Alfruum Eboracensem Episcopum, Godwinum Comitem, Stir, Majorem
Domus, Edricum Dispensatorem, Thrond suum CARNIFICEM & alios magnae
Dignitatis viros Londinum misit. Denn gleich
|| [195]
wie bey denen Scriptoribus medii aevi Carnifex nicht einen Scharffrichter,
sondern einen Fleischer oder Koch bedeutet, also hätle der Context zeugen
sollen, daß in gegenwärtigen loco des Hovedeni Carnifex den Ober Küchen-Meister
oder Archidapiferum bedeuten müsse, zugeschweigen daß allbereit du Fresne in
seinen Glossario voce Carnifex diesen locum also erklähret. 2) Jedoch sind sie
vor ehrliche Leute und denen Untergerichts-Personen an Würden gleich gehalten
worden. Siehe Sachsenspiegel, and-Recht Libr. 3. artic. 56. & in indice
voce Frohn-Bote, Schwaben Spiegel cap. 25. 26. 35. &c. 3) Die wahre
Ursachen, daß man hernach die Scharffrichter, ingleichen Bader, Balbierer und
andre ehrliche Leute unehrlich gemacht, sind wohl hauptsächlich nach Einführung
der Universitäten denen Römischen und Canonischen
Rechten und deten Lehrern zuzuschreiben. 4) Dannenhero thut ein Fürst nicht
unrecht, wenn er denen aus diesen Unfug entstehenden Mißbräuchen aus bewegenden
vernünfftigen Ursachen steuret, und die Scharffrichter nach Gelegenheit der
Umbstände, vielmehr aber ihre Söhne, ehrlich erklähret / und ihnen hiemit die
Thüre zu Ehrenstellen eröffnet. u. s. w. Jedoch muß man bey dieser Meynung nicht
auf das andere extremum fallen und dergleichen Leute andern Wohlverdienten
vorziehen, oder ihnen, wenn sie rechtmäßige Ursachen haben, dieselben
aufdringen. Was die Erfahrung betrifft, erinnere ich mich, daß, als ich zu
Franckfurt an der Oder studirte, ich zu Cüstrin einen Scharffrichter einen
Ubelthäter hencken sahe, von dem mir zugleich glaubwürdig berichtet wurde, daß
er der Scharffrichter wegen seiner vernünfftigen Lebens Art und Erfahrenheit in
Medicinischen Curen in selbigen district von vornehmen Leuten so wohl von
Adelichen als Bürgerlichen Stande, dergestalt geliebet würde, daß man ihn nicht
allein öffters zu Gaste bäte, sondern auch je zuweilen ihn selbst besuchte, und
in seinem Hause mit ihm ässe. Vor funffzig Jahren habe ich einen Scharffrichter
zu Leipzig gekannt, dessen Sohn man kein Bedencken truge, in der Stadt-Schule zu
S. Nicolai nebst vieler vornehmer Leute von der Universität und dem Rath ihren
Kindern zu dulden. Dessen Vater war auch ein Mann, von dem man nie nichts
ungebührliches gehöret, und dessen Kleidung, Gang und Conduite (wenn er öffters
auf dem Rathhause und in der Stadt was zu schaffen hatte) nichts anders als eine
ungezwungene Erbarkeit und Modestie von sich blicken liesse, dergestalt, daß
auch nach seinen Tode einer von denen vornehmsten Predigern und Do
|| [196]
ctoribus Theologiae in Leipzig ihm eine
solenne Leich-Predigt zu thun, sich nicht vor schimpfflich hielte, wiewohl auch
die Wittib und Erben diese Bemühung, und fürnehmlich, daß die Ehre und
Ehrlichkeit der Scharffrichter durch das Exempel Benajae des Sohns Jojadae hatte
behuuptet werden wollen; mit einer ehrlichen und nachdrücklichen Erkäntlichkeit
danckbarlich belohneten. Jedoch will ich mich bey Untersuchung dieses arguments
nicht ferner aufhalten, zumahl da der Herr Autor der Leich Predigt einer von
meinen vornehmsten Feinden, der in dem ersten Handel gedacht worden, gewesen.
(Der vierte Casus, ob das
Papiermachen der Licentiaten-Wür de praeju dicirlich sey.)
§. XIV. Ich wende mich vielmehr zu dem vierten casu, der in Monat Majo 1698.
unserer Facultät zugeschicket wurde, ein Responsum darüber zu ertheilen: nemlich
da einer, der erst bey seinen Vater die Papiermacher-Kunst gelernet hatte,
hernach aber studieret hatte, und Licentiatus juris worden war, und nachdem sein
Vater gestorben, von seiner Mutter die Papier-Mühl gepachtet hatte, und durch
einen Meister-Knecht dieselbe bearbeiten liesse, wolte ihm ein andrer
Licentiatus juris, der sonst jünger als er war, die Ober-Stelle streitig machen,
und ware also zu befahren, daß wenn dieses angienge, noch andre ihm mehr
praejudicirliche Suiten darauf erfolgen möchten, das übrige kan aus dem responso
selbst gesehen werden.
P. P. Hat derselbe in seiner Jugend bey seinem Vater, so ein Papiermacher
gewesen, die Papiermacher-Kunst erlernet, darauf aber sich zu dem Studieren
begeben, und seine studia dergestalt absolviret, daß er in Licentiatum utriusque
Juris promoviret, unter welchem Verlauff dessen Vater gestorben, und darauf die
Mutter erstlich eine Zeitlang durch einen so genandten Meister Knecht die
Papiermacher-Kunst fortgetrieben, hernach aber die Mühle an einen der Kunst
zugethanen verpachtet. Ist derselbe darnächst mit seiner Familie aus der Frembde
in sein Vaterland zurück gekommen, und weil der Pachter und dessen Witwe die
Mühle ziemlich deterioriret, mithin aber auch die Pacht Jahre zu Ende gelauffen,
hat derselbe, weil er eigene Wissenschafft von der Kunst gehab, umb die Mühle,
(so ihm ohnedem nach der Mutter Tode als sein Eigenthum zustehen würde,
wiederumb in bessern Stand zu bringen, selbige in Pacht genommen, und durch ein
Meister-Knecht und demselben zugegebene Leuthe die Mühle bearbeiten lassen,
welches von einem andern Licentiato juris dergestalt übel aufgenommen worden,
daß er demselben die praecedenz hinfürder nicht concediren wollen. Ob es nun
wohl an dem, daß durch exercirung eines vilis opificii die erlangte Dignität und
davon dependirende Jura beschimpffet und verlohren wurden, und dann dessen
Bericht nach, von seinem Gegentheil demselben vorgeworffen wird, daß er bey der
Papiermacher-
|| [197]
Zunfft eingemuthet, wegen
bißheriger nicht Mithaltung Straffe erleget, Meister worden, und alles dasjenige
thun müsse, wozu er von denen Mit-Meistern der Papiermacher, vermöge ihrer
Articul verbunden, welches alles demselben höchst unanständig zu seyn und mit
dem erlangten gradu Licentiati nicht zugleich bestehen zu können scheinet;
Dieweil aber dennoch dessen Bericht nach bey denen Papiermachern weder
Einmuthung, Meisterstück, Meister-Essen, Erklährung vor einen Meister, noch auch
Qvartale oder andere Zusammenkünffte, oder was sonst bey Zünfften zu finden,
gebräuchlich ist, und dannenhero alle diejenigen facta, so demselben von seinem
Gegentheil als unanständig beygemessen werden wollen, in mera & falsa
imputatione beruhen: hiernächst derselbe nach gepachteter Mühle sich nicht für
einen Papiermacher geriret, sondern dieselbe durch einen dazu bestellten
Meister-Knecht und zugeordnete Leuthe bearbeiten lässet, und bloß zu dem Ende
die Mühle gepachtet, damit sie nicht ferner deterioriret werden möchte, vielmehr
derselbe bey habender Pacht und da er auch einige Wissenschafft der
Papiermacher-Kunst überkommen, desto besser dahin sehen könte, daß sie wiederum
in guten Stand gesetzet werden möchte, und er also hiernächst, wenn die Mühle
nach der Mutter Tod ihm als sein praedium avitum zufallen würde, einigen Nutzen
davon haben könte, zu geschweigen, daß auch die Papiermacher-Kunst nicht pro
vili opificio gehalten werden mag, und da fast in gleichem casu die
Rechts-Lehrer insgemein dafür halten, quod Nobilis mercaturam exercendo
Nobilitatem suam admittat, dennoch dieselbe solche ihre assertion dahin
restringiren, quod scilicet Nobilis tantum per se mercaturam exercere
prohibeatur, per servos vero & institores hoc facere ipsi permissum sit.
(Tiraquell de Nobil. c. 27. Joh. Marquart de Jur. mercat. l. 1. c. 10. n. 42. seqq Brunnem. ad l. 3. C. de Commerc. & Mercat.) So erscheinet
daraus so viel, daß derselbe durch den Pacht der Papier-Mühle der von ihm
erlangten Würde und gradui Licentiati nicht praejudiciret habe, besondern ihm
die jüngern Licentiati juris nach wie vor den gehörigen Rang zu lassen schuldig
seyn. V. R. W.
III. Handel. Etliche Responsa von den Stand und Rechten der aus ungleichen
Ehen gezeugten Kinder / und Fürstlicher Maitressen.
§. I.
ICh habe in den 3. Handel des andern Theils §. VI. p. 116. erwehnet, (Veranlassung) daß ich damahls (in Nov. 1717.)
kein einiges Collegium
|| [198]
(zu diesen Handel.) gewust, das nicht in
Beantwortung der mir daselbst vorgelegten Fragen von mir hätte dissentiren und
anderer Meynung seyn sollen. Daß ich nun auch unsere eigene (damahlige Facultät
davon nicht auszunehmen Ursache gehabt, werden die beyden folgenden Responsa
bezeigen, welche a. 1616. u. 1617. in unserer Facultät referiret, per plura
geschlossen und expediret worden, welche ich hiermit dem geneigten Leser nicht
deßwegen communiciren wollen, daß ich solche für geringschätziger als das
meinige in besagtem andern Theil halten solte; sondern damit ich vielmehr die
allgemeine natürliche Billigkeit beobachte, nach welcher man auch den Gegentheil
zu hören verbunden ist, und einem jedweden Leser hierdurch desto mehrere
Gelegenheit gäbe, auch anderer JCtorum Meynung und rationes in dieser controvers
gegen die meinige zu halten, und selbst zu beurtheilen, welche Parthey es am
besten getroffen. So werden auch über dieses die folgende Responsa und
vorhergehende Urtheils-Fragen zu einen und andern neuen, und verhoffentlich
nicht unangenehmen Anmerckungen Anlaß geben.
(Frage wegen des ersten casus: Ob
die mit einer unadelichen gezeugte Kinder in feudis
succediren.)
§. II. Im Julio 1716. wurde an unsere Facultät folgende Frage nebst denen zum
voraus colligirten rationibus dubitandi & decidendi zugeschickt. Der Ort
ist nicht nöthig, daß er beniemet werde, zumahlen da ohnedem der Inhalt des
Schreibens hin und wieder weiset, daß der casus sich in der Laußnitz zugetragen.
Derjenige, so die Frage an uns schickte, hatte sich auch genennet, es wird aber
vorjetzo genung seyn, wenn ich sage, daß es ein Juris utriusque Doctor und
berühmter Advocat war.
Dererselben in jure gegründetes Gutachten cum rationibus decidendi &
dubitandi bin ich in nachstehenden Casu benöthiget: Es hatte ein gewisser
Freyherr von G. M. vor zwey Jahren auf ein, ob zwar nicht von Adelichen Stande,
jedoch eines ehrlichen Mannes Kinde, die aber nunmehro von Kayserl. Majestät
laut des ihr ertheilten Diplomatis in Adel-Stand erhoben worden, eine eheliche
Liebe geworffen, und vor kurtzer Zeit selbige zur Ehe genommen, welcher Heyrath
aber von des Herrn Freyherrns Frauen Töchtern und Eydmännern, item Herren
Brüdern bald anfangs ernstlich wiedersprochen und nicht zugelassen werden
wollen. Ob nun wohl dem Herrn Baron, was er hierinn zu thun und zu lassen,
ziemlich bekannt; So will doch derselbe cum rationibus in
jure & civili & feudali fundatis zu desto mehrer
Versicherung belehret seyn: Ob die aus dem mit einer Ignobili vollzogenen
matrimonio erzeugte Söhne und Töchter pro legitimis zu achten, auch ob selbige,
männ
|| [199]
lichen Geschlechts, in dessen bona
feudalia succediren können? Sonst ist zwar dem Herrn Baron gar wohl bekannt, wie
man nachfolgendes pro rationibus dubitandi anziehen könne; Als (1) prohibire
dergleichen matrimonia Gentium immixtio & splendoris antiqui imminutio,
indem die uhralten Adeliche Häuser solcher gestalt ihren Flor, Dignität und
Auffnehmen nicht erhalten könten; Reipublicae vero interesse, ut familiarum
illustrium dignitas earumque bona conserventur, in quarum conservatione jus
publicum atque adeo publica salus, non solum privata, consistat; (Reusner. Cons. 8. n. 24. seq. L. 3. l. 1. §. quamvis ff. d. ventre
inspic. l. 195. §. familia ff. de V. Sign. §. 3. J.
d. legit. agnat. succes.) adhaec, cum feuda nobilitati vendere, eaque
plebejis emere Principum venia licuisset, secuta est patriciarum familiarum
gentium inopia (Joach, a Rusdorff. in vindic. causae Palat.
cap. 9. n. 29 seq.) hinc si par pari, Comes Comitissae, Baro
Baronissae, & Nobilis Nobili nubat, ob infinita mala, quae nubentes
extra ordinem, comitantur, multum ad conversationem familiarum tribuit. Nam in
sobolem transire solet cum semine virtus. Das Alterthum könne auch dergleichen
Exempla aufweisen, wie davon es mit mehrerm deduciret Vechner. de nobilit cap. 8. Th. 6. Josephus Passus de statu marit alip. 17. seqq. Dahero allerdings ein
metus justus von denen Contradicirenden besorget würde, ne diflerentia inter
nobiles & plebejos celebrem familiam obliteret. Haenon. disp. polit. VI. Th. 14. Denn in XII. Tabb. referente
Halicarnasseo ausdrücklich versehen: ne patriciis cum plebejis Romae estet
connubium, (Livius L. 4. histor.) Hinwiederumb in L.
Julia de maritandis ordinibus constitutum: ne Senator, senatorisve filius, nepos
vel pronepos duceret libertinam (l. 16. in pr. l. 23. 44.
& 47. ff. de ritu nuptiarum) Und obschon der Imperator
Justinianus so viel. (in L. Imperialis §. f. C. de
nupt.) nachgelaßen, quod liberi legitimi efficiantur, qui ex Patricio cum
libertina aut alia ignobili procreati; so hat er doch solches dermassen
restringiret, quod simul Imperatoris consensum de matrimonio cum tali
contrahendo requirat; Dahero die, deficiente hoc requisito, er zeugete Kinder
pro legitimis nicht zu halten wären, welches per argumenta a contrario sensu
desumta, die in jure gar sonderbahren ponderis, weitläufftig erwiesen, Everhard.
in loc. a contr. sens. Socin. Reg. 46, incip. argum. a contr. Cacher Pedemont. 71. n. 15. adeoque falva semper sit familiarum dignitas, ait
ICtus in L. 1. §. 13. ff. d. ventr. inspic. ne videlicet
filius ancillae haeres sit cum filio liberae; Davon das erste Buch heiliger
Schrifft saget: quod filii Deorum cum fillabus hominum nuptias contraxerint.
(conf. Alber Gentil. d. nupt. L 1. cap. 3. c. fin,
Deuteron. 25. v. 5.) (2) apprime, cum honestati etiam
repugnare videatur. (Beza Tr. de repud. & divort. p.
83.) Hierzu kommet was Mascard. de probat. Concl.
90. anziehet: quod puellae plebejae subsecuto ejusmodi matrimonio
plerumque so
|| [200]
leant in maritum esse
insolentiores, praesumuntur n. propter dominum efferri Auth.
de nupt. § incundum. Dahery Philipp.
Melanchton. P. 3. Dominic. 3. post Trinitat. diese gar
nachdenckliche Worte führet: habet mulier tres alias, quibus cum agat; unam, cui
conqueritur de suis molestiis, alteram, cum qua deliberat, tertiam, in quam
effundat sua arcana. Foris Helena, intus Hecuba. Nechstdem (3) die nahen
Befreunde einen empfindlichen Haß und Aversation würden blicken lassen, cum
imparium societas apprime inter consangvineos sit matrix discordiae inductiva,
conservativa & nutritiva (Roland a Valle Cons. C. n.
17. Vol. 3. & Cons. 51. n. 8. Vultej. Marp.
Cons. 35. Vol. 3. n. 233.) Dahingegen firmissima inter pares amicitia
gehalten werde, tam quoad opes & fortunas, (per
tradita Carpzov. Jurispr. Consist. P. 2. Tom. 1.
Def. 9. n. 5.) Zugeschweigen (4) daß man befürchten müsse, daß nicht
etwa auf vielfältige persuasion friedhäßiger Personen der höhere Theil gegen dem
niedrigen auf ungleiche Gedancken gerathen möchte, wie solches schon vor alten
Zeiten vorausgesehen der weise Heyde Aristoteles L. II.
Moral. c. II. n. 7. Zudem sey (5) dergleichen impar matrimonium bey
vornehmen Adelichen Häusern gar selten passiret; ex insolitis v. actibus fraus
& mala fides arguitur, (per text. in l. si quis sub
condit. ff. de condit. instit. & insolita suspicionem pariunt
Cravett. Cons. 355. & Cons. 494. n. 25. plura
quae huc faciunt deducit Vivius Decis. Neapolit. 82.)
Weiln auch (6) des Herrn Barons Frau Stieff-Mutter cum reliquis Agnatis wieder
diese Heyrath protestation eingewandt; So hätten selbige dadurch ihr jus
competens integrum conserviret (C. sollicitud. inf. ubi gl.
X. de appellat. Cothm. Resp. 12. Vol. V.
Pacian. lib. 1. de probat. c. 11. n. 49.) Bevorab so sie
justas contradicendi causas an den Tag legen möchten, wie dergleichen in §. & tam filium J. de nupt. enthalten, auch
sonst von Dn. a Beust. in Tr- de sponsal. c. 20. sattsam
beygebracht, ne scil. ipsis invitis haeres obtrudatur, nicht weniger statuta
Provincialia Saxonica, & in specie Lusatica anzuziehen wüsten, wie
dergleichen Johann. Mercator in Atlante in descriptione
Misniae & Lusatiae fol. 248. angemercket, des Inhalts: Olim in
Saxonia id legibus cautum, ne ulla pars suae sortis oblita in copulandis
conjugiis transgrederetur, sed nobilis nobilem, & liber liberam duceret
uxorem; quicunque vero contra faceret, cum vitae suae damnoid lueret, quod
& de moribus Angliae obtinere tradunt Anglici D. D. Litleton. l. 2. c. 4. Flota L. 1. c. 13. §.
1. Cowell. Inst. J. Angl. L. 1. T. 10. §. 6. (7)
oder gar ein pactum familiae, so aber biß dato der Principal-Person noch nicht
communiciret worden, aufweisen wolten, welches dieses Geschlechts eingebohrne
mit Verlust ihrer feudorum zu bestraffen schiene, oder allenfalls so solches bey
Leb-Zeiten des Herrn Vaters nicht erfolgte, dennoch dessen hinterlassenen
Leibes-Lehns-Erben und Successori feudi dergleichen Ansinnen, oder ihm sonst
quaestionem sta
|| [201]
tus in Assembleen, Thurnieren
&c. moviren wolten, wie dergleichen praejudicia
Rixner im Thurnier-Buch Tit. Verkündigung der
Thurnier-Freyheit §. 20. & ex eo Crusius Annal. Suevic. P. II. Lib. IV. C. 1. allegiret, noch
deutlicher aber Limnaeus in addit. ad jus publ. L. 6. c.
5. davon discuriret, so gar daß man auf derg eichen Art absque injuria
quaestionemstatus (8) anbringen mag, immassen bey denen vornehmsten Familien,
auch in Collegiis Ecclesiasticis stricte observiret würde: Daß einer von Vater
und Mutter Adelichen Stammes und Geblüthe seyn solle, zu dessen Behuff auch ex
sacro Codice und zwar im Buch Esdra cap. 2. v 61. seqq.
Exod. cap. 28. v. 30. Num. 27. v.
21. Exempla angezogen werden, in verbis: Und es zogen auch mit herauff die
Kinder Habaja, Hakotz, Barsillai, der aus den Töchtern
Barsillai des Gileaditers ein Weib nahm, dieselben
suchten ihre Geburths-Register / und funden keine, cui adstipulatur jus civile
in L. 9. ff. de Legat. I. ubi dicitur: partum sequi Matrem, ex quo DD concludunt: matris
ignobilis (9) partum etiam ignobilem nasci: das absonderlich jure fcudali (per text. 2. F. 26. conf. Struv. Synt. J. F. c. 9. th. 3. n. 12. Hartm. Pist. L. 2.
qu. 41. Schulz. in Synopsi feud. c. 8. n. 43.)
eintrifft, und in specie in terris Saxonicis filii ex ignobili nati, licet per
subsequens matrimonium legitimentur, a feudi successione ausgeschlossen werden.
(per Ordin. Provinc. Electoris Mauritii de An. 1543. sub Tit. von denen aus der Ritterschafft.)
Alldieweiln aber nachstehende Rationes decidendi ausser allen Zweiffel longe
majoris ponderis, als welche in jure divino, Canonico, Naturali, Gentium, Civili
& Feudali hauptsächlich fundiret; Gestalten (1) in gantzer Heiliger
Schrifft Novi & Vet. Testamenti kein ausdrücklicher Verboth de
matrimonio cum impari contrahendo enthalten; Und obschon status disparitas ein
impedimentum contrahendi matrimonii dissvadens heissen kan; So ist es doch kein
impedimentum prohibens, sed nobilis ignobilem, dives pauperem, dominus ancillam
ducere potest (Gerhard. in loco de Conjug. §. 199.
Reusner. L. 1. Decis. 4. Carpzov. in
Pr. Consist. cum Sebast. Kreiss. in Inst. J. R. B.
El. L. I. T. 40.) Quod vero in prohibitoriis non est expresse
prohibitum, id censetur esse permissum (arg. L. Mutus §. 1.
ff. de procur. l. 1. §. ff. de testib. Menoch. praes. 16. per tot. Klock. de Contrib. cap.
18.) Quod ergo Lex non cantat, nec nos cantare debemus, multo minus Doctori
nihil alleganti creditut, etiamsi magnae sit autoritatis Hartm. Pist. qv. V. n. 13. L. II. P. I. Anbey (2) in causis
matrimonialibus, besonders in diem Marggraffthum Ober-Laußnitz, das jus
Canonicum mehr attendiret wird, als das jus Civile, wie sonst communis DD.
Schola auch von andern des Römischen Reichs Provincien asseriret (per ded. Wesenb. Cons 44. n. 37.
Mynsing. ad Tit. Inst. de grad. cognat. in praef. n. 2.
Schneidew. ad Tit. I. d. nupt. sub cap. de arbore
affinit. Carpzov. Jurispr. Consist. P. II. T. 1. def.
10.) in specie aber probiret cap.
|| [202]
recurr at. 32. qu. 4. ausdrücklich: quod nobili liceat
quamlibet vilem uxorem ducere. conf. c. 2. & ult. de
conjug. serv. Womit (3) jus Naturale, Gentium & Civile
Justinianeum übereinstimmet (per Novell. 18. in f. &
Novell. 78.) disparem conditionem maris & foeminae non esse
impedimento matrimonio, sed nuptias dici & esse legitimas. (Surdus Cons. 213. in f. Mantica de conj.
ult. vol. Covarruv. de sponsal. P. II. c. 8.
Grotius de J. B. & P. L. II. c. 5. obs. 15.
Havemann in Gamalog. Synopt. L. 1. T. 4. posit. 8.
Bodinus de Rep. L. I. c. V. Bocer. de
regal. cap. II. n. 14.) Massen (4) umb speciale rationes anzuführen, es
nicht zu läugnen, quod Parentes similes sibi generent filios (per trad. Passi de marit. p. 17.) Hingegen ist
dieses Argument nur probabile, nicht aber necessarium, und bey weiten nicht
stringens ad prohibitionem matrimonii aut successionis; quia non semper illud
verum: meliora ex nobilium satu quam ex vulgarium oriri ingenia; Non enim in
semine, ait Hieronymus in c. naesci in f. distinct. 56.
sed in voluntate nascentis & in educatione causa vitiorum ac virtutum
est posita; hinc virtus haud sata stirpe venit: aequat rara patrem soboles sed
plurimum ab illis degenerant: pauci superant probitate parentem. Nechstdem (5)
weder Lex XII. Tabb. noch andere alte Gesetze uns pro nunc mehr binden, postquam
novimus, eas hodie antiquatas esse & sublatas (per
ded. Reusn. Decis. 4. n. 33. ex Livii L. 4.) auch (6) die distinctio personarum in
matrimonialibus per Imperatorem Justinianum aufgehoben l. 23.
§. 7. C. de Nupt. Besonders ist (7) unter uns Christen kein Unterscheid
eigentlich mehr zu machen, dieweiln der Ehestand von GOtt ohne distinction
eingesetzet, hinc causa matrimonii favorabilis est (per text
in c. f. de sentent. & re jud.) idque tam a dignitate personae,
quam loci & temporis, denn er seinen Ursprung aus dem Paradiso leitet,
(Gail. L. II. obs. 94. n. 5.) und der Natur
eingepflantzet ist; quippe nuptialis focietas ex combinatione corum, quae non
posunt esse nisi simul, oritur. (Aristotel. L. I. polit. Cap.
II. seqq. Hugo Grot. de J. B. & P. L. II. C.
V. n. 10.) Ingleichen (8) was de Romanorum moribus allegiret, allbereit
vorlängst cum facie Romanae reip. gefallen, (conf. Sigon
de antiq. Rom. jur. C. 9.) Nicht weniger (9) die ex
Genesi, Deuteronomio angezogene loca zum Israelitischen Ceremonial-Gesetze und
forensi, das uns nicht bindet, gehören, (de quo plura Zepper in explanat. leg. Mosaic. forens L. I. c. 8. junct. L. 4. c. 23.) Nam
non aliter talia dicta ad causarum decisionemallegari possunt, quam si vel
Legislatoris autoritate vel ejus vices sustinente consuetudine & moribus
judiciorum recepta (Menoch. arbitr. cas. 290. n. 10.
Hering. de fidej. c. 7. n. 530.) Wiewohl auch (10) eben
nicht praecise folget: dieses oder jenes individuum, so sich an einen höhern
verheyrathet, hat sich ihres Glücks überhoben, ergo concludo ad universale; Non
una vel altera hirundo ver facit, saget Aristoteles l. 1.
Ethicor. Nicom. Cap. VII. Nil obstat (11) impa
|| [203]
res nuptias esse periculosas; sed periculosum non
determinatur ex vulgi opinione multo magis esset periculosum ex his argumentari,
cum Legibus, non exemplis judicemus. l. nemo judex C. d.
sentent. Separatorum separata est ratio & ab universali ad
particulare non itidem vice versa valet argumentatio, est Metaphysicorum Canon.
(Eberhard. in loc. leg al. 18. a separ.) Und (12) ist es
an sich selbst notorisch, daß allemahl überhaupt bey Heyrathen, geschweige bey
dergleichen, wo impares einander lieben, schele Augen und wiedrige Aspecten
erscheinen; Denn das oben de inaequalitate ut matrice malorum angeführte Axioma
nicht de nuptiarum imparitate, sondern mehr de haereditatis perceptione, bonorum
administratione & dominii quodammodo continuatione (Natta Cons. 179. n. 30.) ac de Testamentis & ultimis
voluntatibus zu veistehen. (Vultej. Marp. Cons. 29. n. 107.
seq.) Denckwürdig ist des Jasonis Marpii JCti zu Inspruck wegen der
zwischen Kayser Maximiliano und Blanca Maria Sfortia vollzogenen Heyrath
gehaltene oration in verbis: offerebantur Tibi a Germanis
Principibus & ex universo pene terrarum orbe a Regibus maritales
taedae; sed tu animum adjecisti ad Mariam Blancam &c. sed ad DEUM
maximum sunt referendae &c. (Jason. in Orat.
Oenop. 1414. d. 16. Mart. habita. Es heisset zwar (13) bißweilen: Doris
amara suas hic intermisceat undas; Vernünfftige Conjuges aber sind (per L. si cum dotem §. maritus ff.
sol. matr. l. 1. ff. de ritu nupt.) je und allewegen omnium
infortuniorum participes. Daß (14) dergleichen impar matrimonium bey Vornehmen
passire, ist ein Glück vor die geringere Person, daß sie dem Sprichwort nach
einen guten Engel gehabt. (Joh. Agricol. in Auslegung proverb. 650.) an sich selbsten löblich, der Ehe aber
unpraejudicirlich, und bloß göttlicher Providence zuzuschreiben; Denn die
Heyrathen im Himmel angesponnen, hienieden aber auf Erden vollzogen werden;
inzwischen dieses Matrimonium kein Actus insolitus noch der sich praeter morem
ereignet; Da nun dieses gewiß, fället omnis sinistra suspicio hinweg, cum, quod
moris & consvetudinis est, pro lege merito servatur. (l. 31. §. 1. ff. de LL.) Minus (15) obstant die allegirte alte
Sächsische und Englische Gesetze oder Gebräuche, die tanquam statuta odiosa,
quae de persona in personam extendi non debent, dem Tertio unpraejudicirlich,
(C. odia X. de R. I. in 6. c. statutum de Elect. in
6. Coler. de proc. Exec. P. I. c. 10.) gantz
erloschen, zur observanze nicht gediehen; Sind nun (16) die Nuptiae legitimae
und zugelassen; Folgert sich unweigerlich, daß die daraus erzeugte Kinder pro
legitimis zu achten; quales enim nuptiae, tales etiam liberi (Novell. 39. quibus mod. nat. effic.) cum causam effectus arguat, l. 4 ff. de J. & J. & ab effectu causa
cognoscatur; l. non codicillum C. de Testam. communis
quoque DD. Schola asserit: quod ex ea, quae vilissimae conditionis, nati
legitimi, etiamsi ante contractum matri
|| [204]
monium
ex ea procreati, (Covarr. de spons. P. II. c. 8. Gail.
obs. 151. n. 2. L. II. & qui longa serie
recensentur a Sixtino Marp. Cons. 5. n. 36.
VII.) Constat quippe in nuptiis legitimis liberos non matris, sed patris
conditionem sequi l. cum legitimae ff. de stat. hom.
similiter patris, non matris familiam sequi dicuntur, l.
familiae §. 1. ff. de V. S. quo & facit illud, quod nobilitas
dignitas sit, dignitas vero ex jure civili pendeat, atqui matrem jus naturae
demonstrat, patrem jus civile l. lex naturae ff de stat.
hom. ejusmodi foemina statim post matrimonium viri dignitate decoratur. l. f. C. de incolis. uxor radiis mariti coruscat. l. cit. Ergo hac dignitate etiam liberi nobiles gaudent.
Tiraquell. de nobilit. cap. 17. n. 20. Dahero (17) was
von so genannten Thurnier-Spielen angemercket, illicita & inefficax
consuetudo, (quod probat Wehner in obs. pract. tit.
unvernünfseige böse Gewohnheit.) ferner (18) zwar ob angeregte Constitutio
Mauritii in seculo 15. in Observanz gewesen, dieselbe aber usu contrario
abrogiret. (Hartm. Pist. P. 2. qu. 41. n. 37.) ut adeo
hodie juris civilis dispositio obtineat. (Carpzov. P. 3. C.
28. Def. 17. Struv. c. 9. O. 3. n. 12.)
& hodie adeo omnia legitimorum jura consequantur (Nov. 12. c. ult. Nov. 74. c. 1. 2. Hingegen quoad (19) derer
Contradicenten eingewandte Protestation dadurch gantz odiös, sie pro nunc gantz
kein jus competens an des Herrn Barons feudalibus, ausgenommen so viel den
Lehns-Stamm beträffe, anzugeben oder zu erweisen haben; Est enim haud justa
feudi ademptionis causa neque feloniae species extra nobilem familiam alii
nubere (per vulgata). Worbey nichts thut (20) si dicant:
haeres iis invitis obtruditur; denn sie erweisen müssen, quod in feudis liberi
ex ignobili prognati haud succedant, welches aber in Ewigkeit nicht möglich,
gestalten es denen bekannten feudal Rechten simpliciter entgegen, und die
Neoterici mehr als hundert Praejudicia pro matrimonio aufweisen können; letzlich
und (21) beruhet ein so genanntes pactum familiae in altiori indagine, und muß
bekannten Rechten nach gar sonderbahre Requisita haben, insonderheit müssen
Contradicenten bescheinigen: quod Dominus Baro istud pactum unquam agnoverit,
Magistratus superioris, quod in Lusatia est, Archi Dicasterium,
consensusaccesserit, aut Domini feudi dissensus & abdicatio feudalium
bonorum intervenerit; gewiß aber wäre noch dieses: daß, so ja des Herrn Barons
zwey am Leben habende Töchter, nach des Herrn Barons dereinst erfolgten Tode
seinem Leibes-Lehns-Erben quaestionem status zu moviren sich unterfangen wolten,
dieselben doch als legitimi in possessione omnium bonorum feudalium zu schützen;
Als lebet der Herr Baron des Vertrauens zu denen Rechten: daß die mit seiner
jetzigen Gemahlin gezeugte Kinder allerdings als legitimi ihm in feudis
fuccediren und darbey per remedia possessoria billig zu schützen. Worüber mich
cum rationibus decidendi & dubitandi nochmahls zu belehren bitte.
|| [205]
§. III. Ich möchte wohl des Lesers Gedancken wissen, die er(Allerhand Anmerckungen über dieselbe.) bey
attenter Lesung dieser rationum und allegatorum bekommen, und zweiffle ich
nicht, es werde nach Unterscheid der Leser selbst bald bey diesen eine
Hochachtung, bey jenen aber eine Verachtung, bey diesen eine Belustigung und
Freude, bey jenen aber ein Verdruß und Aergernüß entstanden seyn. Meine
Gedancken hiervon sind folgende. Der Herr Concipient dieser Frage hatte eine
gute intention gehabt, dem Herrn Referenten mit suppeditirung allerhand rationum
dubitandi & decidendi eine grosse Mühe zu erspahren: er hatte auch allen
Ansehen nach sich selbst in colligiruug derselben keine Mühe dauren lassen,
sondern viel Arbeit angewendet, ausser daß er zu Abcopirung derselben einen
Menschen gebraucht, der zwar leserlich genung schriebe, aber allen Ansehen nach
kein Latein und vielweniger jura verstunde, und also viele allegata und
lateinische Wörter falsch abcopiret hatte, die der Herr Concipient nicht wieder
durchgelesen, und mir also nicht zu verdenck en seyn wird, wenn noch hier und
dar dergleichen sphalmata in dem Abdruck sollten zu befinden seyn, ob ich gleich
hin und wieder das gröbste corrigiret, als z. E. wenn in fine rationis dubitandi
2. vermuthlich pro Hecuba ware Hemba geschrieben worden: wie ich dann auch sehr befürchte, daß bey denen
allegatis zu weilen die Nahmen der Autorum öffters oder derer loca nicht recht
allegiret worden, z. E. in ratione decidendi 8. begreiff ich nicht, was die
beyden Oerter Exod XXIIX. 30. und Num. XXVII. 21. beweisen sollen. Sonsten
scheinet aus vielen Umbständen, daß der Concipient schon vor langer Zeit seine
fundamenta juris auf Universitäten gelegt, in welchen man die Studiosos anwiese,
daß sie ja bey allen, auch denen unzweiffelhafften assertis leges und Doctores
allegiren müsten, und daß man damahls nur von einen doppelten Jure, Civili
& Canonico, nicht aber von Jure Publico, Naturali, und dergleichen
Neuerungen wuste. Derowegen hat auch der Concipient nur rationes in jure civili & feudali fundatas von uns
begehret, und vermuthlich deßhalben mit Fleiß den Haupt-Umbstand, daß S.
Kayserliche Majestät die unadeliche Weibes-Person allbereit in adelichen Stand
erhoben hatte, (und die meines Erachtens wo nicht das eintzigste, doch das aller
vornehmste fundamentum decidendi pro quaerente ist) in seinen rationibus
decidendi vergessen, weil er weder in jure civili noch feudali einen Text davon
finden können, und da er sonst aus denen JCtis älterer Zeiten vieles excerpiret,
hat er doch diejenigen, die nachhero und sonderlich, nach dem das Jus publicum
angefangen Mode zu werden, von
|| [206]
dieser Materie in
specie geschrieben, fast alle negligiret. An deren statt aber zu Ende der 1.
rat. decid. bey dem Hertzbrechenden vers: quod lex non cantat, nec nos cantare
debemus &c. Den Hartmannum Pistoris allegiret, und bey der 10. rat.
decid. gar merckwürdig geschrieben: Non una vel altera hirundo ver facit, saget
Aristoteles l. 1. Ethic. Nicom. cap. 7. Und gewiß, weil ich ein Liebhaber von
denen Antiquitäten und Ursprüngen der Sprich-Wörter bin, habe ich mich sehr
erfreuet, als ich dieses allhier gelesen, weil mir bißher unbewust gewesen war,
daß der weise Heyde Aristoteles schon zu seiner Zeit gewust, daß eine Schwalbe
keinen Sommer mache, und diesen Kern-Spruch gar seinen libris Moralibus ad
Nicomachum einverleibet habe. Ich war dannenhero sehr begierig, den locum
aufzusuchen umb zu sehen, ob nicht in demselben etliche Spuren anzutreffen, daß
Aristoteles gar dieses Sprichworts erster Urheber gewesen; ich wurde aber gar
sehr betrübt, als ich in Nachschlagen befand, daß an dem von dem Concipienten
allegirten loco nicht ein Wort von dieser Materie gedacht worden, auch in indice
unter denen Worten Hirundo & Ver nichts davon zu finden war, unerachtet
Aristoteles sonst anderswo viel von denen Schwalben gehandelt hatte. Jedoch was
thut die Begierde nicht hinter nützliche Wahrheiten, und daran dem gemeinen
Wesen viel gelegen ist, zu kommen. Ich hatte anfänglich in des Casauboni edition
operum Aristotelis in folio nachgeschlagen. Nach dem ich mich aber besonnen, daß
die Eintheilung der Capitel zu weilen in denen unterschiedenen editionibus
varire, als schlug ich ferner in des Rachelii edition librorum ad Nicomachum in
Qnarto nach, und fand daselbst in besagten 7. Capitel p. 17. in fine daß
Aristoteles folgender Gestalt raisonniret: Gleichwie weder eine Schwalbe noch
ein einiger Tag einen Sommer macht, also könne auch ein Mensch nicht in einer
kurtzen Zeit die wahre Glückseeligkeit erhalten. Also hatte ich meine Begierde
gestillet. Denn ob ich gleich daraus erkennete, daß Aristoteles wohl nicht Autor
von diesen Sprichwort seyn möchte, so war ich doch dem Concipienten verbunden,
daß er den Aristotelem so wohl a propos bey diesen Sprichworte allegiret.
(Das darauf ver fertigte Responsum.)
§. IV. Gleichwie aber die Gelehrten nicht einerley Geschmack haben, also wird
auch das nomine Facultatis nostrae auf diese Frage verfertigte responsum zeugen,
daß der Herr Referente zwar auff selbige nach des Quaerentis Begehren
geantwortet, aber daß er eine gantz andere Schreib-Art, andre raisonnements, und
allegata gebraucht, und
|| [207]
also hoc intuitu des
quaerentis seine Mühe fast umsonst gewesen wäre, wenn ich nicht itzo in gratiam
derjenigen, die von seinen Geschmack sich noch hier und dar finden, seine Arbeit
mit hätte beydrucken lassen.
P. P. Als derselbe uns eine Facti speciem nebst einer Frage zu gesendet,
&c. Hat der Freyherr von G. M. vor 2. Jahren eine zwar unandeliche,
jedoch ehrlichen Mannes Tochter geheyrathet, die nunmehro Seine Kayserliche
Mejestät in Adel-Stand erhoben, wieder welche Heyrath des Herrn Barons Frau
Tochter und Schwieger-Sohn, ingleichen dessen Herren Brüdere ernstlich
protestiren, und selbige gar hindern wollen, dahero nunmehro die Frage enstehet:
Ob die aus solcher mit einer unadelichen Person vollzogenen Ehe erzeugte Söhne
und Töchter pro legitimis zu achten, auch die von Männlichen Geschlecht in
seinen Lehn Güthern succediren? Ob es nun zwar das Ansehen gewinnen will, daß
ein Edelmann mit einer unadelichen Person keine rechte Ehe eingehen könne, cum
moribus hominum ejus generis matrimonium sit reprobatum- (Lyncker. Part. III. Decis. Cent. XI. decis. 118) und dahero in
Teutschland die aus einem solchem Ehe-Bette erzeugte Kinder, von allen
Thurnieren und hohen Stifften, Reichskündiger massen ausgeschlossen werden.
(Limnaeus de Jure Publ. Tom. IV. Lib. VI. Cap. 5.) auch
eine Frauens-Person so gar ihren Adel, wann sie an einen Unadelichen sich
verehliget, verlieret: (Moller Semest. Lib. II. Cap.
VIII.) hiernächst einige Häuser in Sachsen und in der Laußnitz fürhanden,
welche, um ihre Familien bey dem vorigen Splendeur zu erhalten, unter sich
pacisciret, dergleichen Kinder von der Lehns-Succession auszuschliessen, welche
pacta allerdings gehandhabet werden müssen (Lyncker. l. cit.
Decis. 118.) worzu noch kommet, daß Churfürst Mauritius diejenige, so
von einer unadelichen Mutter gebohren worden, von der Lehns-Nachfolge
ausgeschlossen wissen wollen (per Ordinat. Provincialem de
Anno 1543.) mithin zu folgen scheinet, daß des Herrn Barons von G. M.
mit jetziger unadelichen Frauen erzeugte Kinder, theils nicht vor Adelich,
theils nicht vor Lehnsfähig zu achten: Jedennoch aber und dieweil nicht alle
ungleiche Heyrathen vor malhonnet zu halten, immassen sich wichtige Ursachen
finden können, warum jemand zu einer solchen Resolution schreiten will, und dann
dergleichen Consustudo, wo sie ja probiret werden könte, vor unvernünfftg zu
achten, welche niemand verbindet, (per notissima
Doctorum); sonsten aber bekandt, daß diejenige, welche von den Thurnieren
und hohen Stifften ausgeschlossen seynd, nicht sowohl vor unadelich gehalten,
als vielmehr deswegen darzu nicht gelassen werden, weil die Statura und
Consuetudo einige Conditiones erfordern, so nicht alle haben, als da sind 16.
Ahnen von Vater und Mutter, Horn. Jus. feud. Cap. VI. n.
10. Hingegen darinnen fast alle Doctores einstimmig, daß dergleichen Mangel
den Adel nicht aufheben, sondern dieser vielmehr von dem Manne herzuleiten.
(Mauritius de Nobilitate n. 20.) so gar, daß auch eine
foemina ple
|| [208]
bejae conditionis tacite nobilitiret
wird, wenn sie an einen Edien sich vermählet, (Mauritius loco
cit.) im gegenwärtigen Fall aber nicht einmahl eine plebeja persona
fürhanden, immassen Seine Kayserliche Majestät die quaestionirte Gemahlin in
Adel-Stand solenni diplomate erhoben, folglich ihr und den Ihrigen alle
Privilegia einer adlichen Person zukommen müssen, und da sonsten auch die Kinder
pro nobilibus zu halten, wenn auch nur der Vater ein Nobilis ist. (Nolden. de statu Nobil. Cap. IX. n. 5. seqq. Reusner Lib. I. Decis. IV.) als ist allhier destoweniger zu
zweiffeln, daß nunmehro eine nobilitas omnibus numeris absoluta &
perfecta indeque longe splendidior fürhanden, da die Frau nobiliter worden.
(Natta Consil. 637. n. 18.) Wowieder die Protestation
des Herrn von G. M. Frauen Töchter, Schwieger-Söhne und Brüder nicht würcken
mag, massen sie ja dadurch nicht verhindern mögen, daß ihr Bruder, Vater und
respective Schwieger-Vater nicht heyrathen sollen, hingegen bekandt, daß auch in
Sachsen ein Nobilis ignobilem ohne Verletzung seiner Existimation sich ehelich
könne antrauen lassen. (Carpzov. II. Consist. Tit. I. Def.
10.) welche ignobilität aber durch den erhaltenen Adel-Brief völlig
gehoben, dergestalt und also, daß, wann auch schon vor dieser Standes-Erhöhung
Kinder gezeuget worden wären, jedennoch dieselbe pro nobilibus ab utroque
parente zu achten, indem ja gewöhnlicher massen das privilegium nobilitatis auf
alle posteros gehet, und dann gewiß, daß auch diejenige, so vor den erhaltenen
Adel gebohren worden, der nobilitatae ihre posteri seyn, und im übrigen eine
gantz andere Ursache sich äusert, warum eine Frau ihren Adel verliehre, wann sie
einen gemeinen Menschen ehliget, angesehen die Frau nicht dem Mann, sondern der
Mann der Frau seine dignität und Vorzugs-Rechte ertheilet. (Myler ab Ehrenbach
Gamol. Cap. V. n. 2.) und da der unedle Mann keine
Vorrechte hat, derselbe auch der Frau nichts geben mag, des L. 13. C. de dignitate zu geschweigen, welcher in diesem Fall in
Teutschland von denen Doctoribus angenommen zu seyn scheinet: (Horn. Jurisprud. feud. Cap. VI. n. 11.) deme nicht entgegen,
daß Churfürst Mauritius ein anders in Sachsen verordnet, auch die Contradicenten
sich auf Pacta in ihrer Familie beruffen, wodurch die Lehns-Succession zum
wenigsten den Kindern ex ignobili foemina genitis entzogen werden dürffte, in
Betrachtung, daß wann de praxi geredet werden soll, man nicht auf eine alte
Landes Ordnung sehen müsse, welche jetzo nicht mehr in usu, absonderlich da alle
Sächsische Lehrer das contrarium statuiren. Colerus Decis.
60. n. 76. Georg. Schulz Synopsi Lib. III. Inst. Rubr. de quart. Success.
Ord.) auch noch zweiffelhafft, ob die Constitutio Mauritiana auf
gegenwärtigen casum zu appliciren, indem selbige de liberis legitimatis per
subsequens matrimonium zu reden scheinet, hingegen gantz irrig, daß man contra
libertatem matrimoniorum, welche keines privati Disposition unterworffen, pacta
poenalia machen könne; Cy
|| [209]
praeus
de. Sponsal. Cap. 8. §. ult. Stryk. de dissensu sponsalitio Sect. V. §. 76.) und gesetzten Falls, daß
solches geschehen könne, so ist doch unstreitig, daß dergleichen Verträge die
Nachkommen nicht binden können, es wäre dann, daß diesen das pactum communiciret
worden, sie auch darein deutlich consentiret, cum nuptiarum arbitrium non ex
dispositione paterna, sed jure suo habeant descendentes, welchen deswegen ein
jus proprium facto majorum nicht genommen werden mag. (Stryk. l. cit. n. 76.)
Nicht zu gedencken, wie in facto falsch, daß durch eine Verehligung mit einer
ehrlichen, ob zwar nicht geadelten Manns-Tochter der Splendeur eines adelichen
Hauses zu Grund gerichtet werde, (Responsum Helmstadiensium
a Strykio allegatum loc. cit. p. 275.) allhier
insonderheit, da die bürgerlichen Personen selbsten aufhören Bürgerlich zu seyn,
und theils durch den Mann, theils ex abundanti von
Kayserlicher Majestät in Adel-Stand erhoben worden, hingegen von keiner
Erheblichkeit, was von dem Stoltz geringer Leute, unglücklicher Ehe, und anderer
Wiedersinnigkeit gesaget wird, alldieweil diese Eigenschafften mit dem
matrimonio ex hypothesi impari nicht nothwendig verknüpffet sind, sondern
vielmahls aus Bitterkeit ohne Grund und vergebens propheceyet werden. Darum
halten wir dafür daß des Herrn Baron von G M. mit seiner jetzigen Gemahlin
erzeugte Kinder nicht alleine vor legitim und Adelich, sondern auch die
Männliche Descendenten und Erben allerdings vor Lehns-fähig zu achten. V. R. W.
§. V. Ob nun wohl ich mich hiernechst bescheide, daß sonsten(Der andre casus: von der Succession der von einer Für stlichen Person mit
einer unadelichen theils noch vor der Trauung gezeugten Kinder.) ein
grosser Unterscheid darunter zu machen, ob ein Freyherr oder ein Edelmann eine
unadeliche Person heyrathet, oder ob ein Fürst dergleichen thut, so glaube ich
doch auch salva dissentientium autoritate, daß in gegenwärtigen Fall die von
Seiner Kayserlichen Majcstät geschehene Nobilitirung der Weibes-Person nicht pro
superflua oder ex abundanti zu achten; jedoch will ich mich dabey nicht ferner
aufhalten, sondern zu dem andern casu schreiten. Im Majo des folgenden 1717.
Jahrs wurde uns folgender Calus zugeschickt und ein responsum darüber begehret,
welches eine Fürstliche Person betraffe, und also meinen Zweck noch näher kommt.
Es hatte auch der Herr Quaerent darinnen einer gantz andern Methode als der
vorige sich bedienet, indem er uns bloß den casum nebst der Frage zuschickte,
und weder rationes dubitandi noch decidendi beyfügte, sondern diese lediglich
des Herren Referenten arbitrio überliesse.
Eine gewisse Fürstliche Standes Person, haben vor einigen Jahren, mit einer
Person, obgleich nicht gleichmäßigen Standes doch von guter extraction und eines
vornehmen Raths-Tocher, sich ehelich versprechen, nachhero einen Sohn mit ihr
|| [210]
gezeuget, und hierauf mit derselben sich
gewöhnlicher massen copuliren lassen, hieraus nun entstehet die Frage. Ob dieser
per subsequens matrimonium legitimirte Sohn, so wohl als welche stante
matrimonio noch gezeuget werden dürfften, nicht nur bey einer etwa folgenden
apertur in die Reichs und Fürsten-Lehne succediren mögen und können, sondern
auch, wann dergleichen apertur sich noch zur Zeit nicht ereignen solte, ob nicht
selbige von dem jedes mahligen Herrn des Landes ein ihren Stande und Geburth
gemässenes Appanagium gleich andern appanagirten Fürstlichen Printzen jährlich
fordern können und ihnen unumgänglich gereichet werden müssen
(Das Responsum so darauf ertheilet
worden.)
§. VI. Und weil demnach diese facti species wegen ihrer Kürtze von dem Herrn
Referenten in seinen Responso war beybehalten worden, so will ich das Responsum
selbst gleich von denen rationibus dubitandi anfangen.
Ob es nun wohl fcheinen möchte, daß diese Frage an sich von Hunderten bejahet,
und von so vielen wiederum verneinet, und die per subsequens matrimonium
legitimirte Kinder, so wohl überhaupt als auch insonderheit in
Reichs-Fürstenthümern vor unfähig zur Succession gehalten werden und zwar
anfangs, weil hierunter die A. Bulla tit. 7. dieser
Streitigkeit Maaß und Ziel setzet, indem selbige ausdrücklich in der Lehns-Folge
in einem Churfürstenthum versehen, daß die Söhne legitimi und laici seyn
sollten, mithin die illegitimi oder legitimati ebensowohl als die Clerici von
weltlichen Fürstenthümern ausgeschlossen werden müsten, in mehrer Erwegung, daß
der alte Ubersetzer bey dem Schiltero Tom 2. jur. publ. p.
222. das Wort legitimus in der A. B. ehelich gebohren und in einer
andern bey dem Ittero de feud. Imp. Cap. 14. §. 1. p.
700. der ein recht Ehe-Kind und ein Laye ist. Limm. Jur.
publ. L. 3. cap. 7. n. 18. übersetzet, folglich dadurch auf die
interpretationem usualem führete, nach deren man auf die legitimatos per
subsequens matrimonium kein Absehen ehemahls vermuthlich gemacht hätte; ferner
die Lehns-Fomul: dir und deinen ehelichen Leibes-Erben nicht weniger hierunter
mit der A. B. übereinstimmete, und wieder das Absehen des Lehns, Herrn und der
Lehns-Curie nicht auf die gemachte, oder per subsequens matrimonium legitimirte
Kinder ausgezogen werden möchte, quia qualitas juncta verbo vel participio
intelligi debeat de tempore, quod exigit verbum, adeoque de legitime natis in
statu, non postea factis intelligenda formula feudalis, quia illa sincera sit,
neque patitur fictionem, sciliet matrimonium retrahendi ad tempus concubitus, quia formula: dir und deinen ehelichen Leibes-Erben,
alias esset otiosa, cum illegitimi ne quidem succedant jure communi, ut
singulari formulatum non opus esse viderctur, sed formula introducta illud
videtur
|| [211]
velle, discedi hic a jure communi, quod alias
locum det per subsequens matrimonium legitimatis; wie dieses alles von
verschiedenen Rechts-Gelahrten ex formula feudali weitläufftig adverlus jura
legitimatorum in Civilibus angeführet zu werden pfleget. Natta Cons. 624. n. 21. Rol. a Valle Cons. 160. n.
47. Rivino vol. 3. Cons. 92. n. 13. und
unzehligen andern nicht mehr; nächstdeme der Longobardische und gemeine
Lehns-Text selbsten II. Feud. 20. §. naturales. mit
obigen Reichs-Gesetzen einig zu seyn scheinet, der ausdrücklich meldet,
naturales, licet postea fiant legitimi ad successionem feudi nec soli nec cum
aliis legitimis succedunt, bey welchen Umbständen die vornehmsten Ausleger der
Lehns-Rechte dafür hielten, daß zwar dieser Text von verschiedenen entweder auf
die legitimatos per Rescriptum, oder auch darauf gezogen worden, daferne selbige
erst postea, wenn das seudum morte patris naturalis bereits eröffnet, entweder
dem Herrn oder denen Mit-Belehnten zum Nachtheil erst legitimiret werden solten,
solches alles aber den deutlichen und klaren Worten desselben Gewalt thäte, und
nimmermehr behauptet werden könnte. Bitschius ad II. Feud.
26. §. naturales. Sonsbeck. Part. 9. n. 72.
Dahero vielmehr andere offenhertzige JCti dafür gehalten, daß zwar das
Lehn-Recht die per subsequens matrimonium legitimirte Kinder ausschlösse, ein
anders aber etwa denen Gewohnheiten nachgegeben werden müste, die doch ab
allegante zu erweisen stünden. Hottomannus Consil. 10.
Universo. Vultejus Lib. I. feud. 9. n. 44.
Rittershusius Lib. I. c. 13. q. 3. oder man allenfalls
sagen könte, die Rechts-Gelahrten hätten diesen Gesetz 2. F.
26. §. naturales für unbillig und unchristlich angesehen, niemahls
darnach, allemahl aber dagegen gesprochen, welches doch gleichwohl von selbigen
nicht geschehen mögen, cum lex licet dura sit, tamen observari mereatur,
& JCtorum non sit, de legibus judicare, sed secundum leges. Obrecht. Tit. 2. jur. feud. c. 15. n. 10. 34. Niellius Disputat. feud. 5. thes. 2. Worzu noch käme, daß in
solchem Falle alle aperturen dem Lehns-Herrn unterbrochen werden könnten, wenn
einem jeden Vasallen frey stünde, mit zehen Dirnen ausser der Ehe sich zu vern
engen, und wenn etwa eine darunter Söhne zeugete, selbige zu beyrathen, und
dadurch solche Lehns-fähig zu machen, um deswillen auch verschiedene Lehns
Curien bewogen worden, nahmentlich zu versehen, daß kein Kind, welches per
subsequens matrin onium legitimiret, Lehnsfähig seyn solte, dergleichen
Constitution sich an vielen Orten fände, als in Sachsen, da der Churfürst
Mauritius solches verordnet, welches nahmentlich von der Facultät Ingolstadt gut
geheissen, und in einen eigenen Bedencken vor billig gehalten worden. Wie
solches Consilium sich noch jetzo bey dem Hart. Pistor. Lib.
2. Quaest. 41. p. 806. & 807. findet, obgleich in übrigen
dieser Rechts-Gelahrte damit keinesweges einige von gleicher Constitution in dem
Hertzogthum Braunschweig, Rittershus. in Partit. feud. L. 1.
c 13. qu. 3. in dem Hertzogthum und jetztmahligen Königreich Preussen,
das Land Recht lib 7. tit. 2. §. 10. wie nicht we
|| [212]
niger von denen Churfürstlichen
Brandenburgischen übrigen Ländern überhaupt ein Rescript dieserwegen vorhanden,
solches alles hieselbst deswegen um vielmehr zu attendiren, weil die Frage von
einen Fürsten-Lehn und feudo dignitatis sey, da man um sovielmehr auf die Würde
des Geschlechts und der Ehe zu sehen, andernfalls auch, sowohl den Respect der
mitbelehnten Vettern, als auch des Landes selbsten, und der übrigen Mitstände
des Reichs, zu nahe treten würde, quibus indignum videri poterat, cum
legitimatis vivere in consortio Imperii. Menochius Vol. 1.
Cons. 10. n. 8. Knicken. lib. 2. Polit. P. 1. c.
3. endlich auch das alte Schwäbische und Sächsische Lehn-Recht eben
deshalben einen ebenbürtigen Sohn eines Fürsten erfordern, wenn ihme die
Landes-Stände und Affter-Lehn Leute den Eyd der Treue leisten sollen, wie
solches nahmentlich versehen. Jur. Alem. feud. tit. 40.
Gleichwohl ein per subsequens matrimonium legitimirter Printz gar nicht vor eben
oder gleichbürtig, sondern vielmehr vor ungleichbürtig angesehen werden müste;
letztens verschiedene Rechts-Gelahrte die Meynung, quod legitimatio per
subsequens matrimonium excludendi, vor sicherer hielten, weil insgemein
dergleichen Kinder aus ungleicher Ehe kämen, indem sich Damen von Stand und
Geblüth zu dergleichen concubinatu und unehlicher Beywohnung nicht
wohlgebrauchen lassen würden. Ant. Merenda lib. 4. Contr.
jur. c. 12. Bitschius ad 2. F. 26. §. naturales p.
428. Dieweil aber anfangs, so wohl die göttliche als teutsche
allgemeine, wie nicht weniger die in dem Reich angenommene Römische, auch
Päbstliche Kirchen-Rechte, nebst denen Gewohnheiten des Reichs, denen per
subsequens matrimonium gezeugten Kindern das Wort reden, und zwar anfangs in der
Novell. 12. Cap. 4. Nov. 18. und 117. deutlich gesaget und disponiret wird, quod liberi ex concubina
nati legitimi, (non autem legitimati) fiant, si vel dotalia instrumenta adsint,
vel nuptiae contractae, nachgehends nicht minder in l. 5. C.
de natur. liber. selbige pro suis & legitimis, und die nach
allen und jeden Stücken mit denen in der würcklichen Ehe erzeugten Kindern
gleiche jura und beneficia haben sollen, angegeben und zuhalten befohlen worden,
mithin jure civili die Sache ihre vollkommene Richtigkeit hat, jus autem civile,
deficiente juris feudalis dispositione singulari, etiam locum in feudis habet,
aut si jus feudale dubium sit, interpretatio desumenda ex jure civili
Finckelthaus Disp. I. Controv. 9. Struv. Cap. l. th 14. Ferner zu der Zeit, als die
Longobardische Lehn-Rechte in Teutschland eingeführet worden, man die Ehe-Sachen
gar nicht aus weltlichen sondern aus den Päpstlichen Kirchen-Rechten
entschieden, welche ebenfalls mit grossem Nachdruck versehen, daß die, durch
erfolgte Ehe legitimirte Kinder, nicht so wohl pro le gitimatis gehalten,
sondern vielmehr pro legitim is und denjenigen, die in der Ehe erzeuget, in
allen gleich geachtet werden sollen; tanta est vis matrimonii, ut, qui antea
sunt geniti, post contractum matrimonium legitimi habeantur. Cap.
|| [213]
6. X. qui filii sunt legitimi. Dannenhero, ohnerachtet
die Kirchen-Satzungen gar sehr darauf sehen, daß keiner, dem ein Flecken der
Geburth anklebet, zu geistlichen und Bischöfflichen Würden gelassen werde,
dennoch so wohl die glossa, als auch die einmüthige Beypflichtung aller
Decretisten und die daraus erhellende beständige observanz es mit sich bringet,
daß einem per subsequens matrimonium legitimirten in Erlangung eines
Bischoffthums gar keine quaestio status gemachet, oder derselbe ob maculam
natalium zurücke gesetzet werden mag, Glossa &
Doctores ad Cap. 7. cum in cunctis X. de elect. Folglich
da in denen Bischöfflichen Reichs-Lehnen, welche heut zu Tage nicht minder
Fürstenthümer des Reichs, als die weltliche sind, einem per subsequens
matrimonium legitimato der Weg zu solcher Würde offen stehet, selbiger dißfalls
auch in der Lehns-Folge weltlicher Fürstenthümer, ob identitatem rationis einem
principi per subsequens matrimonium legitimato nicht verschlossen werden mag,
Hartm. Pist. Lib. II. Zu. 41. n. 31. solches alles auch
einige dahin bewogen, daß, (in Ansehung die Päbstliche Rechte den
Reichs-Fürsten, als eine Gewissens-Sache obliegen, und die causae matrimoniales,
& quoties agitur de peccato vitando bey dem Jure Canonico verbleiben
sollen,) sie so weit gegangen, und dafür gehalten, daß dieses Gesetz de
legitimatis per subsequens matrimonium aus dem heiligen Stand der Ehe fliesse,
mithin einem Fürsten, oder andern Gesetzgebern, nicht einmahl erlaubet, oder in
dessen Macht und Kräfften gesetzet werden möge, denen durch erfolgte Ehe
legitimirten Kindern die Lehns-Folge schwehr zu machen, oder gäntzlich
wegzunehmen, wie Schurfius Cent. 2. Cons. 56. gethan,
dessen Autorität wenigstens in so weit Grund hat, daß kein Catholischer Lehens
Herr, oder auch ein anderer, welcher das Päbst iche Kirchen-Recht vor eine
Gewissens-Sache hält, davon illaesa conscientia abweichen mag; in mehrerer
Erwegung, daß die göttlichen Rechte selbsten dahin gehen, und Moses wohl
hauptsächlich auch deswegen geboten, quod stuprator ducere debeat stupratam,
damit die unschuldige Kinder ehrlich gemachet, und in gleiches Recht mit denen
in der Ehe nachhero gezeugten gesetzet werden möchten, Tiraquell. ad l. si unquam n. 63. C. de revoc. donat. Consil.
Argent. Vol. 2. Cons. 49. n. 33. über dieses in denen
ältesten Zeiten so wohl die Fränckischen Könige als andere Fürsten so gar auch
ihre natürliche Kinder zur Lehns- und Erb-Folge geruffen, und hinwieder das Land
und Volck keine Beschwehrung ex sorditie natalium geführet, davon die Exempel
aus dem alten Petr. Tholosanus Lib. 2. de republ. c. 8.
Arnisaeus de republ. l. 2. c. 2. Sect. 14. gesammlet
haben, folglich man in dem Teutschen Reich um so viel weniger Ursach hat,
hierinnen von dem gemeinen Recht abzugehen, und in demjenigen, was die
Franzosen, Italiäner, Schotten, Spanier und andre Christliche Lehns-Curien
annehmen, sich härter zu erweisen, Isernia ad 2. Feud. 26.
Decius Cons. 154. Molina L. 3. primogen. C. 3. n.
31. Molinaeus in addit. ad Alex. Consil. 5.
Cujacius
|| [214]
ad 2. F. 26. §. naturales. Wie denn auch das beständige
Herkommen und die Vorurtheile in denen höchsten Reichs-Gerichten keinem per
subsequens matrimonium legitimirten Sohne die Lehens-Folge, auch in
Fürstenthümern an sich versagen, vielmehr fast alle darmit einig seyn, daß, was
man auch sonsten aus den Longobardischen Lehns-Recht selbsten machen könte,
solches dennoch in denen Reichs-Gerichten keinen Stand finden würde, als
woselbst die Meynung pro legitimatorum per subsequens matrimonium successione
beständig und allgemein wären. Gailius lib. 2. Observ. 141.
num. 2. Mynsinger Cent. 5. Observ. 42. n. 23.
Rosenthal. cap. 7. Conclus. 8. n. 1. 2. in mehrerer
Erwegung, daß auch dergleichen legitimationes denen offenhertzigen Teutschen
Rechten nach keine factiones oder retractiones juris & matrimonii mehr
seyn, sondern dem Stand der heiligen Ehe zu sonderbahren Ehren, und den
unschuldigen Kindern zu Hülffe selbige pro legitimis angesehen werden. Schilter.
exercit. 36 ad ff. §. 132. Worzu hieselbst noch ein
gantz besonderer Umstand kommet, daß vermöge des an uns geschehenen Berichts,
der erzeugte Sohn nach dem würcklichen Ehegelöbniß und Verspruch gezeuget, und
allein ante benedictionem sacerdotalem gebohren worden, in welchem Fall so gar
auch diejenige, welche sonsten denen legitimatis per subsequens matrimonium
entgegen, dennoch ohne allen Streit dafür halten, daß, im Fall ein Kind nach dem
Ehegelöbniß ante benedictionem sacerdotalem gezeuget worden, solchem die
Lehns-Folge so wenig, als sonsten irgend ein Recht disputiret, oder in Zweiffel
gezogen werden möchte, imo sponsalia sufficere existimant, theils weil die
Trauung zum Wesen der Ehe gar nicht gehörete, quid dicendum de prognatis a
parentibus, qui sponsalia inivere, licet benedictio Sacerdotalis nondum
accesserit. Illi haud dubie legitimi, quia ceremonia haec ad essentiam
matrimonii non pertinet. Struvius Cap. IX. feud. th. 3. n.
18. & consensus facit nuptias, ideo tales etiam in effectu
feudali & civili habentur pro legitimis, licet nulla adsint sponsalia
sed simplex consensus, Strykius de success. ab intest. C. 3.
§. 28. modo non aliud subsit impedimentum, quo minus valeant nuptiae,
ut incestus, Carpz. Part. 3. Const. 28. Decis. 17.
Hornius in Syst. feud. c. 15. §. 3. Dagegen alle oben
angeführte Schein- und Gegen-Gründe nichts verhelffen, angesehen so viel die A.
B. betrifft, selbige von legitimis redet, dergleichen Nahmen aber auch
diejenige, welche per subsequens matrimonium die Legitimation erlanget, sowohl
in den gemeinen Römischen, als denen Kirchen Rechten haben; die teutsche
Ubersetzung auch entweder gleichfalls also anzunehmen, oder gar nicht zu
attendiren ist, weil solche von privat-Leuten gemachet, und pro avthentica gar
nicht angesehen werden mag, wornach sich dann die Lehens-formel nicht minder zu
achten, und ihre Erklärung, quod legitimati per subsequens matrimonium pro
legitimis habentur, ex jure civili, Canonico & Germanico anzunehmen, in
mehrer Erwegung, daß auch die Sta
|| [215]
tuta, si
legitimorum faciant mentionem, die per subsequens matrimonium legitimatos mit zu
begreiffen erachtet werden müssen. Hartm. Pist. Lib. 2. Zu.
41. n. 31. Was den gemeinen Lehens-Text angehet, solcher entweder de
legitimatis per Rescriptum anzunehmen, oder doch dafür zu halten ist, daß
selbiger in keinem andern Verstand in denen teutschen Lehens-Curien angenommen
und angeführet worden, an welcher interpretatione usuali sich auch andere
dißfalls genug seyn lassen. Bitschius ad 2. F. 26. §.
naturales p. 425. Meier in Colleg. Argent. Lib. 25.
tit. 7. th. 11. von welchen Gewohnheiten da obbesagter massen die
Cameralisten einmüthig zeugen, solche zur Gnüge erwiesen und dargethan seyn,
dasjenige hingegen, was de fraude adversus aperturas feudorum angeführet worden,
hieher deßhalben nicht gehöret, theils weil dergleichen dolus gar nicht,
vielmehr adfectio maritalis praesumiret wird, theils auch, weil so lang
Lehens-fähige Kinder vorhanden, weder der Lehens-Herr noch die Mitbelehnten
befuget seyn, sich dawieder zu beschweren, oder eine aperturam vel delatam
successionem anzugeben, der locus von ebenbürtigen in dem jure feudali
Alemannico bereits von dem Schiltero ad cap. 41. jur.
Alem. dahin erkläret ist, daß ebenbürtig hieselbst nicht den Kindern,
welche per subsequens matrimonium legitimiret, sondern nur denenjenigen entgegen
gesetzet würden, welche ex matrimonio ad morganaticam gezeuget worden, um
deßwillen auch die Constitutio Mauritiana in Sachsen adversus legitimatos per
subsequens matrimonium aufgehoben, und darnach niemahls erkannt worden. Carpzov.
Part. 3. Const. 14. Def. 12. Endlich, da weder die
teutschen Könige noch teutsche Fürsten sich in ihrer ehelichen Liebe die Hände
binden lassen, daß sie nicht offtmahls ehrbahre Jungfrauen ausser ihrem Stande
geheyrathet, davon die Exempel, Feltmann de impari
matrim. Myler. in Gamolog. Cap. 23. Hertius de special. rebuspubl. Sect. 2. §. 5.
p. 106. anführen, man in dem teutschen Staats-und Lehn-Recht gar nicht
Ursache hat, daraus weder eine Schande noch Flecken der Geburth zu machen,
vielmehr andere mit Schurfio Consil. 56. n. 4. cent. 2.
Hartm. Pistor. Lib. 2. qu. 41. n. 33. viel gegründete
Ursache haben, dergleichen Verachtung des gemeinen Adels oder anderer erbarer
Personen für einen wiederrechtigen und eigennützigen Hochmuth zu halten,
keinesweges den göttlichen und weltlichen Gesetzen entgegen, dergleichen statt
zu geben, in mehrern Erwegung, daß die zu allen Zeiten, von Kaysern, Königen und
Fürsten hierunter sich ihrer Freyheit gebrauchet, und ausser ihrem Stand
geheyrathet, solches auch vor deme nicht anders geschehen können, weil man vor
vier oder mehr hundert Jahren gar keine andere Geschlechts-Würde, als allein den
Adel gehabt, indem nicht allein die Gräfliche und andere in blossen Aemtern, die
auf der Person, welche dem Amt obgelegen, beruhet, die Fürstliche Kinder aber zu
solcher Zeit nicht anders als der übrige Adel gehalten worden, und erst vor
wenigen hundert Jahren die
|| [216]
Weise auf kommen, daß
alle, welche von einem Fürsten gebohren worden, auch Fürsten und Fürstinnen
heissen, mithin diese neue Weise dem alten Rechte des Adels gar keinen Eintrag
thun können, dagegen auch, daß jetzo die Exempel etwas rar, nichts hindert, cum
haec jura sint voluntatis Ludolf. de foem. illustr. cap. 1.
§. 1. Hertius de special. rebuspubl. sect. II. §.
5. Letztens da die nunmehro getraute Person eines Fürstlichen Raths seine
Tochter, selbige so wohl denen Reichs-Abschieden, als allen andern gemeinen
Rechten nach, gleichfalls die jura nobilitatis geniesset, wie dergleichen denen
Frauen und Töchtern der Fürstlichen Räthe nahmentlich zugeleget und gegeben ist;
Zu geschweigen, daß auch die Person, worüber gefraget wird, nicht anders, als
sub spe matrimonii ihren jetzigen marito beygewohnet, welches obige
Rechts-Gelahrte damit excusiren, quoniam praesertim inter illustres consensus
faciat nuptias, und man leicht erachten mag, daß in propalirung und Vollziehung
einer würcklichen Trauung bey einem Fürsten sich nicht mehr Umftände, als bey
einem privato ereignen; Als halten wir davor, daß gestalten Sachen und Umständen
nach, dieser per subsequens matrimonium legitimirte Sohn pro legitimo zu achten,
und casu sic ferente a successione in principatu nicht ausgeschlossen, folglich
ihme wie auch dem nachgebohrnen, das sonsten im Hauß übliche Appanagium auch
nicht versaget werden mögen. V. R. W.
(Kurtze Anmerckungen darüber.)
§. VII. Ob es nun wohl, wenn man das Responsum obenhin betrachtet, dem ersten
Ansehen nach scheinen möchte, daß der Herr Concipient bloß das dubium de
legitimatione per subsequens matrimonium resolviret, das andere vornehmste aber,
daß die Mutter dieser Kinder von unadelicher und nicht Fürstlicher condition
gewesen, gar übergangen hätte, indem weder in denen rationibus dubitandi noch
decidendietwas davon nahmentlich gedacht worden; So zeigen doch die responsiones
ad rationes dubitandi an den Ort, wo Feltmann, Myler und Hertius allegiret
worden, daß der Herr Referent auch darauf reflectiret habe, zu geschweigen, daß
ohnedem der erste Umbstand diesen andern tacite regulariter in sich begreifft,
nachdem nicht leichtlich eine andere Fürstliche Weibes-Person sich von einen
Fürsten ohne vorhergehende solennia nuptiarum mißbrauchen lässet, zu
geschweigen, daß dieser Umbstand von dem statu der Mutter, mit welcher die
Kinder gezeuget, in der Facultät in Relatione war deutlich proponiret, und
secundum vota plura damahlen pro quaerente decidiret worden. Wannenhero ich auch
dafür halte, daß der Herr Referente damahlen das responsum mehr secundum hanc
pluralitatem als nach seiner eigenen
|| [217]
Meynung
verfertiget, indem er anderswo ausführlich gewiesen, daß er selbst dißfalls
gantz anderer Meynung sey.
§. IIX. Aus demjenigen, was bißhero von dem Stand der verehlichten(Der dritte Casus. Ob Fürstliche
Maitressen pro personis illustribus zu achten /
und unter wessen Jurisdiction sie gehören? nebst dem
Responso.) geringeren Weibes-Personen mit
Adelichen oder Fürstlichen Ehemännern gemeldet worden, kan man leicht abnehmen,
was von dem Stand dergleichen Personen zu halten sey, wenn selbige nur
Maitressen oder Concubinen grosser Herren abgegeben, von welchen Anno 1716. im
Februario der Facultät ein artiger Casus nebst zweyen Fragen vorgetragen und
darüber ein Responsum verlanget wurde. Die Sache wird am allerfüglichsten aus
dem responso selbst begriffen werden können, und so dann erst Zeit seyn,
dasjenige, was bey dem uns deßwegen zugeschickten Schreiben etwa noch zu
erinnern seyn möchte, anzumercken.
Als derselbe uns folgende facti speciem nebst einigen Fragen zugesendet, und sich
des Rechtens zu berichten gebeten. Demnach etc. etc. Ist ohnlängst zu Thermopoli
Titia Todes verfahren, welche in einen privat- und Bürgerhause, unter der
Jurisdiction des Stadt-Raths gelegen, sich aufgehalten, ihres Herkommens eine
gebohrne von Adel, die aber ehemahls mit Cajo, einer persona illustri coniugata,
ausser dem Ehestande eine natürliche Tochter erzielet, der ihr auch, biß an sein
vor 38. Jahren erfolgtes Ende eine solche affection zugewendet, welche sonsten
eine ordentlichen Gemahlin zu geniessen hat, wie er denn willens gewesen, sie in
Grafen-Stand erheben zu lassen, indessen aber, da die Sache bereits sehr
avanciret, gestorben, worauf sie zu Thermopoli zwar privatiret, inzwischen aber
von jedermann die Gräfin von N. tituliret worden, ohnerachtet sie sich niemahls
davor ausgegeben, sondern incognito zu leben getrachtet, über dieses nicht
illustri pompa, sondern als eine ehrbare privat-Person beerdiget worden; Nach
diesen ihren Tod nun hat sichs zugetragen, daß die Regierung obbenannte Titiam
vor eine illustre Person geachtet, und mit Vorbeygehung des Stadt-Magistrats,
durch ihren Secretarium unmittelbahr die Versieglung verrichten lassen, nicht so
wohl weil die Verstorbene in ihrem Testamente solches verordnet, sondern aus
jetzt erwehnten medio termino, weil sie eine persona illustris, welche unter der
Regierung stünde; wodurch folglich der Stadt-Magistrat ab exercenda
jurisdictione sua gäntzlich ausgeschlossen worden, dahero nunmehro 3. Fragen
entstehen:
1) Ob nicht dem ordinario Magistratui die Obsignation und Inventur auch bey
illustren Personen, welche in einen privat- und Bürgerhauß, so der
Stadt-Obrigkeit Jurisdiction unterworffen, biß an ihren tödtlichen Hintritt
ge
|| [218]
wohnet, allein zustehe, oder ob nicht
zum wenigsten mit und nebst der Regierung der ordentliche Stadt-Magistrat und
Gerichts-Herr in dergleichen actu per deputatos concurrire, mithin die
ordentliche Stadt-Obrigkeit nicht gäntzlich könne praeteriret werden? Ob nun
zwar es das Ansehen gewinnen will, daß wer in einer gewissen Obrigkeit
Jurisdiction wohnet, und darunter sich aufhält, auch derselben unterworffen sey,
inmassen das forum domicilii und habitationis so kräfftig fundiret, daß
gleichwie dergleichen Person secundum jura domicilii Recht nehmen muß, Dec. Concl. 352. n. 4. Berger. Oeconom.
Jur. Lib. IV. tit. 4. §. 1. also auch nach ihren Tod ratione ihrer
Verlassenschafft, niemand anders als dem Magistratui, worunter das domicilium
gelegen, die Obsignation und Inventur zugehören kan, in fernerer Erwegung, daß
ein jeder, folglich auch eine persona illustris gut und freywillig sich solches
forum selbsten constituiret, und, da sie unter Bürgern, und in einem
Bürger-Hause wohnet, zum wenigsten voluntate tacita der bürgerlichen Obrigkeit
sich unterwirffet, auch so gar in capitulatione Caesarea
Leopoldi art. 44. versehen, daß die von Kayferlicher Majestät ertheilte
höhere Würde das jus domicilii nicht aufheben könne, mithin vor sich selbst
zufliessen scheinet, daß entweder die Stadt-Obrigkeit, worunter dergleichen
Person gewohnet, allein die Versieglung und Inventur verrichten müste, oder
aber, daferne diese der Regierung aus besonderer Consideration nachsehen wolte,
zum wenigsten per deputatos, um ihre jura zu conserviren, erwehnter Versieglung
und Inventur beyzuwohnen befugt sey; Jedennoch aber und dieweil in Sachsen
einige Personen ein forum privilegiatum haben, und nicht so wohl de novo von der
Stadt-Obrigkeit Jurisdiction ausgenommen werden, sondern bereits per legem oder
Consuetudinem eximiret sind. Mencke ad tit. ff. de Judiciis
p. 42. seq. und im übrigen eine illustris persona einem Rath,
Secretario und Schrifft-säßigen Edelmann, oder Dreßdischen Doctori. Amts
Verweser etc. welche ad forum Principis oder judicium inferiore superius
gehören, zweiffels ohne nicht geringer gehalten werden muß, cum qui est major
nobili, talibus minimum juribus frui debeat, atque is, qui est dignitate minor
Stryk. in Dissert. de Jure Baronum passim. Hingegen
gewiß, daß durch die erwehlte Wohnung in einer Stadt der höhere Stand nicht
verringert werde, Reyger. Thesaur. Jur. Civ. sub voce Nobilis
p. 182. und im übrigen mehr als zu bekandt, daß ein Stadt-Rath über
eximirte Personen und deren bewegliche Güter sich keiner Jurisdiction anmassen
dürffe, cum ubi loquitur superior, tacere debeat inferior, & lumen majus
obscuret minus, Heigius Part. II. Quaest. XXV. n. 13.
mithin auch nach ihrem Ableben keine Versiegelung und Inventur praetendiren
könne, ohnerachtet dieselbe in einen Bürger-Hauß gewohnet, welches sonst unter
des Magistrats Jurisdiction gehöret, angesehen es hier nicht auf das Hauß, oder
eine actionem realem wegen des Hauses, oder davon schuldiger Abga
|| [219]
be ankommet, sondern vielmehr die persona
exempta in Betrachtung gezogen werden muß, welche einem höhern Gericht
unterworffen, und also ein ander forum competens privilegiatum hat, so durch die
Bewohnung eines Bürger-Haufes nicht aufgehoben werden mag, indeme sonst alle
Räthe und eximirte Personen, den Stadt-Rath unterworffen werden würden, weil sie
doch in Stadt-Häusern wohnen müssen. Martini Comment. ad Ord.
Sax. tit. XI. §. II. n. 366. Welches, gleichwie es ungewöhnlich, also
ist um so viel weniger zu zweiffeln, daß der Regierung utpote Judici illustrium
personarum competenti, und nicht dem Stadt-Magistrat die Versieglung und
Inventur nach dem Tode solcher eximirten Personen gebühre, und weil dieser über
dieselbe die geringste Jurisdiction nicht hat, auch nicht einmahl bey der
Obsignation und Inventur zu concurriren, oder per deputatos zu erscheinen
berechtiget sey.
Bey der andern Frage, ob eine Person von solcher Beschaffenheit wie Titia, welche
eines vornehmen Herrn Maitresse gewesen, deßhalben pro illustri persona zu
halten oder nicht zu halten sey? Will zwar einiger Zweiffel entstehen, daß, weil
Cajus Titiam fast affectione maritali geliebet, und dieselbe in den
Graffen-Stand wollen erheben lassen, auch die Sache schon ziemlich weit
avanciret gewesen, und sonsten cingendus pro cincto gehalten wird, auch das
odium in concubinas bey grossen Fürsten und Herren cessiren muß, indeme diese
den legibus privatorum poenalibus nicht unterworffen, sondern allein GOTT von
ihren Handlungen Rechenschafft geben müssen, hiernechst eine Concubina etwas von
dem Splendeur ihres Amanten zu überkommen scheinet, indeme hier eine gleiche
ratio als bey den Weibern militiret, welche wegen der genauen Vereinigung etwas
von der Ehre ihres Herren und Gemahls participiren, hingegen Titia Inhalts der
speciei facti fast einer rechtmäßigen Gemahlin gleich gehalten worden. Jedennoch
aber und dieweil der Beyschlaff keinen Adel würcket oder vermehret, indeme
dieser einig und allein von der Begnadigung des Kaysers oder Jure sanguinis
herrühret, Ericus Mauritius Dissert. de nobil. Imp. Germ. §.
8. p. m. 292. und unter einer Gemahlin und Maitresse ein grosser
Unterschied bleibet, Lyncker Cent. II. Decis. 126. Myler
ab Ehrenbach Gamol. P. I. Cap. 26. §. 2. seq. folglich
die Jura conjugum keinesweges derselben angedeyhen können, ingleichen dubiös, ob
auch die Gemahlinnen, wenn sie nicht illustres, durch blosse Verheyrathung in
einen solchen trefflichen Stand gesetzet werden, inmassen bekandt, daß sie nicht
selten erst von Kayserlicher Majestät in Fürsten- oder Graffen-Stand erhoben
werden, wodurch anderer Doctorum wiedrige Meynung ziemlich unwahrscheinlich
wird, in gegenwärtigen Fall aber Titia das Kayserliche diploma noch nicht
erhalten, hingegen das blosse Unternehmen Caji, und dessen Wunsch nichts reelles
würcken mag; ferner der niedere Adel-Stand keinen
|| [220]
illustren Character giebet, in Betrachtung, daß die ingenui und illustres,
Herren und edle Knechte weit von einander unterschieden, Coccej. I. P. Cap. XV. sect. 3. §. 32. seq. Als halten wir
dafür, daß Titia für eine illustre Person nicht zu achten.
Bey der 3. Frage, ob, daferne Titia keine Persona illustris, der Stadt-Magistrat
sich der Versieglung und Inventur zu unterziehen, oder auch das Jus Gabellae zu
exerciren befugt? Will es zwar anscheinen, daß weil die Regierung einig und
allein ihr Recht darinnen gründet, daß gedachte Titia persona illustris sey,
solches aber, wie in der vorigen Frage erwiesen, hinweg fället, und dann die
Verstorbene zum wenigsten pro incola zu achten, die incolae aber allen oneribus
civitatis unterworffen Carpz. I. F. Part. III. Const. 12.
Defin. 16. n. 1. worunter auch die Abzugs-Gelder gehören, mithin der
Stadt-Magistrat in allen seinen Forderungen und Praetensionen fundiret;
Jedennoch aber und dieweil die Titia eine gebohrne von Adel / welche um ihrer
Commodität halber zu Thermopoli gewohnet, die Adeliche Personen aber von des
Raths Jurisdiction eximiret. Lauterb. diss. de domicilio cap.
8. §. 58. n. 208. seq. Carpz. I. F. Part. III.
Const. 12. Def. 16. und dann, da die Regierung zu Thermopoli sich
befindet, die Verstorbene sowohl ratione personae als bonorum mobilium und ihres
übrigen Vermögens unter gedachter Regierung gestanden, welcher Förderung
folglich dem Rath nichts angehet; Als halten wir dafür, daß dieser weder das
Recht zu versiegeln noch zu inventiren, oder auch des Juris Gabellae an Titiae
hinterlassenen Gütern sich anzumassen berechtiget sey. V. R. W
(Anmerckungen über das Beyschreiben.)
§. IX. In dem an uns geschichickten Schreiben ware die Mittel-Strasse zwischen
denen beyden andern vorhergehenden, derer wir bey diesen Handel gedacht,
gebraucht worden, da der Quaerent, der sich Sempronium nennete, nicht mit
blosser formirung des casus und Vortrag der Fragen gleich abbrach wie § 5
geschehen, auch nicht mit allzuvielen und öffters unzeitigen allegatis LL.
& Dd. sein Schreiben gespickt hatte, wie in ersten casu §. 2 zu lesen,
sondern er hatte nur bey der andern Frage, an deren dec sion ihm am allermeisten
schiene gelegen zu seyn, (ob nemlich die Weibes Person quaestionis pro persona
illustri zu achten,) pro negativa die Dd. ad Capitul. Leopold Art. 40. Rhetium
Inst. Jur. publ. lib. 1. Tit. 21. Stryk. in Usu moderno Pandect. ad lib. 1. Tit.
VI. §. 8. Myler. ab Ehrenbach Gamolog. Princ. Imp. Cap. 26. §. 2. seqq. Lyncker.
Cent. II Decis. 26. angeführet, weßwegen er auch allerdings zu loben; Aber
darinnen hatte er es versehen, daß er die andre und dritte Frage (folgender
Weise: Ob eine Person von solcher Bewandniß, wie in gegenwärtiger facti specie
ausführlich
|| [221]
angeführet, pro persona illustri zu
halten, oder ob solche nicht viel mehr wegen der allegirten Umbstände pro tali
nicht zu agnosciren, und dahero bey sothaner Bewandnüß die inventur und
obsignation der verstorbenen Titiae Verlassenschafft so wohl auch das Jus
Gabellae der ordinairen Stadt Obrigkeit umb so viel desto weniger zu entziehen,
oder wenigstens diese nicht gäntzlich praeteriret werden könne?) combiniret,
ohne Zweiffel der Meynung, als wenn die letzte eintzig und alleine von der
andern dependirte, worinnen er sich aber betrogen, und dannenhero wurde die
Facultät bewogen, aus denen zwey vorgelegten Fragen drey zu machen, und zwar die
andre nach des Quaerenten Begehren zu beanworten, die dritte aber, daran
demselben am meisten gelegen war, hoc non obstante zuverneinen.
§. I.
NAchdem ich allbereit in 1. und 2. Theil dieser Juristischen Händel(Das erste Casus.) etliche
casus von ungegründeten Hexen-Processen angeführet, so habe daselbst
versprochen, damit ferner zu continuiren, und will dannenhero in diesen Theil
noch zwey dergleichen Exempel melden, davon das erste in September 1696. uns von
Soest zugeschickt wurde und Susannen Burgmeyerin betraff, welche der Zauberey
verdächtig gemacht werden wolte. Nun zeugten die acta, daß dabey keine
Registratur befindlich, daß etwa eine böse fame wieder sie emstanden, oder etwas
deßhalb wieder sie denunciret worden, sondern es solten die indicia wieder sie
darinnen bestehen. Es solte Jürgen Brusio als er an Lichtmesse von einen andern
Orte aus der Schencke nach Hause gehen wollen, ein Gespenste begegnet seyn, so
ihn zurücke gejagt, und da solte Verdacht auf inquisitin gefallen seyn, als ob
sie dabey interessiret wäre, indem sie zuerst solte ausgebracht haben, daß
Brusius von denen Heren unterwegens geplaget worden, immassen Catharine Blome
fol. 1. & 2. deponiret, solches von der Inquisitin gehöret zu haben,
desgleichen auch Dietrich Neuhauß fol. 2. berichtet, dahingegen Inquisita fol.
3. es zu erst von Catharinen Blomen gehöret haben, auch von dem, so
|| [222]
Neuhauß ausgesagt, nicht wissen wollen. Ferner
deponirt Ida Catharina Grotin, so 12. Jahr alt fol. 3. daß, als sie sich bey der
Inquisitin aufgehalten, dieselbe ihr ein Gebet lernen wollen, Krafft dessen Sie
ihr Lebetage keinen Mangel haben solte, ihr auch zu dem Ende einst ein
Stück-Fleisch, nachhero aber ein Stücke Käse angeboten hätte, welches aber
Inquisition fol. 4. gleichfalls negiret: dahero das Mägdgen ingleichen die
Blomin und Neuhauß fol. 5. ihr, was bißher gemeldet worden, unter die Augen
gesagt. Nichts desto weniger war Inquisitin bey ihrem Leugnen geblieben, hatte
aber doch zuweilen dubitanter geantwortet, daß sie sich dessen nicht erinnere.
Ferner wurde sie fol. 6. beschuldiget. daß sie Heinrich Bernds Sohn gelähmet
hätte, und daß sie, als man ihr solches vorgeworffen, dazu stille geschwiegen,
gestalt dann auch fol. 8. Bernd und sein Weib dafür hielten, daß ihr Kind das
Unglück in der Inquisitin Hause bekommen hätte; und dabey berichtet, daß die
Medici es nicht curiren können, und der eine gemeynet, es sey eine böse Hand
darüber gewesen; Hingegen berichtete der Pfarrer fol. 7. daß Inquisitin ihn
gesucht, und diese Beschuldigung bey ihm klagen wollen, er sey aber nicht
einheimisch gewesen. So wolte man auch die Inquisitin dadurch verdächtig machen,
daß, als sie einen Advocaten angesprochen mit ihr ins judicium zu gehen, und
dieser geantwortet, er würde nicht zugelassen werden, weil sie der Zauberey
beschuldiget würde, sie darauf gesaget hätte: O ihr Männer: Wer Rath geben kan,
der gebe Rath! auch nachhero ihren Eydam zum Pastore abgeschickt, und melden
lassen: Wo die Sache nicht zum Ende käme, müßte sie sich ein Leid thun: zumahlen
da Inquisitin fol. 10. & 11. dieses beydes nicht läugnete, sondern nur
dabey zu ihrer Entschuldigung fürbrachte, sie hätte den Advocaten zum Beystand
angesprochen, und wäre erschrocken, daß man sie solche Dinge bezüchtigen wolte,
und könte auch ein redlich Mensche über dergleichen Dinge wohl Rattenköppisch
werden.
(Sententz mit denen rationibus.)
§. II Gleichwie aber in Facultate geschlossen worden, daß besagte Burgmeyerin von
der wieder sie angestellten Inquisition zu entbinden; Also bestanden die
Rationes decidendi in folgenden.
Obwohl wieder Inquisitin einigen Verdacht zumachen scheinet, daß durch sie
dasjenige, so Jürgen Brusius am Lichtmesse Abend begegnet, am ersten auskommen,
immassen ihr dann Catharina Blomen und Dietrich Neuhauß, was sie dieserwegen
deponiret, ins Gesichte gesaget, Inquisitin auch selbst einiger massen hierunter
variiret; Hiernechst da Catharina Grotin ihr ebenfalß unter die Augen gesaget,
daß sie ihr einsten
|| [223]
ein Gebet lernen wollen, Krafft
dessen sie nie einigen Mangel haben solte; Ferner H. Bernd und sein Weib dafür
halten, daß an ihres Kindes Lähmung Inquisitin schuld sey, und das Kind aus
deren Hause kranck zurücke kommen, nicht weniger Inquisitin etwas verdächtig zu
machen scheinet, daß als ihr Barthold Werner, daß sie der Zauberey verdächtig
gemacht würde, gesagt, sie sehr erschrocken, auch sich nachhero verlauten
lassen, wo die Sache nicht bald zu Ende käme, müste sie sich ein Leid thun; und
dann in delictis atrocioribus & occultis auch wohl judicia leviora ad
inquirendum hinlänglich sind. Dieweilen aber dennoch eines theils aus denen
actis nicht zufinden, daß jemahls einige böse fama wieder Inquisitin obhanden
gewesen, oder fonst etwas wieder sie gerüget worden, gestalt dann die geringste
Registratur deßhalb nicht vorhanden, sondern der judex sofort Zeugen abgehöret,
auch selbige über verschiedene Dinge befraget, davon doch vorhero in denen actis
nichts enthalten gewesen, so eine speciem suggestionis machet, und eine
Nullitaet des Processes nach sich ziehet, andern Theils aber die angezogenen
indicia, wann selbige gleich wieder Inquisitin erwiesen seyn solten, davon es
aber zum Theil noch ermangelt, jedoch wieder dieselbe keinen beständigen
Verdacht der Zauberey machen, und insgesamt nimis remota seynd, so nichts
inferiren, und dann absonderlich in diesem crimine als maxime occulto sehr
behutsam zu verfahren, daß nicht aus superstition unschuldige Leute in
gefährliche Inquisition gezogen werden mögen; So ist, wie in dem Urtheil
enthalten, erkannt worden.
§. III. In 1699. Jahr in November wurden uns von Grefenau(Des andern casus erster actus.) in Gotaischen acta zugeschickt / bey
welchen sich der Justitiarius eyfferiger angelegen seyn lassen, Elisabeth
Dornheimbin der Hexerey verdächtig zu machen, ob er wohl nur etwa bey 3. oder 4.
Puncten den Nahmen der Denuncianten gemeldet hatte. Das (1) indicium solte seyn,
daß sie im Felde Weinbach genannt Anno 98. für Pfingsten dürres Graß von einem
Acker weggenommen, und damit im Fahr-Weg ein Creutz geschlagen. Weil nun der
Hirte allda das Viehe gehütet, sey eine Kuh darüber gegangen, welche dann auf
ebener Erde darnieder gefallen und ein Bein zerbrochen hätte: (jedoch hatten die
Zeugen fol. 61. das Creutzschlagen nicht gesehen.) (2) wurde sie beschuldiget,
daß sie Georg Gabriel Lützelbergern aus freyen Stücken zwey Bund Stroh in seinen
Hoff geleget, nachdem aber Lützelberger solch Stroh den Schweinen
untergestreuet, wären 17. Schweine nach einander gestorben. (3) Daß einsmahls
Anno 98. schwartze Thiere, wie Katzen in Erhards Kuh-Stalle herum gelauffen, und
gespielet. Als nun Erhards Weib nebst der Magd die Stallthüre aufgemacht, und
aus dem Stalle gekommen, hätte Inquisitin vor der Stallthüre ge
|| [224]
standen und kein Wort geredet, auch nicht
geantwortet, ob gleich die Erhardtin dieselbe eine alte Hexe über die andere
gescholten. (4) In der Nacht für Philippi Jacobi Tag sey in der Dornheimin Hause
ein erschrecklich Katzen Geschrey entstanden, worüber Ihres Sohnes Weib sehr
erschrocken, und deßhalb Ihren Mann wecken wollen; als sie aber nach ihn
gegriffen, hätte sie einen Besen in ihre Hand bekommen, und sey der Mann nicht
da gewesen. (5) Lützelberger habe zehen Maaß Korn auf dem Boden liegen gehabt,
Brandwein davon zu brennen, da sey öffters aus Inquisitin Hause eine Henne
geflogen kommen, und habe sich an das Korn gemacht, dergestalt daß er ihr nicht
wehren können. Er habe zwar nebst seinen Weibe aufgepaßt, und sie werffen, oder
fangen wollen, habe sie aber weder treffen noch fangen können: Das Korn wäre
unter der Hand verschwunden, und sonst der Brandewein hernach davon trübe und
stinckend worden: (wobey jedoch Andreas Becholt fol. 95. attestiret, das
Lützelberger nicht nahe an Inquisitin wohne, sondern sein Hauß dazwischen sey,
er aber niemahls die Henne gesehen, noch etwas böses von der Inquisitin
gemercket hätte.) (6) Inquisitin habe von Buchrödern Bier hohlen lassen, wofür
sie ihm nebst andern Gelde auch einen fünfftehalber geschickt: dieses Geld hätte
die Buchröderin alleine geleget und auf den Abend wäre sie indie Stube gekommen,
und hätte gesagt: die Dornheimin wolte keine Hexe seyn, und doch hätte sie den
Fünfftehalber wiederweggehohlet. (7) Hanß Kieser habe einsmahls der Inquisitin
Fleisch geschätzt: Als er nun solches nach seinen Pflichten einen Pfennig
geringer schätzen müssen, als sie es haben wollen, hätte sie gesagt er solte nur
hingehen, es solte ihn schon gereuen: des dritten Tages drauf wäre ihm seine
beste Kuh umgefallen. (Jedoch in confrontatione fol. 49. spricht er: Inquisitin
habe gesagt: Gott siehet alles, daß ihr das Fleisch so geringe schätzt.) (8)
Inquisitin hätte sich einsmahls mit ihren Sohne, Conraden, gezanckt, da hätte
der Sohn gesagt: Seinen Bruder hätte sie gesterbet, nun wolte sie ihn gewiß auch
sterben. (9) Vor wenig Jahren sey Inquisitin vor Kisern über den Weg gegangen,
da hätte er sein Pferd nicht von der Stelle bringen können, sondern habe ein
anders aus dem Dorffe hohlen müssen. (10) Etliche mahl hätten die Leute das
Geld, so sie von der Inquisitin bekommen / alleine gelegt, da dann bald hernach
etwas daran gefehlet. (11) Andreas Schubart hätte einsmahls die Nachtwache
gehabt, da er dann gesehen, daß der Inquisitin Hauß gleichsam in Feuer
gestanden, worüber er auch Feu
|| [225]
er geruffen; als
er aber vor das Hauß gekommen, sey nichts zu sehen oder zu hören gewesen. (12)
Inquisitin seye einsmahls gegen den Abend unangemeidet in die Mühle gelauffen,
habe eine Hand voll Spiltzen aus dem Kasten genommen, worauff sie hinter einen
Sack mit Graupen geguckt, und stillschweigends wieder davon gegangen. (13) Der
Müllen Buchner und sein Vater hätten den bösen Geist des Nachts vielfältig zur
Feueresse hineinfliegen sehen. (14) Das erste mahl als Köhler angefangen,
Brandwein zu brennen, wäre Dornheims Katze kommen, und hätte sich auf den
Brüheissen Brandweinshut geleget, ob er sie gleich offte davon weggejaget. (15)
Inquisitin habe Annen Margarethen Köhlerin an ihrem Kirchgange aus freyen
Stucken Butter und ein Ey geschickt, und dabey sagen lassen, sie solte ihr nur
für drey Pfennige Heller dafür schicken, so sie auch gethan. Sie, die Köhlerin
hätte hernach etwas von der Butter in die Bier-Suppe gethan, worvon A. M.
Schleiderin etliche Löffel voll gegessen, worauff ihr aber gantz übel worden,
daß sie sich ein gantzes Jahr damit geschleppt. Ihr, der Köhlerin Kind wäre auch
fast krum und lahm worden, und hätten alle Leute gesagt, daß das Kin behexet
wäre. Endlich sey ein Mann gekommen, der dem Kinde was eingegeben, davon es
wieder besser worden. (16) Heinrich Dornheimb hätte sich mit der Inquisitin,
seinem Weibe gezanckt, worüber sie in die Kammer gelauffen, und die Thüre mit
der Hand ergriffen hätte, da er dann gesagt: An Füssen hastu mich lahm gemacht,
wilstu mich auch nun an Händen lahm machen. (17) Inquisitin wäre von freyen
Stücken zu C. Bauchmöderin in ihr Hauß mit einem Riemen geräucherten Fleisch
gelauffen kommen, und gebeten, ihr solches zu zerhauen, auch nicht eher gehen
wollen, biß es geschehen. Kurtz hernach wäre ihrer Tochter ein starck Reissen in
Händen und Füssen ankommen daß sie noch damit zu thun hätte. (18) Eben diese
Bauchmöderin hätte auch vorhero einige Fußstappfen umb ihren Schweinstall früh
Morgends gesehen, so der Inquisitin Fußstapffen gleich gewesen, worauf ihr
alsobald drey Schweine gestorben. (19) Schon vor 3. Jahren hätte Inquisitin W.
Meuern Steuern gebracht, welche er alleine geleget, da so fort hernach 16.
Pfennige dran gefehlet: Er hätte das übrige alsbald der Inquisitin wieder
gebracht, die es ihm wieder vollgemacht. (20) Hanß Caspar Möllers Weib sey in
der Mühgewesen, und hätte aus einem Sack mit Korn, der unter der Banck
gestanden, ein wenig heraus genommen, umb zu sehen, was vor Korn darinnen wäre:
Als sie kaum die Hand aus dem Sacke gehabt, wäre
|| [226]
Inquisitin kommen, und nach der Mühle worauff die Möllersche geschütet gehabt,
gelauffen, habe so dann in den Kasten, worinnen das Korn gewesen, gegriffen und
darinnen gerühret, und sey darauf wieder aus der Mühle gangen: Hierauf wäre die
Möllersche nach ihren Korn gegangen, und hätte unten in Kasten den Schrot mit
der Schauffel angefasset, worauf es ihr gleich in die Finger, aus den Fingern in
den Arm, wie eine Mauß gefahren, darüber sie grosse Schmertzen empfunden:
Sonderlich hätte sie grossen appetit zum Trincken gehabt, wenn man ihr aber zu
trincken gereicht, wäre sie mit gleichen Füssen indie Höhe gesprungen, so, daß
sie niemand halten, noch ihr etwas in den Mund bringen können: Wann die
Stuben-Thür, oder ein Fenster auffgemacht worden, und sie die frische Lufft
gemercket, hätte sie ersticken wollen, sonst aber wäre sie gesund und verständig
gewesen: Sie hätte gesagt, Inquisitin wäre schuld an ihrem Unglücke, deßhalben
sie auch Ach und Weh über dieselbe geruffen; trockene Speise hätte sie geniessen
können, aber keine Früchte: Endlich wäre sie gestorben, da die Kranckheit nur
etwa zwey Tage recht gewähret. Als diese Frau begraben worden, solle Inquisitin
auch mitgegangen seyn, und sich durch die Leute gedrungen haben, daß sie die
Leiche sehen könte: als nun im Zurück gehen eine andre Frau ihr vorgehalten
hätte, was die Leute redeten, und warumb Inquisitin der Frau nicht wieder
geholffen hätte, habe sie geantwortet: Man hätte sie ja zu der Verstorbenen
nicht hinein lassen wollen, sie wäre da gewesen. (In des Pfarres attestato fol.
6. wird die Sache mit andern Umständen, so viel die Zeit betrifft, erzehlet. Was
in der Mühle passiret, sey am Sontage geschehen, Montags drauf hätte die
Möllersche erst das Reissen in Armen und Fingern gefühlet und Freytags wäre erst
die rechte Kranckheit angegangen. So war auch ex actis fol 8. zu sehen daß
dieselbe Zeit auch viel andre Leute und Weiber gestorben.) Als nun hierauf die
Acta verschickt worden, haben die Herren Scabini Jenenses auf diese summariter
verzeichnete puncte fol. 4. erkannt; Daß Inquisitin zur Captur zu bringen, ihres
Lebens und Wandels halben weitere Nachricht einzuziehen, Articul abzufassen
&c.
(Der andre actus.)
§. IV Dieses Urtheil ließ sich nun nicht gut für die Inquisitin an, und dürffte
mancher von denen gewöhnlichen Hexen-Processen eingenommener Leser wohl dencken,
daß dieses exempel wohl nicht zu der rubric oder titul dieses Handels gehöre:
Allein ein klein wenig Gedult. Wer den damahligen Zustand der Herren JCtorum
Jenensi
|| [227]
um bedenckt, der wird sich über
dieses Urtheil eben nicht wundern. Es ließ sich auch der Justitiarius, nach
dessen gustu dasselbige war, sehr angelegen seyn, noch mehrere indicia wieder
die captivirte aufzusuchen, davon das (21) seyn solte, daß Inquisitin ihre
neptis deponirt, wie sie vor 3. Jahren bey der Inquisitin gedienet, daß sie des
Morgends offte vor der Hinterthüre gantze 16. Gr. Stücke, und sonsten auf dem
Ofen und in der Stube, wenn sie auskehren wollen, Groschen, Dreyer und ander
Geld gefunden, welches sie der Inquisitin gebracht, die es auch angenommen, und
ihr verbothen, es niemand, auch der Inquisitin Mann nicht zu sagen: Dem Sohne
Conrad hätte sie auch einsten ein gefunden 16. Gr. Stück gegeben, der es
gleichfalls angenommen, und es nachzusagen verbothen. (Diese neptis hat hernach,
als die Inquisitin ihre defension geführet, fol. 112. dieses geleugnet, und
dabey angegeben: Ihre Frau hätte ihr geheissen: Sie solte so sprechen, und D.
Harras, der Gerichts-Director hätte sie darzu zwingen wollen, sie hätte aber
nichts gesagt, hätte auch nichts gefunden.) (22) Als Bastian Rießland in die
Kirche gehen wollen, sey Inquisitin unter Wegs zu ihm kommen, habe ihn
fortgestossen, auch ein wenig unten am Arm gedruckt, worauf er so fort solche
Schmertzen empfunden, daß er nicht ruhen können, sondern kranck darauf worden.
(23) Peter Edelmann deponiret: Er sey Anno 98. auf Fastnacht nebst seinem Weibe
in der Nacht aufgestanden, und habe das Kalb saugen lassen wollen, da sie dann
zwey Scheite Holtz vor die Stallthür gelehnet gefunden, darüber sie sich
verwundert. Endlich sey Inquisitin kommen, und habe gesagt: Sie solte die
Scheite ja verbrennen; Sie sey auch noch einmahl wieder zurücke kommen, und habe
eben das gesagt. (Fol. 130. testiren Hans und Clauß Risch, daß Inquisitin allen
armen Leuten guts gethan, und sonderlich denen Nachbarn öffters heimlich und
ohne Wissen ihres Mannes Bunde Stroh und Scheiter-Holtz gegeben.) (24) H. C.
Müller sagt, seine Tochter von 9. Jahren hätte einsten des Abends, da sie sich
niedergelegt gehabt, zu schreyen angefangen: Das GOtt erbarm, da stehet die
Latten Elsa, (Inquisitin) und ist lauter Feuer: Sie will mir was in den Mund
giessen; welches das Mägdlein zum andern mahle gethan, daß Zeuge selbiges
endlich zu sich ins Bette nehmen müssen. (Der Pfarrer attestiret fol. 24. daß er
Müllern illo tempore dißfalls befraget, der aber geantwortet, daß es in der That
nicht geschehen, sondern dem Mädgen es nur zweymahl also geträumet, darüber es
erwacht, und die Eltern um Hülffe geruffen:) (25) Clauß Geyer sey mit der
Inquisitin Sohn Conraden wegen Besatzung eines Teiches in
|| [228]
Wort-Wechsel gerathen, des andern Tages frühe, als er seine
Strümpffe anziehen wollen, wären diese gantz voller Läuse gewesen: ob er nun
gleich ein paar andere bekommen, wären diese doch auch voll Läuse worden, die
Zeugen sehr gebissen, biß sie endlich verschwunden. (26) Anna Harreßin deponirt:
Ihr Mann hätte sich vor 9. Jahren hinter den Ofen gelegt und geschlaffen. Gegen
den Morgen wäre er ins Bette kommen, und hätte geklagt, es wären drey
Weibes-Personen gekommen, und hätten ihm was in Hals giessen wollen; Inquisitin
hätte er sonderlich gekennet, er sey darauff kranck worden, und habe keine
gesunde Stunde gehabt, Zuletzt habe er ein Gewächs an Halse bekommen, als ein
kleiner Kinder-Kopff groß, woran er auch gestorben. So war auch über dieses fol.
24. seq. ein Attestat von dem Prediger und Vorstehern, daß Inquisitin malae
famae. (In folgenden acten waren fol. 95. 103. 114. 125. 126. 127. 128. 129.
130. 131. noch mehrere attestata de bona fama Inquisitae.) Bey der litis
contestation fol. 29. seq. hat Inquisitin das meiste und vornehmste geläugnet,
worauff sie mit denen Zeugen fol. 42. confrontiret worden. (Die confrontation
ist geschehen, ehe die Zeugen examiniret worden. Denn was vorhin in acten
befindlich, war als eine denunciation angenommen: konte auch nicht wohl anders
seyn, weil nomina denunciantium selten dabey befindlich. Sonsten war die
Confrontatio auch super factis alienis geschehen, die Inquisitin nicht wissen
können, als fol. 47. von der gelben Henne, (vid. supra indicium 5.) und da
vorhero Inquisitin fol. 30. & 31. per nescit deponirt, war hier
gesetzet, als wenn sie per negat geantwortet, so auch sonsten geschehen, welches
doch nicht wahrscheinlich war.) Nachdem nun die Zeugen post confrontationem
eydlich abgehret worden, haben Seabini Jenenses fol. 71. ferner erkannt: Daß
Inquisitin mit der defension zu hören: Daferne sie sich aber derselben begeben
solte, sey sie vermittelst der Tortur ziemlicher massen zu befragen.
(Der dritte Actus.)
§. V. Daß Inquisitin sich ihrer defension hätte begeben sollen, war wohl nicht zu
vermuthen; vielmehr konte dieses bey vernünfftigen Leuten grosses Nachdencken
erwecken, warumb der Justitiarius, oder nach der neuen Redens-Art, Gerichts
Director, nicht vor der Versendung der Acten, die Inquisitin mit der Defension
gehört hatte. Nun hatte Defensor Materie genung in Actis gefunden, die zu seiner
Clientin Defension dienen konte, deren er sich auch redlich bediente, und
sonderlich ausführete, daß von denen indiciis, so in Constit. Cri
|| [229]
min. Art. 44. erfordert würden, unter allen
26. indiciis dieses gegenwärtigen casus kein eintziges zu befinden wäre. Es ware
ihm auch nicht zu verdencken; daß er contra JCtos Jenenses ferner protestirte,
wie dann auch als Domini Scabini Lipsienses consuliret worden fol. 138. von
ihnen folgende Sentenz ware gesprochen worden. Daß Inquisitin mit der
zuerkandten scharffen Frage zu verschonen, und wegen der beschuldigten Hexerey
wieder dieselbe noch zur Zeit in Mangelung zur Peinlichkeit genungsamen und
beständigen Verdachts, weiter nichts vorzunehmen, sondern selbige gegen einen
Handschlag, sich auff Erfordern jedesmahl zu stellen, der Hafft zu entledigen;
jedoch ist auf ihr Thun und Lassen genau Acht zu haben, und ergehet, wann
neuerer und mehrerer Verdacht sich wieder selbe herfür thun solte, in der Sache
ferner was recht ist. Es mag auch selbige gestallten Sachen nach zur Erstattung
der auff diesen Proceß gewandten Unkosten, nach vorhergehender liquidation und
richterlicher Ermäßigung wohl angehalten werden. Diese letzte clausul mochte
wohl in dieser raison sich gründen, daß zwar nicht eben gar zu löblich von dem
Justitiario verfahren sey, und dannenhero wohl billich die Inquisitin auch mit
Erstattung der Unkosten zu verschonen wäre: dieweil aber gleichwohl der
Justitiarius die Sententias Dominorum Jenensium für sich hatte; also muste wohl
auch in dessen Ansehen die Inquisitin zu denen Unkosten condemniret werden.
§. VI. Indessen kame dem Justitiario auch die andere Clausul(Der vierte actus.) des
Leipziger Urtheils sehr gelegen, worinnen des neuern und mehreren wieder die
Inquisitin sich ereignenden Verdachts Erwehnung geschahe; indem es ihm nach
seinen Eyffer für das gemeine Beste und seinen von Jugend auff imprimirten Haß
wieder das verteuffelte Hexen-Geschmeiß, niemahls an neuen indiciis (daß ist:
suspicionibus) mangelte, auch weil die Acta noch unterwegens waren, seiner
Meynung nach sich schon welche in einer mercklichen Anzahl gefunden hatten. Denn
(27) hatten zwey Männer, so die Nacht Wache bey der Inquisitin gehabt,
angegeben, daß die Inquisitin gesagt: daß GOtt erbarm, ich werde doch verbrant:
warumb lassen sie mich aber so lange sitzen: laßt doch nur den Scharffrichter
kommen, ich will alles sagen, was ich weiß: Sie machen doch nur ein Ende draus.
Ja die Inquisitin hatte gar diese Reden Gerichtlich gestanden. (28) Drey andre
Männer hatten gesehen, daß vor der Inquisitin Hause bey der Thüre zwey Klumpen
Feuer gelegen, welche etwas blaulich gewesen. Als sie nun nahe hinzugekommen,
hätte es gelegen als eine grosse Otter und Schlange, an Forder-
|| [230]
und Hintertheile gantz feurig, in der mitten aber Kohlschwartz,
worüber ihnen ein Grauen ankommen. Unerachtet ihr nun die drey Männer dieses
alles in die Augen gesagt, war doch die Hexe so verteuffelt gewesen und hatte
gesagt: Sie wüste es nicht. (29) Inquisitin solte zu A. M. Ehrhardtin gesagt
haben: wann sie nur zu H. E. Müllers Weibe hätte gehen dürffen, ehe diese
gestorben: sie hätte sie nur bey dem Ohr anrühren wollen, da hätte sie sollen
wieder gesund werden: dieses wäre der grösseste Punct: wenn dieses nicht
geschehen, wolte sie wohl wieder loß kommen; nach denen andern Zeugen fragte sie
nicht viel. (Siehe oben num. 20.) Diese Reden hatte Inquisitin auch gestanden,
jedoch sich dabey erklähret: sie dächte noch immer, sie hätte es ihr nächst GOtt
wollen aus dem Sinne reden, und ihr helffen, wenn sie nur hätte zu ihr gehen
dürffen. (30) Inquisitin Sohn Conrad solle der Mutter in Gefängnüß zugeschryen
haben: Mutter bekennet ja nichts, wenn ihr auf die Tortur kommet, und sonderlich
nichts auf die Freundschafft, welches Inquisitin abermahls mit nescit
beantwortet, wie auch das (31) daß nemlich der Inquisitin Tochter zu ihren
Bruder solle gesagt haben: Curd, das GOtt erbarm! wenn die Mutter auf die Tortur
kömmt, so ist es aus, und wird alles bekennen: Es wäre besser du giengest bey
Zeite, du bist nicht sicher, es ist besser ausser, als in der Mauer. (32) H. N.
Trütschel saget, vor zwey Jahren sey George Schwartz und Inquisitin, die er
eigentlich gekennet, bey hellen Tage zu ihm gekommen, und hätten ihn mit Gewalt
todt machen wollen; ja er wäre an seinem Leibe so verdorben, daß er weder gehen
noch noch stehen können. Inquisitin hat auch hierauff per Nescit geantwortet;
und stand dabey ad art. 33. Lachet darüber und saget weiter nichts. (So war auch
fol. 152. registriret: daß dieser Zeuge nicht eydlich verhöret worden, weil er
nicht einheimisch gewesen. Und unerachtet die acta noch wohl vier Wochen liegen
blieben, ehe sie verschickt worden, ware doch wegen Abhörung dieses Zeugens
weiter nichts registriret.) (33) Peter Edelman saget, wie er vor zwey Jahren
nebst noch etlichen der Inquisitin Graß gehauen, hätte ihnen dieselbe zwey
Kannen Bier gebracht: Als nun Zeuge trincken wollen, wäre er gewahr worden, daß
die gantze Kanne inwendig voll Fett gewesen, deßhalben es keiner trincken
wollen. Inquisitin negiret, daß sie auff die Wiesen kommen, unerachtet ihr Zeuge
in confrontation solches unter Augen gesagt. (Was sonsten der Inquisitin Alter
und Conduite betraff, so war ex actis zu sehen, daß sie fol. 43 in die 70. Jahr
alt: und hatte ihr Mann fol. 27. ihr das Zeugnüß gegeben, daß
|| [231]
er die Inquifitin in die 49. Jahr zur Ehe gehabt, aber nichts
verdächtiges an ihr gemercket; inzwischen hatte ein von ihr selbst angegebener
defensional Zeuge fol. 88. ausgesagt, daß sie gewohnet gewesen viel Brandewein
zu trincken, und darauff hier und dar herumb zu gehen.) Kurtz von der Sache zu
kommen, der Herr Gerichts Director vermeynte obige neue Indicia dergestalt
beschaffen zu seyn, daß er das Leipziger Urtheil der Inquisitin nicht
publiciret, sondern Inquisitin über die daraus von neuen formirte Artickel
verhöret und confrontiret, auch hernach die Acta hieher verschicket: da dann a
Facultate nostra folgendes Urtheil gesprochen worden: Daß es der von neuen
beygebrachten unzulänglichen indicien unerachtet bey dem fol. 138. befindlichen
Leipziger Urtheil billich verbleibet: dannenhero dasselbe der Inquisitin ohne
fernern Verzug zu publiciren, und es überall seinen Innhalt nach zur execution
zu bringen.
§. VII. Ob aber der Herr Gerichts-Director solches auch gethan,(Allerhand Anmerckungen / sonderlich von der Würckung
einer starcken Einbildung und grossen Schreckens.) und die Inquisitin
dadurch in Sicherheit gesetzet, oder ob nicht nachhero neue indicia wieder sie
vorgesucht worden, kan ich nicht berichten, weil ich davon nichts erfahren. Die
rationes decidendi unsers Urtheils betreffend, waren keine von uns begehret
worden, und überlasse ich dieselbe zu errathen des geneigten Lesers eigenen
Nachdencken, zumahlen selbige aus dem was bißher excerpiret und bey einen und
andern indicio kürtzlich in parenthesi angemercket worden, leicht abzunehmen
sind. Wenn ich bedencke, daß allbereit anno 1621. ein berühmter Tubingischer
Theologus und Professor D. Theodorius Thummius in einer Disputation, de sagarum
impietate, nocendi imbe cilitate, & poenae gravitate, (die nachhero anno
1667. zu Tubingen wieder auffgelegt worden,) die gemeinen errores von
Hexen-Wesen grösten theils (obschon nach dem Zustand damahliger Zeiten nicht
alle) angemercket, kan ich mich nicht genung verwundern, daß die Juristen
insgemein dennoch so hartnäckigt geblieben, und dieselben zu vertheydigen sich
so hertzlich angelegen seyn lassen; massen denn Anno 1689. Herr D. Joh. Henr.
Pott damahliger Regierungs-Advocat einen Tractat de nefando Lamiarum cum Diabolo
coitu zu Jena drucken lassen, und in demselben sich bemühet, in specie Doct.
Thummium zu refutiren. In übrigen bescheide ich mich, daß das bey gegenwärtigen
casu angegebene indicum 20. von der Möllerschen wunderbahren Kranckheit bey
vielen einen Zweiffel erwecken werde; aber so wenig dieser Zweiffel die Herren
Lipsienses zu bewegen fähig war, daß sie nicht hätten
|| [232]
sollen die Inquisitin von der Inquisition loß sprechen; so wenig konte auch
selbtger bey unserer Facultät einen ingress finden, zumahl, ich mich eines
artigen casus erinnerte, den mir ein alter erfahrner Staats-Mann erzehlet, und
der Zweiffels ohne auch bey dem Leser einiges Nachdencken erwecken wird. Er
erzehlte mir; daß als er in seiner Jugend von Reisen wiederkommen und bey einer
Fürstl. Regierung eine Raths-Stelle erlanget hätte, wäre gleichfalls in
Hexen-Sachen der casus vorkommen. Es ware in einen nahe anliegenden Dorffe eine
Frau die ebenmäßig für eine alte Hexe beschryen gewesen, und hätte sich
zugetragen, daß eine andre Frau, die etliche Tage vorher wegen eines Schadens an
Munde war Bettlägerig gewesen, und nur wieder aufgestanden war, aus Curiosität,
da ein paar in der Kirche heimlich und ohne procession (forte propter
antecedentem impraegnationem sponsae) getrauet worden, sich an die Kirche
geschlichen und bey der inneren Thüre derselben gehorchet hatte, was in der
Kirche passiret. Als diese nun vermeynet, sie wäre alleine daselbst, und sich
unversehens umbgewendet, wird sie gewahr, daß diese alte vermeynte Hexe, (die
vielleicht aus ebenmäßiger Curiosität sich dahinbegeben) nahe bey ihr stehet,
und sie befraget, wie es mit dem Schaden an ihrem Munde stehe, auch ihr mit der
Hand anden Mund gefühlet, worauf aber jene dergestalt erschrocken, daß sie
plötzlich hernach ebenfalls einen dergleichen unnatürlichen Durst bekommen, aber
das ihr gereichte Geträncke nicht zu sich nehmen können sondern in wenig Tagen
verstorben. Da hieß es nun ebenfalls, es könne nicht anders seyn, sondern es
müsse die alte Hexe diesen Todt verursacht haben, wie dann ihr auch allbereit
durch Urtheil und Recht die Tortur war zuerkannt worden. Zu ihren Glück
erinnerte sich dieser damahlige Herr Regierungs-Rath, daß er auff seinen Reisen
angemercket, wie dergleichen Zufälle denen, die von tollen Hunden gebissen
würden, zu wiederfahren pflegen, und daß man dannenhero dieselbe zu curiren
anderswo in Gebrauch hätte, die Gebissenen mit Gewalt in das Wasser unter zu
tauchen &c. Er gabe dannenhero an, man möchte doch inquiriren, woher die
Verstorbene den Schaden an Munde ursprünglich bekommen; und da wurde entdeckt,
daß sie mit ihren Hündgen sich geneckt und dasselbige irritiret, daß es sie in
der Boßheit in Mund gebissen hätte, und ob der Hund gleich nicht würcklich
tolle, sondern nur zu einen augenblicklichen Zorn gereitzet wurden, so war doch
vermuthlich daß das nachfolgende Erschrecken der gebissenen Frauen, und die
Einbildung, daß die andre eine Hexe sey, nebst dem Entsetzen, da diese ihr an
den Mund ge
|| [233]
griffen, diese Würckungen, die
sonsten die von tollen Hunden gebissenen empfinden, verursachet habe, massen
dann auch die Inquisitin, als der Defensor diesen Umbstand gebührend
ausgeführet, durch Urtheil und Recht auch ohne Tortur von der Inquisition war
absolviret worden. Und gewiß es würden unsere Herren Medici, die von denen alten
praejudiciis befreyet sind, eine nützliche Arbeit übernehmen, wenn sie etwas
ausführlich die Würckungen einer starcken Einbildung die mit einen geschwinden
und hefftigen Schrecken vergesellschafftet ist, absonderlich aber, was
dergleichen Einbildung und Schrecken über die beschriene und eingebildete Hexen
für ungewöhnliche und übernatürlich scheinende Kranckheiten verursachen könten,
in einen gelehrten Tractat beschrieben.
V. Handel. Ob ein Ministre, der sich nicht in odiöse Sachen mischen wollen /
gestrafft werden könne.
§. I.
DIe Hoff-Dienste haben zweyerley Gestalten: die äusserliche, durch(Zweyerley Gestalten der Hoff-Dienste: eine angenehme
und eine förchterliche.) welche die Leute angelockt werden, nach
denenselben für andern zu trachten; die verborgene aber, die sich denen Leuten
erst zeiget, wenn sie die Dienste angenommen haben. Die erste ist vortreff ich
schön, lieblich, angenehm, verspricht viel Ehre, Reichthumb, auch nach
Gelegenheit, oder (wie die Urtheilsfasser zu reden pflegen) gestalten Sachen
nach, Wollust: sie locket auch ehrliche und tugendhafte Leute an, unter der
Hoffnung, daß sie alsdann dem gemeinen Wesen auf die Beine helffen, viel Gnts
stifften, oder wohl gar viel GOtt zu-Ehren reichende Wercke bfördern wolten.
Dannenhero auch nicht zuverwundern, daß so viel Gelehrte nach denen
Hoff-Diensten streben, weil auch diese gemenget und theils lasterhafft sind,
theils vor tugendhafft wollen angesehen seyn. Die andere Gestalt aber siehet
gantz anders aus, kan aber von mir nicht beschrieben werden, nicht daß ich mich
fürchtete, es möchten die Hoff-Dienste dadurch in Decadenz kommen, und sodann
Fürsten und Herrn keinen Minister mehr in Dienste bekommen können, sonderlich
aber der Professorum entbehren müssen, wenn sie
|| [234]
ihnen
gleich die favorablesten Conditiones anböten. Denn dieses grosse Unglück wird
wohl Könige, Fürsten und Herren, (auch die Reichs-Städte mit eingeschlossen,)
auf dieser Welt nicht treffen, geschweige von mir zu befahren seyn, daß ich
solches verursachen wolte oder könte, am allerwenigsten aber bey andern
Professoribus, als bey welchen meine A utorität ohnedem am allerschlechtesten
ist, sondern ich kan deßwegen selbst nicht davon schreiben, weil ich dergleichen
Dienste nicht erfahren, sondern nur ein klein wenig und gleichsam in transitu
beschauet, und das meiste was ich davon dencke, von Hörensagen oder aus der
lectur habe, und also mich befahren muß, daß wenn ich davon etwas umbständlich
schreiben wolte, die wahren Politici und Staats-Leute mich nicht anders als
einen testem de auditu betrachten würden, der bey denen Gerichten wie bekannt,
denen testibus de visu, wie billig, den Vorzug lassen muß. Jedoch wird mir
vergönnet seyn, von der Gefährlichkeit der Hoff-Dienste nur etwas weniges zu
gedencken, salvo lectoris cujuscunque judicio.
(Ob es verantwortlich sey / wenn ein Hoffmann sich odiöser Dinge entziehet? Species fa
cti.)
§. II. Gleich wie die allzugrosse Sicherheit in allen Ständen schädlich ist; also
ist kein Zweiffel, daß selbige bey Hoff-Diensten gemeiniglich das gröste
Unglücke zu verursachen pflege. Aber das ist doch was nach denckliches, daß die
auch sonst in andern Ständen nöthige und nützliche Cautelen und Klugheits-Regeln
sich bey Hoff-Diensten nicht allemahl wollen practiciren lassen, sondern öffters
gantz wiedrige Würckungen thun. Zum Exempel was ist vernünfftiger, als, daß man
sich nicht in odiöse Dinge mische, und dazu Rath gebe, oder Beytrag thue,
damit nicht hernach, wenn die Sache übel ablaufft, man deßhalb Red und Antwort
geben, auch nach Gelegenheit das gröste Elend drüber ausstehen müsse, zumahl da
dieses letzte durch tägliche auch bey Hoff Diensten vorkommende Exempel
bestärcket wird. Nichts destoweniger ist itztgemeldte Cautel zu Hoffe nicht
allemahl sicher zu gebrauchen, wie die beykommende species facti besaget, welche
Anno 1696. in Februario ein gewisser Christian Leidedich, Jur. Cult. von
Gedultsburg an unsere Facultät gesendet, und deßhalb rechtliche information
begehret.
Es ist in einem vornehmen Reichs-Gräflichen Hause, in welchem die hohe Membra und
Interessenten die Landes Regierung und Consistorium, auch gesambte Ritter und
Landschafft miteinander in Gemeinschafft haben, vor wenig Jahren ein Streit;
hauptsächlich wegen der Mitlandes-Herrschafft, die ein Theil in des andern
Landes portion praetendiret, sowohl sonst verschiedener anderer Puncten halber
entstanden, und deßwegen an Kayserlichen Hoffe hinc inde Beschwerde ge
|| [235]
führet worden; wobey ferner dieses zu
erinnern, daß einem Hoff Rath bey obgedachter Gemeinschafftlichen Regierung von
dem einen Theil dieser litigirenden Personen unterschiedlich Schuld gegeben
worden, als ob er diesen Streit unterhielte, und den Vergleich, wenn er nur
wolte, zuwege bringen könte, welcher jedoch dieser assertion jederzeit
wiedersprochen, und wie alles in derer hohen Herrschafften Willen und Gefallen
lediglich beruhete, dieselben auch ohne Zuziehung seiner sich jederzeit
vergleichen könten, repraesentiret, wie er dann nicht weniger gegen hochgedachte
Herren Graffen dieses, und wie sie hierinnen vor sich verfahren, noch sein, des
Hoff-Raths consilium hierinnen praecise zu erfordern, oder sich daran zu binden,
gehalten, öffters mündlich unterthänig erwehnet, sowohl daß, wann er zu
dergleichen Handlung nicht gezogen, sondern das Werck von ihnen alleine, oder
durch andere tractiret würde, er sich glück seelig achten wolte, deutlich und
ausdrücklich sich vernehmen lassen, nicht weniger ferner, als ein neuer Cantzler
bey selbiger Regierung angenommen und installiret worden, der dieser Sache sich
so fort anfangs unterzogen, gegen denselben, als er mit Zuziehung seiner das
Werck zu tractiren vorgeben, ein gleichmäßiges und daß der Vergleich eher und
besser von statten gehen würde / wann er der Hoff Rath darvon bliebe, expresse
declariret hat. Worauf auch erfolget, daß der neue Cantzler gleich den Tag nach
seiner installation die Sache vorgenommen, und solche bey persönlicher
Anwesenheit derer hohen Interessenten zum Vergleich bracht, darzu doch weder
ermeldter Hoff Rath noch dessen Collega im geringsten nicht gezogen, und mit
ihnen neque super quaestione an? aut quomodo? einige Communication gepflogen, ja
nicht einmahl das Concept des Recessus vor dessen Vollziehung ihnen denen beyden
Hoff-Räthen samt oder sonders saltem ad notitiam zu lesen, gegeben worden. Als
auch noch weiter bey Schliessung solchen Haupt-Vergleichs einige puncta
ausgesetzet blieben, und der älteste Herr wenig Tage hernach an besagten
Hoff-Rath schrifftlich begehren lassen, sowohl die bißherigen in der Sache
ergangenen Acten ihm zu übersenden, als auch, da er hierbey ein und anderes
rathsam zu bedencken hätte, an Ihro Hoch-Gräfl. Gn. es zu communiciren, hat in
einem an dieselbe erlassenen gehorsamsten Antwort-Schreiben laut copeylichen
Extracts sub dieses letztere mit Anführung allerhand Umstände und motiven er
depreciret, und die Sache durch den Herrn Cantzlar ferner alleine tractiren zu
lassen, unterthänigst angesuchet. Worauf auch an ermeldten Hoff Rath weiters
nichts begehret, sondern der andere Vergleich und Recess mit Ausschliessung oder
Ubergehung seiner und seines übrigen Mit-Collegae ebenfalls, wie der erste
errichtet und expediret worden. Von welcher Zeit an ermeldter Rath (umb nirgends
ombrage zu geben) wissentlich und wohlbedächtig sich dieser Sachen mit Fleiß
entzogen, noch die geringste Kundschafft weiters darauf geleget, wie er dann den
letztern Recess biß diese
|| [236]
Stunde noch nicht gesehen,
und den ersten bereits etliche Wochen nach dessen Aufrichtung zufällig in
Abschrifft zu lesen überkommen. Es hat sich aber ferner begeben, daß als bey
jüngsten Land-Tage die gesamte Landschafft angezogener beyder Recesse halber,
als ob dadurch forma Reip. immutiret, und ihre Jura gekräncket worden,
schrifftlich queruliret, auch ein gewisses petitum formiret, occasione dessen in
der Raths- oder Regierungs Stube bey hierüber haltender consultation eine
quaestion und harer disputat moviret worden, wo und von wem die Landschafft
von gedachten Recessen Nachricht und Abschrifft erlanget? und als ob derjenige,
der solche derselben oder einem membro ihres Mittels communiciret, höchst
straffbar gehandelt, souteniret, sowohl allerhand suspiciones gemacht werden
wollen, auch ermeldter Hoff-Rath, als er zu seiner exculpation und Rettung
seiner Unschuld declariret, wie er den letztern Recess noch nicht einmahl mit
Augen gesehen, weniger dessen contenta wisse, Hochgedachter ältister Herr den
Hoff-Rath deswegen gar ungütig angelassen, und wie dieses, daß er nehmlich
solche Recesse nicht lese, wieder seine Pflicht lieffe, ihm beymessen wollen,
welches der Hoff Rath sich sehr schmertzlich zu Gemüthe ziehet, und nicht nur
hochgedachten Hn. Graffen durch den Herrn Cantzlar, wie ihm hierunter zu viel
geschehen, repraesentiren laße, sondern auch gegentheils die Herren, die jenes
mit angehöret, dergleichen selbst gethan, auch zu Salvirung seiner Ehre und
Pflicht und Beruhigung seines Gewissens sich hierüber informiren zu lassen, vor
gut befunden. Ob nehmlich dem Hoff Rath darumb, daß er die zwischen denen Hoch
Gräfflichen vormahls dissentirenden Persohnen
aufgerichtete Vergleiche und Recesse nicht gelesen, noch
selbige zu erlangen begehret, eine straffbahre culpa und
negligentia mit Bestand beyzumessen, oder er
hierunter wieder seine Pflicht gehandelt habe? Er seines Orts hoffet, es werde
keine andere als negativa decisio statt finden Denn 1) ist kein Herr gezwungen,
mit allen seinen Räthen zugleich die vorfallenden Sachen zu überlegen und zu
communiciren, sondern es stehet ihm allerdings frey, zu gewissen Dingen auch nur
einen und den andern zu ziehen, und mit diesen solche abzuhandeln, die übrigen
Räthe hergegen von der communication auszuschliessen, welchenfalls diese so dann
2) kein jus contradicendi oder eine obligation haben, entweder sich zu solchen
negotiis gleichsam zu dringen, oder, worinnen solche bestehen, und was darbey
vorgegangen, curieus zu seyn, und darauf Kundschafft zu legen, sondern können
und sollen vielmehr zu Vermeidung aller Neugierigkeit, Vorwitz und Vermessenheit
sich derselben so lange entschlagen, biß sie de novo darzu gezogen, oder davon
Wissenschafft zu erlangen, durch den Herrn selbst veranlasset werden, als der
sie durch Ausschliessung von der Communication gleichsam ihrer Pflicht, so viel
diese Sache betrifft, erlassen, und sich darum ferner zu bekümmern tacite sive
ex ipso facto verbothen. Da nun ad speciem zu
|| [237]
gehen
3) in gegenwärtigen casu die Herrschafft zu den quaestionirten Vergleich den
Hoff-Rath, und zwar nach dessen vorgehenden Wunsch und Verlangen nicht gezogen,
sondern ihn gäntzlich praeteriret, darneben derselbe, 4) als sein Bedencken der
übrigen streitigen Puncte halber erfordert worden, solches zu ertheilen aus
erheblichen Ursachen depreciret, und daß die Dinge durch den Herrn Cantzlar, der
die Haupt-Sache verglichen, auch vollends abgethan werden möchten, gebethen, wie
die Beylage sub weiset, so wohl, 5) daß er den ersten Vergleich noch nicht
gesehen, darbey aus drücklich gemeldet, die Herrschafft aber 6) hierbey
acquiesciret, und sein Bedencken weiters im geringsten nicht urgiret, ingleichen
weder den ersten, noch andern Vergleich ihm in particulari communiciren, oder
hiervon Anzeige thun lassen; so ist er hierdurch allerdings tacita voluntate
dominorum suorum umb diese Sachen und Vergleiche sich weiters zu bekümmern, oder
deren sich weiters anzunehmen nicht undeutlich liberiret und absolviret worden,
und kan 7) nicht hindern, wenn gesaget werden wolte, es concerniren solche
statum publicum & formam Regiminis: denn wenn gleich dieses
ungestandenen Falls sich also verhalten solte, so würde dennoch solches den Hoff
Rath nicht verbinden können, dißfalls curieus zu seyn, und vor sich proprio motu
hierauf Kundschafft zu legen, ehe und bevor die gnädige Herren ihm, oder
vielmehr dem gesamten Regierungs-Collegio hiervon Anzeige thun, und berührter
pactorum observanz pro lege intimiren lassen. Gestalt daß Hochgedachte
Herrschafft, wo gesagte Recesse formam Reip. ac status publ. concerniret,
dergleichen nimmermehr unterlassen, sondern vielmehr allerdings gethan haben
würden, durchaus zu vermuthen. Da aber dieses letztere unterblieben, so hat der
Hoff-Rath umb so viel weniger im geringsten praesumiren können, daß deficiente
expressa voluntate sie ihm tacite aut signo aliquo vel conjectura gedachter
Vergleiche sich propria sponte sich zu erkundigen, und deren Wissenschafft sich
zu acquiriren auf einigerley Weise verbunden hätten, oder verbinden wollen.
Weßwegen bey solcher Bewandnüß dem Hoff-Rath, als ob er ignorantiam rei, quam
scire tenetur, affectiret, und darmit wieder seine Pflicht gehandelt habe, mit
Bestande nicht zu imputiren. Worzu ferner 8) kömmet, daß ermeldter Hoff-Rath
auch nachgehends in vielen andern Dingen mehr von der consultation excludiret,
so wohl sonst zuweiln sein votum nicht allzugütig aufgenommen worden, daß er
daher sich mehr zu entziehen, als zu ingeriren Ursache gehabt.
§. III. Nachdem auch in vorhergehender specie facti etliche mahl(Beylage jub ) der
Quaerente sich auf einen beygelegten Extract sub eines an Ihre
Hochgräffliche Gnaden von dem Hoff-Rath abgelassenen Schreibens sich bezogen;
durch welchen Extract die species facti einiger massen erläutert wird, als will
nöthig seyn, daß auch derselbe beygefüget werde.
|| [238]
Es hat auf E. Hoch-Gräfl. Gnaden Befehl mit Vermeldung ihres Grußes (wovor ich
unierthänigen Danck hiermit erstatte) dero bestallter Amtmann mir mit jetziger
Post zugesch rieben, daß ich was von denen Actis in Sachen N. N. zu den
verhoffentlichen Vertrag möchte dienlich seyn, jetzo übersenden, auch da ich
hierbey ein und anderes rathsamb zu bedencken hätte, es communiciren solte.
Worbey etc. Was nun angezeigte Acta belanget, sind diejenigen 2. Volumina etc.
Hiernechst und ob wohl meiner unterthänigen Schuldigkeit ist, auf Gnädigen
Befehl mein pflichtmäßiges Bedencken, worüber es nur verlanget wird,
gehorsamlich zu eröffnen: So wird mir doch jetzo solches darum nicht wohl
müglich fallen, da eines theils diejenigen Puncta, über welche mein Bedencken
abzufassen, mir in specie nicht angezeiget worden: andern theils auch ich keine
eigentliche Nachricht habe, wie weit es zwischen denen Hochgräfl. Häusern N. und
N. an einen, NN. am andern Theil, mit dem Vergleich bereits kommen, gestalt mir
ein mehrers nicht bewust, als daß der Herr Cantzlar, wie die Hauptsache
verglichen, und ein Recess (welchen ich aber biß dato weder gesehen noch
gelesen) darüber abgefaßet worden, in genere mir vermeldet hat. Da dann E.
Hochgräfl. Gnaden zu diesen Vergleich ich zuförderst unterthänig gratulire, und
daß hiermit alle und jede Irrungen und Mißverständnisse auf ewig abgethan seyn
und bleiben, sothaner Vergleich auch zu Beförderung GOttes Ehre, dieses
Hochgräfl. Hauses beständigen hohen Aufnehmens und des gantzen Landes
gedeylichen Wohlfahrt gereichen möge, von Hertzen wünsche. Ist solcher nun
disseitigen bißherigen rechtmäßigen Postulatis oder vielmehr denen Pactis
Majorum, und der fast 50jährigen Observanz gemäß, so wird die Posterität sehen,
daß mein Collega und ich uns als ehrliche Leute erwiesen, da wir nach Anleitung
unserer Pflicht, den statum praesentem zu conserviren, noch solchen durchlöchern
zu lassen, geflissen gewesen, auch also nichts unrechts gerathen noch verfochten
Hätten aber E. Hochgr. Gnaden von dero Rechten was gutwillig cediret, so wird
die Nachwelt erkennen, daß sie sämbtliche als regierende Herren ihre
unumschränckte Macht, mit ihren hohen Juribus nach Gutbefinden zu disponiren,
dißfalls exerciret. Solten sonst einige Puncta / wie mir doch nicht wissend, aus
gesetzet, und annoch beyzulegen seyn, so werden doch E. Hoch gräfl. Gnaden von
selbst hocherleuchtet ermessen, daß weiln durch den Herrn Cantzlar, der die
Hauptsache verglichen, diese Neben Sache ebenfalls zu tractiren, es hierbey
meines Bedenckens um so viel weniger bedürffen werde, ja vielmehr und da N N.
zumahlen es erführe, die tractaten sich desto schwehrer anlassen, auch sonst mir
allerhand Ungelegenheiten zuwachsen könten. Ich halte mir ohne diß vor ein
besonderes Glück und göttliche Schickung, daß ich zu diesem Vergleich nicht
gezogen, sondern derselbe ohne alles mein Einrathen geschlossen worden, möchte
auch dahero des Höchsten Rath und Providenz bey denen andern Puncten ebener
massen in
|| [239]
silentio & spe gerne vollends
abwarten, noch, als ich selbige zu hindern suchete, mit Ertheilung meines
Gutachtens angesehen werden, zumahln ich bey allen diesen Dingen uninteressiret,
und weder meine eigene Ehre, noch Nutzen jemahls gesuchet, wünsche aber hierbey
auch von Hertzen, Gott wolle alles vollends gut, auch einen vollkommenen
heylsamen und beständigen Frieden bescheren und verleihen. So viel hiernechst
etc.
§. IV. Auf diese Vorstellung nun hat unsere Facultät kein(Unser Responsum.)
Bedencken gehabt, auf folgende Weise pro Domino Quaerente ihr Responsum zu
ertheilen.
P. P. Als derselbe uns eine facti speciem samt Beylage sub und einer Frage
zugeschcket etc. Ist in einem vornehmen Reichs-Gräflichen Hause, in welchem die
hohen Membra nnd Interessenten die Landes-Regierung und Consistorium auch
gesammte Ritter- und Landschafft mit einander gemein haben, vor wenig Jahren ein
Streit hauptsachlich wegen der Mit-Landes-Herrschafft, nechst dem aber auch
wegen unterschiedlicher anderer Puncten entstanden, deßwegen am Käyserlichen
Hoffe hinc inde Beschwerde geführet worden, und es ist ein Hoffrath bey
obgedachter gemeinschafftlichen Regierung von dem einem Theile, daß er diesen
Streit unterhielte / unterschiedlich beschuldiget worden, deme er aber jederzeit
wiedersprochen, und daß er sich glückseelig schätzen wolte, wann das Werck ohne
sein Zuthun tractiret würde, sich zum öfftern ausdrücklich vernehmen lassen: Hat
besagter Hoffrath, als ein neuer Cantzler installiret worden, und sich der Sache
unterzogen anch mit Zuziehung seiner das Werck tractiren wollen, ein
gleichmäßiges, und daß der Vergleich ohne ihn besser von statten gehen würde,
sich erklähret, worauf auch der neue Cantzler sobald nach seiner installation
die Sache vorgenommen und zum Vergleich bracht, jedoch hierzu weder ermeldten
Hoffrath noch dessen Collegen gezogen, gestalt ihnen auch nicht einsten vor der
Vollziehung das Concept das Recessus zu lesen gegeben worden. Seynd ferner bey
Schliessung solchen Haupt-Vergleichs einige Puncte ausgesetzet blieben, und als
wenige Tage hernach der älteste Herr an besagten Hoffrath, daß er die bißherigen
in der Sache ergangenen Acta ihme überfenden, auch da er hiebey ein und anders
rathsam zu bedencken hätte, solches communiciren möchte, schrifftlich begehren
lassen, hat derselbe in einem gehorsamsten Antwvrt Schreiben sich entschuldiget,
und die Sache durch den Cantzler ferner alleine tractiren zu lassen, angesuchet,
worauf auch an den Hoffarth nichts weiters begehret, sondern der andere
Vergleich ebenfalls wie der erste mit Ausschliessung seiner und seines übrigen
Mit-Collegae errichtet worden; Hat endlich die gesambte Landschafft bey jüngstem
Landtage, daß durch die beyden Recesse die forma Republ. geändert und ihre jura
gekräncket würden, schrifftliche Klage gesühret, und als in der Raths-Stube über
der Frage? Wo und von wem die Land
|| [240]
schafft
Nachricht und Abschrifft von sothanen Recessen erlanget? disputat erreget, auch
allerhand Verdacht gemacht werden wollen, erme dier Hoffrath aber zu Rettung
seiner Unschuld, daß er den letztern Recess nicht einmahl gesehen, wemger dessen
contenta wisse sich erklähret, hat ihn der älteste Herr deßwegen gar ungütig
angelassen, und daß dieses wieder seine Pflicht sey, ihm beymessen wollen,
welches der Hoffrath sich sehr zu Gemüthe ziehet, und dahero berichtet seyn
will:
Ob demselben darumb / daß er die zwischen denen Hochgräflichen Personen aufgerichtete Vergleiche und Recesse nicht gelesen / noch selbige zu erlangen begehret / einige straffbahre Culpa, und daß er wieder seine Pflicht gehandelt habe, beygemessen werden könne? Ob nun wohl angeführet werden möchte, daß der Hoffarth, so offt es die Noth oder auch der Nutz des gemeinen Wesens oder seines Herren erfordert, seinen Rath und Gutbefinden auch unerfordert beyzutragen, und die Beförderung seines Principalen interesse sich angelegen seyn zu lassen, schuldig gewesen, inmassen dann die bey Antretung seines Ambts ihme ausgeantwortete Bestallung und dessen abgelegte Pflicht, als wodurch er sich, seines Herrn Bestes zu befördern, Schaden aber zu wenden, anheischich machet, ihn hierzu von selbsten verbindet,
Fritsch. in Execit. Jur. publ. XII. §. 9, p. m. 517. seq. Besold. in consil. polit. c. 10. n. 29. bey welcher Bewandniß er den vorgehabten tractaten sich nicht entziehen, sondern wie solche zu des Landes Besten am füglichsten errichtet werden möchten, auch seines Orts vigiliren und seinen Collegis hierunter an die Hand gehen sollen, und zwar um so vielmehr, da er insonderheit so wohl von dem einen Theil der Herrschafft als auch dem Cantzler hierzu begehret worden, er auch nicht abredig ist, daß solche Handlungen formam Reipubl. ac statum publicum concerniret; Dieweiln aber dennoch die oberwehnte Obligation, da ein Minister vermöge seiner Pflicht auch unerfordert seinem Herrn in vorfallenden negotiis zu rathen verbunden, von denen Doctoribus dahin limitiret wird: Modo id rei, loci, temporis, aliarumque circumstantiarum conditio ferat: Alioquin enim facile curiositatis aut arrogantiae suspicionem incurreret Consiliarius
Hippol. a. Collib. de consil. p. 209. Gerhard. dec. 4. quaest. pol. 4. Besold. d. l. n. 48. & nisi irrequisita ejusmodi dicendi libertas vel audaciae vel immodestiae vitium ipsi inurat.
Jun. quaest. polit. 24. Haenon. disp. pol. 4. th. 34. lit. C. & th. 37. und dann in gegenwärtigem Falle der Hoffarth, da ihme von dem einem Theile,
|| [241]
daß er den zwischen denen Gräflichen Herren
Interessenten entstandenen Streit unterhielte, ausdrücklich beygemessen worden,
er zu Verhütung ferneren Verdachts, und damit ihm nicht, daß er bey dem
Vergleiche ein und anders dem argwohnenden Theile zu Schaden unternommen und
eingerichtet, Schuld gegeben werden möge, der Sache sich zu entziehen sattsame
Ursache gehabt, zumahl solche auch ohne sein Zuthun und zwar weit eher
fortgesetzet und zu Ende gebracht werden können, hiernechst der Hoffarth nicht
eigenmächtiger Weise die Sache von sich geweltzet, sondern so wohl bey der
Herrschafft selbst schrifftlich, als auch bey dem Cantzler mündlich, daß er
damit verschonet werden möge, Ansuchung gethan, und gnugsame Ursache deßhalber
angezogen, solche auch vor hinlänglich angenommen, und die Handlung mit
Ausschliessung seiner und seines übrigen Collegen vor die Hand genommen und ein
gewisser Schluß darinnen gemachet worden, wodurch ipso facto der Hoffrath seiner
Pflicht in so weit erlassen, mithin aber, da er zu den Tractaten selbst ferner
nicht gezogen worden, er umb die darüber auffgerichtete Recesse ohne
vorhergehende Communication derselben sich zu bekümmern, und deren Inhalt mühsam
zu erforschen nicht nöthig gehabt: So mag auch dahero dem Hoffrathe darum, daß
er die zwischen denen Hochgräflichen vormahls dissentirenden Personen
aufgerichtete Vergleiche und Recesse nicht gelesen, noch selbige begehret, eine
straffbahre culpa und negligentia mit Bestand nicht beygemessen noch daß er
wieder seine Pflicht gehandelt habe, gesaget werden V. R. W.
§. V. Im übrigen wird so wohl die species facti als auch unser(Erliche Einschränckungen der obigen Frage.)
Responsum zeigen; Daß wenn in . 2. gemeldet worden, daß ein Minister nach
denen Regeln der Klugheit sich nicht in odiöse Dinge mischen solle, dieses nicht
also zu verstehen sey, daß er alle gefährliche und odiöse Dinge von sich weg,
und seinen Collegen auf den Halß weltzen solle, sondern nur daß hierzu gewisse
Umbstände erfordert werden, wenn er für wahrhafftig klug, und daß er nicht
wieder seine Pflicht handele, gehalten seyn will. Und also gehöret die bekannte
Fabelnicht hieher von den Affen, der die arme Katze mit Gewalt forcirete, daß
sie mit ihren Pfoten die in der glüenden Asche liegenden gebratenen Castanien
heraus langen mußte, damit er solche fressen konte, obschon die arme Katze
deßhalb ceter und mordio miauete. Wiewohl eine andere Frage ist, ob ein
Hoff-Mann, wo nicht zu loben, doch genugsam zu entschuldigen sey, wenn er
odieuse Sachen denenjenigen zu expediren giebet, oder überlässet, die sich
freywillig dazu gebrauchen lassen, oder (wie die tägliche Erfahrung durch alle
Saecula bezeiget) wohl gar darzu drängen? Welche Frage aber zu beantworten ohne
dem zu gegenwärtigen Handel nicht gehöret, indem wir nicht darumb befraget
worden,
|| [242]
auch nicht genungsam berichtet waren, wie es
eigentlich mit dem Herrn Cantzler beschaffen gewesen, deme der Herr Hoffrath die
Vollziehung und den Aufsatz des gütlichen Vergleichs zwischen denen Herrn
Grasfen überlassen hatte.
§. I.
(Verbindung dieses Handels mit dem vorigen und folgenden.)
OBwohl der vorige Handel die Gefährlichkeit der Hoff-Bedienungen in etwas
erläutert; so muß man doch nicht meynen, daß die Bedienungen in denen Städten
oder auf dem Lande Honig sind, sondern auch hier herrschet allerhand Haß und
Neid; und ob man gleich daselbst nicht so gar grosser Vorsichtigkeit benöthigt
ist, als bey Höffen, so hat man doch auch nicht Ursache sicher zu seyn, massen
auch auff Dörffern und in Städten der listigen Feinde sich bemühen ihre Wiedrige
unter dem Schein des Rechten, der Beförderung des gemeinenen Bestens, oder wohl
gar GOttes Ehre, ohne vorher dieselben genungsam zu hören, um Ehre, Gut, Leib
und Leben zu bringen, auch wohl denen Collegiis juridicis zu zumuthen, daß
selbige ihnen in ihren unrechtmäßigen und handgereiflichen Begehren assistenz
leisten sollen. Ich bin gesonnen hiervon etliche merckwürdige Exempel zu geben,
und dieselben umb besserer Ordnung willen in gewisse Classen zu vertheilen.
Gegenwärtiger Handel wird etliche Fälle vorstellen, wie in Städten die Beamten
und Collegen einander unter dem Schein des Rechten zu verfolgen pflegen.
(Ob unter Fürstlichen Regiment / oder in Reichs-Städten
mehrere Freyheit sey?)
§. II. Gleichwie aber unter denen Städten die Reichs-Städte billich den Vorzug
haben; Also wird folgender casus bezeugen, wie auch in denen Reichs-Städten
nicht alles Gold ist was da gleisset, und daß zwar die Regiments-Art, die
daselbst in Schwange ist, dem äusserlichen Ansehen nach viel Menschen beredet,
als ob die Bürger daselbst in grösserer Freyheit als unter Monarchischer
Regierung lebten; auch unterschiedliche so einfältig sind, daß sie nicht viel
Geld nähmen, und den titul eines freyen Reichs-Bürgers mit der Unterthänigkeit
eines Bürgers unter einen Fürsten verwechselten; Aber daß unpartheyische
|| [243]
und kluge Leute gar leicht begreiffen; daß in allen
Regiments-Formen gutes und böses unter einander gemischt sey, und daß dannenhero
ein jeder ambesten thue, wann er an den Orte, da er einmahl ist, verbleibe, und
sich nach selbigen accommedire; indessen aber doch die so genannte freye Reichs
Bürgerschafft zuweilen so beschaffen sey; daß Bürger, so unter einer noch so
strengen Monarchie leben, es sey nun, was die Einschränckungen der natürliche̅ Freyheit, oder die Menge und Grösse der Gaben betrifft, nicht
die geringste Ursache haben, den Zustand freyer Reichs-Bürger zu beneiden. Eben
so ist es auch mit denen die im Regiment sind, beschaffen; Gibt es an
Königlichen und Fürstlichen Höffen hin und wieder vielen Haß und Feindschafft,
auch factiones unter denen Hoff Ministern; so giebt es nicht weniger factiones
unter denen Raths-Personen in Reichs-Städten; Bemühet man sich an Höffen seinen
Wiederwärtigen unter dem Schein des Rechten mit Gewalt zu drucken; so sind
dergleichen Exempel in denen Reichs-Städten auch nicht rar.
§. III. Es wird bey diesem Eingange keines weges mehrer(Der erste cásus nebst der specie
facti und Haupt-Frage.) Worte bedürffen, indem die
beykommende species facti hiervon ein klärliches Exempel geben wird. Diese wurde
Anno 1696. in Martio an unsre Facultaet geschickt, auch dabey die Reichs-Stadt
selbst in dem Beyschreiben mit Nahmen genennet, die ich aber billig aus
bewegenden Ursachen, allhier zu nennen, unterlasse.
Bey einer nahmhafften Evangelischen Reichs-Stadt befindet sich eine gewisse
Person, welche bereits in Anno 1680, und also in seinen gantz jungen Jahren,
wegen erwiesener feiner capacitaet, in den Rath erwehlet, und nach der Hand
immer von einem Amt zu den andern avanciret worden, indem sie Anno 1681. gleich
wieder zwey neue, Anno 1684. vier andere, Anno 1688. aber das, selbigen Orts
wichtige Pfleg oder Ober-Vormünder-Amt erlanget, Anno 1690. ferner zu zweyen,
Anno 1692. noch zu zweyen, und endlich eben in selbigen Jahr abermahl zu einen
höhern Amt gekommen, ohne was man ihm öffters für Nebencommisiones aufgetragen
hat, so, daß man nicht gewust, wie man ihn, nach solcher Stadt ihren habenden
Käyserlichen Regiments Ordnungen, und darauff fundirten Gewohnheiten, nur besser
hätte bedencken können oder sollen, darneben ist er von seinen Eltern reichlich
ausgestattet worden, und hatte etliche 1000. Rsthlr. mit seiner Frauen
erheyrathet, also, daß ihm in allen Stücken hätte wohl seyn können, wann er sich
seines Glücks nur selbsten zu gebrauchen gewust hätte; Er hat aber bald anfangs
eine grosse ambition von sich verspühren lassen, die ihme anvertrauete Aemter
vor seine qualitäten viel zu gering geachtet, dieselbige end
|| [244]
lich in Anno 1691. nicht ohne sonderbahres Nachdencken, auf
einige Monath gar verlassen, und eine kostbare Reise an einen Catholischen
Churfürstl. Hoffe zu N. vorgenommen; Wiewohl er nun vorhero schon angefangen
gehabt, eines gesamten Wohllöbl. Magistrats, und also seines eigenen
Raths-Collegii, Actiones gantz ohne Scheu, beydes inn- und ausserhalb des Raths,
fast gegen jedermänniglich, und öffentlich zu syndiciren und durchzuziehen, man
auch wohl vermuthen können, daß er dergleichen an vorbemeldten hohen Hoffe
ebenfalls nicht unterlassen würde, so hat man ihn doch an der Reise selbsten
nicht hindern mögen, sondern ihm die Grgl. Erlaubniß dazu gegeben; Es hat sich
aber aus dem bald nach seiner Wiederkunfft erfolgten Churfl. Recommendation
Schreiben ergeben, daß Ihrer Churfl. Durchl. er viel unerfindliches, und der
gemeinen Stadt ziemlich nachtheiliges Dinges wieder seine vorgesetzte Obrigkeit
beygebracht haben müsse, man hat ihn hierauf auch deßwegen zu Rede gestellt,
jedoch endlich, ohngeachtet seiner schlechten Verantwortung, das beste bey sich
bestehen, und ihm im Majo 1692. allein finaliter schrifftlich intimiren lassen,
daß man sich versehen wolte, er werde künfftig bey grossen Herren seiner
Obrigkeit schonen, derselben nicht etwa einigen Unglimpf zuziehen, und sich im
übrigen dergestalt comportiren, daß man des vergangenen desto leichter
vergessen, u. mit ihme zufrieden seyn könne; er hat auch darwieder weiter nichts
repliciret, von seinem vorigen Comportement aber so wenig nachgelassen, daß er
vielmehr täglich darinnen zugenommen, und noch viele andere impertinente Dinge
verübet, so, daß man ihn endlich, wegen einer besondern extravagance, gar mit
einer Geld-Busse belegen, und die übrige dagegen, in Hoffnung künfftiger
Besserung, connivendo hingehenlassen. Allein er ist hierauf fast täglich noch
unruhiger und hochmüthiger worden, und hat im Septembri darauf eine andre Reise
an den Käyserl. Hoff, ohne Wissen und Willen seiner Herren und Obern,
angetreten, und erst unterwegens, mit Einschickung einer Intercession von einem
vornehmen Grafen und hohen Ministro an dem obgemeldten Hofe, Erlaubniß dazu
ausgebeten, so man ihm wieder nicht abgeschlagen, jedoch mit dem Anhang, daß er
künfftig dergleichen, mit seinen Aemtern incompatible Reisen einstellen möchte.
Von solcher Reise nun, und was er dadurch vor sich und gegen seine vermeynte
Wiedersacher zu wegen bringen und ausrichten werde, auch würcklich ausgerichtet
habe, ist vor, unter, und nach derselben von ihm und andern Leuten viel Wesens
uud Großfprechens gemacht worden, zum wenigsten muß er viel tentirt und gehofft
haben, weil er nach seiner Wiederkunfft, als man ihn deßwegen obrigkeitlich
constituiren lassen, und seine negotiation wissen wollen, die Antwort dahin
ertheilet, daß sich ein Wohllöbl. Magistrat verhoffentlich nicht capable
erachten werde, ihme in Sachen zu befehlen, die in Ihrer Kayserl. Maj.
dispositiones einlieffen, und gebührte ihme nicht, das geringste darein zu
reden, das täglich erwartende allergnädigste Käyserl. Rescript würde
|| [245]
alles geben. Dieweil er nun nach der Hand, solche und
mehr andre bedenckliche Reden, seiner damahls gehabten Bestürtzung und Fervor zu
zuschreiben, gebeten, und contestirt, daß sein negotium und dabey gemachte
connoissance dem Publico und denen übrigen Wohl-Adelichen Familien zur
consolation und Besten gereichen würde, auch einige, wiewohl schlechte
Explication seines ruden formalis gegeben, und das Kayserliche Rescript zumal
nichts wiedriges in sich gehalten, sondern in einer allergnädigsten
Recommendation seiner Person bestanden, so ist endlich im Januario 1693. wieder
ein, von ihm selbst also genannter, Stillstand der Waffen mit ihme gemacht
worden, sonderlich, nachdem er sich zugleich erkläret, daß, wie er seiner
vermeynten Hoffnung nach, biß dahin nicht Ursach zur Beschwerung wieder ihn
gegeben, also er auch in das künfftige keinen Anlaß dazu geben werde. Es ist
aber freylich nur ein Armistitium gewesen, dann, nachdem er durch solche zwey
Reisen von seinen und seiner Frauen Mitteln, bereits vorhero starck angefangner
massen, wieder ein grosses verzehrt, und nichts desto weniger seinen Staat nach
dazu, mit Anschaffung neuer kostbahren Gutschen und Pferde, schöner Livrèe vor
seine Bedienten, und vielen andern, in bemelter Stadt ungewöhnlichen
consumtionen, zu seinem gäntzlichen und offenbahren Ruin vergrössert, dagegen,
wegen der von GOtt bey Leben erhaltener höherer Regiments-Personen, darwieder
nicht weiter avanciret werden können, er auch, die Weißheit ihme dergestallt
vollends gewachsen zu seyn geglaubet, daß er die Stadt allein, wie sichs
gebührt, zu regieren capable, und andre Herren dißfalls gegen ihme vor nichts zu
rechnen seyn, so hat er seiner so weit vergessen, daß er im Novembri vorigen
Jahrs gantz extraordinarie, und also ausser dem in dem Augusto vorher
eingefallenen gewöhnlichen Wahl-Tag, von denen vorsitzenden Herren begehrt, sie
sollten ihm zu dem etwas mehrers eintragenden Steuer-Amt verhelffen, oder er
müßte wieder an ihre Kayserliche Majestät gehen, und sich eine allergnadigste
Consolation ausbitten, oder vielmehr das bereits in Handen habende
allergüthigste offertum acceptiren; obwohln man ihm nun remonstrirt, daß bey dem
Amt keine Stelle vacant seye, und er die dabey sitzende drey Herren selber mit
erwehlen und confirmiren helffen, auch man ihm also, denen bekannten
Kayserlichen Rechts-Ordnungen und Gewohnheiten nach, ohnmöglich so blosser Dings
willfahren könne, sondern allenfalls, wann man ja eine Person nöthig hätte, eine
freye ungebundene Wahl darüber ergehen lassen müßte, da noch wohl einige andere,
ihm an Alter und Qualitäten respective vor- und gleichstehende Subjecta mit in
Consideration kommen dürfften, mit öffters wiederholter instanz, daß er sich
doch begreiffen, bey seinen Aemtern verbleiben, und der Zeit seines weitern
Glücks in Gedult erwarten möchte; so hat es doch nichts verfangen wollen,
sondern er ist auf seiner anderen Intention verharret, und am 26ten Novembr.
vorigen 1695ten Jahrs,
|| [246]
wieder nach Wien fortgereiset,
dazu man denn die Erlaubnüß um so mehr ohne Bedencken ertheilt, weil man sich an
Seiten des übrigen Wohl-Löblichen Magistrats nichts böses bewust gewesen, und
noch ist, sonst es demselben nicht schwehr gefallen seyn würde, dieses ihr
Mitglied mit obiger extraordinar-Beförderung, und dem dazu gewidmeten obwohl
gantz nicht hohen Genuß, bey sich zu behalten, und zu stillen. Man hat sich auch
um so weniger dessen, was hernach folgt, von ihme versehen, weil er schon in das
16te Jahr würcklich in dem Rath mit gesessen, alles, was verhandelt und
beschlossen worden, theils expresse, theils tacite mit approbiren und schliessen
heiffen, oder, wann er bey einen oder dem andern etwas zu erinnern gehabt hat,
solches nach seinen Pflichten, und der bey allen Raths-Schlüssen ergehenden
General Frage, ob einem jeden die und die Meynung gefalle, billich hätte
eröffnen und anzeigen sollen, dahingegen er also die gantze Zeithero,
gefährlicher Weise still geschwiegen, und erst kurtz vor seiner Abreise kaum
eines oder das andere gantz privatissime, gegen einen eintzigen vorsitzenden
Herrn erwehnt haben mag, der ihn doch biß dahin wie sein eigen Kind geliebet und
fovirt, auch ihm also, in Hoffnung künfftiger Besserung, nicht, wie er wohl
sonst gethan hätte, weiter melden, oder sein so übel fundirtes Anbringen zu
dessen schlechter Recommendation, manifestiren mögen, und dahero ist es denn
endlich gekommen, daß dieser Mensch unter dem leidigen Praetext seiner Liebe zum
Vaterland, und affectirten Triebs seiner conscienz, einen Wohl-Löblichen
Magistrat, von dem er doch so viel Gutes genossen, und der so viel patienz mit
ihm in vielen Stücken getragen, bey Unserm Allerhöchsten Ober-Haupt, der Röm.
Kayserlichen Majestät, deroselben hohen Hrrren Ministris, und vielen anderen
Hochfürstlichen, Hochgräflichen und Herren Standes-Personen, auf das gifftigste
und gehäßigste zu traduciren, und einzutragen sich nicht entblödet, ob hätte man
allerhand despotische und ungerechte, ja solche Dinge, bey dem gemeinen
Stadt-Regiment vorgehen lassen, daß die Republique, wann ihr nicht bald
geholffen würde, nothwendig zerfallen und zu Grunde gehen müßte, ja er hat an
diesen hochverpoenten calumnien und diffamationen noch nicht genung, sondern
damit er seine vermeynte Wiedersacher, die Regiments-Herren samt u. sonders, und
darunter etliche seiner nechsten Bluts-Frennde, wie dann der allerforderste
seiner Frau Mutter leiblicher Bruder ist, an ihrem wohlhergebrachten guten
Leimuth, Ehre und Reputation, ja an Haab und Guth, oder auch wohl theils an Leib
oder Leben, recht kräncke, so hat er dem Kayserlichen Fiscal würcklich einige
Puncten wieder sie übergeben, reitzet und treibet ihn täglich, daß er theils den
gesamten Löblichen Magistrat, theils einige vor anderen vermeyntlich dominirende
Wohl-Adeliche Familien aus demselben, auf das härteste darauf anklagen solle,
welches ihm dieser denn zu thun versprochen, bloß zu dem Ende, damit jener, der
Abtrünnige, den Nahmen des Anklägers nicht haben, und doch im
|| [247]
trüben Wasser dabey fischen, eine Kayserliche Residenten oder
andere hohe Stelle in dem Regiment selbsten erlangen, mithin seine ambition
erfüllen seinen zwar wenigen Adhaerenten einige vermeynte Satisfaction geben,
und die gute alte Stadt in ihrer bißherigen guten Harmonie und Ruhe verwirren
möge, es koste und gehe auch was, und wie es wolle, dessen er sich ausdrücklich
vernehmen lassen, und das alles zu einer solchen Zeit, da ein jedes redliches
und christliches, jawohl feindseeliges Gemüth, billich ein Abscheu haben solte,
die von der langwierigen übermachten Kriegs-Last und noch täglich anhaltender
grossen Feindes-Gefahr so sehr bedrangte, fast allein um die Ehre, und also um
eine sehr geringe Ergötzlichkeit, dem Publico schon von ihren Vor-Eltern her
wohl verstehende Regiments-Personen, samt der gantzen gemeinen Stadt, noch mehr
zu betrüben, und mit einer höchst praejudicirlichen Commission zu beschweren,
wie solches aus denen hier sub N. 1. biß 17. in copiis angeschlossenen
Abschrifften seiner, des Diffamanten und anderer Schreiben, davon man die
originalia bereits in Händen, und respective durch Göttliche Schickung
wunderlich bekom̅en, gantz klar und deutlich zu erkennen geben, da
doch der Calumniant das wenigste von seinen Vorgeben, oder wohl gar nichts,
weder in facto noch in intentione s. proaeresi wird verificiren können,
allenfalls sind es lauter Sachen, die ihre gar scheinbahre und erhebliche
explicationes und excusen leiden, und welche also dieser Mensch solchergestalt
anzubringen oder zu exaggeriren den geringsten hinlänglichen praetext nicht
finden wird, man glaubt auch noch selber nicht, daß er am Ende einig Gehör bey
Ihrer Kayserlichen Majestät finden, oder etwas beschwerliches auswürcken werde,
weil man durch die Anfuge sub bereits allerunterthänigst dagegen vigilirt,
dieweil aber inmittelst diese schmähliche und unverschuldete Calumnien denen
Herren Interessenten sehr schmertzlich zu Gemüth gehen, und sie deßwegen von dem
Diffamanten nicht unbillich ihre Satisfaction zu suchen gemeyntsind, und doch
hierunter sich lieber eines auswärtigen unpartheyischen Collegii Juridici
Sentiments bedienen, als selber über ihn judiciren wollen; Als lassen sie
hiermit die löblichen Juristen Facultät bey der Churfürstlichen
Brandenburgischen Universität zu Halle, um ohnbeschwerte fördersame Ertheilung
dero rechtlichen Gutachtens, geziemend und angelegnen Fleisses ersuchen, ob sie
diesen ihren Wiederwärtigen noch weiter in dem Collegio zu dulden haben, und
nicht vielmehr bester massen befugt seyn, solch putritum membrum, ohngeachtet er
etwa ein Käyserliches Protectorium mit sich bringen dürffte, sobald jetzo, und
noch vor seiner Wiederkunfft, aus dem Rath ab und wegzuschaffen, und wie, auch
was Gestalt er sonsten noch weiter abzustraffen, zumahl aber, ob er nicht gar
seines Bürger-Rechts zu priviren, und pro re nata mit persönlichen Arrest, auch
zeitlicher oder ewiger Relegation anzusehen seyn möchte, sonderlich, weil aus N.
11. zu ersehen, daß er auch unter der Hand einige Adhaerenten habe, und mit
Hülffe
|| [248]
derselben leicht gar einigen
höchstgefährlichen Tumult erregen und anstifften könnte. Datum den 22 Februarii,
Anno 1696.
(Unser Responsum.)
§. IV. Die citirten Beylagen habe ich nicht mehr bey der specie facti gefunden,
man kan aber den Inhalt der Beylage sub so wohl aus der specie facti als aus
unsern Responso abnehmen. Die Brieffe aber der beschuldigten Person haben
gleichfalls nach Anleitung des responsi kein formale delictum in sich gehalten,
sondern wie die quaerentes gegen uns über ihn, also auch seine Brieffe über die
Quaerenten sich beklaget, und nach Art aller Menschen jede Parthey sich beredet,
auch wohl einen cörperlichen Eyd abgeleget, daß sie Recht hätte. Die Meynung
unserer Facultät über die proponirte Frage ist aus folgenden responso zu sehen.
Als uns eine facti species samt Beylagen sub 1. 2. usque 17. und sign.
übersckicket etc. Ist in einer nahmhafften Evangelischen Reichs-Stadt eine
gewisse Person in ihren noch jungen Jahren bereits Anno 1680 in den Rath
erwehlet, auch nachhero von Zeit zu Zeit sonderlich anno 1681. 84. 88. 90. und
letzlichen anno 1692. zu höhern Aemtern dergestallt, daß man sie nicht besser zu
bedencken gewust, befördert, auch selbiger öffters einige Neben Commissiones
aufgetragen worden, es hat aber doch dieselbe, die anvertrauete Aembter viel zu
geringe geachtet, und zu Bezeigung dessen anno 1691. gar auf einige Monate
verlassen, inmittelst aber bey einer übernommenen Reise einem Catholischen
Churfürstlichen Hoffe unterschiedliche unerfindliche und praejudicirliche Dinge
wieder seine vorgesetzte Obrigkeit beygebracht. Wiewohl man nun das beste bey
sich bestehen lassen, und in Hoffnung eines bessern Verhaltens, bloß
schrifftlich Anzeige derselben thun lassen, hat sie nichts destominder in ihren
wiedrigen Beginnen fortgefahren, daß dieselbe auch endlich wegen einer
Begünstigung mit einer Geld-Buße angesehen werden müssen: Hat besagte Person
nach diesen weiter anno 1693. ohne Wissen und Willen seiner Obern eine Reise an
den Käyserlichen Hoff abgeleget, und erst unterwegens um Erlaubnüß, so auch
ertheilet, gebethen, und es hat solche Person, als der Magistrat deren
Verrichtungen zu wissen verlangt, zwar ziemlich bedencklicher Reden sich
verlauten lassen, es ist aber jedoch auch damahls auf beschehene Erklährung
eines guten Verhaltens die Sache beygeleget worden. Hat endlich mehr angezogene
Person in November vorigen Jahrs gantz ausser dem gewöhnlichen Wahl Tage von
denen vorsitzenden Herren, daß sie ihr zudem etwas mehr eintragenden Steuer-Amte
verhelffen möchte, begehret, und nachdem ihr, daß keine Stelle ledig, die dabey
sitzende Personen sie selbst erwehlen helffen, auch allenfalls bey ereigneter
Vacanz eine freye Wahl erfordert würde, vorgestellet worden, hat sie bald darauf
eine Reise nacher Wien abermahls angestellet, wozu ihr auch der gebetene
Uhrlaub, weil man sich nichts bö
|| [249]
ses zu ihr
versehen, unweigerlich vergönnet worden, es hat sich aber nunmehro zu Tage
geleget, daß besagte Person zu Wien sowohl bey Seiner Kayserlichen Majestät, als
auch dero hohen Ministris und vielen andern Fürstlichen und Gräflichen
Standes-Personen den Magistrat auf das hefftigste angegeben, übler und
unverantwortlicher Administration des gemeinen Wesens und der Justiz
beschuldiget, unterschiedliche Puncte wieder ermeldten Magistrat und andere
Adeliche Familien bey dem Reichs Fiscal eingegeben, und sie in Inquisition zu
stürtzen bemühet sey, inmassen solches durch verschiedene von demselben an seine
Frau und Correspondenten abgelassene Schreiben, deren originalia dem Magistrat
bereits in die Hände gerathen, sofort bestärcket werden kan, und es wird von uns
zu wissen begehret: ob das Raths-Collegium besagter Reichs Stadt diesen ihren
wiederwärtigen noch weiter in dem Collegio zu dulden haben, und nicht vielmehr
befugt seyn, solch putridum membrum ohnerachtet er etwann ein Kayserlich
Protectorium mit sich bringen dörffte, so bald itzo und noch vor seiner
Wiederkunfft aus dem Rath ab und wegzuschaffen, und wie auch was Gestalt er
sonsten noch weiter abzustraffen, ob er nicht gar seines Bürger-Rechts zu
priviren und mit persönlichen Arrest, auch zeitlicher oder ewiger Relegation
anzusehen seyn möchte. Ob nun wohl anfänglich angeführet werden möchte, daß
sothaner Person wieder das Vaterland hegende gefährliche Anschläge durch seine
eigenhändigen Schreiben sich klar zu Tage legeten, und aber da das delictum
manifestum, eine weitläufftige Untersuchung vorhero erst anzustellen, und dem
Verbrecher durch Verstattung Gehörs noch grösseren Anlaß zu Ausführung seines
Vorhabens zu geben nicht rathsam noch nöthig, absonderlich aber der Magistrat,
weil von der quaestionirten Person die geringste Hoffnung einer Besserung, da
die bißherigen Admonitiones und andere Mittel gantz fruchtloß abgegangen, nicht
zu machen, dieselbe zu Verhütung besorglichen Collisionen unter denen andern
membris von dem Collegio aus zuschliessen wohl befugt sey, zumahl ohnedem keinem
Privato seine habende Bedienten, auch sonder genugsame special Ursache, der
Dienste zu entlassen verwehret, welches vielmehr bey einem unmittelbahren
Reichs-Stande, deme die superioritas territorialis oder von einigen sogenannte
Majestas analogica unstreitig zukäme, und dahin die Reichs Städte allerdings mit
gehöreten, frey gelassen werden müste. Hiernechst eine Obrigkeit dero
Unterthanen, woferne sie die obliegende Schuldigkeit und tragende Pflicht
überschreiten, die deswegen geniesenden privilegia und das erlangte Bürgerrecht
gar wohl wieder entziehen, auch nach Befinden die zugefügten Beleidigungen,
absonderlich aber die zu Veränderung der Regiments Form angewendeten Bemühungen
mit Landes Verweisung und andern harten Bestraffungen ansehen kan, dahero
scheinen möchte, daß der Magistrat der obangezogenen Reichs-Stadt, dergleichen
wieder die quaestionirte Person vorzunehmen wohl berechtiget, im übrigen aber,
|| [250]
wann auch gleich sothane Person ein vermuthetes
Kayserliches Protectorium mit zur Stelle bringen solte, solches doch dem
Magistrat dem Ansehen nach in seinem Vorhaben nicht hinderlich, sondern bloß von
unrechtmäßiger Gewalt zu verstehen seyn möchte, dergleichen doch in
gegenwärtigen Falle, da der Magistrat sich seiner ihme als einen Reichs-Stande
zustehender Rechte und Regalien bedienete, nicht würde anzutreffen seyn.
Dieweiln aber dennoch die quaestionirte Person noch zur Zeit über die wieder
dieselbe sich herfür thuende suspiciones und daraus geschlossene gefährliche
Anschläge wieder das Vaterland im geringsten nicht gehöret, geschweige deren
überführet worden, jedoch ungehörter Sachen, niemand mit einiger Straffe
angesehen noch solche zur Execution gebracht werden mag, und was die angezogenen
Brieffe anlanget, (deren Erlangung ob sie in Rechten gegründet und dergestalt
beschaffen sey, daß man selbige in probatione zum Vorschein bringen könne,
anitzo bey dieser Frage ausgesetzet wird) aus selbigen die sothaner Person
beygemessenen Verbrechungen und die zu Ruin des gemeinen Wesens führende
intention sich nicht vollkömmlich behaupten lassen will, gestalt dann sothane
Person keinesweges zu denen Feinden, oder doch wenigstens übel affectionirten
der Stadt und Republic übergangen, und auf unzuläßliche Weise dieselbe zu
verrathen und in Unglück zu bringen gesuchet, sondern vielmehr zu dem
allgemeinen Ober-Haupte des gantzen Römischen Reichs Seiner Kayserlichen
Majestät die Zuflucht genommen, daselbst die etwa habenden Beschwerden
angebracht, und deren abhelffliche masse durch den Weg Rechtens gesucht, so an
sich selbst wenn gleich in modo nicht allzulöblich verfahren worden, auch dessen
Vorgeben nicht gegründet seyn solte, noch zur Zeit nichts straffbahres
inferiret, und zuförderst wie die Sache daselbst werde ausgeführet, und von der
ofterwehnten Person das Anbringen verificiret und gerechtfertiget worden, zu
erwarten ist, zumahl ohne dem der Magistrat selbst Besage der Beylage sub
die Sache am Kayserlichen Hoffe anhängig gemacht, über offtberührte Person
nahmentlich geklaget, um Abwendung der Inquisition gebeten, und bey solcher
Bewandniß umb so viel weniger vor deren Erörterung etwas viâ facti unternehmen
kan, sondern die Nothdurft daselbst ferner vorzustellen schuldig ist, hiernechst
in gegenwärtigem Fall nicht sowohl wieder die Stadt und deren Freyheiten, als
vielmehr wieder die im Regiment sitzenden Glieder, als ob sie wieder die
Regiments Ordnung gelebet und also zum wenigsten dem Vorgeben nach der Stadt und
gemeinen Wesen selbst zum Besten, von der quaestionirten Person die Sache
getrieben wird, solche Person aber ein membrum Senatus mit ist, seine
Ehrenstellen auch wie aus der specie facti erhellet, nicht bloß aus der
Liberalität ihrer Collegarum, sondern vielmehr nach Anleitung der Kayserlichen
Regiments-Ordnung und darauf sich gründenden Gewohnheiten erlanget, noch auch
dahero von ihnen so blos
|| [251]
ser Dinges derselben
hinwieder entsetzet, und was oben von der Abschaffung oder dimission eines
Dieners angezogen worden, allhie nicht appliciret werden kan, noch weniger bey
solcher Bewandnüß, die quaestionirte Person als ein blosser Unterthan anzusehen
oder zu tractiren ist, zumahlen ohne dem ex Politicis bekannt, daß obwohl in
Aristocratia singuli pro subditis zu halten, dennoch ein grosser Unterscheid
inter pure subditum & eum qui membrum collegii est, in quo summa
potestas residet, zu machen sey. Ferner, da auch ein Reichs-Fürst nicht einsten
wieder seinen Bedienten, der zumahl an Kayserlichen Hoffe Schutz erlanget,
ungehörter Dinge und ausser den Weg gemeines Rechtens zu verfahren, im Römischen
Reich sich leichtlich anmassen wird, ümb so viel weniger eine Reichs-Stadt,
ohnerachtet der ihr unstreitig gemachten hohen Landes-Obrigkeit, dergleichen
befugt seyn kan, zumahl nicht unbekannt, daß ratione exercitii superioritatis
territorialis, zwischen denen Monarchischen und Aristocratischen
Administrationibus zum wenigsten darinnen ein mercklicher Unterscheid vorhanden,
daß man die Jura superioritatis in Aristocratia nicht auf gleiche Weise gegen
einen Mitstand, als in Monarchia der Fürst gegen einen puren Unterthanen ausüben
könne, in übrigen aber durchgehends in H. Römischen Reich und absonderlich von
Evangelischen Städten zu Verhütung übler Consequentien, und ärgerlichen Unheils
die Käyserliche Protectoria billich hoch zu respectiren sind. So erscheinet
daraus allenthalben so viel, daß der Magistrat der Eingangs erwehnten
Reichs-Stadt die offt angezogene verdächtige Person noch zur Zeit und noch vor
deren Wiederkunfft als ein putridum membrum aus dem Rathe abzuschaffen, noch
weniger des Bürger Rechts zu entsetzen, am wenigsten aber zu bestraffen, und mit
zeitlicher oder ewiger Landes Verweisung zu belegen befugt sey, sondern es wird
dem von derselben etwa zurück gebrachten Käyserlichen Protectorio billich in
allen nachgegangen, und solche Person dawieder nicht beeinträchtiget und die
Sache mit selbiger für Seiner Römischen Kayserlichen Majestät, dahin sie
gehöret, und von dem Magistrat selbst anhängig gemacht worden, billich rechmäßig
ausgeführet. V. R. W.
§. V. Man kan zugleich aus diesen Responso und aus derpraemittirten(Anmerckung daß die Quaerenten
von unsern Responso keinen Nutzen haben können
/) Frage lernen, wie sehr sich ein Mensch in acht zu nehmen habe, das er
nicht in affect schreibe, wenn er auch gleich sonst noch so gescheide oder
gelehrt ist. Wer die in unsern responso kürtzlich vorgestellte facti spiciem
gegen die weitläufftige speciem facti hält, die in §. 3. zubefinden, wird
erkennen, daß in jener alles summarisch vorgestellet worden, was sonst nach dem
officio eines treuen historici vorgestellet werden soll, in dieser aber, die
dabey ausführlicher angemerckte Umbstände und gebrauchte phrases hin und wieder
des concipienten Zorn, Neid, und Haß wieder den Collegen, der an Kayserlichen
Hofe Schutz gesucht, entdeckte,
|| [252]
(wenn gleich nach ihren Begehren wäre gesprochen
worden.) ob gleich derselbe solchen zu verbergen getrachtet, und
deßwegen keiner hitzigen und injuriösen, sondern einer gantz kaltsinnigen
Schreib-Art sich bedienet hatte. Nun möchte ich aber wohl wissen, was der
Concipiente und seine gleichgesinnete für einen Endzweck gehabt hätten, der nur
in etwas einen Schein einer vernünfftigen Absicht hätte bey einen
unpartheyischen erwecken können, wenn man sie gefragt hätte, was sie denn mit
unsern responso machen wolten, oder was ihnen solches nützen solte oder könte,
wenn wir auch die uns vorgelegte Frage nach ihren Verlangen beantwortet hätten?
Denn entweder sie bildeten sich ein ihr regimen Aristocraticum hätte eine
independente Gewalt, und sie also keine rechtmäßige Ursache sich für dem
Kayserlichen Protectorio des Gegentheils zu fürchten, oder aber sie erkannten,
wie billich, daß die Reichs-Städte dem Kayserlichen Hoff und denen von seiner
Kayserlichen Majestät ertheilten protectoriis grosse reverenz und respect zu
erweisen schuldig wären. Auff den ersten Fall war es gantz unnöthig und
überflüßig, von einer Juristen Facultät zu Justificirung ihres Vorhabens ein
favorable responsum zu erbitten. Wenn ihr Wiederwärtiger ein membrum des
Venetianischen Senatus oder der Niederländischen Herren Staaten gewesen wäre,
wolte ich das Trinckgeld (er möge nun recht oder unrecht gehabt haben) freylich
nicht mit ihm getheilet haben. Aber ich bin auch versichert, daß beyde ihren
Vorsatz würden an ihm ausgeübet haben ohne ein auswärtig Collegium darumb zu
befragen. Auff dem andern Fall aber, würde ihnen unser responsum nicht das
geringste genutzet haben oder haben nutzen können, wenn wir auch in allen nach
ihren Verlangen geantwotet hätten; sondern sie würden ihre Sache dadurch mehr
verschlimmert und den Kayserlichen Reichs-Hoff-Rath auch wieder uns erbittert,
und also die ingenieusen Gedancken jenes klugen Mannes durch ein Exempel
bestärcket haben, der den bekannten vers des Poëten: Solamen miseris socios habuisse malorum, also auslegte oder verbesserte:
Solamen miserum socios habuisse malorum. Zu geschweigen,
daß wenn sie der affect nicht verblendet hätte, sie leichtlich würden haben zu
vorher sehen können, daß ihre eigene in der specie facti uns suppeditirte
Umbstände (wie aus unsern responso zu sehen) ohnmöglich zulassen könten, daß wir
nach ihren Verlangen respondiren würden, wenn wir uns auch keiner Gefahr hätten
zu befürchten gehabt.
(Noch zwey Neben Fragen.)
§. VI. Und vermuthlich mochte dem Herrn Quaerenten selbst geschwanet haben, daß
das responsum nicht eben nach seinem Begehren fallen dürfste: derowegen waren
noch in einem postscripto zwey neue
|| [253]
Fragen formiret,
und uns dabey auf das kürtzeste jedoch nur generaliter die rationes decidendi
pro affirmativa suppeditiret worden.
1. Auch wird auf diese hie vorstehende Speciem facti noch ferner dienstlich
angefragt, und a part zu respondiren gebeten, wann diese Person, wie man fast
vermuthen oder besorgen muß, die Religion changiren und zur Catholischen sich
wenden sollte, ob man sie nicht, in Krafft des Instrumenti Pacis, zur Emigration
anzuhalten und zu weisen befugt sey, weil seine Vater-Stadt ein pur
Evangelischer Ort ist, und nur ein kleines Kloster, samt einem Teutschen Ordens
Commenthur und etlichen wenigen frembden Catholischen Beambten, von Bürgern aber
nur 4. alte Catholische Familien von 1624. her allda sich befinden, worzu doch
vor fünff Jahren noch eine abtrünnige Familie ex plebe gekommen, und connivendo
toleriret worden. Wobey respective nicht zu bergen und erinnerlich ist, daß noch
zwey andere vornehme Evangelische Reichs-Städte dieses Rechtens sich gantz
ungezweiffelt befugt erachten, ihnen auch darunter die bekandte vornehme
Publicisten der Chur-Brandenb. Herr Geheime Rath Rhetius in Institutionib Jur.
Publ. Herr D. Simon, in Diss. de jur. Emigrandi, und Wilh. Ignatius Schuz in
Manuali Pacifico, nebst dem hiesigen Collegio Juridico und vielen andern
adstipuliren. 2. Entstehet ebenfalls noch die Frage, ob ein Wohllöbl. Magistrat
nicht berechtiget sey, alle von diesem seinem, das publicum so sehr
beunruhigenden Mit-Glied, an die Seinige, und von diesen wie auch seinen
correspondenten an ihn wieder ablauffende Brieffe auff der Käyserl. Post und
sonsten, so gut als man kan, zu intercipiren, und zu seiner höchstbenöthigten
Nachricht zu eröffnen, und wie zwar des Herrn D. Michaelis seinem Responso 14to
nach kein Dubium deßhalben übrig zu seyn scheinet etc.
§. VII. Aber es hätte der Concipient auch hier leichte vorher(Und deren Beantwortung.) sehen können, daß wir
seinem Begehren nicht würden gratificiren können, wenn er ohne affecten gewesen
wäre. Vielmehr gab uns die andere Frage eine starcke Vermuthung, daß die
fragende Parthey, die bey der specie facti allegirten Brieffe allbereit auf
solche Weise möchten aufgefangen haben, wie wir auch dieses in unsern vorigen
Responso nicht undeutlich hatten zu verstehen geben. Derowegen bekame er diese
Antwort:
Als auch fernerweit über noch zwey absonderliche Fragen unsere rechtliche Meynung
begehret worden. Demnach etc. und zwar auf die erste Frage vor recht: Befahret
man sich, es werde die in voriger specie facti erwehnte Person von der
Evangelischen Religion sich zu der Römisch-Catholischen wenden, und wird
dannenhero gefraget, ob nicht der Magistrat befugt sey, denselben ad
emigrationem anzuhalten. Ob nun wohl von unterschiedenen DD. dafür gehalten
wird, daß denen Ständen des Heil. Röm. Reichs vermöge des Instrumenti Pacis
zugelassen sey,
|| [254]
denenjenigen Unterthanen, so nach
Aufrichtung solchen Friedens-Schlusses die Religion geändert deren emigration
aufzulegen, inmassen solches in dem Art. V. §. 36. verb. aut a Territorii Domino
JUSSUS fuerit item §. 37. verb. sive voluntarie sive COACTE emigrantibus,
gegründet zu seyn, solcher Meynung auch nebst andern Doctoribus Dn. Rhetius in
Instit. Jur. Publ. Lib. 2. tit. 1. §. 26. beyzupflichten scheinet,
solchergestalt aber daraus, daß auch allhier der Magistratus der quaestionirten
Person, im Fall selbige die Religion ändern solte, die emigration anzusinnen,
wohl befugt wäre, angeführet werden möchte, zumahl die Evangelische Religion
daselbst auser wenigen Personen und Familien, so sich anno 1624. schon allda
befunden, bisher beständig conserviret worden. Dieweil aber dennoch in dem
vorangezogenen Instrumento Pacis klar enthalten, daß diejenigen Unterthanen, so
auch nach dem 1624sten Jahre, oder nach geschlossenen Frieden eine von denen
darinnen approbirten Religionen angenommen, gedultet werden sollen, inmassen
dann Art. V. §. 34. ausdrücklich disponiret: Catholici Augustanae Confessionis
statuum subditi qui anno 1624. publicum vel etiam privatum Religionis suae
exercitium nulla anni parte habuerunt, nec non, qui post pacem publicatam,
deinceps futuro tempore diversam a Territorii Domino religionem profitebuntur
& amplectentur, patienter tolerentur, & conscientia libera domi
devotioni suae, sine inquisitione aut turbationis privatim vacare, in vicinia
vero, ubi & quoties voluerint, publico religione exercitio interesse non
prohibeantur, solchergestalt aber nicht so wohl denen Ständen das Jus
exppellendi dissentientes in religione, als vielmehr denen subditis
dissentientibus das jus emigrandi und daß sie wieder Willen zu ble̅iben nicht gehalten seyn sollen, als ein sonderbahres beneficium in instrumen
to pacis gegeben worden, in ipsorum odium nicht zu detorquiren ist, die in
contrarium angezogene loca aber betreffende, solche aus denen antecedentibus und
ex d. §. 34. de iis qui turbationibus ansam praebent zu erklähren seynd, wie
solches Dn. Rhetius Disput. Jur. publ. disput. 2. de Jure principis circa sacra
c. 4. n. 12. seq. nebst andern daselbst angemerckten Autoribus weitläufftig
ausgeführet. Und wenn man schon die quaestionirte Person unter die exception,
& quod turbationibus ansam dederit, rechnen wolte, dennoch zu erwegen
wäre, daß eines Theils solche turbation nicht per religionem aut occasione ejus
geschehen, anders theils aber ob ihr Vornehmen pro turbatione zu achten, noch
nicht erörtert, sondern lis pendens sey; Im übrigen ohne dem von Evangelischen
Reichs-Städten dergleichen Jus expellendi notorie nie exerciret, ja hingegen in
der angezogenen Reichsstadt eine Familie, so erst vor 5. Jahren die Religion
geändert, dem vorigen Bericht nach, unweigerlich gedultet worden; So mag auch
dahero diese Person im Fall sie zu der Catholischen Religion sich wenden, sonst
aber
|| [255]
stille und ruhig leben solte, mit Bestande zur
emigration nicht gehalten werden, es wäre aber doch der Magistrat auf solchen
Fall, wo anders die Obrigkeitlichen Aembter jedesmahl eintzig und alleine mit
Evangelischen Personen besetzet, vielmehr aber, wenn von der Person bey
Antretung derselben, wie vermuthlich, das juramentum religionis abgeleget
worden, selbige der obhabenden Dienste und Aembter, honesto modo, und daß ja
wieder den §. 35. art. V. Instrum. pacis in modo nicht verfahren werde, zu
erlassen wohl befugt. Auf die andere Frage erachten wir vor recht: Obwohl
scheinen möchte, daß die Eröffnung anderer Leute Brieffe an sich selbst eben
keine verbothene Sache, sondern nach Gelegenheit der Umbstände wohl zugelassen
sey, absonderlich zu der in Rechten zugelassenen Defension und wieder die von
einem andern, dessen feindlich Gemüthe sattsam schon bekannt, besorgende Gefahr
sich derselben wohl bedienet werden möge, um so vielmehr aber die hohe
Landes-Obrigkeit um hinter eines wiederspenstigen Unterthanen gefährliche
Consilia zu kommen, und dawieder in Zeiten gute Anstalt zu machen, hiezu
berechtiget seyn müsse; endlich auch in der Frage angeführet wird, daß selbige
nach des Michaelis Meynung in Resp. 21. qu. 1. pro quaerentibus ausgemachet sey;
Dieweiln aber dennoch die Eröffnung frembder Brieffe, wo nicht durch sonderbahre
Ursachen solches entschuldiget werden kan, adres prohibitas und zwar ad crimen
stellionatus gerechnet zu werden pfleget, in gegenwärtigen Fall auch dergleichen
Noth, und daß das gemeine Wesen anderer gestalt aus einer bevorstehenden Noth
nicht gerettet werden könne, nicht vorhanden, inmassen dann wie bey der
Haupt-Frage ausgeführet, die quaestionirte Person noch zur Zeit weder pro hoste
noch auch der das gemeine Wesen zu ruiniren gedächte, nicht gehalten werden mag,
weniger dahero, was de potestate Principis contra subditum seditiosum angeführet
worden, allhier statt findet, zumahl die von sothaner Person einlauffende
Brieffe nicht so wohl mit einer der Stadt zustehenden, als vtelmehr der Käyserl.
Post ankommen, und daher um so vielweniger sich daran zu vergreiffen ist; im
übrigen aber was des Michaelis allegirtes Responsum betrifft, der daselbst
angeführte Casus von diesem gegenwärtigen gantz und gar unterschieden, die
daselbst befindlichen rationes (wieder die doch ex jure noch wohl eines und das
andere erinnert werden könte, mehr auf impunitatem aut mitigationem poenae, als
auf plenam licentiam & honestatem ihr Absehen richten, auch der Autor
daselbstiges factum nicht so wohl gäntzlich zu rechtfertigen, als vielmehr von
dem dolo & poena zu entschuldigen suchet: So ist auch noch zur Zeit der
Magistrat die von der offter wehnten Person an die seinigen, oder von dieser an
denselben ablauffende Brieffe auf der Käyserl. Post zu intercipiren und zu
eröffnen nicht befugt V. R. W.
§. IIX. Eben so war es auch mit dem andern Postscripto und(Der dritte Neben-) der daselbst von neuen
angehengten Frage beschaffen, weshalben nicht nö
|| [256]
thig
(Frage Beantwortung.) seyn wird, sich
weitläufftig oder mit neuen Anmerckungen dabey aufzuhalten, das Postscriptum war
folgenden Inhalts.
Ferner wird noch geziemend um eine rechtliche information angesucht, weil aus N.
8. zu ersehen, daß ein gewisser Raths Consulent. der Stadt selbsten dem
malcontenten N. als seinem nahen Anverwandten, einen gewissen, noch unbekannten
Puncten, der hernach dem Käyserl. Filcali mit suppeditiret worden, an die Hand
geben helffen, oder solchen von andern zu recommendiren übernommen, auch sonsten
bereits viele verdächtige Brieffe mit ihme gewechselt, was gegen denselben
vorzunehmen, auch ob nicht beydes von ihm und des Verfolgers seiner Frauen
Exhibition der die von diesem letztern bekommenen Brieffe zu erfordern, oder
vielmehr selbige, sonderlich wenn sie nicht gleich gutwillig hergegeben werden
solten, gerichtlich hinweg zu nehmen seyn möchten.
Unser Responsum aber lautet also.
Ist wieder einen gewissen Consulenten der Stadt, daß er der quaestionirten Person
einige Puncte, so dem Käyserlichen Fiscali hernach suppeditiret worden, an die
Hand gegeben, auch verdächtige Brieffe mit ihm gewechselt habe, Verdacht
obhanden, und man will, was wieder denselben vorzunehmen, und sonderlich ob er
zu edirung der Brieffe anzuhalten sey, berichtet seyn. Ob nun wohl nicht nur
wieder denjenigen, so etwas unzuläßiges zu Wercke gerichtet, sondern auch wieder
die, so Anschläge dazu geben, und solches befördern helffen, von der Obrigkeit
gebührende Inquisition angestellet werden mag, auch sonst zu Beschleunigung
solcher Inquisition die bey denen verdächtigen befindliche Briefschafften
wegnehmen zu lassen vergönnet ist. Dieweil aber dennoch vorausgeführter massen
von der quaestionirten Haupt-Person selbst biß dato noch nichts straffbahres und
so vor ein crimen zu halten wäre, begangen worden, mithin aber wie wie der
dieselbe aus obigen Ursachen also vielweniger wieder deren adhaerenten die
Inquisition gegründet, noch auch dahero so gewaltsamer Mittel die Inquisition zu
befördern es bedarff: So ist auch noch zur Zeit wieder den obgedachten
Consulenten nichts vorzunehmen, und werden so wohl derselbe, als auch der
mehrerwehnten Person Ehefrau mit edition der überkommenen Brieffe oder
allenfalls deren gewaltsamer Hinwegnehmung billig verschonet. V. R. W.
(Der andre Casus, worinnen zwey
Bürgemeister.)
§. IX. Es ist aber auch in andern Städten, die nicht Reichs-Städte seyn, der Haß
und Neid unter Collegen nichts seltzsames. Nur ist hierbey zu erinnern, daß ich
das Wort Collegen allhier in etwas weiteren Verstande nehme, und dadurch nicht
alleine die Rathsglieder einer Stadt, sondern auch andre Beamte, die nebst dem
Rath in einer Stadt sich befinden; als Amt-Leute und dergleichen verstehe, wovon
|| [257]
der folgende Casus ein merckwürdig Exempel geben
wird. Es wurde(vieler Dinge beschuldiget worden nebst
dessen erster Abfertigung.) in eben demselben 1696. Jahre in November
uns eine Frage zugeschickt: wie zwey Bürgemeister in einer gewissen Stadt zu
bestraffen wären. Die-Burgemeister und die Stadt waren zwar deutlich mit Nahmen
benennet, aber der Herr Quaerente hatte Bedencken getragen semen Nahmen zu
nennen, sondern hatte sich Johann Augustum Holletto betittelt, und das datum
seines Schreibens gesetzet, als wenn es zu Leipzig verfertiget worden. So hatte
er auch die Cautel gebraucht, daß er uns nur Excerpta aus etlicher Zeugen
Aussagen, nehmlich diejenigen, welche die beyden Burgemeister zu graviren
scheinen, zugeschickt, und dabey nicht gemeldet, wer dieselben abgehöret hätte,
und aus was für Macht und Autorität solches geschehen. Dannenhero muste er sich
auch gefallen lassen, daß unser Collegium sich einer andern Cautel bediente, und
ihm folgendes responsum zurück schickte:
Als derselbe uns einen Bericht sammt Beylagen sub und 2. Fragen
zugeschicket etc. Werden Bürgemeister Johann George V. Burgemeister Daniel A. zu
E. nach Inhalt des überschickten Berichts beschuldiget, daß sie wieder ihre
Pflicht bey denen Raths-Wahlen auch sonsten verschiedentlich gehandelt, und es
haben einige Zeugen in denen beygelegten Rotulis sub & daß
Burgemeister V. bey jüngster Rath-Wahl sein votum suspendiret gehabt, hiernechst
vielfältig Advocat und Judex zugleich gewesen sey, nicht weniger mit denen
Gefangenen colludiret, und Geschencke angenommen, beyde Bürgemeister aber, des
Fisci Interesse geschwächet, unnöthige Proceße und Baue angefangen, auch falsche
attestata unter des Raths-Siegel gemachet hätten, eydlich ausgesaget, daher
derselbe, wie sie beyderseits dieser Begünstigungen halber zu bestraffen seyen?
berichtet seyn will. Ob nun wohl Juristen Collegia auf die ihnen vorgelegten
Fragen zu antworten und die Fragenden des Rechtens zu belehren verbunden, auch
nicht ungewöhnlich, solche Fragen sub nominibus fictis vorzutragen. Dieweil aber
dennoch die Collegia, daß man nicht etwa ihres Spruchs sich mißbrauchen und ad
infamiam anderer bedienen möge, Achtung zu geben haben, auch zu dem Ende, wann
ja nomina ficta eingebracht werden, wenigstens von wem die Frage herkomme,
beyläufftig bekannt seyn muß, und dann daß in gegenwärtigem Fall der Quaerent
eine nicht allzugute intention haben müsse, sondern einen andern zu graviren
trachte, einiger Verdacht daher erwächset, daß, da er die Personen wieder welche
unsere rechtliche Meynung verlanget wird, ausdrücklich benennet, sich alleine
einen erdichteten Nahmen beyleget, hiernechst die acta incomplet und nicht derer
Zeugen sämmtliche Aussage auf die in denen beygelegten Rotulis enthaltene
articul überschicket, und also ob nicht etwas, so denenjenigen, wieder welche
die Zeugen abgehöret worden, zur
|| [258]
Defension dienliches
darinnen enthalten sey, daraus nicht ersehen, weniger aus deren
Gegeneinanderhaltung ein gewisser Spruch abgefasset werden mag: So sind wir bey
so gestalten Sachen, ehe und bevor solche Mängel gebührend suppliret werden, auf
die überschickten Fragen zu antworten nicht schuldig. V. R. W.
(Die andre etwas ausführlichers Abfertigung.)
§. X. Wiewohl nun dieses responsum den Quaerenten hätte erinnern sollen, daß er
sich wohl zu prüffen hätte, ob er viel Trost von uns würde zu gewarten haben,
wenn er diese defecte supplirete; so ware doch seine Begierde so groß, denen
beyden Burgemeistern zu schaden, daß er sich resolvirte seinen Nahmen zu melden,
daß er Paul B. hiesse, und Steuer-Einnehmer in eben derselben Stadt E. wäre. Er
schickte uns auch die völligen Rotulos sub und zu, deren jeder ohngefähr
aus 150. articulis bestunde, über welche in jeden Rotulo über zwantzig Zeugen,
und wo ich mich nicht irre von dem Quaerenten selbst, oder doch auf seinen
Geheiß waren abgehöret worden. Den Inhalt derselben ausführlich zu melden würde
zu verdrießlich fallen, also wird es genug seyn, wenn ich das responsum selbst
hersetze, in welchen eine zwar kurtze, aber doch zum Nachdencken über des
Quaerenten Haß und Feindschafft gegen die beyden Burgemeister genugsame
Nachricht wird zu befinden seyn.
Hat derselbe unter einen erdichteten Nahmen M. Novembr. des abgewichenen 1696ten
Jahrs unser rechtliches Bedencken über 2. Fragen verlanget, wir haben aber
damahls, weiln die dazu gehörige Beylagen unvollkommen gewesen, auch aus andern
Ursachen unsere rechtliche Meynung hauptsächlich darauf zu ertheilen, Bedencken
getragen; hat derselbe dahero die dabey befundene Mängel ersetzet, und die
Beylagen vollkommen überschicket, will auch nunmehr: ob und wie die beyden
Burgemeister Johann George V. und Daniel A. wegen derer in denen Rotulis sub
& ihnen beygemessenen Begünstigungen zu bestraffen wären? des
Rechten berichtet seyn. Ob nun wohl besagte Bürgemeister unterschiedener wieder
ihre Pflicht lauffender Dinge beschuldiget, auch viel Zeugen wieder sie
abgehöret werden wollen, absonderlich aber V. hauptsächlich bezüchtiget wird,
daß er bey denen Naths-Wahlendem Churfürstl. Gnädigsten Befehl zu wieder sein
votum suspendirt, und dabey daß man auf Gelehrte reflexion machen solle,
vorgeschlagen, den Handwercks-Leuthen aber zu wieder sey, nechstdem die
Partheyen zu Hause verabschiede, absonderliche Sitz-Tage mache, mit denen
Partheyen culludire, ihnen Consilia gäbe und die Sätze mache, auch Geschencke
nehme, deßwegen in art. 30. seqq. usque 39. in sign. unterschiedene Exempel
von Christian A. Heinrich P. Hanß B. und andern mehren angeführet worden,
hiernechst dessen Frau den Fuß und das Maul aufn Rathhause haben wolle, und
denen Raths-Personen ins Amt greiffe, auch bey denen Fischereyen und Schaffschur
sich eingefunden, und auf des
|| [259]
Fisci Kosten
geschmauset, er selbst aber von des Raths Vorwerge Gerste umb einen wohlfeilen
Preiß weggenommen und das Geld schuldig blieben, unnöthige Proceße erhoben, die
Rechnungen immediate an S. Churfürstliche Durchlauchtigkeit abgeschicket und
nicht gebührend justificiret, von dem Residuo kein Interesse bezahlet, noch
sattsame Caution bestellet, die Bürgerschafft umb ihre Freyheit zu bringen
suchte, und es bereit dahin gebracht, daß das dritte Raths-Mittel eingezogen,
ein perpetuirlicher Contribution-Einnehmer gemacht, und der Bürgerschafft 2. gl.
Mahl-Geld aufgebürdet worden, nicht weniger wieder die statuta auf ein ihm weder
durch Kauf noch Pacht zugeschlagenes Hauß brauete, im übrigen sonst das Fac
totum seyn und die andern Raths membra supprimiren wolte: Beeden Burgemeistern
aber Schuld gegeben wird, daß sie ohne Vorwissen derer andern ein kostbahr
unnöthig Garten-Hauß zu Schaden des Fisci erbauet, hingegen den denen
Raths-Wiesen zustossenden Wasser-Schaden durch zeitiges Bauen nicht verhindert,
des Raths-Pferde zu eigenen Diensten mißbraucheten, falsche attestata gemachet,
keine Rüge-Tage mehr hielten, noch die Bürgerschafft öffters convocirten, ferner
Capitalia nach eigenem Gutdüncken ausgeliehen, den besten Nutz von des Raths
Vorwerg und Schäffereyen an sich zögen, nicht weniger ihr Deputat Holtz länger
als die andern Scheite gemacht würde, sie sich dessen auch über ihre Zahl
angemasset und was dergleichen mehr in denen articulis angeführet worden.
Dieweiln aber dennoch über diese Dinge keiner von denen Bürgemeistern noch zur
Zeit vernommen, weniger mit seiner Nothdurfft wieder die Beschuldigungen gehöret
worden, unterdessen aus denen Beylagen sub & erhellet, daß eines
theils etliche Sachen in die Articul gebracht, und deßwegen inquiriret worden,
die vor delicta nicht zu achten, zum Exempel wann V. daß er auf Gelehrte
reflexion zu machen, bey der Wahl vorgeschlagen, als ein Grimen zugerechnet und
dadurch des articulantis etwa gegen die literatos hengende odium an Tag geleget
wird, andern theils non sine nullitatis vitio wieder solche Dinge inquiriret
werden mag, die sonsten nicht straffwürdig, als da art. 23. seqq. sign. nach
des jungen V. item art. 88. seqq. sign. nach Burgemeister V. Ehefrauen
Conduite und Qualitäten gefraget wird, zu geschweigen daß in vielen Articuln
ungewöhnliche und unerhörte obtestationes enthalten, und die Zeugen bey Seel und
Seeligkeit gleichsam beschworen, und zuweilen was sie deponiren sollen fast
angewiesen worden, ingleichen die articul verfänglich eingerichtet, so daß auch
test. 6. ad art. 86. test. 4. aber ad art. 202. sign. sich über captiöse
Fragen beschweren, und test. 6. ad art. 25. item test. 12. ad art. 57. d. sign.
propriam turpitudinem auszusagen sich nicht schuldig erachtet; hiernechst da
ja einige Dinge vorhanden, so eine Inquisition und Bestraffung verdienen solten,
dennoch die Bürgemeister nichts überführet, ausser daß etwa V. dann und wann ein
Consilium gegeben, wiewohl noch zu untersuchen,
|| [260]
ob es
nicht bey actibus voluntariae jurisdictionis und zu gütlichen
Handlungengeschehen, in denen übrigen im putationibus aber die Churfürstliche
Befehle, darauf sich an einigen Orthen bezogen wird, nicht beygelegt, und die
Zeugen theils de auditu alieno deponiren, absonderlich was test. 6. ad art. 18.
sign. & ad art. 27. sign. & test. 2. ad art. 61. d.
sign. ausgesagt, von ihme den Quaerenten, und nach Anleitung der rotulorum
auch denuncianten, selbst gehöret haben wollen, theils gar nichts wissen, theils
deren Aussage vielmehr zu derer Bürgemeister Defension dienet, inmassen dann was
in specie contra V. die recommendation der Gelehrten und Verachtung derer
Handwercker betrifft test. 6. ad art 23. vielmehr attestiret daß ja V. ihm
selbst sein Votum gegeben, von Verabschiedung der Partheyen zu Hause kein Zeuge
ad art. 27. gewiß berichten kan, ausser was test. 16. de amicabili compositione
berichtet, die absonderlichen Sitztage, wegen fremder und wo periculum in mora
test. 1. 2. & 6. ad art. 28. nicht improbiren können, ferner was die
Collusion mit denen Partheyen und die Geschencknehmung belanget, die Zeugen ad
art. 30. 3. 32. theils nichts wissen, theils es nur gehöret, test. 17. ad art.
33. aus freyen Stücken des Burgemeisters Frau etwas geben, dergleichen auch ad
art, 37. von test 10. geschehen, ad art. 41. 42. 43. und 44. die Zeugen von
nichts wissen, ausser was test. 10. berichtet, der aber wie aus seiner eigenen
Aussage ad art. 44. erhellet, pars gewesen und daher suspect ist, ferner was in
art. 45. enthalten, Stadt-Richter F. nicht aber der Burgemeister V. angehet,
auch in denen übrigen in art. 56. &. seqq. angezogenen Exempeln die
Zeugen wenig wiedriges berichten, vielmehr bißweilen als test. 36. ad art. 79.
seq. den Inhalt des articuls gar verneinen: Ferner das Schmausen bey denen
Fischereyen und der Schaff-Schur betreffend test. 1. 4. & 15. ad art.
90. daß auch andere Weiber dabey gewesen, test. 3. 4. & 6. daß es
gebräuchlich sey, jedoch nichts übrig angeschaffet, und der Wein aus derer
Interessenten Beutel bezahlet würde, deponiren, weiter test. 2. 3. & 6.
ad art. 102. daß auch andern Burgemeistern die Gerste wohlfeiler gelassen würde,
und solches von undencklichen Jahren eingeführet sey, attestiren: Die erhobene
Proceße mit dem Pfarrer ingleichen dem Schützen und dem Schencken, wie aus test.
1. 2. 5. & 6. deposition ad art. 107. 110. 113. & 115. sign
erhellet, Collegialiter beliebet und vor nöthig erachtet worden, die
Einschickung der Rechnung nach test. 1 & 2. Bericht ad art 161. nicht
von V sondern vom Rathe geschehen, und daß diejustification nicht erfolget,
weniger der Rest abgetragen oder auch Caution bestellet worden, so generaliter
eben pro crimine nicht zu achten, die Suppression der bürgerlichen Freyheiten
kein Zeuge ad art 71. sign. asseriren können, und was test. 13. daselbst
vermeldet, bloß auf einige Härtigkeit in moribus hinaus lauffet, hiernechst die
Einziehung des 3ten Raths-Mittels, Bestellung eines beständigen
Contribution-Einnehmers und des Mahlgeldes, wie test. 1. 2. 3. 6. 10. 11.
& 18. ad art. re
|| [261]
spect 28. 75. &
83. sign. deponiren, von der gantzen Bürgerschafft bewilliget worden, in
übrigen auch die Unterdrückung derer Raths-Herren die Zeugen ad art. 204. sign.
nicht positive bejahen können: Ferner was die Beschuldigungen wieder beyde
Bürgemeister zugleich betrifft, die Aufbauung des Gartenhauses nach Bericht
test. 1. ad art. 127. test. 21. ad art. 128 & test. 5. ad art. 131.
sign. mit Vorbewust des Collegii und nach der vornehmsten Willen geschehen,
und ihrer mehr dazu geholffen, der Wasser bau an Wiesen laut test. 3. deposition
ad art. 142. sign. in der Bau-Herren expedition lauffet, die Verfertigung
falscher Attestaten, ad art. 17. sequ. sign. die Zeugen nur von andern,
sonderlich test. 6. ad art. 18. von den Quaerenten selbst gehöret, und wiewohl
keine solenne Ruge-Tage gehalten werden, jedoch derjenige, so was anrüget, damit
gehöret wird, test. 3. ad art. 98. sing. . Die Convocation der Bürgerschafft
auch nicht gäntzlich unterlassen worden, sondern so offt es nöthig, geschehen,
juxta test. 4. ad art. 101. sub ingleichen die Ausleihung der Capitalien die
Burgemeister auf ihr eigen Gutdüncken, wie test. 1. ad art. 109. aussaget,
nicht gethan, auch ad art. 122 & 127. d. rotuli kein Zeuge sagen kan,
daß die Burgemeister den grösten Nutz der Schäfferey und des Vorwegs an sich
zögen, so wenig als sie ad art. 141. wissen, daß selbige über ihr Deputat-Holtz
sich eines mehrern angemasset, wie dann auch daß solch Holtz etwas länger
gemacht wird, vor 30. Jahren schon gewesen, vid. depos. test. 29. ad art. 138.
rotuli sub solchergestalt aber die vornehmsten Beschuldigungen aus derer
wieder die Burgemeister abgehörten Zeugen eigenen Aussage sich wiederlegen; So
erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß zwar beyde Burgemeister wegen derer
noch nicht völlig abgelehnten Puncte, wiewohl ohne formirung einer
schimpfflichen Inquisition, gebührend vernommen werden mögen, sie sind aber
zuförderst mit ihrer Nothdurfft zu hören und hat einige Bestraffung noch zur
Zeit nicht statt. V. R. W.
§. XI. Die Stadt-Schreiber und Actuarii haben in kleinen(Der dritte Casus einen Actuarium betreffende / den der Burgemeistee
garstiger Dinge beschuldiget.) Städten grosse autorität, passiren auch
an etlichen Orthen für Raths-Herren mit, und wird mir demnach vergönnet seyn,
dasjenige was zwischen einen Burgemeister und einen Actuario in einer gewissen
Stadt passiret, unter das Capitel, das von Haß der Collegen handelt einzu quar
tieren. Der Haß solcher Leute ist öffters nicht gantz ohne Grund oder
Unwahrscheinlichkeit, doch schaden sich die Hassende darmit, daß sie die Sache
zu hitzig oder doch nicht bedachtsam genug angefangen, wovon folgender casus ein
Exempel geben wird, der uns Anno 97. in Julio zugeschickt wurde. Es entstunde
nach dem Absterben einer ledigen Person an einen gewissen Orte, ein Geschrey,
daß der Todt dieser Person von einem des Raths (nehmlich von diesen Actuario)
dadurch wäre verursacht wor
|| [262]
den, daß er durch
unzüchtige Griffe ihr einen Schaden in Liebe gethan hätte, wannenhero auch die
Prediger des Orths über diese Sache, daß sie nicht untersucht würde, eyfferten.
Da nun auch von denen Predigern gewisse Weibes-Personen, als welche umb die
Sache wissen solten, benennet wurden, ließ der eine Bürgemeister eine Schedulam
an andre membra Senatus abschicken, in welcher er Vorstellung that, daß es
nöthig seyn würde, obgemeldete Weibes-Personen vorzufodern und abzuhören. Als
nun der Actuarius davon Nachricht überkommen, hatte er alsbald darwieder
protestiret und wieder den Burgemeister excipiret, auch die angegebenen
Weibes-Personen als diffamanten belanget, worauf aber kein decretum bey denen
actis zu befinden, sondern vielmehr diesen des Actuarii Suchen eine förmliche
denunciation war beygeleget worden, darinnen der verstorbenen Weibes-Person
Vater Joachim F. nebst seiner Ehefrauen selbst denuncireten, daß der Actuarius
die Verstorbene nothzüchtigen wollen, und als er dazu nicht gelangen können, an
ihr unziemliche Grieffe gethan, mit solcher Gewalt, daß wo nicht der Uterus
gäntzlich zerrissen, dannoch einige vasa verletzet worden, worauf sie erkrancket
wäre, stets in Blute gelegen, und nach vier Wochen hätte sterben müssen: so wäre
auch nach ihren Todte an dem Unterleibe eine hefftige Geschwulst gefunden
worden. Der Actuarius hatte hierauf copiam denunciationis begehret, war aber in
actis abermahl kein decretum darauf zu befinden. Vermuthlich war denen andern
Raths-Herren verdächtig vorkommen, daß diese denunciatio erst so spät einkäme,
nachdem der Actuarius schon wieder den Burgemeister excipiret hatte; und daß man
nicht eine Besichtigung und Section für der Begräbnüß angestellet. So war auch
allen Ansehen nach zu befahren, daß die angegebenen Weibes-Personen
meistentheils de auditu alieno deponiren würden, und hatte der dortige Inspector
selbst dieses Vorgeben von der denunciation des Vaters, für einen närrischen
Bericht gehalten, der ihm sehr suspect vorgekommen. Hierauff hatte der
Burgemeister sich nach Hoffe gewendet, und daselbst sich über seine Collegen
beklagt, auch den Actuarium nahmentlich dieser That beschuldiget. Da nun per
rescriptum dem Senatui verwiesen worden, daß sie nicht mit der Inquisition
verfahren hätten, nebst Befehl die acta einzuschicken, hatte der Rath Relation
abgestattet, und sich hauptsächlich damit entschuldiget, daß der Burgemeister
die denunciation und des Actuarii Supplicata ohne Vorwissen der übrigen
membrorum zu sich genommen, auch bißher nicht einlieffern wollen, wannenhero
auch bey Zurückschickung der Acten per
|| [263]
rescriptum ihm
die Einliefferung anbefohlen war. Nachdem nun auch dieses geschehen, war der
Actuarius eingekommen, und hatte copiam denunciationis, auch zugleich terminum
contra den Denuncianten und seine Frau, ingleichen daß ihm wieder den
Bürgemeister actio injuriarum eröffnet werden möchte, gebeten; worauff von Rath
decreriret worden, daß dieses des Actuarii Suchen ad Extrancos verschickt werden
und darüber gesprochen werden solte. Und in dieser Beschaffenheit wurden die
acten uns gesendet.
§. XII. Was nun hierbey zu thun? Es war an dem, daß ex(Unser Urtheil cum rationibus.) actis
offenbahr, daß der Bürgemeister dem Actuario gehäßig wäre, massen denn noch
sechs andre Beylagen bey denen acten zu befinden waren, die eine andre
injurien-Sache zwischen den Bürgemeister und Actuarium betraffen: die
angeschuldigte That selbsten war sehr unglaublich, und das machte die
denunciation noch mehr verdächtig, daß der denuncirende Vater und sein Weib
nicht erschienen waren; als man sie über die denunciation summarisch vernehmen
wollen. Gleich wohl war auch die That nicht so geringe zu achten, daß man nicht
zum wenigsten die general-Inquisition anzustellen hätte Ursache gehabt.
Derowegen konte nichts anders als ein interlocut folgen, davon die beygefügten
rationes decidendi zeugen werden, warumb wir dasselbige eben auf diese Art
abgefasset.
Daraus so viel zu befinden, daß vor allen Dingen Joachim F. und dessen Ehefrau
nochmahlen bey nachdrücklicher Straffe persönlich vorzuladen, und wenn sie
erschienen, denenselben die n. 4. actorum befindliche denunciation deutlich
vorzulesen, auch sie darüber zu vernehmen, ob sie sich zu solcher denunciation
bekennen, und dieselbe den Bürgemeister übergeben lassen, auch besagte
denunciation eydlich zu bestärcken sich getrauen? Daferne sie nun sich darzu
verstehen; wird solcher Eyd von ihnen gebührend aufgenommen, werden es
auchsodann die in fine ihrer denunciation und die von M. Andrea P. an 26. Mäy
1696. Act. n. 17. bekandten Weibes Personen über dasjenige, so ihnen von dieser
Sachen wissend seyn möchte, jedoch nur generaliter, und ohne Suppeditirung des
Actuari Nahmens summariter vernommen. Wenn nun solche ihre Aussage
niedergeschrieben und wie sichs gebühret, registriret, oder da Joachim F. und
sein Eheweib sich zu der denunciation nicht verstünden, wenn alsbald die
sämbtlichen Acta an ein Collegium Juridicum anderwerts versendet werden, ergehet
sodann des Actuarii beschehenen Suchens, oder seiner Person, ingleichen der
Unkosten wegen, und sonsten in der Sachen allenthalben ferner was recht ist.
Inzwischen ist doch der
|| [264]
Bürgemeister bey dieser Sache
ferner sich alles Vortragens, Beysitzens und Votirens gestalten Sachen nach zu
enthalten schuldig V. R. W.
Rationes decidendi: Es ist aus denen Actis zu ersehen, daß zwar der Actuarius
(der in der denunciation N. 4. beschuldiget wird, daß er F. Tochter den
Beyschlaff zugemuthet, und auf deren Verweigerung dieselbe dergestalt
ungebührend und gewaltsamer Weise betastet, daß sie bald darauff sterben
müssen:) sofort, nachdem er von der herumbgegangenen schedula volatili Nachricht
bekommen, wieder die darin intendirte Inquisition durch ein Memorial
protestiret, folgends und ehe noch die Denunciation eingekommen, über die von
dem Inspectore benannte Weibes-Personen tanquam diffamantes sich beschweret,
auch nachdem er vernommen daß die Denunciatio ad Acta gekommen, eiffrig umb
derselbigen Communication angehalten, wie er denn dabey noch zuletzt, da der
Bürgemeister dieselbe wieder zurück ins Gericht gegeben, verharret, und zugleich
sowohl wieder die Denunicanten als auch gedachten Bürgemeister actionem
injuriarum anzustellen sich vorgenommen, ch und dadurch allen Argwohn von sich
ablehnen wollen; Hiernechst der Bürgemeister sich sehr verdächtig gemacht, als
ob er ex odio wieder den Actuarium, die beyden Denuncianten, der verstorbenen
Vater und Mutter zu der vorgenommenen Denunciation auffgebracht, auch
dererselben Nahmen nur zum Deckel seines privat-Hasses mißbrauchet, re vera aber
für seine Person die Sache getrieben, indem er nicht nur zu erst per schedulam
volatilem die inquisition urgiret, sondern auch hernach, unerachtet der
Actuarius wieder seine Person allbereit protestiret gehabt, die besagte
Denunciation auff das Rathhauß gebracht, und auff eine ungewöhnliche Manier und
proponirte quaestion wegen des Stempelpapiers selbige kund gemacht, hernach
solche Schedulam Denunciationis pro lubitu & insciis Collegiis ab Actis
genommen, den Actuarium damit in B. so lange diffamiret, biß sie auch dem
Fiscali in die Hände kommen, auch dieselbe nicht ehe, biß Churfürstl. Befehl
eingelanget, zurück geben wollen, und den Actuarium in einem an das Churfürstl.
Cammer-Gerichte gestelleten Supplicato öfffentlich eines attendirten violenti
stupri incusiret. Es ist aber hiernechst ex actis nicht zu sehen, daß bey F.
verstorbenen Tochter eine inspectio Medicorum aut obstetricum adhibiret worden,
es ist auch Denunciatus, da das delictum inter solos geschehen seyn soll / sonst
nicht graviret, und können über dem die benannte Weibes-Personen, dem Ansehen
nach, nur de auditu alieno deponiren, und ist auch endlich, wie die angegebene
Denuncianten selbst gestehen, kein consummatum delictum vorhanden, sondern es
nur in meris attentandi terminis geblieben, dahero es scheinen möchte, daß
Denunciatus ab inquisitione alsbald zu absolviren und seinem Suchen ratione
communicandae copiae denunciationis & concedendae actionis injuriarum
allerdings zu deferiren gewesen. Die
|| [265]
weil aber
dennoch Denunciatas sich dadurch nicht wenig verdächtig gemacht, daß er sofort
sich protestando bey dem Rath angegeben, und wieder den Bürgemeister, tanquam
infensissi num hostem excipiret, da doch so wenig der Inspector ad Protocollum,
als auch der gedachte Bürgemeister in schedula denselben mit Nahmen genennet,
sondern von beyden nur einer Person des Raths in genere gedacht worden, wobey er
salvo jure suo, biß man deutlicher herausgebrochen, wol acquiesciren können;
Hiernechst, ob der Burgemeister den Joachim F. und seine Frau ex privato odio
auffgebracht, oder ob nicht vielmehr die übergebene Denunciation auff ihr Geheiß
verfertiget worden, annoch altioris indaginis ist, und allererst untersuchet
werden soll, auch dasjenige, was sonst ratione injuriarum zwischen mehr
gemeldetem Bürgemeister und dem Denunciato vorgegangen, biß wegen der
geschehenen Denunciation genungsamer Grund ad acta gebracht, ausgestellet
bleiben muß, und wenn die Sache wieder Denunciatum ausfällt, ihme keine actio
injuriarum zu concediren ist, und wenn gleich keine inspectio defunctae
vorgegangen, dennoch dieser Umbstand mehr ad determinationem poenae als ad
fundandam aut excludendam inquisitionem gehöret, und wie in der Denunciation
enthalten, Denunciatus durch seine gewaltsame unziemliche Griffe die vasa uteri
der defunctae dergestalt verletzet haben soll, daß sie sofort darauff kranck
geworden, immer im Blute gelegen, auch nach ihrem Tode annoch am Unterleibe ein
hefftiger Schwulst befunden worden, bey welcher Bewandniß denn durch die
benandte Weibes-Personen vielleicht ein und anders herausgebracht werden möchte,
welches sie etwa von der Verstorbenen selbsten gehöret, oder sonst zu
Erkundigung eines und des andern Umbstandes dienen könte, endlich aber das
Delictum an sich selbst nicht so gering zu schätzen, weil es zwar nicht stuprum
violentum consummatum, dennoch maximis cum violentiis attentatum wäre, &
quidem tale, quod insecutae morti causam suppeditaverit, quodque ut prorsus
detegatur atque puniatur Reip. maxime interesset, damit die Blut-Schulden nicht
auff das Land gehäuffet und GOtt dadurch zur gerechten Straffe bewogen würde,
überdem Denunciatus selbst bereits sub. n. 3. Actor. die in sententia benandte
Weibes-Personen vorzufordern gebethen und dadurch auch dem Denunciato an seinem
etwa habenden Rechte in keinerley Weise praejudiciret wird; So haben wir noch
zur Zeit definitive nicht sprechen können, besondern für das rathsamste
geachtet, per interlocutoriam die Sache, wie in dem Urtheil enthalten, zu
veranlassen. Und weil darnächst es sich erstlich ergeben muß, ob Denunciantes
legitime denunciret, oder, Denunciatus calumniose traduciret worden, wovon man
anitzo noch nichts positives zu determiniren vermocht; So sind auch die Unkosten
biß zu geschehener fernerer Untersuchung der Sachen ausgesetzet worden.
|| [266]
(Der vierts casus wegen eines
beschuldigten aber von Gegentheil veranlaßten perjurii:
nebst dem ersten Urtheil.)
§. XIII. In dem September des 1697. Jahrs wurde uns ein anderer merckwürdiger
casus zugeschickt, da in einer gewissen Fürstlichen Residentz der Rath einen
alten betagten Raths-Herrn, der auf der Grube gieng, vermittelst des
Cammerschreibers daselbst unverschuldet in eine infame Inquisition wegen eines
imputirten perjurii verwickeln wollen, auch allbereit auff gewisse masse von
einem berühmten Collegio juridico eine favorable Sentenz erhalten hatte. Die
Umbstände dieses Handels sind ausführlicher in denen unsern Urtheil beygefügten
rationibus decidendi zu befinden, zu deren weiteren Erleuterung aber wird nicht
undienlich seyn die folgende anitzo praeliminariter anzumercken. Der Raths-Herr
Johann George B. hatte von dem Cammerschreiber Andreas Z. 50. Gülden aus seinen
Handels-Buche gefordert. Beklagter hatte die Schuld verneinet, und von Klägern
die Beschwerung des Handels-Buchs verlanget, auch da Kläger solches beschweren
wollen, in die formulam juramenti die clausul, daß diese Schuld auch nicht
bezahlet sey, mit einrücken lassen; da dann Kläger gestanden, daß er 40. Gülden
bekommen und also noch 10. Gülden restirten. Als aber Kläger an die Worte kam:
So wahr mir GOtt helffe, zoge Beklagter Klägers ihm zu geschickten Auszug aus
dem Handels-Buche aus dem Schubsack herfür, und wiese Senatui, daß Kläger ihn
unter den Auszug allbereit über die gesamten 50. Fl. quittiret hätte, worauff in
der gantzen Stadt von Klägers perjurio geredet und jussu Regiminis wieder selben
auch eine inquisitio angestellet wurde. Dieser hatte hingegen in seiner
defension hauptsächlich zweyerley momenta angeführet. 1) Wenn es ja an dem wäre,
daß er Beklagten über die funffzig Gülden quittiret hätte, so wäre es bloß in
Hoffnung futurae solutionis und in diesen Ansehen geschehen, weil er das von
Beklagten ihm gegebene Pfand noch in Händen gehabt, so in 10. Doppel-Ducaten
bestanden, und also gedacht, wolte Z. das Pfand haben, müste er auch die übrigen
10. Fl. wohl zahlen, wenn er gleich darüber quittiret wäre. Hernachmahls aber
habe Beklagter Z. ihm bedrohen lassen, wenn er das Pfand nicht restituiren
wolte, so wolle er Z. verhindern, das Klagender B. zu seiner Forderung bey der
Fürstlichen Cammer nicht gelangen solte, darauffhabe B. bedacht, daß ihm Z. als
Cammerschreiber daran hinderlich seyn könte, und hätte ihm also die 10. Ducaten
durch den Steuer Schreiber zurücke geschickt, aber dabey als ein alter Mann
vergessen, wegen der völligen Qvittung etwas zu erinnern, 2) So sey es, wenn man
seine Qvittung genau ansähe, falsch, daß er über funffzig Gülden
|| [267]
quittiret hätte, sondern es hiesse furzig, indem er
als ein Ungelehrter nicht orthographice schreiben könne. Gegentheil wolte dieses
nicht gestehen, reumte zwar B. ein, daß er nicht orthographice schriebe, al
leine das streitige Wort hiesse nichtfurzig, sondern funzig. Es wurde aber
hiernächst jussu regiminis auch wieder Z. und den Rath eine Untersuchung
angestellet. Jener Z. wurde beschuldiget, daß er durch Hinterhaltung der
Qvittung B. in ein perjurium einzulocken intendiret habe; und gestunde zwar
dieser, daß er vor der Eydesleistung die Qvittung in der Neben Stuben dem
Bürgemeister H. und etlichen andern gewiesen: item er habe zu B. gesagt, er
gedächte ihm und sein Weib zu schimpffen, er würde sich aber selbst schimpffen:
Er entschuldigt sich aber dabey: er hätte nicht gedacht, daß B. schweren würde.
Dem Rath aber wurde imputiret, daß sie dieses perjurium nicht gehindert, sondern
unerachtet sie von der Sachen wahren Beschaffenheit gewust, dasselbe vielmehr
durch ihre connivenz befördert: worbey sonderlich den Rath zu graviren schiene,
daß zwey Zeugen ausfagten es hätte der Syndicus zu B. gesagt, er solte sich in
acht nehmen, es dürffte was dahinter stecken. Hingegen hatte Bürgemeister H.
eydlich ausgesagt daß Z. zwar von der Eydesleistung ihm in der Neben Stube den
Auszug vorgezeiget, und er gesehen hätte, daß darunter gestanden wäre, es wäre
etwas auf Abschlag bezahlt, wie viel es aber gewesen, wäre ihm nicht mehr bewust
etc. Hieraus nun entstunden weitläufftige und verwirrete acta, und als diese ad
Dominos E. geschickt wurden, erkenneten diese Actorum fol. 459. seqv. wie
folgender summarischer Extract ausweiset.
Daß sich B von dem ihm imputirten falschen Eydschwur nicht purgiret, und würde er
dahero billich wegen vorkommender Umstände mit 50. Reichstha lern in Sraffe
genommen, auch ein Jahr lang von seinem Raths-Amt suspendiret: Andreas Z. wäre
in dreyßig Thlr. zusamt 10. Gülden, so er wegen der von B. abgelegten Eydes, zu
zahlen schuldig, zu condemniren: der Rath aber zu absolviren etc.
§. XIV. Hierwieder hatte nun B. Leuterung eingewendet, worauf(Unser auf die darauf eingewendete Leuterung
gesprochenes Urtheil.) die Acten wegen angegebener vieler Zeugen die
sich Zeugnüß abzulegen geweigert, und wegen anderer Umbstände von neuen sehr
angewachsen, das merckwürdigste draus bestund darinnen, daß urgiret wurde:
Domini E. hätten in rationibus decidendi irrig supponiret 1) daß in dem Auszuge
Funzig zu befinden, da es doch Furzig hiesse 2) daß B. post praestitum
juramentum erschrocken, da doch dieses wohl einem
|| [268]
(
cum rationibus.
) viro constantissimo begegne, zumahlen da ihn der Syndicus alsbald nach
geleisteten Eyde angeredet, was er gemacht hätte und ob dieses seine Hand wäre?
3) Daß B. gesagt: wenn er falsch geschworen, hätte es der Cammerschreiber
schwerer zu verantworten als Er: item er möchte wünschen, daß ein Advocatus oder
Geistlicher dabey gewesen; da doch dieses theils conditionate geredet worden,
theils einen andern scopum gehabt hätte, nehmlich, daß in der gantzen Sache
legaler, Christlicher und vorsichtiger wäre verfahren worden. Ferner hätte der
Amts-Actuarius, der vorhin bey der Commission vices Secretarii bekleidet,
deponiret, daß der original Auszug so Vol. 1. fol. 198. zu befinden, damahls,
als er ad acta produciret worden, bey dem Worte Funzig nicht so radiret und
geändert gewesen als itzo. In übrigen gestunden Domini E. zum Theil selbsten daß
bey B. kein animus pejerandi gewesen, massen auch testes fol. 67. Vol. 1.
deponiret, daß er, da erschweren sollen, vor dem Rath gesagt: Er könne nicht
anders schweren, als daß er von seiner verstorbenen Frauen gehöret hätte, daß Z.
Frau die 10. Gülden noch schuldig wäre. Wegen des Fürgebens, daß er sub futurae
solutionis, und weil er das Pfand in Händen gehabt über die 50. Fl. quittiret
hätte, käme ihm dieses zu statten, 1) weil in seinen Cram-Buch befunden worden,
daß er darinnen nur 40; Fl. empfangen zu haben notiret, und dabey die Worte: auf
Abschlag gesetzet, 2) Weil Z. ad articulos selbst zugestanden, daß B. ihm die
Ducaten nach der geschehenen Zahlung vorenthalten, welches vermuthlich nicht
absque causa geschehen wäre. 3) Weil Z. gestehe, daß nach der Zeit, als er die
10. fl. laut der Quittung schon bezahlet haben wolle, B. ihn durch den
Steuer-Schreiber mahnen lassen, welches denn mit B. Vorgeben übereinkommet An
allermeisten aber käme B. zu statten, daß 4) Z. nicht wissen wolle: Ob; und wenn
er die 10. Gülden gezahlet, ausser daß er die Quittung habe, das übrige kan aus
unsern rationibus vernommen werden, massen auf obbesagte Leuterung in Facultate
nostra folgendes Urtheil beschlossen wurde.
Nunmehro aus den Acten so viel zu befinden, daß Johann George B. von der wieder
ihn angestelleten inquisition zu entbinden, auch wegen des angeschuldigten
Meineydes mit einiger Straffe nicht zu belegen, sondern damit wie nicht weniger
der Bezahlung der Inquisitions Kosten, ausser so viel auf seine defension
verwand, etc. Gestalten Sachen nach billig zu verschonen sey, und wird zwar
Andreas Z. von der ihm zu erkandten Straffe der 30. Rthlr. nunmehro gleichfalls
absolviret, es wird aber nichts desto minder demselben, daß er durch geflissene
Hin
|| [269]
techaltung der angegebenen Quittung
Johann George B. zu einem Mein-Eyd anzulocken und folgends denselben in Schimpff
und Hohn zu bringen, so viel an ihm gewesen nicht ermangeln lassen, ernstlich
verwiesen, und ist er die von B. geforderte und mit einen Eyde bestärckte 10.
Fl. gedachten B. zu bezahlen, auch die Unkosten, so viel deren auf seine
Defension verwand worden, nach vorher gehender Specification und richterlicher
Mäßigung zu erstatten schuldig. So viel aber Burgemeister und Rath betrifft,
werden denenselben die bey der Eydes delation und Abfassung der formulae
juramenti als auch bey Abschwerung des Eydes untergelauffene illegalitäten, so
wohl auch die wieder ihren Collegam, Johann Georg B. überall bezeugte Bitterkeit
und Feindschafft, nicht minder in Actis sich erfindende protractio Processus,
Wiederspenstigkeit und Ungehorsam gegen die von Hochfürstlicher Regierung
ergangene verschiedene ernstliche Befehliche, wegen B. alles in statu quo zu
lassen: infonderheit aber Bürgemeister H. daß da ihm von der verhandenen
angegebenen Quittung bewust gewesen, er dennoch bey instehender Eydesleistung
davon stille geschwiegen und also auch er, so viel in seinen Vermögen gestanden,
B. zu Begehung eines Meineydes zu induciren nichts unterlassen, nachdrücklich
verwiesen, auch hinfüro dergleichen zu unternehmen bey erfolgender scharffen
Beahndung alles Ernstes insgesambt und sonders untersaget, zugleich aber der
Rath so wohl, als Johann Georg B. von Hochfürstlicher Regierung alles Ernstes
und Fleißes, auch da es nöthig, und sich Bürgemeister und Rath ferner weigern
wolten, gestalten Sachen nach durch Beyfügung Hochfürstlicher Autorität und
juris territorialis nach dem von B. Vol. 2. Act. fol. 209. bereits gethanen
Vorschlage, Christlich mit einander ausgesühnet, und einander alle Liebe und
Ehre, wie membris eines Collegii, die der Bürgerschafft mit guten Exempel
vorgehen sollen, wohl anstehet, inskünfftige jederzeit zu erweisen,
nachdrücklich und bey Vermeidung Hochfürstlicher Ungnade angemahnet, und sind im
übrigen Bürgemeister und Rath die auf diesen Proceß verwandte Unkosten, ohne so
viel davon B. u. Z. wegen der von ihnen geführten Defension tragen müssen, auf
vorhergehende Specification und erfolgte richterliche Mäßigung, vorkommenden
Umbständen nach zu bezahlen schuldig, Alles V. R. W.
Rationes decidendi.
Ob wol keine rationes decidendi von uns begehret worden, auch Domini E. in dem
vorigen zu Ende Volum. 1. befindlichen Urtheil ihre rationes decidendi ipsi
sententiae mit eingerücket; dieweil wir aber die Umstände ex Actis anders
eingesehen als selbiges und also vor nöthig befunden, dero Rechtsspruch nach
unserer Conscienz gäntzlich zu ändern, als haben wir ex officio erachtet nöthig
zu seyn, dasjenige, was uns hiezu hauptsächlich bewogen, aufs kürtzeste
bey
|| [270]
zufügen. Und zwar anfänglich
supponiren Wir ex actis und entweder aus Bürgemeister und Raths ingleichen
Andreae Z. eigenen Schrifften und Geständnüß, oder doch ex tacita eorum
confessione und stillschweigender Einräumung dessen, was Johann George B. in
seinen Sätzen vorgegeben, ausgemacht zu seyn, daß da Johann Georg B. Andreas Z.
wegen der schuldigen 10. Fl. belanget, dieser ihm exceptionem solutionis nicht
opponiret, sondern aus andern Ursachen und fürnehmlich daß er von der gemachten
Schuld nichts wüste, deren Bezahlung geweigert. Als nun B. sein Handels-Buch
produciret, ist ihm a magistratu & quidem consensu des Beklagten das
Handels-Buch zu beschweren, zwar aufferlegt, aber dabey kein gewöhnliches
Decretum publiciret, vielweniger spatium deliberandi gelassen, sondern alles
tumultuarisch tractiret worden, wie dann auch der Eyd zu ungewöhnlicher Zeit an
einen Bußtage von B. exigiret und die Act. Vol. 1. fol. 31. befindliche
Juraments Notul gantz ungewöhnlich und nicht nach Art eines auf Beschwerung
eines Handels-Buchs gerichteten Eydes eingerichtet, und noch viel ungewöhnlicher
in derselben auf exceptionem solutionis, die doch nicht opponiret gewesen,
reflectiret worden: bey Ablegung des Eydes hat man B. unerachtet derselbe sich
zu dem Jurament nicht gedrungen, sondern selbiges vielmehr von sich abzuweltzen
gesucht, und dem Gegentheil, wenn es hätte seyn können, gerne deferiren wollen,
von Seiten des Raths nicht nur, wie gewöhnlich, vor der Straffe des Meineydes
verwarnet, sondern gantz ungewöhnlich, & praeter aut contra officium
judicis und zwar mit sehr nachdencklichen Worten, es möchte was heraus kommen,
zugeredet, den ihm von dem Rath vorher selbst aufgelegten Eyd nicht zu leisten,
auch da Z. den fol. 37. Vol. 1. befindlichen unterschriebenen Auszug, weßwegen
dieser Streit entstanden, produciret, hat der Syndicus mit nachfolgenden Worten:
Ey, daß es GOtt erbarm! Herr B. was hat er gethan &c. ihn B. nicht
undeutlich eines perjurii beschuldiget, wie dann auch Bürgemeister und Rath
denselben hernach in der gantzen Stadt als einen perjurium diffamiret und bey
dem Hochlöblichen Regimine dieserwegen denunciret vid. Vol. 1. fol 8. seqq.
junct. fol. 11. &c. Wie nun die gantze suspicio perjurii auf den von Z.
producirteu unterschriebenen Auszug ankömt, als worinnen die Post der 10. Fl.
mit angesetzt gewesen, und aus B. Unterschrifft man vermuthet, daß er durch
selbige bekennet, als ob sie mit bezahlet seye: als folget mit Bestande rechtens
nicht, daß derjenige, welcher deferente Judice und zwar cum consensu partis
adversae geschworen, daß ihm eine Schuld nicht bezahlet sey, der Gegentheil aber
seine Quittung hernacher produciret, alsofort pro perjuro zu halten, indem nach
gemeinen Rechten dergleichen Quittungen gar wohl exceptio non numeratae pecuniae
entgegen gesetzt werden kan, auch diese exceptio, si causa criminalis sit, an
die sonst gewöhnlichen tempora nicht gebunden ist, zumahlen da selbige, wie von
B. gesehen, mit gnug
|| [271]
samen praesumtionibus
bestärcket wird, immassen B. so wohl an den Rath, als an V. umbständlich die
Ursache der irrigen Quittung geschrieben Vol. Act. 1. fol. 295. & 298.
auch diese Beschreibung nicht nur durch des Steuerschreibers Aussage Act. vol.
1. fol. 99. seqq. (welcher zwar des B. Vorgeben nicht positive affirmiret, aber
doch auch nicht verneinen können, und nur wegen Verlauffung der Zeit seine
eigene facta vergessen) sondern fürnehmlich durch Z. eigenes Vorgeben, daß er
nicht berichten könne, wie, wann oder wo er die Zahlung der 10. Fl. gethan, wenn
es ihm auch einen Eyd kosten solte, am allermeisten aber, daß es sich nicht
zusammen reimet, daß Z. die quaestionirte Schuld vorhero gantz nicht agnosciren
wollen, und hernach in ipso jurandi actu die exceptionemfolutionis unzeitig
opponiret, wahrscheinlich gemachet worden. Ob nun wohl die Herren E. in
condemnando B. darauf gesehen, daß da er sich vorher zu der Unterschrifft des
Auszugs bekennet, daß er den quaestionirten Auszug mit 50. Fl. unterschrieben,
er hernach excipiendo dawieder eingewendet, daß Cammerschreiber Z. nur 40. Fl.
darauf bezahlet habe, auch sonsten erscheine, daß B. das Wort Vierzig nicht also
undeutlich, als wie er hernach vorgegeben, daß es unter dem unterschriebenen
Auszuge heissen solle, sondern mit den gewöhnlichen Buchstaben, die Zahl
funffzig aber mit funzig, wie in dem quaestionirten Auszuge geschehe̅, zu schreibe̅ pflege, über diß auch Inquisit nach
abgeschwornem jurament, wie er gedachte seine Hand gesehen, sehr erschrocken,
mit Vermelden, wenn er falsch geschworen, der Cammer Schreiber Z. es schwerer,
denn er, zu verantworten hätte, auch daneben bedauret, daß bey dem actu jurandi
kein Advocatus oder Geistlicher gewesen; So können wir doch noch nicht
absehen, wie hieraus die conclusion folgen solle, daß B. sich von dem imputirten
falschen Eydschwure nicht purgiret habe, indem ja anfänglich die von B.
opponirte exceptio non factae solutionis per jam deducta sattsam verificiret,
auch Domini E. selbst auf den Umbstand, daß Z. die geschehene solution nicht
einmahl zu bejahen sich getrauet, wiewohl nur ad mitigandam poenam reflectiret,
hernach was das Wort funzig anlanget, (1) bißhero a Defensore B. weitläufftig
disputiret worden, daß das im unterschriebenen Auszug befindliche Wort nicht
funzig, sondern furzig heissen soll, auch (2) B. billich zu statten kommen muß,
daß bey der von dem Rath übergebenen Abschrifft vondem Auszug Act. fol. 37. b.
vol. 1. dasselbige ausgestrichen und furzig drüber gesetzt worden, welches auch,
daß es a Commissario geschehen, für wahrscheinlig gehalten wird, weil Gegentheil
hiewieder niemahlen etwas beständiges in contrarium allegiret, derselbe aber
nunmehro verstorben, daß man von ihm die wahre Beschaffenheit nicht erfahren
kan, (3) auch noch nicht so klar, daß B. die Zahl 50. mit funzig zu schreiben
pflege, massen dasjenige, was in contrarium Vol. 1. fol. 263. & fol.
398. produciret worden, weitläufftige vidimirte Extracte sind, worunter der
Notarius nicht mehr, als daß sie von Wort
|| [272]
zu Wort mit
dem Original überein kämen, bezeuget, nicht aber ausdrückliche Erwehnung thut,
welches billich hätte geschehen sollen, daß in dem original, wovon der extract
genommen, das Wort funzig ohnef geschrieben sey, auch bekandt, daß die Notarii
in Collationirung nicht eben auf alle Buchstaben, wie dieselbe geschrieben sern
Achtung zu geben pflegen, auch die Worte der Vidimus, von Wort zu Wort gleich
lautend, nicht so viel heissen, als von Buchstaben zu Buchstaben / endlich aber
(4) es heisse das Wort in dem unterschriebenen Auszug nun wie es wolle, B.
fürnehmlich ad excusationem perjurii zu statten kommen muß, daß das original von
dem Auszuge quaestionis nicht bald anfänglich ad acta gebracht worden, hernach
aber da solches geschehen testantibus Actis Vol. 1. fol. 198 b. besagtes Wort
radiret und corrigiret besunden wird, und also kein beständiges indicium wieder
B. machen kan. Und ob er wohl vorhero selbsten es vor funffzig gehalten, so kan
ihm doch diese Meynung nicht graviren, indem das attestatum Medici von seinem
schwachen Gedächtniß ihm hier billig zu statten kommet, und aus dem, daß er von
diesem Geständniß hernach abgefallen, keine suspecta variatio inferiret werden
muß, zumahlen ohne dem einem Reo frey stehet, sich unterschiedener, auch dem
Ansehen nach wiederwärtiger Exceptionum, als z. E. non competentis actionis,
praescriptionis & solutionis &c. in civilibus, geschweige dann
in criminalibus, zu bedienen, B. auch in gegenwärtigem casu nicht
unwahrscheinlich vorgiebet, daß er zu seiner ersten Geständniß durch das
ungewöhnliche Zureden und Ubereilung derer Judicum bewogen worden, welcher
Umbstand ihn auch gar leichtlich a perjurii suspicione excusiret, wenn die
Sententia E. von seinen Erschrecken und Bedaurung, daß kein Advocat oder
Geistlicher dabey gewesen, ein argumentum condemnandi nehmen wollen.
Andreas Z. haben wir die quaestionirte Fl. an B. zu bezahlen condemniret,
weil er zufrieden gewesen, daß in B. Eydes Formul die clausul non facta
solutione mit gesetzet worden, auch per deducta er pro perjuro nicht zu achten,
noch die Unterschrifft im Auszuge ob rasionem & correctionem auch quod
Interesse civile in keine consideration zu ziehen ist, wie dann auch die Herren
E. selbst davor gehalten, daß er nach Erforderung der Rechte selbige zu zahlen
schuldig sey, daß wir aber die ihm a Dominis E. dictirte Geldbuße in einen
Verweiß verwandelt, ist deßhalb geschehen, weil Domini E. davor gehalten, daß B.
ein perjurium begangen habe, auf welchen Fall den Z. intention und cooperation
in grösserem Grad straffbahr wäre, als da nach unserer Meynung auf Seiten B.
kein perjurium erfolget.
Warumb Domini E. Bürgemeister und Rath von B. Klage entbunden und B. hiernebst in
die Unkosten condemniret, können wir nicht ergründen, weil wir keine rationes
bey diesem puncto angeführet gefunden, wir halten vielmehr dafür,
|| [273]
daß Vermöge derer in specie facti gemeldeten
Umbstände der Rath durch seine illegalität, auch wegen der bey seiner
denunciation, und durchgehends in Actis wieder B. bezeigten Feindschafft,
protraction und Wiedersetzlichkeit wieder die Hochfürstlichen Rescripta, davon
die Acta durchgehends und absonderlich ihre eigene Schrifften, fürnehmlich aber
das Vol. 1. fol. 74. befindliche Schreiben ihre animosität wieder B. und
ungegründetes Verfahren und Begehren sattsam bezeugen, nicht nur den ihm
deswegen von uns zu erkandten Verweiß, sondern auch wohl verdienet hätten, daß
man dieserwegen B. die begehrte actionem injuriarum wieder sie verhangen und
nachgelassen, und also auch in diesem Stücke die vorige Sentenz corrigiret
hätte, wir würden auch solches zu thun nicht angestanden haben, wann wir nicht
eines theils auf die continuation des grossen Aergernisses, das solchergestalt
bey der gantzen Stadt zu befahren gewesen wäre, andern theils aber darauf, daß
B. nach denen Actis auf der Grube gehet, und selbst durch seinen Defensorem
gütliche Vorschläge gethan, reflectiret hätten, weßwegen auch nicht zu
verwundern, daß ob wir uns wohl bescheiden, daß regulariter die Obrigkeit die
Partheyen zur Güte nicht zwingen könne, wir dennoch etliche extraordinaire und
sonst ungewöhnliche Clausulen unserer Sentenz disfals angehenget, zumahlen ohne
dem actio injuriarum ad meram vindictam abzielet und hierin einer Christlichen
Obrigkeit billig mehrere Macht, dieselbe einzuschräncken, gelassen wird, als
regulariter in actionibus rei persecutoriis zu geschehen pfleget, und werden
sich beyde Partheyen um so viel desto weniger in diesem Stück zu beschweren
haben, weil B. ohnedem allbereit vorhero sich zum Vergleich angeschicket und wir
in sententionando auf die von ihm gethane billige Vorschläge reflectiret, der
Rath aber hierdurch mehr Vortheil, als Schaden gewinnet, indem seine facta
wieder B. leichtlich ex ipsis actis zu verificiren, auch selbige so beschaffen,
daß secundum rigorem juris nicht unbillig eine harte sentenz tam quoad interesse
privatum B. quam quoad poenam adjungendam wieder sie zu befahren gewesen, die
wir aus obigen Ursachen jetzo nicht gelinder zu verfassen vermocht, als daß wir
den Rath nur in die Erstattung der verursachten inquisitions Kosten condemniret
und zwar nach allgemeinen Rechten, nach welchen eine Obrigkeit temere facta
denunciatione innocentis sich an dem Denuncianten zu erholen pfleget.
§. XV. Mit den vorigen casibus kömt einiger massen ein anderer(Der fünffte Casus von einen
Kaths-Herrn / den ein feindseeli-) überein, der in Anfang des 1700.
Jahrs an unsere Facultät gelangete. In einen Städtgen war ein Raths-Herr und
Scabinus Johann C. der zugleich Notarius war, der aber den Amtmann daselbst
Johann Gottfried G. zum Feinde hatte, weil er diesen injuriarum belanget. Dieser
berichtete an die dortige Regierung daß C. falsche instrumenta gemacht hätte,
worauf ihm anbefohlen wurde, die general inquisition
|| [274]
(ger Amtmann criminis fálsi
beschuldiget.) vorzunehmen, und hernach erkennen zu lassen, ob
Inquisitio specialis statt fände. Da aber der Amtmann anfing Zeugen abzuhören,
erfuhr dieses der Notarius C. stellte der Regierung G. Feindschafft für, und
erhielt, daß die Acta von diesen abgefordert, und ihm C. defensio pro avertenda
verstattet wurde. Aus denen eingesendeten Actis war nun folgendes fürnehmlich zu
mercken: daß zwar Anfangs registriret worden, es gienge die Rede von C. als ob
er falsche Instrumenta gemacht hätte, es hatte aber der Amtmann nicht dabey
gesetzt, von wem er diese Rede gehöret. Ferner berufften sich alle abgehörte
Zeugen auf Johann Martin K. dieser war aber in einen beygelegten Volumine
Actorum von dem vorigen Amtmann in einen Bericht, als ein Pasquillante, Lästerer
und Verleumbder umbständlich abgemahlet worden, So war auch dieses notable, daß
da sich dieser K. in seiner Aussage wieder C. expresse auf den Aceise Director
S. bezoge, den eben die Sache angehen und wieder welchen C. die falsa
instrumenta gemacht haben solte, S. sich schrifftlich erklähret hatte, er wisse
von dieser Beschuldigung gar nichts: C. habe weder vor noch wieder ihn
dergleichen instrumenta gemacht und wisse er nichts als alles Liebes und Gutes
von C. zu sagen. Solchergestalt nun ist leichte zu errathen, wie das von uns
gesprochene Urtheil gelautet haben müsse, und werden es auch die beygefügte
rationes decidendi noch umbständlicher anzeigen.
Daß wieder Johann C. mit der general inquisition ferner nichts vor zu nehmen, es
findet auch die special inquisition gestalten Sachen nach wieder denselben nicht
statt, deßhalb die suspension hinwieder aufzuheben. V. R. W.
Rationes decidendi.
Ob wohl eines Theils C. nicht wenig ad inquisitionem specialem zu graviren
scheinet, daß gleichwohl die bey vorgewesener general inquisition abgehörte
Zeugen insgesammt Meldung gethan, als ob C. falsche Instrumenta verfertiget
hätte, welches sonderlich der eine Zeuge Johann Martin K. bestättiget und sich
dabey auf den Accise Director S. beziehet, dieser aber einiger ergangenen
Ladungen unerachtet nicht erschienen, noch seine Aussage thun wollen, und
dadurch wie es scheinet, besagte C. noch mehr verdächtig gemacht hat, und also
auch scheinen möchte, daß bevor dieser S. in generali inquisitione abgehöret
wäre, C. von der special inquisition noch nicht loßgesprochen werden könte; So
dann ferner dem Ansehen nach wieder C. auch dieses eine Vermuthung machet, daß
er von denen Zeugen auch wegen unterschlagener Brau-Gelder, entwandten
Schnuptuches und Grases beschuldiget worden; andern theils C. sonderlich urgiret
hat, daß der Amtmann G.
|| [275]
bey vorgenommener general
inquisition gantz illegaliter verfahren, indem er sub initio der Registratur von
15. May 99. zwar gesetzet, daß die Rede wegen C. gienge, jedennoch aber er dabey
den eigentlichen denuncianten nicht benennet hätte, wesfalls die bekandten
Rechte ermeldeten C. zu statten zu kommen scheinen, vermöge deren einen jeden
contra Judicem per illegalem procedendi modum alteri injuriam inferentem der
regressoffen stehet; Weil aber dennoch eines Theils die abgehörten Zeugen sich
insgesamt auf Johann Martin K. beruffen, dieser aber nicht nur in vol. actor sub
Rubrica. Acta wieder Johann Martin K. und Berndt Jordan K. fol. 5. seqq. ein gar
schlecht Lob hat, und von dem Richter zu S. Victor St. als ein Pasquillante,
Verleumbder &c. beschrieben wird, sondern er auch selbst variret hat,
indem er der andern Zeugen Aussage nach von zweyen wieder einander lauffenden
Instrumenten geredet, hergegen aber derselbe in seiner deposition nur von einen
instrument, und daß C. nachhero in einen Schreiben an S. sich dißfalls
entschuldigen wollen, Meldung thut, im übrigen aber doch dabey eigentlich nicht
anzeigen können, worinnen dann das falsum bestanden seyn solte, vielmehr in fol.
37. in his actis C. ein sehr favorables attestatum selbst ertheilet hat, wie
denn auch gleichfalls der Accise Director S. ob er gleich selbst nicht
erschienen, dennoch in Actis C. contra G. in puncto injuriarum fol. 23. 24.
schrifftlich berichtet, daß ihm dieser Bezüchtigung halber nicht die geringste
Wissenschafft beywohne, weil C. weder vor noch wieder ihn dergleichen falsche
Instrumenta verfertiget hätte, und er denselben nichts als alles Liebes und
Gutes nachzusagen wüste, welches Zeugniß zu C. exculpation, sonderlich da S. die
Sache selbst angehen soll, allerdings zureichend ist, die übrigen
Beschuldigungen auch sowohl annoch in Ungewißheit beruhen, als auch an sich von
keiner Erheblichkeit sind; welchergestalt die Suspension von selbst dahin fällt;
andern theils aber der Amtmann G. zwar billig den denuncianten melden sollen,
jedennoch aber er die general Inquisition hauptsächlich auf vorhergegangenen
Befehl der Hochlöblichen Regierung wegen der zur Confirmation vorgeschlagenen
Raths-Personen Zuläßigkeit seinen Bericht abzustatten, laut fol. 1. in volum.
actor. sub rubr. Acta contra Herrn Rathmann Johann C. vorgenommenen, und diese
general Inquisition laut eines anderwärtigen Befehls d. vol. act. vol. 10.
fortgesetzt, und ihm also dißfalls ein böser Vorsatz so gewiß eben nicht
beygemessen werden kan; so ist dergestalt zuerkennen gewesen.
|| [276]
§ I.
(Praeliminar Anmerckung von
gemeinen Zustand der Richter und Advocaten.)
ES ist kein Zweiffel, daß leyder gar vielfältig, sowohl Richter als Advocaten,
nicht, wie sie wohl solten, denen Partheyen, so geschwinde als möglich, zum
Recht verhelffen, sondern beyderseits unter den Schein des Rechtens und durch
Mißbrauch der Proceß Ordnungen die Administrirung der Gerechtigkeit; so lange
als es möglich ist, aufhalten, damit jene fein viel Sportuln, diese aber
destomehr Advocaten-Gebühren, verdienen. Nichts desto weniger ist daraus nicht
eben zu schliessen, daß die Richter und Advocaten allezeit gute Freunde wären,
sondern sie beneiden einander zum öfftern und beschuldigen einander theils wegen
dieser muthwilligen Auffhaltung der Gerechtigkeit, theils wegen anderer Laster.
Nun ist zwar deßwegen der Kläger oder denunciant nicht eben so fort ex hac
circumstantia, daß er Richter, und der Gegentheil ein Advocate sey, aut vice
versa, in Verdacht zu ziehen, denn es giebt auch Gerechtigkeit liebende Richter
und Advocaten, die in ihren denunciren oder Klagen gegründet sind; aber es
weiset es doch die Erfahrung daß in dergleichen Fällen wo nicht mehren theils,
doch zum öfftern die affecten herrschen, wie folgende Exempel zeigen werden.
(Der erste casus von einem
zweydeutigen Attestat, das der Magisträt wieder einen Advocaten gegeben.)
§, II. Es hatte ein Hoff Advocatus R. in einer Stadt, wo eine Fürstliche Residenz
war, für denen Raths-Gerichten in einer gewissen Sache, darinnen er bedienet
gewesen, eine Replicam dem dortigen Syndico oder Secretario von Mund aus in die
Feder dictiret, dieser aber (nach dem leider nicht ungemeinen Exempel vieler
seiner Mitbrüder, die denen Referenten den Angstschweiß auspressen, so offt sie
von ihnen acta überschickt bekommen) hatte das dictirte so undeutlich und
unleserlich geschrieben, daß der Advocatus hernach selbst nicht wieder errathen
können, was es heissen sollen. Und ob er wohl gebeten, daß die Replic leserlich
umbgeschrieben werden möchte, hatte er doch solches nicht erhalten können,
darauff er inscio Senatu das unleserliche selbst emendiret auch etliche von dem
Syndico ausgelassene Worte angefü
|| [277]
get, weßwegen
er schon in Dec. 1688. per sententiam in drey Thaler Straffe condemniret worden,
die er auch der Cämmerey würcklch bezahlet, wie er dann hiernächst in eben
dieser Proceß-Sache dergleichen Schreib-Art wieder den Rath sich bedienet, daß
dieser bewogen worden, sich deßhalb die actionem injuriarum vorzubehalten,
massen dann auch durch Rechts kräfftige Urtheil ihnen diese Vorbehaltung
bekräfftiget worden. Als nun ferner nachhero ein gewisser D. Nahmens L. mit
diesem Advocato R. in einen injurien process gerathen, hat die dortige Cämmerey
jenen einen Extract aus der Cämmerey Hand-Buche mitgetheilet, worinnen die
formalia enthalten, daß R. diese 3. Thlr. Straffe erleget, weil er das
Gerichtliche Protocoll zu Rathhause geändert. Als aber
dieses geschehen, hat. R. die Stadt-Cämmerer ex lege diffamari für der Regierung
belanget, und da diese den gesamten Rath umb assistenz gebeten; hatte sowohl der
Rath als die Cämmerer sich bemühet, die Nichtigkeit dieser provocation
vorzustellen, jene zwar schützten veritatem facti für, welches also pro
diffamatione nicht gehalten werden könne; und obgleich in dem Urtheil, das den
R. die Straffe der 3. Thlr. dictiret, die Worte: Gerichtlich Protocoll und geändert nicht enthalten, so wäre es doch in der That
nichts anders: Die Cämmerer aber schützten vor, daß ihre Vorfahren dieses also
in das Buch eingetragen hätten, das sie nicht auslöschen können; Sie hätten auch
nicht gewust, daß der Cammer schreiber dem D. L. einen Extract daraus gegeben,
sondern dieses würde mandato Senatus gehehe̅ seyn.
Nichtsdestoweniger ertheilte die Regierung darauf den Bescheid: daß sich
Provocaten auff die Provocation deutlicher einzulassen, und zu dem Ende in
Schrifften zu verfahren schuldig, es wäre aber dem Stadt-Rathe unbenommen, ihnen
zu assistiren.
§. III. Dem Rath stunde dieser Abschied nicht an, dannenhero(Das von uns deshalb begehrte Responsum.) schickten sie Anno 1697. in November drey Fragen
an uns: Ob nicht vielmehr zu erkennen gewesen, daß Provocans cum refusione
Expensarum & indicta mulcta gäntzlich abzuweisen? und sie solchergestalt
rechtmäßige Ursache zu leutern hätten? Ingleichen: Ob sie nicht befugt wären,
die oben gedachte vorbehaltene, aber bißher unterlassene actionem injuriarum
wieder R. annoch anzustellen? worauff sie folgendes Responsum erhielten.
Als dieselbe uns einen Bericht nebst zweyen Voluminibus Actorum, wie auch drey
Fragen zugesendet und sich darüber des Rechten zu belehren gebethen, demnach
erachten etc. und zwar anfänglich auf die erste und andere Frage vor Recht:
|| [278]
Ist Heinrich R. ein Hoff-Advocat durch ein in causa
Rudolph T. contra Tobias H. Wittbe am 4. Dec. 88. eröffnetes Urtheil deshalb in
3. R. Straffe condemniret worden, daß er in der niedergeschriebenen Replica die
unleserlichen Worte ohne vorher gebethene Erlaubniß überschrieben, und einige
Worte mit eingemischet. Hat besagter R. diese 3. R. der Cämmerey bezahlet, und
es ist in den Cämmerey Hand-Buch verzeichnet worden, daß R. dieselbe deshalb
erlegen müssen, weil er das Gerichtliche Protocoll zu Rathhause geändert, es hat
auch hernach die Cämmerey dieserhalb D. L. zu Behuff seines mit R. habenden
Injurien Processus, einen Extract aus der Cämmerey Hand-Buch mitgetheilet. Hat
mehrgemeldeter R. solches pro diffamatione angenommen und bey der Hoch-Fürstl.
Anhalt. Regierung wieder die sämbtliche Stadt-Cämmerer provocationem ex L.
diffamari angestellet, worauff ein mündlich Verhör angeordnet und darnächst
erkandt worden, daß sich Provocaten auff die Provocation deutlicher, als
geschehen, einzulassen schuldig; es vermeynen aber dieselbe, daß die
Stadt-Cämmerer durch solchen Bescheid zum höchsten graviret worden, und daß
vielmehr der Provocant mit Vertheilung in die Unkosten und einer ziemlichen
Geld-Busse, so fort a limine judicii abzuweisen gewesen wäre, dannenhero sie
vorhabens sind sich dawieder des beneficii Leuterationis anietzo zu bedienen. Ob
nun wohl dieselbe anführen, daß das factum, dessen in der Cämmerey Hand-Buch bey
Eintragung der erlegten 3. Rthlr. gedacht wird, und daraus von dem Advocato R.
eine diffamation genommen werden will, in notorietate actorum judicialium
gegründet sey, indem besagter R. würcklich in solche 3. Rthlr. deßhalb, daß er
ohne Erlaubniß seine dem Syndico dictirte Replicam überschrieben und etliche
Worte mit eingemischet, condemniret worden, dannenhero auch daraus, daß dem D.
L. ein Extract aus dem Cämmerey Hand-Buch dieses Puncts wegen gegeben worden,
keine diffamation erzwungen werden könne; und wenn gleich die Worte: das
Gerichtliche Protocoll geändert, formaliter in sententia
condemnatoria nicht vorhanden, dennoch daselbst aequipollentia zu finden wären,
wie denn R. selbst in alia causa, da sein Gegenpart es auf eben solche Art
gemachet, dieses factum eine Aenderung genennet und daneben angeführet, daß er,
da er dergleichen gethan, solches mit 3. Rthlr. büssen müssen; ferner von Seiten
derer Cämmerer in termino angebracht worden, daß bey währender ihrer
administration der Cämmerey-Güter die Worte quaestionis in das Hand-Buch nicht
eingeschrieben, sondern solches bey Leb-Zeiten ihrer Antecessorum in officio
geschehen, sie auch endlich dem Cämmerey-Schreiber, den Extract dem D. L.
auszustellen, nicht befohlen: D. a. u. d. der Advocatus R. nur schlechterdings
provocationem ex L. diffamari angestellet, in welcher nichts anders, als nur
bloß quaestio facti, an diffamatio, vel illud, quod alter pro diffamatione
habet, revera factum fuerit, in consideration
|| [279]
kömmt,
die quaestio juris hergegen, an provocati, committendo facta, quae alter famam
suam laedere existimat, juste egerint, nec ne, hernach allererst zu erörtern,
wenn provocati Camerarii auff die geschehene provocation sich positive
eingelassen, und also die quaestio facti ihre Nichtigkeit erlanget hat,
dannenhero wenn gleich die provocati anitzo auff die Einlassung condemniret
worden, solche condemnatio dennoch nicht weiter gehet, noch ihnen ein anders
praejudicium zuziehen kan, als daß vermuthlich nach geschehener Einlassung ihnen
Klägers petito nach die von ihm angegebene diffamation rechtlicher Arth nach sub
poena perpetui silentii zu erweisen aufferleget werden möchte, bey welchen
Umbständen aber es leichtlich erscheinet, daß alles dasjenige, so de veritate
& notorietate facti Advocato R. imputati angeführet worden, noch zur
Zeit nicht attendiret werden können, sondern folgends mit dem zuführenden
Beweise zugleich vorzubringen seyn wird, so viel aber des Provocanten R.
intention in hoc judicio ratione probandi facti anlanget, die Cämmerer zwar die
Worte quaestionis dem Hand-Buch nicht einverleibet, auch nicht allerdings
gestehen wollen, daß der Extract aus demselben ipsorum scitu & jusu
seye ausgestellet worden, dennoch aber der Provocant für sich nicht unbillig
anziehet, daß besagter extract ausdrücklich unter der gewöhnlichen Unterschrifft
im Nahmen der Cämmerey abgefasset, und von dem Cammerschreiber eigenhändig
geschrieben worden, wowieder derer Cammerer schlechte und fluctuirende negatio
alleine nicht releviret, sondern sie sich allerdings deutlicher darauff heraus
zulassen schuldig sind, zugeschweigen, das darnächst auch noch quaestio altioris
indaginis seyn wird, ob die Uberschreibung einer unleserlichen Replic und die
Aenderung eines Gerichtlichen Protocolls pro synonymis & verbis idem
significantibus zu halten, ingleichen ob ein Cämmerer-Buch pro libro judiciali
zu halten sey, welches einem jeden, absonderlich in dergleichen Sachen, da man
leicht absehen kan, daß dem andern Theil dadurch einiger Nachtheil quoad famam,
(posito etiam, quod alter in erronea sit opinione,) zuwachsen könne, vorzulegen,
und daraus indistincte testimonia und extracte zu ertheilen seyn, bey welcher
Bewandnis alle solche angeführte exceptiones und so vielweniger bey der
geschehenen provocation, da der Provocant nichts mehr begehret, als daß denen
provocatis nur probatio diffamationis praetensae soll aufferleget werden, in
Consideration gezogen werden können; und was endlich von der Cämmerey de facto
antecessorum angeführet worden, deßwegen noch zur Zeit nicht in Consideration
gezogen werden können, weil R. in seiner diffamation Klage sich nicht allein
wegen der Niederschreibung, sondern auch wegen, des attestats, das nicht von
denen antecessoribus, sondern nur itzo ertheilet worden, beschweret. So
erscheinet daraus allenthalben so viel, daß der Provocant nicht so fort mit
Vertheilung in die Unkosten und einer ziemlichen Geld-Busse
|| [ID00286]
a
limine judicii abzuweisen gewesen, und also denen Provocaten aus dem Abschiede
der Hochfürstl. Anhalt. Regierung kein beständig gravamen zugewachsen und sie
also denselben cum effectu zu impugniren nicht vermögen. Es ist ihnen aber
darnächst bey verführenden Beweiß dieses alles gehöriger massen vorzustellen und
der Nothdurfft nach auszuführen unbenommen. Auf die dritte Frage erachten wir
vor Recht: Hat der Advocatus R. in Actis, so in causa Rudolph T. contra Tobias
H. Wittwe ergangen, unterschiedliche anzügliche Worte wieder den damahlichen
Stadt-Magistrat ausgelassen; Ob nun wohl der damahliche Stadt-Magistrat ihme
actionem injuriarum wieder R. vorbehalten, so auch durch Urthel und Recht
confirmiret worden, und dieselbe dabey anführen, daß dem gemeinen Wesen höchlich
daran gelegen, daß diese wegen Absterben der meisten damahls im Leben gewesenen
obern Rathsglieder ins stecken gerathene action nunmehro fortgesetzet werde,
zumahl R. nicht aufhöre, auch dieselbe mit allerhand injuriösen Red-und
Schreib-Arten anzutasten; Dieweil aber dennoch die damahls reservirte actio
injuriarum nicht würcklich angestellet worden, besondern dasieder über 6. Jahr
verlauffen, die reservatio actionis aber für nichts anders, als eine declaration
revocationis ad animum injuriae illatae gehalten werden kan, welche das jus
instituendi actionem nicht in perpetuum conserviret, sondern die actio nichts
destoweniger intra legitimum tempus angestellet werden muß, wo man nicht dem
Gegentheil de praescriptione ipsius zu excipiren, Anlaß geben will, und gleich
wie dem gemeinen Wesen daran gelegen, daß die delicta nicht ungestrafft gelassen
werden, also demselben auch hieran gelegen gewesen, daß denen actionibus tam
aliis, quam ex privato delicto venientibus & praecipue ad vindictam
privatam tendentibus, gewisse Grentzen gesetzt würden, ut litium aliquando esset
finis; und wann man gleich dabey einwenden wolte, daß allhie injuria Magistratui
illata und also ein delictum publicum vorhanden sey, welches ad regulas
delictorum privatorum nicht zu examiniren; dennoch hierbey, die Untersuchung,
wie weit sothane objection auf actionem injuriarum appliciret werden könne
anitzo bey Seit gesetzet, wohl zu consideriren, daß der Advocatus R. unter ihrer
Jurisdiction nicht stehe, noch pro eorum subdito zu achten, sondern als ein
Hoff-Advocatus vermuthlich nirgends, als bey denen Hochfürstlichen Gerichten
forum agnosciret; So sind dieselbe die damahls wieder ermeldeten R. reservirte,
nunmehr aber ihren eigenen Geständniß nach praescribirte actionem injuriarum
anitzo noch anzustellen nicht befugt. Es bleibet denselben aber die de novo von
R. wieder sie ausgelassene injurien, so viel dererselben nicht praescribiret
sind, rechtlicher Art nach zu vindiciren unbenommen. V. R. W.
(Der andre casus, von andern)
§. IV. Anno 1699. in Januario wurden von dem Rath einer Stadt-Acta eingeschickt,
darinnen viele registraturen wegen Un
|| [281]
gezogenheit eines gewissen Advocaten Johann George B. zu befinden
waren,(einen vieler unverantwortlichen Dinge
beschuldigten Advocato.) und wurde gefragt,
wie derselbe zu bestraffen wäre. Seine Begünstigungen bestunden hauptsächlich
darinnen. Gegen den Vice-Judicem solte der Advocate gesagt haben: es solte noch
wohl die Zeit kommen, daß er einen und dem andern den Daumen auf das Auge
drücken wolte, welches er mit vehementen Eyffer etliche mahl wiederholet, und
den Daumen auf den Tisch, hernach aber auf das Auge gesetzt, auch von seinen
Feinden und Wiedrigen vieles gesprochen und dabey gesagt hätte: Er wüste gar
wohl, wie es zu Rathhause zugienge, und wie der Rath und die Gerichte richteten;
er wolte etliche und dreyßig Puncte aufsetzen und selbige bey der Regierung
eingeben. Er wolte es ihnen weisen, wie sie es machten: da die Werbung gewesen,
hätten sie die Bürgerschafft nicht schützen wollen; jetzo aber könten sie fein
einen und den andern krebsen. Ferner, als die deputirten zu Untersuchung des
Staubmehls beysammen gewesen, und denen anwesenden einen Abtritt zu nehmen
angedeutet worden, hätte der Advocate B. gesaget: es würde ein schlechter
Ausspruch seyn, und als der Syndicus regeriret, er hätte sich darumb nicht zu
bekümmern, was die anwesende deputirte schliessen würden; hätte B. mit grosser
vehemenz und schweren, bey seiner Seelen &c. sich anfänglich dessen
geweigert, und etliche mahl wiederholet, der Syndicus hätte nicht Macht ihn
herausgehen zu heissen; als er aber endlich herausgegangen, hätte er draussen
unter andern verkleinerlichen Reden gesprochen: er wolte wohl mit dem Syndico
überein kommen; eine Canaille hiesse man hinaus gehen: er wolle wohl einem die
Spitze bieten und wenn es auch schon der Syndicus selbst wäre. Es lage auch eine
Schrifft bey denen Acten die B. für eine seiner Clientin solte concipiret haben,
in der unter andern folgende Worte enthalten, was die Ursache sey, daß man auf
der Supplicantin Remonstration nicht reflectiren wollen, und ob hierbey nicht affecten mit unterlieffen, liesse sie Supplicantin
dahin gestellet seyn, ein jeder würde wissen, wie er bey seiner theuren Pflicht
sein Gewissen verwahret / und der Rache Gottes, welche auf der Gläubigen Gebeth
und Seuffzen / denen Gewissenlosen auff dem Fuße folge, entgehen würde. Die
Exempel solten uns klug machen; GOtt sey es geklaget wie es zugienge &c.
Endlich war registriret, daß er sich nomine eines Lieutenants angegeben und
vorgelassen zu werden begehret hätte; als man ihn aber nicht vorlassen wollen,
hätte er gesagt: wenn man ihn nicht vorlassen wolte, wolte er wieder alle
Nullitäten pro
|| [282]
testiret haben, und hätte dabey
die Umbstehenden zu Zeugen angeruffen.
(Unser Urtheil nebst etlichen dazu gehörigen Anmerckungen.)
§. V. Nun ist zwar aus denen Rechten bekannt, daß eine Obrigkeit oder Richter
wohl befugt sey, die ihm beschehenen injurien ohne weitläufftigen
inquisitions-process alsbald zu bestraffen. Nachdem aber die Doctores als Mevius
P. 6. Dec. 343. 344. & Parte 9. decis. 108. 111. 112. Carpzovius P. 1.
c. 16. def. 28. Doctores ad titulum: si quis jus dicenti non obtemperaverit;
& alii a prioribus citati dabey wohl erinnert, daß das factum notorium
seye und keines ferneren Beweises brauchen müsse: (wannenhero vermuthlich der
Rath gehoffet hatte, daß unser colegium dem Advocato alsbald eine nachdrückliche
Geld-Busse, oder suspensionem a praxi auf eine gewisse Zeitlang dictiren würde:)
in Gegentheil aber die acta zeugeten, daß die in diesen casu erforderte
notorietas nach der Erklährung derer JCtorum noch nicht fürhanden wäre; sondern
daß auf Seiten des Raths auch einige affecten aus denen acten selbst zu spühren
wären; als war wohl unstreitig, daß noch kein definitiv fallen könte, sondern
vorher interloquiret werden müste: nur war die Frage: ob alsbald inquisitio
specialis zu erkennen, oder ob nicht vielmehr dem Advocato vorher die defensio
pro avertenda zuzulassen wäre? Und nachdem die Umstände in Facultate reiflich
überleget worden, wurde beschlossen, daß das Wort inquisition in dem Urtheil
übergangen und auf folgende Art gesprochen werden solte:
Daraus so viel zu befinden: daß besagter Johann George B. vor allen Dingen wegen
der in denen gehaltenen Registraturen, als auch in dem Supplicato fol. 6.
befindlichen Puncten auf gewisse Articul zu befragen, auch darnächst ferner
Proceß mäßig wieder ihn zu verfahren. Wenn er nun dabey mit seiner Defension
zugleich nothdürfftig gehöret worden, ergehet so dann seiner Bestraffung wegen,
oder sonsten allenthalben ferner was recht ist.
(Der dritte Casus, von einen Rath
der ein favorable Urtheil wieder einen Advoca-)
§. VI. Es ist aber indergleichen Fällen nicht zu verwundern, wenn die Collegia
dißfalls nicht allemahl einerley Meynung sind: weil öffters beyde Partheyen
etliche favorable und odiöse Umbstande vor und wieder sich haben. Also wurden
uns in Junio 1699. andre Acta zu geschickt: in welchen der Rath einer Stadt
einen Advocatum injuriarum für der Landes-Regierung belanget, daß er sie in
unterschiedenen Schrifften schimpfflich angegriffen, als wenn er in einen
Supplicat über sie geklagt, daß sie ihn über die Gebühr mit Einquartirung
beschweret, und sie dabey beschuldiget, daß solches aus lauter Piequanterie und feind
|| [283]
seeligen Gemüthe geschehen; auch in einen andern Schreiben
gebeten,(ten erhalten.) daß dißfalls der Senat der Gebühr nach angesehen werden möchte. Ferner
daß er in einer andern Supplique geschrieben, daß die in dem Magistrat
vorhandene Richter mehrentheils, absonderlich aber diejenigen, so das
directorium führeten, seine Capitel-Feinde wären; und weil er Zeit seiner
Bedienung (als gewesener Controlleur) in Observirung seines Fürsten interesse
mit dem Rath öffters nicht einstimmen können, so vermeyne der Rath, weil er
nunmehro dessen Bothmäßigkeit unterworffen wäre, wiederumb befugt zu seyn / ihn
in vielen Dingen zu beschweren, er der Advocate aber lebe der Unterthänigen
Hoffnung, die Regierung würde ihm wieder solches straffbahres Fürnehmen kräfftig
schützen, und davon befreyen. Noch in einer andern Supplique, habe er den Rath
abermahls vieler Calumnien, Unwahrheit und Piquanterey
beschuldiget, mit Bitte daß Senatus wegen seiner aus lautern Haß herrührenden
procedur, mit einer scharffen Straffe beleget werden möchte. Diese angegebene
injurien nun hatten Klägere auf 500. Goldgülden aestimiret, und Beklagen darein,
wie auch zu einen Wiederruff zu condemniren gebeten. Sie hatten aber dabey die
sonderbahre Cautel (von deren Ursprung und Fortgang, auch Ungrund,
Scheinheiligkeit und Gefährlichkeit, wohl miritirte, daß ein Gelehrter Juriste
einmahl ex professo handelte) gebraucht, daß sie die libellirte 500. Goldgülden
nicht zubehalten begehrten, sondern ex singulari & generosa liberalitate
zu dem Bau einer allbereit des Orts zu bauen angefangene Kirche widmeten.
Beklagter negirte, daß die angegebenen Worte injurien wären: indem er darinnen
nur zuläßiger Weise sich über sie beschweret, und daß seine Beschwerungen für
keine injurien zu halten, wäre daraus zu sehen, weil ihn Princeps schon für
etlichen Jahren zum juramento perhorrescentiae contra Senatum admittiret, und
ihm in allen seinen Sachen, darinnen er entweder Kläger oder Beklagter wäre, ein
eigener Commissarius loco primae instantiae wäre concediret worden. Er hätte ja
in seinen Suppliquen solche Worte brauchen müssen, die die Sache recht
ausdrückten. Sonsten aber weil Senatus in seinen Gegenschrifften ihn den
Advocaten einen Lügener, Lästerer, Zancksüchtigen, Neidischen, und bösen
Menschen genennet, wolle er Senatum dißfalls reconveniendo belangen: bate
dannenhero, daß man ihn von der angestellten Klage absolviren, aber den Rath,
und zwar einen jeden Rathsherrn in 600. Goldgülden condemniren solte. (Mich
wundert, warum der Advocate so einsältig gewesen, daß er nicht auch die
|| [284]
se, vielleicht mit 12. und wohl noch einer
grössern Zahl nach der Anzahl der Raths. Herren zu multiplicirende, 600.
Goldgülden zum Bau der Kirche geschenckt, indem er es ja mit eben der
generosität, ohne daß es ihm einen Heller gekostet, hätte thun können, als seine
Adversarii der Rath gethan.) Nun mag der Leser bedencken, wie, wenn er Richter
gewesen, er bey obigen Umbständen hätte sprechen wollen. Die Regierung des Orts
gab folgenden Bescheid: daß Beklagter wegen der dem klagenden Rath zugefügten
injurien in eine Straffe von 50. Goldgülden zum
Kirchen-Bau &c loco civilis emendae honore salvo cum
refusione expensarum zu verdammen.
(Welches aber in der andern instanz
für den Advocaten ausfället.)
§. VII. Was die rationes decidendi gewesen, darauf der Herr Referens sein Absehen
gerichtet, kan ich nicht wissen. So viel zeigten die acta, daß Beklagter wieder
dieses Urtheil sich eines Remedii suspensivi bedienet, und dabey diese zwey
gravamina hauptsächlich angeführet, erstlich daß seine Schrifften nicht pro
injuriis zu achten, zumahl da (über die allbereit in vorigen paragrapho
angeführten rationes) der Ausgang erwiesen, daß seine Klagen wegen der
partheyischen Einquartirung erheblich gewesen, indem Princeps darauf befohlen,
daß weil Beklagter bey der letzteren Einquartierung so schwere Last getragen, er
künfftig und biß zu fernerer Verordnung damit unbehelliget gelassen werden
solle. Zum andern daß auf seine reconvention in dem Bescheid gar nicht
reflectiret werden wollen. Was ferner in dieser Sache von beyden Theilen
vorgebracht worden, kan aus denen unserer Sentenz beygefügten Rationibus
decidendi leichtlich verstanden werden. Die Sentenz lautete also.
Nunmehr aus den Acten so viel zu befinden, daß Beklagter von der angestelleten
injurien Klage zu entbinden. Die beyderseits aufgewandte Unkosten werden aus
dazu bewegenden Ursachen gegeneinander compensiret und aufgehoben, und findet im
übrigen Beklagtens Suchen wegen der Einlassung auf die von ihm vorgegebenen
Reconvention keine statt, V. R. W
Rationes decidendi.
Ob wohl eines theils Klägere vermeynen, daß in unterschiedlichen des Beklägten
übergebenen und von ihnen in Actis num. 5. sub lit. C. D. E. und F. producirten
Schrifften viele und harte wieder sie ausgegossene injurien enthalten wäten;
andern theils aber Beklagter durch voriges Urtheil auch daher sich beschweret zu
seyn erachtet, daß die von ihm vermeyntlich angestellete Reconvention, worauf
Klägere sich nicht eingelassen, darin vorbey gegangen, welches seiner Meynung
nach nicht geschehen können; dieweil aber dennoch eines Theils Beklagter in dem
mit
|| [285]
Klägern wegen der Einquartirung gehabten Streit
obgesieget, wie solches aus denen Rescriptis vom 6ten Maji und 21ten Jul. 94.
deren erstes von Klägern selbst sub lit. D. ad Acta gegeben, das andere aber, da
es Beklagter num. 8. produciret, nicht abgeläugnet worden, zu ersehen ist, bey
solcher Bewandnis aber nicht gesaget werden mag, daß Beklagter, da er die von
Klägern libellirte Worte geschrieben, animum injuriandi gehabt habe, als welcher
in dergleichen Fällen jederzeit aus dem eventu litis aestimiret zu werden
pfleget, l. 10. C. de injur. hiernächst Beklagter auch würcklich das juramentum
perhorrescentiae wieder klagenden Rath abgestattet, und auch dadurch allen
Verdacht der Verläumbdung genugsam von sich abgelehnet, welchem nicht entgegen
stehet, daß nachmahls durch ein Landtags-Conclusum geordnet worden, daß
dergleichen recusation eines gantzen Collegii nicht mehr verstattet und auch
dasjenige, was Beklagten zugelassen, wieder abgestellet werden solte, alldieweil
dennoch zu der Zeit, da Beklagter zu dem juramento perhorrescentiae zugelassen
worden, die recusation eines gantzen Collegii srey gestanden, Beklagter auch
num. act. 10. andere Exempel angeführet, da ein gleiches observiret, wowieder
Kläger nichts beyzubringen vermocht, und folglich der von Beklagten geleistete
Eyd dennoch zum wenigsten den effect behalten muß, daß er Beklagten a pruritu
injuriandi entbindet, zu geschweigen, daß die praetendirte injurien nur durch
blosse, weder vidimirte, noch von Beklagten jemahlen agnoscirte Copeyen
bescheiniget worden, auch allenfalls, wenn ja Beklagter die Klägere injuriret,
dennoch Klägere, da sie in denen von ihnen selbst sub CC. und DD. producirten
Schrifften ja so harte expressiones, als Beklagter gebrauchet, sich entweder
retorquendo ihrer action verlustig gemachet, oder doch compensationi injuriarum
quoad interesse privatum statt gegeben, hätten; andern theils aber Beklagter so
viel die vorgegebene Reconvention anlanget, dißfalls keinen eigenen Libellum
übergeben, sondern nur seinen vorgeschützten Exceptionibus dieselbe annectiret;
so ist dergestalt erkandt und die Unkosten, weil Klägere das vorige Urthel vor
sich haben, gegen einander compensiret worden.
§. IIX. An einen andern Orte hatte ein Bürger wieder die(Der vierte Casus von einen
Advocaten / dersich ohne Grund über die Gerichte beschweret.) Gemeine
daselbst eine Klage für dem Rath wegen etlicher Aecker Landes angestellet, und
als der Rath es nicht nach des Klägers seines Advocati Kopff machen wollen;
hatte dieser dahero Gelegenheit genommen, ad Regimen zu appelliren, und in der
Appellation sich hauptsächlich über die Gerichte zu beschweren, daß sie in
dieser Sache zu sprechen untüchtig wären, aus folgenden Ursachen; 1) weil sie,
da er einige Zeugen in der Haupt-Sache produciret, ihn mit Abhörung derselben
von einer Zeit zur andern herumbgeführet: dawieder aber die Gerichte
einwendeten, daß die Verzögerung daher entstanden, weil der Kläger denen
Be
|| [286]
klagten die Articulos probatoriales
ad danda interrogatoria, nich zufertigen lassen wollen; welches klagender
Advocat zwar gestund, jedoch aber vorgabe, es wäre nicht nöthig in dieser Sache
die Articul ad danda interrogatoria dem Gegentheil zu communiciren, weil er ex
can. Redintegranda de restit. spoliat. geklaget, und der Proceß in diesen casu
summariissimus wäre: 2) hätten die Gerichte keinen geschwornen Actuarium: 3)
Wären dieselben partheyisch, weßhalb er sich ad juramentum perhorrescentiae
offerirte: 4) Wäre der Streit super re feudali, in welchen Sachen denen
Unter-Gerichten keine jurisdiction zustünde, sondern dieselben directo ad
Regimen gehöreten. Wie weit aber diese seine gravamina attendiret worden, zeiget
das von uns in October Anno 1701. gesprochene Urtheil nebst denen Rationibus.
In Sachen Peter H. Imploranten und Appellanten an einem, der Gerichte, wie auch
der Gemeinde zu B. Imploraten und Appellaten an andern und dritten, des Advocati
Fisci intervenienten an vierdten Theil, erkennen &c. Daß Implorantens
Appellation unförmlich, auch dessen übriges, sowohl auch intervenientens Suchen
nicht statt findet, sondern die Sache bey denen Gerichten zu B. zu fernerer
Ausführung zu lassen, es ist auch Implorantens Advocatus sich der bißher
gebrauchten anzüglichen und harten Schreib-Art wieder solche Gerichte bey
Vermeidung willkührlicher Straffe zu enthalten, schuldig, hingegen bleibet
Imploranten unbenommen, auf seine Kosten bey dieser Sache einen Notarium zu
adjungiren, und seynd selbigen die Gerichte zu B. gestallten Sachen nach zu
admittiren, und allenfalls, daferne Implorant darauf bestünde, über die von ihm
verlangte Zeugen-Verhör, die Sache nach rechtlicher Erkänntnüß zu verschicken,
schuldig. V. R. W.
Rationes decidendi. Ob wohl Implorant und Appellant in denen Gedancken stehet,
daß gegenwärtige Sache alsofort von denen zu B. avocirt, und vor die Regierung
gezogen werden müsse, weil theils von besagten Gerichten ihm die Justiz versaget
worden, theils auch selbe sich sehr partheyisch erwiesen hätten, weshalb er sich
fol. 81. ad juramentum perhorrescentiae offerirt, und endlich dieses eine Lehn
Sache sey, welche unmittelbahr von der Regierung entschieden werden müsse;
Hiernechst intervenient der Advocatus Fisci fol. 175. b. anführet, daß die
Gerichte zu B. in die Jura und Jurisdiction der hohen Landes Obrigkeit dadurch
gegriffen, weil sie sich wegen der Stücke Aecker quaest. die Cognition
angemasset hätten; D. a. u. d. die Appellation mit der gebetenen Imploration
super denegata Justitia unförmlich cumuliret worden, avocatio causarum aber ohne
erhebliche Ursachen nicht zu verstatten, implorant auch noch nicht klärlich
dargethan hat, daß ihm von denen Gerichten zu B. die Justitz versaget worden,
sondern viel
|| [287]
mehr besagte Gerichte vorwenden,
daß das von Imploranten gesuchte Zeugen-Verhör deßhalb verschoben werden müssen,
alldieweil er die Beweiß-Articul dem Gegentheil ad danda interrogatoria zu
überschicken gewegert, und obgleich Implorant darauf geantwortet, daß er propter
spolium geklaget habe, und also kein solenner Beweiße erfordert werde, dennoch,
ob die actio de spolio allhie statt finde, bißher nicht außgemachet, sondern
nebst dem übrigen Vorbringen altioris indaginis ist; ferner was die denen
Gerichten beygemessene Partheylichkeit belanget, Imploranten soweit in Urtheil
gefüget worden, daß ihm einen Notarium bey den Zeugen-Verhör zu adjungiren frey
gelassen, auch über den punct, ob die gebethene Zeugen-Verhör zuläßig,
unpartheyisches rechtliches Erkäntnüß eingeholet werden solle, und er also
dißfalls weiter etwas nicht verlangen kan, auch allhie die Frage nicht von einen
Ritter-Guth, sondern nur von einen Bauer-Lehn ist, worüber denen Unter-Gerichten
das Jus cognoscendi ohne Zweiffel zustehet, wodurch zugleich des Intervenirenden
Advocati Fisci suppositum wegfället, zumahlen da zwar fol. 102. eine reservation
aller Gebothe und Verbothe in Ansehung dieses Lehnstückes an Seiten des
damahligen Grafen, jedoch nicht anders, als wie solches sonsten dem Grafen über
die Unterthanen und Lehn-Leute zugestanden, geschehen, und also dadurch das Jus
primae instantiae nicht gehoben worden; So ist dergestalt zuerkennen
gewesen.
§. I.
ANno 1665. in Augusto wurden von einer gewissen Regierung(Der erste Casus. Ob es
straffbar sey / wenn ein Bürger Chaise und Pferde
habe.) Acta hergeschickt, darinnen folgender Casus enthalten. Ein
Bürger beschwerte sich bey der Regierung, daß der Rath des Orts seine Pferde und
Chaise hätte wollen in Thore anhalten lassen, Ihn auch bey Strasse auff das
Rathhaus citiret, sein Mandatarius aber nicht admittiret, sondern seine
Persönliche sistirung ohne Meldung einiger Ursachen begehret worden, weßwegen er
um Schutz bate. Als man nun dem Rathe dieses des Bürgers Suchen communiciret,
beschwerte sich derselbe über den Burger und dessen Wiedersetzlichkeit, und
stellete vor, daß derselbe sich eine Chaise mit kostbaren Zeuge und Pferden
zuge
|| [288]
leget, welche ihm als einem Becker
nicht zukomme, sondern der Policey-Ordnung zuwieder sey, bate dannenhero, daß
man Ihn mit seinen Suchen ab- und daß Er sich in Person stellen solle,
anzuweisen. Hierauf war ein Befehl an den Rath ergangen, nicht ab executione
anzufangen, des Bürgers Mandatarium zu admittiren, auch dem Process gemäß mit
gewöhnlichen Citationibus zu verfahren: Welcher Befehl auch, nachdem sich der
Bürger über den Rath abermahls beschweret, und dabey, daß an der Chaise keine
Kostbarkeit zu finden, und solche vornehmlich vor reisende Leute gemacht sey; er
auch seine Becker-Profession längst quittiret hätte, und die Handlung triebe,
&c. nochmahls wiederhohlet wurde. Auff diesen letzten Befehl berichtete
der Rath, daß Er den Bürger, weil Er ungehorsam aussen blieben, 100. Thaler
Straffe, wegen des mit der Chaise, Zeuge und kostbahren Pferden getriebenen
Prachts dictiret, dessen Mandatarius aber davon stante pede appelliret hätte,
und bat, diese Appellation nicht anzunehmen, die aber der Bürger in dessen
introduciret hatte. Worauff die Regierung verordnet, daß ein Cancellist mit
Zuziehung etlicher Handwercks-Leute die Chaise und Geschirr in Augenschein
nehmen, und dem Burger, seine Defension zu führen anbefohlen werden solte. Der
Cancellist stattete nebst denen Handwercks-Leuten Ihren Bericht ab, daß an der
Chaise keine Kostbarkeit gesunden worden, der Bürger aber übergab die
Justification seiner Appellation, und führete darinnen an, daß der Rath über 10.
Thaler nicht straffen könte; daß in der Policey-Ordnung von der Chaise und
Pferden nichts determiniret wäre, und es also dißfalls bey der natürlichen
Freyheit bliebe; daß er die Chaise nicht für sich machen lassen, sondern auff
Einrathen guter Freunde, damit Frembde umbs Lohn fortzubringen, endlich: daß
weder an denen Pferden noch an der Chaise und Zeuge einige kostbarkeit wäre,
massen die Pferde starck seyn müsten, weil er Sie in der Handlung auf dem Hartze
brauchte: das Zeug wäre Altväterisch und schon gebraucht, massen er solches von
dem Amtmann zu S. gekaufft; So sey er auch kein Becker mehr, noch jemahls in der
Zunfft gewesen, sondern habe die gantze Zeit her Handlung getrieben, gäbe auch
von solcher Profession alle onera ordinaria & extraordinaria. Endlich
legte auch der Appellant unterschiedene Briefschafften denen Actis bey, daraus
zum Uberfluß zu sehen, wie der Rath schon vormahls mit Ihm harte verfahren
hatte.
(Unser in dieser Sa-)
§. II. Nun hätte wohl der Bürger vielleicht besser gethan, wenn er an statt seine
Appellation zu justificiren, nach dem Ihm von der
|| [289]
Regierung geschehenen Vorschlag eine Defension übergeben; er möchte(che ertheiltes Urthel.) aber auch Bedencken
haben, von dem einmahl erwehlten medio wieder abzutreten, davon aber weitere
Untersuchung zu unsern itzigen Zweck nicht gehöret. Das vornehmste, worauf ich
bey diesem monito reflectire, wird aus denen rationibus decidendi unsers damahls
gesprochenen Urtheils leichtlich abgenommen werden können.
Daß die Appellation in ihren formalien beständig und zu gebührender
Rechtfertigung anher erwachsen; die materialien belangende, erscheinet aus denen
acten allenthalben so viel, daß Appellant mit der von Appellaten angedroheten
Straffe der 100. Thlr. gäntzlich zu verschonen; es sind auch diese sich künfftig
wieder Appellanten aller fernern Thätlichkeit bey 100. Thlr. Straffe zu
enthalten, und ihme die Unkosten dieser instanz auf vorher gehende liquidation
und erfolgte moderation zu erstatten schuldig. V. R. W.
Rationes decidendi.
Obwohl anfänglich scheinen möchte, daß in gegenwärtigen Fall die Appellation
nicht zuläßig, in Betracht nach Sächsischen Rechten in criminalibus, allwo die
Sache per modum inquisitionis tractiret wird, die Appellationes keine statt
finden, auch so viel die formalia betrifft, aus denen actis nicht zu sehen, daß
Appellant von dem Judice a quo Apostolos erhalten und überreichet, wie doch bey
der Introduction sonsten nöthig, noch auch inhibition ad Judicem primae
instantiae ausgewürcket; hiernechst so viel die materialia betrifft, wieder
Appellanten angeführet werden möchte, daß er eine seinem Stande nicht zu
kommende Chaise, Zeug und Pferde sich zugeleget, nicht abredig seyn können,
sondern auch E. E. Rathe den schuldigen Gehorsam nicht erwiesen, noch auf die
unterschiedliche citationes sich in Person gestellet, bey welcher Bewandniß der
Rath ob perseverantem contumaciam endlich wohl mit der Straffe verfahren können;
überdem Appellat über Appellantens gravamina nicht gehöret, und solchergestalt
scheinen möchte, daß darauff zur Zeit noch nicht zu erkennen gewesen, auch da
mehr erwehnter Rath und Appellat die Policey-Ordnung zu handhaben intentioniret
gewesen, und sich seines Amts wieder einen ungehorsamen Bürger gebrauchen
wollen, er Appellanten nicht zuviel gethan, weniger zu Ersetzung der Unkosten
verbunden wäre. Dieweiln aber dennoch anfänglich man hier nicht etwa in causa
criminali, sondern wie der Rath in seinen abgestatteten Bericht selbst vorgiebt,
in einer Policey-Sache so ohnstreitig civilis ist, versiret, auch in
gegenwärtigen Fall Appellant absonderlich von dem modo procedendi und daher
rührenden gravamine zu appelliren veranlasset worden, dergleichen auch in
criminalibus nach Sächsischen Rechten nicht verwehret ist; ferner so viel die
formalia anlanget, Appellant stante pede appelliret, jedoch sich keiner andern
als apostolorum refutatoriorum von dem judice a
|| [290]
quo
würde haben getrösten können, so aber fol. 14. ehe noch die Appellation
mtroduciret, bereits von dem Rathe sponte eingeschicket gewesen; einer solennen
inhibition auch da Dn. Judex ad quem die Sache, bey welcher allen Ansehen nach
periculum in mora ohne Weitläufftigkeit heben wollen, und Judex a quo in loco
zugegen, es nicht bedurfft, noch der Superior an solche Solennitäten gebunden,
zumahlen die acta und des Raths eigene Schrifften zeigen, daß sie der ihnen fol.
9. gegebenen Verordnung nicht pariret; hiernechst die materialia betreffende,
aus denen Actis nicht abzunehmen, daß Appellant durch Zulegung der Chaife,
Zeuges und Pferde etwas der Policey-Ordnung zu wieder, und das eine so hohe
Straffe verdienet hätte, begangen, gestalt dann er nothdürfftig beygebracht, daß
er die Chaise nicht vor sich zur Pracht, sondern auf eines guten Freundes
Einrathen, Reisende damit fortzubringen, machen lassen, sich auch vor seine
Person derselben in der Stadt nicht bedienet, noch darauff gefahren, sondern da
er von einen frembden Orte mit solcher zurücke kommen, vor der Stadt abgestiegen
(inmassen denn ausser deme und daferne Appellant von einem Orte zu dem andern in
der Stadt damit herumb fahren wolte, ihme solches billich nicht zugestatten
wäre) worzu kommt, daß derer Handwercks-Leute, so die Besichtigung thun müssen,
pflichtmäßigen Berichte nach an der Chaise gar keine Kostbahrkeit anzutreffen,
sondern die materialia darzu insgesammt von schlechten Werthe, und das inwendige
Beschläge, so allen Ansehen nach das meiste Aufsehen gemacht, keines weges, wie
der Rath vorgeben wollen, von Plisch-Sammt, sondern geringen wollinen Zeuge
genommen, das Kutsch-Zeug aber nicht nach der neuen Manier gefertiget, sondern
alt, und da es andere schon etliche Jahre gebrauchet, erkaufft worden,
solchergestalt aber, daß Appellant ungebührlichen Pracht getrieben, nicht gesagt
werden mag; ferner da Appellant per mandatarium, wie in dieser Civil-Sache wohl
geschehen können, erschienen, demselben keine contumacia beyzumessen, zumahlen
er wegen vormahliger und in actis bescheinigter proceduren in Person sich zu
stellen, billiche Furcht getragen; überdiß Appellantens gravamina ex actis und
absonderlich denen von dem Rath selbst eingegebenen Schreiben, notoria, und E.
E. Rath erst darüber zu vernehmen nicht nöthig, bevorab derselbe mit Appellanten
in einen Process sich nicht einzulassen fol. 8. contestiret; Im übrigen aber der
Rath in seinen Verfahren sich sehr übereilet, und ab executione den Process
angefangen, solche procedur auch nicht defendiret werden mag, inmassen denn, so
viel die zu erst attendirte Anhaltung der Pferde und Chaise betrifft, solche mit
Gewißmachung des corporis delicti, und zu solchem Ende angezogenen Exempels von
Wegnehmung der Weibs Person ungebührlicher Kleidung ob manifestam rationis
disparitatem sich nicht entschuldigen lässet, indem Pferde und Chaise so leicht
nicht, als Weibes-Kleider zu verbergen seynd; So viel aber die Bestraffung
anlanget, damit ebenfalls nicht den Process und fol. 9. vorge
|| [291]
schriebenen Verordnung gemäß, verfahren, weniger Appellant
gradatim citiret, und mit seiner Nothdurfft gehöret worden, auch die
ungewöhnliche Straffe der 100. Thlr. durch die fol. 15. vorgebrachte, auch noch
unerwiesene Entschuldigung nicht justificiret, aber wohl a superiori ex titulo:
quod quisque juris &c. wieder Appellaten gebrauchet werden mag, und
solchergestalt Appellant zu appelliren und Unkosten aufzuwenden genöthiget
worden; So ist, wie in dem Urthel enthalten, zuerkennen gewesen.
§ III, Gleich wie nun in vorigen casu der Rath, wenn er nicht(Der andre Casus, von einen
ungemein raren falso, dergleichen sonst nirgends zu
finden.) von Affecten eingenommen gewesen wäre, leicht hätte
begreiffen können, daß der Judex superior den Bürger schützen und die Haltung
der Chaise und Pferde für keine straffbahre That halten würde, also würde auch
der Adeliche Gerichtshalter (denn daß der Gerichts-Herr selbst Urheber von der
itzo zu erzehlenden Thorheit gewesen seyn solle, solte ich aus vielen Ursachen
nicht meynen) noch vielweniger sich und seinen Gerichts-Herrn bey der Regierung
des Orts mit unzeitiger Verfolgung einer armen Bäuerin prostituiret haben, wenn
er seinen Zorn und Haß sich nicht verblenden lassen, den titulum ad Legem
Corneliam de falsis mit falschen Augen anzusehen, welcher casus uns in eben
demselben 1695. Jahre im September zugeschickt wurde und in folgenden Umständen
Besag der Acten bestunde. Es hatte eine Bauers-Frau als ihr Mann gestorben, ihm
auf sein Grab einen Leichenstein legen lassen, und auf denselben unter andern
mit einhauen lassen, daß derselbe sich anno 1667. mit Jungfer Marien N.
(nehmlich mit ihr der damahligen Wittbe) verehliget. Sie hatte ferner auf den
Leichenstein einen gantz andern Spruch aus der Heiligen Schrifft hauen lassen,
als ihr Mann sich zum Leichen-Text erwehlethatte, und in dessen Leich Predigt
ware erklähret worden. Aus diesen beyden Umbständen, und sonderlich aus dem
ersten machte der Herr Gerichts-director ein crimen falsi, weil nehmlich die
Wittbe nach der Trauung etliche Monat und, wie angegeben wurde, 15. Wochen zu
zeitig hatte tauffen lassen, und also zur Zeit der Trauung keine Jungfer mehr
gewesen, und wolte deßwegen, und weil über dieses auff dem Leichsteine etliche
Vergüldungen zu finden, als welcher Pracht keinen Bauer zukäme, die Inquisition
wieder die Wittwe anstellen. Als sich aber die Wittib deßhalb bey der Cantzeley
beschwerte, und unter andern daß ihr gar 100. fl. Straffe angesonnen würde sich
beklagte, und die Cantzeley ihr, wie leicht zu begreiffen, ein favorable
Rescript ertheilt, und dem Adelichen Gerichten in dieser Sache ferner zu
verfahren, inhibirte, er zürneten sich diese über die Frau noch mehr, das sie
ein neues crimen
|| [292]
aus dieser Beschwerung machten, und
auch dieserwegen wieder sie inquirirten, und sie nach geschehener mündlicher und
schrifftlicher poenal citation über gewisse Articul examinirten, nachhero aber
einen in anzüglichen terminis concipirten Bericht an die Cantzeley oder
Regierung abgehen liessen, worinnen der Gerichts-Herr sein factum justificiren,
und daß ihm als Patrono & Magiftratui Besage der Kirchen-Ordnung capite
12. §. 2. die cura coemeterii zu käme, auch das falsum ohne dem ein delictum
seculare wäre, anführete, dabey aber negirte, daß er 100. Fl. Straffe dictirt,
und durch einige beygelegete Schrifften bescheinigte, daß Inquisitin die
Auffschrifft auf den Leichstein anders als NB. ihr der Pfarrer vorgeschrieben,
(hincillae lacrymae) machen lassen, auch einen nicht erklährten Leichen-Text
genommen, ingleichen nach ihrer Trauung 15. Wochen zu zeitig ins Kindbette
kommen. Hierauf wurde der Bäuerin befohlen den ärgerlichen Leichenstein
wegzuschaffen, oder dessen Gerichtlicher Aufhebung gewärtig zu seyn; wogegen
aber die Wittib sich von neuen bey der Regierung beklagte und eine anderwärtige
inhibition an ihren Gerichts-Herrn erhielt, der jedoch dawieder appellirte, und
nach eingewendeter Appellation den Leichstein wegnehmen und auf das Schloß
bringen liesse. Als dieses geschehen, wurden uns die von ihm gehaltenen Acta zu
geschickt, und zugleich daß wir über die zwey Punckte: Ob und wie die Inquisita
wegen des falsi und Setzung des unzuläßlichen Leichensteins zu bestraffen? Und
dnnn: Ob und wie weit ihm die Cantzeley hierinnen zu wiedersprechen, oder er
sich in exercitio jurisdictionis zu mainteniren befugt wäre? Nach fleißiger
Lesung der Acten ihm unsere rechtliche Meynung eröffneten, gebeten.
(Welches aber unsere Facultät pro cri mine nicht erkennen können.)
§. IV. Dieweil er aber keine rationes decidendi von uns begehret, und wenn
solches nicht geschiehet, wir auch dieselbe nicht beyzusetzen pflegen; Als
bekame Er auch nur eine kurtze Sententz wieder zurücke, des Inhalts: Daß die von
besagter Wittib auff Ihres Mannes Leichstein gesetzte Auffschrifft gestalten
Sachen nach pro falso nicht zu achten und Sie demnach
von der wie der Sie angestellten Inquisition zu
entbinden, auch ist was Cantzler und Räthe zu N. fol. 5.
& fol. 25. in Schrifften an denselben gelangen lassen, denen
Rechren gemäß, und Sie dessen wohl befugt gewesen V. R. W. Jedoch befinde ich in
meinen privat excerptis daß a Facultate haupisächlich darauff reffectiret
worden. Die Kirchen-Ordnung, darauff die Adelichen Gerichte Ihre Befugnüß
gründen, und Ihr factum daraus justificiren wollen, lauten also: Darumb soll
ie
|| [293]
des Orts Obrigkeit Verordnung thun,
daß so wohl die Armen als die Reichen ohne Pracht nach Standes-Gebühr ehrlich in
die Erde gebracht werden, und die Prediger mit allen Fleiß ihre Zuhörer
vermahnen / daß Sie gern, auch unerfordert, zur Leiche mit gehen / auf daß Sie
sich ihrer Sterbligkeit desto besser und öffter erinnern / wieder den zeitlichen
Todt rechten Trost fassen, und an den Verstorbenen Barmhertzigkeit erweisen.
Aber von diesem allen war in gegenwärtigen Casu kein Streit, sondern davon war
die Frage: Ob die Wittbe ein falsum oder sonst was ungebührliches begangen habe?
Dieses konte nun unsere Facultät nicht finden, weil das crimen falsi (oder auch
das affinc crimen stellionatus) allezeit praesupponiret, daß durch das falsum
jemand Schaden und Nachtheil zugefüget worden, wie dieses nebst vielen andern
JCtis der Herr Hoffrath Ludovici in Continuatione Quarta Usus moderni Strykiani
(davon Er wahrhafftiger Autor ist) ad tit. ad leg. Cornel. de falsis und in
notis über den 111. und 112. Artickul der Peinl. Halßgerichts-Ordnung
ausgeführet. Wir konten aber keines weges finden, daß dadurch, daß die Wittib
sich auffdem Grab-Stein fälschlich Jungfer genennet, jemand Schade zugefüget
worden, zu geschweigen daß, da Sie mit ihren Mann getrauet worden, Sie jederman
für Jungfer gehalten, und Sie vermuthlich daß Sie Ihren Ehemann vor der Trauung
ehelich beygewohnet, ihre Straffe außgestanden. So war auch ex actis nicht
zusehen, wenn Sie mit Ihren Manne öffentliche Verlöbnüß oder Sponsalia de
praesenti gehalten. Denn wenn dieses nur 10. Wochen vor der Trauung geschehen,
und Sie also zur Zeit der Verlöbnüß noch Jungfer gewesen wäre, hätte man erst
untersuchen müssen, wie das Wort verehlichen auff den Leichstein zuverstehen,
und ob Sie nicht, weil Sie sich des Worts getrauet worden nicht bedienet, durch
die Verehlichung die Verlöbnüß verstanden, quia consensus facit nuptias non
concubitus nec copulatio sacerdotalis; auf welche Weise dann in denen Worten
nicht einmahl ein falsum, geschweige denn ein crimen falsi versteckt gewesen.
Und wenn man ja auch dieses factum für ein Aergernüß hätte wollen ausgeben, so
befürchte ich doch, daß der Advocate der Inquisitae aus der bekannten und
überall zu befindenden Distinction inter scandalum datum & acceptum, und
denen auch von unsern Theologis ex jure Canonico beybehaltenen definitionibus,
dieser beyder classium scandali viele Gelegenheit dürffte bekommen haben, und
zwar mit Verdruß aller derer, die der armen Frau gehäßig waren,
|| [294]
zu vertheydigen, daß diese Jungfräuliche Benennung, wenn sie auch
falsch gewesen wäre, mehr pro scendalo accepto, quam dato, zu halten sey. Daß
ferner auff den Leichenstein ein anderer Spruch, als den der Prediger in der
Leichen-Predigt erklähret, ware gesetzt worden / ware nach der gesunden
Vernunfft und nach allen geistlichen und weltlichen Rechten keine straffbahre
That, und bezeugte vielmehr offentlich die animosität und Partheyligkeit derer,
die daraus ein crimen machen wolten. Daß aber die gute Frau die Auffschrifft
anders machen lassen, als Ihr der Pfarrer vorgeschrieben, zeigete wohl in etwas
das Haupt-Fundament an, warumb dieser Leichen-Stein zu einen corpore delicti war
gemacht worden; aber Unsere Facultät konte auch hierinnen mit dem justitiario
nicht einstimmen, zumahlen weder in besagter Kirchen-Ordnung, noch sonsten in
jure davon etwas zu befinden war, das ad officium der Prediger gehöre, Ihren
Beicht-Kindern dergleichen Formuln, denen diese nothwendig folgen müssen,
vorzuschreiben. Und ich bedaure, hierbey daß uns diese beyde formulae
discrepantes nicht waren von Anfang biß zu Ende und von Wort zu Wort
communiciret worden, denn Sie würden zweiffels ohne dem unpartheyischen Leser
vielfältige Gelegenheit gegeben haben, andre bey diesen gantzen Handel
verborgene arcana zu errathen. Endlich so viel die aüff den Leichen-Stein
befindliche Vergüldung der Buchstaben betraffe, konten wir auch nicht finden,
wie dieselbige straffbahr seyn solte, zumahlen da der Verstobene kein gemeiner
Bauer, sondern wie ex actis zu sehen, ein Söhn- und Gerichts-Schöpffe gewesen
war. Bey diesen Umbständen nun gab sich die Beantwortung des andern puncts von
sich selbst, indem die Cantzeley-Regierung dem Gerichs-Herrn keinen Eingriff in
seine Jurisdiction gethan, sondern vielmehr zu verwundern war, daß die Regierung
die in denen Berichten gebrauchte Anzüglichkeiten in denen Inhibitions
Rescriptis nicht schärffer und nachdrücklicher geahntet hätte. &c.
(Der dritte casus, von einen armen
Unterthanen, den der Justitiarius 5/4 Jahr als einen)
§. V. Der dritte zu diesen gegenwärtigen Handel gehörige Casus ist noch
merckwürdiger, über welchen in Januario 1697. von uns ein Responsum begehret
worden, indem der Justitiarius W. der doch selbst die inquisition meritiret,
wieder einen andern armen Unterthanen nicht allein sub praetextu justitiae
inquiriret, sondern auch denselben unrechtmäßiger Weise fünff viertheil Jahr in
gefänglicher Hafft und zwar an Händen und Füssen geschlossen, behalten, und bey
der wieder den armen Menschen angestellten Inquisition von Anfang biß zu Ende
viele Nullitäten und andere straffbare Dinge begangen, wie aus folgenden
Re
|| [295]
sponso mit mehrern zu lesen, in
welchen, umb den Leser nicht verdrießlich(Dieb in
gefänglicher Hafft gehalten.) zu fallen, die allegirten Special Zeugen
Aussagen, und Benennung der Artickel mit Bedacht außgelassen worden.
Hat Heinrich H. vor ungefehr 3. Jahren euch, daß ihr ihm Geld gestohlen hättet,
beschuldiget, und als ihr ihn deswegen actione injuriarum belanget, um sich
davon zubefreyen einen Zeugen Hanß B. dieserwegen abhören lassen, welcher aber
nichts wieder euch ausgesaget. Seyd ihr kurtz darauf um deswillen, daß ihr einer
angeordneten Execution euch wiedersetzet, auch des Landreuters Knecht der Militz
verrathen haben sollet, zu gefänglicher Hafft gebracht, und ungeachtet Eure
Erlassung angeordnet gewesen, dennoch unterm Vorwand, daß ihr des Einganges
erwehnten Diebstals halber sehr berüchtiget wäret, darinnenbehalten, und über
5/4 Jahr an Händen und Füssen geschlossen worden, biß ihr euch solcher Banden
entlediget, und von S. Churfl. Durchl. Salvum conductum erhalten; Habt ihr
endlich eure defension geführet, und darinnen eure Unschuld vorgestellet, und
wollet anjetzo des Rechtens darüber berichtet seyn:
Ob nun wohl des angeschuldigten Diebstals halber euch nicht wenig verdächtig
zumachen scheinet, daß nach etlicher Zeugen Aussage ihr, ehe der Diebstal
vorgegangen in grosser Dürfftigkeit gelebet, und des Vermögens nicht gewesen,
ein Haupt-Vieh zuerhandeln und zu schlachten, so biß Ostern 1691. gewähret,
hingegen nach dem Diebstale, der kurtz vor Pfingsten besagten Jahres geschehen,
eure Nahrung sich mercklich gebessert, indem so dann viel Vieh von euch
geschlachtet worden, ihr Geld bey euch geführet, auch dessen einen grossen
Klumpen in des Schultzens Stube gehabt, Pferde gekaufft: Ferner euren
Schwieger-Sohn, so nebst eurer Tochter nach der Zeugen Bericht, gantz nackend
aus dem Kriege gekommen, gekleidet, und lange Zeit alimentiret, selbigen Karn
und Pferde geschaffet, nicht weniger öffters geschmauset, das Wohnhauß
repariret, kostbahre Processe geführet, und die gemachten Schulden abgetragen,
inmassen die Zeugen ad art. prob. 56. & seqq. attestiret; Hiernechst
test. 3. Hanß B. ad art. 12. seqq. eydlich deponiret, auch euch bey der
Confrontation unter Augen gesaget, daß ihr die Nacht, als das Geld gestohlen
worden, aus dem Hause gangen, jedoch wieder kommen, und nach angesteckten Lichte
mit der Laterne anderweit fortgegangen, und Zeugen gefraget, ob er mit gehen
wolle, mit dem Vermelden, daß ihr H. Geld zuhohlen gesonnen, auch bey eurer
späten Rückkunfft ihme verbothen eure Abwesenheit nach zusagen; Uberdiß eure
Tochter laut der Zeugen Bericht, ad art. prob. 63. euch solche Deuben selbst
Schuld gegeben, ihr auch sonsten unterschiedlich mahl schon der fiscalischen
Inquisition unterworffen, und endlich, daß ihr H. Geld gestohlen hättet, die
gemeine Sage gewesen. Bey solcher Bewandtniß aber nicht nur der Judex sattsame
Ursache gehabt, wieder euch zu inquiriren, sondern auch bey
|| [296]
diesen Umständen scheinen möchte, daß im Fall ihr eure Bekäntnüß
in Güte zuthun ferner verweigern soltet, die Tortur wieder euch anzuordnen wäre;
Dieweilen aber dennoch nicht nur die in dem eurer Defension-Schrifft sub lit. B.
beygelegten rotulo abgehörte Zeugen eydlich ad art. 1. 2. & 3.
ausgesaget, daß sowohl vor als nach des H. angegebenen Diebstahle Vieh von euch
geschlachtet und kein Unterschied gespühret worden, noch ihr vorher dürfftiger
gewesen, sondern auch aus dem sub M. übergebenen Extract der Steuer-Registratur
erhellet, daß von Jun. 1690. biß 1691. fast eben so viel als von 1691. biß 1692.
absonderlich aber Mense April 1691. und also vor dem Diebstahle 4. Rinder oder
Haupt-Vieh, hingegen Mens. Jun. nach dem Diebstahle kein eintziges und folgenden
Monath Jul. deren nur zwey geschlachtet worden, die Steuer-Registratur auch,
weil alles geschlachtete Vieh in der Steuer angemeldet werden muß, und diese
daher die beste Wissenschafft hat, vollkommenen Glauben verdienet, dahingegen
die wieder euch abgehörten Zeugen theils H. gute Freunde, theils eure inimici,
theils sonsten beschmitzet und nicht omni exceptione majores seynd, auch Testis
2. & 14. gar nicht wissen, wie viel des Geldes, so ihr bey euch
geführet, gewesen, test. 1. aber solches bloß auf 1. oder 3. Thlr. schätzet,
nicht weniger das Geld, so ihr in des Schultzens Stube gehabt haben sollet, nur
der eintzige testis 18. gesehen,, höher aber nicht als etwa 16. Thlr. angeben
kan, hingegen testis 1. in rotulo. lit. B. eydlich berichtet, daß ihr damahl 14.
Thlr. vor einige mobilia von Herrn G. bekommen gehabt, denen deponent noch 4.
Thlr. hinzugefüget, worzu der wieder euch abgehörte testis 18. kommen, und es
gesehen, ferner testis 3. daß die von euch gekauffte 2. Pferde mehr nicht, als
5. Thlr. test. 14. aber daß das eine nur 2. Thlr. gekostet, ausdrücklich
deponiren, inmassen dann auch die wieder euch vorhandene Zeugen selbst nicht
abredig seyn können, auch von euch sattsam beygebracht worden, daß eines theils
euer Schwieger-Sohn euch mit Schlachten und Kochen an die Hand gangen, und sein
Brodtselbst verdienet, zu dem angegebenen Karren aber das Gestelle geschenckt
bekommen, und solchen selbst wieder zu rechte gemacht, andern theils nicht
sowohl ihr als die in euren Hause sich aufhaltende Werber geschmauset, und mit
denen neugeworbenen Soldaten sich lustig gemachet, da ihr immittelst öffters
über Feld eurer Nahrung nachgereiset, nicht weniger die reparatur eures Hauses
kaum 6. Thlr. gekostet, die Processe aber guten theils vor dem angegebenen
Diebstahle geführet worden, und wiewohl einige Schulden ihr abgetragen, ihr
dennoch auch nachdem vermeynten Diebstahle verschiedentlich von andern Leuten
Geld geborget gehabt; und was des wieder euch aufgeführten testis 3. Hanß B.
Aussage, als welche das gröste indicium zu machen scheinet, betrifft, aus eurer
defension-Schrifft und deren Beylagen erhellet, daß dieser B. als ihn vor
einigen Jahren H. des Diebstahls halber wieder euch produciret, eydlich eure
Unschuld, und daß er
|| [297]
nichts wisse, erhärtet, und da
er nachhero ein anders juramento deponiret, ein manifestum perjurium begangen,
und dahero den geringsten fidem nicht meritiret, zumahl er ad art. prob. 12.
ausdrücklich berichtet, daß dasjenige, was er wieder euch deponiret, Dinstags
vor Psingsten vorgangen seyn solle, hingegen art. prob. 29. daß der Diebstahl
Donnerstags begangen sey im Munde führet, ferner ad art. 63. derer Zeugen keiner
selbst gehöret, daß eure Tochter euch dem Diebstahl vorgeworffen, sondern
solches ex relatione aliorum incerta haben; wie denn auch die gemeine Sage, als
ob ihr H. Geld gestohlen, nirgends anders, als von dem anrüchtigen Hanß B und H.
ihren Ursprung genommen, mit H. aber es noch ferner diese Bewandnüß hat, daß er
Inhalts des eydlichen rotuli lit. H. Johann Easpar G. bestechen, und um einen
andern zu graviren zu einen falso, durch Ablegung falschen Zeugnüsses vor denen
Gerichten zu L. und Ertheilung eines Attestati unter frembden Nahmen, erkauffen
wollen, nicht weniger laut lit. A. Ludwig Meyern inständig nachhero gebeten,
dasjenige, was ihm von H. mit G. vorgehabten negotio wissend, niemand zu
entdecken, auch gegen George Christian S. daß er obberührten G. damit er nicht
zeugen könne, weggekaufft, gestanden, und daß er es verschweigen möchte, ihm
Geld gebothen, anderer unfertiger Händel und Dieb-Stücke, so ermeldeter Meyer
von H. berichtet, zugeschweigen, unterdessen daraus zu sehen, daß ihme des
vorgegebenen Diebstahls halber nicht der geringste Glaube beyzumessen, gestalt
auch die meisten Zeugen, bey dem eine gantz ungewöhnliche obsecration in sich
haltenden articulo 68. gar keinen Verdacht auf euch haben, die übrigen aber
dessen keinen beständigen Grund anzugeben wissen, so wenig als noch zur Zeit bey
denen wieder euch urgirten fiscalischen actionen etwas euch nachtheiliges
ausgeführet oder erkandt worden, solchergestalt aber kein eintziges derer
angegebenen indiciorum, so ohne dem sehr remota seynd, genugsam erwiesen worden;
Hienächst aus denen uns communicirten privat-actis und eurer defension-Schrifft
so viel zu sehen, daß der Inquisitions-Process an sich selbst nulliter geführet
worden, und wiewohl der Justitiarius W. in seiner so genannten
Protestation-Schrifft ein und anders dieserhalb zu seiner Entschuldigung
vorstellen wollen, absonderlich aber, daß auf des Landes-Hauptmannes Rescript
wieder euch inquiriret worden, angeführet, er dennoch die Nullitäten nicht
abgelehnet, sondern am Tage lieget, daß als ihr in gefänglicher Hafft behalten,
und wegen des Diebstahls in die Inquisition gezogen worden, weder das Corpus
delicti, und daß H. würcklich einig Geld gestohlen sey, bestärcket, noch auch
einig indicium wieder euch vorhanden gewesen, hingegen als eure Loßlassung aus
dem Arreste, darein ihr wegen beschuldigter Wiedersetzung der Execution
gerathen, gegen 50. Thlr. Caution von dem Landes-Hauptmanne bereits beliebet
gewesen, nachhero erst von dem Justitiario durch einen Bericht, daß ihr des
Diebstahls halber verdächtig wä
|| [298]
ret, erwehnten
Landes-Hauptmanne hinterbracht, und da dieser dieserwegen gründliche relation
verlanget, alsdenn erst von gedachten Justitiario W. generaliter inquiriret,
einige Zeugen aufgetrieben, und die vermeynte indicia zusammen gesuchet worden,
gestalt denn berührter W. selbst ausdrücklich von sich schreibet, daß als der
Herr Landes-Hauptmann, wie weit ihr in puncto furti graviret wäret Bericht
erfordert, keine gründliche Nachricht verhanden gewesen, daß man dieses
Diebstahls halber etwas berichten können, dergleichen Verfahren aber einen zur
Justiz geschwornen nicht zustehet, und eine offenbahre nullität nach sich
ziehet. Worzu noch ferner kommt, daß nach Caspar Ernst B. eydlichen Aussage der
Justitiarius W. eures Feindes des H. Parthey sehr gehalten, auch dessen Advocato
selbst schrifftliche Instruction ertheilet, was er wieder die Zeugen, so wieder
H. deponiren sollen, zu excipiren hätte, nicht weniger 6. Thlr. von des H. Frau
genommen, und ihr ein attestatum heimlich nachzuschicken versprochen: So
erscheinet daraus so viel, daß ihr nunmehro von der angestellten Inquisition
pure und ohne Abtrag derer inquisitions-Kosten, ausser was auf eure defension
gelauffen, zu absolviren, ihr seyd auch so wohl den denuncianten H. als auch den
Justitiarium, so euch mit der Inquisition übereilet, des zugezogenen Schimpffs,
Schaden und Unkosten halber gebührend zu belangen, wohl befugt, und wird im
übrigen wieder Hanß B. des von ihm begangenen perjurii halber, ingleichen wieder
H. wegen dessen, so er mit Johann Caspar G. vorgehabt, nicht weniger wieder W.
wegen desjenigen, so Caspar Ernst B. wieder ihn deponiret, mit der special
Inquisition billich verfahren. V. R. W.
§ I.
(Praeliminar-Anmerckung.)
DIe Geistlichen sind auch Menschen, wie die Weltlichen, und ist dannenhero nicht
zu verwundern, wenn man hier und dar gewahr wird, daß beyde Theile sich bereden,
als wenn sie nichts als die Beförderung der Gerechtigkeit ausübten, oder sich
rechtmäßiger Weise vertheydigten, da doch öffters Haß, Neid und Rachgier unter
dieser Larve verborgen lieget, zuweilen auch beyde Theile einander dazu
Anlaßgeben. Jedoch pflegt ein Unpartheyischer, wenn er derglei
|| [299]
chen Exempel siehet und höret, oder lieset,
Mitleyden mit denen armen Leuten zu haben, indem, andre Neben Ursachen zu
geschweigen die reliquien des Päpstischen Rechts, das man, wie eine wächserne
Nase drehen kan, und doch allenthalben auch in unsern Consistoriis annoch
herrschet, sie darzu vielfältig veranlasset. Daß dasjenige, was bißher gemeldet,
wahr sey, wird aus folgenden casibus erhellen.
§. II. Anno 1698. in September wurden von einen Amtmanne(Der erste Casus von einen
wieder einen Prediger gedruckten Responso.)
Inquisition acta wieder einen gewissen Stiffts-Rath eingeschickt, der mit dem
Prediger in seinen Dorff, dessen Patronus er war, einen injurien Proceß gehabt,
auch vorher wieder denselben in Fürstlichen Consistorio unterschiedliche Excesse
denunciret, und um Inquisition wieder Ihn angehalten hatte, zu welchen Ende er
auch sich in einen Schöppen Stuhl belehren lassen, welcher erkannt, daß, wenn
wegen der specificirten excesse genungsamer Verdacht verhanden und solche
gehöriges Orts denunciret würden, so dann mit der Inquisition wieder den Pfarrer
gebührend zu verfahren wäre. Dieses Informat hatte der Adeliche Stiffts-Rath
drucken lassen, weil aber der Buchdrucker auff den Titul etliche Worte
ausgelassen, und also kein vollkommener sensus des Tituls verhanden war, hatte
der Stiffts-Rath ad complendum fensum die zwey Worte: ärgerliche Excesse auf die gedruckten Exemplaria eigenhändig dazu
geschrieben. Als nun dieses factum kund worden, nahm es das Cosistorium übel
auf, indem es den Pfarrer von diesen denuncirten excessen absolviret hatte, und
also vermeynete, der Stiffts-Rath hätte durch dieses factum die von dem
Consistorio ertheilte absolutorische Verordnung angegriffen, weshalb es dem
Amtmann anbefohlen, wieder den Stiffts-Rath zu inquiriren. Der Stiffts-Rath
hatte sich in scriptis so fort zu dem facto bekannt, jedoch aber dabey
remonstriren wollen, daß er dadurch das Consistorium anzugreiffen niemahls
intentionirt gewesen. Seine Haupt-Gründe bestunden in zwey Puncten. Erstlich
hätte er niemahls die Verordnung des Consistorii zu Gesicht bekommen, und also
davon keine Wissenschafft gehabt, weshalben er auch dawieder nichts vornehmen
können. Zum andern sey das Informat ein viertel Jahr eher datirt, als die
Verordnung des Consistorii, und könne er also durch Einhohlung desselben
ermeldete Verordnung nicht angegriffen haben. Daß man aber eingehohlte responsa
drucken lasse, wäre nichts ungewöhnliches, auch ihm dieser Druck nicht zu
verdencken gewesen, weil er des Pfarrers collator wäre, und also auf desselben
Leben und Wandel billich Achtung geben, und zu
|| [300]
seiner
Versicherung das Responsum quaestionis hätte einholen und publiciren müssen.
Weil nun der Bachdrucker die Worte quaestionis aussen gelassen, hätte er die en
desoct billich suppliren müssen. Diese Schrifft solte nun loco defensionis pro
avertenda gelten. Nachdem aber die acta in eben den Schöppenstuhl, der das
gedruckte Responsum ertheilet, geschickt worden, hatte dieser erkannt, daß der
Stiffis-Rath darinnen so viel nicht ausgeführet, daß er mit der Inquisition so
sort zu verschonen, sondern es würde mit derselben billich wieder ihn verfahren.
Der Stiffts-Rath wollte nun zwar wieder dieses Urtheil noch eine defension pro
avertenda führen, es wurde ihm aber solches von Consistorio abgeschlagen, auch
die Appellation ad Principem verworffen, weswegen er sich nur bequemen muste ad
articulos zu antworten, und da dieses geschehen, und er in der Haupt-defension
seine vorige Entschuldigungen wieder angeführet, auch noch beygefüget: daß ja in
dem Informat selbst das Wort ärgerliche zu befinden wäre, waren die Acta wieder
in den vorigen Schöppenstuhl geschickt, und daselbst erkannt worden: daß der
Stiffts-Rath seines ungebührlichen Unternehmens halber und daß er ein
eingeholtes informat zu des Pfarrers Beschimpffung drucken lassen, auf das
Titul-Blat auch diese Worte: ärgerliche Excesse,
geschrieben, umb 40. Thaler zu bestraffen, auch die Unkosten zu erstatten
schuldig wäre. Worwieder er eine andre defension geführet, darinnen aber wenig
neues vorgebracht, ausser daß er gebeten, die acta in ein auswärtig Collegium zu
verschicken.
(Erinnerungen wegen des wahren status
controversiae.)
§. III. Nun waren wohl bey diesen gegenwärtigen casu etliche einander
nahekommende aber doch an sich unterschiedene Fragen nicht zu vermischen. Wenn
wäre gefraget worden, ob der Stiffis-Rath klug und löblich gehandelt hätte, daß
er das responsum drücken lassen, und die Worte quaestionis beygefüget, würde er
wohl schwerlich von unserm collegio ein beyfälliges Urtheil erhalten haben. Aber
davon war die Frage nicht, sondern ob er was straffbahres begangen hätte? Nun
ist aber unstreitig, daß nicht alles Thun und Lassen der Menschen, das nicht vor
klug und löblich ausgegeben werden kan, so fort für lasterhafft und straffbar
gehalten werden möge. Wenn ferner wäre gefragt worden: Ob der Stiffts-Rath durch
sein factum nicht den Priester zu beschimpffen intendiret hätte, und deßwegen zu
bestraffen wäre; würden gleichfalls die von ihm in vorigen §. angeführte
Entschuldigungen, daß er als Collator der Pfarre solches ex officio zu thun
besugt gewesen, wohl schwerlich in consideration gekommen seyn, son
|| [301]
dern wo nicht alle, doch die meisten von uns,
vielmehr festiglich sich beredet haben, daß der Stiffts-Rath das responsum aus
Haß und Rachgier wieder den Pfarrer unter dem Schein des Rechtens hätte drucken
lassen. Was die Bestraffung anlanget, wäre alsdann (nebst andern Umbständen, die
in denen rationibus decidendi des folgenden paragraphi können gelesen werden)
ferner zu untersuchen gewesen: Ob diese injurie für ein crimen publicum zu
achten, das ex officio eine Inquisition, zumahl wieder einen von Adel und
Stiffts-Rath, meritire, und ob nicht diejenigen, die hoc intuitu eine
inquisition anbefehlen würden sich wohl zu prüffen hätten; ob nicht ein
verdeckter affect und Haß wieder den Stiffts-Rath die wahre Ursach solcher
angestellten inquisition seyn möchte. Dieweil aber von allen denen vorigen
Fragen in dem überschickten casu nicht die Rede war, sondern die inquisition
bloß über der Frage war angeordnet worden: Ob der Stiffts-Rath durch diesen
Druck und Beyschreibung der Worte das Consistorium hätte beschimpffen und sich
an denen Consistorialibus rächen wollen? Also muste auch bey Abfassuug des
Urtheils hauptsächlich darauff reflectiret werden.
§. IV. Weil wir dannenhero vermeyneten, daß die Herren Scabini,(Fortsetzung des ersten casus
nebstunsern deßhalb ertheilten Responso.) die
die vorige sententias concipiret hatten, diese quaestiones affines nicht
allzubehutsam unterschieden, und sonderlich bey Abfassung des letzten Urtheils
mehr auff die andere, als auff die eigentlich hieher gehörige dritte und letzte
Frage reflectiret hätten; so war auch nicht zu verwundern, daß wir den
Stiffts-Rath in unserm Urtheil sowohl von der Inquisition als von denen
Inquisitions-Kosten absolvirten, wie wir dann auch dißfalls unsere rationes
decidendi weitläufftig beygefüget. Wenn nun die Herren Consistoriales bey dieser
Sache nicht selbst principaliter wären interessiret gewesen, so halte ich dafür,
daß sie das von uns gefällete Urtheil dem Stiffis-Rath ohne Zweiffel würden
publiciret haben: Da aber die Sache anders beschaffen war, und sich bey denen
potentioribus daselbst auch ein kleiner affect unter der Larve des Eyffers für
die Gerechtigkeit einschleichen mochte; meynte man anfänglich, daß es am besten
seyn würde, wenn man die Sache gar ruhen liesse und das Urtheil nicht
publicirte. Der Stiffts-Rath konte dieses auch wohl geschehen lassen, weil ihm
gleichfalls sein Hertze sagte, daß er eben nicht Ursache hätte, auff die
publication eines neuen Urtheils bey denen vorigen Umbständen, (und da er in
seiner defension die alte Leyer vorgebracht und die Haupt-raison nicht deutlich
vorgestellet hatte)
|| [302]
zu dringen. Endlich aber
changirte sich das Theatrum, daß das Consistorium resolvirte, unser Urtheil gar
ab actis zu removiren und die acta wieder an den vorigen Ort zum Verspruch zu
schicken, es seyn nun, daß entweder der Stiffts-Rath sie etwan von neuen
touchiret und von unserm Urtheil etwas erfahren hatte, oder daß jemand sonst,
dem Stiffts-Rath wehe zu thun, dieses gerathen haben mochte. In Summa es
geschahe dieses und wurde das neue eingehohlte Urtheil, eben weil es dem
Stiffts-Rath wiedrig war, ihm publiciret. Indessen hatte man sich mit diesem
neuen Consilio nicht übereilet, denn da unser Urtheil in September 1698. war
verfertiget worden, schrieb der Stiffts-Rath erst in December 1699. an uns, gab
uns davon Nachricht, und begehrte die communication unsers Urtheils, als welches
er zu seiner defension, die man ihm doch vergönnet hatte, brauchen wolte,
welches wir auch kein Bedencken trugen (jedoch in forma eines Responsi) ihm
folgender gestalt mitzutheilen.
Hat anfänglich derselbe wieder den Pfarrer zu C. unterschiedliche und in 15.
Puncten bestehende Excesse bey dem Consistorio denunciret und umb inquisition
wieder besagten Pfarrer angehalten, es ist aber solche nicht sofort veranlasset,
sondern dem Superintendenten zu N. disfalls den Pfarrer zu vernehmen und fernere
Erkundigung einzuziehen auffgetragen worden, worauff der Pfarrer bey besagten
Supetintendenten eine sogenandte Apologie oder Ablehnung der wieder ihn
denuncirten Excesse übergeben, darinnen er aber unterschiedliche formalien
gebrauchet, welche derselbe pro atrocissimis injuriis angenommen und disfalls
bey besagtem Consistorio eine scharffe injurien-Klage wieder den Pfarrer
übergeben. Hat darnächst derselbe sich bey dem Schöppenstuhl zu Z. Mense Augusto
95. des Rechten belehren lassen und ein Responsum dahin erhalten, daß die dem
Pfarrer beygemessene facta gehöriges Orths zu denunciren, und wenn genugsamer
Verdacht deshalb verhanden mit der inquisition wieder den Pfarrer gebührend zu
verfahren wäre, welches Responsum derselbe den 15. Oct. ejusd. anni im
Consistorio selbst in Abschrifft produciret, hernach aber zum Druck befördert
hat, da es dann geschehen, daß der Buchdrucker auff dem Titul etliche ad
complendum sensum gehörige Wörter aussengelassen, die sodann derselbe mit denen
Wörtern: ärgerliche Excesse, auf die gedruckten
exemplaria eigenhändig beygeschrieben und dadurch den sensum ergäntzet. Hat
hiernächst der Pfarrer, als der Herr Stiffts-Rath die wieder ihn angestellete
injurien-Klage fortsetzen wollen und von ihm die Einlassung darauff gefordert,
unterschiedliches umb sich dadurch von der Einlassung zu befreyen, fürnehmlich
aber exceptionem deficientis animi injuriandi & factae ab Actore
retorsionis vel compensationis, auch unter andern
|| [303]
dieses vorgebracht, daß obgleich er, der Pfarrer, von dem Consistorio wegen der
wieder ihn geschehenen Denunciation absolviret worden, derselbe dennoch das von
dem Söppenstuhl zu Z disfalls eingehohlete informat zu seiner, des Pfarren
äussersten Hertzens-Bekränckung in öffentlichen Druck ausgefertiget hätte, wobey
der Pfarrer solch gedrucktes informat nebst denen auf dem Titul befindlichen
angezogenen Worten: Aergerliche Excesse, ad Acta
produciret, wornächst, nachdem desselben Mandatarius daraufs geantwortet, daß
das informat die geschehen De nunciation zu justificiren gedrucket worden,
dieser beygeschriebenen Worte halber ferner nichts vorgekommen, bis das
Consistorium den 8ten Jun. 96. dem Schösser zu D. Copiam von der dem Pfarrer a
Denunciatione contra illum facta ertheilten absolutoria, so den 25. October
1695. datiret, aber doch in dem volumine der Gerichtlichen Denunciations Acten
nicht zu befinden ist, zugesendet und daneben, weil derselbe die auf dem ad Acta
gebrachten gedruckten informat befindliche Worte: Aergerliche Excesse, selbst geschrieben haben solte, er aber dadurch
ietztgemeldete absolutoriam angegrieffen hätte, besagtem Schösser anbefohlen,
denselben super facto des zum Druck beforderten informats und darauff
geschriebenen angezogenen Worte zu vernehmen, und darnächst im Schöppenstuhl zu
Z. in der Sache erkennen zu lassen. Hat derselbe sich zwar sofort schrifftlich
dazu bekand, daß er die Worte quaestionis auf den Titul des informats
geschrieben hätte, hat auch dabey durch Anführung unterschiedlicher Gründe, daß
er dadurch des Consistorii Verordnung nicht angegriffen haben könne, sich von
der ihm zugemutheten Antwort auf inquisitional Articul, loßmachen wollen, allein
es ist dessen unerachtet erkand worden, daß mit der inquisition wieder denselben
gebührend billig verfahren würde, worauff derselbe endlich auff Articul
geantwortet und zwar wiederumb alles dasjenige, so er zu seiner defension
dienlich erachtet, beygebracht hat, als aber die Acta von neuen an den
Schöppenstuhl zu Z. zu Einholung eines Urtheils verschicket worden, ist
demselben sodann in dem erfolgten Urthel eine Geldbuß von 40. Rthlr. nebst
Erstattung aller verursachten Unkosten zuerkand, und solch Urtheil der anderweit
geführten Defension unerachtet anitzo daselbst von neuen confirmiret worden. Ob
nun wohl in den Urtheil fol. act. inquis. 65. pro ratione decidendi angeführet
worden, daß derselbe ein eingehohltes informat zu des Pfarrers zu C.
Beschimpffung drucken lassen / auf das Titul-Blatt auch die Worte: Aergerliche
Excesse, beygeschrieben habe, und also solches
seines ungebührlichen Unternehmens halber billig zu bestraffen sey, auch
darnächst scheinen möchte, daß derselbe wegen inculpirter Beschimpffung des
Consistorii zum wenigsten zu Abstattung des juramenti purgatorii gehalten. Dad
anfänglich aus denen dißfalls ergangenen Acten, insonderheit aber aus der
Verordnung des Consistorii, aus des Schössers citation an denselben, ingleichen
aus seiner Urthels-Frage, item aus
|| [304]
seinem Bericht
fol. 47. circa fin. und aus dem 9. inquisitional articul fol. 58. uberall
deutlich zuersehen, daß wieder denselben nicht ex eo capite, als ob er den
Pfarrer zu C. durch publicirung des eingeholeten informats und Veyschreibung der
Worte: Aergerliche Excesse, beschimpffet, sondern aus
dieser Ursachen, als ob er durch Beyschreibung der angezogenen Worte des
Consistorii vor dem Pfarrer zu C. wegen der wieder denselben geschehenen
Denunciation abgelassene absolutorische Verordnung, als wiederrechtlich
angegriffen, die inquisition dem Schösser anbefohlen worden, das erste,
(nehmlich wegen der dem Pfarrer zugefügten Beschimpffung eine inquisition
anzustellen,) auch nicht geschehen können, alldieweil nach dem Jure Electorali
Saxonico die inquisition in dem Fall, wenn ein privatus von dem andern injuriret
worden, nicht statt findet, es wäre dann einer contemplatione & intuitu
officii injuriret, (Ordin. Polit. Saxon. de A. 1512. Tit. von Justitien-Sachen
§. Und weil beydes) welche limitation doch auff gegenwärtigen casum beschaffenen
Umbständen nach nicht appliciret werden kan, auch anitzo besagter Pfarr nicht
einmahl privatam injuriarum vindictam mehr zu fordern befugt ist, nachdem er
bereits in dem injurien Process, welchen derselbe wieder ihn angestellet, die
per publicationem Responsi ihm mutuo zugefügte Beschimpffung exceptive allegiret
und dadurch sich von der Antwort auff die angestellete injurien-Klage
compensando injurias loß machen wollen, worauff auch allem Ansehen nach bey der
darauff erfolgten absolutoria Vol. 2. fol. 117. reflectiret worden, bey solcher
Bewandniß aber das angezogene Schöppen Urthel, weil es super causa illa, de qua
in inquisitione actum fuit, nempe super injuriis Constorio praesumtive
illatis nicht; sondern super causa plane diversa, de quaactum non fuit, nempe
super injuriis Pastori C. illatis, ausgesprochen worden, offenbahr denen Actis
nicht conform, sondern im Gegentheil vitio nullitatis bebafftet ist, und also
die in demselben angeführte Ursach der Condemnation allhie nicht attendiret
werden, noch auch die darauf erfolgte Confirmatoria bestehen mag: Ferner aber ex
Actis keine in Rechten gegründete praesumtion zu finden ist, daß derselbe zu
Beschimpffung des Consistorii etwas vorgenommen, oder durch publicirung des
eingchohlten informats und Beyschreibung auf dem Titul der Worte: ärgerliche Excesse, die von etmeldeten Consistorio pro
Pastoreertheilte absolutorische Verordnung angegriften haben solte, indem
derselbe hauptsächlich verneinet, daß er von der Ober-Consistorial Verordnung,
die den Pastorem absolviret, Wissenschafft gehabt, welche desselben negativa
dadurch nicht wenig bestättiget wird, daß die angeregte Verordnung bey dem
Volumine der Denunciations-Acten nicht befindlich, das Gegentheil auch, daß
derselbe darumb gewust habe, mit nichts bescheiniget ist, und wann auch gleich
dieses wäre, dennoch aus dem Dato des Responsi erhellet, daß es etliche Wochen
vor Ertheilung der mehr
|| [305]
erwehnten Ober
Consistorial Verordnung eingeholet worden und derselbe, gleichwie ihm communis
praesumtio bonitatis zu statten kömmet, auch dieselbe allhie vor sich hat, daß
er das Responsum ante emanatum decretum zum Druck bereits befördert gehabt habe;
hiernächst aber hauptsächlich in consideration zu ziehen, daß der Augenschein
klar giebet, wie in dem Titul des Responsi von dem Buchdrucker ein Fehler seye
begangen und die Worte quaestionis von ihm ausgelassen worden, indem die
particula: über, allhie einen accusativum nach sich haben muß, solcher aber auf
dem Titul nicht, sondern nur der Genitivus, qui regitur ab illo accusativo, des
Pfarrers etc. darauff zu befinden ist, dannenhero ex natura negotii gar wohl zu
vermuthen, daß derselbe ad complendum sensum die Worte: Aergerliche Excesse, beygeschrieben habe, und allhie wiederumb die
vorhin angeführte praesumtio bonitatis & exclusiva delicti so lange vor
denselben militiret, bis per praesumtiones alias & fortiores, deren doch
keine einige wieder denselben verhanden noch angegeben worden, etwas so der
inquisition würdig, erhärtet werde, welche trifftige rationes der auf Befehl
inquirirende Schösser bereits selbst angemercket und deshalb in seinem fol. 47.
b. erstatteten Bericht dieselbe ziemlich relevantes
rationes genennet, bey diesen Umbständen aber auf das juramentum
purgatorium nicht reflectiret werden mag, unerachtet derselbe fol. 43. sich
darzu erbothen, in Betracht, ut hoc juramentum imponi possit doch zum wenigsten
einige gegründete praesumtiones contra Reum beygebracht seyn müssen, dergleichen
aber in den Acten nicht zu finden: im übrigen aber ungezweiffelten Rechtens ist,
quod deficientibus legitimis indiciis inquisitus pure, etiam quoad expensas,
absolvendus sit, wovon doch diejenigen Unkosten, so auf des inculpati defension
gegangen, billig ausgenommen werden, die der Beschuldigte zu tragen gehalten
ist; So erscheinet daraus allenthalben so viel, daß derselbe gestalten Sachen
nach von der wieder ihn angestelleten inquisition zu entbinden, er auch mit
Erstattung der Unkosten, ausser so viel davon auf seine defension gegangen,
billig zu verschonen sey, inmassen wir dann auch Mense Septembri 1698. da die
wieder denselben ergange inquisitions- und andere zwey volumina Actorum
denselben contra den offtbesagten Pfarrer betreffend, uns von dem Amt-Schösser
zugeschicket worden, ad plena Acta cum rationibus also gesprochen haben. V. R.
W.
§. V. Wiewohl ich bey dem bißher erzehlten casu Gelegenheit(Was von removirung der Urtheil
die denen Gerichten nicht an-) hätte eine merckliche digression davon
zu machen: ob denn das Consistorium befugt gewesen sey unsere sententiam
absolutoriam ab actis zu removiren? So leidet es doch mein itziges Vorhaben
nicht, daß ich mich hierbey weitläufftig aufhalte. Zumahlen, da ich allbereit in
einer Anno 1709. gehaltenen absonderlichen Disputation diese Materie
ausgefüh
|| [306]
ret, (stehen zuhalten.) und gewiesen daß es weder hohen noch niedern
Gerichten zu stehe, in peinlichen oder criminal Sachen die pro Reis
ausgefallenen Urtheil ab actis zu removiren, sondern daß dergleichen remotiones,
wo nicht allemahl, doch mehrentheils Anzeigungen eines unlöblichen Affects
wären: so darff auch ferner hier nur dasjenige wiederholet werden, was ich
allbereit in 19. Handel des ersten Theils p. 209. seq. von dieser Frage in
specie in einen gleichförmigen casu und deshalb gegeben responso Facultatis
nostrae angeführet habe.
(Der andre Casus von einem Pfarrer
der von der Fiscalischen Klage absolviret worden.)
§. VI. Der folgende andre casus gehöret nicht alleine zu der Rubrique des
gegenwärtigen Handels, sondern bekräfftiget auch die dem 20. Handel des ersten
Theils vorgesetzte rubrique von Schaden der aus Mißbrauch indifferenter Dinge,
als zum Exempel des Brantewein-Trinckens entstehet. Anno 1699. in September
solte unsere Facultät über eingeschickte acta sprechen, in welchen der Fiscal
einen Pfarrer wegen etlicher excesse verklaget und zu bestraffen gebeten hatte.
Ob nun wohl die Fiscalische Klage nicht gantz ungegründet war, so schiene doch,
daß vermuthlich ein oder anderer sub larva eines vortrefflichen Eyffers für die
orthodoxie seinen Affect wieder den Pfarrer auszulassenden Fiscal mochte zu der
Klage angetrieben haben. Denn der erste exceß, der in der Fiscalischen Klage als
der wichtigste u. ärgerlichste oben anstund, solte darinnen bestehen, daß der
Priester an einen Bußtage die Worte aus D. Mulleri des Theologie Schluß-Kette
angeführet: Fragstu einen Catholischen / wo hastu deinen GOtt? So wird er
antwotten: zu Rom. Einen Reformirten? In Engelland. Einen Socinianer? In Polen &c. aber es dabey nicht bewenden lassen,
sondern ärgerlicher Weise dazu gesetzt hätte: Es könten auf diese Art die von
Müllern erwehnte Religions-Verwandren denen Lutherischen gleichfalls vorwerffen:
daß sie ihren GOtt in Sachsen und zu Wittenberg hätten. Und dieses konte der
angeklagte Pastor nicht läugnen. Er läugnete auch ferner nicht, daß er sich zum
Brantewein gewöhnet, und solchen nicht wohl quittiren könte, er hoffete aber
nicht daß er damit jemand ärgerlich gewesen, wolte sich auch befleißigen
denselbigen sich abzugewöhnen. Er gestand auch, daß bey dem Begräbnüß einer
Frauen er bey der Leichen-procession gefallen wäre; sagte aber, es sey solches
aus Mattigkeit geschehen, weil er den Tagviel confitenten gehabt, und weil er
über dieses von dem vielen Rauch der Fackeln incommodiret, auch von einem der
Träger an den Fuß gestossen worden. Das vornehmste, was die Zeugen attestiret
hatten, bestan
|| [307]
de in folgenden Umbständen: der
Küster sagte, es wäre bekannt, daß der Pfarrer viel Brandtwein träncke; Als er
ohnlängst einer Frauen das Abendmahl in ihren krancken-Bette reichen solien,
hätte er zu viel Brantewein zu sich genommen gehabt, daß er den actum nicht
stehend verrichten können, sondern sich auf einen Stuhl setzen, und man ihn auch
hernach halten müssen. Er hätte auch ohnlängst die verba institutionis nicht
gantz ausgesungen, sondern die verba finalia: Solches thut &c.
ausgelassen, weil er durch das saute Nachsingen der Gemeine in confusion
gerathen: ein anderer sagte: wie er den Tag als die oberwehnte Frau begraben
worden, bey dem Pfarrer gebeichtet, hätte es ihm und andern gäntzlich gedeucht,
daß er ziemlich truncken gewesen: er predige auch nicht mehr so gut als vorhero.
Noch ein anderer, es wäre bekannt, daß Beklagter dem Brantewein-Trincken ergeben
sey: seine Predigten wären auch vor diesen besser und erbaulicher gewesen. Die
Frau, der er in ihrer Kranckheit das Abendmahl gereichet hatte, zeugete: sie
wüste nicht ob Beklagter damals truncken gewesen: Als ihm aber ihre Mutter etwas
gegeben und gesagt; er möchte es nicht verschmähen: hätte er geantwortet: es
wäre freylich schlecht und geringe genug; Er wolte aber hier keine Kürmeß
halten. Ein Assessor Consistorii attestirte schriffilich, daß, als Beklagter auf
den Leichbegängnüß gefallen, hätte man nicht anders judiciren können, denn daß
der Fall durch Trunckenheit verursacht worden; jedoch hätte er bey der
Trauer-Collation, allen Ansehen nach den Rausch nicht bekommen. Ein anderer
deponirte: daß, als Beklagter ihm einsmahl das Abendmahl gereichet, hätte er ihm
aus dem Kelche nichts gegeben, auch hernach gesagt; es käme eben nicht darauf
an: ob einer viel oder wenig träncke, sondern es wäre mit dem Glauben
ausgemacht: endlich hätte er ihn aber doch den Kelch gereichet. Beklagter hatte
hierbey vielfällig in actis gebeten, wo etwas vorgegangen, ihm solches zu
pardoniren, er wolte sich bessern. So hat auch das Consistorium attestiret, daß
man bißher von dem excessiven Brantewein-Trincken nichts gehöret, und die
Besserung allemahl zu hoffen sey.
§. VII. Bey diesen Umbständen nun wurde abermahl für nöthig(Jedoch mit angehengter Warnung.) gehalten, die
oben §. 3. angemerckten unterschiedenen Fragen nicht zu confundiren, sondern
intuitu des imputirten straffbaren Lasters den Pfarrer zu absolviren, wegen des
unlöblichen Brantewein-Trinckens aber ihm eine nachdrückliche Warnung zu geben,
wie das Urtheil und dessen rationes decidendi mit mehrern besagen.
|| [308]
Daß zwar Beklagter vorkommenden Umbständen nach wegen der wieder ihm geklagten
Puncte mit einiger Straffe noch zur Zeit nicht zu belegen, es wird ihm aber doch
sein voriges Verhalten und zum Theil begangene Excesle billig verwiesen, und er
dabey alles Ernstes ermahnet, sich inskünfftige des uberflüßigen Branderdein
Trinckens zu enthalten und die daraus entstehende vielfältige Aergernisse
höchsten Fiersses zu vermeyden, mit dieser Verwarnung, daß, wofern noch weiter
einige gegründete Klagen dißfalls wieder ihn einkommen würden, sodann auch die
itzo angebrachte Punete in sententionando beobachtet und er davor der Schärffe
nach angesehen werden solle, und ist er im übrigen die auf diesem Process
verwandte Unkosten auff vorhergehende Liquidation und Richterliche Mässigung zu
erstatten schuldig. V. R. W.
Rationes decidendi.
Obwohl Beklagter nicht in Abrede seyn mögen, daß er dem Brandewein-Trincken
dergestalt ergeben sey, daß er solches auch schwerlich sich wiederumb werde
abgewöhnen können, und dahero nicht eben unwahrscheinlich, daß er die in Actis
angeführte excesse aus Trunckenheit begangen habe, bey solchen Umbständen aber
vor einen tüchtigen Prediger nicht zu achten, und er also dem Ansehen nach mit
einer nachdrücklichen Straffe angesehen werden sollen; Weil aber dennoch die
gellagte excesse nicht erwiesen, indem die Zeugen theils singulares sind, theils
auch keine gründlich Wissenschafft von der Sache haben, sondern das meiste, so
sie wieder Beklagten ausgesaget, auf blossen Muthmassungen bestehet,
insonderheit auch wohl ohne des Beklagten Schuld geschehen seyn kan, daß der
eine Zeuge, als er zum Abendmahl gegangen, von dem Wein aus dem Kelch nichts
bekommen hat, und denn aus dem Gerichtlichen Attestato fol. 60. zu ersehen ist,
daß man bereits eine zeithero von des Beklagten excessivischen
Brandwein-Trincken eben nicht so viel gehöret habe, und die Besserung allemahl
zu hoffen sey, welche Beklagter auch in Actis zu verschiedenen mahlen angelobet,
gleichwohl aber derselbe wegen des ermeldeten von ihm selbst zugestandenen
Brandwein-Trinckens und anderer angeführten Puncten nicht ausser aller Schuld
und Verdacht stehet, indem aus solchen unordentlichen Leben und Gesöff nicht
viel Gutes erfolgen kan, und Beklagter dadurch zu dieser Fifcalischen Klage
Anlaß gegeben hat; So ist dergestalt zu erkennen gewesen.
(Die aber Beklagter zu seinen Schaden nicht beobachtet.)
§. IIX. Nun wäre zu wünschen gewesen, daß Bekagter diese Warnung beobachtet und
nicht dem Fiscal Gelegenheit zu einer neuen Klage, und dem Consistorio zu seiner
suspension gegeben hätte. Aber so war der arme Mann nicht mehr in dem Zustande,
das Brandwein-Trincken zu lassen, derwegen der Fiscal eine neue Klage übergab
daß er binnen einiger Zeit wegen des vielen Bradewein-Trinckens, sonderlich
a
|| [309]
ber an Michaelis Tage eine gantz
ungereimte und elende Predigt gehalten, daraus die Zuhörer ermessen können, daß
er sehr berauscht gewesen, ingleichen, daß er an dem darauf folgenden Sontage
der Gemeine vorgebracht, wie in einer benachbarten Stadt ein herumb vagirender
Medicus sich aufhielte, der allerhand Schaden heilen könte, und daß dersebe aus
Spanien eine Salbe, und ungebrannte Asche mit gebracht, so vor diejenigen gut
wäre, die Noth am Esel hätten. Da nun Beklagter hierauff citiret worden, war er
nicht erschienen, sondern hatte einen ungereimten Brieff an den Secretarium
Consistorii abgehen lassen, in welchen fast kein sensus, und folgends draus zu
praesumiren war, daß er denselben in grosser Trunckenheit gefchrieben. So viel
man daraus vernehmen kvnte, läugnete er die Klage eben nicht, sondern setzte
nur, daß ihm das eine Wort (vielleicht der Esel) aus dem Munde gefallen, sey
nicht meditatim, auch nicht aus einer bösen Meynung geschehen. Er setzte auch
(haud dubie brandeweinatim) hinzu: Er müste ja sonst auf der Herren Befehl:
Schweinschneider Hunde, die einen Tollwurm hätten Bader-Köpffe setzten etc.
verkündigen: Er wolle solche Doctores nicht mehr verkündigen etc. Als nun die
Acta in dem gleich darauf folgenden Monat October eben desselbigen 99. Jahres
abermahls an uns verschickt wurden, wurde folgendes Urtheil darauff resolviret.
Daß Beklagter auf vorhergehende anderweitige Ladung zu erscheinen und auf die von
Klägern am 12. October dieses Jahrs vorgebrachte neue Klag-Puncte deutlich zu
antworten schuldig. Dafern er nun dieselbe gäntzlich oder etwas daran verneinen
solte, werden die bereits summarie vernommene Zeugen eydlich abgehöret, und
ferner überall Process mäßig verfahren. Wann nun des Beklagten Antwort, sowohl
nach der Zeugen Aussage mit Fleiß aufgezeichnet und zum Spruch Rechtens
nochmahlen verschicket wird, ergehet sodann des Beklagten Person und verwirckten
Straffe wegen ferner was recht ist, indessen verbleibet es bey der bereits
wieder ihn vorgenommenen suspension ab officio billig. V. R. W.
Rationes decidendi.
Obwohl Beklagter in seinem an den Secretarium Consistorii abgelassenen Schreiben
die von neuen ob Seiten Fiscalischen Anwalds wieder ihn geklagte Puncte nicht
verneinen kan und nur dieselbe mit ungereimten Schein-Gründen zu bemänteln
suchet, auch selbst angeregtes Schreiben wegen des verwirreten und fast albernen
styli von ihm in Trunckenheit geschrieben zu seyn scheinet, überdem die summarie
abgehörte Zeugen fast alles, wie es articuliret, ausgesage, haben, und
|| [310]
es dannenhero scheinen möchte, daß allbereits
definitive in der Sachen gesprochen werden können; Dieweil aber dennoch nach den
Reguln eines gesetzmäßigen Processus die Litiscontestation des Beklagten zum
Grunde gesetzet und alsdann allererst, dafern es nöthig, mit Auffnehmung des
Beweises verfahren werden muß, allhie aber der Beklagte auf die von neuen wieder
ihn eingebrachte Klage-Puncte noch nicht articulatim geantwortet hat, die
Aussage der Zeugen auch nicht auf vorhin geleisteten Eyd, sondern nur summarie
geschehen ist, und dahero, wenn man bereits difinitive sprechen wollen,
Beklagten den modum procedendi hernach anzufechten und die Sache zu verzögern
dadurch leichte Anlaß gegeben werden könne, indessen aber doch aus seiner
eigenen Bekändnüß so viel schon zu ersehen, daß er pendente lite bey seinem
Predigt-Amte ohne grosses Aergerniß nicht gelassen werden mag; So ist dergestalt
zu erkennen gewesen.
(Der dritte Casus wegen eines perjurii.)
§. IX. Ferner wurden 1701. in Julio Acta eingesendet, worinnen folgender Casus
enthalten. Einer aus der Gemeine hatte wieder seinen Prediger propter
denegationem sacrorum Klage erhoben, Beklagter hingegen unterschiedene excesse
wieder ihn angegeben, sonderlich aber daß Kläger ein perjurium begangen hätte,
weßhalben Beklagter begehret, daß Kläger Kirchen-Busse thun solte, und als die
Partheyen drüber verfahren, war fol. 91. erkannt worden: Daß Kläger die von
Beklagten ihm angemuthere Kirchen-Buße, seines Einwendens ungehindert zu praestiren schuldig, auch darzu von seinem Provisorat Amt zu entsetzen sey, es wäre dann, daß er in
denen nächsten 14. Tagen / dasjenige, so ex actis
ratione des imputirten perjurii wieder ihn stritte, gründlich elidiren,
und daß es damit eine andere Beschaffenheit hätte klärlich dociren könte etc. Darauff war eine Commission angeordnet worden, die
Sache in loco zu untersuchen, so auch geschehen, worauff fol. 181. ferner
erkannt worden: daß, weil Kläger dasjenige / was ihm zu elidiren &c. injungiret worden, wie
Rechtens nicht geleistet, nunmehro voriges Urtheil vor purificiret zu achten, und was darinnen erkannt / an demselben zu effectuiren. Nachdem er auch dasjenige, wessen er
Beklagten beschuldiget, durch die veranlassete Commission nicht zu Recht erwiesen, so würde Beklagter nunmehro davon
billich absolviret; Kläger hingegen zur gebührenden Satifaction ihm in eine öffentliche Christliche Abbitte,
jedoch seiner Ehren ohne Schaden, vertheilet, dabeneben in eine Erstattung der
Unkosten, so auf 12. Thlr. zu moderiren, condemniret. Hiernechst war aus beygefügten Actis zu
sehen, daß die Umbstände des dem Kläger
|| [311]
imputirten
perjurii darinen bestunden. Kläger und seine Collegen die Gerichte des Orts,
hatten eines gewissen Ubelthäters, der von Amte zur gefänglichen Hafft gebracht
worden, Sachen durchsucht, eine Sparbüchse erbrochen, und das Geld heimlich vor
sich behalten. Es war aber nachhero dieses ruchtbar worden, weßwegen man die
Gerichte ins Amt gefordert, da sie den endlich die That gestanden. Als aber noch
anderes Geld auch vermisset worden, und die Gerichte doch weiter nichts gestehen
wollen, hatten sie schwören müssen, daß dasjenige, was sie ausgesaget, die
lautere Wahrheit, und ihnen von der Sache nichts mehr wissend wäre. Dabey war
ihnen befohlen worden, das aus der Büchse entwendete Geld ins Amt zu lieffern.
Hernach hatte Kläger und seine collegen gestanden, daß sie vielmehr Geld als in
der Spar-Büchse gewesen, unter sich getheilet hätten.
§. X. Gleichwie aber beyde Theile wieder das in vorigen paragrapho(Unser Urtheil cum rationibus
& allegatis.) angeführte letzte Urtheil restitutionem
in integrum gesucht und daß wir darinne cum rationibus & allegatis
sprechen solten von uns begehret worden; also werden die unsern hier beygefügten
Urtheil, welches das vorige confirmiret, angehangene rationes decidendi zugleich
zeigen, worinen die gravamina beyder Partheyen bestanden. Dieweil sie aber
darinnen etwas kurtz gefast worden; ist zu derselben desto besserer Verständniß
zu mercken, daß so viel Klägern betrifft, er dabey bliebe, daß er kein perjurium
begangen hätte, weil in der formula juramenti von Wiedergebung des Geldes nichts
enthalten gewesen; und ob er wohl hernach wegen des zurückbehaltenen Geldes sich
auch in Ansehen des geleisteten Juraments einen Gewissens scrupel gemacht, und
hiervon dem beklagten Prediger davon etwas offenbahret; so könne ihn doch
solches nicht graviren, weil er damahls in grosser Melacoley gesteckt und fast
nicht wisse was er geredet; wegen der zuerkannten dem Beklagten zu leisteten
Christlichen Abbitte, drang Kläger nochmahls drauf, daß Beklagter zuvorher
schwören müsse, ob die facta nicht wahr wären, die er für injurien hielte;
darauf aber Beklagter antwortete, daß zu geschweigen, quod veritas convitii non
excuset, er auch alle von Klägern ihm injuriose imputirte facta per probationem
contrariam abgelehnet, zu welchen Ende er auch ex actis viele loca &
depositiones testium allegiete. Dem beklagten Prediger gravirte fürnehmlich, daß
dem Kläger wegen der ihm zugefügten injurien über die Abbitte keine nach drück
liche Straffe zu erkannt worden, da doch das gemeine Beste billich zu erfordern
schiene, daß er über die Abbitte zum wenigsten mit zwey monat
|| [312]
lichen Gefängnüß, und zwar bey Wasser und Brodt, oder doch
mit einer Geldbuße von 200. Fl. und zwar AD PIAS CAUSAS zu bestraffen wäre
&c,
Urtheil: Daß es der beyderseits gesuchten Restitutionen unerachtet bey dem am
6ten April verwichenen Jahres eröffneten und fol. 181. befindlichen Urtheil
billig verbleibet, es ist aber jedoch Kläger die von Beklagten fol. 188. ferner
liquidirte Gerichts- und Urtheils Gebühren an 1. Rt. 20. gl. demselben über die
vorhin bereits erkandte Unkosten gleichfalls zu bezahlen schuldig. V. R. W.
Rationes decidendi.
Ob wohl Kläger vermeynet, daß wegen des ihm beygemessenen perjurii keine zu Recht
beständige Anzeigungen wieder ihn in actis anzutreffen, sondern das meiste auf
das fol. 43. befindliche attestatum ankäme, diesem aber, weil es nur summarisch,
kein Glaube zu gestellet werden könte so dann aus den beygebundenen Amts-Acten
klahr am Tage läge, daß er unschuldig befunden worden, auch nichts hindere, daß
er gleichwohl nach abgestatteten Eyde annoch 9. fl. bey sich gehabt, weil er ja
nicht geschworen, daß er das Geld einlieffern wolte, sondern nur, daß dasjenige
wahr wäre, worüber er im Ambte befraget worden: hiernächst er Beklagten nicht
injuriret, sondern nur propter denegationem sacrorum wieder ihn geklaget hätte,
da denn die denuncirten injurien nur incidenter mit eingemischet worden, wozu
endlich käme, daß er Beklagten die meisten Puncte, so er als injurien angebe,
ins Gewissen gestellet, welches er dann darüber billig eröffnen und darauf
erkandt werden sollen; Dieweil aber dennoch aus denen beygefügte̅
Amts-Acten, quae plene probant & inesr partes notorium introducunt,
Ruland. de Commissar P. 2. l. 5. C. 6. n. 21. Pruckmann
Vol. 1. Consil. 14 n. 142.
Finckelth. obs. 44. n. 2. fol. 9. seq. zu ersehen: daß
Kläger von nichts mehr, als dem Gelde so in der Spar-Büchse an 7. Rt. 9 gl. nach
Aussage der delinquenten fol. 8. gewesen, wissen wollen, auch darauf geschworen,
daß er nehmlich von mehrerm nicht wüste, und doch hernach fol. 15. es sich
gewiesen, daß ein weit mehrers verhanden gewesen und von Klägern und seinen
Mitgesellen getheilet worden, woraus der Meineyd offenbahr zu Tage lieget, nihil
enim aliud est perjurium, quam mendacium jurejurando firmatum. Boer. Decis. 305. num. 1. Carpzov. Pr. Cr.
qu. 46. n. 2 nächstdem nichts zur Sache thut, ob die injurien gleich
von Anfang die Klage, oder nur incidenter dem Beklagten zugefüget worden,
quoniam sufficit, illatas esse injurias & adesse animum injuriandi, ex
quo injuria dignoscitur, l. 3. §. 1. ibi: injuria ex affectu facientis. ff. de injur. Zumahlen
wenn Kläger eine gute Sache zu haben gemeynet, er auch dieselbe auf zuläßige
Weise fortsetzen sollen, so er aber testantibus actis nicht gethan; So ist
dergestalt zu erkennen gewesen. II. Des Beklagten Gravamina betreffend, obwohl
derselbe vermeynet, daß theils die Klä
|| [313]
gen
zuerkandte Abbitte mit denen von ihm ausgestossenen injurien keine Gleichheit
habe, auch die verursachte Unkosten gar zu sehr gemäßiget und sonderlich gar
keine Advocaten Gebühren zuerkandt worden; Weil aber dennoch Klägern über die
Abbitte auch die Entsetzung von seinem Ambte und die Kirchenbuße zuerkandt, und
solches nicht nur allein wegen des begangenen Meineydes geschehen, sondern dabey
vermuthlich auch zugleich auf diese Schmachreden die Absicht mitgenommen worden,
und also theils Beklagter dadurch genugsame satisfaction erlanget, theils der
Straffe wegen es nach der bekandten Rechts-Regul, quod poenae debeant delicto
commensurari, schon seine Richtigkeit hat, cum Judex in illis irrogandis etiam
nimis rigorosus esse non debeat, Mev. P. 3. Decis 39. num.
4. und es Beklagten als einen Prediger besser angestanden, der Straffe
halber für Klägern zu bitten, als sub praetextu der Vorsorge für das gemeine
Beste zu bitten, ihm die Straffe zu erhöhen, und also mit Aergernüß der Gemeine,
seine Begierde zur privat Rache nicht undeutlich spüren zu lassen, so dann
Beklagter in der specification fol. 141. schon gebethen, daß die
Advocaten-Gebühren mit taxiret werden möchten, welches dann auch zugleich mit
geschehen, indem sonsten nicht einmahl so viel hätte können passiret werden,
indem Veklagter nicht nur an Reise- und Versäumniß-Geldern, sondern auch sonsten
die specification ziemlich hoch eingerichtet, da doch die Rechte wollen, quod
illae tantum expensae, quae necessariae sunt, & principaliter litis
causa insumuntur, adjudicari debeant, Brunnem. ad l. 79. ff.
de judic. num. 5. & 6. So ist auch dißfalls der Gestalt, wie im
Urtheil enthalten, erkandt und die ferner weit liquidirte Gerichts- und
Urtheils-Gebühren hinzugesetzet worden.
§. I.
ICh habe allbereit bey dem letzten Handel des ersten Theils deutliche(Was zu diesen Handel Anlaß gegeben, nebst unseren Responso.) Erinnerung gethan, daß noch viele
reliquien der Papistischen Lehre von Sacrament der Ehe bey denen Protestirenden
anzutreffen, ja daß bey denen Protestirenden eben wegen dieser reliquien und
weil man doch nichts destoweniger in andern Stücken von dem Papistischen Recht
abgangen, die streitigen Ehesachen noch verwirrter gemacht worden als bey denen
Catholischen. Diese Materie ist hernach
|| [314]
in achten
Handel des andern Theils noch deutlicher ausgesühret worden-Wegen eben dieser
Verwirrung wundert mich nicht, daß mir von vielen, sonst, nach dem geraeinen
Gebrauch des Worts, Christlichen Leuten unserer Religion ein so unzeitiger und
bitteler Streit wegen der Kebs-Ehe gemacht worden, weil aus eben diesen nur
gemesdeten Ursachen auch die Lehre von der Kebs Ehe verwirret ist, und auff
Universitäten sowohl bey denen Theologis als Jure Consultis dißfalls noch viele
falsche Päpstische Lehren mit andern zwar in etwas verbesserten vermischt
worden, daraus aber ohnmöglich eine wahre zusammen hengende Doctrin erfolgen
können. Manchmahl hat man auch wohl gar auf Seiten der Geistlichen nicht
allzulöbliche Dinge vorgenommen, und hernach die daraus erfolgende nothwendige
Suiten denen armen Leyen imputiren und ihnen dieselbe zur Last legen wollen:
Davon nachfolgender casus und das deßhalb ertheilte Responsum ein mercklich
Exempel geben wird, welches in Januario 1698. im Nahmen unserer Facultät
ausgefertiget worden.
Hat Titus, so der Römisch-Catholischen Religion beygethan, Cajam, welche
Lutherisch ist, anfänglich geschwängert, hernach aber und an demselben Tage, da
Caja eines Kindes genesen, sich mit ihr öffentlich verlobet, auch so fort darauf
nicht allein bey dem Superintendenten zu L. sondern auch bey dem Consistorio
daselbst umb die Priesterliche Copulation angesuchet, welche ihm aber, weil er
Römisch-Catholisch, abgeschlagen worden. Hater hierauf seine verlobte, die
Cajam, zwar alimentiret, jedennoch aber bey ihr nicht gewohnet, biß ohngefehr 1
1/2 Jahr hernach, da er sich zu ihr auf eine Stube begeben, und an einem Tische
mit ihr gespeiset, jedoch des Nachts in einer absonderlichen Cammer und Bette
gelegen, auff welche Art diese beyde Personen 2. Jahr beysammen gelebet. Ist
darauf Caja verstorben, und es hat der Magistrat zu L. wieder Titium, als ob er
mit der Caja in concubinatu gelebet, inquisition angestellet, es ist auch, nach
dem Titius auf inquisitional Articul geantwortet und unterschiedliche Zeugen
wieder ihn abgehöret worden, Titio darüber, (1) daß er mit Caja in einen Bette
nicht gelegen, (2) seit der geschehenen Schwängerung sich weiter mit ihr
fleischlich nicht vermischet, noch (3) selbige vor seine Ehefrau ausgegeben, das
Juramentum purgatorium zuerkandt worden. Ob nun wohl Titius nicht wenig graviret
zu seyn scheinet, daß, dessen Anführen nach, die eine Zeugin, so zuletzt, als
Magd, bey ihm und der Cajae gedienet, ausgesaget, daß Titius und Caja beysammen
in einem Bette gelegen Titii Haußwirth und dessen Ehefrau aber deponiret, Titius
habe Cajam vor seine Ehefrau nicht ausgegeben, woraus zu folgen scheinet, daß er
nicht affectionem maritalem gegen Cajam gehabt und also in concubinatu mit
derselben gelebet, sol
|| [315]
che Beywohnung auch
absque praevia benedictione sacerdotali geschehen, und also bey solchen
Umbständen Titius zu Abstattung des ihm aufgelegten Reinigungs-Eydes allerdings
gehalten sey. D. a. u. d. in inquisitions Sachen bey Auflegung des juramenti
purgatorii, wenn dasselbe zu Recht bestehen soll, vor allen Dingen erfordert
wird, das ein gewisses delictum verhanden sey, wovon der inculpatus sich zu
reinigen nöthig hat, welches zwar in diesem Fall der Concubinatus seyn soll,
solcher Concubinatus aber, denen von demselben angeführten Umbständen nach,
allhie nicht zu erfinden ist, indem Titius und Caja sich miteinander öffentlich
verlobet, und dadurch, daß sie nicht vagum & libidinosum concubitum,
sondern eine ehrliche und eheliche Beywohnung intendirten, öffentlich bezeuget,
auch solche publica sponsalia, dem Lands Gebrauch und Sächsischen
Kirchen-Ordnung gemäß, durch die Priesterliche Einsegnung zu vollenziehen, nicht
nur bey dem Superintendenten, sondern auch bey dem Consistorio angesuchet, und
dadurch noch weiter, daß sie im geringsten nicht einen concubinatum intendirten,
publice contestiret, wobey ihnen beyderseits nicht zu imputiren, noch denselben
schädlich seyn kan, daß sie solche gesuchte Trauung nicht erhalten, indem sie
ihres Theils alles dasjenige gethan, so sie vermocht und zu thun schuldig
gewesen, hingegen die Copulation ihnen wieder den klahren Inhalt der allgemeinen
Reichs-Gesetze, vermöge deren so wohl die Römisch-Catholischen, als Lutherischen
und Reformirten, geduldet werden sollen und derer jurium connubialium, so wohl,
als anderer jurium communium, durchgehends fähig sind, abgeschlagen worden;
hiernächst Göttlichen Gesetzen, auch bewehrter und Lutherischer Rechtslehrer
Meynung nach die benedictio sacerdotalis nicht ad essentiam matrimonii gehöret,
als welche in consensu contrahentium legitime & publice declarato
bestehet, sondern nur als eine Solennität, implementum & publicum
testimonium matrimonii jam ante perfecti eingeführet ist, auch dahero
cohabitatio infidelis cum fideli, animo conjugali facta, citra hierologiam illam
pro vero matrimonio geachtet wird, Hahn (cum authoribus ibid.
alleg.) ad Wesenb. de rit. Nupt. n. 5. ad verb.
benedicente nubentibus ecclesiae ministro, ubi
& elegans praejudicium ICtorum Helmstadiensium: Ja aus diesem Fundament
selbst in den Sächsischen Rechten Decis. 49. noviss. die Kinder, so ante
accedentem benedictionem sacerdotalem von öffentlich verlobten Personen gezeuget
worden, pro liberis legitimis & hereditatis paternae capacibus geachtet
worden; nach eben denselben Rechten aber, dasjenige nur pro concubinatu gehalten
wird, wenn jemand mit einer verdächtigen und leichtfertigen Weibes-Person Hauß
hält, v. Constit. Maurit. de A. 1550. Tit. von
verdächtigen und leichtfertigen Weibs-Personen, dergleichen dieselbe nicht ist,
mit welcher sich ein Mann öffentlich verlobet, auch das Verlöbnis durch
Priesterliche Copulation zu vollenziehen bereit gewesen, und dannen
|| [316]
hero, wenn auch gleich alle 3. Puncte, darüber
Titio das juramentum purgatorium zu erkandt, sich in der That anders verhielten,
als er schwören soll, dennoch dadurch Titius keines Concubinatus überwiesen,
oder solches delicti halben graviret werden könte, weil er gethan, was er vi
publicorum sponsaliorum praecedentium zu thun befugt gewesen, auch demselben
nicht entgegen stehet, daß sein Wirth und Wirthin deponiret, Titius hatte Cajam
nicht vor seine Ehefrau ausgegeben, weil theils die Magd, als die andere Zeugin
ihme gerade wiederspricht, theils auch Titius, wenn es sich gleich in Wahrheit
also verhielte, durch solch sein Vorgeben dem vorhin per publica sponsalia
& effiagitatam benedictionem sacerdotalem würcklich declarirten
consensui conjugali nichts detrahiren können, auch gesetzt, daß er hernach
würcklich Sinnes geworden, Cajam nur als seine Concubine zu gebrauchen, er
dennoch dadurch nichts mehr als ein peccatum cogitationis, welches menschlichen
Gesetze und Straffen nicht unterworffen, begangen hätte, das ein mahl
angefangene matrimonium aber doch bey Kräfften geblieben wäre; endlich die
beyden Puncte: ob Titius mit Caja in einem Bette gelegen und dieselbe für seine
Ehefrau ausgegeben, nicht das delictum selber, deßhalben inquiriret werden
wollen, sondern nur indicia delictum inferentia sind, der Magd Aussage auch
wegen des ersten, dasselbige nicht erweiset, sondern solche depositio nur ein
indicium longe remotum ad probandum hoc alterum indicium ausmachet (indem die
Zeugin bey der Bejahung daß Titius und Caja mit einander in einen Bette gelegen,
diese als rationem scientiae angefuhret, weil sie der Cajae Bette bißweilen mehr
eingerissen gefunden, als Titii seines, auch in der Cajae Bette Papier gefunden,
womit Titius die Haare aufgewickelt) und aber bekandten und gemeinen Rechten
nach den Reinigungs-Eyd nicht ob indicium delicti, sondern ob ipsum delictum per
indicia, vel alias, probatum, einem inculpato imponiret wird; so erscheinet
daraus allenthalben so viel, daß Titius so wenig wegen des andern, als des
ersten und dritten Puncts gestalten Sachen nach mit dem juramento purgatorio
beleget werden könne.
Auf die andere Frage erachten wir vor recht. Will derselbe ferner berichtet seyn,
ob Titius, wenn er alle 3. Puncte, oder doch nur den ersten und dritten
einräumete, und den andern, da es ja erfordert würde, abschwüre dennoch mit
einiger Straffe beleget werden könne, und wie hoch selbige etwa determiniret
werden möchte? Ob nun wohl sonst auf verdächtige und leichtfertige Beywohnung
eines Mannes und Weibes willkührliche Straffe gesetzet, welche entweder auf
etliche Wochen Gefängnis, oder eine summa Geldes, nach Gelegenheit der Umbstände
determiniret zu werden pfleget, auch sonsten hergebracht, daß der concubitus
sponsi cum sponsa ante benedictionem sacerdotalem mit einer Kirchen-Busse
pfleget beleget zu werden. D. a. d. bey der ersten Frage ausgeführet, daß die
Beywoh
|| [317]
nung Titii und Cajae nicht für
eine verdächtige und leichtfertige Beywohnung, oder Concubinat, besondern für
eine rechtmäßige und beständige Ehe zu achten, und solchergestalt kein delictum
verhanden ist, weshalb impositio poenae, ut pote quae semper delictum supponit,
geschehen könte; in übrigen aber nicht Titio & Cajae imputiret werden
kan, daß benedictio sacerdotalis nicht erfolget, indem sie selbige gebührend
gesucht, ihnen aber solche vi majore, cui resistere non potuerunt, und zwar
nulliter & contra Leges Imperii abgeschlagen worden; und über dieses
Titius als Römisch-Catholisch mit keiner Kirchen-Busse unter den Evangelischen
anzusehen ist, so mag auch Titius solches angeschuldigten Concubinatus oder
frühzeitigen Beyschlaffs halben gestalten Sachen nach mit einiger Straffe nicht
beleget werden. V. R. W.
§. II. Mit einen Worte: hätten die Herren Prediger und Consistoriales(Zu dessen Erleuterung dienliche Anmerckungen.) zu
L. die Verlobten getrauet, und ihnen die Trauung unter dem nichtigen und
Ketzermacherischen praetext, daß der Bräutigam Catholisch sey, nicht versaget,
so wäre alle diese scheinheilige Verfolgung wieder den armen Kerl nicht
entstanden. In übrigen ist bekandt, daß die Juristen, wenn sie von Concubinat
handeln, allezeit von Haußhälterinnen reden, die bey ihren Herren sich lange
auffgehalten, und mit ihnen als Eheleute gelebet. Siehe Carpz. Jurispr. Eccles.
lib. 2. Tit. 14. def. 235. & in Praxi Crimin. qv. 70. n. 39. seq. und
davon redet auch die Landes-Ordnung fol. 26. Daß aber Verlobte in der That vor
Eheleute zu achten, wir auch dadurch bekräfftiget, daß in der Sächsischen
Landes-Ordnung fol. 241. für eine Bigamie gehalten wird, wenn ein Ehemann sich
mit noch einer Person verlobt, und sie fleischlich erkennet, ob er sich gleich
nicht mit ihr trauen lassen. Die in Responso allegirte 49. neue Decision, (die
von dem Stand der Kinder handelt, die vor der Trauung gebohren, aber nach der
Verlöbniß gezeuget worden,) macht sich zwar selberdieses dubium, daß etliche
vorgäben, die Trauung gehöre zur substanz und Eigenschafft des Ehestandes; aber
decidirt doch nichts desto weniger, daß dergleichen Kinder für legitim und
ehelich zu halten. So ist auch das bey dem allegirten Hahnio befindliche
responsum sehr notabel und schickt sich sehr wohl zu gegenwärtigen casu, indem
die Herren Helmstandienses schon Anno 1630. (man bedencke doch, schon für 90.
Jahren) declariret, daß eines Evangelischen Burgemeisters Sohnes Beywohnung mit
einer Menistischen oder wiedertäufferischen Tochter ohne vorhergegangene Trauung
für Gotte nicht anders als für eine beständige Ehe zu halten wäre; weil die
Eltern auf beyden Seiten drein consentiret, die beyden Personen sich mit
Vorbewust der Obrigkeit zusam
|| [318]
men gethan,
solches ihnen auch auf vorhergegangene Ansuchung von der Obrigkeit durch des
Raths Secretarium in Beyseyn etlicher Schöppen des Orths erlaubet worden, das
Auffgebot und die Priesterliche copulation aber nur ex ordinatione humana
herrührete, und in übrigen in Göttlichen Rechten nicht einmahl die Ehe zwischen
Gläubigen und Ungläubigen verboten wäre. So ist auch sehr notabel, daß, da die
Herren Helmstadienses diese Beywohnung für eine für GOtt paßierliche Ehe
gehalten; sie demnach daneben (aber nur in rationibus dubitandi) eingereumet,
daß eben selbige Ehe nichts destoweniger für keine, in und bey Christlichen
Evangelischen Protestirenden Kirchen und Consistoriis paßietliche Ehe zu achten
und zu halten wäre. Mich wundert, wo die Herren ICti Anno 1630. das Hertze
hergenommen so confident zuschreiben; und daß sie sich nicht gefürchtet, es
möchten die meisten Protestantischen Consistoria wieder sie eine Inquisition
anstellen lassen, als ob sie von ihnen hierdurch gleichsam̅
geschimpffet und beschuldiget werden wollen, als ob sie in Ehe-Sachen ein
poßirliches Recht hätten, weil sie die für GOtt paßierliche Ehen nicht auch
paßieren lassen wolten. etc.
XI. Handel. Scheinheilige Praetexte die alten ungegründeten Lehren in
Ehe-Sachen mit Gewalt zu vertheydigen.
§. I.
(Kurtze Praeliminar-An merckungen.)
ICh habe in den notis ad Lancelottum öffters angemerckt, daß alle die Lehren,
durch welche der Papst und sein Anhang denen Regenten und dero treuen Räthen
sich wiedersetzet und die weltliche Gewalt ihnen aus der Hand gedrehet und sie
zu des Papsts Sclaven gemacht, mit der Larve der pietät oder Gottesfurcht und
Frömmigkeit, oder Eyffers für GOttes Ehre, der honestät und sonderbahren
Erbarkeit, ingleichen pudoris naturalis, der natürlichen Schamhafftigkeit, und
dergleichen zu bedecken, und sich damit bey denen Regenten, die nicht
allzuscharffsinnig gewesen und die List der Schein heiligen nicht verstanden,
und aus Einfalt ihnen zuviel getrauet, zu insinuiren, und wenn solches
geschehen, sie unter ihr Joch durch die em
|| [319]
pfindlichste weltliche Straffen zu bringen, die man abermahls mit der
Larve, als wenn es geistliche Straffen wären, bemäntelt, sich angelegen seyn
lassen, auch darinnen erwünschten Fortgang gefunden, absonderlich aber
dergleichen Streiche sich in denen Ehe-Sachen bedienet, sobald der Papst es
dahin gebracht, daß der Clerisey die Ehen verboten worden. Weil nun dergleichen
inventiones, an welchen die Päpste viele secula gearbeitet, ehe sie dieselben
recht zu stande bringen können, von denen reformatoribus der Protestirenden
Kirchen nicht wohl auff einmahl eingeschen werden können, als ist nicht zu
verwundern, daß auch dergleichen reliquien des politischen Papstthums auff denen
Universitäten der Protestirenden sich feste gesetzt, und daselbst eine geraume
Zeit, wie in Papstthum, dominiret, davon gegenwärtiger Handel ein deutliches
Exempel an die Hand giebt.
§. II. Es hatte auff einer berühmten Universität zu K. ein Licentiatus(Hieher gehöriger Handel nebst unserm Response.) juris und damahls Professor extraordinarius Herr
D. St. der vorhero etliche Jahr auff hiesiger Universität studiret hatte zu Ende
des 1697. Jahrs eine disputation von Ehe-Sachen drücken lassen, in welcher er in
vielen Stücken von denen befagten reliqiis abgegangen; Wannenhero der dortige
Senatus Academicus, wie auch die Juristische Facultät, von deren meisten membris
er dissentiret, seinem Vorhaben sich entgegen gesetzt, und er also genöthiget
worden in Februario des darauff folgenden 1698. Jahres uns eine speciem facti zu
zuschicken, und unser Responsum zu begehren, welches ihm auch auff nachfolgende
Art ertheilet worden, und aus demselben die übrigen zur specie facti gehörige
nothwendige Umbstände angemercket werden können.
Hat derselbe ohnlängst eine Juristische Disputation sub A. pro loco Professionis
extraordinariae zu K. de Matrimonio illegitimo indulgentia Principis confirmato
verfertiget, welche auch von dem dortigen Herrn Decano Facultatis juridicae
gewöhnlicher massen censuriret und vom Magnifico Rectore daselbst unterschrieben
und zum Druck befördert, auch hernach, wie gebräuchlich, die exemplaria davon
publice distribuiret worden. Als aber derselbe solche den 12. Dec. vorigen
Jahres halten wollen, hat der Senatus Academicus und Facultas Jurdica den Tag
vorhero Ihm solches untersaget und die Ursach vorgewendet; daß darin
unterschiedene Dinge enthalten wären, welche pietatem, pudorem &
honestatem, auch den dem Principi schuldigsten-unterthänigsten respect
verletzten. Hat derselbe hierauff dieserwegen bey dem illustri Regimine sich
unterthänigst beschweret, und nachdem der löbliche Senatus Academicus, wie auch
die löbliche Juristen Facultät auf Erfordern ihre casus inhibitio
|| [320]
nis, wie die Beylage sub B. & C.
besaget, ausführlich deduciret, will derselbe berichtet seyn, ob die Sache so
bewand, daß ihme die Haltung gemeldeter Disputation mit
Bestande Rechtens geweigert werden könne? Ob nun wohl wieder denselben
angeführet wird, daß in der Disputation viel ärgerliche und unzuläßliche Dinge
enthalten indem er cap. 1. §. 20. licentiam scortationis
defendiren wollen, auch Cap. 2. §. 13. 14. als ein
coelebs solche Worte geführet, welche bey vielen Gemüthern weiteres Nachsinnen
geben könten, hiernechst er in Cap. 1. §. 5. die von dem
Allerhöchsten Lev. 18. verbothene concubitus alle mit
einander als actus indifferentes nicht a jure naturae, sed lege positiva
deriviret, da doch die ratio prohibitionis sonderlich in linea recta, consensu
omnium, in pudore & aversione naturali fundiret und diese verbothene
Zusammenfindungen solche Greuel, worinnen sich die Heyden, denen dergleichen
Leges positivae doch nicht gegeben wären, verunreiniget, genennet würden, wie er
denn auch hierdurch in einen offenbahren und keine Entschuldigung meritirenden
Irrthum verfallen, daß er C. 2. §. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.
23. & 37 asseriret, ob stritte die Ehe zwischen Eltern und
Kindern nicht cum pudore naturali & reverentia, sondern wäre nur per
legem divinam positivam verbothen, auch er deswegen keinen Scheu getragen in C. 2. §. 18. zu sousteniren, quod hujusmodi conjugia de
facto inita indulgentia Principis ex usu & necessitate Reip. tolerari
possint, und de conjugio fratrum & sororum er C. 2.
§. 27. & 28. ein gleiches bejahete, durch welche defension und
legitimation dann dergleichen nefariarum libidinum erfolgen würde, daß das
menschliche Geschlecht mehr per incestus, als den von GOtt selbst instituirten
heiligen Ehestand propagiret werden würde, indem die tägliche Conversation
dieser Personen, welche in societate necessaria leben, zu unzehlichen stummen
Sünden Gelegenheit geben und mit der Zeit das matrimonium legitimum, ut Reip.
seminarium, unter die Füsse würde gebracht werden; da doch allen souverainen
Häuptern daran gelegen wäre, daß ihre Länder nicht mit liberis incestuosis
& ex damnato coitu natis, sondern mit Einwohnern, welche aus reiner und
unverbothener Ehe gezeuget wären, angefüllet würden. Welches alles umb so viel
weniger zu dulden wäre, weil der Allerhöchste seinem Volck an besagtem Orthe Lev. 18. v. 7. & 9 hart eingebunden, daß keiner
seines Vatern oder seiner Mutter, noch seiner Schwester Scham blößen solte, auch
allen honneten und wohl erzogenen Leuten eine natürliche aversion vor
dergleichen verbothenen congress eingepflantzet sey, so gar, daß auch in
etlichen unvernünfftigen Thieren fuga hujus commixtionis zu finden wäre: Ferner
er zur Ungebühr solche Unkeuschheit C. 2. §. 28.
defendiret und daselbst mainteniren wollen, daß das hiebey concurrirende
peccatum immanens & perpetuum per indulgentiam Principis darum
vollkömmlich könne gehoben werden, quia crimen ince
|| [321]
stus continuati ex Legibus civilibus resultet, da doch dieses crimen
so horribel vor den Augen GOttes sey, daß umb dessentwillen das Land Canaan
seine Einwohner ausgespyen, auch noch heute zu Tage Länder und Städte durch
solche fleischliche Sünden verderbet würden: im übrigen aber derselbe durch
solche Meynungen und daß er solche Greuel durch indulgentz des Landes-Herrn zu
vertheydigen und in den Stand der rechtmäßigen und von GOtt geheiligten Ehe zu
setzen, vermeynete, mithin der hohen Landes-Obrigkeit zugleich zunahe träte, als
welche er hiedurch der Grund Gesetze, die in den natürlichen und göttlichen
Verfassungen bestehen, berauben wolte, worin doch eben der ordo imperantium
& parentium in allen wohlbestallten Rebuspublicis bestünde, und die
Unterthanen dadurch zum schuldigen Gehorsam gegen ihre Herrschafft auch zur
Gottesfurcht und andern Guten angeführet würden: maßen dann diese Grundveste
aller Königreiche und Länder zu conserviren, alle Potentaten sich jederzeit
eiffrigst lassen angelegen seyn, und derowegen das natürliche und göttliche
Gesetz so gar nicht zu ändern, noch druber zu dispensiren verlanget hätten, daß
sie vielmehr vor ihre grösseste gloire gehalten, wenn sie custodos utriusque
tabulae genennet und mit dem Zunahmen Piorum beehret worden: insonderheit aber
pflegten hohe Häupter darnach zu trachten, wie sie das natürliche und göttliche
Recht in denen ihnen unterworffenen Ländern in puncto Matrimonii beybehalten
möchten, damit die Che, als der Pflantz-Garten des gemeinen Wesens, ehrlich
gehalten, alle uneheliche congressus und incestuosi coitus ausgerottet, der Zorn
GOttes von ihren Ländern abgewendet und dieselbe nicht gleich Sodom und
Gomorrha̅ (in welchen solche Missethaten, die derselbe durch
des Landes-Herrn indulgentz beschönigen wollen, im Schwange gangen,) evertiret
und zu Grunde gerichtet würden. Dieweil aber dennoch bey der demselben gemachten
Controvers zuförderst zwey unterschiedene Fragen mit einander nicht zu
confundiren, erstlich, ob desselben Meynungen, die er in seiner Disputation
defendiret, der Wahrheit gemäß und von ihm mit gutem Grunde vertheydiget werden
können? Hernach aber, ob, wenn ja derselbige etwas irriges defendire, dadurch
pudor, pietas & honestas naturalis ac reverentia Principi debita,
verletzet worden, indem die erste nicht hierher, sondern auf die Catheder
gehöret und wir billig ihm selbst überlassen, die Warheit seiner thesium wieder
die etwa vorkommende objectiones zu defendiren: So viel aber die andere, davon
eigentlich die Frage ist / anlanget, von uns anfänglich zum Grunde supponiret
wird, daß die controversiae causarum matrimonialium durchgehends also
beschaffen, daß darinnen fast keine einige anzutreffen, darinnen nicht auch
unter denen orthodoxis allenthalben wiedrige Meynungen fallen solten, wie dieses
nicht alleine aus Hieronymi Brückneri Decisionibus juris matrimonialis
controversi durch und durch, sondern auch absonderlich aus denen in diesem
Seculo
|| [322]
de licentia Polygamiae a Pufendorffio, Sincero
Wahrenbergio, Theophilo Aletheo, Daphneo Arcuario, Feltmanno, Brunsmanno,
Diecmanno, Musaeo, Christiano Vigile, &c, edirten bekandten Schrifften,
ingleichen aus denen wegen der Ehe mit des Weibes Schwester von Bucholtzio,
Strauchio, Havemanno publicirten Tractaten, wie nicht weniger aus denen in causa
Ottingensi zusammengedruckten variis Responsis Facultatum. Theologicarum
& Juridicarum, ferner de conjugio Evnuchi aus denen ab Hieronymo
Delphino edirten Responsis variis, u. s. w. zur Gnüge erhellet, auch nicht
leicht eine Facultas Juridica, oder Scabinatus, gefunden werden wird, darinnen
alle Asseslores in decisione harum controversiarum einerley Meynung führen
solten: Bey dieser Bewandnis aber allen dissentientibus sowohl aus natürlicher,
als Christlicher Pflicht oblieget, daß sie ob ejusmodi dissensum einander nicht
so fort schimpflicher und ehrkränckender criminum beschuldigen, wie denn
disfalls Hieron. Brücknerus Decis. matrim c. 16. n. 17.
gar wohl erinnert, daß es unzuläßlich sey in dergleichen Fällen denen
dissentientibus alsofort zu imputiren, daß sie etwas wieder die Gottesfurcht und
pietät begangen hätten, wie wir dann auch unsers Orths dergleichen dissensus
unerachtet einander mit Collegialischer Liebe und Freundschafft begegnen, auch
ob wir wohl von desselben in der Disputation defendirten Meynungen guten theils
und vielleicht von etlichen insgesamt dissentiren möchten, dennoch zu demselben
aus der von ihm Zeit seines Hieseyns eingezogenen Erkäntnis uns versehen, daß Er
mit Wissen und Vorsatz contra pudorem & pietatem, aut reverentiam
Principi debitam nichts zu defendiren, oder zu behaupten sich unterfangen werde:
Hiernächst wir ferner aus dessen Disputation, sub A. zum Grunde setzen, daß Er
seine Meynung, was Er de Scortatione & concubitu incestuoso halte,
deutlich genug gesetzet, indem Er c. 1. §. 20. bejahet,
quemlibet concubitum libidinosum extra matrimonium lege divina revelata esse
damnatum, auch c. 2. § 15. Satius esse turpitudinem
incestus inter Parentes & liberos ex lege divina positiva universali
Levit 18. demonstrare, quia non multum praesidii in rationibus communiter pro
demostranda turpitudine hujus conjugii adductis poni possit, & §. 16. Obligationem prohibitionis illius esse
universalem, unde nec a Principe connubia Parentum & liberorum
confirmari possint, & §. 18 Hujusmodi conjugia
de facto inita indulgentia Principis ex usu & necessitate Reip. tolerata
quidem legi non fine ratione, sed tamen si absque praesenti Reip. periculo fieri
possit, potius hoc matrimonium inter ascendentes & descendentes
contractum dissolvendum esse: denique §. 26. &
27. Falsam esse sententiam statuentium, Principem posse dispensare circa
matrimonium cum sorore consanguinea contrahendum, quasi illud saltem jure
Mosaico non universali, interdictum sit,
|| [323]
cum tamen
satius sit ex verbis Levit. 18. asserere, quod conjugia
etiam in linea collaterali ibi prohibita lege universali sint illegitima,
quamvis eadem errore, vel alia ratione de facto contracta indulgentia Principis
tolerari possint, &c. Und aber hieraus allenthalben erhellet, daß die in
rationibus dubitandi wieder ihn gemachten objectiones aus einem blossen
Mißverstand hergerühret, als wenn nehmlich derselbe diese incestus insgesam ex
lege positiva particulari seu forensi deriviret, auch dem Landes-Herrn
potestatem, in denenselben nach Gefallen zu dispensiren, gegeben hätte, welches
doch alles nicht nur seiner gantzen Disputation, sondern auch denen Vorstehenden
daraus excerpirten locis schnurstracks zuwieder ist, und wir dannenhero für
unnöthig erachten ad singula membra derer rationum dubitandi zu antworten,
sondern uns disfalls auff die in der uns communicirten Beantwortung sub E. von
ihme gethane Erklährung beziehen: endlich auch bey dieser ihm gemachten
Controvers wohl zu beobachten, daß, wenn dessen einmahl censirte und gedruckte
Disputation sub praetextu laesae ab ipso pietatis, honestatis ac reverentiae
Principi debitae, ihm zuhalten untersaget werden solte, nicht nur derselbige,
sondern auch mit ihm alle diejenigen, die es mit ihm hielten, beschimpffet uud
pro impiis & infamibus declariret werden würden, woraus nichts anders,
als grosse Weiterung und Unruhe für die dortige gantze Universität entstehen
dürffte, in dem gantze Theologische und Juristische Lutherische Facultäten, auch
andere berühmte Theologi & JCti es in vielen Stücken mit ihm halten,
oder doch von denen rationibus dubitandi in vielen Stücken dissentiren; massen
dann anderer von ihm selbst allegirter Autorum, (worunter doch C. 2. §. 18. auch der Imperator Justinianus und Petrus
Gregorius Tholosanus, ingleichen c. 2. §. 27.
Carpzovius, Beustius und Lynckerus sind,) zugeschweigen, der berühmte Leipziger
Theologus Schertzerus System. Theol. Loc. 9. de Lege §. 9.
& Loc. 27. de Conjugio § 6. nicht allein Legem moralem in
moralem naturalem, quae etiam intuitu Dei sit in dispensabilis, &
moralem positivam, quae saltem intuitu hominum sit indispensabilis, eintheilet,
sondern auch gar deutlich setzet, quod gradus Levit. 18.
prohibiti non prohibiti sint lege morali natarali, sed lege morali positiva,
welches eben das Gesetze ist, daß derselbe Universalem positivam nennet; ferner
der berühmte Tübingische Theologus Johannes Adamus Osiander ad Grot. l. 2. C. 5. th. 9. Obs. 3. p. 748. statuiret, institutionem
primaevam conjuginon esse jus naturae, sed legem positivam und ad th. 12. d. Cap p. 767. seqq. fugam incestus, quae ex
pudore naturali vel horrore affectum, & exemplis mutorum animantium
deducatur, non arguere incestum esse naturae lege illicitum, dem der jetzige
Churfürstliche Brandenburgische Hochansehnliche Abgesandter zu Regenspurg Herr
Henniges in seinem notis ad Grotium l. 2. C. 5. §. 12. p.
477. beypflichtet, auch gar deutlich weiset, daß was man de fuga incestus
aus
|| [324]
den Exempeln der Thiere beweisen wollen, für
Fabelwerck zu halten sey: hiernächst auch der vortreffliche JCtus zu Dantzig,
Herr Hoppius in Comm. ad J. tit. de Nupt. §. 2.
defendiret, quod incestus lineae collateralis non sit contra jus naturale, sed
contra jus divinum morale, welches jus divinum morale abermahls mit Desselben
lege positiva universali eins ist, im übrigen aber die vielen Consistoria,
Theologische und Juristische Facultäten, welche die meisten prohibitiones Lev. 18. in linea collaterali nur schlechterdings pro
lege forensi particulari gehalten und also Principi nicht alleine jus tolerandi
conjugia ejusmodi consummata. sed & jus dispensandi in consummandis
eingeräumet, auff zwey gantzen Blättern beym Brücknero Decis.
jur. Matrim. C. 5. n. 60. gelesen werden können: Bey welcher Bewandnüs
dann gar leicht begriffen werden mag, daß es wieder die göttliche und natürliche
Rechte, als die Grundveste aller Königreiche und Länder, welches sich alle
Potentaten tanquam Custodes utriusque Tabulae zu conserviren jederzeit eyffrigst
lassen angelegen seyn, lauffen würde, wenn solche Doctores insgesamt ob solum
dissensum in causis matrimonialibus ab aliis poimpiis declariret werden solten;
So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß derselbe in denen impugnirten
Thesibus seiner Disputation nichts contra pietatem, pudorem & honestatem
naturalem, aut reverentiam Principi debitam begangen, und dannenhero zu Haltung
derselben nach Inhalt des allbereit ergangenen gnädigsten Churfürstlichen
Rescripti sub D. billig zuzulassen sey. V. R. W.
(Inhalt der Beylagen. Verlarvtes in
teresse der Regenten Was eigentlich fromme Regenten heissen.)
§. III. Was die in dem Responso allegirten Beylagen betrifft, so bestand die
Beylage sub A. in der angefochtenen Disputation selbst, die allbereit gedruckt
war: die Beylagen sub B. und C. stelleten die von dem Senatu Academico und der
Juristen Facultät dem Herrn Quaerenten gemachte Einwürffe für, davon die
vornehmsten in die Rationes dubitandi unsers Responsi gebracht worden. Die
Beylage sub D. war ein Churfürstliches Rescript, welches anbefohlen hatte, daß
man die Disputation halten lassen solte, und endlich in der Beylage sub. E.
waren des Herrn Quaerenten ausführliche Beantwortungen auff die von dem Senatu
Academico und der Juristen Facultät ihm gemachte Einwürffe, davon gleichfalls
die vornehmsten mit in die rationes decidendi unsers Responsi gebracht worden.
Mir fället noch itzo dieses bey; daß gleichwie der Papst und sein Anhang sich in
allen Seculis euserst bemühet, die Regenten zu bereden, daß die ihrer Autorität
und Gewalt schädlichste Lehren des politischen Pastthums ihnen höchst nützlich
und sie solchergestalt auch wegen ihres eigenen interesse verpflichtet wären,
dieselben auf das euserste zu vertheydigen; also auch die Herren Adversarii des
Herrn
|| [325]
Quaerenten sich gleichfalls angelegen seyn
lassen, zu behaupten, daß ohnerachtet der Herr Autor Disputationis intendiret,
das interesse der Regenten in disputatione circa causas matrimoniales
hauptsächlich zu defendiren; sie aber in der That (ob wohl bona fide secundum
Reliquias Papatus politici receptas) selbiges zu schwächen und ein zu schräncken
suchten; sie dennoch (in rationibus dubitandi) sich bemüheten, die Regenten zu
bereden, als wenn der Autor dissertationis die Regenten ihrer Rechte berauben
wolte, sie aber dieselbigen vertheydigten, und fürnehmlich die Regenten dieses
interesse bey der Beschützung der gemeinen Lehren hätten, daß sie mit dem
Zunahmen PIORUM so dann beehret würden. Es ist aber nichts destoweniger von mir
anderswo in notis ad Monzambanum cap. 1. §. 8 nota p. pag. 71. seq. und in denen
Anmerckungen über des Herrn von Pufendorff Tractat von der geistlichen Monarchie
des Stuhls zu Rom §. 22. p. 146. sattsam gezeuget worden, daß alleine diejenigen
Regenten den Zunahmen der Frommen bekommen, die sich von der Clerisey als
Sclaven tractiren lassen / wie solches das Exempel des Kaysers Ludovici Pii
deutlich bestärcket.
§. I.
ES sind gar viele Puncte das Kirchen Patronat betreffende, darinnen(Von denen das Kirchen-Patronat
betreffenden Streit-Fragen überhaupt.) die Gelehrten sonderlich unter
denen Protestirenden nicht einig sind, davon hier und dar ad Lancelotti tit. 28.
lib. 1. Instit. Jur. Canonici, eines und das andere angemerckt worden. Viele
machen gar zu groß Werck aus diesem Recht, und bilden sich ein, Wunder was für
Bequemlichkeit, Hochschätzbarkeit, Verhütung vieler Unruhe, auch Nutzbarkeit und
Ehransehen darunter verborgen sey, wenn ein Eigenthums Herr eines Dorffs oder
Städtgens auch das Jus Patronatus habe; da doch (zwar nicht alles) das meiste
davon in einer eitelen oder doch zum wenigsten nicht allzuweisen, und
affectenvollen Einbildung bestehet, welcher sich auch die Päpstische Clerisey
sehr zu Nutzen zu machen gewust, indem das jus patronatus eben dadurch
|| [326]
seinen ersten Ursprung bekommen, daß man denen Layen
die bey Erbauung und Versorgung der Kirchen ihre milde Hand aufgethan, zur
Danckbarkeit das jus Patronatus wieder vergönnet, umb sie und andre dadurch zu
desto mehrerer Freygebigkeit an zufrischen. (Siehe Ziegl. in notis varior. ad
Lancelot. p. 87. num. 107.) Weil nun andre dasjenige was bißher gemeldet worden,
wohl begriffen, auch dabey den Mißbrauch angemerckt, da die Patroni zum öfftern
untüchtige Personen zu wehlen und zu praesentiren pflegen, nachdem entweder ihr
Ehr- oder Geldgeitz, oder auch öffters die Wollust sie dazu veranlasset, sind
etliche Gelehrte auf das andre extremum gefallen, und haben mit Voetio das
Kirchen-Patronat gar für ein gottloses und pur Papistisches Werck ausgegeben,
dem sich aber Martinus Schookius und andre nicht ohne Ursach wiedersetzet.
Inzwischen ist auch dieses nicht zu leugnen, das die disposition der Canonischen
Rechte von Kirchen Patronat zu vielen Zänckereyen und verdrießlichen Processen
Anlaß giebet.
(Absonderlich aber / wo unterschiedene Compatronisind. Der erste casus nebst unsern
Responso.)
§. II. Absonderlich aber finden sich in diesen Fall, wenn ihrer etliche bey dem
Kirchen Patronat concurriren, aus unterschiedlichen Ursachen gar viele
Gelegenheiten, deshalb mit einander zu zancken, nachdem nehmlich die Patroni bey
der Wahl eines Priesters unterschiedene wiedrige Absichten haben. Das folgende
Responsum kan davon ein merckwürdig Exempel geben, unerachtet die Sache nicht
einmahl die Wahl eines Predigers sondern nur eines Schulmeisters oder Küsters
betraff, indem acht unterschiedene Fragen deshalben an unsere Facultät von dem
einen Compatrono, so mit dem Vornahmen Victor Ludewig hiesse, anno 1697. in
April geschickt wurden. Gleichwie aber die Umbstände die zu dieser Streitigkeit
Gelegenheit gegeben haben, in unsern Responso vor der ersten und dritten Frage
zu lesen sind; Also wird ein jeder nur etwas nachdencklicher Leser deutlich
daraus erkennen, daß die vornehmste und gröste Ursache davon (dem Bericht nach)
dem Prediger zu zuscheiben war, dem es anfänglich verdrossen, daß man seinen
Praeceptorem, den er dazu recommendiret, nicht annehmen wollen; jedoch dabey
sich überaus wohl zu verstellen wuste, und dem von denen Patronis gewehlten
Schulmeister tractirt und ihm gratulirt, hernach aber den einen Patronum durch
allerhand ungemeldete Mittel, wie auch nicht weniger das Caput Consistorii auf
seine Seite gebracht &c. Und ob wohl die dritte Frage und deren
Beantwortung allbereit von dem Herrn Geh. Rath Böhmern seinem Jure Ecclesiastico
Protestantium (lib. 1. tit. 17. §. 7. p. 592. seq.) einverleibet worden; so
meritiren doch auch die anden
|| [327]
Umbstände, die zu denen
übrigen 7. Fragen Anlaß gegeben, daß das gantze responsum hergesetzet werde.
Als derselbe uns einen Bericht samt Beylagen sub A. B. C. D. seqq. usque P. und
8. unterschiedlichen Fragen zugeschicket etc. und zwar auf die erste Frage vor
Recht: Haben desselben Vater und Vaters-Bruder das Jus Patronatus in denen
Dörffern Wörpzig und Frentz in communione besessen, und es hat des Vaters Bruder
gegen ein Stück Geld sein an dem Guthe Frentz gehabten Antheil desselben Vater
wiederkäufflich übergeben, desselben (Quaerentis) Bruder aber nach des Vaters
Tode demselben alle ihre portiones überlassen, so daß er ratione Frentz das Jus
patronatus alleine, ratione Wörpzig aber die seinem Vater zu gestandene Helffte
inne hat. Hat vor kurtzer Zeit der zu Wörpzig und Frentz gewesene Schulmeister
seine Dimission erhalten, worauf sich unterschiedliche Subjecta absonderlich
aber des Pfarrers Kinder Informator Peter Ludwig so noch ein Schüler umb solchen
Dienst beworben, auch der Pfarrer sich dißfalls sehr bemühet, es haben aber
derselbe und sein Vetter Anton vor sich und seine Brüder, daß ermeldter Ludwig
dazu nicht geschickt sey, befunden, und es hat ermeldter sein Vater, als er
inmittelst nach Westphalen verreiset, seiner Mutter der Fr. Majorin als
Vormünderin ihrer übrigen Kinder, Commission aufgetragen, daß sie bey Bestellung
eines Schulmeisters ihr votum geben möge; Hat derselbe hierauf mit der Fr. Major
in Genehmhaltung auf einen Tag George Auersbachen und Christoph Hartmannen zu
singen aufstellen lassen, und es hat erwehnte Frau Majorin dero gesammten
Gerichts Verwalter dieserwegen nebst mündlicher Commission auch Blanquete vor
sich und ihren Sohn obbemeldten Anton ertheilet, welcher dann Christoph
Hartmannen vociret und bestätiget, es hat aber sowohl
die Frau Majorin, als Anton nunmehr auf Peter Ludwigen zu fallen / sich bewegen
laßen, und es will derselbe, ob dieses geschehen könne, berichtet seyn: Ob nun
wohl angeführet werden möchte, daß Anton bey seiner Abreise sein Votum auf keine
gewisse Person gerichtet, sondern in genere hinterlassen, nicht weniger die Frau
Majorin nachhero ebenfalls ohne einige determination dem Land Syndico Commission
aufgetragen, auch bloße Blanquete ertheilet, dahero dem Ansehen nach dessen
Vetter, da er die beschehene Bestellung des Schulmeisters nicht allerdings
vorträglich befindet, demselben zu wiedersprechen und solche umbzustossen wohl
befugt, im übrigen aber in pari causa des prohibentis conditio nach Recht pro
potiore gehalten wird, und dahero auf den von demselben (quaerente) beliebten
Christoph Hartmannen dißfalls nicht zu reflectiren wäre. Dieweiln aber dennoch,
auch ein Mandatum generale einen Mandatarium des mandantis negotia zu führen,
sattsam legitimiret, es sey dann ein Casus so ein Special-Mandatum erforderte,
verhanden, dergleichen sich doch allhier nicht findet, ein solcher mandans auch
seines mandatarii thun und lassen gelten
|| [328]
lassen muß,
und aber aus desselben Bericht und dem sub dato beylegten Attestato erhellet,
daß sowohl wegen der Frau Majorin als Antons Vollmacht zu Bestellung eines
Schulmeisters aus denen zum Singen aufgestellten 2. Subjectis, den gesamt
Gerichts-Verwalter aufgetragen worden, hierbey auch wenig thut, daß solche
Vollmacht nicht extendiret gewesen, gestalt dann, ausser was etwa in judiciis
dißfalls pro Solennitate erfordert wird, auch ein Blanquet des Mandantis
consensum schon sattsam darthut, hiernächst wann auch dieses nicht wäre, jedoch
dessen Berichte nach der bestellte Christoph Hartmann zu dem Schuldienste viel
geschickter ist, als Peter Ludwig, der auch das in der Kirche befindliche
Orgelwerck nicht spielen kan, auch bald anfangs von dessen Vetter hierzu vor
incapabel geachtet worden, über diß die Gemeinde umb Hartmannen gebethen,
bekannt aber quod, ubi lis oritur inter Compatronos, ille praeficiendus sit, qui
majoribus juvatur meritis, & plurimorum eligitur voce atque adsensu
Finkelth de jur. patron. c. 6. n. 10. So erscheinet
daraus so viel, daß nunmehr die Frau Majorin und dessen Vetter zu dissentiren
nicht befugt, auch dessen ungeachtet, bey Christoph Hartmanns Bestellung zum
Schulmeister es sein Bewenden habe, gestalt auch obbemeldte Frau Majorin und
Consorten bedürffenden falß, ihres bereits ertheilten Consensus halber ihr
Gewissen eydlich zu eröffnen schuldig seynd.
Auf die andere Frage erachten wir vor recht: Will derselbe ferner berichtet seyn:
Ob nicht / daferne desselben Vetter sein Votum zurück zu
ziehen befugt / desselben Votum mehr zu consideriren sey, und Er propria
authoritate Christoph Hartmannen einsetzen könne. Ob nun wohl eines
Theils angeführet werden könnte, daß der Schulmeister principaliter nach Wörpzig
vociret würde, daselbst aber sein Vater als Compatronus gleiche Jura habe, und
derselbe (quaerens) sich vor Ihn keines Vorzugs anmassen könne, andern Theils
aber scheinen möchte, daß derselbe ob justitiam causae und dazumahl die Jugend
bey längern Verzug versäumet wird, mithin aber das interesse publicum selbst
periclitiret, propria authoritate zu verfahren wohl befugt; Dieweiln aber
dennoch eines Theils der Schulmeister nicht bloß nach Wörpzig, sondern auch nach
Frentz bestellet wird, derselbe aber nicht nur zu Wörpzig mit dem Compatrono
gleiches Recht, sondern auch zu Frentz das Jus Patronatus gantz alleine, und
also ratione des zu bestellen seyenden Schulmeisters mehr als doppelt so viel
als seine Vettern, hat, zugeschweigen, daß ohne dem wie bey der ersten Frage
ausgeführet, des Vocandi Geschicklichkeit und der Gemeine Verlangen, desselben
Votum secundiren / andern Theils aber keiner sein eigener Richter seyn kan,
sondern den ordentlichen Weg Rechtens zu beobachten, und des Superioris
Außschlag zu erwarten hat; So wäre derselbe zwar propria authoritate Christoph
Hartmannen einzusetzen nicht befugt, es würde aber allen falß desselben Votum
mehr als seiner Vettern in Consideration zuziehen seyn:
|| [329]
Auf die dritte Frage erachten wir vor Recht: Hat der gesamter Gerichts-Verwalter
und zu dieser Sache Gevollmächtigte nach geendigten Gottesdienste, als die
beyden aufgestellte Personen die Probe gesungen gehabt, dem Pfarrer, daß einer
von diesen beyden zum Schulmeister bestellet werden solte, hinterbracht, auch
denselben umb dessen Meynung und auf welche er reflectire befraget, welcher aber
daß er bereits einen fürgeschlagen hätte, und weiln solcher nicht angenommen
werden wollen, er, wie die Herrn von W. (duo Compatroni) selbst einen
fürschlagen würden, erwarten wolte, zur Antwort geben, und es hat hierauf wie
bereits oben gemeldet, der Gerichts Verwalter Christoph Hartmannen vociret,
welchem auch der Pfarrer gratuliret, ihn mit zu Tische genommen und also seinen
Consens declariret, (darüber ihm auch das Gewissen gerühret worden,) jedoch
nachhero sich wiedersetzet, die Sache ans Consistorium gelangen lassen, nicht
weniger den Compatronum auf seine Seite gebracht, und es will derselbe, ob zu
Vocirung des Schulmeisters nothwendig des Pfarrers
Consens erfordert werde, und ob der Pfarrer durch
sein Wiedersprechen die Vocation übern Hauffen werffen,
auch mit dem Compatrono die majora machen könne? ferner berichtet seyn: Ob nun wohl von dem Pfarrer
daß kein Ludimoderator ohne Consens des Pastoris angenommen, noch dem Pfarrer
wieder Willen aufgedrungen werden könne, angeführet und sich deßwegen auf des
Carpzovii Jurisprud. Consist. Lib. I. tit. VI. def. 76.
& 77. beruffen worden, auch auf den wiedrigen Fall allerhand
Zwistigkeit zu nicht geringer Aergernüß der Eingepfarrten zu befahren, und
solchen billig vorzubauen, solchergestalt aber scheinen möchte, daß der Pfarrer
einig votum bey der Wahl des Schulmeisters habe, dessen er nicht zu entsetzen,
sondern damit zuförderst noch zu hören, zumahl seinem Vorgeben nach der
mehrerwehnte Christoph Hartmann nicht geschickt und nicht einsten fertig lesen
weniger einen lateinischen terminum verstehe und gebrauchen könne, überdiß der
Pfarrer den Mit Patronum auf seiner Seiten habe, auf solche masse aber nebst
selbigen 2. vota und also majora mache. Dieweiln aber dennoch eines theils nicht
nur der allegirte Carpzovius aus einer Chur Sächsischen Constitution sein
assertum behauptet, solche aber in Fürstenthume quaestionis nicht recipirt ist
sondern auch aus dem, was er anführet, mehr nicht erhellet, als daß ein Pfarrer
nicht gäntzlich übergange̅ und ihme, wan̅ er
dißfalls erhebliche Ursache hat, wieder Willen kein Schulmeister noch Küster
aufgedrungen werden solle, bey dieser Bewandnüß aber ein Pfarrer bloß ein votum
negativum nicht aber decisivum hat, weniger solches dem voto eines Patroni
gleich zu achten und Zumachung derer majorum geschickt ist, andern theils der
Pfarrer allhier nicht übergangen, sonder wie er in seinen beym Consistorio
untern dato den 28. Nov. 1696. eingegebenen Memoriale selbst gestehet, umb seine
Meynung befraget worden, nnd sich selbst zu imputiren hat, daß er damit an sich
gehalten, wie
|| [330]
wohl er doch nach hero ipso facto
durch die beschehene Gratulation, zu Gastebittung, und Bestellung des
Schulmeisters zu ander weiten Gottesdienste, seinen Consens declariret, (deßhalb
er auch den deferirten Eyd abzulegen schuldig) überdiß ohne dem demselben an
einiger rechtmäßigen Ursache zu dissentiren es ermangelt, noch die angegebene
Ungeschicklichkeit beygebracht, hingegen aus dem sub B. beygelegten attestato zu
sehen, daß der Pfarrer aus blosser Rachgier wegen verweigerten Consensus in die
von desselben Vetter erborgten 300. Thlr. und weil dessen Kinder Praeceptor
übergangen worden, sich opponire, gestalt er dann, daß er es demselben wegen des
Schulmeisters schwer genug machen wolle, sich vernehmen lassen, zugeschweigen,
daß desselben Bericht nach praejudicia verhanden, daß auch ohne Consens des
Pfarrers Schulmeister von denen Patronis bestellet worden, endlich auch, wenn ja
des Pastoris votum negativum in aestimatione pluralitatis votorum zu
consideriren wäre, desselben sein votum gleichergestalt durch das votum der
Gemeine bestärckt und also das gegentheilige dennoch überwegen würde. So
erscheinet daraus so viel daß der Pfarrer durch sein Wiedersprechen die von
Patrono beschehene Vocation des Schuldieners nicht übern Hauffen werffen,
weniger mit dem dissentirenden Patrono die majora machen könne.
Auf die vierdte Frage erachten wir vor Recht: hat das Fürstliche Consistorium als
der Pfarrer berührter massen sich dahin gewendet, an denselben untern Dato den
1. December 1696 rescribiret, daß er obbemeldten Peter Ludwigen zum Schulmeister
installiren solle, und es will derselbe ob sothanes Rescript für ein decret zu achren: und effluxo decendio solchen praecise nachgegangen werden müsse: berichtet seyn: Ob nun wohl einige
Doctores der Meynung seyn, daß die zumahl inter partes letigantes abgelaßene
Rescripta vim decreti haben und vires rei judicatae nach sich ziehen. Dieweiln
aber dennoch solches von denenjenigen Rescriptis, welche nach vorhergehender
plenaria causae cognitione und wenn beyde Theile nothdürfftig gehöret worden,
daran es aber allhier ermangelt, zu verstehen, hiernächst derselbe so fort seine
Nothdurfft darauf vorgestellet, auch ad Caesaream Majestatem eventualiter
appelliret: So ist demnach sathanes Rescript pro decreto nicht zu achten, mag
auch vires rei judicatae nicht ergreiffen.
Auf die fünffte Frage erachten wir vor Recht: will derselbe berichtet seyn, ob
der Episcopus, in desselben mit dem Compatrono und dem Pfarrer schwebenden Streit den Ausschlag so fort
ohne beyden Partheyen Verhör und Einhohlung rechtlicher Erkäntniß geben könne?
Ob nun wohl ein Episcopus vi juris Episcopalis im Fall die Patroni selbst
entweder nachläßig, oder sonsten uneinig, verbunden, vor die Wohlfahrt der
Gemeinde absonderlich aber der Jugend zu sorgen, auch zu Verhütung alles
Aergernüßes sowohl Kirchen als
|| [331]
Schuldiener ex officio
einzusetzen, befugt, in gegenwärtigen Fall auch dem Ansehen nach man sich umb so
viel weniger zu beschweren, weil das Consistorium in ihrem de dato den 19. Jan.
a. c. an demselben abgelassenen Rescripte dißfalls rechtliche Erkänntniß
einzuhohlen sich resolviret; Dieweiln aber dennoch dem Episcopo hierunter in
denen Rechten gewisse Maße und Zeit vorgeschrieben ist, und derselbe zuförderst
vier Monathe sich zugedulden und derer Patronorum Schluß zu erwarten hat, per ea
quae habet Carpzov. Jur. Consist. l. 1. tit. 2. d. 15. n. 3.
seqq. wiewohl hier keine Nachläßigkeit, als in welcher dieses statt
hat, sich findet, sondern vielmehr bald Anfangs die Patroni auf die Ersetzung
des Schuldienstes bedacht gewesen, und was deren Uneinigkeit betrifft, das
natürliche, und alle weltliche Rechte erfordern, das niemand ungehöret zu
condemniren, sondern eines jeden habende Gründe zu förderst zu erörtern, und sie
gegen einander nothdürfftig zu hören seynd, auch ehe solches geschehen, die
transmission der Acten nach rechtlichem Erkänntnüß mit Bestande Rechtens nicht
angeordnet werden mag; So erscheinet daraus soviel, daß derselbe ante decisionem
Episcopi zuförderst mit seiner Nothdurfft gebuhrend zu hören auch zu Vermeidung
alles Verdachts ab impartialibus alsdenn auf die völligen acta eine Sentenz
einzuhohlen, und sonsten dem Process gemäß zu verfahren.
Auf die sechste Frage erachten wir vor Recht: Ob wohl auch ein Unterrichter,
daferne seinen decretis keine Folge geleistet wird die Contravenienten durch
gebührende Zwangs-Mittel zu ihrer Schuldigkeit anweisen kan, umb so viel mehr
aber ein Landes-Fürst befugt, zu Beybehaltung seiner hohen
Landes-Obrigkeitlichen Authorität die sich Wiedersetzenden zur Straffe zuziehen
befugt seyn muß.
Dieweiln aber demnach einem jeden seine Nothdurfft vorzutragen frey stehet, und
da derselbe mehr nicht gethan, als daß er seine Jura deduciret und ihn dabey zu
conserviren gebethen, solches vor keine straffbahre Wiedersetzlichkeit zuhalten
ist: auch hiernächst alle rescripta tacitam clausulam haben: si preces veritate
nitantur. So mag derselbe umb deßwillen daß er dem Rescripto so fort nicht
pariret / mit keiner Straffe angesehen werden, sondern wird noch ferner mit
seiner Nothdurfft dawieder, (jedoch bey Enthaltung aller bittern Schreibart und
Gebrauchung gebührenden Respects und Bescheidenheit) billich und ohne Furcht
einiger Bestraffung gehöret.
Auf die siebende Frage erachten wir vor Recht: Ob wohl ein Pfarrer seinem Patrono
von welchem er vociret und zu seinem Ambte befördert worden, gebührende
Reverentz zu erweisen schuldig ist, und da er ausser Schrancken gehet,
dieserwegen bestraffet werden mag. Dieweiln aber dennoch was von Vortragung
zustehender Nothdurfft bey voriger Frage angeführet worden, auch dem Pfarrer
zustatten kommen muß, und was die in seinen Schrifften hier und da ge
|| [332]
brauchte anzügliche Schreibart betrifft,
desselben (Quaerentis) Concipient theils durch denegirte Beylegung des
Hoffprediger Tituls, dessen er doch außm Consistorio erinnert worden, theils
durch andere etwas harte expressiones dazu nicht wenig Anlaß mag gegeben haben,
ein jeder auch ehe er bestraffet wird, mit seiner Defension zu hören ist. So ist
daher der Pfarrer mit einiger Straffe noch zur Zeit zwar nicht zu belegen: Es
wird ihm aber nicht unbillig judicialiter anbefohlen, sich künfftig besserer
Bescheidenheit als bißher geschehen, zu gebrauchen.
Auf die achte und letzte Frage erachten wir vor Recht: Hält derselbe den Furstl.
Geheimbden Rath und Cantzler N. vor seinen Feind und hat bey den Landes-Fürsten,
daß die Sache gewissen paribus curiae aufgetragen und er zum juramento
perhorrescentiae zugelassen werden möge, gebethen, will auch hierunter des
Rechtens berichtet seyn; Ob nun wohl eines Theils derselbe einige Ursachen der
vorgegebenen Feindschafft nicht angezeiget, andern Theils aber ein gantz
Collegium, dergleichen das Consistorium ist, als sufpect nach Recht nicht
recusiret werden mag, und ferner von demselben die causa pro feudali angegeben
wird, weil ihm der Priester das zu Lehn habende jus Patronatus streitig mache;
Dieweiln aber dennoch damit man zum juramento perhorrescentiae gelangen möge,
einige casus suspicionis anzuführen es nicht bedarff, Myns. Cent 3. Obs. 58. n. 1. Hiernechst auch ein gantz Collegium suspect
gemacht werden kan, si vel maxima pars collegii, vel saltem ii, qui maximae in
eo sunt autoritatis, suspicione laborant, dergleichen hier, da das Collegium wie
aus denen rescriptis erhellet, aus sehr wenig Personen bestehet, und der Herr
Cantzler caput dererselben, und also auch bey ihnen in grosser Ehrfurcht und
Ansehen ist, nicht unbillig zu vermuthen. Hiernächst aber gegenwärtige
controvers pro Feudali eben nicht zu achten ist: maßen der Priester ihm keine
controvers moviret: ob derselbe mit dem Jure Patronatus belehnet sey. So
erscheinet daraus soviel, daß derselbe zum juramento perhorrescentiae zu
zulaßen, auch die Untersuchung der Sache gestalten Sachen nach zwar nicht
einigen paribus Curiae doch aber andern verdächtigen Personen, zu committiren
sey. Alles V. R. W.
(Der andre caesus nebst der an uns
geschickten specie facti und Urtheils-Fragen.)
§. III. Ich habe im 1. §. unter andern erwehnet, daß zum öfftern die Patroni ihr
jus Patronatus zu mißbrauchen pflegen, welches sonderlich geschiehet, wenn sie
per genitivum & dativum unwürdige Personen zu denen Pfarren befördern.
Zu der promotion per genitivum gehöret auch, wenn sie mehr auff die
Verheyrathung einer ihnen angehörigen Weibesperson, als darauffsehen, ob der
Candidatus ein frommer, gottsfürchtiger, gelehrter und friedfertiger Mensch sey:
als wodurch, andre Unanständigkeiten zu geschweigen, auch viele Gelegen
|| [333]
heit zu Zänckereyen, wo unterschiedene
compatroni verhanden sind, gegeben wird. Also wurden zum Exempel Anno 1705. in
December aus dem Consistorio zu E. uns Acta zugeschickt, und daß wir darüber ein
Urtheil cum rationibus abfassen solten, begehret. Die beygefügte Urtheilsfrage
stellete zugleich den casum in folgenden Umbständen für:
Es wollen dieselbe sich berichten lassen, wasgestalt von einiger Zeit ein
Studiosus Theol. C. Heinrich B. zu einem Prediger nacher T. in hiesiger
Graffschafft, per quosdam Patronos, (denn unterschiedliche Adeliche an dem Orthe
das Jus Compatronatus haben) in Vorschlag gekommen und da es an den übrigen
votis etwann dem Ansehen nach ermangeln wollen, jemand veranlasset worden,
denselben ferner zu recommendiren, gegen gethanes Versprechen eine gewisse
Person zur Ehe zu nehmen / unter welcher Zusage, oder wenigstens, gnugsam
gegebenen apparence, er auch ferner per modum translocationis nacher H. per unum
Compatronum diesen letzten Orths, als zu einer bessern Pfarr, befordert worden.
Da aber bey sogestallten Sachen er die sponsalia vollenziehen sollen, hat er
sich gewendet und die vorige Zusage abgeläugnet. Weilen man nun sein
unbeständiges Gemüthe dadurch abgemercket, hat ihn auch die vorgeschlagene
Person dimittiret und sich anderweit Christlich verheyrathet; wie aber zwey von
den dasigen dreyen Compatronis von diesem allen nichts gewust, jedoch auch in
diese Tranlocation an ihren Orthen zu H und W. niemahls consentiret, sondern er
per mandata des Consistorii zu N. jedennoch ipsis contradicentibus, introdiciret
worden, (da an dem, daß Translocatio ad Jus Episcopale, non autem Patronatus
gehöre) so mag er auch bey der kurtzen Zeit, da er der Orthen gestanden, und
sich inzwischen neulichst anderwärtig verheyrathet, gegen die dissentientes
Patronos mehr Verbitterung veranlasset haben, wodurch dann dieselben und dero
Adelichen familien dermassen erzürnet zu seyn scheinen, daß sie sich wegern des
Abendmahls des Herrn sich bey ihm zu gebrauchen, wie die Beylagen bezeugen, auch
dessen fernere Translocation suchen. Wann uns nun bedencklich fällt, hierinnen
ein Decisum zu geben, wir auch einer andern Gemeinde denselben aufzudringen
nicht vermögen, da andere Gemeinden sich desselben gleichmäßig wegern. Als
ersuchen wir unsere Hochgeehrte Herren, sie wollen diesen casum in der Furcht
Gottes erwegen und uns des Rechten belehren, ob denen dissentientibus Patronis ein ander Beichr Vater zugestatten / oder wie
sonsten / auch eventualiter wegen seiner remotion zu verfahren sey, da wir zu einer Translocation keinen Rath wissen? etc.
§. IV. Nun mochte es wohl, so viel man aus denen mitgeschick-Unser Urten Acten
sehen konte, an dem seyn, daß der Priester quaestionis, der theil nebst mit dem
Vornahmen Henrich hiesse, ein subjectum sey, über welches denen rationibus.
|| [334]
sich die supplicirende Compatroni mit Fug zu
beschweren hatten, und in dessen Ansehen sie wohl nicht gezwungen werden konten,
sich dessen als ihres Beichtvaters auch pendente processu zu bedienen; Es
mochteu auch wohl die Herren Consistoriales mehr Wissenschafft als wir von denen
üblen moribus des Predigers haben, und in dessen Ansehen auf dessen schleunige
remotion incliniren: Dieweil aber nichts destoweniger sowohl denen natürlichen
als gemeinen Rechten ungemäß war, mit der remotion ab executione anzufangen; Als
konte unser Urtheil wohl nicht anders fallen, als aus der Beyfuge und denen
rationibus decidendi wird zu sehen seyn.
Als dieselben uns die in Sachen Hanß Caspar und Heinrich J. Gevettere von B. an
einen, des Predigers zu H. Heinrichs andern Theiles, ergangenen Acta zugeschickt
etc. Daraus so viel zu befinden, daß gedachter Prediger zu H. Heinrich
zuforderst nicht nur über der supplicanten fol. 40. seqq. actorum befindliche
Schrifft, sondern auch über die in der Registratur fol. 16. und in der an uns
ergangenen Urtheils-Frage fol. 58. ihn betreffende Umstände zu vernehmen, und
mit seiner Nothdurfft gnüglich zu hören: Indessen aber wird denen Supplicanten
gestalten Sachen nach billig erlaubet, biß zu Austrag der Sache sich nebst ihren
familien eines andern Beichtvaters zu bedienen, auch den Prediger Heinrich
anbefohlen, daß er bey Vermeidung nachdrücklicher Straffe diese Sache in seinen
Predigten nicht berühre, auch denen Supplicanten Zeit währenden Processes den
ihnen als Patronis zustehenden Respect allenthalben gebührend erweise. V. R.
W.
Rationes decidendi.
Obwohl in der fol. 40. seqq. befindlichen Schrifft, sowohl auch in der jetzigen
Urtheils-Frage fol. 58. insonderheit aber in der Registratur fol. 16.
unterschiedliche Puncte wieder den Beklagten angezeiget worden, welche an sich
straffbar, und eine ziemliche animadversion verdienen; Dieweil aber dennoch
theils in der Registratur fol. 16. nicht in specie ausgedrucket zu befinden,
worinnen die dem Prediger Henrich beygemessene Betrügereyen und calumnirung
einer gewissen Person eigentlich bestehen, theils auch dieses sowohl als
dasjenige, was in der Schrifft fol. 40. seqq. ingleichen in der jetzigen
Urtheils-Frage enthalten, in facto beruhet, worüber er der Prediger testantibus
Actis noch nicht gehörig vernommen worden, welches doch juxta ordinem processus
und ante definitivam geschehen muß; Hiernechst auch, so viel die von denen von
B. gesuchte Interims-Verstattung eines andern Beicht-Vaters betrifft, diese fol.
57. sich dahin erklähret haben, daß sie in allen rancorem wieder den Beklagten
fahren lassen, und alles auf künfftiges rechtliches Erkändtniß ausstellen
wolten, inzwischen aber aus denen in actis hin und wieder, absonderlich aber in
der Schrifft
|| [335]
fol. 40. angeführten Umbständen, zu
sehen, daß die Supplicanten bey dieser Bewandtniß zu dem Prediger Heurich biß zu
Erörterung der Sache kein Christliches Vertrauen als zu einen Beicht-Vater haben
können, und also billig dahin zu sehen, wie ihren Gewissen gerathen werden möge;
Endlich auch Beklagter sich friedlich und wie einen Prediger anstehet, zu
verhalten, und, die Verbitterung nicht grösser zu machen, schuldig ist, sondern
derselbe vielmehr dahin zu sehen hat, wie er durch Ehristliches Bezeigen seine
Patronos gewinnen, und dem unanständigen Haß und Feindschafft ein Ende machen
möge; So ist dergestalt zu erkennen gewesen.
§. I.
DEr casus, den ich bey diesen Handel vorstellen werde, kan zwar(Die vornehmsten Umbstände gegenwärtigen Handels.)
unter die vorgesetzte rubrique gebracht werden, er verdienet aber auch andere
Anmerckungen, weil bey dem process viel andere irreguläre Umbstände vorgiengen.
Titius war schon Anno 1691. verklagt worden, daß er sich mit Lucia aus H.
verlobet, und sie auch fleischlich erkannt haben solte, Titius aber war
keinesweges gesonnen sie zu heyrathen, sondern leugnete, daß das Verfprechen
bündig wäre, und beschuldigte die Klägerin, daß sie ihm zum Beyschlaff
gereitzet, ehe er noch die geringste Anwerbung an sie gethan. Der process wurde
pro more von beyden Partheyen trainiret: Titius indessen erhielte an einen
benachbarten Hoffe Dienste, und fande eine andre Parthie, mit der er die Sache
durch Beystand guter Freunde dahin brachte; daß ehe man es sich versahe, er mit
dieser getrauet, und ihm der göttliche Seegen durch einen ordinirten Priester
vor dem Altar vorgesaget wurde, non obstante processu & ejus litis
pendentia. Die Klägerin erfuhr zwar noch vor der Trauung dieses Vorhaben,
erhielte auch aus dem Consistorio, vor dem die Sache anhängig war eine
inhibition an den Pfarrer zu D. der ihm getrauet hatte, daß Titius nicht solte
aufgeboten noch getrauet werden. Aber post festum. Dieser dolus des Titii sive
bonus sive malus) kunte nun freylich dem
|| [336]
Consistorio
nicht gefallen, und Lucia urgirte sehr, daß die Trauung für ungültig solte
erkläret werden. Titius wurde citiret in Person zu erschienen. Er hatte aber
wenig Lust darzu und erhielt bey dem Consistorio des Fürsten da er in Diensten
war, daß dieses seinethalben einkam, und die Klägerin an sie zu verweisen
ersuchte. Das Consistorium für dem der Proceß schon etliche Jahr war anhängig
gewesen, nahm diesen Schertz oder Compliment nicht zum Besten auf, und befahl
den Herrn Titium in Arrest zu nehmen; Titius aber allegirte viel rationes,
worumb er des Arrests wieder zu erlassen, bate auch drüber erkennen zu lassen.
Er fande aber noch ehe das eingehohlte Urtheil zurücke kam, ein anderes
sicherers Mittel, und befreyete sich des Arrests selbst. Nichtsdestoweniger
wurde terminus ad publicationem sententiae angesetzt, und da Titius per
Mandatarium erschiene, der Luciae mandatarius aber drauff drang, daß Titius in
Person erscheinen müste, wurde der mandatarius a Consistorio abgewiesen,
unerachtet das eingehohlte Urtheil erkannt hatte, daß Titius gegen Bestellung
1500. Thlr. caution des Arrests wieder erlassen seyn solte. Hiernächst mochte
auch der Klägerin Luciae entweder wegen Mangel der Mittel, oder aus andern
Ursachen die Zeit zu lang worden seyn, und war sie nicht mehr in loco judicii
anzutreffen, ja Titius hatte ein Attestat von einen Prediger erhalten, daß Lucia
von ihm begehret hätte, daß er sie schon Anno 1695. mit einer andern Mannsperson
hätte trauen sollen, und wuste man also nicht, wo sich Lucia auffhielte.
(Unser Responsum über vier Fragen.)
§. II. Die bißherige species facti giebet nun zwar Gelegenheit genung zu vielen
neuen Anmerckungen, von den verwirrte̅n und langwierigen Processen
in Ehesachen auch unter denen Protestirenden. Weil ich aber zum Schluß dieses
dritten Theils der Juristischen Händel eile, als will ich selbige biß zu einer
andern Gelegenheit aussetzen, und nur unser Responsum beyfügen, welches Titius
von uns Anno 1696. in Augusto über 4. Fragen begehret hatte.
Hat die L. eines Mecklers Tochter aus H. denselben anno 1691. vor dem Churfürstl.
Consistorio alhier versprochener Ehe halber belanget und deren Vollziehung
gesuchet; nicht weniger an das Ministerium alhier und zu D. daß solches ihm mit
seiner anderwerts Verlobten nicht auffbiethen solte, inhibition ausgebracht, und
es hat die Klägerin, weil die Pristerliche Trauung schon einige Tage vor
insinuirter inhibition geschehen, ferner um Zertrenung der bereits vollzogenen
Ehe Ansuchung gethan, und daß derselbe sich vorhero mit ihr fleischlich
vermischet gehabt, vorgegeben; Ist hierauf von Churfürstl. Consistorio termin
zur
|| [337]
Verhör der Sachen angesetzet und derselbe
subsidialiter citiret, auch da das Fürstliche Consistorium zu W. denselben zu
stellen Bedencken getragen, und die Klägerin, dahin zu verweisen, verlanget, dem
Ambte G. denselben in Arrest zunehmen committiret worden, so auch auf seiner
Schwieger-Mutter Pachtguthe zu D. erfolget und es ist alsdann in dem Proceße
zwar fortgefahren worden, es hat aber derselbe, weil er meynet, daß er in
unterschiedenen Dingen bey sothanem Proceße sehr übereilet gewesen, dem Arreste
sich entzogen, jedoch einen Mandatarium specialem ad acta bestellet, auch seine
Entschuldigung bey der Churfürstlichen Regierung eingegeben. Ist ferner indessen
Abwesenheit am 27. Octobr. 92. ein Urtheil publiciret und darinnen erkannt
worden; daß derselbe gegen 1500. Rthlr. Caution des Arrests erlassen werden
solle und ungeachtet desselben Mandatarius sich zu dieser publication gebührend
angemeldet, auch die Urthelsgebühren erlegen wollen, ist doch derselbe auf der
Klägerin eingewandte Protestation dazu nicht gelassen worden, und er will
anjetzo: ob bey solcher Bewandnüß, sothanes Urtheil wieder ihn einige
Rechts-Krafft erlangen könne? berichtet seyn. Ob nun wohl angeführet werden
möchte, daß in matrimonialibus und criminalibus zumahl an Seiten des Beklagten
kein Mandatarius zuläßlich, sondern die Partheyen in Person zu erscheinen
schuldig, demselben auch seine Abwesenheit nicht zu statten kommen könne, weiln
er daran selbst Schuld und solche umb deßwillen, daß er den Arrest violiret und
sich auf die Flucht begeben, pro laudabili & honesta keines weges
geachtet werden könne, inmittelst nichts desto minder das in solcher Abwesenheit
publicirte Urtheil seine Rechts Krafft erreichen möge, Klägerin auch dadurch ein
Jus quaesitum erlanget, so ihr nunmehr nicht zu entziehen:
Dieweiln aber dennoch eines Theils auch in criminalibus und andern ihnen gleich
geachteten Sachen, wann es auf der Caution, oder einen andern Punet, so eben
keine persönliche Gegenwart erfordert beruhet, ein Mandatarius zuläßlich ist,
gestalt auch in gegenwärtigem Fall der Klägerin einen zu bestellen verstattet
worden, und derselbe nicht deterioris Conditionis seyn muß; andern theils die
Sache coram Consistorio keinesweges per modum Inquisitionis und criminaliter
ratione interesse publici, als welches bey Geistlichen Gerichten nicht
gewöhnlich, sondern civiliter tractiret, und von Klägerin davon habendes privat
interesse gesuchet worden, gestalt auch das judicium nicht vor sich sondern auf
der Klägerin instanz, desselben Arrestirung angeordnet gehabt, bey welcher
Bewandnüß, da zumahl die litis Contestation schon in Person von demselben
verrichtet gewesen, dessen bestallter Mandatarius zur publication des Urtheils
billig zugelassen werden solle, Klägerin sich auch damit nicht zu behelffen
gehabt, daß derselbe dem Arreste sich entzogen, als weßwegen er nicht Klägerin
sondern dem judici Red und Antwort zu geben hat, jedoch dadurch daß er
allenthalben im Proceße übereilet worden, de
|| [338]
fuga niemahls sufpectus auch annoch angesessen gewesen, nicht weniger in
Fürstlichen Diensten gestanden, sich gnugsam zu defendiren gesonnen ist, und
diese causae si verificentur allerdings für erheblich zu achten, auch inmittelst
derselbe da bey publication des Urthels sich sein Mandatarius angegeben, pro
contumace nicht zu achten gewesen, So hat auch sothanes Urthel seine Rechts
Krafft wieder denselben nicht erreichen mögen, sondern es wird derselbe mit
seiner Leuterung oder Eventual Appellation dawieder annoch billig gehöret.
Auf die andere Frage erachten wir vor Recht: will derselbe berichtet seyn: Ob er
zuförderst die in solchen Urthel erkannte 1500 Rthlr. Caution würcklich zubestellen / oder aber den vorigen Arrest wieder
anzutreten schuldig, die Klägerin aber ehe solches geschehen, sich mit ihme
ferner einzulassen nicht verbunden sey. Ob nun wohl eines Theils daferne das
mehr berührte Urthel seine Rechts Krafft erreichet haben solte, Klägerin dadurch
ein Jus quaesitum erlanget haben würde, und solchem Urthel zuförderst ein Gnügen
geschehen müste, andern Theils aber scheinen möchte / daß derselbe so viel die
Caution und deren quantum betrifft, sich schwerlich einer Reformatoriae zu
getrösten haben werde, anerwogen, wann ja dessen mit seiner jetzigen Ehefrauen
vollzogene Ehe nicht zu zertrennen wäre, er dennoch Klägerin, ratione dotis,
nicht weniger wegen ihrer Beschimpffung und verursachter Unkosten, Satisfaction
zu geben schuldig, so kein geringes betragen möchte; Dieweiln aber dennoch wie
bey der ersten Frage ausgeführet, das obberührte Urthel gestalten Sachen nach in
keine Rechts Krafft ergehen, weniger der Klägerin einig Jus quaesitum daraus zu
wachsen können, sondern derselbe dawieder annoch zuhören ist, hiernechst das
quantum der Caution allzuhoch gesetzt, gestalt dann, wann gleich Klägerin etwas
wieder denselben ausführen und den Grund ihrer Klage erweisen solte, welches
noch dahin stehet, dennoch weil dieselbe, dessen Bericht nach, in actis selbst
gestanden, daß sie ihme pudorem prostituiret, ehe er noch die geringste Werbung
an sie gethan, sie pro persona vili zu achten, und dahero das quantum deren
dotation umb ein gut Theil geringer zusetzen ist, zumahl ohne dem deren Vater
von keinem Vermögen gewesen, noch sie so reichlich dotiren können; So erscheinet
daraus so viel daß derselbe die Caution noch zur Zeit zu bestellen nicht
schuldig, sich auch einer Reformatoriae nach Recht zugetrösten habe.
Auf die dritte Frage erachten wir vor Recht: Hat sich Klägerin bereits vor 3.
Jahren wieder von hier weggewendet, sie ist aber in abgewichen 1695. Jahre zu
dem Pastore aufm Neumarckte kommen, und hat von selbigem, daß er sie mit einer
bey ihr gewesenen Mannsperson copuliren möchte, verlanget, inmassen sothaner
Pastor solches ad acta attestiret, es vermuthet auch derselbe, daß sie
die-Trauung anderwerts erhalten haben werde, dahero er der Klägerin exceptionem
|| [339]
extinctae actionis zu opponiren gesonnen, und
will demnach: Ob nicht Klägerin sich in Person zu stellen, auch darüber daß sie
pendente lite bereits an einen andern sich
vetheyrathet habe, ihr Gewissen zu eröffnen schuldig? berichtet seyn. Ob nun
wohl regulariter in causis famosis die delatio juramenti nicht statt hat,
absonderlich aber niemand propriam turpitudinem zu entdecken gehalten, noch dazu
angestrenget werden mag, mithin aber derselbe der Klägerin über seiner Exception
das Gewissen zu rühren nicht befugt zu seyn scheinet, auch die Proceßordn. c.
29. §. 2. solchergestalt aus denen gemeinen Rechten dißfals zu limitiren wäre.
Dieweiln aber dennoch in gegenwärtigem Fall es keiner Eydes delation bedarff,
noch er sich derselben bedienet, sondern zu Bescheinigung seiner Exception ein
attestatum Pastoris vor sich hat, welches, wann es beschworen werden solte,
semiplenam probationem, ohne Eyd aber doch ziemliche starcke praesumtionem einer
anderweiten Verehligung wieder Klägerin machet, so dieselbe vermittelst des
Reinigungs-Eydes zu elidiren hat / dergleichen juramenta necessaria auch in
eigener Person abgeschworen werden müssen; So ist demnach Klägerin, daß sie
pendente lite sich an einen andern nicht verehliget und selbigem beygewohnet
habe, vermittelst Eydes sich zu reinigen, auch zu Ablegung solchen Eydes sich in
Person allhier zustellen, verbunden.
Auf die vierdte und letzte Frage erachten wir vor Recht: Ist ungewiß, wo die
Klägerin anzutreffen, und es will derselbe berichtet seyn: Ob nicht derselben
Mandatarius seine hierunter habende und zum Behuff
voriger quaestion dienliche Wissenschafft vermittelst
Eydes anzuzeigen schuldig, auch daferne dieser seine Unwissenheit eydlich
erhalten solte, Klägerin sodann edictaliter zu citirensey? Ob nun wohl nach der gemeinen opinion derer
Doctorum ein Advocatus wieder seinen Clienten Zeugniß abzulegen nicht angehalten
werden mag, die Edictal Citation auch alsdann statt hat, wann die abwesende
Person nach angewandten Fleiße nirgend anzutreffen. Dieweiln aber dennoch nicht
nur einige derer DD. gegentheiliger Meynung sind vid. Matth. de Judic. D. 9. th. 19. sondern auch diejenigen, so obgedachte Meynung
führen, sich auf keinen ausdrücklichen Text gründen, und bloß ein argument a
sacerdote, cui in confessione aliquid revelatum est, herholen, so jedoch ohne
Unterscheid, nicht von allen Protestirenden, angenommen wird, hiernächst auch
ausdrücklich solches nur quoad merita causae dahin restringiret wird, daß ein
Advocat dasjenige, was ihm von seinen Clienten in Vertrauen entdecket worden, zu
offenbahren nicht schuldig sey, dahin die Anzeigung, wo der Principal sich
aufhalte, und ob er verheyrathet sey, nicht gehöret, zugeschweigen daß ohnedem
die exemtion ab onere testimonium dicendi, ihre limitation hat, si veritas
ali
|| [340]
ter haberi nequeat & Reip.
intersit: Bey denen Ehesachen aber auch Resp. ihr interesse hat; Hiernächst es
allhier keiner Edictal Citation bedarff, sondern die Citation ad jurandum der
Klägerin bestalten Mandatario insinuiret, auch daferne selbige nicht erscheinet,
wieder sie in contumaciam verfahren werden kan: So ist derselbe einige articul
einzugeben wohl befugt, der Klägerin Mandatarius und Advocatus auch seine Außage
eydlich darauff zu erstatten verbunden. Alles. V. R. W.
§. I.
(Unterschied unter befugt / und nützlich zu seyn.)
ICh habe schon oben in ersten Theil p. 125. erinnert, daß ein grosser Unterscheid
zwischen denen beyden formulis zu machen sey, wenn erkannt worden, daß einer
Parthey unbenommen sey, die andre zu belangen, und wenn erkannt worden daß sie
solches zu thun befugt sey. Aber es folget auch nicht, wenn die Collegia
sprechen, daß eine Parthey etwas zu thun befugt sey, daß man daraus schliessen
wolle, ergo sey es ihr auch nützlich und zu rathen. Der Apostel Paulus hat diese
Dinge gar wohl unterschieden, wenn er zu zweyen mahlen zu denen Corinthern
spricht: Ich habe es alles Macht, aber es frommet (oder nutzet) nicht alles.
Derowegen haben sich vernünfftige Advocaten wohl in acht zu nehmen, daß sie
nicht aus Tumheit und Einfalt oder aus Boßheit und Vorsatz ihren Clienten so
fort zu einen Proceß rathen, wenn gleich derselbe rechtmäßige Ursache zu klagen
hat, sondern daß sie zuförderst besorget sind, ob sie auch diese Befugnüß
leichtlich erweisen können. In denen Gesetzen ist gar vieles von der Klage ad
interesse enthalten, und wenn man dieselbe anzustellen befugt sey, aber deßwegen
folget nicht daß ein vernünfftiger und ehrlicher Advocat auch so fort ohne
Unterscheid der Umbstande seinen Clienten rathen solle, diese Klage anzustellen,
weil mehrenthetls das interesse sehr schwer zu beweisen ist.
(Applici rung dieser An-)
§. II. Und diese Anmerckung beobachtete auch unsere Facultät, als Anno 1697. in
Februario ein gewisser Advocat dieselbige consulirte; Ob sein Cliente schuldig
wäre, seine dem Titio versprochene Toch
|| [341]
ter zur
Ehe zu geben, da Titius ihm seine Einwilligung durch Betrug gefährlicher(merckung auf gegenwärtigen Handel / nebst unsern Responso.) Weise abgelistet hätte, denn er
bekame zwar zur Antwort, daß er solches zu thun nicht schuldig wäre, wir setzten
aber mit Fleiß die clausul dazu, wenn er nehmlich den vorgegebenen Betrug würde
gebührend beweisen können, damit ihn nicht sein Advocate verleiten möchte, sich
mit Schaden in einen Proceß einzulassen, und in Ermangelung des Beweises dem
Kläger die Unkosten zu erstatten. Die hierzu gehörige Umstände werden aus dem
Responso selbst an füglichsten zu erkennen seyn.
Hat J. W. H. umb sich aus seinen Schulden zu retten, H. M. Tochter zur Ehe
gesuchet und umb dazu zu gelangen, sothanem H. M. daß er mehr nicht als etwa
1100. Rthl. auf sein väterlich Brauhauß schuldig sey, jedoch seine Mitgifft oder
Ehrenhülffe an 400. Rthlr. daran zu fordern hätte, durch andere beybringen
laßen; Hat H. M. sowohl in Gerichten als sonsten, ob dieses sich also verhalte,
sich erkundiget; jedoch den rechten Grund nie erfahren können, ausser daß er aus
denen Fürstl. Gerichten, daß die Schulden auf den Hause sich wohl in die 14. bis
1700. Rthlr. belieffen, Nachricht erhalten, und es hat H. M. daß er, wann J. W.
H. mehr nicht als 1700. Thlr. schuldig wäre, demselben seine Tochter nicht
versagen wolle, sich erklähret: Hat J. W. H. hierauf daß er mehr nicht schuldig
sey, H. M. in öffentlicher Gesellschafft versichert, auf welche Condition dieser
auch, daß J. W. H. das Jawort hohlen möchte, bewilliget, und es ist hierzu ein
gewisser Tag ernennet und sodann daß Verlöbniß öffentlich, wiewohl ohne
Wiederholung der berührten Condition vollzogen worden. Hat sich nachhero
gefunden, daß J. W. H. mit weit höhern Schulden beladen sey, und lauter
Unwahrheit sich bedienet, dahero H. M. demselben seine Tochter zu geben sich
nunmehro weigert, und es will derselbe hierunter des Rechtens berichtet seyn: Ob
nun wohl dasjenige was von der Desponsatae Unmündigkeit in dem Berichte
angeführet worden, in keine Consideration kommen möchte, in Betracht dieselbe
das 12te Jahr bereits überschritten und mithin die pubertät erlanget, hiernechst
aus dem jure Canonico, bekannt, daß der error circa accidentalia, dahin die bona
fortunae, als Reichthum und dergleichen gehören, dem Consensu sponsalitio nicht
zuwieder sey, sondern desselben ungeachtet, die aufgerichtete Verlöbnisse bey
ihren Kräfften bleiben; ferner angeführet werden möchte, daß die von H. M.
anfänglich gesetzte Condition bey nachhero gehaltenen öffentlichen sponsalibus
nicht wiederholet, und also von sothaner Condition tacite abgewichen worden, im
übrigen ohne dem der favor matrimonii haben will, daß mehr pro contrahendo als
dissolvendo matrimonio ein judex bemühet seyn solle, daher dem Ansehen nach die
quaestionirte sponsalia nicht zu dissolviren seyn möchten. Dieweiln aber dennoch
es auf einen bloßen errorem allhier nicht ankommt, sondern derselbe in seinem
Be
|| [342]
richte anführet, daß bald anfänglich
J. W. H. durch Verschweigung der Wahrheit das Verlöbniß zu erschleichen demühet
gewesen, und zu dem Ende nicht nur durch andere seinen Zustand gantz anders als
er würcklich gewesen H. M. vorstellen lassen, sondern auch selbst daß er mehr
als 1700. Thlr. nicht schuldig sey, betheuerlich versichert, und solchergestalt
mediante dolo denselben zu Ertheilung seines Consensus induciret, bewährte
Rechts-Lehrer aber dafür halten, auch denen Regeln der gesunden Vernunfft gemäß,
daß ein Consensus dolo elicitus auch in causis matrimonialibus niemanden
verbinden, noch derjenige so dolose gehandelt, dadurch einigen Vortheil gewinnen
könne, es möge nun dolus circa essentialia vel accidentalia conjugii begangen
seyn. Hiernechst auch des juris Canonici disposition ihren Abfall gewinnet, wenn
ejusmodi bona fortunae ausdrücklich per modum conditionis erfordert worden, und
dann dessen Berichte nach H. M. seinen Consens daß er seine Tochter J. W. H.
geben wollen, und dieser das Jawort abholen wöge, anderer Gestalt nicht als
unter der Bedingung, wenn J. W. H. mehr nicht als 1700. Rhlr. schuldig wäre,
ertheilet, auch wenig zur Sache thut daß solche Condition bey dem nachhero
angestelltem Verlöbnüß nicht ausdrücklich wiederholet, weil gnug, daß solche
niemahls aufgehoben worden, die Renunciation auch nach Recht nicht praesumiret
wird; Ferner der favor matrimonii nicht zu mißbrauchen ist, noch deßwegen Leute
wieder Willen zu zwingen seynd, wann allem menschlichen Vermuthen nach nichts
anders als eine unglückseelige böse Ehe erfolgen kau, immassen denn, dem
angeführten Bericht nach, die Braut es ohnedem hauptsächlich dem Vater
zugefallen, ihr Jawort von sich gegeben, nunmehro bey verspürten Betrug ihres
Bräutigams das Gemüthe von ihm gewendet; Im übrigen man hier nur in blossen
sponsalibus noch bestehet, welche leichter als wann die Ehe bereits vollzogen,
zertrennet werden können; So erscheinet daraus so viel, daß wann H. M. daß er
von J. W. H. dolose hintergangen worden, nicht weniger daß er sein Versprechen
ausdrücklich auf die Condition, wann J. W. H. mehr nicht als 1700. Rthlr.
schuldig sey, gegründet habe, erweisen möchte, die getroffenen sponsalia von dem
Geistl. Gerichte vor nichtig zu erkären und hinwieder aufzuheben seyn. V. R. W.
(Was in dessen allbereit in actis
Proceßmäßig fürgegangen.)
§. III. Wir wunderten uns aber nicht wenig, als in zwey Monathen drauff nehmlich
in Aprill besagten 1697. Jahrs von eben selben Orthe acta zu Verfertigung eines
Urtheils an uns geschickt wurden, aus welchen wir ersahen, daß zu der Zeit des
von uns begehrten Responsi des Quaerentens Cliente allbereit war verklagt
worden, auch wegen seiner Exception Beweiß geführet hatte, und daß schon auf die
Unzulänglichkeit des Beweises war erkannt worden, und nichts destoweniger der
Quaerente von diesen Umbständen in seiner Frage nicht das geringste erwehnet
hat
|| [343]
te Ob er nun aus Einfalt oder mit
Vorsatz diese Sottise begangen, insse ich an seinen Ort gestellet seyn, und wird
vielleicht der Leser selbst davon judiciren können, wenn ich die Umbstände des
Processes ihm kurtz und deutlich vorstelle. Die Klage war schon zu Ende des 95.
Jahrs angestellet und zu Ende des Januarii an. 96. rechtlich erkannt worden, daß
Beklagter erweisen solle, daß er und seine Tochter zudem mit Klägern gehaltenen
Ehe Verlöbnüß durch hinterlistige Beredung und falsche persuasion verleitet
worden, ohne diese aber in besagtes Ehe Verlöbnüß nimmermehr würde consentiret
haben. Hierauff hatte sich Beklagter des Beweises unterfangen, aber durch keinen
Zeugen die Umbstände, daraus ein dolus geschlossen werden können beygebracht:
denn obgleich ein Zeuge etwas deponiret, daß Beklagter sich umb das Vermögen des
Klägers erkundiget und denen an ihn abgeschickten eine bedingte Antwort gegeben
hätte, so war doch dieses ad probandum nicht genung, zumahl da nicht nur das
bekannte Sprichwort: Alle Freyer reich und alle Gefangene arm dem Kläger etwas
zustatten kam, sondern auch die Zeugen, die bey der Verlöbniß gewesen waren,
aussagten daß bey selbiger keiner condition gedacht worden. Indessen war auch
die Tochter cum Curatore selbst interveniendo eingekommen und hatte ihre
Unmündigkeit fürgeschützt. Ob nun wohl Beklagter sich ad juramentum suppletorium
offeriret hatte, so war doch a JCtis Jenensibus in Decembr. 96. erkannt worden,
daß Bekl. das thema probandum nicht erwiesen, auch das angebotene juramentum
suppletorium nicht statt hätte und dahero die Ehe zu vollziehen wäre, auch Bekl.
Advocatus (der zugleich der Intervenientin Curator war) wegen gebrauchter
Anzüglichkeiten umb 6. Thlr. bestrafft werden solte.
§. IV. Wieder dieses Urtheil nun hatte der Advocate nomine(Dadurch wir bewogen wordë / wieder den Quaerentenzu sprechen.) Beklagtens und der
Intervenientin, auch seiner eigenen Person halber geleutert, und da diese
Leuterung allbereit eingewendet, war obiges responsum von uns begehret und
erhalten worden. Was seine intention dabey gewesen, kan ich nicht wissen, glaube
auch daß er es selbst nicht werde sagen können. Mann kan aber aus denen bißhero
erzehlten Umbständen die eingewendeten gravamina theils leichte praesumiren,
theils aber aus unsern Rationibus des folgenden Urtheils begreif fen, und
zugleich erkennen, daß es denen Rabulis nichts helffe, wenn sie gleich bey einem
Collegio juridico ein Responsum vor sich erschleichen, daß sie deßwegen sich
nothwendig auch ein beyfäl
|| [344]
lig Urtheil zu
getrösten hätten, wenn gleich die acta in selbiges Collegium wieder verschickt
werden. Unser Urtheil lautete also:
Daß es der eingewandten Leuterung ungeachtet bey dem am 11. Decembr. 1696.
eröfneten und sol. act. 150. befindlichen Urthel billig verbleibet. Auch seynd
Beklagter und Intervenient die expensas redartati processus auf vorhergehende
Liquidation und erfolgte richterliche Ermäßigung Klägern zu erstatten schuldig.
V. R. W.
Rationes.
Obwohl Beklagter und Intervenient wieder jüngst eröffnet es Urtheil anführen, daß
unterschiedliche Zeugen ausgesaget, Beklagter habe sich um Klägers Vermögen und
Schulden zu erfahren, sehr bemühet, und sey ehe er davon Gewißheit erlanget,
seine Tochter ihme zu versprechen nicht willens gewesen, gestalt test. 4.
ausdrücklich ad art. 4. fol. 59. b. deponiret, daß Beklagter gesagt: Kläger
solte zuförderst daß väterliche Hauß kauffen, und deßwegen Schein aus den
Gerichten bringen, sodann aber 2. Männer schicken und das Jawort holen, wie denn
auch nach Aussage test. 2. & 3. ad art. 21. fol. 74. b. & 75.
Beklagter versichert worden, daß Kläger seines Vaters Hauß vor 1700. Thlr.
bekommen könnte, und 400. Thlr. an Mitgiffte daran schon hätte, worauf Beklagter
auch gesehen, und unter solcher masse die eheliche Versprechung geschehen, bey
welcher Bewandnüß das, was Beklagter beweisen solle, wo nicht sattsam erwiesen,
doch wenigstens semi plena probatio verhanden zu seyn und also das juramentum in
supplementum statt zu haben scheinen möchte; ferner angezogen wird, daß eines
Theils Intervenientens Curandin zur Zeit der ehelichen Versprechung annoch
unmündig gewesen, auch ihren Consens bloß dem Vater zu gefallen ertheilet, und
bey nunmehro sich ereignender laesion in integrum zu restituiren sey, andern
theils aber Intervenient als Advocatus zu seiner Clienten Defension und auf
deren Begehren ein und anders wieder Klägern vorstellen müssen, so aber animo
injuriandi nicht geschehen, weniger er deßhalb zu bestraffen; Dieweiln aber
dennoch nach Anleitung des am 31. Jan. 1696. fol. 28. publicirten Rechts
kräfftigen Abschiedes das thema probandum darinnen bestehet, daß Beklagter und
seine Tochter zu dem mit Klägern gehaltenen Ehe Verlöbnüß durch hinterlistige
Beredung und falsche persuasion verleitet worden. Jedoch
von solcher dolosen persuasion, oder denen Umbständen daraus solche geschlossen
werden will, kein einziger Zeuge etwas beständiges berichten kan, sondern davon
nichts wissen, so wenig als aus deren Aussage eine promissio conditionalis, (die
ohnedem zu erweisen in angezogenem judicato nicht auferleget worden,) erhärtet
werden mag, sintemahl was test. 2. & 3. ad art. 21. deponiren, sie von
test. 4 gehöret haben wollen, der jedoch ad dict. art. fol. 75. a. selbst es
nicht reden kan, hingegen die abgeschickten Freywerber von keiner
|| [345]
Condition etwas berichten können, sondern vielmehr
daß ohne dergleichen das Versprechen geschehen sey, attestiren, daher wenn
gleich von Anfange Beklagter nach test. 4. Berichte ad art. 4. fol. 59. b. sein
Jawort nicht anders zuertheilen willens gewesen seyn möchte, als wann Kläger das
Hauß gekauffet, und gerichtlichen Schein brächte, er sich selbst zu imputiren,
daß er solchen Schein nicht urgiret, noch seinen Sinn dißfalls deutlich an Tag
geleget, sondern nichts desto minder öffentliches Verlöbnüß vor sich gehen
lassen, bey solcher Bewandniß aber da das thema probandum nicht ein eintziger
Zeuge omni exceptione major, wie doch wenigstens zum juramento suppletorio
nöthig, asseriren kan, auch solcher Erfüllungs-Eyd nicht zu läßlich ist,
hiernechst die übrigen gravamina betreffend eines theils der metus reverentialis
den eine Tochter gegen ihren Vater führet, keine restitution in integrum giebet,
solche auch, bekannten Rechten nach contra matrimou inm nicht statt findet,
andern theils ein Advocatus aller injuriösen expressionen sich enthalten soll,
und der dadurch verwürckten Straffe sich nicht entbrechen kan, wann ihm gleich
von seinen Principalen solche zu schreiben befohlen worden, die fol. 119, f. a.
& b. specificirte formalia auch an sich injuriosa seynd, im übrigen aber
Beklagter und Intervenient kein erheblich Gravamen, so nicht in antea actis
schon sattsam ventiliret gewesen, gehabt, und daher die expensas retardati
Processus nach Recht tragen muß, so ist wie in dem Urthel enthalten, erkannt
worden.
§. I.
ES ist wohl überhaupt nichts vernünfftiger als daß zwey Leute, die(Responsum von der Trennung
einer Verlöbnüß wegen entstandener Feindschafft.) bißhero mit einander
in einer vertraulichen Gesellschafft gelebet, und einander anfangen feind zu
werden, auch wenig Aenderung der Feindschafft zu hoffen ist, entweder durch die
Obrigkeit von einander separiret werden, oder aber sich selbst von einander
scheiden, oder auch eine Parthey wieder der andern Willen sich von der andern
absondere. Aber bey Eheleuten will dieses Mittel ohne Unterscheid und
Beobachtung anderer Umbstände sowohl nach denen Regeln gesunder Vernunfft als
auch nach dererselben Wiederhohlung in heiliger Schrifft sich nicht so
practiciren lassen: wiewohl auch nicht zu leugnen, daß bey Be
|| [346]
antwortung dieser Frage auch von denen Protestirenden
Theologis und Juristen zum offtern viel Brocken aus der Päpstlichen Lehre, als
ob die Ehe ein Sacrament wäre, pflegen mit untergemischt zu werden. Jedoch ist
man darinnen einig, daß dergleichen Trennung eher zwischen Verlobten als
zwischen würcklichen Eheleuten sich practiciren lasse. Dannenhero auch unsere
Facultät, so viel die Trennung zwischen Verlobten betrifft, einer Adelichen
Person in Martio 1696. ein favorable responsum in diesen Punct ertheilte;
wiewohl aus dem vorigen Handel allezeit muß repetiret werden, daß wir
praesupponiret, daß die uns vorgesagten Umbstände auch genungsam erwiesen werden
könten. Das Responsum war über drey Fragen eingerichtet, und lautete also.
Hat derselbe sich mit Fräulein Annen Sophien von S. nach erlangter Bekanntschafft
in Ehetractaten eingelassen, auch von ihr bald anfangs gute Versicherung ihrer
Gegenliebe erhalten, und ungeachtet sie sofort nach solchen Versprechen, ihren
Willen und zwar zu unterschiedenen mahlen geändert, und sich sehr wanckelmuthig
erwiesen, seynd doch mit deren Mutter Consens öffentliche Verlöbniße vermittelst
gewechselter Mahlschätze zwischen ihnen getroffen worden: Hat nach diesem wieder
etliche mahl ermeldte S. bey ereigneter Zusammenkunfft sich aller von seiner
Seiten erwiesenen Liebkosungen ungeachtet, dennoch sehr kaltsinnig bezeuget, und
vielmehr in seiner Gegenwart, so auch andere in acht genommen, gegen einen
fremden Cavalir viel Freundlichkeiten spühren lassen; und wiewohl dieselbe
nichts desto minder ihrer Gewogenheit demselben hierauf von neuem versichert,
auch als sie desselben gnädigen Herrschafft aufgewartet, auf Befragen, daß sie
ihres Orths mit der Heyrath gar wohl zufrieden sey, sich vernehmen lassen, hat
sie doch bey einem angestellten Ball abermahl sich sehr wiederwärtig gegen ihn
erwiesen; Und als so wohl die Herrschafft, als auch andere, die es wahrgenommen,
derselben beweglich dieserwegen zugeredet, nichts anders geantwortet, als daß
sie ihn nicht lieben könnte, auch als ihr ferner etliche mahl nicht nur deren
Mutter sondern auch andere Freunde Vorstellung gethan, ist sie doch beständig
bey solcher ihrer Antwort beharret, hat auch zum öfftern, daß wann sie ihn ja
nehmen müste / sie ihm doch niemahls eine eheliche Affection noch auch ein
besser tractament als bißhero erweisen würde, sich erklähret, wodurch die bey
ihm vormahls sich befundene Liebe ebenfalls erlosche̅n, und er
vielmehr einen grossen Abscheu vor sothaner Person bey sich spühret auch
anfänglich berichtet seyn will: Ob er nicht gedachte Annen Sophien von S. mit
gutem Gewissen verlassen / und daß die getroffene Verlöbniß hirwieder zertrenner
werden möge, suchen könne: Ob nun wohl die beständig und mit Vorwissen der
Eltern öffentlich getroffene Verlobungen nicht leicht wieder aufgehoben werden
können, wann auch gleich beyde Theile hierzu ge
|| [347]
neigt, sondern vielmehr zu völliger Vollnziehung der Ehe die Verlobten
durch hinlängliche Zwangsmittel pflegen angehalten zu werden, und die von denen
DD. unter die zur Zertrennung hinlänglichen Ursachen mitgerechnete, zwischen
denen Verlobten entstandene Uneinigkeit, nicht von einem jeden Wiederwillen,
sondern von inimicitiis capitalibus, dergleichen doch hier, wie es scheinet,
nicht anzutreffen, zu verstehen ist, hiernechst vor GOtt die Ehe wann von beyden
Theilen das Versprechen geschehen, schon ihre Richtigkeit hat, obgleich sonst
weiter nichts dabey beobachtet worden, dahero scheinen möchte, daß umb soviel
weniger von solchem Versprechen mit gutem Gewissen abgewichen werden könne, und
bey solcher Bewandniß derselbe die Zertrennung der getroffenen Verlöbnüß zu
suchen nicht befugt, sondern vielmehr seinem Versprechen nach zu kommen, und in
der Ehe daß er den bey seiner Braut jetzo verspürenden Eigensinn, zumahl sie
solchen schon mehrmahls bereuet, durch Liebe und Bescheidenheit ändern könne,
Fleiß anzuwenden schuldig seyn möchte: Dieweiln aber dennoch vermöge der bey
denen Ptotestirenden Kirchen an einigen Orten hergebrachten observanz, die
Verlöbnüße in solchen Fällen, da nichts anders als eine unglückseelige und
ärgerliche Ehe vor menschlichen Augen zu vermuthen ist, von denen Consistoriis
hinwiederumb aufgehoben werden können: obschon die Verlobten vor sich und aus
eigener Macht davon nicht wieder zurück treten können, darunter aber die von dem
einen Theile jederzeit erwiesene Kaltsinnigkeit und der unter ihnen entstandene
Haß und Abscheu derer Gemüther sonder Zweiffel mit zu rechnen, solche observanz
auch in denen Rechten wohl gegründet, indem nicht zu glauben, daß GOtt an
solcher zwischen wiedrigen Gemüthern und da bey dem einen Theil keine wahre
ungefärbte Gegenliebe anzutreffen, aufgerichteten Verbindung einen Gefallen
haben und erfordern solle, daß nichts desto minder solche unglückseelige Ehe,
darinnen durch stete Eyfersucht und Wiederwillen die Ehegatten einander den Weg
zur Hölle bahnen, vollzogen werden müste, und dann in gegenwärtigem Fall bald
von Anfange desselben Braut keine echte Liebe zu ihm getragen, und wiewohl
sie etliche mahl denselben ihrer Gewogenheit versichert, dennoch sowohl er als
andere leicht aus andern Umbständen wahrnehmen können, daß es nur ein
verstelltes Werck gewesen, und sie mehr Gunst gegen einen andern bey sich
geheget, wodurch nichts anders als eine ärgerliche Ehe entstehen, auch zu
sündlichen Dingen Anlaß gegeben werden kan, einige gegründete Hoffaung einer
Besserung auch nicht zu machen, zumahl die Braut der unverantwortlichen Reden,
daß der Teuffel alle Liebe bey ihr weggeholet, sie ihm auch keine eheliche Liebe
noch ein besser tractament erweisen, ja es noch schlimmer werden würde, sich
ausdrücklich und beständig vernehmen lassen; alles nach mehrern Enthalt seines
Berichts und der an uns gethanen Frage; So ist derselbe dahero zu Verhütung
grössern Unheils bey dem Consistorio umb Aufhe
|| [348]
bung der getroffenen Ehegelöbnüß geziemende Ansuchung zu thun wohl befugt,
und hat sich einer erfreulichen decision gestalten Sachen nach billig zu
getrösten.
Auf die andere Frage erachten wir vor Recht: Obwohl billig scheinen möchte, daß
derselbe seiner Braut den begangenen Fehler, daferne sie solchen bereuen und zu
beständiger ehelicher Liebe und Treue sich anheischig machen solte, zu
condoniren und die getroffenen Ehebündnüße durch die gewöhnliche Trauung
vollends zur Richtigkeit zu bringen gehalten, Hiernechst aber vermöge der
gemeinen Rechte auch in sponsalibus de futuro die Braut, daferne sie ohne
erhebliche Ursache zu derer dissolution Gelegenheit giebet, den Mahlschatz und
zwar gedoppelt wieder auszuantworten schuldig ist, und solcher dem beleidigten
Theile zurücke gegeben wird. Dieweiln aber dennoch desselben Braut durch ihr biß
heriges Verhalten ihr unbeständiges Gemüthe und wie veränderlichen Sinnes sie
sey, so vielfältig mahl schon an den Tag geleget, und dahero, wie bereits bey
voriger Frage angemercket, wann selbige gleich einige Reue äuserlich bezeigen
solte, ihr dennoch daß solche von Hertzen gehe, kein Glaube beyzumessen, noch
man einer aufrichtigen Liebe von derselben sich zu versichern hat, zumahl der
Ausgang schon mehr erwiesen, daß auf ihre gemachten Sincerationes nicht zu
bauen, absonderlich, da sie sich, nach dem Bericht, vernehmen lassen, wenn
derselbe von ihr nicht lassen wolte, wolte sie zwar ihr Wort halten, und ihn
nehmen, könte ihm aber kein besser Tractament versprechen; bey welchen Umständen
dann dessen einmahl geschöpffter Haß und horror der nunmehr etwan erfolgten
poenitenz seinen Verlobten unerachtet pro justo zu halten, Hiernechst aber
bißhero bey denen Evangelischen Fürsten und Ständen des Reichs hergebracht, daß
im Fall die getroffenen Verlöbnüße wieder zurücke gehen, die gewechselten
Mahlschätze dem Consistorio anheim fallen, und wiewohl, daß demselben hierdurch
zu ungütig geschehen würde, scheinen möchte, dennoch derselbe, daß er mit einer
bald von Anfange her so wanckelmüthig sich erwiesenen Person sich in Ehebündnüß
eingelassen, sich einiger maßen selbst beyzumessen hat; So ist derselbe der von
seiner Verlobten etwa vorgebenden Bereuung ungeachtet von derselben
loßzusprechen / dieselbe auch den empfangenen Mahlschatz zwar wieder
auszuantworten schuldig / es verbleibet aber derselbe dem Consistorio billich.
Auf die dritte und letzte Frage erachten wir vor Recht: Obwohl denen
unmittelbahren Ständen des Reichs Evangelischer Seiten, vermöge des Anno 1648.
aufgerichteten Friedensschlußes wie andere hohe Regalia also auch das Jus
Episcopale unstreitig zukommet, die hohe Obrigkeit auch nach Gelegenheit der
Umstände, an die gemeinen Rechte in Erörterung derer Sachen nicht allezeit
gebunden, sondern auch wohl zuweiln durch einen Machtspruch solche zu Ende
bringen kan. Dieweiln aber dennoch solch Jus Episcopale nicht dahin zielet, daß
|| [349]
der Weg gemeines Rechtens jemand abgeschnitten,
noch circa Processualia etwas ungewöhnliches disponiret werde, sondern ein jeder
mit seiner Nothdurfft zu hören ist, jedoch woferne eine sonderbahre maliz des
andern Theils zu spühren, ein Fürst Krafft der Landes-Fürstl. Hoheit, daß die
Sache summarisch abgethan und die sonst gewöhnlichen Solennitäten und apices des
Proceßes zurücke gesetzt werden mögen, wohl verordnen kan, zumahl ohnedem die
causae matrimoniales unter die summarias mit gehören; So mag zwar von desselben
gnädigen Herrschafft vigore Juris Episcopalis der von der S. befahrte Proceß per rescriptum so schlechterdings nicht aboliret Werden, sondern es wird dieselbe mit ihrer
Nothdurfft billich gehöret, es ist aber doch der Landes Fürstl. Herrschafft
gewisse Commissarios, die zuförderst von besagter S. das juramentum malitiae
abnehmen auch hiernechst die Sache ohne alle Weitläufftigkeit und Verzug mit
Ubergebung der sonst in ordentlichen Processen üblichen formalien schleunig
untersuchen und zu Ende bringen mögen, zu verordnen unbenommen, und ist derselbe
darumb anzusuchen wohl befugt V. R. W.
§. II. Als aber in eben diesen 96. Jahre in folgenden August(Ein anderes daß die Ehe wegen der Feindschafft / so
leichte nicht zu trennen.) Monath uns ein Ehemann, der schon mit
seiner Frau in die 23. Jahr in Ehestande unter vieler Wiederwärtigkeit gelebet
hatte, gleichfalls befragte, ob nicht die Ehescheidung statt hätte, bekam er
eine gantz andre Antwort. Und ob wohl dieses responsum nicht alleine in unseren
Nahmen, sondern auch in Nahmen der löblichen Theologischen Facultät allhier auf
Begehren abgefasset wurde; so würden wir doch eben also gesprochen haben, wenn
wir auch alleine gewesen wären, wie ein jeder leicht aus denen rationibus wird
abnehmen können.
Hat derselbe sich Anno 1673. mit Agnes Elisabethen C. ehelich trauen lassen, und
ungeachtet er vermeynet, daß ihm dieselbe schuldige Liebe und Gehorsam erweisen
würde, hat sie doch dessen Bericht nach vielmehr von Anfange her sehr
wiederwärtig sich bezeiget, da sie ihn nicht nur in der Haußhaltung gehindert,
und diejeuigen, deren er sich darinnen bedienet, verfolget, sondern auch
desselben Anverwandte gehasset, und ihre eigene mit ihm erzeugete Kinder
unchristlich tractiret und verfluchet, nicht minder ihn selbst jederzeit hefftig
injuriret, und sowohl ihn als die Kinder umbs Leben zubringen gedrohet,
absonderlich aber zu verschiedenen mahlen sich eigenmächtig von Tisch und Bette
abgesondert und solche Absonderung zu 1/4 und 1/2 Jahren continuiret. Hat
derselbe dieserwegen anno 1690. bey dem Churfürstlichen Consistorio zu St. über
dieses sein Ehe Weib sich beschweret, auch Commission erhalten, nicht weniger
als dieselbige auf die übergebenen articulos litem meistentheils negative
contestiret, gewisse Zeugen denominiret, so jedoch nicht abgehöret worden, und
es haben immitelst die Commissarii zwar die Versöhnung zwischen ihm und seinem
Weibe versuchet, jedoch weil diese solche ausgeschlagen, dazu
|| [350]
nicht gelangen können, dahero von dem Consistorio ad interim die
separate Wohnung besagten seines Weibes angeordnet; Hat derselbe bißhero dennoch
gehoffet, es würde sein Weib endlich zur Versöhnung sich bequemen, es hat aber
selbige sowohl gegen die Herren Geistlichen als abgeschickte Notarien, daß kein
Friede zwischen ihm sein würde, und sie die total-Scheidung verlangete, sich
vernehmen lassen, und es getrauet sich derselbe nicht, ohne Verletzung seines
Gewissens länger in seinen jetzigen Zustande zu leben, dahero er, ob er nicht
gäntzlich von seinem Weibe geschieden werden könne: berichtet seyn will: Hat
indessen mehr erwehntes sein Eheweib in einem an uns abgelassenen Schreiben, daß
eine gewisse Manns-Person, die derselbe bey sich im Hause habe, an dem zwischen
ihnen entstandenen Wiederwillen Ursach sey, angezeiget, und dabey, daß sie wenn
er der bewusten Manns Person sich entschlagen möchte, ihres Orths die Versöhnung
hertzlich verlange, auch demselben als einen treuen Ehegatten gebühret
beywohnen, und die Kinder Christlich erziehen wolle, sich darinnen beständig
erklähret, Ob nun wohl angeführet werden möchte, daß sein Weib ihn zu
verschiedenen mahlen Zeit währenden Ehestandes und zwar vornehmlich Anno 1677.
1678. 1684. 1685. 1686. 1687. und 1688. verlassen, sich eigenmächtig abgesondert
und das debitum conjugale denegiret, mithin aber die versprochene eheliche Treue
gebrochen, und sich derselben von Seiten seiner unwürdig gemachet; absonderlich
aber Anno 1690. ihn gäntzlich deseriret und außn Hause gezogen, und obschon die
Herren Geistliche besage derer deßwegen von sich gestellten attestatorum ihr aus
Gottes Worte beweglich zugeredet, sich mit ihme zu versöhnen, dennoch die
fernere Beywohnung gäntzlich abgeschlagen, solche denegatio aber pro malitiosa
defertione zu achten, deßwegen die total Separation sonst zuläßlich: Hiernechst
besagtes sein Weib nebst der jederzeit erwiesenen Saevitien gegen ihre eigene
Kinder, demselben nach dem Leben gestanden und mit Giffte zu vergeben getrachtet
/ auch Besage des sub E. befindlichen Instrumenti einsten zu der Magd, so ihme
Thee gekochet, daß man Gifft hinein thun solte, gesaget, und aber ausser allen
Zweiffel, daß per propositum occidendi fides conjugalis mehr verletzet wird, als
per malitiosam desertionem, umb deßwillen auch einige DD. in solchem Falle die
gäntzliche Ehescheidung zu lassen; Dieweiln aber dennoch wenn allenfalls die
vormahlige eigenthätige separationes bewiesen werden möchten, derselbe laut
seines eigenen Berichts seinem Weibe dasjenige was zwischen ihme und Ihr in
vorigen Jahren de Anno 1677. 78. &c. vorgangen, bereits condoniret und
zu verschiedenen mahlen sich mit ihr versöhnet, dahero auch darauff ferner nicht
zu sehen ist, und was die vorgegebene gäntzliche desertion so Anno 1690.
geschehen seyn soll, betrifft, nicht nur das Churfürstliche Consistorium, daß
sein Weib eine separate Wohnung beziehen möchte, vor rathsam gehalten und
eingewilliget, sondern auch derselbe damit ebenmäßig zu frie
|| [351]
den gewesen, und selbst gewisser Aliment Gelder sich mit
seinem Weibe vereiniget, bey welcher Bewandniß, wann sein Weib pendenre Processu
wieder zu ihn zukommen sich geweigert haben möchte, solches eben vor keine
boßhafftige desertion zu achten ist; Ferner was die Nachstellung nach den Leben
anlanget eines theils die gemeine Meynung derer meisten Rechtsgelehrten bißhero
gewesen, daß dieserwegen bloß die separatio quoad mensam & thorum,
keinesweges aber quoad ipsum vinculum statt habe, andern theils daß sein Weib
würcklich etwas wieder desselben Leben tentirt haben solle, sich nicht findet,
gestalt dann daß sein Weib aus Eyfer, (dazu derselbe vielleicht selbst, da er
nicht abredig ist, sie mit Schlägen tractiret zu haben, Anlaß geben) zu der Magd
gesagt haben solle, man sollte ihm Gifft hinein thun, pro insidiis realiter
structis nicht ausgegeben werden mag, zugeschweigen daß, was in dem documento
lit. E. Anna Sabina W. dieserwegen deponiret, testimonium testis unicae, non
juratae & domesticae ist, und dahero nichts beweiset, hiernechst sein
Weib in dem an uns abgelassenem Schreiben, daß sie ihres Orths sich mit ihm zu
versöhnen und ihm beyzuwohnen gantz willig sey, ernstlich contestiret, anbey
aber daß eine ihme sehr familiaire Manns-Person, so er bey sich haben soll,
Nahmens Daniel L. die eheliche Einigkeit verhindert, angezeiget, und dann
derselbe hierunter billich sein Hertz und Gewissen für GOtt zu prüffen, und zu
dessen Beruhigung die angetragene Versöhnung nicht auszuschlagen hat, nicht
weniger, damit solche umb soviel eher mit beyder Vergnügen erreichet werde, in
Betrachtung der wahren Eigenschafft des heiligen Ehestandes und der von GOtt
befohlnen Einigkeit derer Eheleute, Krafft deren ein Mann Vater und Mutter
verlassen, und seinem Weibe anhangensoll, er diejenige Manns-Person, durch
welche die eheliche Vertraulichkeit und Liebe bißher gehindert worden, von sich
zu thun, und sich derselben zu entschlagen, hingegen seinem Weibe mit
Bescheidenheit beyzuwohnen, und nebst selbiger die von GOtt bescherten Kinder
Christlich zu erziehen, in seinem Gewissen verbunden ist, insonderheit aber, daß
er nicht etwa Zeit währender Absonderung von seinem Ehe Weibe seine Neigung auf
eine andere Person richte, noch sein Gemüthe dahin wende, dadurch aber sein
Gewissen verletze und der Göttlichen Gnade sich verlustig mache, wohl
fürzusehen, und GOtt umb seinen Beystand ernstlich anzuruffen hat; so mag
demnach derselbe bey so gestalten Sachen von seinem Weibe noch zur Zeit mit
Recht nicht geschieden werden, sondern er ist die von ihr anerbothene Versöhnung
seines Orths mit Ernst, und durch Hinwegräumung der bißherigen Hindernüsse, zu
befördern verbunden V. R. W.
|| [352]
§ I.
(Wichtige rationes auf beyden
Seiten. Weitere Ausführung derselben für die Ehescheidung.)
ES ist eben nicht zu verwundern, wenn die Doctores bey Erörterung der Frage nicht
einerley Meynung sind: Ob die Ehe getrennet werden könne, wenn der eine Ehegatte
in eine incurable und ansteckende Kranckheit verfället, dergestalt daß der andre
Ehegatte ohne rechtmäßige Furcht inficiret zu werden ihn nicht ferner ehelich
beywohnen kan. Denn eines Theils scheinet pro affirmativa zu streiten; daß
solchergestalt ohne des gesunden Ehegatten Schuld der Haupt- und Nebenzweck des
Ehestandes, nehmlich die Kinderzeugung und Tilgung fleischlicher Lust nicht
ferner erhalten werden mag; andern Theils aber ist es der Natur des Ehestandes
zuwieder, daß ein Ehegatte, da er bey Antretung der Ehe dem andern versprochen,
dem andern in Creutz und Unglück beyzustehen und selbigen nicht zu verlassen,
dennoch wieder dieses Versprechen handeln und sich von ihm gäntzlich trennen
lassen wolte, zumahl wenn der Krancke Ehegatte dergleichen Kranckheit durch
Gottlosigkeit und liederliches Leben sich nicht zugezogen. Derowegen war es
nicht zu verwundern, daß auch Anno 1696. in Anfang des Jahrs unsere Facultät in
diesen Stück mit einen sonst berühmten Advocato nicht einerley Meynung war, als
derselbe uns eine Frage über diesen Handel zuschickte, und sich viel Mühe
gegeben hatte durch fleißig zusammengesuchte rationes uns zu bewegen, daß wir in
diesen Punct zu Trost seiner Clienten für die verlangte Ehescheidung sprechen
solten, wie die Beyfuge ausweiset.
Es hat Anno 1673. Sempronius ein Fürstlicher Officiant sich mit damahligen
Jungfer der Caja verlobet und zur Aussteuer ohne die Mobilien 200. Thlr. mit
versprochen bekommen; Ob er nun wohl flugs nach den Sponsalibus wahrgenommen,
daß ihr zuweilen einige Beulen in der Grösse einer halben Welschen Nuß unter dem
Gesichte und Armen aufgefahren, darbey sie grosse Hitze und Schmertzen
empfunden, hat man es doch dem Sempronio ausgeschwatzet und imprimiret, es hätte
die Caja die Haupt-Kranckheit gehabt, nach welcher Zeit sich
|| [353]
diese Beulen dann und wann an ihr ereignet, die sich wohl wieder
verlieren würden, womit sich Sempronius begütigen laßen und darauff daß
Eheversprechen mit ihr vollenzogen, hat auch mit ihr vier Jahr in gantz
vergnügendem Ehestande gelebet und zwey Kinder mit ihr gezeiget, von denen der
Sohn annoch am Leben ist: Nach Ablauff solcher vier Jahre aber hat sich das
malum latens erst recht hervor gethan, indem Caja in allen Gliedern grosses
Reissen bekommen, welches endlich an dem einem Arme zum offenen Schaden
ausgebrochen, hat aber nachdem so weit umb sich gegriffen, daß sie anderer
Oerther des Leibes zu geschweigen auch nicht einsten in Gesichte davon befreyet
geblieben, ist auch hin und wieder an Händen und Fussen nicht allein lahm,
sondern auch die Gelencke an den Fingern von der scharffen materia angegriffen
und inficiret worden, daß sie zum Theil gar heraus genommen werden müssen, wie
denn auch von dem fördersten Theil der Hirnschale ein Stücke heraus gefallen. Ob
nun gleich flugs anfangs Sempronius bewehrte Medicos & Chirurgos
consuliret, adhibiret, die auch allerhand dienliche und kostbahre Medicamenta
verschrieben und appliciret, hat doch nichts anschlagen wollen, sondern ist
vielmehr ihr Zufall und Kranckheit dadurch vergrössert und von Tage zu Tage
schlimmer worden, ja die Medici selbst desperiren nunmehro an ihrer
reconvalescentz, halten den affectum pro incurabili, und stellen darbeneben
denselben so gefährlich vor, daß man sich dabey einer Contagion zu besorgen
habe, weßwegen denn Sempronius so von Natur eckel nnd furchtsam ist, auf
gutbefinden seiner Freunde und metu contagionis sich ihrer nun etliche Jahr her
eusern und ihre Conservation meyden müssen, ihr aber doch nicht nur eine eigene
Magd zur Wartung und Handreichung gehalten, sondern auch Sie mit nöthiger Kost
und Verpflegung versehen, daß Sie keinen Mangel gehabt. Weil nun diese Caja 17.
gantzer Jahr durante matrimonio also kräncklich, über zehen Jahr aber gantz lahm
und bettlagerich gewesen, die weiter nicht kommen können, als wohin Sie mit
Tüchern durch die Magd gehoben und geböhret wird, und also weder des Sempronii
Haußhaltung versehen, noch Ihm, der doch noch ein vigoröser Mann ist, und des
Pauli continentz nicht hat, das debitum conjugale in so vielen und langen Jahren
nicht leisten können, So fraget es sich: ob denn zu Rechte kein Mittel zu finden
daß dieses unglüseelige Matrimonium quoad vinculum
dissolviret, und Ihm frey gegeben werden könne, sich an eine andere Person
anderweit zu verheyrathen? Da denn Sempronius vor sich anzuführen hat 1. was
insgemein gesaget zu werden pfleget, quod melius sit nubere, quam uri, als
welches insgemein nicht nur ad personas solutas, sondern auch auf solche
Personen, von denen gesaget werden kan, daß Sie mehr extra matrimonium als in
matrimonio lebeten, wie es dem Sempronio ergehet, appliciret werden kan, massen
durch anderweitlich verstattete Verheyrathung des Sempronii Gewis
|| [354]
sen gerathen, seine Haußhaltung verbessert und
vielen besorglichen Inconvenientien vorgebauet werden dürffte, zumahl da 2. Caja
quoad effectus juris pro civiliter mortua billig zu aestimiren in dem Sie wegen
ihrer Lähmnis an Gliedern, continuirlicher Bettlagerkeit und unheilsamen
Kranckheit weder die Haußhaltung zu führen noch Sempronio ehelich zu begegnen
capabel, also daß Sempronius finem matrimonii neque primarium neque secundarium
bey Ihr assequiren kan, wie denn 3. Sempronius als ein eckelhaffter und
furchtsamer Mann metu contagii leicht auch inficiret und angestecket werden
könte. Es wollen 4. die JCti auf gleichen Schlag, wenn eine Ehefrau mit dem
morbo gallico afficiret wird, propter metum contagii das divortium dem Marito
concediren und verstatten, dem dieser affectus cancrinus contagiosus &
incurabilis gar ähnlich kömmt, und pflichten 5. dieser Meynung die bewehrtesten
JCti mit bey. Nam si uxor fuerit leprosa, Lutherus marito sano permisit novum
matrimonium. Bruckner in decis. matrimonial. Cap. 23. n.
25. Idem statuit, si lue Venerea laboret, Dedeken. vol.
3. lib. 4. sect. 10. Num. 1. Dessen Worte Ich kürtzlich hierher tragen
muß: Sarcerius im Buch von dem Ehestande hat etlicher
Herren Theologen Bedencken in zweyen Fällen als wegen
des Aussatzes und denn wegen der fressenden Frantzosen (so ein Ehegemahl
dergestalt dadurch verderbet, daß es dem andern die schuldige Pflicht nicht
leisten kan) zusammen gebracht und getragen, daß dem gesunden Theil wegen seines
Gewissens zu helffen, und Ihm sich anderweit zu verehelichen zu erlauben seyn
solle, damir Er in Hurerey nicht verderbe; Gleich ergestalt wird in casu furoris insanabilis geschlossen, jedoch
dergestalt / daß der krancke Ehegatte mit nothwendiger Unterhaltung gebührlich
zuversehen. Gleicher Meynung ist Beust. de Matrim. cap.
XI. cujus haec sunt verba; Sed hic quaeritur quid illis respondendum sit,
qui se continere non possunt, & quaerunt Consilium a Consistoriis ut
ipsarum conscientiis consulatur. Et Sarcer in libell. de causis matrimon. p.
189. & 230. collegit nonnullorum Theologorum judicia in duobus casibus,
nempe in casu leprae & in casu morbi incurabilis, ubi concludit, parti
recte valenti permittendum esse hoc casu aliud matrimonium inire, si se
continere nequeat, quod & in casu furoris insanabilis fieri posse idem
Sarcerius statuit, ita tamen, ut personae aegrae quae restitui non potest, de
alimentis & aliis rebus necessariis provideatur. Et ita etiam sentit
Bruckner d. c. 23. n. 34. qui Renneman. Richter. Danaeum
& Aretium allegat consentientes. Ob nun wohl hierwieder eingewendet
werden könte 1. quod non sint separandi, quos Deus conjuxit, 2. weil man zu
rechte nur gewisse Ursachen hat, weßwegen zur Erscheidung geschritten werden
könne, darunter Morbus, etiamsi incurabilis & contagiosus nicht zu
rechnen, und also müste 3.
|| [355]
Sempronius sich nicht
lassen entgegen und zuwieder seyn, was darante matrimonio seiner Ehefrauen
begegnet, cum maritus debeat esse particeps infortuniorum uxoris L. si cum dotem 22. §. 7. ff. solut. matrimon. Man müste
4. bey solchen Begebenheiten das liebe Gebeth zur Hand nehmen und mit dem
krancken Ehegatten Gedult haben, zumahl es 6. ein grösser Aergernis abgeben
würde, wenn man vivente adhuc prima uxore gestatten wolte, daß der maritus sich
anderweit verheyrathen solte. Allein dieses alles läst man in thesi gut seyn, es
will sich aber ad hypothesin nicht appliciren lassen, noch des Sempronii
conscientz tranquilliren, denn bey dem 1. hat man billig inter regulam &
inter exceptionem zu distinguiren, weil, wenn man diese Regul so gar
universaliter nehmen wolte, so müste auch ob adulterium, malitiosam desertionem,
& continuam debiti conjugalis denegationem keine Separation geschehen
können, welches doch die JCti zulassen: Bey dem 2. werden zwar die gemeinesten
causae divortii referiret, deßwegen aber sind diejenigen so aeque praegnantes
& relevantes sind, nicht außgeschlossen, und ist dahin mit morbus
incurabilis & contagiosus zu referiren, wie droben gedacht ist, und muß
freylich 3. ein Ehegatte mit dem andern in die Gelegenheit sehen und mit ihm
Gedult haben, wenn sein Ubelstand nicht allzu langweilig, unerträglich,
gefährlich, inficirend und ansteckend ist, wie denn in dem allegirten Textu in
verbis sequentibus, allwo von dem forore juncto cum ferocitate gehandelt wird:
des Sempronii Meynung mehr beygepflichtet als geunbilliget wird, verb. licentia
erit compoti mentis personae furenti nuntium mittere, ne in damnum alterutra
pars incidat. d. L. 22. §. 7. ff. solut. Matrimon. Es
hat 4. Sempronius das liebe Gebet keinen Tag unterlassen, weil aber die remedia
Spiritualia nicht zureichen noch verfangen wollen, cum frigeant verba
consolantium, und Sempronius sich aus dem Comico zu schützen pfleget tu si hic
esses aliter sentires, So wird Ihm auf keine andere Art als remedio novi
conjugii zu rathen seyn. Bruckner d. decis. 23. n. 48.
Man hat sich auch 5. keines scandali zu besorgen, massen die Concessio novi
matrimonii nicht promiscue, sondern nur in hoc casu summae necessitatis
zuverstatten und zwar andergestalt nicht als dispensante & consentiente
Magistratu, cui jus Episcopale competit, welches weil es ein Personal Werck ist,
in consequens nicht gezogen, noch in praesenti casu von privatis ungleich
gedeutet werden muß, ja die JCti sagen hieraufs quod ad avertendum scandalum,
quod male informati acciperepossent, non sit scandalum dandum, quod fierit, si
Conjux sanus sine auxilio relinqueretur. Bruckner d. l. n.
47. als welches auf ein grösser Aergernis hinaus lauffen wolte, und
dürffte hier wohl inter scandalum datum & acceptum distinguiret werden
müssen, Wenn denn nun Sempronius, wie weit Er dießfalls zu rechte fundiret, gern
benachrichtiget seyn wolte und mich ersu
|| [356]
chet,
diese Sache auf ein und das andere Juristen Collegium mit einer
Special-Urthels-Frage zu verschicken, und nun E. Hoch-Edl. und Hochgl. Herrl.
wegen Ihrer dexterität und verspührten grossen Fleisses Ich dießfalls vor andern
eligiret, So habe Ich an Sie diese Sache zuförderst überschicken und gelangen
lassen wollen, Ist demnach &c.
(Responsum wieder die verlangte
Ehescheidung / nebst etlichen Neben-Anmerckungen.)
§. II. Ob wir uns nun wohl bemühet, die uns vorgebrachten dubia zwar kurtz jedoch
deutlich und verständiglich zu beantworten, wie unser folgendes
responsumgenugsam zeigen wird, so waren doch auch noch über dieses einige
rationes, wiewohl secundariae, die uns umb so viel mehr abhielten, daß wir nach
des Herrn Quaerentis Verlangen nicht sprechen konten. Denn, wenn der Cliente
Anno 1673. geheyrathet hätte, und bey Anfang dieser seiner Heyrath nur etwa
vermuthlich 25. Jahr alt mochte gewesen seyn, so war augenscheinlich, daß er zur
Zeit der an uns abgegangenen Frage dem 50. Jahr sehr nahe war, und
solchergestalt die nunmehro erst vorgegebene Reitzungen, mehr schienen ein
praetext einer andern verborgenen Ursache, warumb er itzo erst die Ehescheidung
suchte, zu seyn, als daß sich selbige in der That so verhalten haben solte. Zum
andern war auch nach Beschreibung des Zustandes von dem krancken Ehe Weibe zu
vermuthen, daß dieselbe ohne dem nicht mehr lange leben, und er der Ehemann
wahrscheinlich seine Freyheit wider zu heyrathen viel ehe erhalten würde; als
wenn er durch unser responsum angereitzet die Ehescheidung bey dem Consistorio
suchen, und das Ende des Processes auswarten, durch den angestellten Process
aber die Gemüther von beyden Theilen dabey immer mehr und mehr verbittert werden
solten &c.
Hat Sempronius Anno 1673. sich mit der Caja verlobet, und ungeachtet er bald nach
der Verlobung wahrgenommen, das derselben zuweilen einige Beulen unter dem
Gesichte und Armen aufgefahren, dabey sie grosse Hitze und Schmertzen empfunden
hat, er dennoch als ihm berichtet, daß solches von einer vorher gehabten Haupt
Kranckheit herrühre, und sich wohl wieder verliehren würde, das Eheversprechen
mit ihr vollzogen, auch in die 4. Jahr einen vergnügten Ehestand geführet und 2.
Kinder gezielet. Hat sich nach Ablauff solcher 4. Jahr das malum erst recht
herfür gethan, indem Caja in allen Gliedern groß Reissen bekommen, so endlich an
dem einem Arme zum offenen Schaden ausgebrochen, auch nach diesem andere Oerther
des Leibes angegriffen, nicht weniger ist Caja an Händen und Füssen gantz lahm
und die Gelencke an den Fingern dermassen inficiret worden, daß sie zum Theil
heraus genommen werden müssen, wie denn auch aus dem vordern Theil der
Hirnschale ein Stück herausgefallen: ferner Sempronius seit währender Kranckheit
|| [357]
nunmehro in die 17. an allen ersinnlichen
kostbahren Artzeney Mitteln zwar nichts ermangeln lassen, nichts desto minder
ist der Cajae Zufall von Tage zu Tage schlimmer worden, so daß die Medici an
ihrer Genesung selbst zweiffeln und den Affectum pro incurabili halten, auch so
gefährlich vorstellen, daß man sich dabey einer Contagion zu besorgen, und es
hat die Caja da sie nunmehro in die 10. Jahr, gantz lahm und bettlägerig
gewesen, und weiter nicht kommen können, als wohin sie die Magd mit Tüchern
gehoben, weder des Sempronii Haußhaltung versehen, noch demselben die eheliche
Pflicht leisten können, immittelst befindet sich derselbe noch in einen so
vigorösen Alter daß er sich länger zu enthalten nicht getrauet, dahero der Hr.
berichtet seyn will, Ob nicht dieses unglückseelige Matrimonium quoad vineulum getrennet, und Sempronio sich anderweit zu verheyrathen nachgelassen werden könne: Ob nun
wohl derselbe vor Sempronium anfänglich anführet, daß von dem Apostel 1. Cor. 7.
v. 9. gesagt werde: es sey besser freyen als Brunst leiden, welches ob rationis
generalitatem nicht nur von ehelosen Personen, sondern auch von denenjenigen
Eheleuten, da der eine Theil die eheliche Pflicht zuleisten nicht vermöchte, und
selbige mehr ausser als in der Ehe lebeten zu verstehen sey, hierdurch auch des
Sempronii Gewissen gerathen, dessen Haußhaltung verbessert, und vielen
besorglichen Inconvenientien abgeholffen werden würde, hiernechst aber die Caja,
da sie wegen stetwehrender Bettlägerichkeit weder die Haußhaltung zu führen noch
dem Sempronio ehelich zu begegnen geschickt, pro civiliter mortua und weil weder
finis primarius noch secundarius matrimonii mehr zu erlangen, die Ehe selbst vor
erloschen billig zu halten wäre, überdiß der Sempronius sich seines Orths eines
Contagii zu befahren, im übrigen aber von denen Doctoribus die dissolutio
matrimonii ob morbum gallicum zugelassen würde, welchem dieser affectus
cancrinus incurabilis billig gleich zu achten, und endlich der in Bericht
angeführte Brücknerus in decisionibus matrimonialibus die affirmativam
quaestionis weitläufftig ausgeführet hätte; Dieweiln aber dennoch auch bey denen
Protestirenden so wohl von denen Theologis als ICtis keine andere Ursachen der
dissolutionis matrimonii quoad vinculum als Ehebruch und malitiosa desertio oder
was zu diesen beyden Stücken gerechnet werden kan, zugelassen werden, nicht
weniger per observantiam Judiciorum Ecclesiasticorum ausgemacht, daß weder
furor, noch impotentia oder morbus contagiosus superveniens die Ehe gäntzlich
zertrennen könne, es sey denn daß der eine Theil durch seine Schuld oder Boßheit
sich dergleichen Zufall zugezogen, und sich zur ehelicher Pflicht untüchtig
gemacht hätte, ausser deme aber der eine Ehegatte des andern Unglück dem bey der
Copulirung vor Gottes Angesicht beschehenen Versprechen nach, billig mit Gedult
zu tragen hat, wie dann in gegenwärtigen Fall daß die Caja ihren Zufall selbst
verursachet, nicht zu finden, ingleichen solcher allerdings da er erst
|| [358]
4. Jahr nach getroffener Ehe sich mercklich herfür
gethan, pro morbo & postea exinde orta impotentia concumbendi
superveniente zu achten; hiernechst was dasjenige so Sempronio zum besten
angeführet werden könnte, und zwar anfänglich des Apostels in dem angezogenen
Orthe enthaltene Meynung anlanget, solche von denen Theologis unserer Kirchen
nur von Ehelosen Personen verstanden wird, inmassen dann der Apostel in dem
vorhergehenden 8ten versicul daß er dieses denen ledigen und Witben sage,
ausdrücklich meldet / bey welcher Bewandniß es auf verehlichte Personen nicht
extendiret, weniger zu Tranquillirung des Gewissens ein unzuläßliges Mittel
gebrauchet werden mag, hingegen Sempronius durch eifriges Gebeth umb Gedult,
auch durch Fasten, Wachen und geziemende Arbeit, dem fleischlichen Triebe zu
wiederstehen und von GOtt der Hülffe die er ihm nun in die 10. Jahr geleistet,
ferner zu erwarten hat, und wiewohl er vermeynet, daß solche Mittel nicht
zureichen wollen? dennoch kein Zweiffel, wann solche mit gebührenden und rechtem
Ernste ergriffen werden möchte, GOtt seine Gnade dazu geben werde, inmassen dann
Lutherus in seinem Büchlein vom ehelichen Leben in fin. Part.
2. Tom. 2. Altenb. p. 215. das Vorgeben, man könne sich nicht
enthalten, vor sehr unwahrscheinlich hält, immittelst Sempronius seine
Haußhaltung durch andere und zwar die fleischlichen Begierden nicht reitzende
Personen führen lassen kan, ferner die Ehe unter denen Christen keines weges per
mortem civilem aufhöret, noch solche wann sie einmahl würcklich vollzogen
cessante fine aufgehoben wird, nechstdem wegen des besorgenden Contagii
Sempronius zwar der Cajae die eheliche Pflicht zu leisten nicht angehalten
werden, jedoch auch deshalber, die gäntzliche dissolutionem matrimonii nicht
erlangen mag, überdiß was die Doctores von Zertrennung der Ehe ob morbum
gallicum statuiren, von dem casu, wann der eine Ehegatte sich solchen durch
seine Schuld zu gezogen, und welcher so dann zur malitiosa desertione zu
rechnen, verstanden werden muß, im übrigen aber Brucknerus an angezogenen Orthe
selbst gestehet, daß in praxi das Contrarium von seiner Meynung observiret
werde? und Collegia Juridica nicht sowohl auf speculationes Theoreticas, als was
durch gemeine Rechte hergebracht, zu sprechen angewiesen sind. So erscheinet
daraus allenthalben so viel, daß des Sempronii und Cajae matrimonium quoad
vincusum nicht getrennet, noch Sempronio sich anderweit zu verheyrathen
gestalten Sachen nach nachgelassen werden könne V. R. W.
|| [359]
XVII. Handel. Von der Freyheit der Gelehrten die hämmernden und pochenden
Handwercker aus der Nachbarschafft zu treiben.
§. I.
IN Junio 1695. wurden uns von Görlitz acta zugeschicht ein Urtheil(Umbstände des Handels / die dem Beklagten zu statten
kommen.) darüber zu fällen. Die Sache bestand kürtzlich darinnen. Der
dortige Rector, Pro-rector und Sub-Rector hatten sich über einen benachbarten
Goldschmid, der vor kurtzer Zeit ein Hauß in der Nachbarschafft erhandelt hatte,
beklaget, daß er bey Treibung seines Handwercks mit seinen schlagen und hämmern
sie dergestalt incommodire, daß weder in ihren Studierstuben sie ihre Schul
meditationes haben, noch in dem Auditorio die praeceptores und Schüler einander
verstehen könten. Die Kläger gründeten sich auf l. un. C. de stud. liber. urb.
Rom. und baten den Goldschmid dahin zu condemniren, daß er das hämmern bleiben
lassen, oder weichen müste, Beklagter excipirte, daß Klägere es gewust, daß er
das Hauß gekaufft, und repariren lassen, hätten aber dazu stille geschwiegen, ja
des Rectoris Ehefrau hätte Beklagtens Schwieger Mutter Glück dazu gewünschet,
deferirte auch wegen dieser Wissenschafft denen Klägern das Jurament; so sey es
auch ferner bereit über ein Jahr, daß er seine Arbeit darinnen getrieben. Ferner
wäre der allegirte l. un. Cod. in Görlitz nicht in observanz, inmassen in der
Stadt hin und wieder Handwercker mitten unter denen Gelehrten wohneten, die mit
hämmern und pochen ihr Handwerck täglich trieben, davon er etliche Exempel
angeführet und bescheiniget: so hatte er auch über dieses durch eydlicher Zeugen
Aussage beygebracht, daß ehedessen in dem Gäßgen wo er wohnete ein Huffschmid
gewohnet, und sein Handwerck daselbst getrieben, ingleichen daß in dem Hause
quaestionis selbst ein Bötticher und ein Rothgiesser gewohnet und Ihre
Handwercke exerciret hätten.
§. II. Nichts destoweniger fiel das Urtheil dahinaus, daß Beklagter(Deren Beantwortung nebst unsern Urtheil.) sich
des Gebrauchs seines Handwercks in so weit solches ohne hämmern nnd schlagen
nicht geschehen kan, in dem quaestionirten Hause gestalten Sachen nach zu
enthalten schuldig, jedoch compensatis ex
|| [360]
pensis. Denn es hatten Klägere in actis auff Beklagtens exceptiones
repliciret, daß wenn gleich Sie denn Haußkauff gewust hätten, so hätten sie
dennoch durch dieses ihr Stillschweigen sich ihres Privilegii nicht begeben, und
hätte dannenhero die von Beklagten deßfalls geschehene delatio juramenti nicht
statt, zu geschweigen daß sie durch dieses ihr Stillschweigen weder ihren
successoribus, noch denen Schülern in auditorio hätten praejudiciren können.
Gleichergestalt hätten auch ihre Vorgänger die ihr privilegium nicht gebraucht,
ihnen nicht praejudiciren können: so hätten auch hiernächst die Zeugen
ausgesagt, daß etliche von denen angegebenen Handwerckern in dem Gäßgen eher als
die litterati da gewohnet hätten, und was den Schmid beträffe, so hätte derselbe
seinen Laden gegen den Marckt zu gehabt, und wäre auch damahls Krieg in Lande
gewesen. Was den Bötticher anlangete, führeten Klägere an, daß wenn gleich
erwiesen wäre, daß derselbe sein Handwerck in Hause getrieben hätte, so wäre
doch dessen pochen so verdrießlich nicht, als das hämmern eines Goldschmids, und
wolten über dieses 2. alte abgehörte Zeugen von diesen Bötticher nicht wissen;
dem Rothgiesser aber wäre zu zweyen unterschiedenen mahlen inhibiret worden, daß
er sein Handwerck in dem Hause nicht über solte, ja es hätte auch ein Schlösser
vormahls aus eben dieser Ursache das Hauß nicht kauffen dörffen &c.
(Gemeine Meynung der Juristen von diesen Privilegio der Gelehrten.)
§. III. An dem Privilegio selbst wurde deßwegen von uns nicht gezweiffelt / weil
eines theils der Beklagte dawieder in thesi nichts eingewendet, andern theils
aber die ICti insgemein dasselbe für ausgemacht halten. Perez ad d. tit. Cod. de stud. lieber al. n. 7. führet die raison an, weil
die Professores liberalium artium & legum durch ihre Lehren die gantze
Welt erleuchteten, und das gemeine Wesen in beständigen Flor erhielten, denn
auch Brunnemann ad d. l un. Cod. beyflichtet, und
Carpzovius Part. II. Constit. 37. def. 23. dasselbige
mit mehrern bekräfftiget, auch zugleich anführet daß die Schöppen zu Leipzig
Anno 1630. deßhalben erkannt hätten, daß ein Huffschmid sich umb eine andre
Wohnung umb zuthun schuldig, und sein Mieth-Contract cassiret seyn solte. So
führet auch Richter in seiner Expositione authenticae habita
C. ne filius pro patre p. 50. seq, zwey ausführliche responsa der
Juristen Facultäten zu Leipzig und Jena de anno 1617. an, daß die Doctores auch
an Orten, wo keine Universitäten wären, allerdings befugt wären, Schmiede,
Bötticher, Schlösser, Wagener u. d. g. zu verhindern, daß sie in ihrer
Nachbarschafft nicht wohnen dürfften. Ja der bekandte Frantzösische Juriste
Petrus Rebuffus, der umb die Mitte des 16. Seculi zu Montpel
|| [361]
lier floriret, und dessen artiges Buch de Privilegiis
Universitatum &c. Anno 1575. zu Franckfurt nachgedruckt worden, hat
unter denen 180. von ihm angeführten privilegiis, privil. 3.
p. 12. seq. dieses privilegium auch auf alle Studiosos extendirt, und
selbiges nebst andern aus dem lege aedificia Cod. de aedif.
publ. (soll wohl heissen de oper. publ.)
hergeleitet, und dabey erwehnet, daß er selbst dasselbe zu Montpelier
practiciret, indem er einen Leinweber nicht wegen Pochens und Hämmerns, sondern
nur, weil er sich angewöhnet mit lauter Stimme zu singen, und ihn an seinen
studiren gehindert hätte, dahin gebracht, daß, weil er dieses laute singen nicht
unterlassen wollen, er anderswo einmiethen müssen; wannenhero er auch noch
weiter gehet, und behauptet, daß man auch einen Studenten aufferlegen könte, daß
er sein lautes Lesen, durch welches er die benachbarte an ihren studiren
hindere, unterwegens lasse, oder anders wohin ziehe; ingleichen daß man auch
solche Handwercker, die einen Gestanck verursachten als z. E. die Gerber, und
die mit Schweffel arbeiteten aus der Nachbarschafft jagen möge; und wenn es auch
der Satan selbst wäre, so wäre man doch nach eines Glossatoris Meynung befugt,
demselben zu verbieten, daß er kein Lermen in einen Hause machen solte, nur wäre
es zu betauren, daß man nicht leicht einen Gerichts Knecht fände, der ihm dieses
mündlich andeuten oder die schrifftliche inhibition insinuiren wolte; doch hätte
man von dieser ampliation den Nutzen, daß, wenn ein Mietmann aus Furcht für
denen Gespenstern, und, weil er wegen des Teufflischen Turnierens nicht länger
in dem Hause bleiben könne, auszuziehen genöthiget wurde, er so dann keinen
Mietzins ferner zu zahlen schuldig wäre u. s. w. Ja es hält noch über dieses
Rebuffus das privilegium, die verdrießlichen Handwercker wegzujagen, für so
wichtig, daß er in denen gleich drauff folgenden 4. 5. und 6. privilegiis p. 16.
seq. mit vielen allegatis legum & doctorum behauptet, daß dieser Handel
wieder die, so die Studenten und Gelehrten in ihren studiren turbirten, auch in
Feyertagen, ja, wenn es die Noth erforderte, auch an Sonn- und Geistlichen
Fest-Tagen, solte vorgenommen und ohne weitläufftigen Proceß gantz summarisch
tractiret werden, und zwar dergestalt, daß nicht einmahl denen Schmieden,
Böttichern und dergleichen zu vergönnen wäre, wieder den Bescheid, daß sie weg
ziehen solten, zu appelliren, weil sonsten die Gelehrten oder Studenten würden
gezwungen werden ihr studiren zu verlassen, theils weil sie die Zeit auf die
appellation würden wen
|| [362]
den müssen, theils weil
der appellirende Handwercksmann Zeit währender appellation sein Gehämmere und
Gepoche aus Boßheit dergestalt vermehren würde, daß der Studente wohl gezwungen
werden dörffte, aus Verdruß das studiren gantz und gar zu quittiren, u. s. w.
(Unterschiedene Anmerckungen von Ursprung / Mißbrauch / und
heutigen Gebrauch dieses Privilegii.)
§. IV. Nun will ich zwar itzo keinesweges dieses privilegium als was unbilliges
anfechten, sondern ich halte es vor sehr billich, wenn rechte Gelehrte und die
nicht nur den Titel führen, ja auch wenn Studiosi, (da sie nehmlich auf denen
Collegiis wohnhafft sind) bey diesen privilegio geschützet werden. Jedoch ist
auch kein Zweiffel, daß dieses privilegium öffters gemißbrauchet werde, und daß
selbiges aus dem dicksten und ungehobelten Papstthum seinen Ursprung habe.
Dannenhero würde ein Gelehrter nicht übel thun, wenn er etwa einmahl eine
disputation von Ursprung, Fortgang, auch Mißbrauch dieses privilegii und dessen
heutiger praxi auf Evangelischen Universitäten verfertigte. Meine Gedancken
davon sind kürtzlich folgende. Ob man schon dieses privilegium aus dem lege
unica Cod. de stud. lib. urb. Rom. & Constant.
herzuleiten pfleget, so ist doch in selbigen lege nicht allein kein Wort hiervon
anzutreffen, sondern man würde auch den Text auf die irraisonableste Weise
foltern müssen, wenn man ein vernünfftiges und gesundes argument daraus zu
erzwingen gesonnen wäre: wannenhero auch nicht zu verwundern, daß Jacobus
Gothofredus in seinen unvergleichlichen Commentario über den Codicem
Theodosianum und diesen besagten legem, ingleichen der vortreffliche Medicus,
der der Evangelischen Jurisprudenz zu erst den Staaren hat stechen helffen,
Hermannus Conring, in einer eigenen dissertation, die er schon für 60. Jahren
über diesen legem herausgegeben sich nicht das geringste davon träumen lassen,
daß das gerühmte privilegium darinnen enthalten wäre, oder sich in diesen lege
versteckt hätte. Mit dem lege AEdificia Cod. de oper.
publ. hat es eben diese Bewandnüß, ob wohl Rebuffus gemeynet denselben eher
auf unser privilegium zu zerren, als den legem de stud. liber. So sind auch
hiernechst die Ursachen, warumb dieses privilegium ertheilet seyn solte, sehr
zweiffelhafft, ohnerachtet sie Perez so hingesetzt. Daß die gantze Welt durch
die Universitäts Professor so vortrefflich wäre erleuchtet worden stehet zwar
mit klaren und deutlichen Worten in der authentica habita C.
ne Fil. pro patre. aber das beste ist, daß die leges und authenticae
keine Glaubens-Artickul sind, und weiset vielmehr die gantze Historie von
Ursprung der Universitäten, daß
|| [363]
der Papst dieselbe
deshalb eingeführet, daß die politische Welt durch die Nase Weißheit der Mönche
und Pfaffen als durch ein falsches Licht solte verblendet oder gar blind werden.
Ja man darff nur der beyden Catholischen berühmten Männer, des Erasmi und
Ludovici Vivis, encomium Moriae, und de causis corruptarum artium lesen, (des
Henrici Cornelii Agrippae tractat de vanitate scientiarum zu geschweigen) so
wird man, wenn man nicht gantz tumm ist, oder seyn will, dieser Wahrheit
vergewissert werden. Daß nun ferner, wie Perez schreibet, die von denen Päpsten
dependirende Professores das gemeine Wesen in beständigen Flor zu erhalten
hätten helffen sollen / davon kan man aus dem was allbereit gemeldet worden,
leichte urtheilen. Die Authentica habita getrauet sich selbst nicht einmahl
dieses zu sagen; sondern sie meldet nur, daß die Professores die Studenten
unterwiesen, daß die Unterthanen GOtt und dem Käyser als dessen Diener gehorchen
solten (& ad obiendum Deo, & nobis ejus ministris vita
subjectorum informatur) welche Redens Art in sensu mystico Juris Canonici so
viel bedeutet, daß die Leyen (denn die Clerisey rechnete sich schon damahlen
nicht unter die Unterthanen der weltlichen Obrigkeit) zu erst dem heiligen Vater
Papst als Gottes Stadthalter, und alsdenn erst dem Käyser / als des Papsts
Steigbügelhalter, und Füsse Küsser gehorchen solten. (Denn daß der Käyser der
Pfaffen Knecht sey, hat schon zu seiner Zeit Joannes Sarisberiensis, der in 12.
Seculo floriret, sich nicht gescheuet zu lehren, de nugis curialium lib. 4. cap.
3.) Ob nun hierdurch das gemeine Beste erhalten werde kan ein jeder
vernünfftiger, wenn er auch gleich Catholisch ist, selbst ermessen. Kurtz von
der Sache zu kommen: die meisten Privilegia der hohen Schulen und ihrer Lehrer
kommen von denen faulen, eigensinnigen und commoden München und ihren Wesen her,
mit denen auch die ersten hohen Schulen als mit Lehrern besetzt worden: von
diesen haben hernach die Zuhörer alles als Evangelia angenommen, und
irraitonable Dinge immer mehr und mehr ausgebreitet, Demnach kömt mir sehr
wahrscheinlich vor, daß Bartolus und etliche andre Glossatores über l. 1. ff. solut. matrim. (wie selbige auch Rebuffus an
besagten Orte citirt) mit von denen ersten gewesen, die dieses
privilegiumerdacht, oder doch in Ansehen und praxin gebracht, wiewohl es sich
eben so zierlich auf den angeführten legem primam als auf die beyden oberwehnten
aus dem Codice schickt, nehmlich wie eine Faust auf das Auge. Wer
|| [364]
sonst in grossen und volckreichen Städten wohnen
will, wornach auch vielen Professoribus ihr Wunsch stehet der muß sich auch
angewöhnen, daß er unter hämmern und klopffen ja so wohl, als unter Lauten der
Klocken, und unter allerhand andern Tumult auf denen Gassen und Strassen,
studiren und meditiren kan. Ist er dazu nicht capable, so muß er sich auch nicht
verdriessen lassen, daß ihn Mons. Boileau auslacht, wenn er schon noch so
hertzbrechend ausruffet und sich beklaget.
Tout conspire à la fois à troubler mon repos Et je me plains icy du moindre de mes maux. Car à peine les coqs commencant leur ramage, Auront de cris aîgus frappè le voisinage: Qv’ un affreux serrurier, qve le Ciel en courroux A fait, pour mes pechez trop voisin de chez nous, A vec un fer maudit, qu’ à grand brúit il apprete, De cent coups de marteau me va fendre la tête. J’entens deja par tous les charrettes courir, Les massons travailler, les boutiquess’ ouvrir, Tandis, que dans les airs mille cloches émües, D’un funebre concert font retentir les nües, Et se melant au bruit de la grêle & des vents, Pour honores les morts, font mourir les vivans. &c. Zugeschweigen daß das Singen der Nachbar, einen der meditiren will, noch nachdrücklicher daran zu hindern capable ist; als alles hämmern, schlagen, und pochen, und dannenhero auch Rebuffus gemeldet, daß er Vermöge dieses privilegii einen Weber des blossen Singens halber aus seiner Nachbarschafft gebracht. Alleine was die heutige praxin betrifft, wird man schwerlich ein Exempel beybringen können, daß ein Gelehrter auch die Singe Handwercke sub praetextu privilegii ex l. un. Cod. de studiis lieberal. sich von Halse hätte schaffen können, und entsinne ich mich noch, daß als ich in Leipzig mich ad praxin zu bequemen anfieng, damahls ein sehr berühmter JCtus und erfahrner Practicus gegen mich und andre sich beklagte, daß er einen Schuster gegen über wohnen hätte, dessen drey Gesellen, sonderlich des Sommers, wenn sie bey offenen Fenstern von frühe morgends bis Abends mit sehr hellklingenden Stimmen bald geistliche bald weltliche Lieder an
|| [365]
stimmeten, ihn an seiner
Arbeit und meditiren unbeschreiblich hinderten, und das er tausend mahl lieber
einen Schmid oder Bötticher wolte in seiner Nachbarschafft haben; indem das
Hämmern und Klopffen seinen gewissen und wenig oder nichts bedeutenden Thon
hätte, dessen man bald gewohnet würde; aber das Singen erweckte bey dem Hörenden
eine stetwährende attention wegen der vielerley Bedeutungen der unterschiedenen
Gesänge, und hinderten also den anhörenden Nachbar, daß er nicht zugleich auff
das Seinige zu dencken capable wäre. Kan und muß sich nun ein Gelehrter in
Gedult faßen, der ein solch Singehandwerck in der Rähelhat; so dächte ich könte
er sich auch (guten Theils) in Gedult fassen, wenn er einen hämmernden und
pochenden Nachbar hat, oder sich mit demselben in Güte abfinden, daß er ihn und
seine Auditores zu etlichen wenigen gewissen Stunden da gelesen würde, nicht
turbirte. Dannenhero habe ich für etlichen Jahren, als ich von einen guten
Freund aus einer berühmten Stadt mündlich befragt wurde, folgenden Rath gegeben.
Dieser beklagte sich, daß fast alle Abend, wenn er am nöthigsten zu studiren und
zu arbeiten hätte, er etliche Stunden nach einander theils von Bettelkindern,
theils von alten Müßiggängern, die nicht arbeiten wolten, darangehindert würde,
indem diese bey Nacht und in Finstern von Hause zu Hause giengen und mit
Absingung geistlicher Lieder ihn den Kopff so wüste machten, daß er vor Ungedult
bersten möchte; indem wenn eine Parthey fertig wäre, die andern von neuen
anfienge, dergestalt, daß dieses Geplerre und Geschrey öffters biß die
Mitternacht währete. Derwegen bate er mich, ihn zu rathen, ob er nicht
dieserwegen an gehörigen Ort sich zu beschweren, oder das Geld, was er bißher
alle Viertel-Jahr in die Armen Casse zu geben pflegte, künfftig biß diese
Unordnung gehoben worden, zurück zu behalten befugt wäre. Ich antwortete, daß er
freylich denen Rechten nach solches zu thun wohl befugt wäre, aber daß ich ihn
dennoch als ein guter Freund dazu nicht rathen wolte. Er solte ja gegen niemand
anders dasjenige ferner sagen, daß er für Ungedult bersten wolte: Den seine
Feinde würden sonst daher Gelegenheit nehmen, sich über ihn zu mocquiren. Zudem
würde er wohl schon in seiner Jugend gehöret haben, daß Gedult (keinesweges aber
eine berstende Ungedult) alles überwinde: Ich fragte ihn hierbey, ob er denn
auch selbst denen singen den Bettelleuten eine Allmosen gäbe, und da er
antwortete, daß es es nicht thäte, und daß dannenhero auch solche Sänger selten
für seine Thüre kämen; riethe ich ihn,
|| [366]
er solte
sehen, daß er seine Nachbarn mit guten Worten dahin disponirte, daß sie
gleichfalls diese Bettler abwiesen, so wäre diese Unart ohne Klagen und
Beschwerung gehoben. Wenn er aber diese nicht dazu bringen könte, würde es viel
schwerer hergehen, wenn er sich bey der Landes-Obrigkeit über diejenigen, die
diesen Unfug billich steuren solten und es doch nicht thäten / beschwerete; Es
könten wohl dergleichen Erinnerungen ohne Klagen und Hefftigkeit in einen
discurs geschehen, wenn man mit Leuten, die solche Unordnungen verbieten solten,
in Gesellschafft wäre; aber zu klagen könte ich nicht rathen. Wer von Jugend
anff nicht verzärtelt, oder auff münchische Art aufferzogen wäre, könne sich
wohl angewöhnen auch bey grossen euserlichen Tumult und Geschrey zu studiren,
auch nützliche oder tieffsinnige Dinge zu meditiren. Es ist ja von Archimede
bekannt, der doch eine Heyde war, daß er eben zu der Zeit da die Stadt
eingenommen wurde, in seinen mathematischen meditationibus gantz nicht durch den
Tumult und das Geschrey, das bey Einnehmung der Städte zu geschehen pfleget,
gehindert wurde, und wir, die wir Christliche Philosophen heißen sollen oder
wollen, sind so ungezogen unleidlich, daß wir praetendiren, es solle und müße
alles stille seyn, wenn wir studiren, ja wir bilden uns ein, daß durch unser
Lehren die gantze Welt erleuchtet werde, (wie durch Finstere Laternen) so haben
uns die Papistischen reliquien der allgemeinen thörichten Lehren den Verstand
verblendet und uns beynahe zu formalen Thoren gemacht &c.
(Ingleichen von Wiederaufflegung des Büchleins Rebuffi und dessen Nutzen.)
§. V. Deßwegen hat der Herr Hoffrath Ludovici sehr löblich gethan, daß er
allbereit anno 1705 über offtbesagtes Buch des Rebuffi de privilegiis
studiosorum observationes drucken lassen und über dieselbige publice gelesen
auch denen unpartheyischen deutlich gezeuget, daß die meisten von Rebuffo
angegebene privilegia studiosorum falsch und ungegründet wären, auch Rebuffus
hin und wieder ungeschickte Dinge mit einmische. Ich wolte aber wündschen, daß
ein Buchführer dieses Buch des Rebuffi selbst, weil es ohne dem rar ist, wieder
auflegte, zu mahl es nur etwa aus etliche und funffzig Bogen bestehet. Denn man
könte daraus wahrnehmen, wie zwar Rebuffus nicht zu verdencken gewesen, daß er
die damahls herrschenden sottisen der Glossatorum auch gelehret, aber wir uns
billich schämen solten, daß wir noch heute an vielen derselben allzufeste
kleben. So finde ich auch an Rebuffo eine fröliche Schreibarth, und ein
ziemliches judicium, welches er besser würde angewendet haben, wenn er zu
unseren Zeiten gelebt hätte. Ja
|| [367]
es dünckt mich, wenn
ich seine Schreibarth genau betrachte, daß er zuweilen die sottisen der Lehren
wohl begriffen, aber aus Furcht, durch die Pedanten nicht verfolget zu werden,
es nicht deutlich von sich sagen dörffen: denn er bringt öffters zu Behauptung
der gemeinen Lehren auch die aller absurdesten rationes (so zu sagen mit Fleiß)
auf die Bahn, und allegiret jederzeit dabey die berühmtesten Glossatores. Aber
nichts destoweniger stecken wir noch in der albernen Meynung; als ob die
allegationis legum & Dd. ein höchstnöthiges Stück der Juristerey, ja gar
der Urtheilsmacherey seyn; da doch die tägliche Erfahrung uns mit der Nase
drauff stoßen solte, daß eben diese allegata eine von denen grösten Ursachen mit
seyn, worumb die Justiz nothwendig protrahirt und entsetzlich auffgehalten
werden muß. Wenn ich etwa einmahl von dieser Materie ausführlich handeln solte,
habe ich mir fürgenommen, an statt eines handgreiflichen Exempels nur excerpta
von solchen ridicülen rationibus aus dem Rebuffo zu machen, die allemahl mit
legibus & doctoribus bekräfftiget sind, aber zum öfftern so
schalckhafftig colligirt zu seyn scheinen, daß dabey Rebuffus sich mehr als
einen Satyricum auffgeführet als daß er feine wahre Hertzensmeynung solle
hingesetzt haben. Man lese nur zum Exempel was er bey der Auslegung der
Authenticae Habita p. 375. von der conversatione scholarium cum mulieribus
colligiret hat, so wird man verhoffentlich bald meiner Meynung beytreten.
Indeßen kan hier repetirt werden, was allbereit in ersten Theil in ersten Handel
§. 31. p. 79. und im 2. H. §. 5. p. 117. von denen allegatis juris von mir
erinnert worden.
Inhalt des III. Theils Erster Handel. Reliquien des Politischen Papstthums mit
gesuchter Inquisition wieder unschuldige Leute.
HAupt Absehen dieses Handels §. 1. p. 1. Noch zwey andere Neben Absichten §. II.
p. 2. Erste Gelegenheit, wegen welcher man gesucht den Autorem der Monate in die
Inquisition zu bringen. §. III. p. 4. Der aber begehret, daß sich die
Denuncianten melden und man ihn genungsam hö
|| [368]
ren
solle. §. IV. p. 6. Gelegenheit zur andern attaque. §. V. p. 8. Nützliches
remedium das der Autor wieder diese attaque gebraucht. §. VI. p. 12. Was
occasione des Aprilmonats vorgegangen. §. VII. p 14.. Dedication der Monate an
Seine Churfürstl. Durchlauchtigkeit zu Sachsen. § IIX. p, 15. Ein harter Befehl
aus dem Ober-Consistorio zu Dreßden wieder den Autorem der Monate. §. IX. p. 16.
Erleuterung etlicher Passagen aus dem September 1688. §. X. p. 18. Das
angegebene Corpus delicti selbst aus besagten September, nebst etlichen dazu
gehörigen Umbständen. §. XI. p. 21. Klage des Autoris der Monate über dieses
Verfahren bey Seiner Churfürstlichen Durchlauchtigkeit selbst. §. XII. p. 24.
Und noch ausführlicher bey dem Ober-Consistorio zu Dreßden. Kurtze Vorstellung
deßen, was bißher in dieser Sache vorgegangen. Ursprung des A. tödtlichen Haßes
wieder den Autorem, weil dieser die Pufendorffischen Lehren vertheydiget.
Vielerley Würckungen desselbigen: 1) Durch ausgeschickte Behorcher. 2) Durch
falsches Angeben bey denen Churfürstlichen Ministris. 3) Durch intendirte
Aufhetzung der Theologorum wieder die Institutiones Jurisprudentiae divinae. 4)
Durch intendirte Verbietung aller Collegiorum Juridicorum &
Philosophicorum. 5) Durch intendirte Inquisition wegen der Monate. 6) Durch
Aufhetzung der Philosophischen Facultät wieder die Monate. 7) Durch abermalige
Aufhetzung der Philosophischen Facultät wieder die Introduction ad Philosophiam
aulicam, 8) Durch falsche Anklage wegen beschuldigter concussion. 9) Durch
andere Kränckungen mehr. Vorbehaltung ausführlicher Beschwerden wieder etliche
andre Professores Philosophiae. Special Antwort 1) auff die Beschuldigung
injuriösischer Schrifften, 2) auff die Anklage wegen Satyrischer Schreibarth. D.
Friederich Rappolts Lob der Satyre. 3) Wegen des Auditorii domestici. Gegen-
petitum des Supplicanten. §. XIII. p. 26. Etliche kurtze Anmerckungen über
vorige supplique. §. XIV. p. 34. Zwey Schreiben des Autoris an zwey
Churfürstliche Staatsministros. §. XV. p. 35. Warumb die nach Hoffe ergangene
Handbrieffe allhier beygefüget worden. §. XVI. p. 37. Entschuldigungsschreiben
an den einen Herrn Commissarium. §. XVII. p. 38. Vorstellung, die dem Herrn D.
A. geschehen, sich lieber in Güte zu setzen, und deren Würckung. §. XIIX. p. 38.
Allerhand Schwierigkeiten die sich bey dem Vergleich ereignet, und wie weit
derselbige endlich zustande gekommen. §. XIX. p. 40. Der Herr A. begehret von
dem Autore der Monate gelobet zu werden. §. XX. p. 42. Noch ein anderes
gleichmäßiges Exempel. §. XXI. p. 43. Unvermuthete peinliche Klage des
Ministerii wieder den Autorem der Monate. §. XXII. p. 44. Allerhand judicia vor
und wieder dieselbe, benebenst dem Befehl von Ober-Consistorio.
|| [ID00375]
§. XXIII. p. 46. Was dem Angeklagten hierbey zu thun gerathen worden. §.
XXIV. p. 48. Wie es mit der ersten citation abgelauffen. §. XXV. p. 48. Eine von
neuen denen actis sub nomine ministerii eingeschobene fameuse Schrifft, nebst
etlichen Anmerckungen darüber. §. XXVI. p. 50. Des Autoris der Monate
Gegenklage, fürnehmlich wieder D. A. P. §. XXVII. p. 54. Das von denen
Adversariis angegebene Corpus delicti aus dem Januario 1689. §. XXVIII. p. 56.
Neuer von D. P. mit seinen lectionibus Anti-Atheisticis gemachter Lermen nebst
der Beschwerung darüber. §. XXIX. p. 63. D. P. exemplarische Antwort darauff. §.
XXX. p. 66. Die Theologische Facultät mischet sich auch in die Sache. Unzeitige
denunciation derselben. §. XXXI. p. 67. Das Scriptum selbst nebst denen Ursachen
warumb selbiges hier beygegedruckt worden. §. XXXII. p. 69. Kurtze praeliminar
Erleuterung eines falschen zweydeutigen asserti in der denunciation der Th.
Facultät. §. XXXIII. p. 92. Anmerckungen über die daselbst erwehnte Beförderung
der Ehre GOttes. §. XXXIV. p. 92. Ingleichen über die Unterschrifft derselben.
§. XXXV. p. 93. Anmerckungen über das darauff erfolgte Consistorial rescript. §.
XXXVI. p. 93. Neuer Befehl in Sachen das Ministerium betreffende. §. XXXVII. p.
95. Etlicher Ministerialien dawieder angestellete vergebliche Procession. §.
XXXIIX. p. 98. Dilations Gesuch des Autoris der Monate nebst etlichen
Anmerckungen über eine damalige Reise. §. XXXIX. p. 98. Neue dilation und
Bericht nach Hoffe. §. XL. p. 100. Des Autoris der Monate eröffnete lectiones
gratuitae de differentiis justi decori. §. XLI. p. 101. Dessen Adversariorum
ängstliche Klage darüber. §. XLII. p. 101. Darauf erfolgtes Universitäts
mandatum cum clausula. §. XLIII. p. 102. Neues dilations rescript von Hoffe. §.
XLIV. p. 103. D. A. P. eilfertige Supplique an das Ober-Consistorium. §. XLV.
103. Exordium der lectionum de differentiis justi & decori. §. XLVI. p.
104. Praeliminar Anmerckungen wegen dieser lectionen. §. XLVII. p. 106. 16.
Special Puncte, die in denenselben vorgetragen werden sollen. §. XLIIX. p. 107.
Erster Ober Consistorial Befehl wegen dieser lectionum §. XLIX. p. 108. D. A. P.
frühzeitiges Jauchzen darüber §. L. p. 109. Wie sich der Autor lectionum bey
diesen ersten Befehl verhalten. §. LI. p. 110. Der andre Ober Consistorial
Befehl wegen dieser lectionum. §. LII. p. 111. Attestatum, das etliche Auditores
dem Autori lectionum gegeben. §. LIII p. 112. Supplique desselben an das Ober
Consistorium wegen obiger lectionum. §. LIV. p. 114. Noch eine andre Supplique
wegen gesuchter dilation seiner Beantwortung. §. LV. p. 116. Beyschreiben an den
Herrn Praesidenten des Ober Consistorii. §. LVI. p. 118. Indessen tentirte Güte
mit dem Ministerio nebst
|| [ID00376]
einem schrifftlichen Vorschlage zu
derselben. §. LVII. p. 118. Vorbedingungen wegen des vorgeschlagenen Vergleichs.
Eintheilung desselbigen in vier unterschiedene Classen. Was bey der ersten
Classe voraus zusetzen wegen fünff vornehmer und dem Autori sonst nicht
ungewogener Herren Ministerialium. Vorschlag einer aufrichtigen Amnestie.
Ohnmaßgeblicher schrifftlicher Entwurff derselben: Gegründete Klage über zwey
Herren Ministeriales in der andern Classe. Vorschlag, alles ihnen zu vergeben,
und zu vergessen. Bey der dritten Classe, vielerley Beschwerungen über den
gewesenen Herrn Beichtvater. 1) wegen einer schertzhafften Schrifft und dabey
bezeigter illegalen Aufführung und hartnäckigter Unversöhnlichkeit: 2) Wegen
feindlicher Hinderung und calumnirung der Institutionum Jurisprudentiae divinae)
nebst grober Schmähung des Autoris auf der Cantzel. 3) Wegen gleichmäßiger
injurien, die auch andre vornehme Leute touchiret: 4) Wegen gantz
unvernünfftiger applicirung dessen, was in Januario von Chrestophilo gedacht
wird, auff sich selbst, und deßhalb wieder den Autorem erregten und continuirten
gegenwärtigen Unfugs, von welchen zwölff sonderbahre Umstände angeführet wurden
Etliche Ursachen die den Autorem von Vorschlag des Vergleichs billig abhalten
solten. Viererley Christliche und vernünfftige Vorschläge zu demselben, und
Erinnerung an das Ministerium, Herrn D. C. zuzureden. Bey der vierten Classe
wegen Herrn D. P. kurtze Specification von dessen vielen groben und
unverschämten Schmähungen, und warumb kein vernünfftiger Vergleich von ihm zu
hoffen, ein andrer aber dem Geschmäheten nicht zuzumuthen §. LIIX. p. 119. Eine
notable Geschichte, daraus Herrn D. C. genius gar deutlich zu erkennen. §. LIX.
p. 131. Schreiben an den Herrn Superintendent, die Güte zu befördern. §. LX. p.
133. Dritter Befehl wegen der lectionum de differentiis justi & decori.
§. LXI. p. 134. Etliche nothwendige Erleuterungen desselben. § LXII. p. 135. Und
über die darauff von der Universität geschehene publicirung desselben. §. LXIII.
p. 135. Ingleichen über die Umbstände, wie diesen dritten Befehl alsbald
schuldige Folge geleistet worden. §. LXIV. p. 136. Praejudicirlicher Bericht der
Universität nach Hoffe. §. LXV. p. 138. Fortsetzung der Historie, wie es mit dem
vorgehabten und tentirten Vergleich abgelauffen §. LXVI. p. 139. Neuer Befehl
von Hoffe, und dessen publicirung §. LXVII. p. 141. Bieschreiben umb Vorlegung
der Acten, und was darauf erfolget. §. LXIIX. p. 142. Beantwortung der Klage des
Ministerii. Rechtmäßige Beschwerung über die Universität, wegen ungleicher
Berichte. Vorstellung, daß wegen des gesuchten Vergleichs bißhero die
denunciationes nicht bean wortet worden. Umbständliche Erzehlung dieser
tentirten Güte, und wer daran Schuld gewesen, daß selbige nicht zu Stande
kommen. Ordentliche und solen
|| [ID00377]
ne litis contestation auf
des gesamten Ministerii Klage. Rechtmäßige Erinnerung wegen der
Erläuterungs-Puncte, und petitum des angeklagten. §. LXIX. p. 143. Bitte umb
nöthige Registraturen, so aber abgeschlagen worden. §. LXX p. 149. Anbefohlene
Erklährungen wegen der denunciation der Theologischen Facultät. Protestation,
daß die Theologische Eacultät von dieser gantzen Sache wenig Ehre haben könne.
Zulängliche Indicia, daß D. Pf. Autor von denen Erleuterungs-Puncten des
Ministerii, jedoch ohne der meisten ihren Vorbewust sey. Ungegründete raisons,
warumb man auf Seiten der Universität deßwegen gebührende registraturen nicht
wollen machen lassen. Handgreiffliche Vorschläge, wie S. Churfürstliche Durch
auchtigkeit dißfalls hinter die Wahrheit kommen könne. Daß D. C. der Pf.
Begünstigungen consilio & opera theilhafftig gewesen, neun merckliche
indicia. Warumb zu Bescheinigung dieser indicien kein Eyd deferiret, sondern
vielmehr Zeugen angegeben werden. Erklährung über D. Pf. Beschuldigungen. 1)
Wegen der imputirten religionis prudentum: 2) Wegen Durchziehung der Prediger.
3) Ob man die Sünde ohne dem Verbot eines Ober Herrn concipiren könne. 4) Wegen
der Natur der Schamhafftjgkeit, und derselben Ursprung. 5) Von der
Scholastischen Eintheilung der Mosaischen Gesetze. 6) Wegen Erkäntnüß der
Hurerey ued anderer dergleichen Sünden, ingleichen wegen der in dritten Buch
Mosis verbotenen Blutschande. Erklährung von dem Aergernüß, und der Unruhe, die
aus D. Pf. Collegio Anti-Atheistico zu befahren. Hertzliche Klage über der
Theologischen Facultät falsche Beschuldigung, und offenbahren Mißbrauch des
Göttlichen Nahmens und Ehre §. LXXI. p. 250. Unvermuthete Endschafft dieses
Handels und deren Ursachen. §. LXXII. p. 259. Warumb die Sache von mir selbst
nicht fortgesetzet worden. §. LXXIII. p. 261. Exempel der wieder der
Wiederwärtigen Willen maintenirten Freyheit zu lehren und zu schreiben. §.
LXXIV. p. 216. Notable Umbstände, die vergönnete Erwehlung eines neuen
Beichtvaters betreffende. §. LXXV. p. 163. Beschluß dieses Handels. §. LXXVI. p.
266.
II. Handel. Ob und wie weit Comödianten / Pickelheringe / item Scharfrichters
Söhne ad dignitates Academicas zuzulassen: item ob das Papiermachen denenselben
praejudicire?
Verwirrung und Schwürigkeit der Lehre von Ehelichen und Unehelichen Thun und
Lassen §. I. p. 167. Insonderheit von Comödien und Possenspielen. §. II. p. 169.
Erster Casus von der Gültigkeit eines Contracts, darinnen sich eine Comödiantin
auf eine ungewisse Zeit versprochen hatte. §. III. p. 171 Das re
|| [ID]
sponsum selbst: 1) Ob der Contract abscheulich sey,
weil er eydlich? 2) Ob darinnen ein ewiger Verkauff der Comödianten enthalten.
3. Ob die Opern an sich selbst in einer Stadt zu toleriren. 4. Ob in dem
Contract Jurisdictionalia übertretten worden. 5. Ob Mevius die autores der
Schmähe Schrifft injuriarum belangen könne? §. IV. p. 172. Etliche Neben
Anmerckungen über besagten Contract §. V. p. 176 Der andre Casus, von einen
Gauckler, Seiltäntzer und Pickelheringe der Doctor Medicinae werden wollen.
Frage an die Facultät §. VI. p. 177. Fünff Medicinischer Facultäten invectivae
wieder denselben. §. VII. p. 179. Unser Responsum. §. IIX. p. 183. Der dritte
casus: Streit derer Professorum zu Straßburg mit denen Medicis zu Regensburg: Ob
eines Scharffrichters Sohn könne Doctor werden? §. IX. p. 185. Rationes der
Straßburgischen JCtorum, mit welchen sie dergleichen promotiones vertheydigen. §
X. p. 186. Rationes der Regensburgischen Medicorum, dadurch sie die vorige
Meynung wiederlegen wollen. §. XI. p. 188. Was bey Beurtheilung dieses Streits
überhaupt zu beobachten sey. §. XII. p. 192. Vorschlag, wie etwa die
Untersuchung von Ursprung und Ursachen der Vermehrung der Scharffrichter in
Teutschland ein zurichten sey. §. XIII. p. 194. Der vierdte Casus: Ob das
Papiermachen der Licentiaten Würde praejudicirlich sey? §. XIV. p. 196.
III. Handel. Etliche Responsa von dem Stand und Rechten der aus ungleicher Ehe
erzeugten Kinder und Fürstlicher Maitressen.
Veranlassung zu diesen Handel. §. I. p. 197. Frage wegen des ersten casus; Ob die
mit einer Unadelichen gezeugte Kinder in feudis succediren? §. II. p. 98.
Allerhand Anmerckungen über dieselbe. §. III. p. 205. Das darauff verfertigte
Responsum § IV. p. 206. Der andere casus von der Succession der von einer
Fürstlichen Person mit einer Unadelichen theils noch vor der Trauung gezeugten
Kinder. §. V. p. 209. Das responsum, so darauff ertheilet worden. §. VI. p. 210.
Kurtze Anmerckungen drüber. §. VII. p 216. Der dritte casus: Ob Fürstliche
Maitressen pro personis illustribus zu achten, und unter wessen Jurischction sie
gehören, nebst dem Responso. §. IIX. p. 217. Anmerckung über das Beyschreiben.
§. IX. p. 220.
IV. Handel. Ungegründete Hexen-Proceße.
Der erste casus. §. I. p. 221. Sententz mit denen rationibus. §. II.
|| [ID]
p. 222. Des andern Casus erster Actus. §. III. 223. Der
andere actus §. IV. p. 226. Der dritte actus. §. V. p. 228. Der vierdte actus.
§. VI. p.. 229. Allerhand Anmerckungen, sonderlich von der Würckung einer
starcken Einbildung und grossen Schreckens. §. VII. p. 231.
V. Handel. Ob ein Minister, der sich nicht in odiöse Sachen mischen wollen /
gestrafft werden könne.
Zweyerley Gestalten der Hoffdienste: Eine angenehme, und eine förchterliche. §.
I. p. 233. Ob es verantwortlich sey, wenn ein Hoffmann sich odieuser Dinge
entziehet? Species facti. §. II. p. 234. Beylage sub §. III. p. 237. Unser
Responsum. §. IV. p. 239. Etliche Einschränckungen der obigen Frage §. V. p.
241.
VI. Handel. Mit der Larve der Gerechtigkeit bedeckter Haß und Neid zwischen
Collegen in Städten.
Verbindung dieses Handels mit dem vorigen und folgenden. §. I. p. 242. Ob unter
Fürstlichen Regiment, oder in Reichs-Städten mehrere Freyheit sey? §. II. p.
242. Der erste casus nebst der specie facti und Hauptfrage. §. III. p. 243.
Unser Responsum. §. IV. p. 248. Anmerckung, daß die Quaerenten von unsern
Responso keinen Nutzen haben können, wenn gleich nach ihren Begehren wäre
gesprochen worden. §. V. p. 251. Noch zwey Nebenfragen. §. VI. p. 252. Und deren
Beantwortung §. VII. p. 253. Der dritten Nebenfrage Beantwortung §. IIX. p. 255.
Der andre casus, worinnen zwey Bürgermeister vieler Dinge beschuldiget worden,
nebst dessen erster Abfertigung. §. IX. p. 256. Die andre etwas ausführlichere
Abfertigung. §. X. p. 258. Der dritte casus, einen Actuarium betreffend, den der
Burgemeister garstiger Dinge beschuldiget. §. XI. p. 261. Unser Urtheil cum
rationibus. §. XII. p. 263. Der vierdte casus wegen eines beschuldigten aber von
Gegentheil veranlaßten perjurii, nebst dem ersten Urtheil. §. XIII. p. 266.
Unser auf die darauff eingewendete Leuterung gesprochenes Urtheil. §. XIV. p.
267. Der fünffte casus, von einem Raths-Herrn, den ein feindseeliger Amtmann
criminis falsi beschuldiget. §. XV. p. 273.
|| [ID00380]
VII. Handel. Dergleichen Zustand zwischen denen Gerichten und Advocaten.
Praeliminar Anmerckung von gemeinen Zustand, der Richter und Advocaten. §. I. p.
276. Der erste casus, von einen zweydeutigen Attestat, das der Magistrat wieder
einen Advocaten gegeben. §. II. p. 276. Das von uns deßhalb begehrte Responsum.
§. III. p. 277. Der andre casus von einen vieler unverantwortlichen Dinge
beschuldigten Advocato. §. IV. p. 280. Unser Urtheil nebst etlichen dazu
gehörigen Amnerckungen. §. V. p. 282. Der dritte casus von einem Rath, der ein
favorabel Urtheil wieder einen Advocaten erhalten. §. VI. p. 282. Welches aber
in der andern Instanz für den Advocaten ausfället. §.
VII, p. 284. Der vierdte Casus, von einem Advocat, der sich ohne Grund über die
Gerichte beschweret. §. VIII. p. 285.
VIII. Handel. Allerhand Affecten der Obern gegen die Untern.
Der erste casus: Ob es straffbar sey, wenn ein Bürger Chaise und Pferde habe? §.
I. p. 287. Unser in dieser Sache ertheiltes Urtheil. §. II. p. 288. Der andere
casus, von einem ungemein raren fallo, dergleichen sonst nirgends zu finden. §.
III. p. 291. Welches aber unsere Facultät pro crimine nicht erkennen können. §.
IV. 292. Der dritte casus, von einem armen Unterthanen, den der Justitiarius 5/4
Jahr als einen Dieb in gefänglicher Hafft gehalten. §. V. 294.
IX. Handel. Von Affecten der Geistlichen und Weltlichen wieder einander.
Praeliminar Anmerckung. §. I. p. 298. Der erste casus, von einem wieder einen
Prediger gedruckten Responso. §. II. 299. Erinnerungen wegen des wahren status
controversiae. §. III. p. 300. Fortsetzung des ersten casus, nebst unsern
deshalb ertheilten responso. §. IV. p. 301. Was von removirung der Urtheile, die
denen Gerichten nicht anstehen, zu halten. §. V. p. 305. Der andre casus von
einem Pfarrer, der von der Fiscalischen Klage absolviret worden. §. VI. p. 306.
Jedoch mit angehängter Warnung. §. VII. p. 307. Die aber Beklagter zu seinem
Schaden nicht beobachtet. §. IIX. p. 308. Der drit
|| [ID00381]
te
casus, wegen eines perjurii. §. IX. p. 310. Unser Urtheil cum rationibus
& allegatis. §. X. p. 311.
X. Handel. Von Ungegründet angegebenen Concubinat.
Was zu diesem Handel Anlaß gegeben, nebst unseren Responso. §. I. p. 313: Zu
dessen Erleuterung dienliche Anmerckungen. §. II. p. 317.
XI. Handel. Scheinheilige Praetexte, die alten ungegründeten Lehren in
Ehesachen mit Gewalt zu vertheydigen.
Kurtze Praeliminar Anmerckungen. §. I. p. 318. Hieher gehöriger Handel nebst
unseren Responso. §. II. p. 319. Inhalt der Beylagen. Verlarvtes Interesse der
Regenten. Was eigentlich fromme Regenten heissen. §. III. p. 324.
XII. Handel Von allerhand das Kirchen Patronat betreffenden Streitfragen.
Von denen das Kirchen Patronat betreffenden Streitfragen überhaupt. §. I. p. 325.
Absonderlich aber, wo unterschiedene Compatroni sind. Der erde Casus, nebst
unsern Responso. §. II. p. 326. Der andre casus nebst der an uns geschickten
specie facti und Urthels Frage. §. III. p. 332. Unser Urtheil nebst denen
rationibus. §. IV. 333.
XIII. Handel. Von einen / der sich mit zweyen verlobt und mit der letzten
trauen lassen.
Die vornehmsten Umbstände gegenwärtigen Handels. §. I. p. 335. Unser Responsum
über vier Fragen. §. II. p. 336.
XIV. Handel. Von Auffhebung der durch Betrug erschlichenen Verlöbnüß / wenn
der Betrug bewiesen.
Unterscheid unter befugt, und nützlich zu seyn. §. I. p. 340. Applicirung
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dieser Anmerckung auf gegenwärtigen Handel, nebst unsern
Responso. §. II. p. 340. Was indeßen allbereit in Actis Proceßmäßig fürgegangen.
§. III. p. 342. Dadurch wir bewogen worden, wieder den Quaerenten zu sprechen.
§. IV. p. 343.