Transkription

Gottlieb Cobers/ Hertzerquickende Blumen und Gemüthslabende Aepfel : Aus dem Anmuthigen Lustgarten Der Heiligen Schrift frisch abgebrochen, Und Der in die Blume zu Saron Verliebten Sulamithin in Zwölf silbernen Schalen fürgesetzet, Und mit schönen Kupfern gezieret – Hertzerquickende Blumen und gemüthslabende Aepfel
Cober, Gottlieb
[Inhaltsverzeichnis]
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Ich ſitze gantz vergnügt in Schatten dieſes Barten, Mein Freu ̅ nd erqu ̅ icket mich mit Aepffeln u ̅ nd mit Narden
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Gottlieb Lobers/ Hertzerquickende Blumen und Gemuethslabende Aepfel, Aus dem Anmuthigen Luſtgarten Der Heiligen Schrift friſch abgebrochen, Und Der in die Blume zu Saron- Verliebten Sulamithin in Zwoelf ſilbernen Schalen fuergeſetzet, Und mit ſchoenen Kupfern gezieret. Mit Koenigl. Pohln. und Churfuerſtl. Saechſ. allergn. Privilegio. Nuernberg, 1748. In Verlag Joh. Chriſtoph Goepners, Buchhaendlers.
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Hochgeneigter Leſer!
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LUſt=Gaerten ſind der Augen Weyde; der Ohren Freude; der Raſen Bi= ſam; der Fueſſe Tappeten; eine ſueſſe Vergnuegung des Hertzens und Gemueths. Hohe Haeupter [ID00006] der Erden werden mir beypflichten. Auch die/ ſo ſelten verſuchen/ ihre Fußſohlen auf die Erde zu ſetzen fuer Zaertlichkeit und Wolluſt/ Deut. XXVIII, 56. werden mir nicht entge= gen ſeyn. Worinn ſuchte Alcinous ſeine Reichs=Sorgen anders zu vertreiben/ als in der Garten=Luſt? Tarquinius ergoetzte ſeine Augen mehr an den Purpur=Farbnen Mohn der Gaerten/ als anden Pur= pur des Koeniglichen Kleides. Scha= de! dieſe Luſt iſt eitel. Sie ver= gehet/ da ſie entſtehet.Die gantze Welt iſt ein Luſt= Garten. Die vom HErrn hin [ID00007] eingepflantzte Baeume ſind die Menſchen. Dieſe ſollen voller Saft ſtehen/ und Fruechte bringen zu ſeiner Zeit/ Pſ. I, 3. Schoene Tugend=Blumen ſollen herfuer wachſen. Leider GOttes! der Garten iſt uebel gerathen. Kommt heut der Freund JESUS in ſeinen Garten/ Hohel. V, 1. Was findet Er? Unfruchtbare/ ja ver= dorrte Feigen=Baeume/ Matth. XXI, 19. Bittere und wilde Wein=Stoecke/ Jer. II, 21. Blaet= ter ſind fuerhanden; wo ſind die Fruechte? Sind welche? ſo ſeynds Sodomitiſche Aepfel. Diſtel= Blumen; unnuetze Winden und [ID00008] Unkraut. Was von Aepfel= Baeumen unter den wilden noch uebrig/ iſt wie ein Haeußlein im Weinberg; wie eine Nacht=Huette in den Kuerbis=Gaerten/ Eſa. I, 8. Eitle und verderbte Welt=Gaerten! Was fuer Anmuth iſt darinnen zu genieſſen?Ein weit anmuthiger Luſt= Garten iſt denen Glaubigen die Heilige Schrift. Der Frucht= und Blumen=reiche Garten Xeno- phons ſtunde allen Reiſenden of= fen; aber bloß zum Anſchau. In dem Bibliſchen Luſt=Garten iſt nicht nur das Anſchauen/ ſondern [ID00009] auch das Genieſſen vergoennt. Wuſte Cicero keine beſſere Blu= men und Aepfel zu leſen/ auf ſei= nem Tuſculano; So zeige ich der glaeubigen Sulamith den ſchoe= nen Luſt=Garten der Heiligen Schrift. Darinn weydet ſie ihr Liebhaber auf einer gruenen Aue/ und fuehret ſie zum friſchen Waſ= ſer/ Pſalm. X XIII, 2. Darinn erquickt er ſie mit Blumen/ und labet ſie mit Aepfeln nach aller Luſt ihrer Seelen/ Hohel. II, 5.Wie du ſieheſt/ GOTT und ſein Wort liebender Leſer! [ID00010] ſo hab ich auf dieſen Blaettern ein klein Luſt=Gaertgen angelegt. Be= liebt es dir? ich will es Monatlich durchs gantze Jahr oefnen; dich hinein fuehren/ mancherley ſchoene Blumen und Fruechte friſch abbre= chen/ mit allerley Wuertzen be= ſtreuen/ und dir auf ſilbernen Scha= len zu deiner Hertz= und Seelen= Vergnuegung praeſentiren. Die Fruechte an ſich ſelbſt ſind herrlichen Geſchmacks; die Blumen durch= dringenden Geruchs. Laß dir nur die geringe Wuertze/ die ich gantz wohlmeynend drueber geſtreuet/ [ID00011] keinen Eckel verurſachen. Nimm nebſt dieſer Schale meinen Wunſch mit dahin: JEſus/ die Blume zu Saron/ erquicke dich mit Blumen/ und labe dich mit Aepfeln. Delectiren die Blumen das Auge; ſo ſey JEſus/ die Blume zu Saron/ deiner Augen Weyde/ und deines Hertzens Freude. Schmuecken die Blumen einen Gar= ten; die Blume zu Saron/ dein JESUS/ ſchmuecke dich zeit= lich und ewig mit reichen Seegen. Faellt hier zeitlich deine Lebens=Blu= me ab? Sticht der Wurm des To [ID00012] des deinen Kuerbis/ daß er verdor= ret? ſo bringe dich JESUS/ die Blume zu Saron/ am lieblichen Fruehlinge des Juengſten Tages unverweßlich wieder herfuer/ 1. Cor. XV, 42. und laſſe dich nebſt andern Auserwaehlten leuchten wie die Sonne in ſeines Vatters Reich/ Matth. XIII, 43. Gehab dich wohl.
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Nicodemus ad Theophilum Authorem. Geehrter Freund in Chriſto!
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JEtzt iſt eben diejenige Zeit, da man in wohlangebauten Gaerten Blumen und Fruechte bricht. Wer in Er= manglung eines ſolchen fruchtbrin= genden Gartens die Luſt gleichwohl auch gern genieſſen wolte, den will ich in des Herrn ſein angelegtes Luſt=Gaertgen weiſen. Blumen recht penetranten Geruchs, Aepfel Honig= ſuſſen Geſchmacks wird er darinnen antreffen. Jedoch, es braucht nicht meiner Recommen- dation. Der Nordwind und Sudwınd haben dieſen Garten ſchon ſo durchwehet, daß ſeine Wuertze trieffen und die Narde den Geruch weit ausgebreitet. Mein Herr, er ſiehet hier= aus, wie offtmahls das Boeſe muß zum Beſten dienen. Er achte nicht, daß gifftige Spinnen aus dieſen lıeblichen Roſen Gifft ſaugen, und Bruder Neidhard unter dieſe ſchmack= hafte Aepfel, Poma Eridos, Zanck=Aepfel geworfen. Er wird mit Tantalo nach ſolchen Aepfeln ſchnappen, die er ſchwerlich wird ver= dauen koennen. Wer dieſen ſtarcken Roſen= Geruch, wegen Schwaeche des Haupts, oder [ID00014] vielmehr Gewiſſens nicht vertragen kan, ſon= dern mit Guiſio in Ohnmacht faellt, oder mit jener Engliſchen Jungfer davon Blattern be= koemmt, dem gebe ich den Rath, er bleibe aus dem Garten weg. Die Sulamıthin ſitzt gar vergnuegt unter deſſen Schatten, und die Frucht iſt ihrer Kehlen ſueſſe. Ich habe in meinem Hirten=Amte bißher ein und andere Frucht ge= koſtet, und meinen Schaafen auch davon ge= ben. GOTT Lob! es iſt gar geſunde Weyde. Und weil GOttes Bruennlein, ſo Waſſers die Fuelle hat, dieſen Garten gar reichlich waeſſert, koennen Chriſti Schaafe den Durſt zur Gnuege loeſchen. Nichts mehr bitte von meınem ge= ehrten Herrn und Freunde, als daß Er ſei= nen Garten noch lange offen halte, und die an= genehme Weyde den Schaafen JESU goenne. Er erquicke ſie mit Blumen, und ???be ſie mit Aepfeln, ſo wird Ihn der himmliſche Gaertner mit ſeinen ſueſſen Troſt=Aepfeln in Anfechtung und Traurigkeit wiederum laben und erquicken. Schleicht ſich ſchon ein ſtinckender Bock mit ein, und benaget etliche Baeume und Pflantzen, der HERR wird ſeinen Garten doch behueten, daß ſeine Baeume gruenen, und ihre Fruechte bringen. Der dort einmal die Schaafe wird von den Boecken ſcheiden, wird auch dieſen ſchwartzen Bock aus ſeinem Garten jagen. Schließlich propheceye ich Ihm mit des Pſal= miſten Worten: Der HErr wirds Ihm laſ= ſen wohlgehen auf Erden, und nicht geben in ſeiner Feinde Willen. Wenn einmahl der [ID00015] himmliſche Gaertner ſeinen Arbeitern ruffen und den Lohn austheilen wird, wird Er ſeinen Gro= ſchen auch empfangen. Den gebe er Ihm und mir aus Gnaden, Amen.Meinem geehrten Herrn und ſehr geliebten Freunde, der ehedeſſen des HErrn Ge= meine in ſeinem Wort und Wahrheit an meiner ſtatt offtmahls beweglich unter= richtet, welches Ihm der HErr vergelten wolle, ſchreibet dıeſes zu ſeinem ſteten An= dencken bey der Nacht, ſein treuer Freund, Nicodemus.
WEnn ein Timotheus die Schrift von Kind auf liebet, Dabey ſein gantzes Hertz den Tugenden ergiebet, So zieht in ſeine Seel der Geiſt der Weißheit ein, Und ſo denn wird er auch ein Gotts=Gelehrter ſeyn. Ich kan mit allem Recht diß von Herr Cobern ſagen, Die reine Gottesfurcht liebt er bey jungen Ta= gen; Er forſchet in der Schrift mit unerhoerten Fleiß, Ein Zeuge iſt diß Buch, wer ſchaetzet deſſen Preiß? Seh’ ich die Blaetter an, find ich an jedem Orte, Sehr nett und kurtz gefaßt der Bibel Centner= Worte.
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Drum ruff’ ich billich aus: Hier iſt Weißheit und Kunſt! Wer ſie lißt, mercke drauf, es iſt kein Wort umſonſt. Wie kanſt du, Momus, denn, dich an die Schalen wagen, Die uns den ſueſſen Kern aus GOttes Wort fuer= tragen? Weh dem, der ſeinen Kiel darwider hat geſetzt? Verdammter Laſter=Mund, der GOttes Ehr verletzt. Mein werthgeſchaetzter Freund! Er laſſe ſichs nicht kraencken, Daß wider GOtt und ihm die Feinde Arges dencken. Schreib Er zu GOttes Ehr, und ſeines Naech= ſten Nutz, Wer fraget nach dem Neid, und ſeiner Feinde Trutz! GOtt, den Er treulich meynt, wird doch ſein Schild verbleiben, Mit dem Er ſeine Feind’ wird koennen von ſich treiben; Er wird die Treue auch belohnen in der Zeit, Noch vielmehr dort einmal in jener Ewigkeit.Dem Herrn Autori der aus dem Bibliſchen Luſt= Garten in Schalen geſammleten Fruechte, ſetzte dieſes zu Ehren wohlmeynend auf, ein Mit=Arbeiter im Garten JEſu, M. Philipp Andreae, P. D. et S.
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So haſt du Sula mith! den Barten nun beſucht? Nimm Hier von meiner Hand auch was mit von der Frucht. 1.
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Fiat, Iehova, Fiat! Der Hertzerquickenden Blumen und Gemuethslabenden Aepfel Erſte Schale.

I. Das beſte Buch.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Joh. V. 39.
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SUchet in der Schrift, denn ihr meynet, ihr habt das ewige Leben drinnen, und ſie iſts, die von mir zeuget.VIel Buechermachens iſt kein Ende, Pred. XII. 12. Ja wohl, lieber Salomo! Solteſt du jetzt wieder kommen, du wuerdeſt dich verwun= dern. Jedermann will jetzt, nach Lutheri Ausſpruch, im Laden als [2] Hahn im Korbe feil ſtehen. Die Gelehr= ſamkeit hat ſich nun auf den Thron geſetzt. Wem es unglaublich vorkommt, der ſehe ſich um in groſſen Bibliothecken. Moſes hat den Felß geſchlagen; die Kunſtquellen flieſſen nun auf die Gaſſen. Die Thuer des Natur=Gar= tens iſt geoeffnet. Die Schalen mancherley ſueſſen Kerne ſind gebrochen. Jacob hat den Stein vom Brunnen=Loche abgewaeltzet, ſo, daß nun die Heerde rein Waſſer trincken, und ſich erquicken kan. GOtt lob! Es mangelt nicht an allerley nuetzlichen und geiſtreichen Schriften. GOttes Wort wohnet reichlich unter uns in allerley Weißheit, Col. III. 16. Wer ſich nur einen Schatz aufs zukuenfftige ſammlen wolte, 1. Tim. VI. 19. Jedoch, geiſtreicher Maenner Schriften ſind nur Rivuli, Baechlein. Das unerſchoepfliche Meer iſt ſelbſt die Heil. Schrift.Das beſte Buch unter den ſchoenſten Buechern iſt die Bibel. GOttes Wort durch Antrieb des Heil. Geiſtes von denen Propheten und Apoſteln geſchrieben. Der andaechtige Scri= ver hat ein Buch verfertiget, ſo er den See= len=Schatz nennet. Das Buch fuehret den Nahmen mit der That. Doch iſt die Bibel der Seelen groeſter und beſter Schatz. Sie iſt den Menſchen ein unendlicher Schatz, B. Weißh. VII. 14. Sie iſt eine Schatz=Kam= mer, in welcher alle Schaetze der himmliſchen Weißheit verborgen liegen. In ihr liegt der Schatz aller Schaetze, JEſus; das Leben und die ewige Seeligkeit, Joh. V. 39. Die Bibel [3] iſt eine Rueſt=Kammer. Darinn haengt der Helm des Heyls; der Schild des Glaubens; der Harniſch GOttes, und das Schwerdt des Geiſtes. Mit dieſen Waffen kan ein guter Streiter JEſu dem Fuerſten dieſer Welt Widerſtand thun; alles wohl ausrichten, und das Feld behalten, Epheſ. VI. 13.Die Bibel iſt ein unergruendliches Meer, ſo nie kan erſchoepfet werden. Darinnen lieget die Perl der ewigen Seeligkeit. Ach ſteig hin= ein, mein Hertz! Wag dich in die Tieffe. Suche dieſe edle Perle; dieſen theuren Schatz deiner Seelen. Das Meer giebt ſich zu einer gewiſſen Zeit von einander, daß jedermann kan hinein gehen, und Perlen und andere Edelge= ſteine aufleſen; hernach ſchieſt es wieder zuſam= men. In dem Meer der Heil. Schrift kanſt du taeglich und ſtuendlich ohne eintzige Gefahr ſuchen und forſchen. Und wohl dem, der ſtets mit GOttes Wort umgehet, ders von Hertzen betrachtet, gruendlich verſtehen lernet, und der Weißheit immer weiter nachforſchet, Syr. XVI. 21. 22.GOttes Wort iſt eine ſchoene gruene Aue, darauf uns GOtt weydet, Pſalm. XXIII. 2. Ein ſchoener Luſtgarten Hertzerquickender Blumen und Gemuethslabender Aepfel, Hohel. II. 5. Der heilige Auguſtinus pflegte oefters da= hinein zu ſpatziren. Ich laſſe mich gern, ſpricht er, auf dieſer anmuthıgen Aue des goettli= chen Worts finden. Da leſe ich mir die aller= friſcheſten Kraeuter und Sprueche zuſam [4] men. Ich genieſſe dieſelben durch Le= ſung und Betrachtung. Ich ruminire und widerkaeue ſie durch ſtete Wıederholung, und lege ſie beyſeit als ın einer guten Ver= wahrung ın meinem Gedaechtnuß, damit ich alſo, nach geſchmeckter Sueßigkeit goettlıchen Worts, dieſes elenden Lebens Bitrerkeit deſto wenıger empfinden moege.Wo ſind Auguſtini Nachfolger? Solt ich nicht in manchem Hauſe eher die Karte, Ro= mainen und Liebes=Geſchichte, als eine Bibel finden? Die arme Leute im finſtern Papſtthum ſind nicht ſo glueckſelig, daß ſie die Heil. Schrift erklaeren hoereten. So wird ihnen auch derer Leſung unterſaget, und die Bibel aus den Haen= den geriſſen. Lutherus hat ſie von den Moen= chen=Staube geſaeubert. Jetzt liegt ſie bey den meiſten, die ſich von Luthero nennen, im Staube der Vergeſſenheit. Die Bibel iſt ein Buch fuer jedermann, und niemand ſiehet ſie an. Sie iſt eine Zıerde der Jugend; eine Reitzung zur Tugend; ein Stab des Alters; ein Ancker der Hoffenden; ein Saitenſpıel der Froelichen; eine Artzney der Kranckheit; ein Troſt und Labſal der Betruebten. Diß wuſte jene andaechtige Seele, drum ließ ſie auf ihre Bibel dieſe Worte mit gueldnen Buchſtaben praegen: Meın beſter Schatz und Troſt auf Erden. Aber derer ſind leider! wenig, ſag ich, mit Luthero, auch unter denen, die es billig fuer andern thun ſolten, die zu der H. Schrift einmal von Hertzen ſprechen: Du bıſt mein [5] liebes Buch. Weltliche Kunſt=Buecher ſchreibt und lieſet man ohn Unterlaß; da iſt des Arbei= tens und Muehens kein Ende; allein die H. Schrift laeſt man liegen, als duerfte man ihr nicht.Du ſprichſt: Die Bibel ſey nur ein Buch fuer die Geiſtlichen. Mein, wo ſtehet diß ge= ſchrieben? Chriſtus ſpricht: Forſchet in der Schrift. Er nimmt keinen Menſchen aus. Kayſer Carl dem V. wurde unter andern Tauf= Geſchencken auch eine mit Silber beſchlagene Bibel verehret, darauf eben dieſe Worte ſtun= den: Forfchet in der Schrift. Sihe, daß allerdings auch die Groſſen der Welt in der Bibel leſen ſollen. Kaeyſer Conſtantinus M. trug ſie ſtets bey ſich. Kaeyſer Theodoſius hat offtmahls die gantze Nacht drinnen geleſen. Kaeyſer Friedrich III. hat ſie 14. mal voellig durch= leſen. Churfuerſt Johann Friedrich zu Sachſen nahm nichts fuer, er hoerte denn Predigt, und laß ein Capitel in der Bibel. Churfuerſt Johann Georg II. hat ſie 26. mal durchleſen. Antonius de Padua ſoll ſie gar auswendig gewuſt haben. In der Bibel findet der Hohe und Niedrige, der Fromme und Gottloſe ſeinen Lohn und Lection.Welt=Tyrann! ſchlag die Bibel auf. Ließ, was Pſ. LXXXII. ſtehet: Ihr ſeyd Goetter, und allzumahl Kinder des Hoechſten; aber ihr werdet ſterben wie Menſchen, und wie ein Ty= rann zu Grunde gehen. Flucher! ließ, was 1. Cor. VI. ſtehet: Die Laeſterer werden das Reich [6] GOttes nicht ererben. Ungehorſamer! ſchlag auf, ließ, was Rom. XIII. ſtehet: Die wider= ſtreben, werden ueber ſich ein Urtheil empfahen. Moerder! was ſtehet Offenb. Joh. XXI. Der Todtſchlaeger Theil wird ſeyn in dem Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennet. Ehebrecher! ließ, was Hebr. XIII. ſtehet: die Hurer und Ehebrecher wird GOtt richten. Dieb! ſchlag die Bibel auf; ließ, was 1. Cor. VI. ſtehet: Die Diebe werden das Reich GOttes nicht er= erben. Luegner! was ſtehet Pſalm. V. Der HERR bringt die Luegner um; Er hat Greuel an den Blutgierigen und Falſchen. Schlem= mer! ließ, was Luc. VI. ſtehet: Weh euch, die ihr voll ſeyd, denn euch wird hungern.Hingegen ſchlag auf, Frommer! was Pſ. XXXVII. ſtehet: Den Frommen wirds zuletzt wohl gehen. Verfolgter! ließ wie Chriſtus beym Matth. V. ſpricht: Seelig ſeyd ihr, ſo euch die Menſchen um meinet willen ſchmaehen und verfolgen. Creutz=Traeger! ſchlag auf deine Bibel, ließ, was Eſa. LX. ſtehet: Die Tage deines Leydens ſollen ein Ende haben. Ach! ich meyne, die Bibel ſey das beſte Buch fuer allen. Ich meyne, ſie ſey ein anmuthıger Luſtgarten, in welchem der Glaubigen Hertzen mit Blumen erquicket, und ihre Ge= muether und Seelen mit Fruechten gelabet werden. Weyland durften die Jueden das Bibel=leſen nicht ueber drey Tage aufſchieben. Von meinem Munde ſoll das heilige Buch nicht kommen; ich will es betrachten Tag und [7] Nacht, Joſ. I. 8. Mein Chriſt! wer du biſt, thu dergleichen. Forſche, ſtudiere, ließ und lerne fleißig darinnen. Halte, und thue auch nach dem, das drinnen geſchrieben ſtehet. Alsdenn wird dırs ge= lingen in allem, das du thuſt, und wirſt weißlich handeln koennen, Joſ. I. 8. Manche ſchaetzen ſich glueckſelig, wenn ſie die Geſchichte der Welt leſen ſollen. Ich lege meine Hand auf die Bibel, und ſage: Seelig iſt, der da lieſet und hoeret, die Worte der Weıſſagung, und behaelt was darinnen geſchrieben iſt, Offenb. Joh. I. 3.

II. Das verfuehriſche Auge.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: 1. B. Moſ. III. 6.
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UNd das Weib ſchauete an, daß von dem Baume gut zu eſſen waere, und nahm von der Frucht und aß.UT vidi, perii! So bald die Frucht geſehen, wars auch um mich ge= ſchehen. Danck hab, Mutter Eva! Der Vorwitz haette nachbleiben koen= nen. Nun hat dein lueſternes Auge uns alle ver= derbet; dein unzeitiges Sehen uns zeitig blind ge= macht. Der Tod iſt nun zu deinen Fenſtern hin= ein gefallen, Jer. IX. 21. und dardurch unſer aller Wuergengel worden, Rom. V. 12. Ver= naſchtes Weıb! Dich und mich haſt du bracht um geſunden Leib. Dich und mich haſt du verdue [8] ſtert und verfinſtert. Waere das Licht nicht in die Welt kommen, uns wieder zu erleuchten, haetteſt du uns gar in die ewige Finſterniß geſtuertzet. O ſchnoeder Blick, durch deine Tueck kommt viel Un= glueck; wie manchen bringeſt du zum Strick! O Auge, Auge! du wareſt vormals einfaeltig; nun aber biſt du ein Schalck. Du wareſt vormals des Leibes Licht; nun aber verfinſterſt du den gan= tzen Leib, Matth. VI. 22. Per oculorum bene- ficium intrat cordis veneficium. Kein Glied am gantzen Leibe dienet mehr der Suenden, als das Auge. Wie ſpricht Seneca? Die Augen ſind Lockvoegel der Suenden und Heerfuehrer der Laſter. Wahr genug. Der Baſilisck traegt ſeinen Gifft in den Augen. Der Menſch auch.Erſchrick du arme Creatur! Hoer! du traegſt in deinen Augen den Moerder, den Hurer, den Ehebrecher und den Dieb. Sieh! dein Auge dein aergſter Feind. Dein Auge ein Fuehrer; leider! der groeſte Verfuehrer. Warum wollte Cyrus die Pantheam nicht anſchauen? Damit ihn das Auge nicht zum Ehebruch fuehre. Wer bedenckt, daß das Auge offt Seel und Leib ins Verderben ſenckt? Das Auge des Ehebrechers hat acht auf das Dunckel, Hiob XXIV. 15. Das verſetzt ihn oft in die ewige Dunckelheit, Off. Joh. XXI. 8. Evae Kinder erfuhren es bald.Potiphara! Dein ehebrecheriſches Auge ſetzte den Joſeph in groſſe Gefahr. Da du dein Auge auf ihn warfeſt, wurf man ihn ins Gefaengniß, 1. B. Moſ. XXXIX. 7. 10. Dina! Hat dein ſpa= tzirendes Auge dich nicht ums Ehren=Kraentzgen [9] bracht? 1. B. Moſ. XXXIV. 1. Ammon! Ammon! Thamar hatte ſchoene Augen, aber dei= ne wolten nichts taugen. Amor und Thamar reimten ſich nicht. Schande im gantzen Lande; Spott und Tod war endlich dein Lohn, 2. Sam. XIII. 29. David! Deine geile Augen, ſo du der ſchoenen Bathſeba zuſchicketeſt, brachten den Uria um ſein Weib und Leib, 2. Sam. XI. 27. und dich um Fried und Ruh, um einen gnaedigen GOtt und gutes Gewiſſen.Es bleibt dabey: Die Augen ſind das Fen= ſter, wordurch alle Laſter in das Hauß un= ſers Hertzens ſteigen. Armer Menſch! waere es doch in dem Falle faſt beſſer, du waereſt blind ge= bohren. Wo kein Auge, da kein Kummer. Was das Auge nicht ſiehet, kraencket das Hertze nicht. Wie offt muß nicht das Auge ſein Sehen ſelbſt beweinen? In Mutter=Leibe werden die Augen am letzten gebildet, und im Tode am erſten gebrochen. Warum doch dieſes? Weil das Auge am meiſten ſchadet, und daher die Zeit zu ſchaden deſto kuertzer ſeyn moege. Ich wundre mich nicht ſo ſehr, daß jener Halcedonenſiſche Biſchof Maris, GOtt hertzlich danckte, daß er blind war, als ueber den blinden Bartimaeum, daß er Chriſtum ſo ſehn= lich um das Augenlicht bat, Luc. XVIII. 37. Ob wohl der Mangel leiblicher Augen humanum malum; ſo iſt er doch vielen divinum bonum. Wer weiß, ob Bartimaeus ſo wohl ſehend als blind zu JEſu kommen waere?Mein GOtt! der du das Auge gemacht haſt, Pſ. XCIV. 9. dir danck ich fuer meine geſunde Au [10] gen. Gieb, daß ich ſie moege wohl gebrauchen. Hoffaertige Augen ſind ſuendlich. Spruechw. XXI. 1. dieſe will ich ausreiſſen und von mir wer= fen, Matth. XVIII. 9. Die Pracht der hoffaerti= gen Augen des Koeniges ın Aſſyrien ſuchte GOtt heim, Eſa. X. 12. Was Wunder! Hochmuth iſt ihm ein Greuel, Spruechw. XVI. 5. Alle hohe Augen niedriget er, Pſalm XVIII. 28. Ich will meine Augen nicht auf den hohen Ehrenberg rich= ten; aber ſolche aufheben zu den Bergen, von welchen mir Huelfe koemmt, Pſ. CXXI. 1.Weg Augenluſt! Du zieheſt nach dir die groeſte Unluſt. Ich will mein Geſicht mit Kayſer Carl. V. von ſchoenen Frauen wenden, Syr. IX. 5. Auch der curieuſe Anblick iſt ſchon Ehebruch, Matth. V. 28. Nach den ſchoenen Landes=Toech= tern ſehen, bringet Gefahr, 1. B. Moſ. VI. 8. Ich will mit Hıob einen Bund mit meinen Au= gen machen, daß ſie nicht drauf achten, Hiob XXXI. 1. Democritus und etliche andere Hey= den, ſtachen ſich die Augen aus, damit ſie dadurch nicht moechten verfuehret werden. Dergleichen Thorheit will ich zwar nicht begehen, doch aber derſelben Thuer verſchlieſſen, und Wache dafuer ſetzen. Mein GOtt! Behuete mich fuer unzuech= tigem Geſichte, und wende von mir alle boeſe Luſt, Syr. XXIII. 4. Erleuchte meine Augen daß ich nicht im Tode entſchlaffe, Pſ. XIII. 4.
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III. Der wunderbare Fuhrmann.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Pſ. IV. 4.
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DEr HErr fuehret ſeine Heiligen wun= derlich.ES gehet mir wunderlich! Wie ſo? Das und jenes muß ich erfahren. Da und dorthin muß ich ziehen. So und ſo muß ich leben. Alles wunderbar; nichts nach meinen Anſchlaegen. Befremdet es dich? Aller= dings. So weiſt du gewiß nicht, daß GOtt ein Wundermann, und du ſein Wunderkind biſt? GOtt heiſſet wunderbar, Eſa IX. 6. War= lich, wie der Nahme, ſo die That. Er iſt ein wunderbarer Fuhrmann. Er fuehret ſeine Heiligen wunderlich, Pſalm IV. 4. Will der Menſch dahin? Er fuehret dorthin. Der Koenig in Portugall bekam einſt einen Wagen geſchenkt. Wer ſich auf demſelben ſatzte, den fuhr er eine gantze Stunde ohne Pferde der creutz und der quer herum. So wunderbar fuehrt dich und mich auch GOttes Wagen. Er iſt wunderlich mit ſei= nem Thun, Pſ. LXVI. 5. Er faehrt nie gerade, ſondern hat lauter Umwege; doch bringt er uns zuletzt in eine gute Herberge. Frag den Hiob; Dieſen ſetzte GOtt auf ſeinen Wagen, und fuhr ihn rechte Wunderwege. Er ſetzte ihn von ſeinem Fuerſtlichen Throne auf den Miſthaufen, [12] Hiob. II. An ſtatt des Scepters gab er ihm Scherben in die Hand, ſeinen Auſſatz damit zu ſchaben. Was war fuer ein groeſſer Elend? Den= noch fuehrte ihn GOtt heraus.Was fuer Umwege nahm nicht dieſer wunder= bare Fuhrmann mit dem Joſeph, ehe er ihn in Egypten brachte, und zum Landes=Vatter mach= te? Er hebet den Duerftigen aus dem Staub, und erhebet den Armen aus dem Koth, daß er ihn ſetze unter die Fuerſten, und den Stuhl der Eh= ren erben laſſe, 1. Sam. II. 6. Auf dieſem Wun= derwagen hat geſeſſen Abraham, die Kinder Iſrael, Koenig Davıd, Saul, Jeremias, Jo= nas, Paulus, die Judith, Maria und andere mehr. Wundere dich nicht ueber GOttes wun= derbare Fahrt. Sein Erkaenntniß iſt uns viel zu wunderlich, Pſ. CXXXIX. 6. Iſt der Anfang deiner Fahrt ſeltſam? Glaube, das Ende wird herrlich ſeyn. Laß du nur GOTT walten. Er hat die Deichſel deines Gluecks in ſeinen Haenden; er wird dich nach ſeinem Rath leiten und zu Ehren fuehren, Pſ. LXXIII. 24. Geht es hart? Er wird dich behueten. Geht die Reiſe ueber Stock und Stein? Du brichſt kein Bein; verlaß dich nur auf ihn allein. Wirft er um? Er wird dich unverletzt wieder aufrichten. Trau meinen Wor= ten. Noch mehr. GOttes ausdruecklicher Ver= heiſſung, Pſ. XCI. 15.Mein GOtt! Auch mir iſts wunderlich gan= gen in der Welt. Dein geheimer Zug hat mich manchen Wunderweg gefuehret. Du haſt mich wunderbarlich gebildet in Mutterleibe. Ich [13] dancke dir darueber, daß ich ſo wunderbarlich ge= macht bin; wunderbarlich ſind deine Wercke und das erkennet meine Seele wohl, Pſ. CXXXIX. 14. Wunderbarlich haſt du mich in der zarten Jugend geleitet. Viel tauſend Unfaellen war ich unterworffen; du haſt mich durch dein heiliges Engel=Heer wunderbar daraus errettet. Arm und elend bin ich erzogen worden. Deine Hand hat mich wunderbar geſtaercket! und wunderlich haſt du mir durch dieſen und jenen Vorſchub gethan zu meinen Studiis. Iſt es genug? Mein GOtt! Ich will dir dafuer die Farren meiner Lippen opfern. Wunderbar haſt du mich auf der Academie erhalten; hier und da einen treuen Lehrer erwecket, der mir heilſamen Rath und gute Unterweiſung gegeben. Wunderbar haſt du mich in die Fremde gefuehret, daß ich die Meile nicht zehlen kan, die ich habe wunderlich wandern mueſſen. Du haſt mich wunderbar unter guten und boeſen Leuten bey anſteckenden Seuchen und Kranckheiten erhalten, und mein Leben vom Ver= derben erloeſet. So wunderbar die Raeder deines Wagens unter einander gangen, iſt doch jeder= zeit die Reiſe gluecklich abgelaufen. Und hat die Fahrt mit mir jemahls wunderlich geſchienen? Iſt es jetzo. Fuerwahr, du biſt ein verborgen GOtt, du GOtt Iſrael! Eſa. XLV. 15. Ich ſpuere dennoch, daß ich in den Seilen deiner Liebe ge= he, Hoſ. XI. 4. Ich gehoere wohl recht mit un= ter die, von welchen Syrach ſagt: Mancher thut gemach, der wohl Huelfe beduerfte, iſt dazu ſchwach und arm, den ſiehet GOtt [14] an mit Gnaden, und hilft ihn aus dem Elend, daß ſich ſein viel verwundern, Syr. II. 12. 13. Ich weiß, dein heiliges Ge= ſchicke ſchreibt Glueck und Ungeluecke zu meinem Beſten an. Ich will dir ſtill halten. Es wird meine Wunderfahrt ſo ablaufen, daß jeder= man ſagen wird: Das hat GOtt gethan, und keın Menſch.
GOtt fuehret wunderlich! Durch Schmach fuehrt er zu Ehren, Durch Armuth zum Vermehren, Durch Thraenen zum Gewinn; Durch Demuth zum Erheben, Ja durch den Tod zum Leben, Und in den Himmel hin. Darum ſo freu ich mich: GOtt fuehret ſeliglich.Noch eins, du wunderbarer Fuhrmann! Wenn du mir den Todten=Wagen anſpanneſt, und die letzte Reiſe verrichten wilſt; es geh auch dieſer Weg ſo wunderlich als er wolle, fuehre mich nur Himmelwaerts. Laß das Ende dieſer Unruhe nur ſeyn die ewige Ruhe. Ich will mein Reiſezeug fertig halten; meine Lenden guerten, und mein Licht brennen laſſen, Luc. XII. 35. Spanne nur bald dieſen Wagen an, und fueh= re mich aus dem Streit zur ſueſſen Himmels= Freud.
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IV. Der arme Reiche.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Spruechw. XIII. 7.
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MAncher iſt arm bey groſſem Gut, und mancher iſt reich bey ſeinem Armuth.DErgleichen Paradoxa praeſentiren ſich taeglich auf dem Theatro dieſer Welt. Es iſt ein Eintzeler und nicht Selban= der, und hat weder Kind noch Brueder; noch iſt ſeines Arbeitens kein Ende, und ſeine Augen wer= den Reichthums nicht ſatt, Pred. Sal. IV. 8. Das mag wohl ein armer Reıcher ſeyn. Wa= rum? Weil er viel Reichthum hat, und doch nicht ſatt. Wer iſt der? Der Geitzige. Sol= cher Gaeſte traegt die Erde viel. Gilt der Spanier Sprichwort: Der ıſt reich, welcher an Ver= langen und der Geldgier arm iſt? So iſt ja ein Geitziger auch bey ſeinem groeſten Reichthum Blutarm, weil er am Verlangen und der Geld= begierde ſehr reich iſt.Herbey, mein Freund! Ich hoer, du biſt ein Goetzendıener. Behuet GOtt! Ich bin ja kein Catholick. Du beteſt aber die Heiligen an? Das ſey ferne. Leugne es nicht. Die gehatniſchren Maenner meyne ich auf den alten Thalern und Ducaten. Ey, die bet ich nicht an, ſondern halt ſie nur ſonſt hoch. Was iſt das anders, als Abgoet [16] terey? Damit weicheſt du in deinem Hertzen, vom HErrn, Jer. XV. 5. Haengeſt daſſelbe an den Reichthum, Pſ. LXII. 11. und ſprichſt zum Gold= Klumpen: Mein Troſt! Hiob XXXI. 24. Iſt dir alſo Gold lieber als GOtt.Baares Geld in Kaſten erweiſet mir aber die beſte Treu? Es iſt ein gutes Pfand, das ſeinen Herrn loeſet. Sieh! Jetzt verrathen die Abgoette= rey deine eigne Worte. O daß du verdammet waereſt mit deinem Dreck=Gotte! Es wird dir auch wiederfahren. Armer Menſch! Ey, was arm? Ich hab groſſes Reichthum; es ſoll noch groeſſer werden. Thor! Du biſt arm bey groſſen Gut, und ich reich bey meinen Armuth, Spruech. XIII. 7. Der Geitzige muß eben wie Pactol und Tagus beym Reichthum duerftig ſeyn. Ich ſage mit Jacob: Ich hab alles genug, 1. B. Moſ. XXXIII, 11. Wolt mir einer viel Geld und Gut offeriren? Ich wuerd ihm antworten wie Eſau ſeinem Bruder: Ich hab genug, behalt was du haſt, 1. B. Moſ. XXXIII. 9. Wie content iſt dein Hertz? Gerad wie die Blut=Egel, die all= zeit ſchreyet: Bring her, bring her! Spruech. XXX. 15. Es iſt gerad, wie der Tod, der nicht zu erſaettigen iſt, Hab. II. 5. Dein Geitz iſt, wie die Waſſerſucht, bey welcher das viel Trincken noch mehr Durſt erwecket. Je mehr du ſammleſt, je mehr du ſammlen wilſt. Deine Augen werden Reichthums nicht ſatt, Pred. V. 9. Haetteſt du ſchon Silber wie Sand, und Gold wie Koth auf der Gaſſen, Zach IX. 3 Du wuerdeſt den= noch ſagen: An dieſem allen hab ich keine Gnuege, Eſth. V. 12.
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Armer Menſch! Wie reich biſt du denn? Du haſt nicht das Geld, ſondern das Geld hat dich. Du biſt nicht des Geldes, ſondern das Geld iſt dein Herr. Deines Gutes wirſt du nie froh, Syr. XIV. 5. Wie ſo? Der Geitz laeſt dich nichts davon genieſſen. Ein miſerabler Zuſtand. Was ſoll Geld und Gut dir kargem Hunde? Hoer! Syrach will dir ſagen, was das Kargen dir eintragen wird. Wer viel ſammlet, ſpricht er, und ihm ſel= ber nichts Gutes thut, der ſammlers an= dern, und andere werdens verpraſſen. Syr. XIV. 4. Solcher Exempel habe ich ſchon viel geſehen. Dein Leben ergoetzt jetzt keinen Menſchen. Glaube, dein Tod wird auch keinen zum weinen bewegen. Das wird ja wohl mein Weib und Kind thun? Ich laß michs nicht bereden. Sie werden weinen zum Scheine, und lachen im Ernſte. Am Tage deines Todes erben die An= verwandten, da freut ſich jedermann, wenn er die Glocken hoert. Die reiche Wittwe weinet mit dem einen, mit dem andern Auge lachet ſie. Die Tochter lacht heimlich ueber die Thraenen ſo ſie vergieſſen muß. Der Sohn freuet ſich auf die Succeſſion. Die Schuld=Leute auf ihre Bezahlung. Der Medicus auf den Artzney=Lohn. Der Prieſter ueber die Beerdigung. Der Kaufmann ueber den Traver=Zeig, den er ver= kauft; und die Schneider, daß ſie ſolche Kleider verfertigen.Das iſt der Ausgang des Geitzigen. So reich im Leben, ſo arm im Tode. Mit Muehe ge= ſammlet, mit Angſt beſeſſen, mit Schmertzen [18] verlaſſen. Jener ſterbende Geitzhaltz ließ ſich ſein Geld und Silber=Geſchirr fuerſetzen, und redete ſich ſelbſten alſo an: Sieh/ liebe Seel! Dieſem hertlichen Vorrath haſt du, das alles will ich dir zu eıgen geben. Als er aber kraencker wurde, und merckte, daß die Seel ausfahren wuer= de, ſpracher: Ey ſo fahr hin, wilt du nicht bey mir bleiben, und fahr ins Teuffels= Nahmen zu allen Teuffeln hin; In ſolcher Verzweiflung fuhr die Seel dahin. Arme Seel! Wie arm biſt du nun! Dein Silber und Gold wird dich nicht erretten am Tage des Zorns des HErrn, Ezech. VII. 19. Sieh zu, Geitzhalß! daß du nicht auch ſo ein Ende mit Schrecken nimmſt. Ein trockner Biſſen, daran man ſich gnuegen laeſt, iſt beſſer, denn ein gantz Hauß voll, Spruechw. XVII. 1.Ich bin vergnuegt mit dem, das da iſt, Hebr. XIII. 5. Nach mehrern will ich nicht trachten. Iſt das Gold die Hagar, und will ihrer Sara, der Vernunfft einreden, ſo will ich ſie hinaus ſtoſ= ſen. Das Sorgen=reiche Geld kraenckt nur in der Welt. Hinweg damit. Iſt ein anderer arm bey groſſem Gut? So bin ich reich bey meinem Ar= muth. Mein GOtt! mach mich nur an der Seelen reich, ſo hab ich gnug hier und dort ewiglich.
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V Der Todten=Graeber ſeines eignen Leibes.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Syr. XXXVII. 33. 34.
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VIel Freſſen macht kranck, und ein un= ſaettiger Fraß bekommt das Grimmen. Viel haben ſich zu tode gefreſſen.JEner Schlemmer ließ in ſeiner Stube an die Wand mahlen ein Brod, eine Fla= ſche, einen Blumen=Krantz und eine Hirn=Schale. Was wollte er damit andeuten? Dieſes, daß das beſte Leben ſey, daß man ſich wey= de, freſſe, ſaufe und luſtig ſey, ehe der Tod komme. So waren jene Epicurer auch geſonnen. Sie ſprachen: Laſt uns eſſen und trıncken, wir ſterben doch morgen, Eſa. XXII. 13.Dieſen Geſang ſtimmt das Epicuriſche Welt= Kind noch heut an. Wilſt du es hoeren? Geh nur an groſſer Herren Hoefe; in die Zimmer ihrer Die= ner; in die Haeuſer der dicken Maſt=Schweine und Bacchus-Brueder; in die Wirths=Haeuſer, und andere Gelage. Siehe, daſelbſt iſt eitel Freu= de und Wonne, Ochſen wuergen, Schaafe ſchlach= ten und Fleiſch eſſen, Eſa. XXII. 13. Ein herrli= ches Leben, Der Bauch, der Gott, dem man [20] opfert. Die Kueche die Kirche. Der Tiſch der Altar. Der Koch der Prieſter. Schmauß= Lieder der Geſang, der Diſcours von allerhand Delicateſſen die Predigt. Ein vortreflicher Got= tesdienſt; darueber manche gar ſtreng und eifrig halten. Solche Schwelger waren vorzeiten die Roemer. Dieſe ſuchten auf ihren Gaſtmahlen alle Delicateſſen zuſammen. Gehirn von India= niſchen Papageyen. Egyptiſche Phoenicopter= Zungen. Faſanen und Voegel, die da reden kon= ten. Sie verſchlungen oft in einer Schueſſel und Loeffel eines gantzen Landes jaehrliche Einkuenf= te. Was fuer ein Schwelger war nicht Helio- gabalus? Er ließ einſt ſeinen Gaeſten ſechs tauſend Strauß=Koepfe unter andern mit auftragen. Was fuer ein Freſſer war nicht Apitius? Jener Herzog in Lıthauen verſchlang einſt bey einer Mahlzeit hundert und dreyßig Gerichte. Nero verfraß auf einmal dreymal hundert tauſend Guel= den. Vitellius ließ ſich bey einer Mahlzeit mit zwey tauſend Fiſchen ſpeiſen, darunter ein jeder von ſonderbarer Art geweſen; auch mit ſieben tauſend Voegeln ſonderbarer Gattung. Wo es die heutige Zeiten verſtatteten, glaub ich, daß es manch Lecker=Maul nicht beſſer machen wuerde. Man ſieht, was mancher auf den Kragen und Magen haelt. Wie koemmts, daß ſo mancher fuernehmer Herr nicht zu Kraefften kommen, noch ſich um die Seinigen Standes gemaeß halten kan? Frag den Koch, der wird dirs ſagen. Koeſtliche Braten erfordern Ducaten. Was verſchlingen die Fiſche auf dem Tiſche? Gruendlinge koſten [21] Silberlinge. Confect macht Defect. Gut= ſchmecke Bettel=Saecke; und guter Ferne Wein macht vollends Beutel und Kaſten reın. Das hat mancher in kurtzer Zeit erfahren mueſſen. Aber hoer! was Salomo geſagt: Saeuffer und Schwelger verarmen, Spruechw. XXIII. 21. Haetteſt du es vor bedacht, ſo haett dichs nicht in Armuth bracht. Wie klagſt du nun? Eın ar= mer Mann, ein armes Weıb, und unge= ſunder Leib! Danck hab, daß du dich ſiech ge= freſſen. Viel Freſſen macht kranck, hat Sy= rach geſagt. Du haſt nun niemand, der dich klagt. War der Bauch dein Gott? So hab nun auch die Noth, und gar den Todt. Viel haben ſich zu Tode gefreſſen. Der Praſſer graebt ſich ſelbſt das Grab mit eigenen Zaehnen. Hoer Freſſer! Du biſt ein Moerder und Todten=Graeber deines eig= nen Leibes. Philoxenus, der ſich einen Kranichs= Hals wuenſchte, damit er die Speiſen deſto laen= ger ſchmecken moechte, iſt endlich erwuerget. Dem Apitio iſt wegen Uberſchuettung der Speiſen der Magen verfaulet. Kayſer Claudius hat an ſeinen Piltzen den Tod geſſen. Hoer auf Freſſer und Schwelger, ſoll dirs beſſer ergehen. Waehret Freſſen und Sauffen lang, ſo machts dich kranck, ſtreckt dich auf die Banck, und denn ins Grab. Die Medici geben dieſe Regul: Ad alimenta ſicut ad medicamenta. Eine gute Diaet und Maaß im Eſſen iſt die beſte Artzney. Viel und vielerley traegt viel zur Kranckheit bey. Eine Buechſe, ſo ſehr beladen, ſpringt. Ein ueberlad= nes Schiff ſinckt. Wilſt du lange Leb=Zeiten? [22] So lieb kurtze Mahlzeiten, ſonſt duerfften ſie dir den Sarg bereiten. Pone gulae metas, & erit ti- bi longior aetas. In Frießland ſollen die Leu= te, wegen ihrer guten Diaet, zu hundert und vier= tzig biß funffzig Jahr alt werden. In Freßland werden ſie es ſo hoch nicht bringen.Ade, ihr Schmauß=Brueder! Weg mit der vollen Schueſſel, des Grabes Schlueſſel. Ich will eſſen; und dabey GOttes und meiner Ge= ſundheit nicht vergeſſen. Freſſen und Sauffen bringt nicht nur um die Geſundheit, ſondern auch um die Seeligkeit. Der Schlemmer Delicateſ- ſen ſind Hamans Panquet; bey Endigung ihrer Luſt koemmt der Tod, und bringt die Rechnung, die ſie in der Hoelle bezahlen mueſſen. Uberfluß in Eſſen und Trincken fuehret nicht zum Uberfluß der himmliſchen Gueter; aber zum Mangel des ewigen Troſtes. Wehe euch, die ihr voll ſeyd, denn euch wird hungern, Luc. VI. 25. Weinet und heu= let ihr Reichen, denn ihr habt wohl gelebt auf Er= den, und eure Hertzen geweydet, als auf einem Schlacht=Tag! Jac. V. 5. Euer Tiſch wird euch zum Strick werden, Pſ. LXIX. 23. an dieſen werdet ihr als gemaeſtete Schweine zur hoelliſchen Schlacht=Banck gefuehret werden, und den Teuf= feln ein Panquet ſeyn. Wirds da auch heiſſen: Laßt uns wohl leben, weil es da iſ? B. Weißh. II. 6. Laßt uns Wein holen, und voll ſauffen? Eſa. LVI. 12. O nein; da iſt kein Wein. Keinen Tropffen Waſſers wird eure lechzende Zungen bekommen, Luc. XVI. 24. O weh! Ach ewig weh! Ewig werdet ihr hungern. [23] Ewig werdet ihr duerſten. Ewig werdet ihr lech= zen und aechzen.Wie noch zu rathen dem Leibe, daß er geſund bleibe? Wie noch zu erretten die Seele aus der Hoelle? Es iſt Zeit. Setzt euch heut volle Schueſ= ſeln und Becher beyſeit. Schmeer=Baeuche und Wein=Schlaeuche koennen auf dem ſchmalen Him= mels=Weege nicht fortkommen. Die trunckene Crone und Himmels=Crone koennen auf einem Haupte nicht ſtehen. Befreundet euch mit der Maeßigkeit; dieſe giebt euch das ſicherſte Geleit zur Himmels=Freud. Glueck zur Reiſe!

VI. Das muehſeelige Welt=Leben.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Pred. I. 8.
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ES iſt alles Thun ſo voll Muehe, daß niemand ausreden kan.WEnn David das Koeſtlichſte des menſch= lichen Lebens beſchreiben will, ſpricht er: Es ſey Muehe und Arbeıt: Pſ. XC. 10. Ja wohl, lieber Koenig! Im Schweiß und Muehe mueſſen wir alle unſern Biſſen Brodt eſſen, 1. B. Moſ. III. 19. Auch bey der groeſten Ehr iſt offt viel Beſchwer. Dieſer Welt Mo= narchen haben ſchwere Sorgen. Wo groſſe Verordnung, da viele Verantwortung.
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Freund! Wie hoer ich dich offt wuenſchen: Wer doch kein ſo groſſer Placker waere, und ſich ſo muehſelig behelffen mueſte! Mein, biſt du es allein? Cronen haben kein verſchonen. Sie ſind mit Diamanten und Perlen beſetzt. Ja! aber dieſe ſind vielmals dem Haupte ſo ſchwer, daß ſie nicht ſelten Thraenen=Perlen aus den Au= gen preſſen. Ach! arbeite immer mit deinen Haen= den. Laß dir immer die Sonne heiß auf den Peltz ſcheinen; glaub mir, es wird dir nicht ſo ſauer, als groſſen Herren. Kopff=Arbeit die groeſte Arbeit; ſie beſchweret das Gemueth und den Leib. Man= cher hat gewuenſchet, an ſtatt der leicht ſcheinen= den Feder den ſchweren Hammer auf dem Am= boß zu fuehren. Arbeitſame Hand macht warm; Regierungs=Sorge gebiehret Harm. Wenn du Abends im kuehlen Schatten unter einem Baum in Ruhe dein Stueckgen Brodt ver= zehreſt, ſchmeckt es dir ſehr wohl; und iſt dir beſſer dabey zu Muthe, als groſſen Her= ren an ihrer vollen Tafel in den praechtigſten Zimmern.Jeder Beruff hat ſeine Sorgen. Jedes Amt ſeine Laſt. Jede Kunſt ſeine Muehe. Jede Ehr ſein Beſchwer. Ich will es mit der Schrifft aus= drucken. Es iſt ein elend jaemmerlich Ding um aller Menſchen Leben, von Mutter=Leibe an, biß ſie in die Erde begraben werden, die unſer aller Mutter iſt. Da iſt immer Sorge, Furcht, Hoff= nung und zuletzt der Tod. So wohl bey dem, der in hohen Ehren ſitzt, als bey dem Gering= ſten auf Erden. So wohl bey dem, der Sey [25] den und Crone traegt, als bey dem, der einen gro= ben Kuettel an hat, Syr. XL. 1-4.Sieh an alle Staende. Im Geiſtlichen iſt unzehliche Muehe und Arbeit. Viel Predigen macht den Leib muede, Pred. XII. 12. Was giebts da nicht fuer Kopffbrechens? Was muß das Gehirn nicht erfinden? Das Gedaechtniß auf ſich laden? Wie viel Leibes= und Gemueths= Kraeffte nimmt nicht hinweg das Forſchen in der Schrifft? Joh. V. 39. Ein Prediger muß die Weißheit aller Alten erforſchen, und in den Pro= pheten ſtudiren. Er muß Geſchichte der beruehm= ten Leute mercken, und denſelben nachdencken. was ſie bedeuten und lehren. Er muß die geiſtli= chen Sprueche lernen, und in den tieffen Reden ſich ueben. Er muß dencken, wie er frueh aufſtehe, den HErrn zu ſuchen, der ihn geſchaffen hat, und beten fuer dem Hoechſten. Er muß ſeinen Mund getroſt aufthun, und beten fuer des gantzen Volcks Suende, Syr. XXXIX. 1. ſeqq. Was fuer Ge= wiſſens=Faelle muß er nicht entſcheiden? ueber wie viel tauſend Seelen muß er nicht ſeinem Ober= Hirten JEſu Rechenſchafft geben? Ezech. III. 18. Laß mir das eine Sorge, Muehe und Ar= beit ſeyn.Im weltlichen Regier=Stande iſt der Muehe und Sorge nicht weniger? A curis gra- vibus Curia dicta venit. Wohin muß nicht eine Obrigkeitliche Perſohn ihre Augen richten? Was fuer boeſe Dinge muß nicht ihr Ohr anhoeren? Mit was fuer verwortenen Haendeln muß nicht der Verſtand zu thun haben? Wie behutſam [26] mueſſen nicht Richter und Amtleute in peinlichen Sachen handeln, daß ſie nicht ihre Haende mit unſchuldigen Blute beſudeln? O ein muehſa= mes! O ein ſchweres! O ein hoechſt=verantwort= liches Amt! Streite, meıde, leide. Ein Sym- bolum derer Amtleute.Geh in die Schulen. Da wirſt du ſtetige Ar= beit finden. Der Schul=Staub eine beſchwerli= che Laſt; dabey iſt wenig Ruh und Raſt. War= lich, es koſtet nicht geringe Muehe, ſtupidis in- geniis etwas beyzubringen. Was iſt veraechtli= cher in der Welt Augen, als Schul=Leuthe und Schul=Gebaeude? Jener hielt allezeit die Naſen zu, und ſchloß die Augenlieder, wenn er fuer einer Schule vorbey gieng. Was Wunder? Heut bauet kein Ptolomaeus mehr Schulen aus Marmor. Die mei= ſten ſind aehnlich den ſchmutzigten Huetten Kedar. Bey dieſem Schul=Fleiß iſt lauter Angſt= Schweiß. Stanck der Danck. Spott und Hohn der beſte Lohn. Wer viel lehren muß, der muß viel leyden; Pred. I. 18. Wers kan meiden, thus ja bey Zeiten.Geh in die Werckſtaerte derer Handwer= cker. Ich meyne, du wirſt da auch Muehe und Arbeit antreffen, zumahl heutiges Tags. Wolte Petrus was ins Netz haben, ſo muſte er ſolches Tag und Nacht auswerffen, Luc. V. 5. Jetzt darff keiner mehr die Haende in Schooß legen, will er ſich des Hungers erwehren, und redlich nehren. Sorget er gleich von Abend biß Morgen; muß [27] er doch wohl borgen. Den beſchweißten Biſſen Brod muß er offt in ſauren Eßig tuncken.
Omni re dura gravior domeſtica cura.Sieh an den Handels=Mann. Wie man= cher rauher Wind blaeſt ihn an!
Per mare, per ventos, currit mercator ad Indos.Froſt und Hitze; Regen und Schnee; Duerre und Naeſſe; Sturmwinde und Sonnenſchein mueſſen ſeine Reiſe=Gefaehrten ſeyn.Sieh, muehſeeliger Menſch! daß es wahr ſey was der Prediger geſagt: Es ıſt alles Thun ſo voll Muehe, daß niemand ausreden kan, Pred. I. 8. Solche unſeelige Muehe hat GOtt den Menſchen=Kindern gegeben, daß ſie ſich darin= nen mueſſen quaelen, v. 13. Mueh und Menſchen ſind Zwillinge; dieſe werden mit einander geboh= ren, und ſterben auch zugleich. Die beſte Milch des gantzen Lebens iſt Angſt=Schweiß; ſein deli- cateſter Wein iſt Coloquinten=Saft. O muehſe= liges Welt=Leben! Du biſt ein uebel gemacht Bet= te; ſchlechte Ruhe iſt darinnen zu finden.Wem ſolt alſo noch gelueſten zu leben? 1. Macc. II 13. Ich ſage mit Auguſtino: Was iſt an= ders lange leben, als lange gequaelet wer= den? Was iſt anders lange leben, als boeſe Tage zu boeſen Tagen legen? Mit Thraenen= Saltze nehret dieſes gantze Leben die Seele; doch der Tod bleibt dafuer ihr Zucker. HErr warum laeßeſt du mich ſo lange ſehen Muehe und Arbeit? [28] Habac. I. 3. Ach! ſpanne mich aus dieſem ſchweren Joche! meine Begierde iſt allein, wie Abſoloms. des Koeniges Angeſicht zu ſehen, 2. Sam. XIV. 32. Ich hab des Tages Laſt und Hitze genug getra= gen; Ich ſehne mich ſehr nach dem Feyer=Abend und der ſueſſen Ruhe. Ich hab meine Gedancken und Geſicht auf das Grab gericht. Daſelbſt ru= hen doch, die viel Muehe gehabt haben, Hiob. III. 17. Eja, waer ich da!
Weiſt du, was dieſe Kummer=Welt Mir noch zum Troſte offt fuerſtellt? Daß ſich die Zeit geſchwind verzehret, Und das Elend nicht ewig waehret.
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Wird nicht du ̅ rch Sau ̅ ften Hu ̅ hren u ̅ nd Schlagen Die meiſte Zu ̅ gend Zu ̅ Grabe getragen? 2.
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Der Hertzerquickenden Blumen und Gemuethslabenden Aepfel Andere Schale.
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I. Der Juenglinge Grabe= Traeger.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Luc. VII. 12.
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ALs JEſus nahe an das Stadt=Thor zu Nain kam, ſiehe, da trug man ei= nen todten Juengling heraus.DIe Jugend hat kein Privilegium fuer den Tode. Die ſchoenſte Roſe kan bald ein rauher Wind entblaet= tern. Den friſcheſten Kuerbis kan oft in einer Nacht ein Wurm ſtechen, daß er abfaellt, Jon. IV. 7. Faellt [30] nicht die unreife Frucht ſo ſchier vom Bau= me, als die reife? Bringt man nicht oft mehr Kaelber=als Kueh=Haeute auf den Marckt?Junger Butſch! das nimm wohl zu Ohren. Der Tod fuerchtet ſich nicht fuer deiner Staercke.
Heu vivunt! juvenes, tanquam mors nulla ſequatur.Wir haben mit dem Tode einen Bund ge= macht, Eſa. XXVIII. 15. Der haelt keine Treu. Er iſt lang Bund=bruechig worden. Wie ſpricht Seneca? Die Alten haetten den Tod vor ſich, die Jungen aber hınter ſich. Juengling! damit hat er dich lehren wollen, wie der Tod unverſe= hens ueber dich kommen werde. Der ſchoene friſche Juengling zu Nain wird ſich ſo bald den Tod auch nicht vermuthet haben. Daß oft mancher junge Menſch in ſeiner beſten Bluethe abfaellt, iſt mei= ſtens die Schuld ſein ſelbſten. Eine wollueſtige Ju= gend liefert kein hohes Alter. Viel junge Leute er= trincken im Waſſer. Derer, ſo im Wolluſt= Strome baden, erſaufen weit mehr. Warlich, es kan der Jugend=Baum aerger nicht verderben, als wenn die Wolluſt=Raupe ſeine Bluethe aus= frißt. Die Wolluſt iſt der Jugend Wurmſtich; drum huete dich.Der Menſch hat nach ſeinem Tode gemeini= glich ſechs Grabe=Traeger, ſo die meiſten Jueng= linge auf die Toden Bahre legen, und mit ihnen nach dem GOttes=Acker zu eilen.Der erſte Grab=Traeger heiſt Bacchus. Wie mancher Juengling ſauft ſich kranck und zu tode? Volle Becher und Pfeifen leeren, macht [31] vieles Hertz=Beſchwehren. Du haſt bloede Au= gen, wohl ſchon im 16. oder 18. Jahre; haſt ein blaß und dunſend Geſicht, und handelſt mit Kupf= fer. Woher dieſes? Ich will dirs ſagen: Es koemmt vom Sauffen. Denck an deine Aca= demiſche Jahre. Wie manche liebe Nacht haſt du durch geſchmauſſet und geſoffen? Ich habe geſe= hen, wie auf einem Valet-Schmauſe unter an= dern zwey Studioſi von Adel ſich ſo beſoffen, daß noch dieſelbe Nacht der eine ſeinem Leben Valet gab; der andere wurde kranck heimbracht, muſte aber in wenig Tagen auch ſterben. Hat dieſe nicht Bacchus zu Grabe getragen?Der andere Grabe=Traeger heiſt Venus, Unreine Liebe, eine verzehrende Flamme. Kein Drachen=Gifft iſt von ſolcher Schaedlichkeit. Wie mancher feine Burſch laeſt ſich von einer leichtfertigen Metzen erwiſchen, und weiß nicht, daß ihm das Leben gilt? Spruechw. VII. 13. Hu= ren ſind lebendige Graeber. Opfert nicht man= cher dieſer Goettin ſo fleißig, daß er bey lebendi= gen Leibe verdorret? Wie kan es anders kom= men? Sprichts doch Syrach: Die ſich an Hu= ren haengen, werden wild, und kriegen Motten und Wuerme zum Lohn, und ver= dorren den andern zum mercklichen Exem= pel, Syr. XIX. 3. Du nenneſt Hurerey Cour- tiſie, und haeltſt ſie fuer eine Galanterie. Die Galanterie mueſte in dem Neapolitaniſchen Braut=Schatze beſtehen, den dir manche Dame vor ihre Bedienung verehret. Ich will dich damit prangen laſſen. Dieſe ſchoene Halß=Kette mit Fran [32] tzoeſiſchen Rubinen hat manchen erwuerget. Wilſt du lange leben? ſo darfſt du dich nicht der Hure= rey ergeben. Frau Venus hat meiſtens ein Fran= tzoeſin zur Zofe; dieſe gehet mit dir nicht treu um. Auf ihren Lippen, ſo ſueß ſie ſind, ſitzt der bit= terſte Tod. Fliehe ſie, ſo geraethſt du in keine Noth. Jener Geiſtliche in Niederland hat, weil er ſich jederzeit der Weiber enthalten, das hundert und fuenff und zwantzigſte Jahr erreichet. Thaeten die= ſes alle junge Studioſi, ſie duerften ſich vor der Zeit den Sarg nicht zum Braut=Bette erwehlen. Ach daß man die Univerſitaeten beſſer rein hielte! Und die Huren von Studenten=Stuben jagte! Jun= ger Burſch! um der Wohlfarth deines Leibes und Seelen ſieh dich wol fuer.
Ein ſueſſer Feind und Buettel iſt die Luſt in ih= ren Blicken, Weil ſie die Lippen lieblich kueßt, wuergt ſie den Halß mit Stricken.Der dritte Grabe=Traeger heiſt Mars. Durch Duelliren und Schlagen wird mancher zu Grabe getragen. Ein zorniger und zanckſuechtiger Menſch wird ſein Leben nie hoch bringen. Eıfer und Zorn verkuertzen das Leben, ſpricht Sy= rach, Cap. XXX. 26. Und Hiob: Einen Tollen erwuerget der Zorn, und den Albern toedtet der Eifer, Hiob. V. 2. Koenig Wentzeln ruehr= te wegen heftigen Zorns der Schlag, darueber er mit erbaermlichen Geſchrey den Geiſt aufgeben muſte. Im Zorn haben viele ſich ſelbſt und andere ums Leben bracht. Im Jahr 1703. erſtachen zwey Studioſi zu Jena ihrer zwey im Zorn. Der [33] eine ſeinen Gegner auf dem Keller; der andere ſei= nen Wiederpart auf freyer Straſſen. An eben dem Orte zu der Zeit erſchoß in einem Gaſthof ein Bruder den andern, welche beyde Buchfueh= rer waren. Der Thaeter iſt einige Zeit darauf auf dem Marckte enthaeuptet worden. Dieſe erſte drey Grabetraeger ſind auf Univerſitaeten am geſchaefftigſten. Solches wurde vor etlichen Jahren auf einer Muentze vorſtellig gemacht. Un= ter dem Bilde des Bacchi praeſentirte ſich ein Wittenbergiſcher Student, der ein friſch ein= geſchencktes Bierglaß in der Hand hielt. Un= ter dem Bilde der Veneris ſahe man einen Leip= ziger Studenten, der ein brennend Hertz in der Hand hielt. Unter dem Bilde Martis zeigete ſich ein Jeniſcher Burſch einen Schlag=Degen in der Fauſt haltend. Was hat man damit anders andeuten wollen, als daß viele junge Leute zu Wit= tenberg ſterben vom Sauffen: zu Leiptzig vom Huren, zu Jena vom Rauffen und Schlagen? Daher man auch dieſe Verſe verfertiget: Wer von Wittenberg koemmt mit geſunden Leib; aus Leıptzig ohne Weib; von Jena ohne Schla= gen, weiß von groſſem Glueck zu ſagen.Der Vierdte Grabetraeger heiſt Otium. Der Mueßiggang begraebt den Menſchen bey lebendigen Leibe. Das Waſſer, ſo ſtill ſtehet, wird ſtinckend. Ein Menſch, der ſtets auf der Baerenhaut liegt, wird loß, traege und ungeſund. Mueſſiggang iſt ein Springbrunn aller Laſter. Man hat niemals mehr Feinde, als wenn man keinen hat. Mueßiggang hat manchen um Leib [34] und Seel gebracht. Juengling! wilt du lange leben? ſo arbeite und bewege dich, Arbeit macht das Gebluet gangbar und den gantzen Leib friſch.Der fuenfte Grabe=Traeger heiſt Inobedi- entia. Ungehorſam gegen die Eltern und Vorgeſetzte. Warlich, ihr jungen Leute! da= durch ziehet ihr euch GOttes Fluch am hefftig= ſten ueber den Halß, und verkuertzet eure Lebens= Jahre. Das vıerdte Gebot verheiſſet denen Gehorſamen ein langes Leben. Denen Wider= ſpenſtigen drohet es den Tod in ihrer beſten Blue= the. Ich will nicht ſagen, daß der ſchoene Jueng= ling zu Nain ſeines Ungehorſams wegen ſo frueh= zeitig geſtorben. Doch iſt das wahr, daß manch ungehorſam Kind vor der Zeit zum Thor hinaus getragen worden.Endlich heiſt der ſechſte Grabe=Traeger Pravum conſortium. Manch Mutter=Kind iſt in boeſer Geſellſchaft verfuehret worden, und jung ums Leben kommen. Nicht jeder Noah bleibt gerecht in der boeſen Welt. Nicht jeder Loth bleibt fromm in Sodom. Man kan leich= ter eine Kranckheit als Geſundheit erben. Waere Dina nicht in Geſellſchaft kommen, niemand haette ihr das Kraentzgen genommen, 1. B. Moſ. XXXIV. Haette ſich Simſon nicht zur Delila gefellet, vielleicht waere er den Philiſtern nicht zum Spott worden, B. Richt. XVI. 19. Haette Salomo der Weiber ſich enthalten; er waere nicht von ihnen bethoeret worden, 1. B. Koenig XI. 4. Boeſe Geſellen ziehen manchen ins Grab und zur Hoellen. Huete dich Juengling! Diß ſind [35] deine Moerder und Grabe=Traeger. Mach dich mit ihnen ja nicht bekannt. Setz dich nicht zu ihnen am Tiſch. Der Tod in ihren Toepfen. Wer von dem Gemueß iſſet, muß ſterben.

II. Der ſtets gedeckte Tiſch.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Pſ. LXXVIII. 19.
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SOlte GOtt wohl koennen einen Tiſch bereiten in der Wueſten?WAs ſeuffzeſt du, Armer? Die kuemmer= lichen Zeiten verurſachen es. Daben bin ich Nahrung=loß, Vatter=loß, und eine Waeyſe. Gut. So iſt GOTT dein Vater, Epheſ. III. 15. Der iſt der Waeyſen Helfer, Pſalm. X. 14. Gleichwohl muß ich in Mangel und Duerftigkeit leben. Ey, die den HErrn fuerchten, haben keinen Mangel, Pſ. XXXIV. 10. Ich habe aber nichts eigenthuemliches. Ich habe nichts zu brocken noch zu beiſſen. Woher nehme ich Brodt? Marc. VIII. 4. Vergebliche Sor= gen! Das redeſt du aus Mißtrauen gegen GOtt. Mein, woher nehmen doch ihr Brodt die Voegel? Der Sperlıng ein unnuetzes Thier! er hat doch etwas dort und hier. Gibt GOtt den Raben? ſo ſolt du das Deine auch haben. Ehe du ver= ſchmachten ſolteſt, ehe wird GOtt die Fenſter des Himmels eroefnen, und Manna und Fleiſch reg= nen laſſen, 2. B. Moſ. XVI. 13. Ja, die Ra [36] ben werden dir eher, wie dem Elia, Brodt und Fleiſch bringen mueſſen, ehe du ſolteſt Hungers ſterben, 1. Buch. Koenig. XVII. 6.Ja, ſolt GOtt wohl koennen einen Tiſch berei= ten in der Wueſten? Pſ. LXXVIII. 19. Aller= dings! Hat ers nicht ehedeſſen auch gethan? Joh. VI. Seine Hand iſt noch heut nicht ver= kuertzt, Eſa. LIX. 1. Woher meyneſt du, daß dein Stueck Brod komme? Aus der Erden. Wer laeßt es aus der Erden herfuer wachſen? Gewiß, niemand anders denn GOtt, Pſ. LXV. 11. 12. Wer giebt dirs zu eſſen? Ich muß es mit Fleiß und Schweiß verdienen. Nicht ſo; GOtt giebt dirs. Der ſeegnete die Arbeit deiner Haende. Im Schweiß des Angeſichts mueſſen wir alle unſer Brod eſſen, 1. B. Moſ. III. 19. Du ſprichſt: Gute Leute brechen mir ihr Brodt. Wer aber erweckt dieſe anders, als GOtt? Es kommt alles von GOTT, Syr. I. 14. Der giebt uns dar reichlich allerley zu genieſſen, 1. Timoth. VI. 17.Hoere Kleinmuethiger! Der Erdboden iſt GOttes ſein Tiſch. Dieſer iſt dir und mir ſtets gedeckt. Drauf liegt ſtets Brod, Fleiſch, Obſt, Wein und alles, was zur Leibes=Nahrung und Nothdurfft gehoeret. Jedes Land reichet dir aus GOttes Hand, was gehoert zu deinem Stand. Teutſchland giebt den koeſtlichſten Wein und Saffran. Indien wohlriechende Specereyen und Gewuertz. Spanıen allerhand Delicateſſen. Perſien Sammet und Seide. Ametica Gold und Silber. Italien koeſtliche Waaren. Polen [37] und Ungarn gute fette Ochſen. Boehmen gut Korn und Hopffen. Preußen und Moßcau gut Fellwerck. Schweden Eiſen, Kupffer und Stahl. Barbarien ſchoene Pferd. Daenne= marck gute Hunde. Engelland ſchoen Tuch, Zinn und Bley. Holland feine Wolle. Franck= reich gute Weine. Venedig Cryſtalle. Diß alles kommt dir nach deiner Nothdurfft mit zu ſtatten.Hoere auf mit deiner Klage? Was ſoll ich eſſen? Was ſoll ich trincken? Womit ſoll ich mich kleıden? Matth. VI. 31. Geh arbei= te, und ſchaffe etwas mit deinen Haenden, Epheſ. IV. 28. Weiſt du nicht? Du ſolt dich naehren deiner Haende Arbeit, Pſalm CXXVIII. 2. Jacob ließ ſichs in der Welt ſehr ſauer werden. 1 B Moſ. XXXI. 40. Petrus ingleichen, Luc V. 5. Die gantze Creatur hat nichts ſonder Arbeit. Die Biene ſammlet ihr Honig mit groſſer Muehe aus den Blumen. Die Ameiſe bereitet ihr Brod im Sommer, und ſammlet ihre Speiſe in der Ernd= te. Spruechw. VI. 8. Die Spinne wuerckt mit ihren Haenden, und bauet ihr Haeußgen, Spruechw. XXX. 28. Bey der Arbeit liegt Gottes See= gen. Ohne dieſelbe giebt der Himmel nichts. Wer fleißig arbeitet und betet, wird nie hungrig zu Bette gehn. Auch habe ich deren keines Hun= gers ſterben ſehen.Du beſchwereſt dich ueber theure Zeiten. Mein, erhielt nicht GOtt jene Wittwe in der groeſten Theurung ſamt dem Elia? 1. B. Koen. XVII. 13. 14. Denck an den Propheten Daniel; er [38] innere dich des hungerigen Volcks in der Wueſten. Vertraue GOtt, ſo wird er auch dir aushelfen, Syr. II. 6. Des HErrn Auge ſiehet auf die, ſo ihn fuerchten, die auf ſeine Guete hoffen; daß er ihre Seele errette vom Tode, und erneh= re ſie in der Theurung, Pſ. XXXIII. 18. Iſt Theuerung und Hunger im Lande? Sind alle Korn Haeuſer leer und verſchloſſen? Ey, GOttes Proviant-Kammer hat Brodts genug. Pſ. CXXXII. 15. GOttes Bruennlein hat Waſſers die Fuelle, Pſ. LXV. 10. Im groeſten Hunger ſaettiget er alles, was da lebet mit Wohlgefallen. Als vor Jahren groſſe Theuerung in Engelland war, fand man unverſehens in einer Landſchaft, Suhlock, eine groſſe Menge Erbſen, ſo, daß der Preiß des Korns um ein groſſes verringert wur= de. Siehe, da hatte GOtt ſeinen Korn=Boden eroefnet, und dieſen Vorrath heraus gegeben. Sage nicht, heut thue GOtt dergleichen Wun= der nicht mehr. Die Erfahrung wird dirs an= ders lehren. Wie lange iſt es wohl, daß ſich eine Menge Korn an einem gewiſſen Orte gefunden: Wie lange iſt es, daß an einem andern Orte ſich eine Grube des beſten Mehls eroefnet?Lieber Menſch! vertraue GOtt in Hungers= Noth, er giebt reichlich Brodt. Er ſpricht zu dir. wie David zum Mephiboſeth: Du ſolt taeglich auf meinen Tiſch das Brod eſſen, 2. Sam. IX. 7. Ich weiß dir keinen beſſern Tiſch zu decken, als dieſen Tiſch GOttes. Dahin muſt du. Auf dieſem iſt Speiſe, Tranck, und was zu deines Lei= bes Nothdurft gehoeret. Sind oft der Tracta [39] menten drauf wenig? Biß zufrieden. GOtt wird ſie ſegnen. In wenigen liegt der groeſte See= gen. Gehaſi haette nicht gemeynt, daß hundert Mann von zwantzig Brodten koenten geſpeiſet und geſaettiget werden; und es geſchah doch, und blieb uebrig. 2. B. Koen. IV. 43. So iſt ja wahr, was der HErr ſpricht: Sie werden eſſen, und es wird ihnen uebrig bleiben, ibid. Sind die Tractamenten gering? Es ſchadet nicht. Bey Eliae geroeſtem Brodt und Waſſer=Kanne ſtirbſt du nicht hungerig, 1. B. Koen. XIX. 6. Wer weiß, ob dir das Wildpret ſo wohl bekaeme, als dein Kraut? Daniels Geſellen wurden bey ihrem Zugemueß ſchoener und fetter vom Leibe, als die Edel=Knaben, ſo von des Koeniges Speiſe aſſen, Dan. I. 15. Ein gruener Salat iſt deinem Leibe vielmals geſuender, als Thée Coffée und Cho- colade. Haſt du kein Tiſch=Bier? trinck Fiſch= Bier. Es wird dir gar wohl bekommen.Mein GOtt! Ich bin nun in die dreyßig Jahr ein Gaſt an deinem Tiſche geweſt. Ich kan nicht ſagen, daß ich jemaln hungerig davon gangen. Hat der Brod=Korb ſchon manchmal hoch gehan= gen? Iſt ſchon der Kleiderſchranck nicht allemal voll geweſt? ſo hab ich doch mit jenem nie ſeuff= zen duerfen: Es iſt weder Brod noch Kleid in meinem Hauſe, Eſa. III 7. Hab tauſendfa= chen Danck dafuer. Ich hab zu dir das zuverſicht= liche Vertrauen, du werdeſt mich vollends daran ſo lange ſpeiſen, traencken und kleiden, biß ich dort das Brod mit dir eſſen werde im Reich GOttes, Luc. XIV. 15. So lange, bis ich dort werde trun [40] cken werden von den reichen Guetern deines Hau= ſes, Pſ. XXXVI. 9. So lange, biß du mich wirſt anziehen, mit den Kleidern des Heils, und mit dem Rocke der Gerechtigkeit kleiden, Eſa. LXI. 10. Ach! wenn wirſt du dieſen Tiſch im Himmel decken? Eile, und laß dieſen Tag anbrechen. Ruffe deinem Gaſte fein bald! Komm zur Hochzeit! Matth. XXII. 4.

III. Die betruegl. Welt=Delila.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Syr. XI. 30.
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DIe Welt iſt voll Untreu und Liſt.DElila ein ſchoenes, aber dabey ein untreues und liſtiges Weib. Simſon verliebte ſich in ſie, ward aber verrathen, und kam in Schaden, B. Richt. XVI. 19. Mein Freund! ſo eine betruegliche Delila iſt die Welt. Haſt du ihre Tuecke noch nie erfahren? Das naeh= me mich Wunder. Ich glaube, ich wolte eher einen groſſen Herrn ohne Schulden; eher ei= nen demuethigen Spanier; eher einen frıed= fertigen Franzoſen; eher einen freygebigen Indıaner, und reichen Poeten dir zeigen, als einen Menſchen, den die Welt noch nie betrogen. Glaube mir, die gantze Welt iſt voll Betrug, Boß= heit, Schalckheit und Untreue. Sieh nur ihren Nahmen an. Heiſt es nicht? die
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WELT iſt Wanckelmuethig, Ergerlich, Liſtig, Treuloß.
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Als die Laſter in die Welt kamen, gieng es her, wie mit Loth und Abram. Sie konten ſich nicht an einem Orte miteinander vertragen. Es hieß mit ihnen: Lieber ſcheide dich! 1. B. Moſ. XIII. 9. Hierauf nahm die Betruegerey ihren Sitz in Italıen. Ihre Angehoerigen, als die Lue= gen, die Spuetzbueberey, der Scheın, betruegli= che Nachſtellung und Er findung folgeten ihr Sporen=ſtreichs nach. Die Unbeſtaendigkeit nahm ihren Sitz in Engelland. Die Untreu in Griechenland. Die Barbarey flohe in die Tuerckey. Die Liſtigkeıt in Moſcau. Die Brutalitaet in Schweden. Die Wolluſt in Perſien. Die Ungerechtigkeit in die Tarta= rey; und die Unmaeßıgkeit ſamt ihrer Schwe= ſter der Voellerey, bemaechtigte ſich des gantzen Ober= und Nıeder=Teutſchlandes. Dieſe Laſter alle haben jetzt bey dieſen letzten Zei= ten die gantze Welt eingenommen. Du traueſt zu viel. Sieh nur, daß dichs nicht gereue. Es liegen ueberall Netze und Stricke. Die gantze Welt liegt im Argen, 1. Joh. V. 19.Die Welt praeſentirt ſich aber ſchoen? Ja, aber ließ ihre Uberſchrift: Nimium ne crede colori. Sie zeiget mir Augen=Luſt, Fleiſches= Luſt und hoffaertiges Leben? 1. Joh. II. 16. Mein Freund! latet anguis in herba. Es ſind gemahlte Pillen; der Gifft ſteckt drunter. In [42] Arabien iſt eine Herberg, darinnen der Wirth ein beruehmter Dieb und Moerder war. Der hat= te in Gewohnheit, daß er die Gaeſte, die er zu be= rauben gedachte, in ein ſchoen Zimmer brachte! dieſes war mit ſinnreichen Gemaehlden und Teppi= chen gezieret. Darinn ſtund ein weich Bette in ſolchem zu ſchlaffen. Aber beydes die Kammer und das Bett war mit toedtlichen Gifte geſalbet, ſo, daß die Menſchen im Schlafe davon ſterben mu= ſten. Eine ſolche Herberge iſt die Welt. Von Schelm=Rotha und Mordhauſen ſchreibt ſie ſich.Mein Freund! Sag an, was verſpricht dir die Welt? Ihr Reıch. Bey Leibe nimm es nicht an. Das hat den Judam bracht ums Him= melreich. Was verſpricht ſie dir mehr? Groſſe Reichthuemer. Hoere, damit will ſie dich gern in ewiges Armuth ſetzen. Heut reich, morgen bleich und eine Leich. Nabal hats erfahren. Judas ingleichen. Was verſpricht ſie dir mehr? Hohe Ehren=Titul. Sie ſetzt mir Kutſchen und Saenften vor die Thuer. Glaube, darauf will ſie dich gern zur Hoellen fahren. Die hoch ſteigen, fallen tief. Sie ſetzet mir niedliche Lecker= Bißgen fuer. Daran ſolt du dir mit Apitio den Tod an den Hals freſſen. Sie ſetzet mir auf deli- caten Wein. Ach! dieſer hat Noah geſetzt in Schande; dich will ſie dadurch gern ſtuertzen in ewige Schande. Koenig Belſatzer und den rei= chen Mann hat ſie mit ihrem Wein geſtuertzt in die Hoellen=Pein. Die Welt fuehrt mich ſpatzie= ren. Es taugt nichts. Fraeulein Dina verlohr [43] drueber ihr Ehren=Craenzgen, 1. B. Moſ. XXXIV. 2. Geh ja nicht mit. Du moechteſt der Himmels= Crone verluſtig werden. Sie fuehret mich zum Tantze. Die Herodıas hat Johanni den Kopf abgetantzt. Marc. VI. 25. Dich duerfte er um Leib und Seele bringen.Traueſt du der Welt noch? Ach ja! Sie giebt mir viel Patronen. Schade dafuer! verflucht, der ſich auf Menſchen verlaeſt, Jer. XVII. 5. Herren=Gunſt und Aprill=Wetter, Frauen=Liebe und Roſen=Blaetter, waehren nicht gar lang. Frag Haman; der wird dichs lehren. Die Welt giebt mir Schoenheit. Eitelkeit! die kleinſte Kranckheit verwandelt ſolche in Heßlichkeit, Pſ. XXXIX. 12. Schoenheit. Gefaehrlichkeit. Der ſchoene Abſalom kam erbaermlich um, 2. Sam. XIV. 25. Die ſchoene Thamar ward bald zur Huren, 2. Sam. XIII. 11. Die Welt giebt mir gute Freunde. Videntur, mein Freund! ſed non ſunt. Sie ſind ein gelinde gefroren Eiß; wageſt du dich darauf, ſo bricht es, und du koemmſt in Schaden. Freundes Treu bringt ſpaete Reu. Abnet hat davon zu ſagen gewuſt, 2. Sam. III. 28. Und mancher muß es noch dieſe Stunde er= fahren.Welt packe dich. Dir traue ich nicht. Du ſageſt gute Freundſchaft zu; ſpieleſt aber darun= ter die groeſte Verraetherey. Du verheiſſeſt Treue; legeſt aber an ſtatt der Rahel die Lea bey. Du giebſt Gift fuer Honig; Galle fuer Manna, und Angſt fuer Freude. Welt, du biſt eine ſchmeich= lende Jael; wer deine Sueßigkeit genieſſen will, [44] den toedteſt du, B. Richt. IV. 12. Du biſt eine Stiefmutter; da du deinen Kindern ſolteſt die Brueſte reichen, zuckeſt du das Schwerdt. Es iſt gefaehrlich, bey dir an Tiſch zu gehen. Die Koſt der glatten Worte, womit du ſpeiſeſt, iſt Mithridatens Tiſche gleich, der nie vom Gift leer war. Betruegliche Welt=Delila! Du haſt ein uebel gemacht Bette; darinnen iſt keine Ruhe, ſondern der Tod zu finden. Ich mag mich nicht hinein legen. Dein Lieben bringt Betrueben. Die dich umfangen, mueſſen hangen. Die dich hertzen, kriegen Schmertzen. Die deiner genieſſen, mueſſen dafuer bueſſen. Tanti poenitere non emo. Dei= ne Worte halten keinen Stich, was quaeleſt du mich? Welt packe dich!

IV. Der Frucht=bringende Chriſten=Baum.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Pſal. I. 3.
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DEr Fromme iſt wie ein Baum gepflan= tzet an den Waſſer=Baechen, der ſeine Frucht bringet zu rechter Zeit.SChoen iſt es, wenn der Menſch unter dem Bilde eines Baumes fuergeſtellet wird. Koenig David nicht allein und andre Prohpeten, ſondern auch Chriſtus ſelbſt vergleichet ihn damit, Matth. VII. Dieſen Baum [45] hat GOTT in den Garten der Chriſtlichen Kirche gepflantzet; darinn ſoll er ihm angenehme Fruechte bringen, Roem. VII. 4. Hoer, was die Gelehrten hievon ſagen; der Menſch ſey ein umgekehrter Baum. Deſſen Haupt ſey der Stamm; die Haare die Wurtzeln; die Haende und Fueſſe die zur Seiten und empor ſtehende Aeſte. Wilt du wiſſen, wie die Stuecke eines Baumes auf einen Chriſten ſchoen appliciret werden koennen? Hugo Victorinus, ein alter Kirchenlehrer, wird dirs lehren. Die Wurtzel vergleicht er dem Glau= ben; aus dieſem mueſſen alle andere Tugenden her= ſprieſſen, ſollen ſie GOtt gefallen, Rom. XIV. 13. Der Stamm iſt die feſtgegruendete und beſtaendi= ge Hoffnung. Die Zweige ſind die Liebe, die ſich gegen GOtt und den Naechſten ausbreitet. Der inwendige Kern iſt der gute Vorſatz. Die Kınde iſt der erbauliche Wandel. Die Blaetter ſind die guten Wercke. Die Bluethe ein gu= tes Geruechte. Die Frucht ein gut Gewıſ= ſen, darauf Freude und Seeligkeit folget.Spatzire in den Pflantzgarten der Chriſtli= chen Kirche. Baeume wirſt du ueberall genug an= treffen; aber mehr wilde als zahme, Jer. II. 21. mehr todte als friſche, Math. XXI. 19. Viele ̅ wird es auch nicht an Blaettern und Bluethen fehlen. Bekennen nicht Chriſtum die meiſten nur mit der Zungen? Matth. XV. 8. Wo ſind die Fruechte? Wie, ſprichſt du, iſt mancher Baum nicht reich genug mit Fruechten beladen? Ja leider! aber was ſinds vor Fruechte? Iſt der Baum faul, was kan er anders als arge Fruechte bringen? Matth. VII. [46] 27. Von Natur iſt der Menſch ein wilder und boeſer Baum; ein Dorn=und Dıſtel=Strauch, der lauter boeſe Fruechte traegt, 1. B. Moſ. VI. 5. Aber da er in der Taufe Chriſtum angezogen, iſt er mit ihm zuſammen gewachſen, wie ein Zweig mit dem Stamme, und hat einen neuen Lebens=Saft bekommen, dadurch er kan gruenen und Fruechte tragen zum ewigen Leben.Allein die meiſten Baeume ſind wieder verwildert und aus der Art geſchlagen, Jer. II. 21. Des Heuchlers Baum traegt Sodomitiſche Aepfel. Dieſe gleiſſen ſchoen von auſſen. Die Fruechte ſind aber faul und taugen nichts. Der Welt=Kinder ihre Fruechte ſind Ehebruch, Hurerey, Unreinig= keit, Unzucht, Abgoetterey, Zauberey, Feindſchafft, Hader, Neid, Zorn, Zanck, Zwietracht, Rot= ten, Haß, Mord, Saufen, Freſſen und derglei= chen, Gal V. 19. ſeqq. Solten dieſe Fruechte GOtt gefallen? Heiſt dieſes ein Fruchtbringender Chriſten=Baum? Sind dieſes Fruechte des Gei= ſtes? Nein! des Teufels. Die Fruechte des Gei= ſtes ſind Liebe, Freude, Friede, Gedult, Freund= lichkeit, Guetigkeit, Glaube, Sanftmuth, Keuſch= heit, Gal. V. 22. Der iſt ein fruchtbarer Chri= ſten=Baum, der ſolche Fruechte bringet. Jenes ſind Fruechte der Ungerechtigkeit, die der Teufel herfuer bringt. Dieſe Fruechte der Gerechtigkeit, die durch JEſum Chriſtum geſchehen zum Lobe GOttes, Philipp. I. 11.Solche Fruechte der Gerechtigkeit ſucht GOtt fuernemlich auf dem Regenten=Baume, Jer. XXII. 3. Gar ſchoen vergleicht Jotham gute Re [47] genten dem Oelbaum, Feigenbaum und Wein= ſtock. Den loſen Mann aber, den damals das Volck zum Regenten erwehlete, einem ſtachlich= ten Dornbuſch. Chriſtliche Regenten ſollen zu= ſehen, daß ſie ſolche koeſtliche Baeume ſeyn, die mit ihrer Fettigkeit, wie der Oelbaum, mit ihrer ſueſſen Frucht und Moſt, wie der Feigenbaum und Weinſtock das Land und die Unterthanen in Aufnehmen bringen, B. Richt. IX. 8. ſeqq. Dieſe Frucht des Gerechten iſt ein Baum des Le= bens, Spruechw. XI. 30. Auf dem Prediger= Baume ſuchet er die Fruechte der Erkaenntniß und guter Lehre. Dem Ezechiel zeigte ein Engel al= lerley fruchtbare Baeume, derer Blaetter nicht ver= welckten noch verfauleten. Alle Monate brach= ten ſie neue Fruechte. Dieſe dieneten zur Speiſe, und die Blaetter zur Artzeney. Was wird hiermit angedeutet? Der Zuſtand des Neuen Teſtaments, da Lehrer und Prediger als koeſtliche Baeume, mit ihren manigfaltigen Gaben jeder man dienen, und zu GOttes Ehren viel Nutzen ſchaffen werden. Ihre Blaetter werden nicht verwelcken, das iſt, ſie werden in der Hitze der Anfechtung nicht um= kommen. Ihre Frucht wird nicht verfau= len, das iſt, ihre Arbeit, in GOtt gethan, wird nicht vergebens ſeyn. Alle Monat werden ſie neue Fruechte bringen, das iſt, ſie werden reich ſeyn an guten Wercken, und nie aufhoeren GOtt und dem Naechſten zu dienen, Ezech. XLVII. 12. Auf dem gemeinen Baume ſuchet GOtt Fruech= te des Berufs. Aus den Fruechten gegen GOtt und den Naechſten wird ein Chriſt am beſten er [48] kannt. Du ſolt GOtt deinen HErrn lieben von gantzem Hertzen, von gantzer Seele, und von gan= tzem Gemuethe, und deinen Naechſten als dich ſelbſt, Matth. XXII. 37.Regent! Die Fruechte deines Baumes ſind Gerechtigkeıt. Sieh zu, daß du daran reich ſeyſt. Prediger! Sind deines Baumes Fruechte Eıffer und Sorgfalt; werden ſie GOtt hoechſt angenehm ſeyn. Ehemann! die Fruechte deines Baumes ſollen ſeyn Liebe, Epheſ. V. 25. Ehe= weib! deine Fruechte ſollen ſeyn Gehorſam und Unterwerffung, 1. B. Moſ. III. 16. Sehet beyde zu, daß ihr daran fruchtbar ſeyd. Ihr O= ber=Herren! eure Fruechte ſind gute Exempel, Epheſ. VI. 9. Ach bemuehet euch, daß euer Baum ſtets damit erfuellet ſey. Ihr Eltern! eure Fruech= te ſollen ſeyn gute Zucht, Spr. IV. 1. und die eurigen, ihr Kinder! Liebe und Gehorſam, Epheſ. VI. 1. Aller Menſchen insgeſamt Chriſt= liche Tugenden; vornemlich Glaube und gut Gewıſſen. Viele Menſchen ſuchen ſich ſchoen zu machen durch ihren Schmuck und Geſchmeide. Liebſte Chriſten! wolt ihr ſchoen ſeyn in GOttes Augen? ſo breitet eure Aeſte aus. Gebet einen angenehmen und lieblichen Geruch von euch wie die Specereybaeume in Libanon; oder wie der Sineſiſche Blumenbaum Quei. Seyd frucht= bar wie der Cocos-Baum in Indien, welcher unaufhoerlich gruent, und das gantze Jahr nie oh= ne reiffe Fruechte iſt. Unfruchtbare Baeume will JEſus nicht in ſeinem Garten leiden. Was hındert er das Land? haue ıhn ab, Luc. XIII. 7. [49] Den Feigen=Baum, der keine Fruechte trug, verfluchte er gar, Matth. XXI. 19. Ihr ſeyd Reben an Chriſti Weinſtock; ihr mueſſet Fruechte bringen, Joh. XV. 22.Menſch! Biſt du bißher ein wilder und un= fruchtbarer Baum geweſt? aendere deine Natur. Ich hab geleſen, wie des Antanders alter Ahorn= Baum, den einſt der Wind zu Boden geworfen, nach etlichen abgehauenen Aeſten ſich des Nachts wieder ſoll empor gehoben haben. Biſt du gefal= len? ſtehe wiederum auf. Der Africaniſche Quit= ten=Baum laeſt ſich auf keinen andern Stamm pfropfen. So muſt du nicht geartet ſeyn. Laß dich auf Chriſtum den Baum des Lebens pfropf= fen; ſo kanſt du fuer einen Oelbaum und fruchtba= ren Rebſtock pasſiren. Keine Diſtel wird zwar eine Lilie; kein wilder Baum ein guter. Aber aus einem verlohrnen Sohn kan mit der Zeit ein fromm Kind, Luc. XV. 21. aus einem gottloſen Zoellner ein frommer Zachaeus, Luc. XIX. 9. aus einem Moerder ein bußfertiger Schaecher, Luc. XXIII. 40. und aus einem Blutduerſtigen Saul ein gottſeliger Paulus werden, Apoſtel=Geſch. XIII. 9. Bringet der Baum Frucht? wird der HErr ſagen: Laß ihn ſtehen. Iſt er gar un= fruchtbar? wird er ſprechen: Haue ihn ab, Luc. XIII. 8. 9.Mein GOtt! du der Weinſtock, ich die Rebe, Joh. XV. 5. Du haſt mich in deinen Kirch= Garten gepflantzet. Gieb, daß ich darinnen grue= ne, bluehe und Fruechte trage. Laß mich ſeyn ein fruchtbarer Oelbaum, Jer. II. 16. und ſueſſer [50] Feigenba um. Ein Baum der Gerechtigkeit, und eine Pflantze des HERRN zum Preiße, Eſa. LXI. 3. Bin ich ſchon wie ein Baum gepflantzet an den Waſſer=Baechen, Pſ. I. 3. Stehe ich hier gleich im Thraenen=Thal? Rinnen ſchon die Baeche und Stroeme der Anfechtung um mich zu= ſammen? Ich werde doch nicht gar ueberſchwem= met und ertraencket werden. Laß mich nur vor dir wandeln wuerdiglich zu allem Gefallen, und frucht= bar ſeyn in allen guten Wercken, Coloſſ. I. 10. Ich weiß, du belohneſt einem jeglichen nach den Fruechten ſeiner Wercke, Jer. XVII. 10.

V. Der verachtete Hochgeachte.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: 1. Cor. IV. 9.
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ICh halte, GOTT habe uns Apoſtel fuer die allergeringſte dargeſtellet, und dem Tode uebergeben. Denn wir ſind ein Schau=Spiel worden der Welt, und den Engeln und Menſchen.VIel guter Werck hab ich euch erzei= get von meınem Vatter, um wel= ches Wercks wıllen ſteiniget ihr mich? Joh. X. 33. Dieſe Worte preſ= ſeten weyland die gottloſe Jueden dem Biſchof un= ſerer Seelen aus. Ich halte, mancher treue Diener JEſu habe heut Urſache, ſolche ſeinem [51] HErren nachzuſprechen. Was koente fuer ein beſſer Werck ſeyn, als das ewige Heyl der Men= ſchen ſuchen? Prediger thun dieſes. Wie be= kommt es ihnen aber? Man verfolget, ſchmaehet und laeſtert ſie. Stanck fuer Danck iſt ihr Sala- rium. Spott und Hohn ihr gantzer Lohn. Boeſe Zeiten! die erſten waren beſſer.Noah warnete die erſte Welt fuer der Suend= Fluth. Wie gieng es ihm dabey? Er wurde veracht und verlacht, 1. B. Moſ. VI. 3. Loth wolte Sodom zur Gottſeeligkeit anfuehren. Was war ſein Lohn? Die boeſe Leut machten ihm vieles Leid, 2. Petr. III. 7. Moſes fuehrte Iſrael aus Egypten. Was Dancks hatte er davon? Sie wolten ihn peinigen und ſteinigen, 2. B. Moſ. XVII. 4. Elias reinigte das Land von den Baals=Pfaffen. Wie bekam es ihm? Er muſte weichen und ſchleichen, 1. B. Koenig. XIX.Du haſt vor kurtzer Zeit das Lehr=Amt ange= tretten. Wie hoer ich ſchon ſeufzen; War ich nicht glueckſelig? War ich nicht fein ſtille? Hatte ich nicht gute Ruhe? und kommt ſolche Unruhe, Hiob. III. 26. Ja du ſprichſt mit Luthero: O haette ichs gewuſt, ich wol= te mich nimmermehr darzu begeben, ſon= dern mit Moſe geſagt haben, ſende HErr, welchen du wilt. Wie ſo? lieber Prediger! Haſt du denn der Diener CHriſti Leib=Spruch noch nicht gewuſt: Durch Ehre und Schan= de; durch boeſe Geruechte und gute Ge= ruechte, 2. Cor. VI. 8. Haſt du dir Ehre, Ruhe und gute Tage beym Predigt=Amte eingebildet? [52] Wie ſchaendlich biſt du betrogen? Haſt du viel= leicht auf die ſchoene Ehren=Tıtel geſehen, mit welchen GOtt ſeine Diener beleget? Ach! dar= nach fragt die Welt nichts. Sie heiſſen zwar Engel, Off. Joh. II. 1. Die Welt aber achtet ſie wie Teufel. Sie ſind Lichter der Welt, Matth. V. 14. werden aber fuer ſchaedliche Irr= wiſche angeſehen. Sie hat den Hauß=Vater Beelzebub geheiſſen, wie vielmehr werden ſeine Haußgenoſſen alſo heiſſen? Matth. X. 25.Es iſt wahr: Predigt=Amt das hoechſte und koeſtlichſte Amt. Prediger, die vor GOttes Au= gen Ehrwuerdigſten und werthgeachteſten Leute. Sie ſind mehr denn die Engel. Zu welchen En= gel hat GOtt jemahls geſagt: Ich will dir des Himmelsreichs Schlueſſel geben; als er zu Petro und ſeinen Nachfolgern geſagt, Matth. XVI. 19. Sie ſind Haußhalter ueber GOt= tes Geheimniß, 1. Cor. IV. 1. Mit=Arbei= ter GOttes, 1. Cor. III. 9. Engel der Kir= chen, Off. Joh. II. 1. Geiſtliche Vaetter, 1. Cor. IV. 15. Aber, ſo hochgeacht bey GOtt, ſo veracht bey der Welt. Sie ſind ein Fluch der Welt, und ein Feg=Opfer aller Leute, 1. Cor. IV. 13. Ein Schauſpiel der Welt und den Engeln und Menſchen, v. 9. Dieſe Klag=Wor= te werden ihnen ſtuendlich ausgepreſſet: Sehr voll iſt unſere Seele der Stoltzen Spott, und der Hoffaertigen Verachtung, Pſ. CXXIII. 4.Lieber Prediger! das darfſt du nicht achten. Darinnen muſt du dich beweiſen als ein Diener [53] GOttes in aller Gedult, 2. Cor. VI. 4. Ich wuenſche, du haetteſt noch vor deiner Ordination geleſen was Laſſenius geſchrieben: Wilt du ein Lutheriſcher Prediger werden? ſo laß unter deinen Prieſter=Rock etliche Ellen Gedult ſetzen. Laß in deine Vocation die Re- ſolution mit einſetzen; Fuer Chrıſtus Ehr, Lehr und Wahrheıt zu leiden und zu ſter= ben; ein Bettler fuer ihm zu werden. Schmeckt dır das nicht: Bleıb aus der Kapp. Nun der Strick am Halſe, iſts zu langſam.Du ſucheſt Ehre bey der Lehre. Conſtantini Zeiten ſind vergangen. Die Alten haben vor und nach der Zeit dergleichen wenig gehabt. Petrus war ein herrlicher Prediger. In einer Predigt hatte er drey tauſend Seelen bekehret, Apoſt. Geſch. II. 14. Was war ſein Lohn? Urtheile ſolchen aus dieſen Worten; Wenn du alt wirſt, wirſt du deine Haende ausſtrecken und ein anderer wird dich guerten, und fuehren, wo du nicht hin wilt, Joh. XXI, 18. So ſpielt die Welt mit allen Dienern GOt= tes. Warum aber, liebſte Prediger? Weil ihr Chriſtum und die goettliche Wahrheit geprediget. Dieſe kan die Welt nicht leiden. Darum mueſ= ſet ihr gefangen liegen zur Verantwortung des Evangelii, Phil. 1. 17. Weil ihr des Satans Reich zerſtoehren wollet, darum bruellet dieſer Loe= we wider euch. GOTT laeſſet es auch geſchehen Warum? damit ihr euch der hohen Offenbah= rung nicht ueberhebet, 2. Cor. XII. 7.
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Doch wer fragt nach Ehr? Nach einen groſ= ſen Nahmen und guten Tagen? Wer fragt nach Spott und Verfolgung? Diene du nur deinem JEſu treulich. Cum damnaris a mundo, ab- ſolveris a Deo. Dencke du mit Paulo: Mir ıſt eın geringes, daß ıch von euch gerichtet werde, 1. Corinth. IV. 3. Die Prediger, ſo hier in einen Roſen=Garten ſitzen, werden gewiß dort einmal in der Hoellen ſchwitzen. Wundere dich dieſer Rede nicht. Wer ſeinem GOTT recht treu dienet, der kan in einem Roſen=Gar= ten ſitzen. Sanfft=Prediger traegt die Welt auf Saenften. Die aber um die Warheit eifern, be= lohnt ſie mit Zorn und Eifer. Elias, Jeſaias, Jeremias, Johannes der Taeuffer, Paulus, Petrus und andere ſind des Zeugen. Der heu= tig verfolgten koente ich einen groſſen Catalogum herſetzen.Warum verhaengt GOtt aber dieſes ueber ſeine Diener? Lieber Prediger! wir wollen dabey die Hand auf den Mund legen. Glaube das: Der Welt Verfolgung macht recht tuechtige und ge= ſchickte Lehrer aus uns. Anfechtung lehret aufs Wort mercken, Eſa. XXVIII. 19. Durchs Creutz lehret ſichs im Creutz am beſten troeſten.Welt! ſchaende, ſchmaehe und laeſtere. Was acht ich dein? Um JEſu willen will ichs gedul= tig ertragen. Im Himmel wird mirs wohl be= lohnet werden, Matth. V. 11. Du Biſchoff meiner Seelen! 1. Petr. II. 25. ich bleib dir getreu. Haß und Verfolgung muß ich der Wahr [55] heit wegen genug erdulten. Doch will ich ſie lie= ben und vertheidigen biß in den Tod, Syr. IV. 33. Gefallen meine Straffen nicht Menſchen, wer= den ſie doch GOtt wohlgfallen, Spruechw. XXIV. 25. werd ich deswegen gelaeſtert und ver= laeumdet? Was mehr! du wirſt einen Nicode- mum erwecken, der Zeugniß meines frommen Le= bens giebt, und mir das Wort redet. Wirfft man mich gar deswegen ins Gefaengniß? Es ſey alſo. Viele Heilige und Apoſtel ſind drinnen geweſt, Apoſt. Geſch. V. 18. Auch weiſſeſt du Leute, wie die zu Damaſco, die einen gefangenen Paulum in einem Korbe durch die Mauer laſſen, Apoſt. Geſch. X. 28. Muß ich ſchon weichen und fliehen? Ich will darum nicht von dir fliehen, mein Hirte, ſo begehr ich Menſchen=Tage nicht, das weiſt du. Sey du mir nur nicht ſchreck= lich, meine Zuverſicht in der Noth! Laß ſie zu ſchanden werden die mich verfolgen, und mich nicht; Laß ſie erſchrecken, und mich nicht, Je= rem. XVII. 16.

VI. Der aufgerichtete Riederge= ſchlagene.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Joh. XVI. 20.
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DIe Welt wird ſich freuen, ihr aber werdet traurig ſeyn; doch eure Trau= rigkeit ſoll in Freude verkehret werden.
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MEin Chriſt! wie ſieheſt du ſo uebel? Du biſt ja nicht kranck? Das iſts nicht, ſondern du biſt ſchwermuethig, Nehem. II. 2. Waere es doch nicht Wunder. Ich muß auch in manchen herben Creutzes=Apfel beiſſen. Aſchen iſt mein taeglich Brodt; und Weinen| mein Wein, Pſ. CII. 10. Wenig Stunden verflieſſen ohne Thraenen=Gueſſen. Ey, du muſt dich in GOt= tes Weiſe fein ſchicken lernen. Seinen Kindern legt er allen eine Laſt auf, Pſ. LXVIII. 20. Je naeher GOtt, je groeſſer die Noth. Darueber muſt du nicht zu ſehr klagen und verzagen. Der Welt Boeſes dienet zu unſerm Beſten, Eſa. XXVIII. 19. Ein Chriſt muß ſueß und ſauer fein zu temperiren wiſſen. Was iſts, daß du dein Lebenlang in finſtern iſſeſt, und in groſſen Grae= men und Traurigkeit? Pred. V. 16. Traurigkeit ſchwaechet das Gemuethe und Gebluete. Ein trau= rige Seele iſt mit groſſer Gefahr umringet. Sie laeſt oft allen Muth in den Moraſt der Schwer= muth ſincken. Sie ſchlaegt die Hoffnung und Freu= de an GOtt gantz aus den Augen. Sie widerſetzt ſich allen heilſamen Troſte. Hierdurch wird dem Satan das Waſſer zu ſeiner Fiſcherey fein truebe gemacht. Bey ſolchem Zuſtand findet er den Menſchen gegen ſeine ſtarcke Verſuchungen am ſchwaechſten.Mein Freund! Traurigkeit ſchadet auch ſehr dem Leibe. Sie ſchwaechet die Kraeffte, Syr. XXXVIII. 19. Ja ſie toedtet viele Leute, und die= net doch nirgends zu. Syr. XXX. 25. Ach! der HErr hat ein Hiobs=Bild aus mir gemacht. Was mehr? Dadurch koemmſt du in das ſchoene [57] Zim ̅ er des Him ̅ els. Die von der Creutzes=Sonne ſchwartz=gebrannte Braut iſt in des himmliſchen Braeutigams Augen gantz lieblich, Hohel. I. 5.Der Prediger will aber, es ſey beſſer, ins Klag= als Freuden=Hauß zu gehen? Pred. VII. 3. Das iſt wahr. Nur, daß es eine maeßige und goettliche Traurigkeit ſey. Beſſer traurig in GOtt, als froelich in der Welt. Die goettliche Traurigkeit wuercket zur Seeligkeit eine Reue, die niemand gereuet; die Traurigkeit aber der Welt wuercket den Tod, 2. Cor. VII. 10. Doch heiſt es mit den Kindern GOttes: Als die Traurigen, aber allezeit froelich, 2. Cor. VI. 10. Mache dich nur ſelbſt nicht traurig. Du geußt dadurch dei= nem Creutz=Holtze nur Bley ein, und macheſt die Beſchwer ſchwerer. Die Laſt iſt mir ſchon zu ſchwer! GOtt wiegt den Himmel; ſolt denn dei= ne Laſt ſo ſchwer ſeyn, daß er ſie nicht koenne von dir nehmen?Sieh mich an. Als ein natuerlicher Menſch bin ich ſtets traurig. Als ein Chriſt und Kind GOttes aber immer froelich. Weiſt du, warum? Weil ich einen gnaedigen GOtt und gut Gewiſ= ſen habe. Ein froelich Hertz und gnaediger GOtt macht guten Muth. Du ſprichſt: Wer nur die Traurigkeit ausjagen koente; ſie hat ſich ſchon zu veſt ins Hertz geſetzt. Mein, henge ihr nicht nach. Kommt ein melancholiſcher Gedancke? kommt ei= ne traurige Stunde? ſo bete Jac. V. 13. Mache es wie David. Wie ſagte der? Wenn ich be= truebt bin, ſo denck ich an GOtt; wenn mein Hertz in Aengſten iſt, ſo rede ich, [58] Pſ. LXXVII. 4. Flieh zu JEſu, dem Troeſter aller Traurigen. Gleichwie wird es Leidens viel haben, ſo werden wir auch reichlich getroeſtet durch Chriſtum, 2. Cor. I. 6. Der kan und wird dein Thraenen=Waſſer bald in Weın verwandeln. Geſchicht es hier nicht? warte biß dort hin. Die Zuflucht zu JEſu, und das Gebet, ſind die be= ſten Mittel der Traurigkeit zu widerſtehen. Wie der Weın, ſagt Chryſoſtomus, wenn er ge= truncken wırd, die Trautigkeit ſtillet, und das Hertz zur Freude kehrt; Alſo auch, wenn der geıſtliche Wein des heiligen Wortes getruncken wird, ſo beweget er die Seele zur Freude. Du ſingeſt ja ſelbſt: Wenn ich in Noethen bet und ſing, ſo wird mein Hertz recht guter Ding. Practicire es alſo auch. Nimm zur Hand troeſtlich= und Hertz=erquickende Buecher.Angefochtene Seele! du verlangeſt derglei= chen zu wiſſen. Wider die Traurigkeit deines Hertzens recommendire ich dir vornemlich nach= folgende ſchoene Buecher: Sigism. Schererzii Seelen=Arzeney wıder die Melancholey, in Duodez zu Lueneburg, 1652. gedruckt. Jo= hann Hayworden Betruebter Seelen Heilig= thum, in Octav, Hamburg, 1673. D. Heinrich Muellers Thraenen= und Troſt=Quelle/ in Octav, Franckf. 1676. Weyhenmeyers Be= trachtung, der hochgeiſtlich angefochte= nen Seele, in Duodez, Augſp. 1683. Valent. Wudrian. Creutzes=Schule, in Duodez, Franckf. 1694. M. Georg Schimmers, Be= kuem ̅ erte und durch die Troeſtungen GOttes [59] ergoezte Zion, in Octav, Wittenb. 1696. D. Joh. Laſſenii, Betruebtes und wieder getroe= ſtetes Ephraim, in Octav, Copenhagen 1698. D. Aug. Pfeiffers Melancholey=Vertreiber, in Octav, Leipzig, 1698. D. Joh. Friedr. Mayers Betruebtes und getroeſteres Kind GOttes, in Octav, Leipzig, 1698. David von Schwei= nitz Freuden=Schild wider die Traurigkeit, in Octav, Franckfurt 1701. L. Chriſtian Krumb= holtzens, die in groſſer Bangigkeit ſchweben= de, und durch den Troſt GOttes vom Ver= derben errettete Chriſtliche Seele, in Quart, Dreßden, 1702. M. P. F. Sperlings klagende und von GOtt getroeſte Zıon, in Quart, Leipzig.In dieſen Buechern, trauriges Kind! ließ fleißig und mit Andacht, ſo werden viel ſchwer= muethige Gedancken zurueck bleiben. Bediene dich dabey oeffters des hochwuerdigen Abendmahls. Dieſes iſt ein herrliches Medicament wider die Traurigkeit. Troeſte dich endlich, daß deine zeit= liche Traurigkeit in ewige Freude werde verkeh= ret werden, Joh. XVI. 20. Pſ. CXXVI. 5. Dem Jacob hat nun ſein hundert und dreyßigjaehriges Leiden die ewige Himmels=Freude doppelt ver= ſueſſet. Joſeph denckt nicht mehr an ſein Ge= faengniß. Noah nicht mehr an ſeinen Angſt= Kaſten. Manaſſes nicht mehr an ſeine Ketten und Bande. Hiob nicht mehr an ſeine Scher= ben; nicht mehr an den Verluſt ſeiner Gueter, weil er jetzt reichlich geſegnet iſt durch Chriſtum in himmliſchen Guetern, Epheſ. I. 3. Elias hat vergeſſen ſeiner Verfolgung; David ſeiner Fein [60] de; Hiskias ſeiner Kranckheit! Jonas der Angſt im Bauche des Wallfiſches; Lazarus ſeiner Schwaeren, und Paulus ſeiner empfan= genen Streiche. Dieſe alle ſind nun, als Erloe= ſete des HErrn, gen Zion kommen mit Jauch= zen; ewige Freude iſt nun ueber ihrem Haupte; Freude und Wonne haben ſie ergriffen, und Schmertz und Seufftzen iſt weg, Eſa. XXXV. 10. Jetzt ſind ihnen Schmuck fuer Aſche, Freuden= Oel fuer Traurigkeit, und ſchoene Kleider fuer den betruebten Geiſt gegeben worden, Eſa. LXI. 3. Iſt nun dieſer Zeit Leiden der Herrlichkeit werth, die an uns ſoll offenbahret werden? Rom. VIII. 18. Ich halte nicht dafuer. Vielmehr bringt das kurtze Leiden ewige Freuden, 2. Cor. IV. 17. Solt ich niedergeſchlagen, und den gantzen Le= bens=Tagtraurig gehen? Pſal. XXXVIII. 7. Das ſey fern.Weiche Traurigkeit! die Freude am HErrn iſt meine Staercke, Nehem. VII. 10. Ich bin nun erfuellet mit Troſt. Ich bin ueberſchwencklich in Freuden, in alle meinem Truebſal, 2. Cor. VII. 4.
Mein traurig Hertze ſing und ſpring, In allem Creutz ſey guter Ding, Der Himmel ſteht dir offen; Laß Schwermuth dich nicht nehmen ein, Denck, daß die liebſten Kinderlein Allzeit das Unglueck troffen. Ey ſo, ſey froh Und glaub veſte, daß das beſte So bringt Frommen Wirſt in jener Welt bekommen.
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Sieh Dame! die du ̅ ſtrebſtnach Schönheit dieſer Erden, So wird das ſchöne Bild nach deinem Todte werden. 3.
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Der Hertzerquickenden Blumen und Gemuethslabenden Aepfel Dritte Schale.
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I. Die heßliche Schoene.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Spruech. XI. 22.
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EIn ſchoen Weib ohne Zucht, iſt wie ei= ne Sau mit einem gueldenen Haar= Band.ICh bin die Allerſchoenſte! Ezech. XXVII. 3. Das war zu viel, mein Fraeulein! Dieſer ſchoene Paradieß= Garten der Welt traegt noch manche anmuthige Roſe. Ich will dich nur indeß ſchoen nennen. Aber, ſag mir was iſt eine ſchoene Dame? Die, welche Saltz im Gehirn; Zucker im Munde; Gold an den Haa [62] ren; Purpur auf den Wangen; Feuer im Her= tzen, und den Blitz in Haenden fuehret. Weit gefehlet. Dieſe Qualitaeten haben oft die groe= ſten Huren. So einen Mahler laß ich mich nicht bethoeren. Mulier ſuperbè amicta, in ſpecie picta, in ſermone ficta, non uni vitio eſt ad- dicta. Wie ſagſt du? Schoene Weiber, ſchoene Leiber? nicht allemal. Von der aeußerlichen zur innerlichen Schoenheit, iſt kein richtiger Schluß. Das mit Zinnober, Bleyweiß und Schattir=Fleckgen bekleiſterte Geſicht, iſt oft in der Fern das beſte. In manchem ſchoenen Wirths= Hauſe iſt der Wirth ein Schelm. Die Tulipan eine ſchoene Blum; aber ohne Geruch und Nutz in der Artzeney. Die Sodomitiſche Aepfel ſchoene Fruechte; aber inwendig voller Staub und Aſche. Die auf Engliſch gezierte Tocken haben oft Fran= tzoeſiſche Pocken, und ſtinckende Haar=Locken. Manche perfumirte und perflorirte iſt oft eine deflorirte. Unter der ſchoenen Mantele ſteckt ge= meiniglich eine Mannthoerigte. Und die in ſeide= nen Schleyer, haben oft im Sinn viel Buhler und Freyer. Jenes Koeniges in Engeland Con- cubine, die Roſa munda, mag Roſa mundi ge= weſen ſeyn; eine anmuthige Roſe von Geſicht; ſie war aber eine ſtinckende Kaeyſer=Crone vom Ge= ruecht und Gewicht. Iſabel war auch ſchoen, a= ber dabey eine Hure, 2. B. Koenig. IX. 30. Diß iſt eine heßliche Schoenheit. Glaubeſt du es nicht? Hoere, was Salomo ſpricht: Ein ſchoen Weib ohne Zucht, iſt wie eıne Sau mit einem gueldenen Haarband, Spr. XI. 22. Wohl [63] getroffen. Lerne beſſer von der Schoenheit raiſon- niren. Diß iſt ein ſchoen Weibs=Bild, die Tu= gend nebſt der Jugend; Scham=Roethe auf den Wangen und Keuſchheit bey weniger Schoenheit hat. Die rein vom Gebluet, iſt ſchoen vom Ge= ſicht und Gemueth. Kaeyſer Galba war ein ſehr gebrechlicher Herr, aber herrlichen Verſtandes und Gemueths. Deßwegen ſagte man auch von ihm: Et ſey von ſchoener Heßlichkeıt. Schoe= ner Heßlichkeit iſt beſſer als heßlicher Schoenheit ſeyn. Das iſt ein ſchoen Weibs=Bild, die nach Gvevarrae Abſchilderung, Blind iſt, nach den Buhlern zu ſehen; Taub, der Kuppel=Weiber Reden anzuhoeren. Lahm, daß ſie nicht auf der Gaſſen herum laeuft; Krumm und ohne Haende, die Buhler=Briefe anzunehmen. Ey! Schoenheit des Geſichts hat ueberall den Preiß. Sie iſt ein koeſtlicher Schatz eines Frauenzimmers. Warum mißgoennt man mir ſolchen? Tauſendſchoen ein be= liebtes Bluemgen. Jederman traegt es gern bey ſich. Warum will man mirs aus den Haenden und Buſen reiſſen? Verſchmaehet doch keines Koe= niges und Fuerſten Hand eine ſchoene Roſe. Kein Icarus kan die Sonne ſchelten; weniger ein Ver= liebter die Schoenheit. Ich halte ſie hoch, als mein Leben. Das glaub ich dir; drum ſchmueckeſt und ſchminckeſt du dich ſo. Du haſt mehr Schwe= ſtern. Jenes Weib zu Pariß ließ ſich ſchinden und die Haut abziehen, hernach durch den Wund= Artzt ſich wieder heilen, damit ſie eine ſchoene und friſche Geſtalt bekommen moege. Lieſſe ſichs ſo leicht practiſiren, glaub ich, manche Iſabels=Schweſter wuerde es vornehmen.
|| [64]
Thorheit! Die Weiber ſtincken, ſo ſich gern balſamiren und ſchmincken. Ich wuenſche allen ſolchen mit David, GOtt mache ihr Angeſicht voller Schande, Pſ. LXXXIII. 17. Schoen= heit iſt Eitelkeit, Nichtigkeit, Fluechtigkeit, Pſ. XXXIX. 12. Sie iſt eine verwelckliche Blume, Hiob XIV. 2. die heut ſtehet, morgen vergehet. Rahel eine ſchoene Dirne, 1 B. Moſ. XXIX. 17. Abigail ein ſchoen Weib, 1. Sam. XXV. 3. He= lena ein Ausbund der Schoenheit. Wo ſind alle dieſe? Unter der Erden. Schoene! ſo wirſt auch du in Staub verwandelt werden. Ach verlieb dich nicht in dich ſelbſt. Deine Schoene iſt ein Tuench; eine kleine Kranckheit macht ihn abfallend, Pſ. XXXIX. 12.Was das Aergſte? Schoenheit giebt oft der Seel und dem Leib eine Heßlichkeit. Schoene Ge= ſtalt und Goldgelb Haar bringen oft Gefahr. Ein reiner Spiegel wird leicht fleckt, und ein ſchoen Weib leicht bekleckt. Dina, 1. B. Moſ. XXXIV. 2. und Bathſeba ſind des Zeugen, 2. Sam. XI. 4. Jene Mutter in einer vornehmen Reichs= Stadt, gieng, da ſie ſchweren Leibes, alle Tage in die Kirche, ein ſchoen Marien=Bild fleißigſt zu beſchauen, damit ihre Leibes=Frucht dergleichen Schoenheit bekommen moege. Welches auch erfolg= te. Bey heranwachſenden Jahren kam dieſe ſchoe= ne Jungfer zu Fall, und weil ſie, ihre Schan= de zu bedecken, das Kind umbrachte, wurde ihr das ſchoene Angeſicht vor die Fueſſe gelegt. O Ge= faehrlichkeit der Schoenheit!
|| [65]
Was wendeſt du weiter ein? Schoenheit ſey ein Lobe=Brief der Natur? Ja! aber natuerli= che, meine Tochter. Dieſe iſt ein Schatz, welcher Liebens= und Lobens=wuerdig. Solche bedarf auch keiner Schmincke. Deine aber iſt ein bloſſer Tuench, der augenblicklich entſteht und vergeht. Blaſſe Farbe eine Staats=Farbe, ſprichſt du. Dieſe muß man durch Schmincke erlangen. Ey, was Staat. Schmincke iſt ein Kennzeichen ver= blichner Schoenheit. Deine Geſtalt verraeth ziem= lich deine Gemueths=Affecten. Die Blaſſe des Geſichts; die Hertzens=Seufzer und umſchweif= fende Augen ſind geſchwinde Verraether der Ver= liebten. Deine geſchminckte Geſtalt iſt ein Gey= er zarter Hertzen. Wie lautet der Italiaener Spruechwort? Ein ſchoen Weibs=Bıld ſey ein Paradieß der Augen; eine Hoelle der See= le, und ein Feg=Feuer des Beutels. Viel= leicht ſtrebeſt du dadurch manchen in dein Garn zu bringen?Mein, ſage mir, ſchoene Dame, warum ſchmin= ckeſt du dich taeglich? Weil Roſen=Farbe ange= nehm und reitzend iſt. Auf ein ſchoen Bild wirft man eher die Augen, als auf ein heßliches. Aber warum balſamireſt du dich ſo oft? Weil denen Monſieurs Moſchus ſehr angenehm. Man pflegt aber zu ſagen: Non bene olet, quae ſemper olet. Die ſtincken, ſo ſich oft ſchmincken? Ich halt es nicht. Dadurch verehren mir Verliebte ihr Augen=Licht weit andaechtiger, als Lybien die Sonne. Dieſes geſchminckte und geſchmierte Angeſicht iſt ihre Wonne. Ich bin ihr Gott; [66] mein Hertz iſt ihr Heiligthum; und der Himmel kriegt nicht ſo viel Seuftzer, als ich. Was nue= tzet aber der koſtbare Schmuck? Allzu praechtig iſt verdaechtig. Und was ſollen die entbloeßte Brue= ſte? Dieſes geıle Rund legt zur Liebe den erſten Grund. Sie ſind ein kraeftiges Geſtirn, wel= ches die trueben Zorn=Wolcken auch der grimmig= ſten Feinde ausklaehrt. Hat nicht Phryne durch Entbloeſſung ihrer ſchoenen Brueſte, das ſchon ab= gefaßte Verdammungs=Urtheil von ſich abgeleh= net? Pfuy! ſchaeme dich fuer GOttes und der Men= ſchen Augen. Sieht dein Leib wohl anders, als ein Ballonen=Hauß? Nach was fragen dieſe Ballonen anders, als nach Spielen? O weh dem Vogel, der ſich laeßt ſolche Beeren kirren!Hoere, du zartes Venus-Bildgen! was jener Poet geſchrieben:
Die Waaren, welche vornen an In einer Lade liegen, Die kauft nicht gerne jederman, Sie pflegen nicht zu tuegen; Und die entbloeſſet iſt gebrueſt, Die Freyer einzuladen, Wo dieſe nicht verlegen iſt, So hat ſie doch ſonſt Schaden.Du meyneſt, der Glantz deiner Gold=gelben Haa= re blenden vieler Liebhaber Augen. Du denckeſt, auf deiner Alabaſter=Stirn erſcheine lauter Ma= jeſtaet. Die ſchwartzbraunen Augen ſeyn zwey Sonnen, die mit ihrer Hitze mancher Hertzen in Brand ſtecken. Deine Corallen=Lippen ſeyn ſueſſer denn Honig, worauf die groeſte Anmuth zu [67] finden. Dein Roſen=Mund ſey die Beredſam= keit ſelber, verliebte Gemuether an ſich zu locken. Eitelkeit! Nimm einen Spiegel aus den Bein= Hauſe, der wird dir deine eigentliche Geſtalt zei= gen.Arme Dame! ich will deine gantze Schoenheit anatomiren. Was ſind deine lockigte und gepu= derte Haar? Laeuſe=Staudten ſind es. Was ſind deine ſchoene Augen? Es ſind die Loecher, darein die Wuermer ihr Grab machen. Was iſt dein ſchoener Roſen=Mund? Ein Cloack alles Geſtancks und Unflats. Dieſe wohlgeſtalte Na= ſe iſt ein Gefaeß des Eyters und Kothes. Die Schnee=weiſſen Brueſte ingleichen. Deine ho= he Stirn wird bald runtzlicht werden; und dei= ne gantze Schoenheit iſt eine Zierde der Blumen, die heut ſtehen, morgen vergehen. Meine Tech= ter! erkenne beyzeit dieſe Eitelkeit. Sieh dich um, nach anderer Schoenheit. Nimm an die weiſſe Farbe eines heiligen Lebens, und den ſchoe= nen Purpur der Keuſchheit. Pudicitia eſt or- namentum nobilium, nobilitas ignobilium & pulchritudo vilium: Keuſchheit iſt eine Zıerde der Edlen; ein Adel der Unedlen, und eine Schoenheıt der Heßlıchen. Salbe dich mit dem Balſam des Gebets, daß du ein ſchoener Geruch werdeſt dem HErrn. Um dei= nen Halß binde die Perlen des ſeeligmachenden Worts. Beſtaendige Treue gegen GOtt ſey dein Ring: die Andacht das Gold, ſo JE= SUM den Eckſtein einfaſſet, Eph. II. 20. Prangeſt du in einer ſolchen Geſtalt, dann kanſt [68] du herfuer treten und ſagen: Ich bin die Aller= ſchoenſte.

II. Das vergnuegte Hertz.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: 1. Timoth. VI. 5.
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ES iſt ein groſſer Gewinn, wer gott= ſeelig iſt, und laeßt ihm begnuegen.DRey Dinge ſind nicht zu ſaettigen, und das vierdte ſpricht nicht: es iſt genug. Die Hoelle; Der Frauen verſchloſ= ſene Mutter; die Erde wird nicht Waſſers ſatt, und das Feuer ſpricht nicht: es iſt genug, Spruechw. XXX. 15. 16. Ich will das Fuenfte hinzu ſetzen. Welches das? Des Geitzigen Hertz. Dieſes iſt wie eine Blut=Egel, die allezeit ſchrey= et: Bring her, bring her, Spr. XXX. 15.Des Menſchen Hertz iſt ein ſo klein Stueck Fleiſch, daß es nicht einen Habicht ſaettiget; gleichwol aber iſt die gantze Welt nicht groß genug, ſeine Begierden zu erfuellen. Dem groſſen Alexander war eine Welt nicht genug zu bekrie= gen; jetzt hat ein klein Raeumgen ſeine Aſche und Gebeine umgeben. Geitz iſt eine Armuth des Ge= mueths; eine Quaal ſeines eignen Leibes. Ein Unvergnuegter ſpueret bey ſeinem groeſten Uberfluß ueberflueßigen Mangel Seine Augen koennen Reichthums nie ſatt werden, Pred. Sal. IV. 8. Seine Haende ſind nicht laeßig, ſolchen zu ſich [69] zu ſcharren. Die Fueſſe nicht verdroſſen, dar= nach zu rennen und zu lauffen. Felder und Gel= der! ſchreyt der Reıche. Mehr Ehr iſt mein Be= gehr! ſpricht der Hochmuethige. Volle Kruege, volle Gnuege! ſchreyt der Trunckenbold. Mei= ne Bruſt wuenſchet Luſt! ſagt der Wollueſtıge. Arme Leute! Ich hab wenig. Aber hoeret; ich bin der Reichſte. Warum? Ich habe gnug.Der groeſte und beſte Schatz ein vergnuegt Hertz. Der Vergnuegſte der Reichſte. Haelteſt du dieſes mit Cicerone fuer ein Paradoxon? Glaub nur, die Seele hat keinen Reichthum, der mehr ihr eigen ſey, als den, der auf der Vergnuegung be= ſtehet. Die wahren Schaetze beſtehen nicht vom Golde aus Erden, ſondern auf dem Golde des Glaubens. Um alles Reichthum der Welt kanſt du nicht mehr als die Welt kauffen; mit dem Gol= de des Glaubens aber den Himmel. Zeitlichkei= ten Eirelkeiten, damit kan ich das Ewige nicht erbeuten. Haett ich alles Geld und Gut der gantzen Welt, es waere doch damit alles ſchlecht beſtellt. Beſaehe ichs beym Licht, wuerde ich den= noch ſagen mueſſen. An dieſen allen hab ıch keine Gnuege, Eſth. V. 13. Der praechtıge Welt=Pallaſt ſchafft meiner Seelen keine Raſt. Ich nehme mit meinem Huettgen und gemuetheten Stuebgen vorlieb. Was nutzt mir der Gold= Hauffen? Ich kan mir doch den Himmel damit nicht erkauffen, Ezech. VII. 19. Haett ich Sil= ber wie Sand, und Gold wie Koth auf der Gaſ= ſen, Zach. IX. 3. Im Tode mueſt ichs doch ver= laſſen, Pſalm XLIX. 18. Solt ich nach groſſen [70] Ehren ſtreben? Ich handelte thoericht. Groſſe Ehr, groſſe Beſchwer. Hohe Ehren=Stellen ſtuertzen manchen zur Hoellen. Und, wie lange ver= gnuegt doch Wolluſt, darnach mancher ſo gra= ſet? Einen Augenblick? dann bringt ſie den Strick. Was mehr? Ewiges Armuth; Hertze= ſeyd, Hoellen=Leid. Weg damit.Es bleibt dabey. Der Vergnuegſte der Reich= ſte, 1. Tim. VI. 6. Mein GOTT! Armuth und Reichthum gieb mir nicht. Um den beſcheid= nen Theil bitte ich, Spruechwoert. XXX. 8. Mein Wahlſpruch iſt: Wıe es GOtt fuegt, bin ıch vergnuegt. Iſts kein Scheffel? wenn es nur ein Loeffel. Wenn ich Nahrung und Kleider ha= be, laß ich mich begnuegen, 1. Tim. VI. 8. Das wenige, das ein Vergnuegter hat, iſt weit beſſer, denn das groſſe Gut des Geitzigen, Pſalm. XXXVII. 16.Tritt her, Reicher und Geitziger! Zeige mir deine Geſtalt. Was bedeckt deinen Leib? Koeſt= liche Kleider. Koenig Mutizena in Neu=Spa= nien, verkleidete ſich alle Tage vierzehenmal auf das allerkoeſtlichſte. Kanſt du es ihm nach= thun? ich will dirs nicht mißgoennen. Wovon ſind deine Kleider? Von Purpur und koeſtlicher Leinwad, Luc. XVI. 19. Anno 1665. ließ ſich der Koenig in Franckreich in einem Kleide ſehen, welches 60. Tonnen Goldes geſchaetzet worden. Ich goenne und wuenſche dir eben dergleichen Womit ziereſt du dein Haupt? Mit einer Cro??? ne. Der Pabſt traegt eine dreyfache. Ich wolt du duerfteſt ſie auch tragen. Was traegſt du in??? [71] Ohr? Koeſtliche Perlen. Kayſer Rudolphus II. hatte eine Perle, ſo groß, als eine Mußcateller= Birn, welche dreyßig tauſend Guelden koſtete; ich wuenſche dir eine, deines eignen Kopfs groß. Was zieret deinen Hals? gueldne Ketten. Die Venetianer hatten vor Jahren eine gueldne Kette, die acht und zwantzig Maenner auf ihren Schul= tern tragen muſten. Haetteſt du ſie am Halſe? vielleicht wuerdeſt du des Ketten tragens ueberdrueſ= ſig. Mit Spangen ſchmueckeſt du die Arme; mit Rubinen und Diamanten die Finger. That es doch die Lollia Paulina auch, und dir wohl noch zuvor; denn ihr Schmuck wurde auf zehen= mahl hundert tauſend Guelden geſchaetzet. Was ???hoer ich aus deinem Munde? Dis groſſe Rıtter= Gut und Fuhrwerck iſt mein. Ich habe Anger voll Schaafe, und Auen, dicke mit Korn, Pſalm. LXV. 14. Mein Capital erſtreckt ſich auf ſo und ſo viel tauſend. So und ſo viel traegt mirs In- tereſſe. Das iſt mein Theil im Leben. Elender Menſch! es iſt ein vergaengliches und troſtloſes Theil. Was iſt dieſes alles anders als Wind? Hoſ. XII. 1. Paulus achtet es fuer Dreck, Epheſ. III. 8.So iſt die Erde dein Himmel. Das Gut dein GOtt. Die Eitelkeit deine Seeligkeit. Lauf hin damit. Dieſes alles hab ich nicht. Doch, hoer nochmal! ich bin reicher denn du. Sprich immer hin zum Gold=Klumpen: mein Troſt, Hiob XXXI. 24. Ich ſage mit Aſſaph: HErr! wenn ich nur dich habe, ſo frag ich nichts nach Himmel und Erden; wenn mir gleich Leib und [72] Seele verſchmacht, ſo biſt du doch, GOtt, alle= zeit meines Hertzens Troſt und meın Theil, Pſ- LXXIII. 25. 26. Ich habe nichts irrdiſches ın die Welt gebracht, ſo werd ich auch nichts mit hinaus nehmen, 1. Timoth. VI. 7. Will mıch GOtt reich haben? kan er mir ſchon das weni= ge ſeegnen. In wenigen iſt der Seegen am groe= ſten. GOtt der HErr iſt ein guter Gold= ſchmidt, ſag ich mit Luthero: er kan aus einem Heller mehr denn hundert tauſend ſchmieden, es lieget nıcht an der Baar= ſchafft. Es kan einer mit tauſend Guelden nicht ſo weit kommen mit unglaeubigen Hertzen als einer, der GOtt vertrauet, mit einem Guelden.Ich will mich allezeit begnuegen laſſen mit dem, das da iſt, denn GOTT hat geſagt: Ich will dich nicht verlaſſen noch verſaeumen, Hebr. XIII. 5. Auf dieſe Verheiſſung will ich trauen, auf ihn bauen, ſo werd ich allezeit den Uberfluß im Man= gel ſchauen.

III. Der um den Rang entſtehen= de Zanck.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Marc. XII. 38. 39.
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DIe Schrifft gelehrten gehen in langen Kleidern, und laſſen ſich gern auf dem [73] Marckte grueſſen, und ſitzen gern oben an in den Schulen, und ueber Tiſch im A= bendmahl.DAs koennen die heutigen Kappentraeger und Politico-Theologi ın langen ſchwartzen Maenteln beſſer, dann die Schrifftgelehrten zu Chriſti Zeiten. Sie erweh= len nicht nur, ſondern drengen ſich gar zum Vor= ſitz. Was ſage ich? Mit Zanck und Zwang er= langen ſie oft den Rang. Glaubſt du es nicht? Gieb acht, wenn ſolche ihren Convent halten. Merck auf, wenn ſie bey Hochzeiten, Gaſt=Ge= bothen oder andern Zuſammenkuenften erſchei= nen; wenn groſſe Proceſſionen gehalten werden, und eine Zahl Tempel=Herren beyſammen ſeyn; da, da wirſt du Wunder ſehen. So hoer ich, liegen die geiſtlichen Streiter auch in weltlichen Streite? Und die Kappentraeger zancken auch um die Narren=Kappe? Es iſt leider! nicht anders. Jener Cantzler in Pohlen pflegte zu ſagen: Die Teutſchen thun bey ihren Reichs=Tagen faſt nichts, als daß ſie ſich um den Vorſitz zancken. Er hat wahr geredet Es moechte ſeyn, wenn es nur die Herren Geiſtlichen nicht thaeten. Wenn nur das heilige Prieſter=Kleid nicht mit Stoltz gefuettert waere.Verkehrte Gelehrte! Seyd ihr des demuethi= gen JEſu Diener? Die weltlichen Koenige herr= ſchen, und die Gewaltigen heiſſet man gnaedige Herren; ihr aber nicht alſo, ſondern der Groeſſe= ſte unter euch ſoll ſeyn, wie der Juengſte, und der [74] Fuernehmſte wie der Diener, Luc. XXII. 25. 26. Daß es GOtt erbarm! Die Diener ſind Herren geworden. Die Bothen des Friedens, Eſa. LII. 7. Streiter und Zaencker. Wie muſt das dem demuethigen JEſu gefallen?Armer Prieſter! wie ſchlecht muſt du fundirt ſeyn, in Theologia conſcientiaria! Weiſt du denn nicht, wie nachdruecklich dein Ober=Hirt dir den Hochmuth verbotten? Weiſt du denn nicht, was fuer ein ſchrecklich Aergernuß du dadurch bey der Gemeine anrichteſt? Haſt du aber das Wiſſen, wo bleibt denn das Gewiſſen? Du trittſt am Feſt=Tage Mıchaelis auf die Cantzel, und ſchreyeſt mit vollem Halſe: Weh! weh! dem, durch welchem Aergernıß kommt! Matth. XVIII. 7. Schrey doch zuvor das Weh ueber dir ſelbſt. Iſt der Lehrer ein Friedens=Stoehrer? ſolt der Zuhoerer die Einigkeit lieben? Iſt der Prieſter von hohen Sinnen? Wie ſolt das Kirch= Kind die Demuth lieb gewinnen? Der Pfaff iſt ein Aff, der ſich in ſich ſelbſt vergafft. Wo= durch wilſt du den Rang erſtreiten? Vielleicht duenckeſt du dich klueger denn Daniel, und weiſer denn Salomo! Oder haſt du dich etwa gar in den Adel=Stand erhaben? Ach! nicht viel Edle ſind beruffen, 1. Cor. I. 26. Wer weiß auch, wie du deine Vocation bekommen? Beſſer du ſpraecheſt mit Paulo: Von GOttes Gnaden bin ich, das ich bin. 1. Cor. XV. 10.Ich wolt es errathen, warum du um die Prae- cedenz ſtreiteſt? Du wirſt dir einen Gradum auf Univerſitaeten erhandelt haben? So gebuehret [75] dir nothwendig der Rang. Haetteſt du dir nur das M auf die Stirn praegen laſſen; jedermann wuerde dir weichen. Pfuy! ſchaeme dıch. Der Zanck um den Rang macht von dir eınen heßli= chen Geſtanck. Pfarr! halt nicht mehr von dır, als ſich gebuehret, Rom XII. 3. ſonſt biſt ???u ein groſſer Narr. Brenneſt du in Ruhmſucht, ſo verbrenneſt du dich ſelbſt, und deine Ehre bey der Lehre wird endlich zu ſchanden werden, Pſ. XXV. 2. Eitler Ruhm erweckt den Einfaeltigen Ver= wunderung; denen Verſtaendigen Verachtung. Stoltz und ein Prieſter reimen ſich, wie Chri= ſtus und Belial. Chriſtus ein Hoher=Prieſter Neuen Teſtaments; doch war er aller Menſchen Knecht, Phil. II. 7. Damit hat er dir ein Fuer= bild gelaſſen, wie du nachfolgen ſolſt ſeinen Fuß= ſtapffen 1. Pet. II. 21. Die Phariſaeer erwaehlten oben an zu ſitzen, Luc. XIV. Das beſtraffte an ihnen Chriſtus. Dencke nur, daß es deinem HErrn, deſſen Diener du biſt, nicht weniger miß= faellet, daß du gern geehrt ſeyn wilſt. Denck nur auch, daß es deinen Zuhoerern und Beicht=Kin= dern ſehr unangenehm, daß du ihnen mit ſo greu= lichen Aergerniſſen fuerleuchteſt. Ihr ſeyd das Licht der Welt, Matth. V. 14. heiſt es ſonſt von Lehrern und Predigern. Mit guter Lehre, Leben und Wandel ſollen ſie ihren Zuhoerern fuer= leuchten. Ein Irrwiſch aber biſt du ihnen. In den Suenden=Moraſt und Laſter=Pfuetzen verlei= teſt du ſie. O wie ſchoen lautet es, wenn es nach dem Tode eines Predigers heiſt: Unſer Leh= rer war fromm, fleıßig in ſeinem Amte, [76] lebte mit jedermann friedlich, und war auch gegen ein klein Kind demuethig. Welche Worte ich noch vor weniger Zeit von einem Chriſtlichen Hertzen aus dem Staedgen Rochlitz aus Meißen, von ihrem vor 2. Jahren ſeelig ver= ſtorbenen Superintendenten, Herrn D. Caſpar Heinrich Graun, hoerete. Der Hintritt die= ſes theuren und exemplariſchen Lehrers hat ſeiner gantzen Gemeine viel Thraenen aus den Augen ge= preſſet. Ein vornehmer von Adel, Herr Hau= bold Pflugk, ein groſſer Freund exemplariſcher Lehrer, der dieſen ſeeligen Herrn noch in der Grufft wolte geehrt wiſſen, hat noch vor weniger Zeit ſeinen wohlverdienten Ruhm in einer gebun= denen Rede entworffen, und uns ſolche der Nachwelt zu communiciren, wohlmeynend zu= geſendet. Sie meritiren von geiſtlichen Perſo= nen allhier geleſen zu werden.
THeurer Lehrer ſeltner Gaben, Hochgelehrter frommer Graun, Sollen wir dich nicht mehr haben, Und auf unſrer Cantzel ſchaun? Du warſt unſre Kirchen=Sonne, Aller Hoerer Freud und Wonne.
Du Magnet der Menſchen Sinnen, Dir wolt ſelbſt die Mißgunſt wohl, Warum giengſt du denn von hinnen Alſo fort zum Sternen=Pohl? Zeigte dir der Welt Geberden, Daß es ſchier wolt Abend werden?
|| [77]

Wie im Lehren, ſo im Leben Wareſt du wohl jederzeit, Dieſer Preiß wird dir gegeben Hier bey uns, auch weit und breit, Demuth hatteſt du erleſen, Dabey du gerecht geweſen. Dieſes Lob fuehrſt du mit Rechte, Neid und Mißgunſt nimmt dirs nicht, Solcher Schmuck ziert GOttes Knechte Dort fuer ſeinem Angeſicht. Dein Ruhm wird in Rochlitz ſtehen, Biß die Welt wird untergehen. Doch fuernemlich ſind die Suenden, Die du eifernd ſaheſt an, So bey uns allhier zu finden, Meiſtentheils wohl Schuld daran, Daß wir, leider! dich vermiſſen, Und du uns zu frueh entriſſen. Rochlitz! willſt du dich erkennen, Welches Geiſtes Kind du biſt, Keine Suende iſt zu nennen, So bey dir nicht gangbar iſt. Alle Greuel ſo dort ſtehen, Sind dir leichte zu begehen. Jeder lauft aus ſeinen Schrancken, Haſſet Demuth, Einigkeit, Um die Narren=Kappe zancken Iſt façon bey dieſer Zeit, Was naehm mancher, ſeines gleichen In dem Vorgang auszuweichen.
|| [78]

Ja es reißt in jedem Stande Diß verdammte Laſter ein, Ey! iſt das nicht Suend und Schande, Und wir wollen Chriſten ſeyn, Prieſter ſelbſt, wie man muß hoeren, Laſſen Hochmuth ſich bethoeren.
Solchen aergerlichen Leben, Laſtern, die benennet ſeynd, Warſt du, Seel’ger, nicht ergeben, Vielmehr gram und Spinnen=feind, Wer um dich war fern und nahe, Nichts als Prieſter=Demuth ſahe.
Ich erinnre mich der Stunde, Es ſind allbereit acht Jahr, Wie du ſprachſt aus deinem Munde, Als ich einſten bey dir war: Prieſter mueſſen Hochmuth ſtraffen, Sich nicht ſelbſt daran vergaffen.
Nun ihr Prieſter aller Orten, Fuehret euch als Prieſter auf, Folget eures Vatters Worten, Schließt wie er den Lebens=Lauf; Dann koennt ihr zu JEſu Rechten Stehn mit andern GOttes=Knechten.
Du biſt uns nunmehr entnommen, Und wir hoeren dich nicht mehr, Du wirſt auch nicht wiederkommen, Dieſes kraenckt und ſchmertzt uns ſehr. Drum will ich mich mit dir letzen, Und dir dieſe Lob=Schrift ſetzen.
|| [79]
Diß iſt eine ſchoene Glocke, ſo dieſem theuren Manne nachgelaeutet wird. Ehrſuechtiger Prie= ſter! laß dir deſſen Schall zu Ohren und Her= tzen gehen. Du traegſt des HErrn Rock, thu weg die Narren=Kapp. Trachte nicht nach ho= hen Dingen, Rom. XII. 16. ob du ſchon hoch auf der Cantzel ſteheſt. Sieh nur, wie deine gantze Auffuehrung und Kleidung den Hochmuth deines Hertzens verraeth. Leg einmal die naerri= ſche Mode=Kleider ab. Johannes trug keinen ſtatiſchen Fuchs=Peltz, ſondern ein Kleid von Cameels=Haaren, Matth. III. 4. Die gepuder= te Stats=Peruque giebt auf der Cantzel einen heßlichen Anblick. Um GOttes Willen, lieber Prediger! ſtell dich der thoerichten Welt nicht gleich, 1. Joh. II. 15. Du biſt ein Diener und nichts mehr. Der Prediger Ruhm ſoll allein Chriſtus ſeyn, 1. Cor. I. 31. Mercks! und geh mit dieſer Lection heim.Lieber GOtt! unter den Stoltzen iſt immer Ha= der, Spruech. XXIX. 5. Dafuer behuete mich. Sy= rach ruft mit heller Stimme: Sey nicht ſtoltz in deinen Ehren. Syr. XI. 4. GOtt laß mich dieſes hoeren und darnach kehren. Da man ſich einſt bey einer hohen Verſammlung um den Vorzu= zanckete, ſprach Hertzog Ulrich von Wuertenberg: Meinet halben ſetzt mıch gleıch gar hınter den Ofen, wann wir nur dasjenige verrıch= ten, weßhalben wir zuſammen kommen ſind. Um einen ſolchen Sinn bitte ich dich auch, mein GOtt. Ich will hier gerne eine Blume im Thal ſeyn, und unten an gehen. Laß mich nur [80] einmal die Hoehe des himmliſchen Freuden=Ber= ges erſteigen. Ich will gern der Thuer hueten in meines GOttes Hauſe, Pſ. LXXXIV. 11. goen= ne mir dieſes Aemtgen. Wann du dort einmal zu den Stoltzen ſagen wirſt: Weıche dieſem Luc. XIV. 3. ſo ſprich zu mir: Freund ruecks hinauf. Ich will dıch ueber viele ſetzen, ge= he ein zu deines HErrn Freude! Matth. XXV. 21.

IV. Die verſpottete Unſchuld. Bey Betrachtung dieſer Worte: Pſalm. CXIX. 51.
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DIe Stoltzen haben ihren Spott an mir.DIe heutige Welt iſt voller Spoetter. Ich hab es erfahren, und erfahr es noch taeg= lich. Das glaub ich dir Ein anderer weiß auch davon zu ſagen. Ißmael hat eine groſſe Brut zurueck gelaſſen, die nun manchem be= ſchwerlich iſt. Wohin? wir mueſſens erdulten. Ach! es thut ſehr wehe, daß ich muß ein Narr ſeyn und ſticht mich in meinen Nierer, Pſ. LXXIII. 21. 22. Spoetter=Zungen ſind Pfeile. Ach ſie dringen tief, und machen groſſe Wunden. Es iſt wahr, was du ſageſt! doch giebt die Unſchuld ſolcher Wunde eine groſſe Linderung. Du ent= rueſteſt dich, wie ich ſeh, zu heftig wider deine Spoetter. Ach! ich wolt lieber tod ſeyn, denn un= ter ihnen leben.
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Mein Freund! wer mit boeſen Leuten nicht will zu thun haben, muß aus der Welt ziehen. Man fin= det den Wirth ueberall zu hauſe. In der Welt ſind Welt=Kinder. Wer ſie nicht kan meiden, muß ſie leiden biß ans letzte Scheiden. Wer durch al= le Aeſte hauen wolte, wuerde ſtumpfe Aexte be= kommen. So zart muſt du nicht ſeyn. In ſapien- tem non cadit injuria: Verſtaendige Leute achten keine Schmach. Man hat allen Heiligen ſo mit geſpielet, die vor dir geweſen ſind, Matth. V. 12. Wie klagte Hiob? meine Freunde ſind meine Spoetter, Hiob XVI. 20. Wie be= ſchwerete ſich David? Die Stoltzen haben ih= ren Spott an mir, Pſalm. CXIX. 51. Wie Jeremias? ich bin zum Spott worden, und jederman verlachet mich, Jer. XX. 7. Eliſa muſte ſich gar von den Knaben verſpotten laſſen, im 2. Buch der Koenige am II. 23. Den frommen Tobiam verlachten ſeine eigene Freunde, Tob. II. 14. Es gehet nicht anders. Plato war von ſeinen Schuelern; Cicero vom Criſpo verſpottet. Poli- bius wird noch in Schulen verlacht. Wer den Schaden hat, darf fuer den Spott nicht ſorgen. Wo Creutz im Hauſe, da Spott auf den Gaſ= ſen. Was mehr? du traegſt die Farbe Chriſti. Wer iſt mehr verlachet und verſpottet worden, als er? Ich bin eın Spott der Leute und Verachtung des Volcks, Pſ. XXII. 7. Ja wohl mein JEſu! Sieh alſo, mein Freund, was fuer eine herrliche Geſellſchaft du haſt. Thuſt du recht? leide immerhin Unrecht. Joſephs Un= ſchuld kam doch an Tag. Die Narren, die dich fuer [82] einen Spott halten, und fuer ein hoeniſch Beyſpiel, werden endlich zu ſchanden werden, B. Weißh. VI. 4. Wenn die Tugend ſchon ans Creutz ge= ſchlagen wird, findet ſich doch noch eine Olympia, ſo ſie, wie den Pauſanias, mit einer gueldnen Cro= ne verehret. GOtt iſt der Retter wider alle Spoetter. Er wird dich unter ihren Mord=Zaeh= nen nicht umkommen laſſen. Unſchuld hat Gedult. Schmaehet und ſpottet Simei? Gedult. Viel= leicht hats ihm der HErr geheiſſen. Spoetter ma= chen gut Wetter. Wer weiß zu was guten dir der Spott der Welt gereichet? Geh nur mit Da= vid ſtillſchweigend fuer deinen Feinden fuerueber, Pſ. XXXIX. 10. ſie werden ſich zu letzt ſelbſt ſchaemen mueſſen. Socrates verlachte aller ſeiner Spoetter. That dieſes ein Heyde? Vielmehr du als ein Chriſt.Wer biſt du? Ein Diener Chriſti. O ſo wun= dere ich mich nicht, daß du viel Spoetter haſt. Wie klagte Jeremias? Sint ich geprediget habe, bin ich drueber zum Spott worden taeglıch, und jedermann verlacht mich, Jerem. XX. 7. 8. wie klagten die Apoſtel? Wir ſind ein Schauſpıel worden der Welt, ein Fluch und Feg=Opfer aller Leute, 1. Corinth. IV. 9. 13. Sehr voll iſt unſre See= le der ſtoltzen Spott, und der Hochmue= thigen Verachtung Pſalm CXXIII. 4. Chri= ſti Diener ſind der Schild, wider welchen alle ſpoettiſche Zungen=Pfeile gerichtet werden Affen, Heil=loſe Pfaffen, raſende Leute, Apoſt. G. XXVI. 24. Waeſcher und dergleichen, ſind ihre Ehren= Titel. Immer hin. Du biſt ihnen ein Narr um Chriſti Willen, 1. Cor. IV. 10. Muß doch [83] ſelbſt des HErrn Wort zu Hohn und Spott wer= den, Jer. XX. 8. Aber wahrlich, GOtt wird ſich nicht ſpotten laſſen, Gal. VI. 7. Jeruſalem ſpottete der Bothen GOttes und aeffete ſeine Pro= pheten, biß der Grimm des HErrn ueber ſie wuchs, daß kein heilen mehr da war, 2. Cor. XXXVI. 16. Jener leichtfertige Buerger zu Schweinitz, trieb ein Geſpoett mit ſeinem Pfarrer, der bey einem Donner=Wetter viel ſchreckliche Exempel GOt= tes Donner=Straffen anfuehrete, und wuenſchete dem Prediger, daß ihm noch ſelbigen Tag ein Donner=Wetter moechte zur Stadt hinaus jagen. Was geſchahe? Abends kam ein Wetter und ſchlug dieſen Spoetter auf der Stelle todt. So laeuft es ab. Ach! man ſchaende fromme Lehrer nicht, es folgt ein ſchwer Gericht.Ihr meine Spoetter, wie lange wolt ihr Luſt zur Spoetterey haben? Spruechw. I. 22. Des Elenden ſpotten iſt teufliſch. GOtt wird es nicht ungerochen laſſen. Er wird der Spoet= ter wieder ſpotten, aber den Elenden wird er Gna= de geben, Spruechw. III. 34. Das mercke, Spoet= ter! damit troeſte dich, Verſpotteter.

V. Der regierende Sauf=Teufel. Bey Betrachtung dieſer Worte: Eſa. LVI. 12.
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KOmmt her, laſſet uns Wein holen und voll ſauffen, und ſoll morgen ſeyn wie heute, und noch vielmehr.
|| [84]
DAs iſt jetzt dem Sauf=Teufel ſein Leib= Stueckgen. Der naſſe Bruder ſingt es fleißig nach. Mit dem Saufen haelt es in Teutſchland der groeſte Haufen. Sa luſtig! herbey das beſte Bier und Wein, wir wollen heute froelich ſeyn. So ſingt die naſſe Rot= te alle Tage. Bruder Saufaus meynet, er ſey ein Ochs, der nur zum Freſſen und Saufen geſchaffen. Er meynet ſein Maul ſey ein Trich= ter, die voll eingeſchenckten Humpen hinein zu ſchuetten. Nun hat ſich Bacchus auf den Thron geſetzt und jedermann nahet ſich zu ihm, den Crantz davon zu tragen.Doch wilt du wiſſen, wo dieſer Sauf=Teufel am meiſten regieret? An Hoefen und Univerſi= taeten. Da iſt man des Morgens frueh auf, des Saufens ſich zu befleißigen, und ſitzet biß in die Nacht, biß man vom Weine erhitzet, Eſa. V. 11. Paulus nennet den Leib ein Faß, 1. Theſſ. IV. 4. denckt nicht mancher Soeffel er ſey ein Wein= und Bier=Faß, hinein zu ſchuetten, wie viel er wolle? Kein Gefaeß iſt ihm lieber, als wo die Wellen ſtarck wider die Lippen ſchlagen.Du ſprichſt: Es ſey Hof= und Purſch=Ma= nier. Diß hat eben der Sauf=Teufel daſelbſt auf= gebracht und gelehret. Es ſaufen Groſſe; es ſau= fen die Mittlern; die Kleinen thun es nach. D. Luther war einmal bey Hertzog Ernſt von Lueneburg, und Hertzog Ernſt von Meck= lenburg zu Gaſt. Da nun Hertzog Ernſt, als ein gottſeeliger und weiſer Fuerſt, ueber das verſoffene und unmaeßige Leben der Hoefe klagte, da man Tag [85] und Nacht voll iſt, und wolten doch noch alle da= zu gute Chriſten ſeyn, und ſteureten dem Laſter der Trunckenheit nicht, ſprach D. Luther: Da ſolten Fuerſten und Herren zu thun. Da ant= wortete Hertzog Ernſt Ey! Herr Doctor, das thun wır, es waere ſonſt lange abkommen. Deutet damit an, daß die Schwelgerey der Fuer= ſten eben die Schuld ſey an der Schwelgerey der Diener und Unterthanen.Freylich! manant exempla regentum in vul- gus. Pfalz=Graf Friedrich II. war ein groſſer Feind der Voellerey, und verſtattete ſeinen Hof= Leuten nicht, daß ſie bey der Tafel zu halben und gantzen einander zutruncken. Du ſteheſt bey dir an, ob der Geſundheits=Trunck eines groſſen Herrn abzuſchlagen? Ich ſage, allerdinges: zu= mal wo es kein Trunck, ſondern ein Soff iſt. Als Hertzog George von Sachſen, einem frommen Edelmanne, Hanß von Molsdorff, welchen nie= mand truncken geſehen, einen Rauſch beybringen wollen, und keine Bitte helffen wolte, brach er endlich aus eiffrigen Gemueth heraus und ſagte: Ey! ſo will ich dennoch ueber mein Vermoe= gen nicht trincken, und wenn auch gleich drey Fuerſten auf einander ſaeſſen, denn da ſtehet GOttes Verbot. Sauffer euch nicht voll Weins, Epheſ. V. 18. Wer jetzt bey Ho= fe ſo reden wollte, wuerde als ein einfaeltiger Tropf verlachet werden.Aber ſage mir, kan was thoerichter ſeyn, als auf eines andern Geſundheit ſich ſelbſt eine Kranck= heit an den Halß ſauffen?
|| [86]

Grandia quid prodeſt vitra evacuare bibendo In vitam noſtri quoque ſalute Ducis? Pocla ſanitatis non ſunt ea, ſunt ea mortis, Corporis inque mei perniciem illa bibo.Auf vielen Academien gehet es nicht beſſer her. Da hat der Sauf=Teufel bey den Acceſſ und Valet-Schmaeußen einen Willkommen verord= net, woraus ſich ein Pferd ſatt ſaufen koente, und ſolches ſoll ein Muſen=Sohn auf einmal leer ma= chen. Solte bey ſolchem Poculiren gut philoſo- phiren ſeyn? Ich zweifle. Der Soff bringet keine gute Fruechte. Verſtand und Gedaechtniß nimmt er hinweg. Alle Laſter befoerdert er. Trun= ckenheit und Unzucht herbergen gern unter einem Tache. Seit dem Bacchus iſt inthroniſiret, hat Venus am maechtigſten regieret. Dieſe hat man= cher Beutel evacuiret; ihre Leiber ruiniret; aller Ehren degradiret, und ſie endlich vor der Zeit ins Grab gefuehret. Was kommt mehr vom Sau= fen? Schlagen und Raufen; Kleider und Bue= cher verkaufen, endlich mit Schulden davon lau= fen. Viele haben ihr gantz Vermoegen, ihre Ge= ſundheit und Seeligkeit verſoffen. Die Ariande ließ ihrem Gemahl Zeno, der ſtets voll war, einſt in der Voellerey ins Grab tragen, und ſolches mit einem groſſen Stein verwahren, darinnen er ſterben muſte. Wie mancher Trunckenbold wird in ſeiner Voellerey dem Leibe nach unvermuthet ins Grab, die Seele aber in die ewige Quaal getra= gen?
|| [87]
Saeufer! Saeufer! bedenck es. Jetzt ſitzeſt du mit Vergnuegen in der Bier=Zeche und im Toback=Rauche. O mit was Mißvergnuegen wirſt du dort im Hoellen=Rauche ſitzen! Weh als= denn dir Vollen, du wirſt duerſten! Luc. VI. 25. Da jener Ubelthaeter unter Wegs zum Galgen ſich noch ſehr berauſchte, vermahnete ihn der Prie= ſter, ſich eines beſſern zu bedencken, und GOtt eine nuechterne Seele zu ueberantworten, auf daß er dermaleinſt mit GOtt an ſeiner Tafel ſi= tzen, in ewigen Freuden leben, und mit Wolluſt, wie mit einem Strome, moege getraencket werden, Pſ. XXXVI. 9. Er bekam aber von ihm zur Antwort: Wer wueſte, ob GOtt auch im Him= mel gebrauen haette, er mueſte das Gewiſſe fuer das Ungewiſſe nehmen. So ſpotteſt du jetzt auch der guten Vermahnung und lacheſt. Aber, GOtt wird auch lachen in deinem Unfall, und deiner ſpotten, wenn da koemmt, was du fuerchteſt, Spruechw. I 26. Der Sauf=Teufel, dem du jetzt dieneſt, wird dir auch ſchon deinen Lohn geben. Dein Theil wird, nebſt allen Truncken= bolden, ſeyn in dem Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennet, Offenb. Joh. XXI. 8. Da wirſt du ohne Wein unaufhoerlich ſchreyn: ich leide Peın! Luc. XVI. 24. Bedencks, um deiner Seelen Seeligkeit willen, beden= cke es!
|| [88]

VI. Die Eitelkeit der Welt. Bey Betrachtung dieſer Worte: Pred. I. 2.
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ES iſt alles gantz eitel.ACh wenn doch diß Leben ewig waehrete! So hab ich manchen Irr= diſch=Geſinnten reden hoeren. Einen andern: Ach wenn doch nur dieſes Leben tauſend Jahr waehrete, und waere heute der erſte Tag. Armer Menſch! ſolteſt du dirs doch nicht wuenſchen. Ich wolte meiner Mut= ter Leib verfluchen, wo ich kein beſſer Leben wueſte. Du gemahneſt mich, wie jener Epicuriſche Edel= mann von Seckendorff. Dieſer ſagte zu Lutheri Zeiten auf einem Convivio: Wenn mir nur unſer HErre GOtt meinen Reichthum und Wolluſt lieſſe, daß ich hundert Jahr leben, und allen Muthwillen treiben moechte, ſo wolt ich ihn hernach gern ſei= nen Himmel laſſen. Er wird auch GOtt wohl ſeinen Himmel haben laſſen mueſſen.Unſeeliges Welt=Kind! Dein eitler Wunſch iſt vergeblich. Der Apoſtel ſagt dir unter Au= gen: Das Weſen dıeſer Welt vergehet. 1. Cor. VII. 31. und du zugleich damit. Du wuenſcheſt ein ewiges Leben auf Erden. Mein! [89] was iſt der Menſch? ein Graß, Pſ. CIII. 15. wie bald verwelcket das? Eſa. XV. 6. Eine Blume, Hiob XIV. 2. wie geſchwind entblaet= tert ſie der Wind? Jac. I. 11. Ein Nebel, B. Weißh. II. 4. der bald entſtehet, auch bald vergehet. Ein Schatten, Hiob VIII. 9. der fleucht und weicht. Der Menſch vom Weibe gebohren, lebet kurze Zeit, und du traeumeſt von einer irrdiſchen Ewigkeit.Sag an. Was gefaellt dir in der Welt? Ihre Freude und Wolluſt. Das glaub ich. Drum ſingeſt du auch ſo fleiſſig dein Welt=Liedgen: Wohlher nun! laßt uns wohl leben, weils da iſt, und unſers Leibes brauchen, weil er jung iſt. Wir wollen uns mit dem beſten Wein und Sal= ben fuellen; laſt uns die Mayen=Blumen nicht verſaeumen. Laſt uns Craentze tragen von jungen Roſen, ehe ſie welck werden. Unſer keiner laſſe ihm fehlen mit Prangen, daß man allenthalben ſpueren moege, wo wir froelich geweſt ſind, B. Weißh. II. 6. 9. O Eitelkeit! irrdiſche Freud iſt eine augenblickliche Luſtbarkeit. Sie iſt wie der Blitz. Ortum mortuum. Jetzt iſt ſie ent= ſtanden, im Huy nicht mehr fuerhanden. Sie gleichet des Propheten Kuerbs, der in einer Nacht ſtund und verſchwund, Jon. IV. 7. Alberti Friedrichs, Churfuerſtens zu Brandenburg Sym- bolum war: Keine Freud ohne Leıd. Deſſen Wahrheit hat manchen die Erfahrung gelehret. Auf der Welt Sueßigkeit folgt allezeit hefftige Bitterkeit. Jacob bekam den Benjamin, ver [90] lohr aber darueber ſeine ſchoene Rahel, 1. B. Moſ. XXXV. 18.Wen heut die Welt erfreuet, den betruebt ſie Morgen. Jetzt lacheſt du; Sieh daß dir nicht vielleicht in einer Stunde das bittere Saltz=Waſ= ſer aus den Augen rinnet. Allzugroſſe Freud hat viele ſchon zum Grabe gelaeut. An Hiobs= Kindern, Hiob I. 19. an dem Belſazer, Dan. V. 5. an jenem reichen Korn=Juden, Luc. XII. 19. und andern mehr, kanſt du es ſehen. Der be= ruehmte Mahler Zeuxis pinſelte gar naturell ei= ne alte Frau; und da er ſie genau betrachtete, brach er in ſolches Lachen aus, daß ihm darueber die Seele ausfuhr. Ich ſprach daher zum La= chen, du biſt toll, und zur Freude was machſt du? Pred. Sal. II. 2.Sag an. Was gefaellt dir mehr in der Welt? Ihre Ehre. O vanitas! Frag Haman, wie lange dieſe waehret? Nebucadnezar ein Koenig. Er muſte vom Thron auf die Erden. Der in voller Ehr an der Tafel geſeſſen, muſte endlich Graß freſſen, Dan. IV. 29. Der groſſe Kaeyſer Friedrich that von der Ehren=Buehne einen ſolchen Sprung, daß er bey der Kirchen, ſo er erbauet, gern den Cantor-Dienſt angenommen, ſo er ihn haette erlangen koennen. Der treffliche Kriegs=Held Beliſarius, muſte zuletzt auf der Straſſen ſein Allmoſen erbetteln. Das iſt dein Hertz, daß dein Hauß waehre immerdar, und du groſſe Ehre habeſt auf Erden, Pſ. XLIX. 12. Ich ſage dir aber unter Augen, daß du nicht bleiben [91] wirſt in ſolcher Wuerde, ſondern davon muſt, wie ein Vieh. v. 13.Was gefaellt dir noch mehr in der Welt? Ihr Reichthum. O daß du verdammet waereſt mit dem Gelde! Apoſtel. G. VIII. 20. Der Gold= Klumpen iſt ein leidiger Troeſter. Er iſt ein Gift, der die Seele inficiret. Wie ſchwerlich werden die Reichen ins Reich GOttes kommen! Marc. X. 23. Schaetze ſind Netze. Darinn zeucht der hoelliſche Fiſcher viel tauſend Seelen zu ſich, 1. Tim. VI. 9. nichts iſt vergaenglicher als Reich= thum. Wie manche ſind dabey in groeſtes Ar= muth gerathen? Reichthuemer ſind gefluegelte Er= goetzlichkeiten; gleich denen Schwalben, die ſich eine zeitlang bey uns aufhalten, bald aber wieder die Flucht nehmen. Reichthum iſt eitel in Kranck= heit. Gold=Pillen delectiren wohl die Augen, curiren aber nicht die Beſchwerden des Leibes. Dieſe Muentze gilt nur im Leben; im Tode wird ſie verworfen. Der duerre Klappermann tritt vor des Reichen Siech=Bette, und mag keine Silberlinge. Nach dem Tode gilt ſie viel weni= ger. All dein Silber und Gold wird dich nicht erretten am Tage des Zorns des HErrn, Ezech. VII. 19.Du liebeſt Schoenheit. Sie iſt die groeſte Ei= telkeit. Ein klein Fieber nimmt ſie im Augenblick weg, Pſ. XXXIX. 12. Die Schoenſten der Er= den haben mueſſen heßlich werden. Wie prangete nicht Nebucadnezar mit ſeiner ſchoenen Babel? Wie trotzet nicht Ahitophel auf ſeinen klugen [92] Kopf? Was bildete ſich nicht Jeſabel ein auf ihre geborgte Schoenheit? Was nicht die Vaſthi auf ihren Schmuck? der reiche Korn=Wurm auf ſeine volle Scheuren? Eitelkeit! Nebucadnezar muſte von ſeiner praechtigen Burg. Ahitophels Rath wurde zur Narrheit. Jeſabels Schoenheit zur Heß= lichkeit; und der Korn=Wurm zum Er= den=Wurm. O quantum eſt in rebus ina- ne! Jetzt mueſſen alle dieſe ſeufftzen: Was hılfft uns nun der Pracht? was bringt uns nun der Reichthum ſamt dem Hochmuth? es iſt alles dahin gefah= ten wie ein Schatten, und wie ein Ge= ſchrey, das vorueber faehret, B. der Weißh. V. 8. 9.O! ſiehe, lieber Menſch! wie alles, alles in der Welt gantz eitel. Eitelkeiten ſind keine Ewig= keiten. Gieb ihnen adieu beyzeiten. Eitle Welt! mit dir iſt alles ſchlecht beſtellt. Gute Nacht, ich hab dich laengſt verlacht. Du biſt eine Lea in mei= nen Augen. Deiner will ich nicht mehr brau= chen. Verflucht ſey die Stunde, in der ich dir gedienet. O daß ich meine Liebe dem Schoen= ſten entzogen, und dir zugewogen! Fahr hin, du ſchnoede Eitelkeit! Unſere Freundſchafft hat ein Ende. Von mir ſolt du nimmer wieder geliebet werden. Als Freyherr von Sternberg, welcher ſich damals am Hofe Hertzog Wilhelms zu Sach= ſen aufhielt, einſten auf einem Banquet und auf der Renn=Bahn allerley Freude und Luſt geſehen, [93] und nach verfloſſener Freude des Morgens frueh auf dem Saal herum gegangen, Waende und Tafeln angeſehen, und wie bald es doch um die Welt=Luſt und ihre Freude gethan, betrachtet. Ferner auch auf der Renn=Bahne alles ſtille und traurig befunden; ſetzte er ſich mit ſeinen Die= nern auf, ritt gegen Arnſtadt vor das Kloſter, ſtieg da ab und ſagte: Lieben Diener! ich ſeh, wie eitel alle Welt=Freude und Herrlich= keit, will mich derowegen um das Ewige be= kuemmern. Wer nun ſein Leben allhier mit mir im Gottesdienſte zubringen will, dem ſte= het es frey; wer aber nicht will, der reute in GOttes Nahmen. Worauf die andern alle, biß auf einen, fort geritten, der ſein Leben bey ihm im Kloſter zubracht. Ich will der= gleichen thun. Ein Veraechter der Welt wird mir nachfolgen. Welt! ich gehe aus von dir. Dein Thun iſt alles eitel. Gute Nacht.
Was iſt die Welt mit ihrer Herrlichkeit, Die uns ſo weit abfuehrt von jener Freud? Die unvergaenglich und ohn Ende ſteht; Was iſt es doch? Das man hie ſchaetzt ſo hoch, Und doch ſo bald vergeht?
Wie Waſſer rinnt, wie Pfeile eilen ſehr, Alſo auch unſer Erden=Ruhm und Ehr,
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Und ihre Luſt ein kurtzer Feyer=Tag? Der einem Wind, Und Schatten, der verſchwind, Verglichen werden mag.
Gleichwie der Mond im Glantze nimmet zu, Bald wieder ab: Alſo bin ich und du. Wie Eb und Fluth bald ſteigt, bald wieder faellt; Wie Laub und Graß: Alſo iſt diß und das Aſtf dieſer Welt beſtellt.
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Trau ̅ nicht der Freu ̅ ndlichkeit, der Feind wird ſelten Freu ̅ nd, Biebt er ſchon gu ̅ te Wort, ſie ſind doch nicht gemeint.
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Der Hertzerquickenden Blumen und Gemuethslabenden Aepfel Vierdte Schale.
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I. Der freundliche Teufel. Bey Betrachtung dieſer Worte: Syr. XII. 15. 16.
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DEr Feind giebet wol gute Worte, und klaget dich ſehr, und ſtellet ſich freund= lich; Kan auch dazu weinen, aber im Hertzen dencket er, wie er dich in die Gru= ben faelle.FOrſchet fleißig nach dem Kind= lein, und wenn ihrs findet, ſo ſaget mirs wieder, daß ich auch komme, und es anbete, Matth. II. 8. O Ertz=Boeſewicht! Wer biſt du? Angelus pennis, pede latro, voce [96] Gehenna. Einen Engel haſt du auf der Zun= gen, den Teufel aber im Hertzen. Sucheſt du nicht das unſchuldige Kind JEſum zu toedten? Der Ausgang deines Kinder=Mords hats be= wieſen.Mein Freund! Nimium ne credere colori, Sey vorſichtig, nicht jeder Menſch iſt aufrichtig. Schein und Anſehen ſind betruegliche Dinge. In Samuelis Mantel verhuellt ſich oft der Teufel, 1. Sam XXVIII. 12. Unter Joſephs Rock ſteckt oft ein Judas Hertz. Die Schlange, die im Gra= ſe liegt, ſchadet am meiſten. Da der Teuffel E= vam betruegen wollt, ſtelte er ſich freundlich, 1. B. Moſ. III. Solcher freundlıchen Teuffel iſt die gantze Welt voll. Joab fuehrte den Abnet zu Hebron ins Thor, ob wolte er auf das freund= lichſte mit ihm ſprechen, ſtach ihm aber das Schwerdt in den Wanſt, daß er ploetzlich ſterben muſte, 2. Sam. III. 27. Zum Amaſa ſprach er: Frıede ſey mir dir, mein Bruder, und wolte ihn kueſſen, ſtach ihm aber auch darnieder, 2. Sam. XX. 9. Das mag eine teuffliſche Freundſchaft heiſſen. Einen ſolchen freundlichen Teuffel hatte Chriſtus ſelbſt an ſeinem Juenger Juda. Sein freundlicher Gruß und Kuß war ein Feindliches Geſchoß. Seine Pfeile hatte er zugericht zum Verderben, Pſal. VII.Solcher Judas=Brueder findet man ueberall. Freund! mich wundert nur, daß du mit manchem ſo gar vertraulich umgeheſt. Es iſt ein feiner ſtiller Menſch, ſprichſt du. Mein, traue nicht. Stille Waſſer ſind gerne tief. Der Hund ſo am [97] wenigſten billet, ſchadet oft am meiſten. Er iſt einfaeltig ſchlecht und gerecht. Du denckeſt es wohl. Einfalt hat auch den Teufel betrogen. Wenn der Fuchs einen Raub begehen will, legt er ſich auf den Ruecken, und ſtellet ſich todt an, denn fallen die Kraehen zu, ihn zu freſſen, werden aber von ihm gefreſſen. Traue nicht. Nicht alle ſchlaffen, die ihre Augen zu haben. Schleicher und Schmeichler die groeſten Heuch= ler. Dem guten Wetter und freundlichen Wor= ten iſt nicht allezeit zu trauen. Steckt ſchon dein Feind die Klinge in die Scheide, und bietet dir die Hand; leg deinen Degen nicht gleich beyſeit. Fuer des Teufels Stricken, der Welt Beruecken und der boeſen Menſchen Tuecken iſt man nie ſicher. wie ſpricht der weiſe Mann? Der Feind giebt wohl gute Wort, und klaget dich ſehr, und ſtellet ſich freundlich, kan auch darzu weinen; aber im Hertzen dencket er, wie er dich in die Gruben faelle, Syr. XII. 15. 16.Trau auch nicht allezeit der Ernſthaftigkeit. Der Schalck ſiehet auch ernſthaft und haenget den Kopf; iſt aber eitel Betrug. Er ſchlaegt die Augen nieder und horchet mit Schalcks=Ohren, wo du nicht acht auf ihn haſt, wird er dich ueber= eilen, Syr. XIX. 23. Redlichkeit wirſt du mit der Laternen bey hellen Tage ſuchen mueſſen. Auf= richtige Gemuether gehen ſehr zuſammen; ſie wer= den wenig wie die alten Ducaten und Reichstha= ler. Ich gebe dir dahero Syrachs Rath: Halts mit jederman freundlich, verttaue aber un= ter tauſenden kaum einem, Spr. VI. 6.
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Du ſetzeſt groß Vertrauen auf deinen Freund. So ſicher bin ich nicht mit ihm. Die weltlichen Hiſtorien wiſſen nur von ſieben Paar vertrauli= chen Freunden. Dieſe ſind geweſen: Hercules und Policletes. Achılles und Patroclus. Oreſtes und Pilates. Theſeus und Piritous. Pithias und Damon. Epaminandas und Pelopıdas. Scipıo und Laelius. Mit dieſen iſt alle Redlichkeit und Aufrichtigkeit zu Grabe ge= tragen worden. Laß dir den Propheten die Ge= muether der heutigen Freunde beſchreiben. Wie ſpricht der? Ein Freund teuſchet den andern, und reden kein wahr Wort; ſie befleißigen ſich drauf wie einer den andern betruege, und iſt ihnen leid, daß ſie es nicht aerger machen koennen. Es iſt allent= halben eitel Truegerey unter ihnen. Ihre falſche Zungen ſind moerdliche Pfeile; mit ihrem Mun= de reden ſie freundlich gegen den Naechſten, aber im Hertzen lauren ſie auf denſelben, Jer. IX. 5. 6. 8. Ihr Schlund iſt ein offen Grab; mit ihren Zun= gen handeln ſie trotziglich? Otter=Gift iſt unter ihren Lippen, Rom. III. 13.Traueſt du deinen Bluts=Verwandten? Ar= mer Menſch! wie werden dir zuletzt die Augen ue= bergehen! Hoer, was abermal der Prophet von ihnen ſaget: Es verachten dich deine Brueder und deines Vatters Hauß, und ſchreyen Zeter ueber dich; drum vertraue ihnen nicht, wenn ſie gleich freundlich mit dir reden, Jerem. XII. 6. Hat dein Bruder, Vetter und Schwager eine gezucker= te Zunge? glaube das Hertz iſt gepfeffert, daß es in den Augen und den Naſen brennet. Ach! wo [99] kommt doch das boeſe Ding her, daß alle Welt ſo voller Falſchheit iſt? Syrach XXXVII. 3. Frage nicht. Es kommt vom Teufel her. Dieſer hat mit ſeinem Gifte die gantze Welt angeſtecket. Da= her huete dich fuer deinem leiblichen Vatter und Mutter. Dieſe ſind dir oft ſchaedlicher, als der Teufel ſelbſt. Mancher Vatter hat ſein Kind ins zeitliche, und die Mutter, unter deren Hertzen es gelegen, ins ewige Verderben geſtuertzet. Traue auch nicht zu ſehr der Freundlichkeit jedes Weibes. Dem Siſſera koſtete es das Leben, B. Richt. IV. 21. Dein eigen Weib iſt nicht allezeit redlich. Ih= re Freundlichkeit ſtuertzt dich oft in Hertzeleid, Mich. VII. 5.Huete, ach! huete dich am allermeiſten. Fuer wem? fuer den Schwartzen. Das iſt gewiß der Teufel? Nein! der Pfaff. Sie haben beyde eine Livrey; Hegen auch beyde Heucheley und True= gerey. Traure wer trauren kan. Warum denn? Weil die Welt ſo falſch iſt; ſagt D. Heinrich Mueller. Hat doch die Falſchheit ſelbſt nunmehr den Trauer=Habit angelegt. Wo findet man mehr Falſchheit, als unter den langen Maenteln? der Theologiſche Schalck iſt der ſubtileſte. Er hat manchen Schaaf=Peltz, damit er ſich bedecken kan. Du nenneſt die Schalckheit eine Politie. Ach! wie mancher Politicus geht in der krauſen Kappen einher? Ichhabe manchen guten Theologum beym Politico, und man= chen argen Politicum beym Theologo gefun= den. Behuete GOtt! Prediger werden Engel [110] GOttes genennet, Offenb. I. 20. So hoer ich, ſind ſie auch Teufel? Ja, viele. Doch dieſe Teufel gehen in Engels=Geſtalt einher. Drum huete dich fuer ihnen am meiſten.O weh! nun wird meiner Seelen lang zu woh= nen unter den Falſchen in Meſech, Pſ. CXX. 5. Davıd und Jonathan liegen und ruhen. Ruth und Naemı gehen nicht mehr vertraulich zuſam= men. Die Redlichkeit iſt dahin. Die Falſchheit begleitet ihre Stelle. Wohin nun? In der Welt vertrau dich keinem, rathe ich dir nochmahlen, er ſey auch wer er wolle; er ſtelle ſich wie er wolle. Die freundliche Blicke ſind feindliche Tuecke und gefaehrliche Stricke. Aber hoer Laurer! du laureſt im Verborgenen, wie ein Loewe in der Hoele, daß du den Elenden erhaſcheſt, Pſal. X. 9. Mey= neſt du, GOtt werde dir dieſe Schalckheit ſo hin paßiren laſſen? Nein! Ich wıll auch werden gegen dıch wie ein Loewe, und wie eın Par= der auf dem Wege will ich auf dich lauren, fpricht GOtt, Hoſ. XIII. 7. Der die Grube macht, faellt gern ſelbſt drein, Pſalm. VII. 16. Der das Netz leget, dem ſchlaegt es oft ueber ſeinem eig= nen Kopf zuſammen. GOtt macht zu nichte die Anſchlaege der Liſtigen, daß es ihre Hand nicht ausfuehren kan. Er faehet die Weiſen in ihrer Li= ſtigkeit, und ſtuertzet der Verkehrten Rath, Hiob. V. 12. 13. Fr???undlıcher Teufel! der HErr hat Greuel an dir, Pſ. V. 7. Du wirſt dein Le= ben nicht zur Helfte bringen, Pſalm. LV. 24. Endlich wird der Teufel deine falſche Seele zur Beute bekommen.
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Mein Freund! wie hoer ich dich ſeufftzen: Ich bin in Faehrlıchkeit unter den falſchen Brue= dern, 2. Cor. XI. 26. Sie ſtellen meinem Gang Netze, Pſ. LVII. 7. Laß ſie es thun. Der HErr iſt dein Schild fuer ihnen. Was Feind, was Feind! Ich weiß einen Freund, der es treulich mit dir meynt. Wer der? Dein JEſus. Der hat ein aufrichtig Angeſicht; wahrhafften Mund und treues Hertz. Bey ihm iſt keine Falſchheit noch Heucheley anzutreffen. In ſeinem Schooß kanſt du dein Haupt ſicher ſchlaffen legen.Adieu, ihr falſchen Freunde! Ich habe einen beſſern funden. Tueckiſche Welt! was acht ich dein? Du ſolſt mich nicht beruecken mit deinen Tue= cken. Einer ſtehet mir zur Rechten, der wird fuer mich fechten. Du biſt zwar mein aergſter Feind, ueber den mein Auge weint. Doch hoer: JEſus ıſt mein beſter Freund.

II. Der beſtraffte Vorwitz in Goettlichen Dingen. Bey Betrachtung dieſer Worte: Apoſt. Geſch. I. 7.
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ES gebuehret euch nicht zu wiſſen Zeit oder Stunde, welche der Vatter ſei= ner Macht vorbehalten hat.
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ES iſt ein Kirchen=Raub, dem groſ= ſen GOtt in ſein heimlich Cabınet gucken, und darınnen ſeıne Geheim= niſſe erforſchen wollen. Sagt Salvia- nus, Vorwitziger! ſpitze die Ohren. Du wilſt mit deiner Vernunft=Leiter in den Himmel ſtei= gen. Du wirſt aber einen ſchrecklichen Fall thun. Du wilſt die Hoehe des Himmels von der Erden ab= meſſen, und ſprichſt: Wenn ein Menſch gegen den ſichtbaren Himmel reiſen, und alle Tage zwoelff teutſche Meilen zurueck legen koente, ſo wuerde er biß an den Mond, 5. Jahr, 2. Monat und et= was drueber; biß an die Sonne 169. Jahr und 3. Monat; biß an die Fix=Sterne 2750. Jahr und 6. Monat zu reiſen haben. Mein, biſt du dieſe Straſſe gereiſet, und haſt die Meilen ge= zehlet? Du bemueheſt dich die Laenge und Breite der Erden ab Occidente ad Orientem auszu= rechnen. Du bejaheſt, daß an manchem Orte das Meer 6070. teutſcher Meilen tieff ſey. Du wilſt die Groeſſe der Sonnen abgezirckelt haben, und weiſt, daß ſolche 160. mal groeſſer ſey als der Erd= boden. Du wilſt wiſſen, wie viel Sterne am Himmel, und wie groß jeglicher ſey. Weiſt du nicht, wie GOTT zum Abraham ſprach: Sıe= he gen Himmel und zehle die Sternen, kanſt du ſie zehlen? 1. B. Moſ. XV. 5.Der groeſte Vorwitz iſt, daß du ſo gar dasjeni= ge wiſſen und errathen wilſt, was ſich GOtt der Vatter alleine zu wiſſen vorbehalten hat. Was iſt dieſes? Die Zeit und Stunde des Juengſten Gerichts. Dieſe Zeit weiß kein Phyſicus. Kein [103] Mathematicus kan ſie ausrechnen. Alle Aſtro- nomi und Sternſeher mueſſen hierinnen ihre Un= wiſſenheit erkennen. Was haben doch ſo viele Gruebler und Forſcher der innigſten Geheimniße GOttes durch ihre Calculation praeſtiret?Lactantius hielt dafuer, der letzte Tag der Welt werde kommen im Jahr Chriſti 436. hat aber gefehlet. Melchior Hoffmann, ein Pre= diger in Hollſtein, hat das 1527. Jahr nach Chri= ſti Geburt dazu beſtimmet. Michael Suffel, Prediger zu Lochau in Sachſen, 1532. auf den Tag Lucae, frueh um 8. Uhr Dieſer hat damit viel gemeine Leute ſo weit bracht, daß ſie gegen die Zeit das Ihrige alles verzehret hatten. Der vornehme Mathematicus Cyprianus Leo- vitius, hat ſicher in die Welt geſchrieben, ihr Ende werde erſcheinen im Jahr Chriſti 1583. und zwar propter conjunctionem trium plane- tarum: Saturni, Jovis & Martis. Es hat ihm aber gefehlet. Johannes Regio - Montanus hat fuer gantz gewiß ausgegeben, die Welt wuerde im Jahr Chriſti 1588. im Feuer untergehen. Hilte- nius, ein Moench zu Eiſenach, beſtimmte das 1660. Jahr. Philippus Nicolai das 1670. Heerbrandus das 1675. Philippus Melanch- thon das 1680. Andere das 1688. Andreas Oſiander das 1689. Ein Schottlaender, Johann Napier wolte aus der Weiſſagung Danielis be= haupten, daß GOtt der Welt Feyer=Abend geben wuerde im Jahr Chriſti 1700. welches aber auch vorbey.
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Andere wolten zwar etwas klueger handeln, und ſetzen dieſes zum Grunde, daß gleichwie GOTT der HErr innerhalb ſechs Tagen, Himmel, Er= de und was drinnen iſt, erſchaffen; alſo werde auch die Welt Sechs tauſend Jahr ſtehen, weil nach Auſſage Davids: Tauſend Jahr fuer GOtt wie ein Cag/ Pſ. XC. 4. Desgleichen weil der Hebraeiſche Buchſtabe welcher tauſend be= deutet, zu Anfangs des erſten Buchs Moſe, in den Worten:Sechs mahl gefunden und angetroffen wird. Es ſind aber bloſſe Gedancken und Einfaelle.Wiederum ſagen andere: Gleichwie die Sechs Ertz=Vaetter der erſten Welt Adam, Seth, Enos, Cainan, Mahalaleel und Jared geſtorben ſind; Der ſiebende aber, der Enoch, welcher geweiſſaget vom juengſten Gericht, Epiſt. Jud. v. 14. lebendig gen Himmel geholet worden; Alſo werden auch, nachdem die Welt Sechs tauſend Jahr geſtanden, und die Sieben tauſend herzu nahen, alle und jede, ſo nach dem Exempel Henochs ein goettlich Leben gefuehret, von GOtt in ſein Reich aufgenommen werden.Andere wiederum halten die Verfließung der Sechs tauſend Jahr vor der Welt Ende darum, weil die Arche Noae Sechs Monat auf dem Waſ= ſer der Suend fluth geſchwummen, am Siebenden aber auf dem Berge Ararat geruhet, 1. B. Moſ. [105] VIII. Ingleichen, weil die Kinder Iſrael Sechs Tage mit der Lade des Bundes um die Stadt Jericho herum gangen, und am Siebenden ihre Mauren umgefallen ſind, Joſ. VI. Es ſind alles bloſe Muthmaſſungen, woraus nichts ge= wiſſes zu ſchlieſſen. Die Zeit und Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht (nach ſeiner menſchlichen Natur) ſondern allein der Vatter, Marc. XIII. 32.Armer Menſch! was wolteſt du von dieſem Geheimniß GOttes wiſſen? Deine Vernunft= Leiter reicht ſo weit lange nicht, als du gern ſtei= gen wilſt. Hoer, wie Chriſtus deinen Vorwitz beſtraffet: Es gebuehret dir nıcht zu wiſſen Zeit oder Stunde, welche der Vatter ſeiner Macht vorbehalten hat, Apoſt. G. I. 7. Wilſt du wiſſen warum? Auguſtinus ſagt dirs: Latet ultimus dies, ut timeantur omnes dies: Der letzte Tag iſt dir verborgen, auf daß du dich alle Tag fuerchteſt und zu dem be= vorſtehenden Gericht gefaſt halteſt. Laß alſo deinen Vorwitz; dieſe Wiſſenſchaft iſt dir nichts nuetz. Sind die beſtimmte Zeichen da? ſo dencke, der Juengſte Tag iſt nah. Wache nur und bete, damit er dich bereit finde Marc. XIII. 33.

III. Helle Lampen auf dem heili= gen Leuchter.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Spruechw. XXXI. 10.
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WEm ein tugendſam Weib beſcheret iſt, die iſt viel edler denn die koeſtlichen Perlen.WO trifft man dieſes an? fragſt du. Vielleicht in Utopia? es iſt wahr; Tugendſame Weiber ſind rar. Sie ſind rarer denn die koeſtlichſten Perlen. Ich ver= ſtehe ein gottsfuerchtiges, kluges, keuſches und haeußliches Weib. Solches nennet Syrach ei= ne Zierde im Hauſe; und vergleichet es den hellen Lampen auf dem heiligen Leuchter, Syr. XXVI. 21. In welchem Hauſe ſieheſt du ſolche helle Lampen brennen? ſtinckende und dunck= le Lampen wirſt du ueberall finden. Das waere nicht gut, mein Freund! es iſt nichts anders. Spricht doch Syrach: Von Weibern koemmt viel boeſes, Syr. XLII. 15. Ja! zufaelliger Weiſe; nicht nothwendig. Der Geiſt GOttes hat viele heilige und tugendhaffte Weibs=Bil= der aufgemercket, die es vielen Maennern zuvor gethan.Haben nicht viele Weiber mehr Eifer bezeu= get in Vollbringung des Gottesdienſtes, als die Maenner? 2. B. Moſ. XXXVIII. 8. Was fuer Liebe hatte nicht jene reiche Frau zu Sunem zum Gottesdienſte? 2. B. Koenig. IV. 8. Was fuer eine fleißige Kirchen=Gaengerin war nicht die Prophetin Hanna? Luc. II. 37. [107] Wie begierig war nicht Maria, zu JEſu Fueſ= ſen ſein Wort zu hoeren? Luc. X. 39. Wie an= daechtig nicht die Lydia? Apoſt. G. XIV. 14. Was fuer eine eifrige Beterin war nicht die Gott= ſeelige Hanna? 1. Sam. I. 10. Wie bußfer= tig war nicht, jene Suenderin? Luc. VII. 38. Was fuer ein zartes Gewiſſen hatte nicht das blutflueßige Weıb? Marc. V. 33. Wie ſtreng hielte nicht die Eſter ueber das Gottes= dienſtige Faſten? Eſth. IV. 16. Wie die= nete nicht die Phoebe denen Heiligen, und leiſte= te ihnen Beyſtand? Rom. XVI. 1. 2. Was that nicht fuer gute Wercke und Allmoſen die Tabea? Apoſtel. G. IX. 36. Wie Gottſeelig war nicht die Priſcilla? Apoſtel. G. XVIII. 2. Sim= ſons Mutter hatte mehr Erkaentniß von GOtt, als ihr Mann, B. Richt. XIII. 9. Was fuer einen untadelichen Lebens=Wandel fuehrete nicht die Elıſabeth? Luc. I. 5. 6Wie viel Weiber ſind nicht beſtaendig geweſt in Verfolgung? Hebr. XI. 35. Haben nicht auch viel Weiber die Maenner im Glauben uebertrof= fen? 2. Tim. I. 5. Des Cananeiſchen Weibes Glaube war groeſſer, als der Juenger Chriſti, Matth. XV. 28. Die drey Weiber: Maria Magdalena, Matia Joſes und Salomae hat= ten ſtaerckern Glauben an Chriſti Worte, als die Apoſtel, Luc. XXIV. 8. 9. Haben nicht jederzeit Weiber JEſu aufgewartet? Die Eliſabeth weiſſagete von ihm in dem Hauſe. Anna in dem Tempel. Martha nahm ihn auf, Luc. X. Johanna und Suſanna nebſt andern dieneten [108] ihm. Die Toechter von Jeruſalem weineten ueber ihn; an dem Creutze ſtunden ſie bey ihm; und nach ſeinem Tode kamen ſie, ihn zu ſalben. Ich meyne das waren helle Lampen auf dem heiligen Leuchter.GOtt hat das weibliche Geſchlecht hoch geeh= ret, ſo gar, daß er von einer ſich hat gebaehren laſ= ſen. Den Weibern erſchien Chriſtus zu erſt nach ſeiner Auferſtehung, und ehrete ſie ſo hoch, daß ſie, als Apoſtolinnen, ſeine Auferſtehung denen Apoſteln verkuendigen ſolten, Marc. XVI.Wie ſind nicht in haeußlichen Tugenden viel Weiber denen Maennern fuergegangen? Wie gehorſam und ehrerbietig war nicht die Sara ihrem Manne? 1. Petr. III. 6. Wie gehorſam nicht die Ruth ihrer Schwieger=Mutter Nae= mi? Ruth. III. 5. Wie ſorgfaeltig nicht La= muels Mutter in Chriſtlicher Auferziehung ihrer Kinder? Spruechw. XXXI. 3. Wie keuſch nicht die Suſanna? ſie wolte lieber ſterben, als Ehebruch begehen, Suſan. V. 23. Was fuer Helden=Muth ſtack nicht in der Debora und Jael? Jene zog mit Barack zu Felde: Die= ſe legte hin den Siſſera, als das Schrecken Iſ= raelis, B. Richt. IV. 9. 18. Und was hat nicht die Judith fuer eine Helden=That ausgeuebet? Jud. XIII. 8. 9.Soll ich etliche tugendhafte Weiber aus weltlichen Geſchichten fuerſtellen? Euphraſia war von ſolcher Gottesfurcht, daß ſie oft Tag und Nacht mit Beten und Singen zubrachte. Gal- la war ſo eines eingezognen Lebens, daß man ſie [109] niemals bey einer weltlichen Zuſammenkunft antraf. Das Heydniſche Weib Ennia hat ih= ren Ehe=Mann in die 43. Jahr niemalen mit einem Worte, Geberden und Wercke erzuernet. Mechtilt, Kaeyſer Heinrich I. Ehe=Gemahl hat= te ſich ſo tugendhaft und wohl gegen ihn verhal= ten, daß er ihr auf ſeinem Todt=Bette vor fuen= ferley Wohlthaten danckte. (1) Daß ſie ſich freundlich und dienſthaft gegen ihm erzeigt in der Ehe. (2) Daß ſie ſeinen Zorn oft geſtillet und gelindert. (3) Daß ſie ihn manchen guten und nuetzlichen Rath gegeben. (4) Ihn der Gerech= tigkeit erinnert. (5) Stets fuer die Arme und Untergedruckte gebetten, daß ihnen geholfen wuerde.Unter die keuſchen Weibs=Bilder mag zu zehlen ſeyn die Cunigunda, die ſich mit ihrem Gemahl, Kaeyſer Heinrichen, niemals als Ehe= leute ſollen zuſammen gehalten haben. Pulcheria, Kaeyſer Theodoſii Schweſter, iſt auch in ihrem Eheſtande eine Jungfer blieben. Ingleichen hat Edeldrucis, Koenigin in Engeland, mit zweyen Maennern in Eheſtande als eine Jungfer gelebet.Unter die Treuen Weiber iſt zu rechnen Iſa= bella, Hertzog Scanderbergs Gemahlin, dieſe ließ zu Bezeugung ihrer treuen Liebe und Gehor= ſams gegen ihren Gemahl, eine Nelcke mahlen, ſo ſich nach der Sonne kehret, mit der Beyſchrift Non poſſunt oculi mei alio ſe vertere.
Ich wende mich ſtets zu der Sonnen hin, Weil ich aus Lieb ihr gantz verpflichtet bin.
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Penepole hatte ihren Mann ſo lieb, daß ſie gan= tzer 20. Jahr nach ſeinem Tode eine Wittwe blie= ben. Sybilla, Churfuerſt Johann Fridrichs zu Sachſen Gemahlin, reiſete aus Liebe zu ihren Herrn ins Gefaengniß, blieb ſtets bey ihm, laß ihm aus Buechern fuer, und troeſtete ihn. Aloiſia, Koenig Heinrich III. Gemahlin, hatte ihren Herrn ſo lieb, daß ſie nach ſeinem Abſterben ſich endlich zu todte gefaſtet. Die holdſeelige Aſpaſia, Koenigs Cyri Gemahlin, ſagte einſt zu ihm, als er ihr ein Halßband anmachte: Ach mein Herr, ſchencke es der Frau Mutter, ich will mich mit meinem Hal= ſe ſo wohl gegen dich verhalten, daß du ohne dis Kleinod Luſt und Gefallen an mir tragen ſolſt. Koe= nigs Roberti in Engelland Gemahlin hatte ihrem Ehe=Herrn ſo lieb, daß als er im Kriege mit einen vergifteten Pfeile getroffen, ſie den Mund an ſei= ne giftige Wunde legte, und den Gift ausſog, welches ihr auch nichts geſchadet. Frannia war ihrem Ehe=Herrn ſo treu, daß ſie zweymal mit ihm ins Elend gegangen, und einmal ſeinet we= gen ſich verbannen laſſen.Soll ich etlicher tapffern Weibs=Bilder ge= dencken? In Morenland trugen vor dieſen die Weiber eine geraume Zeit Cron und Scepter. Die Semiramis herrſchete vor Zeiten zu Babylon. Die Laodice in Aſien. Die Koenigin Eliſabeth hat Engeland zu aller Welt Verwunderung glueck= lich regieret. Chriſtina, die Koenigin der Schwe= den und Gothen ſtunde beyden Voelckern mit groſ= ſen Rubme fuer. Noch biß dieſen Tag haben die Norweger insgemein Weiber zu Koeniginnen.
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Wie hoch es oft Weiber in Erlernung der freyen Kuenſte und allerhand Sprachen bracht, haben die Gelehrten mit Verwunderung angemercket. Kaeyſer Caroli V. Mutter, Jo= hanna konnte nicht nur gut Latein reden, ſondern war auch in der Oratorie wohl erfahren. Koe= nigs Henrici in Navarren Gemahlin, Marga= retha Valeſia, war eine ſehr tugendhafte und vortreflich gelehrte Fuerſtin. Sie ſchrieb Mar- garitam Margaritarum. Speculum animae peccatricis, und andere ſchoene Schriften mehr. Dorothea Suſanna, Hertzog Johann Wil= helms zu Sachſen Gemahlin, war ſehr gelehrt in der Theologie; hat auch ein ſchoenes Gebet= Buch geſchrieben. Magdalena, Hertzog Wolfgang Wilhelms, Pfaltz=Grafen zu Neu= burg am Rhein Gemahlin, verſtund die Lateini= ſche, Italiaeniſche, Spaniſche und Frantzoeſiſche Sprache ſehr gut. Hertzog Alberti in Preuſ= ſen Gemahlin, Frau Anna Marta, war ſehr verſtaendig und gelehrt. Sie ſchrieb einen Fuer= ſten=Spiegel an ihren Sohn Albertum Fri- dericum, von welchem Buch noch ein Exemplar in der Bibliotheck zu Koenigsberg iſt. Marga= tetha Sybilla, Herrn Conrad Loeſers, Chur= Saechſiſchen geheimen Raths und Erb=Mar= ſchalls, geweſene Ehe=Liebſte, war wohl in Spra= chen erfahren, dabey eine vortrefliche Poetin. Sie hatte in allen Facultaeten das Ihre gethan; auch ein fein Theologiſches Tractaetgen unter dem Titel: Politica Chriſtiana geſchrieben. Mar= garetha Maria, Frey=Frau von Buwing= hauſen und Walmerode, war der Lateiniſchen [112] und Frantzoeſiſchen Sprache wohl kundig; Sie hat Joſeph Halls Ruhe des Gemueths ſehr wohl verdollmetſchet. Dabey war ſie eine gute Poetin, ſehr verſtaendig und gottsfuerchtig. So= phıa Eleonora Baroneßin von Degen= feld, verſtunde wohl die Frantzoeſiſche, Italiae= niſche und Lateiniſche Sprache; war dabey von herrlicher Schoenheit. Anna Maria, gebohrne Baumgaertnerin, Herrn Carl Benedicts= Nuetzels, vornehmen Raths=Herrn zu Nuern= berg Eheliebſte, war eine gelehrte Dame. Herr Omeıß hat ſie in ſeinem Baum=Garten genen= net die Zehende Muſe; eınen Glantz des weiblichen Geſchlechts, und eine Zierde der alleredleſten Jungfern; eıne Dichterin ſo nichts denn loeblıches gethan und ge= ſchrieben hat. Marıa Elıſabetha Curtia gebuertig von Zittau, konte gut Lateiniſch, Grie= chiſch und Italiaeniſch reden; Dabey war ſie in der Inſtrumental=Muſic wohl erfahren. Bar= bara Helena Langin, von Nuernberg, war eine gute Poetin, und ſehr wohl erfahren in Frantzoeſiſcher Sprache. Dabey war ſie eine zier= liche Mahlerin, ſo, daß man ſich billig ueber ſie verwundern muſte. Mauritia Schuellerin, Herrn Johann Caſpar Lohmanns, vornehmen Kauffmanns in Breßlau geweſene Ehe=Liebſte, war eine Frau von ſonderbaren Hiſtoriſchen Wiſ= ſenſchaften, abſonderlich in der Rechen=Kunſt wohl erfahren, wie ſie denn dabey von ungemei= nen Tugenden war.Gottesfurcht, Tugend und Verſtand, [113] ſind drey vortrefliche Zierathen eines Weibs= Bildes. Solche Frauen mag man helle Lam= pen auf dem heılıgen Leuchter nennen. Lieb= lich und ſchoen ſeyn iſt nichts, aber ein Weib, das ſolche Tugenden hat, ſoll man loben, Schruechw. XXXII. 30. Kaeyſer Ferdinandi Braut trug an ihrem Haſſe eine Perlen=Schnur, davon jede tauſend Guelden geſchaetzet wurde. Zu was die= net ſolcher Unrath? Ich ſage mit Salomone: Wem ſo ein tugendſam Weib beſcheret iſt, die iſt viel edler, als die koeſtlichen Perlen, Spruechw. XXXI. 10. Ich ſchlieſſe aber, und ſage mit Syrach: Wohl dem Manne, der ſo eın tugendſam Weib hat! Syr. XXVI. 1. Einen ſolchen halt ich fuer den glueckſeeligſten dieſer Welt.

IV. Das ſchaerfſte Schwerdt. Bey Betrachtung dieſer Worte: Syr. XXVIII. 21. 22.
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DIe Geiſſel macht Striemen; aber ein boeſes Maul zerſchmettert Beine und alles. Viel ſind gefallen durch die Schaer= fe des Schwerdts; aber nirgend ſo viel als durch boeſe Maeuler.
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DIe Zunge iſt ein klein Glied, und tich= tet groſſe Dinge an, Jac. III. 5. Ach ja wohl, theurer Apoſtel! Sie richtet groſſe Dinge an in Guten, auch groſſe Dinge in Boeſen. Was die Zunge vor Vortheil und Nachtheil kan anrichten, vermag die Zun= ge ſelbſt kaum auszuſprechen. Ich ſage mit Sa= lomone: Leben und Tod ſtehet ın der Zun= gen Gewalt, Spruechw. XVIII. 21.Die Zunge iſt das Meiſter=Stueck der Natur. Sie iſt ein Bothe des Hertzens und der Gedancken. Sie iſt die Ehre des Menſchen, erweckt ihm aber oft die groeſte Schande. Als AEſopus Befehl bekam, vor ſeines Herrn Tiſch das beſte, und vor das Geſinde das ſchlimmſte einzukaufen, brachte er lauter Zungen. Warum? Er wolte damit lehren, daß dieſes beyde das beſte und aergſte Ge= richte waere, nach dem die Zunge gut oder boeſe. Eine gute Zunge iſt das beſte Opfer fuer GOtt; eine boeſe aber ein Eſſen fuer den Teufel. Wie ſpricht Guevarra? Des Menſchen Zunge ıſt nichts anders als eine gewiſſe Mauer, an welche ein witziger Menſch ſchoene andaech= tıge Bilder, ein Narr aber Narrethey mah= let. Denn ſo wir unſre Zunge recht wiſſen zu gebrauchen, kan ſie uns etlicher maſſen retten; brauchen wir ſie aber uebel, ſo iſt ſie eine Urſach unſerer Verdammniß.Mercke dieſes, Spoetter und Verlaeumder! Was haſt du fuer eine Zunge im Munde? Sie taugt nicht viel. Wie braucheſt du ſie? Dein Neben= Bruder haelt wenig davon. Wie ſo? Frag ihn [115] nur ſelbſt, er wird dir antworten: Deine Zaehne ſind Spieß und Pfeile, und deine Zunge eın ſcharf Schwerdt, Pſal. LVII. 5. Ich muß ihm beypflichten und ſagen: Deine Zunge trachtet nach Schaden und ſchneidet mıt Luegen, wie ein ſcharf Scheermeſſer. Pſal. LII. 4. Ich bekraeftige, daß ſie ſchaerfer, denn eines Henckers Schwerdt. Du ſprichſt oft. ſelbſt, du habeſt gut Leder zum Maule. Es iſt wahr. Und wenn du dein Zungen=Schwerd von dieſem Leder zieheſt, machſt du viel Wunden= Ich ſelbſt hab es erfahren. Von deinen Zungen= Bogen haſt du manchen ſcharfen Pfeil auf mich loß gedrueckt. Noch dieſe Stunde redeſt du gern alles, was zu meinem Verderben dienet, mit fal= ſcher Zungen, Pſal. LII. 6. Haſt du mich nicht einen Heuchler, einen Sonderling, einen Po- liticum, im ſchwartzen Kleide tituliret? Bin ich nicht in deinen Augen ſtoltz, ehrgeitzıg, ver= liebt und ein Tadler anderet Leute geweſen?Hoer doch! wer biſt du, daß du einen fremden Knecht richteſt? Rom. XIV. 4. Du ſeyſt groß o= der klein, ſo kanſt du mir nicht ins Hertz ſehen. Schein und Anſehen betreugt; wer darnach re= det, der leugt. Ehren=Dieb! was haſt du fuer Urſache mich zu tadeln und zu richten? Du haelſt mich fuer deinen Feind. Glaub es nicht. Der mir meine Fehler ſagt und mich warnet, meynet es wahrlich gut. Darueber nun biſt du mir feind. Mein, bin ich denn alſo dein Feind worden, daß ich dir die Wahrheit fuer gehalten? Gal. IV. 16. Nun iſt dein verbittert Gemueth und Sinn gegen [116] mit dieſer: Laß ſehen, daß ich ihm beykom= men moege, und mıch an ihm raeche, Jerem. XX. 10. Keine beſſere Rache weiſſeſt du aber nicht, als Laeſtern und Verlaeumden. Ich lache deiner und alle redliche Hertzen mit mir. Wo haſt du denn Anklaeger und Zeugen wider mich? Frag doch erſt den Naechſten drum. Hoer doch, ob es der Nachbar und Bekandte auch ſpricht. Ich weiß deine teufliſche Maxime wohl. Gedenckeſt du nicht dadurch mich und meine Schriften veraecht= lich zu machen? Bey verſtaendigen Leuten wirſt du es ſchwerlich dahin bringen. Ach ſtecke dein ſchnei= dend Schwerdt ein, und laß es ruhen. Du ver= raetheſt nur dadurch dein boeß Gewiſſen. Wor= inn du eınen andern richteſt, verdammeſt du dich | ſelbſt, Rom. II 1.Die Tadelhaftigſten ſind nur meine Tadler. Ungerechte, Ungeiſtliche, Aufgeblaſene, Schwel= ger, Hurer, Ehebrecher, Unwiſſende und Nei= diſche zucken nur ihr Zungen=Schwerd wider mich. Was achte ich ſolcher? Ihre Hiebe blu= ten nicht; weniger werden ſie mich toedten. Ich vergleiche ſolche Verlaeumder denen Weſpen, welche nichts nuetzen, als daß ſie ſummen, und ei= nen vergifteten Stachel haben. Fleiſch und Blu= te | thun ſolche Hiebe freylich weh. Die Worte des Verlaeumders ſind Schlaege, und gehen einem durchs Hertz, Spruechw. XVIII. 8. Sie ſind gleich dem Blitz, welcher zwar die Scheide nicht ver= letzt, doch aber die Klinge, zerſchmeltzt. Machen boeſe Verlaeumdungen denen aeuſſerlichen Glied= maſſen keine Wunde, ſo dringen ſie doch durchs [117] Hertz, und ſpalten das Gemuethe. Syrach druckt es wohl aus. Eıne Geiſſel macht Strıemen, ſprıcht er, aber ein boeß Maul zuſchmettert Gebeine und alles. Viel ſind gefallen durch dıe Schaerfe des Schwerdts; Aber nırgend ſo viel als durch boeſe Maeuler, Syr. XXVIII. 21. 22.Wie lautet deine Entſchuldigung? Ich be= gegne dır ja jederzeit mıt allet Freundlich= keit? Ja, der Teufel koemmt auch freundlich. Ein Engliſch Geſicht und ein teufliſch Hertz. Be= huete mich GOtt fuer ſolcher Freundlichkeit. Dein Mund iſt glaetter denn Butter, und haſt doch Krieg im Sinn; Deine Worte ſind gelinder denn Oele, und ſind doch bloſſe Schwerdter, Pſ. LV. 22. Deine falſche Zunge iſt ein moerderlicher Pfeil, Jer. IX. 8. Sie iſt ein falſches Mord=Schwerdt. Doch, was kan mir dieſe falſche Zunge thun? Pſ. CXX. 3. Du meyneſt mir mit deiner Schmach das Hertz zu brechen, Pſ. LXIX. 20. Freylich iſt meine Kraft nicht ſteinern, ſo iſt auch mein Fleiſch nicht ehern, Hiob VI. 21. Am beſten aber, daß du mehr dir als mir ſchadeſt. Die Pfeile des Verleumders pflegen ſich gern umzu= drehen, und die Hand deſſen, der ſie fluegelt, ſelbſt zu verwunden.Bey aller Verleumdung troeſte ich mich meines guten Gewiſſens. GOtt iſt ein Hertzenskuen= diger, Apoſt. G. XV. 8. Welt! was frag ich nach deinen Laeſterungen? Mir iſts ein geringes, daß ich von dir gerichtet werde, 1. Cor. IV. 3. Mein Zeuge iſt im Himmel, und der mich kennet, [118] iſt in der Hoehe, Hiob XVI. 19. Muſte doch die heilige Unſchuld ſelbſt ſich beſchuldigen laſſen, Joh. VIII. 48. Es war JEſus ein Lamm oh= nn Flecken. 1. Petr. I. 19. Doch wolten ihn die Laeſtrer vieler Suenden=Flecken zeihen. Bald hieſ= ſen ſie ihn einen Suender=Geſellen; Bald einen Freſſer; Bald einen Weinſaeufer, Matth. XI. 19. Allen Heiligen iſts nicht beſſer ergangen. Noah hat der Welt Verleumdung erfahren. 1. B. Moſ. XII 3. David empfand dieſes Schwerdtes Schaerfe ſo ſehr, daß er ſeufzete: Es ıſt als ein Mord in meinen Beinen, daß mich meine Feinde ſchmaehen, Pſ. LXXIII. 21. Die gottſeelige Hanna wurde eine Sauf= Schweſter, 1. Sam. I. 14. und die keuſche Suſan= na eine Hure geſcholten, Suſ. v. 21. Muſten nicht die Apoſtel Trunckenbolde heiſſen? Apoſt. G. II. 10. und Paulus ein Heuchler? Apoſt. G. IX. 26.O Zunge, Zunge! wie wird dirs dafuer erge= hen? Du redeſt gern alles, was deinem Naechſten zum Verderben dienet; darum wird dich GOtt gantz und gar zerſtoehren und zerſchlagen, Pſ. LII. 6. 7. Der Verleumbder Haman muſte ſein Le= ben am lichten Galgen endigen. Eſth. VII. 10. Dem Aaroni Iſaacio, einem am Hofe des Kayſers Manuelis anſehnlichen Rathe, wurden, nebſt Beraubung ſeiner Gueter die Augen ausge= ſtochen, darum, daß er den Alexium Protoſtra- torem unſchuldig angegoſſen. Die Goettliche Rache hatte daran noch nicht genug. Als ein anderer Koenig zur Regierung kam, ließ er dieſen groſſen Verleumbder auch vollends die Zunge aus [119] dem Halſe ſchneiden. Das iſt der Lohn der Ver= leumdung. Nun, Ehren=Dieb! ſo ſchaerfe dein Zungen=Schwerd wider mich, am Steine der Verleumdung. Lege deine Laeſter=Pfeile auf den Zungen=Bogen, und ziele immer loß auf mich. Hoere! GOtt hat ſein Schwerdt auch gewetzet, und ſeinen Bogen geſpannet, und zie= let; und hat darauf gelegt toedtliche Geſchoß; ſeine Pfeile hat er zugericht, dich zu verderben, Pſ. VII. 13. 14. So recht. Wie die Suende, ſo die Strafe.Ich will mich hueten, daß ich nicht ſuendige mit meiner Zungen, Pſ. XXXIX. 2. Damit ich mit dieſem Schwerdte niemand verletze, will ich mei= ne Zunge ins Gefaengniß ſetzen. Wilſt du wiſſen, welches das ſey? Der Mund, dafuer die Zaehne das Gegitter ſeyn. Ich ſage, ich will niemand richten, damit ich nicht wieder gerichtet werde, Luc. VI. 37. Geſeegnet ſey, der ſeegnet. Ver= flucht aber ſey, wer ſeinen Naechſten heim= lich ſchlaegt (wer ihn hinterwaerts alles ueble nachredet) und alles Volck ſage: Amen. 5. B. Moſ. XXVII. 24.

V. Das ſtinckende Selbſt=Lob. Bey Betrachtung dieſer Worte: Hiob. XV. 15. 16.
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UNter ſeinen Heiligen iſt keiner ohne Tadel, und die Himmel ſind nicht rein fuer ihm. Wie vielmehr ein Menſch, [120] der ein Greuel und ſchnoede iſt der Unrecht ſaeufft, wie Waſſer.ICh bins, und keine mehr; Zeph. II. 15. So ſprach Ninive vor Zeiten in ihrem Hertzen. So trotzet noch heute manche Stadt auf ihren aeuſſerlichen Splendeur. Ich bin die Allerſchoenſte, Ezech. XXVII. 3. ſagte weyland Tyrus. Jetzt ſpricht es manche hoffaertige Schminck=Dame. Ich bin die Allerteichſte, Silber wie Sand, und Gold wie Koth auf der Gaſſen, Zach. IX. 3. dach= te ebenfalls Tyrus. Jetzt ſagen es noch viele mit jenem Reichen, Luc. XII. 19. Ich bin der Al= lerhoechſte, ſprach der ſtoltze Koenig zu Babel, Eſa. XIV. 13. Das denckt noch mancher Menſch bey ſich, den die Gluecks=Fluegel ein wenig erhoben. Ich bin der Allergewaltıgſte/ ſagte der hoch= muethige Pharao, 2. B. Moſ. V. Dieſe Stim= me hoer ich noch jetzund aus dem Munde eines tyranniſchen Neronis. Ich bın der Allerklueg= ſte; dachte Ahitophel, 2. Sam. XVI. 23. Das meynt noch mancher naerriſcher Rathgeber. Ich bın der Allerheiligſte; dachte in ſeinen Gedan= cken der Phariſaeer, Luc. XVIII. 11. Jetzt darf man ihn nicht mehr zu Jeruſalem ſuchen. Jeder findet ihn in ſeinen Buſen.Arme Leute! ihr ſeyd in euch ſelbſt verliebt, wie Narciſſus. Propria laus ſordet: eigen Lob ſtinckt. Hoeret, wie das klingt. Waeret ihr das, fuer was ihr euch ausſchreyet, ihr wuerdet euch nicht ſelbſt loben. Vino vendibili non opus [121] eſt ſuſpenſa hedera. Wer guten Wein im Kel= ler hat, haengt keinen Krantz heraus. Von Leu= ten, die ſich ſelbſt loben, haelt man insgemein nicht viel. Laß dich einen andern loben, und nicht deinen Mund; einen Fremden, und nicht deine eigne Lippen, Spruechw. XXVII. 2. Das iſt Salomonis Denckſpruch. Laß ihn wohl zu Ohren. Eigen=Lob gleichet den Coloquinten, welche den gantzen Topf voll Gemueſſe verderben. Selbſt=Ehre waechſt auf einem trocknen Lande, da ſie endlich erſticken und verderben muß. Schrey= et die Henne, wenn ſie das Ey geleget hat, ſo wirds ihr weggenommen. Lobeſt du ſelſt deine gute Wercke, ſo vernichteſt du ſie.Aber ſage an, wer bift du denn, daß du dich alſo lobeſt? Ein Menſch. Und alſo noch lange kein Engel. Was iſt der Menſch? Erde, 1. B. Moſ. III. 19. Was mehr? Nichts, Pſ. XCIII. 7. Noch weiter? Weniger denn nichts, Pſ. LXII. 10. Was iſt lobenswuerdig an dir? Deine Geburt? Nein! du biſt aus ſuendlichen Saamen gezeuget, Pſ. LI. 7. Dein Geſchlecht? Nein! wir haben alle einen Amoriter zum Vatter, und eine Hethiterin zur Mutter. Dein Stand? Auch nicht. In GOttes Augen gilt Koenig und Bett= ler gleich viel. Warum ſchreibeſt du dich denn von Hauſe der Einbildung? Warum giebſt du denn mit Theuda fuer, als waereſt du etwas? Apoſt. G. V. 36. und mit Simon dem Zaube= rer als waereſt du etwas Groſſes? Apoſt. G. VIII. 9.Doch es iſt wahr. Wer ſich nach eigner Elle [122] miſſet, giebt ſich immer den groeſten Ausſchlag. Wer von andern kein Lob erhalten kan, muß ſich ſelbſt loben. Du ruehmeſt deine Schoenheit. Ei= telkeit! Zuechtiget dich GOtt! deiner Suenden wegen, ſo wird deine Schoene verzehret, wie von Motten, Pſ. XXXIX. 12. Schoen ſeyn, iſt nichts, Spruechw. XXXI. 30. Die Schoenheit fleugt und betreugt. Du lobeſt deine Klugheit. Thorheit! Die kluegſten Rathſchlaege ſind oft worden zur Narrheit, 2. Sam. XV. 31. Hoer doch, was dir der Apoſtel ins Ohr ſagt: Halt dich nicht ſelbſt fuer klug, Rom. XII. 17. Du ſchreyeſt dich fuer gelehrt aus. Ein ſtinckendes Lob. Es heißt: Ein Weiſer ruehme ſich nicht ſeiner Weißheit, Jer. IX. 23. Weißheit, Ei= telkeit. Wie mancher Gelehrte hat zuletzt ſei= nes eignen Nahmens vergeſſen? Die beſte Wiſ= ſenſchaft iſt die Selbſt=Erkaenntniß. Fehlt dir dieſe, biſt du ein Ignorant. Du ſucheſt dein Lob durch die Feder. Meyneſt mit Appione, daß die, welchen du etwas von deinen Schriften zu= ſchreibeſt, hierdurch ein unſterblich Lob erlange= ten. Betrogner Menſch! du duenckeſt dich wohl weiſer denn Salomo? Ach bleib daheime und mercke, was Paulus ſagt: Wer ſich duen= cken laeſſet, er ſey etwas, ſo er doch nichts iſt, der betreugt ſich ſelbſt, Gal. VI. 3. Lu= therus ſpricht: Wir ſollen bey Anhoerung unſers Lobs erzittern. Und du erzitterſt nicht, dich ſelbſt zu loben.Welches das aergſte? Daß du dich fuer einen ſonderbaren Heiligen ausgiebeſt. Ich dancke [123] dir, GOtt, daß ich nicht bin wie andere Leute, Luc. XVIII. 11. Meyneſt du, andere Leute ſeyn Heyden? glaub es nicht. Ich will auch nicht glauben, daß du allen Heiligen die Fueſſe habeſt abgebiſſen. Du muſt fuerwahr keinen guten Spie= gel haben, weil er dir die Flecken nicht zeiget. Du biſt hinckenter Neutralitaet. Haſt ein bloed Geſicht der Unwiſſenheit. Ein taubes Ohr zu dem gepredigten Wort. Eine ſtumme Zunge zu GOttes Lob. Sauerſehende Aug= braunen der Ungedult, und einen ſtınckenden Athem der Heucheley. Ein ſchoenes Bild. Noch dennoch ſieheſt du die Runtzeln nicht.Du ruehmeſt dich deiner guten Wercke. Mein, geſchehen ſie auch aus Liebe und Glauben? Ich brech den Hungerigen mein Brod, Eſa. LVIII. 7. Ich geb reichlich in die Allmoſen=Buechſe. Ja ich laß auch mein Brod uebers Waſſer fahren, Pred. XI. 1. Ach, ſags nur nicht allen Leuten. Ich ſeh, du wirfſt es aufs Waſſer, wie der Fi= ſcher ſeine Angel: Du fiſcheſt damit nach eitler Ehre. Wenn Moſis Angeſicht glaentzete, that er eine Decke dafuer, 2. B. Moſ. XXXIV. 35. Wenn dein Licht fuer den Leuten leuchtet, daß ſie deine gute Wercke ſehen, Matth. V. 16. ſo de= cke ſie doch zu mit der Decke der Demuth.Du nimmſt dich von menſchlichen Fehlern und Suenden aus. Wer hat dir das weiß ge= macht? Non multi ſunt viſi, qui caruere Niſi. Auch unter GOttes Heiligen iſt keiner ohne Tadel. Die Himmel ſelbſt ſind nicht rein fuer GOtt, Hiob. XV. 15. Sonn und Mond ha [124] ben auch beym helleſten Scheine ihre Flecken. Naeman war ein fuertreflicher Mann, aber auſſaetzig, 2. B. Koenig. V. 27. Der geiſtliche Auſſatz hat unſere Seele ſo inficiret, daß von der Fußſohlen biß aufs Haupt nichts geſundes an uns iſt, Eſa. I. 6.Ich bin rein in meinem Hertzen, und lauter von aller Suende, Spruechw. XX. 9. Das leugſt du. Es iſt kein Menſch auf Erden, der guts thue, und nicht ſuendige, Pred. VII. 21. Elender Suen= der; Meynſt du, daß dem Allmaechtigen ge= falle, daß du dich ſo fromm macheſt? Hiob XXII. 3. Du findeſt dich betrogen. Ich und du mangeln des Ruhms, den wir fuer GOtt haben ſollen, Rom. III. 23. Du denckeſt, du ſeyeſt reich und habeſt gar ſatt; und weiſt nicht, daß du biſt elend, jaemmerlich, arm, blind und bloß, Offenb. Joh. III. 17. Guck in den Geſetz=Spie= gel, da wirſt du deine heßliche Mohren=Haut und Parder=Flecken ſehen.Du haſt nicht die geringſte Urſach, dich zu lo= ben. Betrachteſt du die vergangene Zeit, ſo magſt du immerdar das Gute beklagen, ſo du unterlaſſen. Erwegeſt du die Gegenwaer= tige, ſo betruebe dich immer ueber die mannig= faltige Schwachheiten. Uberlegeſt du die Zu= kuenfftige? ſo magſt du immer zuſehen, daß du nicht falleſt. Haſt du mehr Gnaden=Gaben, als andere? deswegen biſt du eben ein Suender, wie andere. Iſt eine Linie nicht ſo krumm, als die andere? ſo iſt ſie doch deswegen nicht ge= rade. Nemo ſine crimine vivit. Niemand [125] iſt ohne Tadel fuer GOtt. Ich will nicht wei= ter von mir halten, denn ſichs gebuehret, Rom. XII. 3. Von mir ſelbſt will ich mich nichts rueh= men, ohn meiner Schwachheit. Ja, am aller= meiſten will ich mich ruehmen meiner Schwach= heit, auf daß die Kraft Chriſti bey mir wohne, 2. Cor. XII. 5. 9. Gehe hin, und thu dergleichen.

VI. Die Himmels=Leiter. Bey Betrachtung dieſer Worte: Syr. XXXV. 21.
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DAs Gebet der Elenden dringet durch die Wolcken, und laeſſet nicht ab, biß es hinzu komme, und hoeret nicht auf, biß der Hoechſte drein ſehe.HAt denn GOtt vergeſſen gnaedig zu ſeyn? Iſts denn gantz und gar aus mit ſeiner Guete, und hat dıe Ver= heiſſung ein Ende? Pſ. LXXVII. 9. Nein, meine Seel! GOttes Guete iſt alle Morgen neu, und ſeine Treu iſt groß, Klagl. III. 23. Warum tritt aber GOtt ſo ferne, und verbirget ſich in der Zeit der Noth? Pſ. X. 1. Vielleicht beteſt du nicht? Ich zweifle, ob mein Gebet fuer ihn komme. Ey; warum nicht? GOTT erhoeret Gebet, darum kommt alles Fleiſch zu ihm, Pſ. LXV. 3. GOtt hoeret aber die Suender nicht? [126] Joh. IX. 31. Die bußfertigen Suender erhoeret er allerdinges, Luc. XV. 2. Mein Gebet kommt aber leer zurueck? Vielleicht verrichteſt du es nicht| mit wahrer Hertzens=Andacht? Matth. XV. 8. Gebet ohne Andacht iſt wie ein Opfer oh= ne Hertz. Weyrauch ohne Feuer giebt keinen Geruch: So taugt auch das Gebet ohne An= dachts=Feuer nichts in der Naſen GOttes. Oh= ne Andacht beten, iſt eben als ohne Fluegel ſich in die Hoehe ſchwingen wollen.Wie ſoll ich aber andaechtig beten? Treib alles irrdiſche aus deinem Hertzen. Begieb dich der Einſamkeit. So will es Chriſtus haben: Wenn du beteſt, ſo gehe in dein Kaemmerlein, und ſchleuß die Thuer zu, und bete zu deinem Vatter ım Verborgen, und dein Vatter, der in das Verborgene ſiehet, wird dirs vergelten oeffentlich, Matth. VI. 6. So gieng die Judith in ihr Kaemmerlein, da ſie zu GOtt betete, Judith. IX. 1. Elias gieng ins beſon= dere auf den Berg Carmel, daſelbſt ſein Gebet zu verrichten. 1. B. Koenig. XVIII. 42. Iſaac gieng des Abends auf das Feld zu beten. 1. B. Moſ. XXV. Sara betete in ihrer Kammer drey Tage andaechtig, Tob. VIII. Chriſtus ſelbſt gieng in die Wueſten, und brachte da 40. Tage mit faſten und beten zu, Luc. V. 16. Du ſprichſt: Mir fallen oft fremde Gedancken unter dem Gebet ein, welche die Andacht ver= hindern. Nicht ohne; der Teufel iſt bey ei= nem Beter ſehr geſchaeftig. Wer aber GOtt fuer Augen und im Hertzen hat, an dem vermag [127] der Teufel nichts. Baſilius gefragt, wie der Menſch andaechtig ohne fremde Gedancken beten koenne? antwortete: So er dem David folgt, der da ſpricht: Ich habe den HErrn alle= zeit fuer Augen, Pſal. XVI. 9.Vielleicht biſt du ein prahlender Beter? Dieſe hoeret GOtt nicht, Eſa. I. 11. 15. Man= cher Heuchler betet aeuſſerlich ſo bruenſtig, daß man meynen ſolte, das Hertz brenne lichter loh; iſt aber doch wohl bey nahe eißkalt. Im Geſichte iſts Sommer, im Hertzen Winter. Soll dein Gebet tuegen? bete kurtz, wie der Zoellner, Luc. XVIII. 13. Wo lange Gebete, da kurtze Andacht. Bete in Demuth des Geiſtes, Judith. IX. 13. Bete ernſtlich, Jac. V. 16. Bete im Glauben und kindlicher Zuverſicht, Marc. XI. 24. Im Nahmen JEſu Chriſti, Joh. XIV. 13. und nach goettlichen Willen, 1. Joh. V. 14. dieſes iſt die beſte Bet=Kunſt.Wie ſprichſt du oft? Wueſte ich, daß mich das Gebet was huelfe, ich wolte wohl be= ten. Das iſt keine feine Chriſten=Rede. Frage alle Heiligen, ſie werden dir aus eigner Erfah= rung ſagen, daß das Gebet das bewaehrteſte Mit= tel und Artzeney im Creutz ſey. Frage David was thu ich, wenn ich traurig bin? Er wird dir antworten: Bete. Pſ. XLII. 7. 9. Frage Hiß= kıa, wie ſoll ichs angreiffen, wenn ich Leibes= und Seelen=Schmertzen fuehle? Er wird ſagen: Be= te, Eſa. XXXVII. 15. Frag den Jonas, was zu thun, wenn die Seele verzagen will? Die Ant= wort wird ſeyn: Bete, Jon. II. 3.
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Das Gebet iſt eine Leiter, worauf du kanſt zu GOtt im Himmel ſteigen, und die Erhoerung herab holen. Wie ſaget Syrach? Das Ge= bet der Elenden drınget durch die Wolcken, und laeßt nicht ab, biß es hinzu komme, und hoeret nıcht auf, biß der Hoechſte drein ſehe, Syr. XXXV. 21. Ich hab aber lange vergeb= lich gebetet, ſo bruenſtig als auch oft mein Gebet geweſen? Meine Seel! GOtt erhoeret Gebet, er gewaehret aber nicht bald die Bitt. Warum thut er aber dieſes? Damit du im Gebet moegeſt anhalten? Damit du moegeſt ruffen und ſchreyen. Wird einem Braeutigam die Liebſte im erſten An= wurfe abgeſchlagen, ſo ſetzet er deſto inbruenſtiger an ſie. Bekoemmt er ſie endlich, liebt er ſie deſto hertzlicher. So laeßt dich auch GOtt eine Zeit= lang unterm Creutze zappeln, damit du im Gebet moegeſt anhalten, und dir hernach ſeine Huelfe de= ſto erfreulicher und angenehmer ſey. Ehe du ein Iſraelit heiſſeſt, ehe muſt du ein Jacobit ſeyn. Du muſt die Sturm=Leiter des Glaubens ergreiffen, und mit Seuftzen und Zaehren GOtt den Himmel ſtuermen. Gewalt und Standhaftigkeit bricht ihm ſein Hertz, daß er dich erhoeren muß, Jer. XXXI. 20.Das Gebet iſt allmaechtig. Was Feuer und Waſſer, Bogen und Pfeile, Schwerdt und Ge= ſchoß nicht vermag, das vermag das Gebet bey GOtt. Der Allmaechtige ſelbſt muß weicher, und ſich ueberwaeltigen laſſen. Frag den Jacob, dieſer wird es bezeugen. 1. B. Moſ. XXXII. 26. Frag das Cananaeiſche Weib. Dieſe wird bey [129] ſtimmen. Matth. XV. 28. Als dieſe mit Bitten und Flehen anhielten, wurden ſie erhoeret. Tan- dem! Endlich wird auch dir Huelffe und Troſt widerfahren.Was wendeſt du ferner ein? Du habeſt kei= ne Gabe zu beten? Was hindert es? GOtt bindet ſich an kein zierlich Gebet. Ein Seuftzer, aus dem Grunde des Hertzens geholet, iſt GOtt weit lieber, als die zierlichſten Gebete. Der Phariſaeer hatte Gaben genug zu beten, aber kei= ne Andacht: Drum war all ſein Gebet umſonſt, Luc. XVIII. 14. Sprich nicht: Das Treutz haelt mich vom Gebet ſehr ab. Mein lieber Chriſt! Das Creutz dringet das beſte Gebet heraus, Eſa. XXVI. 16. In guten Tagen denckt man wenig ans Gebet. Wie ſagte Koenig David? Wenn mır Angſt iſt, ſo ruffe ich den HErrn an, und ſchreye zu meinem GOtt, Pſ. XVIII. 7. Wie betete nicht Jonas in ſeiner Angſt, da er im Bauche des Wallfiſches war? Jon. II. 3. Joſaphat ebenfalls, 2. B. Chron. XX. 15. und jener Gichtbruechtige, Matth. IX. 2. Erinnere dich der Juenger Chriſti im Schiffe. Ich meyne, ſie beteten, als es ſchie= ne, ob mueſten ſie im Waſſer erbaermlich unter= gehen, Matth. VIII. 25. Dieſe alle wurden in ihrem Gebet erhoeret. Wie hat GOtt geſagt? Ruffe mich an in der Zeit der Noth, ſo will ich dich erretten, Pſ. L. 15. Thu dieſes; GOtt wird nicht erſt an dir zum Luegner werden. Uberlaſſe ihm nur die Er= hoerung deines Gebets, Judith VIII. 10. 11. [130] Wenn ſeine Stunde kommt, wird er dir ſchon helfen.Mein GOtt! ein andaechtig Gebet ſoll auch meine Leiter ſeyn, worauf ich oefters hinaufſtei= gen, und fuer deinen Throne tretten will. Gieb, wenn ich bete, Andacht, Bruenſtigkeit, De= muth und Glauben dazu. Verleihe mir Beſtaen= digkeit in deinen Verzug. Bin ich nicht allemal geſchickt dazu, ſo thue du das beſte dabey. Mein JEſus wird ſelbſt zu deiner Rechten fuer mich bit= ten. Der H. Geiſt wird mich aufs beſte vertretten, Rom. VIII. 26. Dieſe erhoere an meiner ſtatt. Erhoere mich, wenn ich ruffe, GOtt meiner Gerechtigkeit, der du mich troeſteſt in Angſt, ſey mir gnaedig und erhoere mein Gebet, Pſ. IV. 2.
HErr, dein Betheuren iſt geſchehen, Daß uns der Vatter hoeren will, Wenn wir in deinem Nahmen flehen; Ach, diß dein Wahrlich gilt ſehr viel Ich bete treiſt und unverzagt, Du haſt Erhoerung zugeſagt. Ich ſchicke nun auf deinem Namen, O JEſu meine Seuftzer hin, Uud ſpreche drauf ein freudig Amen: Weil ich in dir erhoeret bin. Auf deinem Namen will ich ſchreyn, Dein Vatter wird mir gnaedig ſeyn.
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Ich geb’ es gerne Zu ̅ daß die Welt hoch gelehrt, Wer aber leu ̅ gnet es, daß ſie au ̅ ch ſehr verkehrt? 5.
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Der Hertzerquickenden Blumen und Gemuethslabenden Aepfel Fuenfte Schale.
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I. Die verkehrte Welt. Bey Betrachtung dieſer Worte: Luc. IX. 41.
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O Du verkehrte Art! wie langeſoll ich bey euch ſeyn, und euch dulten?BRuder! es geht nirgends ver= kehrter zu, als in der Welt. Sagte jener Soldat zum andern, der zwantzig Jahr redlich gedienet hatte, und ſehen muſte, wie andere verzagte Haluncken ihme vorgezogen wurden, und er zu keiner Charge gelangen konte. Ja wohl geht es verkehrt her in der Welt; zumal [132] heutiges Tages. Das wirſt du innen werden in allen vier Welt=Theilen; in allen Laendern; in al= len Staedten; in allen Staendten.Da ſonſt der Hof eine Tugend=Schule war, und GOTT wohnete, regiert jetzt der Teufel. Was in eines Buergers Hauſe heßlich ſtinckt, hat bey Hof den Geruch des Ambra. Betrug und Argliſt, ſagt Lohenſtein, heißt bey Hofe Meiſterſtueck. Da weiß ſich ein Greif zur Tau= be zu machen. Ein Fuchs iſt mit der Haut der Laemmer angethan. Das Panterthier ſchei= net ein Schoeps; die Geyer und Drachen Pa= radieß=Voegel zu ſeyn. In denen Liebkoſenden daſelbſten ſteckt oft ein Tiegerthier. Ja, alle La= ſter ſind bey Hofe in der Tugend Kleid verlarvt, und da ſiehet man ſich die Raupen in Seiden= Wuermer verwandeln. Glaube und Treue wird jetzt ſeltſam zu Hofe, klagte ſchon Lutherus Finantz nimmt allenthalben ueberhand. Boeſe Buben zeucht man herfuer; Fromme mueſſen da= hinten ſtehen. Unzucht und Voellerey gewinnen die Oberhand. Drum lachet jetzt Chriſtus der groſſen Praelaten, und wird bald den andern Pſalm und Magnificat mit ihnen practiſiren, und bey ihnen anklopfen, daß Thuer und Thor, aufſpringen, und Paſtey und Wall uebern Hauf= fen liegen wird.In vielen Staedten der Gerechtigkeit iſt jetzt die Ungerechtigkeit inthroniſiret, Pred. Sal. III. 16. Man ſpricht den Gottloſen recht, und verdammet den Gerechten, Spruechw. XVII. 15. Die Tugend wird geſtraft, die Laſter gelobet [133] und belohnet. Man tritt den Kopf des Armen in Koth, Amos II. 7. Den Reıchen hilft man auf. In Gerıchten gehen verkehrte Urtheile, Habac. I. 4. Da wird das Recht verwandelt in Galle, und die Frucht der Gerechtigkeit in Wer= muth, Amos VI. 12. Was ſind an manchen Orte die heutigen Gerichts=Stellen? Marter= Kammern ſind es der lıeben Unſchuld. Was die Gerichts=Baencke? Schlacht Baencke der armen Schaafe. Was die Rath= und Amt= Haeuſer? Moerder=Gruben der Wahrheit. Haſt du nicht die verkehrte Uberſchrifft an denen Thueren geleſen? Abeat juſtitia, aut mundus peribit. Alles verkehrt. Da ſonſt der Reiche dem Armen, ſo muß jetzt der Arme dem Reichen das Allmoſen geben. O verkehrte Art!Geh in die Kirchen. Lieber GOTT! wie verkehrt gehts jetzt da zu? Das Bet=Hauß iſt ein Moerder=Grube, Luc. XIX. 46. Der ge= creutzigte JESUS ſtehet im Winckel in der Halle des Tempels, und die Goetzen=Bilder ſtehen um die Cantzel, Taufſtein und Altar. Den Heıligen Geıſt hat man hinaus verbannet; und der Kriegs=Gurgeln mit unſchuldigem Blute beſpritzte Fahnen, Helmer und Mord=Eiſen hat man da heilig aufgehenckt. Auf den Can= tzeln ſtehen unberuffene Ruffer, Jer. XXXIII. 21. Lehrer, die verkehrte Lehre reden, Apoſt. G. XX. 30. Leute, die ſich beſſer verſtehen auf den Pflug und Giebel, als auf die heilige Bibel. Lei= der! In der Lehre ſind es Theologi, im Leben und Wandel Politici. O verkehtte Art.
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Sieh an den Hauß=Standt. Regieret da nicht die Frau und der Mann iſt unterthan? Der Sohn verachtet den Vatter; Die Tochter ſetzt ſich wider die Mutter; die Schnur iſt wider die Schwieger, und des Menſchen Feinde ſind ſein eigen Hauß=Geſinde, Mich. VII. 6. Verkehrte Eltern, verkehrte Kinder. Elkana und Hanna fuehrten ihren Jungen Samuel gen Silo in die Schule des Prieſters Eli, 1. Sam. I. 24. Jetzt nimt der Vatter das junge Soehnchen mit in das Sauf= und Spiel Hauß; und die Mutter fuehrt das Toechterchen mit ins Hur=Hauß Was Gottesfurcht? das Kind muß fein manierlıch wer= den, und ſich lernen in die Welt ſchicken. Drum mueſſen ſie erſtlich in die Tantz=hernach in die Bet= Schule. O ſie tantzen noch zeitig genug zur Hoel= len; ſie duerfen eben ſo frueh nicht anfangen. O du verkehrte Art!Sieh dich weiter in der Welt um; du wirſt al= les verkehrt antreffen. Tugend wird verachtet, das Laſter betrachtet und hochgeachtet. Freſſen und Saufen heißt man jetzt Chriſtliche Ehren= Gelage. Hurerey und Unzucht, Chriſtliche Liebe. Gewinnſichtiges Spielen muß ſeyn ein Zeitvertreib. Ungerechte Practiquen, Klugheit. Geitz ſoll heiſſen Sparſamkeit. Zo= ten und Narren=Poſſen luſtige Kurtzweil. Hexerey und Zauberey eine freye Kunſt. O verkehrte Art!Wie ſtehets jetzt mit denen Gelehrten? Mi- ſerabel. Des Armen Klugheit iſt Thorheit, und des Reichen Thorheit iſt Weißheit. Die [135] Ignoranten haben hohe Verwandten, und avan- ciren jetzt in allen Landen. Die ſo geſchickt, ſind unbeglueckt. Jene haben groſſe Bibliothe= cken; Dieſe ſind ohne Buecher. Die vor dieſem wegen ihrer Klugheit die Fuernehmſten der Welt waren, ſind jetzt die Verachteſten. Die man ſonſt nicht anſahe, ſehen jetzt fuer Hochmuth kei= nen Menſchen an. So prangen auch die Al= bern und Bloeden heut in den groeſten Dignitae= ten.Sieh an jeden Menſchen. Iſt er nicht gantz verkehrt? Auf die Fueſſe haelt er mehr, als auf den Kopf. Auf die Kleıder mehr, als auf den Leib. Das Alter lebt jetzt wie die Jugend; Die Ju= gend hingegen hat alle Kraft verlohren. Graue Haeupter waren vor dieſem in Ehren, Spruechw. XVI. 31. Jetzt ſind ſie ein Spott. Jeder will ſich verjuengern wie ein Adler. Das Scheer=Meſſer muß jetzt woechentlich dreymal das Maul glatt machen, und den Schnee der Haare muß der Puder zudecken. Der Maech= tige ſoll andere beherrſchen; und iſt ſelbſt ein Sclave. Fuerſten gehen zu Fuſſe, und Knechte reiten auf Roſſen, Pred. Sal. X. 7. Der Herr gehet ſchlecht bekleidet; Der Diener ſtutzet in Gold und Silber. Der Weıſe ſtellet ſich, als wueſte er nichts; Der Ungelehrte iſt aufgeblaſen. Der Reiche iſt karg; der Arme verſchwendet noch ſein Bißgen. Der Beredte macht wenig Worte; der Narr hat das groeſte Maul, Pred. Sal. X. 14. Summa: Alles ıſt verkehrt. Menſchen trincken ihre Geſundheit auf den [136] Knien, und beten dafuer auf dem Geſaeß und Ruecken.Wie verkehrt haben ſich nicht auch die Frauen und Jungfrauen? Jetzt laſſen ſie ſich nicht mehr freyen, ſondern gehen ſelbſt zu den Maen= nern auf die Freyd. Auch weiß ich den aeuſſer= lichen Anſehen nach, zwiſchen ihnen und den Maennern ſchlechten Unterſchıed zu machen. Sie tragen Peruquen, Halskrauſen, Manns=Roecke, Hoſen, Schuh mit Schnallen und Riemen, und ein Rohr in der Hand. Sie ergreifen das Ge= wehr, ſetzen ſich zu Pferde, und gehen mit in die Schlacht. An ſtatt der Neh=Nadel ha= ben ſie nun die Feder angefaſſet. Sie ſchrei= ben; ſie mahlen; ſie ſtudieren; ſie lernen aller= hand Kuenſte und Sprachen. An manchem Orte gehen ſie gar mit denen Herren Studenten in die Collegia. Was das wunderns=wuerdigſte? Sie ſchreiben jetzund Buecher. Verkehrt genug. Die Schoene iſt nachlaeßig in ihrem Putze; die Heßliche hingegen ſchmuecket und ſchmincket ſich aufs allerbeſte. O du verkehrte Art! Fuer= wahr, ich muß mein Angeſicht ueber das verkehrte Welt=Weſen mit Hißkıa nach der Wand wen= den und weinen, Eſa. XXXVI. 2. 3.Was zu thun? Ferendum, quod non mu- tandum. Mein Freund! du muſt ſehen, hoe= ren und ſchweıgen. Halt die Zung im Zaum, und leg die Feder beyſeit. Den verkehrten Welt= Lauf zu genau cenſiren und recenſiren, bringt Hohn und einen verkehrten Lohn. Betrachte nur die verkehrte Welt auch verkehrt, ſo wirſt du [137] nicht irren. Sieheſt du einen Groſſen? Bilde dir ihn nur klein von Wuerden ein. Sieheſt du einen in hohen Ehren ſitzen? Denck nur, daß er ein Thor ſey. Du wirſt ſelten fehlen. Erbli= ckeſt du einen Reichen? Denck immer, daß er nichts beſitze. Koemmt dir eine ſchoen fuer? Ge= wiß, ſie wird eine geſchminckte Hure ſeyn. Sie= heſt du eine in groſſem Kopf=Gepraenge, und in ſeidenem Schleyer ſtutzen? Zweifle immer, ob ſie ein gantz Hembd am Leibe habe. Dem Ein= faeltigen und Altfraenckiſchen traue auch nicht. Er iſt oft der Kluegſte, und hat die ſchoenſten al= ten Thaler im Kaſten. Begegnet dir ein Tad= ler? Denck daß er die groeſten Fehler habe. Kommt ein Heiliger? Halt ihn immer fuer den groebſten Suender!Verkehrte Welt! Weiſt du, wem ich dich vergleiche? Einem kleinen Kinde, das alles ver= kehrt angreift, und damit umgehet. Wilt du wiſſen was GOtt dencket? Das, was er ehedeſ= ſen dachte: O du verkehrte Art! wie lange ſoll ich dich dulten? Luc. IX. 41. GOTT wird und kan in die Laenge nicht zuſehen. Er wird dich vollends dahin geben in verkehrten Sinn, zu thun, das nicht taugt, Rom. I. 28. Aendere deine ver= kehrte Sitten, ehe dich GOtt gantz und gar ver= kehret und zerſtoehret.

II. Der dornigte Him ̅ els=Weg.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Apoſt. G. XIV. 22.
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WIr mueſſen durch viel Truebſal in das Reich GOttes gehen.WIe hoer ich dich oft ſingen? Betruebter Wallfahrter! Ich hab fuer mir eıne ſchwere Reiß zu GOtt ins hımm= liſche Paradeiß. Ja wohl ſchwer. Singe dein Liedgen immerfort. Ich will in tief= fem Thone mit dir anſtimmen: Der ſchmale Weg ıſt Truebſal voll, den ich zum Himmel wandeln ſoll Per aſpera ad aſtra. Durch Truebſal zum Freuden=Thal. Das hat GOTT allen ſeinen Kindern alſo beſtim ̅ t, Pſalm XXXIV. 22. Marc. XVI. 24. Alle die gortſeelıg le= ben wollen ın Chriſto JEſu, mueſſen Ver= folgung leiden, 2. Timoth. III. 12. Oportet. Es kan und ſoll nicht anders ſeyn. Wit mueſſen durch viel Truebſal in das Reich GOttes gehen. Apoſt. G. XIV. 22. Ohne Verdruß, was ſeyn muß. Auch die Allerheiligſten haben dieſe Creutzes=Straſſe wandern mueſſen. Ja dieſe mueſſen oft an den allerhaerteſten Creutz=Tantz. Je liebers Kind, je ſchaerfere Ruthe, Offenb. III. 19. Die Frommen trift oft mehr Boeſes, als die Boeſen. Der Blitz ſchonet ein Hur=Hauß, und ſchlaegt im Tempel ein. Der Mehlthau trift die Saat der Frommen, und der Boeſen Frucht fiehet man gerathen. Jacob und Eli haben Creutz an ihreu Kindern. 1. B. Moſ. XXXVIII. 1. [139] 1. Sam. II. 17. Joſeph an ſeinen Bruedern, 1. B. Moſ. XXXVII. Abigaıl. an ihrem Manne, 1. Sam. XXV. Tobias an ſeinem Weibe. Tob. II. 22. Davıd an ſeinen Freunden. Pſ. XXXVIII. 12. Hiob an dieſen allen zugleich, Job. I.Es ſind gleichwohl welche, ſprichſt du, ſo nıcht wie andere Leute in Unglueck/ und wie andere Menſchen geplagt werden? Pſ. LXXIII. 5. Ja! aber das ſind die Gottlo= ſen. Allein ihre Glueckſeeligkeit iſt anders nichts, als ein Speck auf der Falle. Es gehet ihnen eine Zeitlang wohl. Doch ſind ſie ſo gar ohne Creutz nicht. Der Gottloſe hat auch vıel Plage, Pſalm XXXII. 10.Ey! groſſe Leute, ſo alles vollauf ha= ben, wiſſen auch von wenıg Noth zu ſa= gen? Du irreſt weit. Hohe Haeupter ruhen nicht allezeit auf lauter Roſen. Es ſind auch oft Doerner in ihren weichen Feder=Betten. Sie tragen Tronen? Ja, aber ſie ſind auch mit Thraenen=Perlen beſetzt. Sie trincken den delicateſten Wein aus klarem Golde? All recht! aber dieſes ſind auch mehrentheils die Ge= faeſe, in welchen ihnen Gift beygebracht wird. Dieſes muſte der Roemiſche Kayſer Cemiſces er= fahren, und das Leben darueber aufgeben. Sie werden von vıelen Serviteurs begleitet? Ja, aber dieſen duerfen ſie oft am wenigſten trauen. Wie ſagte Lutherus? Ein Fuerſt huete ſich fuer denen am meiſten, ſo ihm die naechſten. Glaube nicht, daß jemand ohne Creutz ſey. Auf [140] dieſer Straſſe hat Chriſtus ſelbſt zu ſeiner Herr= lichkeit eingehen mueſſen, Luc. XXIV. 26.Ach! daß mich GOtt damit verſchonete! So hoer ich dich ſeuftzen. Mein! ſoll dir GOtt was beſonders machen? Das Treutz iſt allzu= ſchwer? Nicht ſo. Chriſti Joch iſt ſanft, und ſeine Laſt iſt leicht, Matth. XI. 29. Trag es nur gedultig, ſo wird dirs nicht ſchwer. GOTT belegt mich aber gar zu lange damit? Die Zeit, ſolches von dir zu nehmen, darfſt du GOtt nicht fuerſchreiben. Hoer; Eneas lag Acht Jahr auf dem Siech=Bette, Apoſt. G. IX. 33. Das blutflueßige Weib hatte Zwoelff gantzer Jahr den Blut=Fluß ohne aufhoeren, Matth. IX. 20. Jenes Weib zu Chriſti Zeiten, hatte den Geiſt der Kranckheit Achtzehen Jahr, Luc. XIII. 11. Jener Menſch hatte am Teich Bethesda Acht und Dreyßig Jahr kranck gelegen, Joh. V. 5. Und noch ein anderer gantzer Viertzig Jahr, Apoſt. G. IV. 22 GOtt hat einem jeden verord= net, wieviel er leyden ſoll, Apoſt. G. IX. 26. Traenckt er dich jetzt mit Wermuth? Saettiget er dich mit Bitterkeit? Klagl. III. 15. Er wird dir ſchon zu ſeiner Zeit den Freuden=Becher fuer= ſetzen.Glueckſeelig iſt das Kind, ſo gezuechtiget wird, Hiob. V. 17. Dieſe Vatter=Ruthe thut ihm viel zu gute, Spruechw. XXVII. 6. Der Truebſal Boeſes, dienet allezeit zum Beſten. Der Auſ= ſatz brachte Naeman zur Erkaenntniß. Den David zur Froemmigkeit. Paulum zur De= muth, 2. Cor. XII. Creutz macht Trunckene [141] nuechtern; Geile keuſch; Zornige gedultig; Geitzıge milde. Den verlohrnen Sohn holt es wieder zu ſeinem Vatter, Luc. XV. 17. Jo= ſephs Creutz ſchlug zu ſeinem beſten aus, 1. Buch. Moſ. L. 20. Dem Jacob dienete es zum See= gen, 1. Buch. Moſ. XXXII. 30. Durchs Creutz wurden Hiobs Gnaden=Gaben ans Licht bracht. Truebſal iſt ein Spiegel, der alle Suenden=Fle= cken zeiget. Sie iſt ein Oel, welches oft dia= mantne Hertzen erweichet.O liebes Treutz! komm immer, du biſt mir angenehm. Am Leibe leiden, bringt der See= len Freuden. War das Haupt mit Dornen gecroenet? was ſoll ich mit Roſen prangen? Ich bin zufrieden mit Simon von Tyrene das Creutz zu tragen, wenn nur Chriſtus auf dem Creutze liegt, Matth. XXVII. 32. Treutz! ſolt ich dich nicht willig tragen? Ich weiß, du kommſt von GOTT, 1. Sam. II. 6. und fuehreſt zu GOtt, Offenbahr. Joh. VII. 14. 15. Ohne ſeinem Willen kan mir nichts begegnen, Matth. X. 29. Treutz! du biſt ein Pinſel, womit GOtt. Chriſti Bildniß nach dem Leben in mir abmahlen will, Rom. VIII. 29. Durch dich will mich GOtt zur Bekehrung bringen, Offenb. Joh. XI. 13. Mich dadurch fuer Suenden bewahren, 1. Petr. IV. 1. Im Glauben pruefen und bewahren, 1. Petr. I. 7. In der Heiligung befoerdern, Hebr. XII. 10. und die Kraft GOttes zu ſeiner Ehre zu erkennen und zu preiſen geben, 1. Cor. XII. 9. 10.O ſeeliges Treutz! Hier haſt du die Hand. [142] Sey willkommen in meinem Hauſe. Der Zu= ſpruch iſt mir von Hertzen lieb. Noch lieber wird mirs ſeyn, ſo du gar bey mir einmiethen wolteſt. Ich wolte dich bewirthen wie die Sunamithin den Eliſa, 2. B. Koen. IV. 10. Wo Creutz im Hauſe, da Chriſtus. Wo Chriſtus, da See= gen, Friede, Freude und Schutz. O ange= nehmes Treutz! Ich dancke dir, HErr, daß du mich damit demuethigeſt, Pſ. CXVIII. 21. Ich will es willig von deiner Hand annehmen, Joh. XVIII. 11. Ich will es mit Chriſtlicher Gedult ertragen, Syr. II. 4. und deſſen ſeeligen Ausgang im Glauben erwarten, Jac. V. 10.Mein GOtt! aus dem mir aufgelegten Creutz erkenne ich, daß ich dir lieb bin. Tob. XII. 13. Ich nehme dadurch ab, daß ich Chriſto angehoe= re, Joh. XV. 19. Mein Troſt dabey iſt dieſer, du werdeſt mir nicht mehr auflegen, als ich tra= gen kan, 1. Cor. X. 13. So wird mir auch die= ſes kurtze Leiden bringen eine ewige, und ueber alle Maaß wichtige Herrlichkeit, 2. Cor. IV. 17.
Die hier in dieſer Welt auf Truebſals=Dor= nen gehen, Die werden dort einmal fuer GOttes Thro= ne ſtehen.O ſchoener Weg zum Himmel! Biſt du ſchon rauh und voller Dornen; ſo faehreſt du doch da= hin wo Roſen zu erlangen, und Cronen zu em= pfangen ſeyn. Adieu luſtige Welt! Ich folge JEſu. Durch das Leid zur Freud; durch die En= ge zum Gepraenge; Durch den Thraenen=Thal zum Himmels=Saal. Durch Dornen zu Cro [143] nen. Ach! gieb mir dieſe Cron, mein JEſu, dort fuer deinem Thron, zum ewigen Gnaden= Lohn.

III. Die groeſten Verfuehrer. Bey Betrachtung dieſer Worte: 1. B. Moſ. III. 6.
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ANd das Weib nahm von der Frucht und aß, und gab ihrem Manne auch davon, und er aß.VOn Weibern kommt viel Boeſes, Syr. XLII. 15. Ja wohl lieber Sy= rach! Das wieß ſich aus alsbald am erſten Weibe. Der Teufel wuſte es wohl; drum erwehlte er das Weib zu ſeinem erſten Werck= zeuge den Menſchen zu verfuehren. Armer Adam! Deine ſchoene Eva hat dich bald heßlich gemacht. Deine getreue Geſellin hat dich ſchaendlich verfueh= ret. Die Bein iſt von deinem Bein, hat dir bereitet die ewige Pein. Dein eigen Fleiſch und Blut hat ein erſchrecklich Blut=Gericht ueber dich bracht. Oweh!Eva! Eva! Der Apfel iſt nicht weit vom Stamme gefallen. Alle deine erzeigte Toechter ſind nach dir gerathen. Wie ſagte jener? Drey W braechten einen Mann in Weh. Die Wuerfel, der Wein und die Weiber. Er hat wahr geredet. Doch ſind die letzten die aergſten. Weın machet truncken. Glaube, ein Weib [144] nimmt das Gehirn mit weit groeſſerer Voellerey ein. Der Haß eines Mannes iſt nicht ſo ſchaed= lich, als die Liebe einer Frauen. Der Weiber Freundſchaft iſt der allergefaehrlichſte Fallſtrick. Der Maitreſſen Careſſen ſind Schau=Eſſen, da= ran viele den Tod gefreſſen. Was iſt faehiger ei= nes Mannes Hertz zu ueberwinden, als eine Frau? Ihre Augen ſind Sonnen=Strahlen, die daſſelbe bald entzuenden. Des Mannes Oh= ren laſſen ſich bald durch ihre ſueſſen Worte charmiren. Die Haende ſuchen ſie an ſich zu ziehen. Die Zunge ermuedet nicht, ſie zu nen= nen. Die Fueße ſind unverdroſſen, ihr zum Ge= fallen einen Gang zu gehen; und das Hertz hoe= ret nicht auf, begierlich nach ihr zu ſeuftzen. So weit kan es ein Weib bey einem Manne bringen. Keiner iſt faſt fuer ihren Ketten ſicher, den ſie nicht feßle. Jener Potentat zwar rueh= mete ſich, er gienge fuer dem ſchoenen Frauenzim= mer vorbey als fuer geſchnitzten Saeulen und leb= loſen Bildern, ohne Empfindung. Viel ſolche Eiſen=veſte Brueder duerfte er wohl nicht haben.Was Wunder? ſprichſt du. Weiber, ſchoe= ne Leıber. Wem ſolten ihre Flammen nicht auch anflammen? Ja! das erfuhr wohl der in die nackende Bathſeba ſich ver= liebende David, 2. Sam. II. 2. Aber dieſe ſchoene Weiber ſind oft heßliche Hoellen=Treiber. Was ſaget Syrach dazu? Schoene Weiber haben manchen bethoeret und verkehret, Syr. IX. 9. Ihre Blicke hegen Tuecke. Stri= cke und Netze ſind ſie, ins Verderben zu ziehen. [145] Ihre ſueſſe Lippen und glatter Mund fuehrt man= chen zur Hoellen Abgrund. Wilt du deutlicher wiſſen in was fuer Gefahr das Weib einen Mann ſtuertzet? Sieh nur das Wort recht an; jeder Buchſtabe wird dirs ſagen. Heiſſet es nicht, den Mann ſtuertzt oft ein boeſes

WEIB in Weh, Elend, Iammer, Blindheit.
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Das hat mancher mit Schaden erfahren mueſſen. In dieſes vierfache Unglueck ſtuertzte das erſte Weib alsbald den erſten und beſten Mann in der Welt. Blendete ſie ihn nicht mit ihren liebreitzenden Augen? Erweckte ſie ihm nicht mit ihrem glatten Munde Jammer, Elend und Weh genug? Durch die freundliche Anerbie= tung und Annehmung der Frucht, muſt er er= greiffen die Flucht. Es kam dahin, daß GOtt beyde verwieß aus dem Paradieß, 1. B. Moſ. III. 24.
Ach Adam! haettſt du nicht verſucht Zu eſſen von des Baumes Frucht, Dir waer’ nicht zu erkannt die Flucht, Auch haett’ GOtt nicht das Land verflucht.Iſts dem guten Adam allein ſo gangen? Nein! die Weiber haben noch viele gefangen. Was fuer Fleiß wendete nicht Potıphars Weib an, den Joſeph zu verfuehren? Komm ſchlaffe bey mir! 1. Buch Moſ. XXXIX. 7. Solten [146] dieſe Worte bey manchem nicht ſo viel wuercken, daß er nicht ein Haar, geſchweige ſein Kleid drum fahren ließ? Wurde nicht der fromme Loth von ſeinen Toechtern verfuehret? 1. Buch Moſ. XIX. und der Apoſtel Petrus, ein Juen= ger JEſu, von des Hohenprieſters Caiphae Maegden? Matth. XXVI. 69. Die Galla ver= fuehrte den Priſcillum; und die Helena befoerder= te die Schelmenſtuecke des Zauberers Simo= nis. Ein Weibsbild hat manchen zum Mord, Hurerey, Ehebruch und Diebſtahl verfuehret. Ließ die Geſchicht der groſſen Diebs=Rotte zu Zelle durch; ſo wirſt du es fuer wahr befinden.Was das groeſte? Daß Weiber auch Gro= ſe, ja vielmals die Maechtigſten der Welt ver= fuehren, und dadurch oft Laender und Voelcker ruiniren. Verfuehrte nicht die Iſabel den groſ= ſen Koenig Ahab? 1. B. Koen. XIX. Wozu ver= leitete nicht die Herodias den Herodem? Marc. VI. 22. Die Geſchichte melden, daß als bey Ero= berung der Stadt Ofen in Ungarn, ein groſſer Herr ſich zu lange mit einer ſchoenen Dame diver- tirte, er vom Feinde ueberfallen, gefangen genom= men, und ſein Volck groſſen theils maſſacriret wurde.Auch die tapferſten Helden ſind von Weibs= bildern verfuehret und uebermannet worden. Deli= la ein Weib, ein ſchwaches Werckzeug: Uber= wand ſie nicht den ſtarcken Sımſon? B. Richt. XVI. 19. Was leiſtete nicht die ſchmeichelnde Jael? Ich meyne ſie legte hin den Sieſſera, das Schrecken Iſrael, B. Richt. IV. 18. Milo Cro [147] toniata, ein anderer Simſon an Staercke. Wenn dieſer einen Apfel in der Hand hielt, konte ihm ſolchen niemand daraus nehmen, ſo ſtarck er auch ſeyn mochte. Wenn aber ſeine Liebhaberin mit ihm ſchertzte, konte ſie ſolchen Apfel mit leichter Mueh erobern. Wie ſpricht der Poet von ihm?
Lenam non potuit, potuit ſuperare leaenam, Quem ſera non potuit vincere, vicit hera.Was das wunderswuerdigſte? Daß Wei= ber auch die Weiſen bethoeren, Syr. XIX. 2. Ach! wie ſpatzieren dieſe auf ihren Studier=Stu= ben herum, und verurſachen, daß mancher uebers Buch die Augen auf ſie wirfft; Salomo der Weiſeſte unter allen Gelehrten: Er war aber auch derjenige, den die Weiber am meiſten betrogen. 1. B. Koen. XI. 3. Ein gemeiner Fehler der Ge= lehrten. Wie manchem haben ſie einen unabloeſch= lichen Schandfleck angeſtrichen: Viele waeren auf Univerſitaeten nicht religiret worden, wenn ſie ſich der Weiber enthalten haetten. Warum hat mancher umſatteln, und ſein Studium Theologi- cum quittiren mueſſen? Die Weiber haben es verurſachet. Warum iſt mancher ſeines Amtes entſetzet worden: Der Weiber wegen. Wie lange iſt es wohl, daß ein junger unverheyrathe= ter Prediger ſich von einem Weibsbilde zu was Boeſen bereden ließ? Wie lief es ab? traurig ge= nug. Das Menſch toedtete die Leibes=Frucht, und bekam den Lohn ihrer Arbeit; er aber wurde jaehling vom Amte removiret. Wie mancher junge und wohl ſtudirte Burſch wird erſchoſſen, [148] erſtochen, oder kommt ſonſt ploetzlich ums Leben? Fragt man nach der Urſach? ſo erfaehrt man, daß es der Weiber wegen geſchehen. Ja Weiber ha= ben offt verurſachet, daß mancher aus Deſpera- tion ſich ſelbſt des Lebens beraubet.Sieh! ſo haben Weiber manchen Potenta= ten um Cron und Scepter; um Land und Leute; Manchen Held um Feld und Geld; um Muth und Blut; Manchen Heıligen um Froemmig= keit und Gottesfurcht; und manchen Gelehrten um ſein Studiren, Ehre, guten Nahmen und Befoerderung; ja um Leib und Seele bracht. Diß faſſe wohl zu Ohren, und ſieh wie alle diß Unglueck in des Weibes Benennung ſtecke. Es iſt und blei= bet ewig wahr, einem jungen Menſchen verdirbt ein

WEIB ſeine Wohlfarhth, Ehre, Iugend und Befoerderung.
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An dieſen Verluſt gedencke, ſo oft du Gele= genheit haſt, von einem Weibsbilde verfuehret zu werden. Wie Salomo die Weiber am mei= ſten geliebet; alſo hat er auch am uebelſten von ih= nen geſchrieben. Woraus zu ſchlieſſen, daß eine Frau das groeſte Ubel ſey, welches einem Menſchen begegnen koenne. Die meiſten Ubel, als die Furi= en, Harpien, Sirenen, ſind generis foeminini. Warum doch wohl? weil Foeminae oder Wei= ber eben ſo arg ſind. Darum werden auch dieſe Ungeheuer unter einer Frauens=Geſtalt abgebil= det. Huete, ach huete dich! Magdalenen ſind Sirenen; die manchen verſchlingen mit ihrem an [149] muthigen Singen. Roſinen ſind Minen, wo= durch ein Reich bald wueſte wird, und uebern Hauf= fen faellet. Ließ Eva zurueck; heiſt es nicht ave? Ach cave; gieb der Eva kein ave. Auf den Gruß folgt ein Kuß, der bringt meiſt Verdruß, und zuletzt einen heiſſen Thraenen=Guß. Drum huete dich.

IV. Der taube Hoerer. Bey Betrachtung dieſer Worte: Zach. VII. 11.
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SIe wollen nicht aufmercken, und kehren mir den Ruecken zu, und ver= ſtocken ihre Ohren, daß ſie nicht hoeren.GEwahre deinen Fuß, wenn du zum Hauſe GOttes geheſt, Pred. IV. 17. Kirchengaenger! an dieſes Predigers Worte gedenck allezeit, ehe du hingeheſt den Prediger zu hoeren. Komm nicht aus bloſſer Gewohnheit. Geh nicht zur Kirch mit denen Athenienſern aus Neugierigkeit, Apoſt. G. XVII. 21. Komm nicht, deinen eitlen Gedancken darinnen nachzuhengen; Nicht darinnen zu plau= dern; Deinen Nechſten zu richten, oder darin= nen zu ſchlaffen; ſondern geh zur Kirchen, daß du hoereſt.Du ſprichſt: Ich gehe fleißig zur Kir= chen. Es iſt wahr. Du biſt meiſt der erſte hin [150] ein, und der letzte heraus. Du ſteheſt auch wohl zu naechſt an der Cantzel. Aber zu was Ende? Zu hoeren? Ich zweifle. Petti Zuhoerer ſagten: Siehe, wır ſind hıer gegenwaertig fuer GOtt, zu hoeren alles, was dir von GOtt befohlen iſt, Apoſt. G. X. 33. Kommſt du nicht von deinem Nachbar neue Zeitung zu holen? Treibt dich dieſes nicht meiſt zur Kirchen, daß du gern erfahren moechteſt, was die Woche ueber in der Stadt und auf dem Lande paſſiret habe? Allmode=Schweſter! erſcheineſt du nicht, dei= nen Putz ſehen zu laſſen? Naſſer Bruder! koemmſt du nicht das Sonnabens=Raeuſchgen in der Kirchen auszuſchlaffen?O du Sabbaths=Schaender! O du Kir= chen=Dieb! GOttes=Hauß ein Bet=Hauß, Luc. XIX, 46. Wilſt du eine Moerder=Grube und Suenden=Hauß draus machen? Weiſt du nicht, der Teufel geht in der Kirchen herum? er will das Wort von deinem Hertzen nehmen, daß du nicht glaubeſt und ſeelig werdeſt, Luc. VIII. 12. Ach ſey fuerſichtig, der Teuffel iſt argliſtig. Ohr und Hertz raeum GOtt ein, ſoll es nicht vom Sa= tan bewohnet ſeyn. Vor der Kirch=Thuer muß al= les eitle zurueck bleiben. Drey Knechte haſt du ſon= derlich, wenn du wilt zur Kirchen gehen, ſpricht ein theurer Lehrer, dein Hauß, deinen Leib, und deine Seele. Zum Hauſe ſolt du ſagen: Geh hin= aus, du dıeneſt nicht in der Kirchen; ich bin keine Schnecke, die das Haeußgen mit ſich traegt. So that der Alt=Vatter Bernhar- dus; der ſagte, wenn er wolt zur Kirchen ge [151] hen: Bleib hier Sorge fuer der Thuer, biß ich wiederkomm. Zum Leibe ſolt du ſagen: Komm her Knecht, und diene mir. Mit dem Munde ſolſt du mir dienen, daß ıch jetzt bete und ſinge mit der Gemeinde. Das Ohr ſoll mit dienen, daß ıch GOttes Wort hoere. Das Hertz aber, daß ich darinn das Wort bewahre. Zu der Seelen ſolt du ſagen: Thue das, was Maria that. Was iſt das? Maria hat das beſte Theil erwehler, Luc. X. 42. Setze dich mit ihr zu den Fueſſen JEſu, und ſey ein andaechtiger Hoerer.Du ſprichſt: Das bin ich. Ja, ein Hoerer; Aber wo iſt die Andacht? Ein tauber Hoerer biſt du. Mit hoerenden Ohren hoereſt du nicht, Matth. XIII. 13. Der Prediger erhebt ſeine Stimme wie eine Poſaune, Eſa. LVIII. 1. Du aber behaelſt deine alte Laune, und, hoereſt was du wilſt, und thuſt was dir gefaellt. Die ſchoene Lebens=Beſſerung weiſets aus. Hoer was fuer eine Klage GOtt ueber dich fuehret: Du haſt mir den Ruecken, und nicht das Angeſicht zugekehret. Wiewohl ich dich ſtets lehren ließ, aber du wolteſt nicht hoeren, noch dich beſſern, Jer. XXXII. 33. Alle gute Ver= mahnungen ſind verlohren an meinen Kindern. Sie wollen nicht aufmercken, ſondern keh= ren mir den Ruecken zu, und verſtocken ih= re Ohren, daß ſie nicht hoeren, Zach. VII. 11. Was hilfft dich denn das Predigt hoeren, ſo du dich nicht wilſt dran kehren? Du gemahneſt mich wie Labans Laemmer, und Pharaonis [152] Kuehe. Du hoereſt viel Predigten, beſſerſt dich aber nichts. Du laeufſt zur Kirchen wie die, ſo nach der Apothecken gehen, ein Recept fuer den Schlaf einzunehmen. Du hoereſt den Prediger wohl pfeifen, wilſt aber nicht darnach tantzen, Matth. XI. 17. Biſt gleich Ezechiels Zuhoerern. Du hoereſt GOttes Wort, thuſt aber nıchts darnach, Ez. XXXIII. 31. Nach dem Wort, ſind deine Gedancken, das du mir im Nah= men des HErrn ſageſt, wıll ich nicht ge= horchen, Jer. XLIV. 16. Wie ſolt mir dieſer weiſen, was gut iſt? Pſ. IV. 7. Gebeut hin, gebeut her, Eſa. XXVIII. 10. Wer iſt der Allmaechtige, daß ich ihm dienen ſolte? und was bin ıchs gebeſſert ſo ich ihn an= ruffe? Hiob XXI. 15.Wie? Iſt es nicht wahr? Hoer! wie man= che Predigt haſt du am Andern Advents= Sonntage angehoeret? Wie hat da Chriſtus geprediget? Huetet euch, daß eure Hertzen nicht beſchweret werden, mit Freſſen und Sauffen, Luc. XXI. 31. Biſt du nicht gleich Nachmittags darauf ins Sauf=Hauß gangen? Wie manche Geſetz=Predigt haſt du ueber das Sechſte Gebot angehoeret? Haſt du auch wohl geglaubet, daß es wahr ſey, daß GOtt der HErr die Hurer und Ehebrecher richten werde? Hebr. XIII. 4. Gleichwohl haſt du wiederum an deines Naechſten Thuere gelauret, Hiob XXXI. 9. Und nach fremden Weibern gewuehert wie ein voller mueßiger Hengſt. Jer. V. 8. Du biſt manchmal in der Kirchen geweſt, wenn Chriſtus vom rei [153] chen Manne predigen laſſen, Luc. XVI. 19. Du haſt dich auch wohl ueber ſeine Unbarmher= tzigkeit verwundert. Aber haſt du nicht noch demſelben Tag, zu Mittage ueber der Mahlzeit, einen Lazarum von deiner Thuer leer abgewieſen? O wehe! Gutta cavat lapidem: Aber der Thau goettlichen Worts kan dein ſteinern Hertz nicht erweichen. Wahrlich, dieſes Wort, und dieſe Predigten werden dich einmal richten am Jueng= ſten Tage, Joh. XII. 48.Beſſer, du hoereteſt GOttes Wort gar nicht, als daß du es hoereſt, und nicht darnach thuſt. Das bloſſe Hoeren machet keinen Chriſten, viel= weniger ſelig. Wie ſagt der Heyland? Selig ſind die GOttes Wort hoeren, NB. und be= wahren, Luc. XI. 28. Wie ſpricht der Apoſtel? Seyd Thaeter des Worts, und nicht Hoe= rer allein, damit ıhr euch nicht ſelbſt be= trueget, Jac. I. 22. Dieſer Selbſt=Betrug iſt ein Seelen=Betrug. Der Knecht, der ſeınes Herrn Willen weiß, und thut ihn nıcht, wird dort einmal viel Streiche leiden mueſ= ſen. Luc. XII. 47.Mein GOtt! Ich will fleißig zu deinem Tem= pel kommen, wie Cornelius, Apoſt. G. X. 33. Ich will ein Sımon ſeyn, hoeren, was mir Chri= ſtus ſaget, und das Wort willig aufnehmen. Apoſt. G. II. 41. Mein Ohr ſoll acht darauf haben, und mein Hertz will ich mit Fleiß dazu neigen, Spruechw. II. 25. Oefne mir nur, HErr, die Augen, daß ich ſehe die Wunder an deinem Geſetz, Pſ. CXIX. 18. Wecke mir das Ohr, [154] daß ich hoere wie ein Juenger, Eſa. L. 4. Thue mir auf das Hertz, wie Lydiae der Purpur=Krae= merin, Apoſt. G. XVI. 14. JEſu! laß mir dei= nen Zuruff: Wer Ohren hat zu hoeren, der hoere, Luc. VIII. 8. ſtets fuer meinen Ohren ſchal= len. Heut hoer ich dich predigen in der Kirchen. Morgen duerfteſt du mir vielleicht fuer deinem Gerıchte predigen. Solt es geſchehen? JEſu! laß mich diß troeſtliche Evangelium hoeren: Gehe ein zu deınes HErrn Freude! Matth XV. 21.

V. Der gegenwaertige Ab= weſende. Bey Betrachtung dieſer Worte: Jer. XXIII.
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VIn ich nicht ein GOtt der nahe iſt, ſpricht der HErr, und nicht ein GOtt der fern ſey? Meyneſt du, daß ſich jemand ſo heimlich verbergen koenne, daß ich ihn nicht ſehe? ſpricht der HErr. Bin ichs nicht der Himmel und Erden erfuellet? ſpricht der HErr.WEr ſiehet mich? Es iſt finſter um mich, und die Waende verbergen mich, daß mich niemand ſiehet. Wen ſolt ich ſcheuen? Syr. XXIII. 25. 26. [155] Was redeſt du? Wer biſt du? Huy! ein Kind der Finſternueß? Ach freylich! weil du, wie ich hoere, die Finſterniß mehr liebeſt denn das Licht, Joh. III. 19. Was treibeſt du fuer eine Profeſ- ſion? Ich ſeh ein Dolch, Piſtolen, Schlueſſel, Dietriche und Brech=Eiſen find dein Werckzeug. So wirſt du wohl kein Tagloehner ſeyn? Am beſten. Die Kunſt, ſo man bey Nacht treiben kan, lernet einem ſo leicht niemand ab. Wo biſt du her? nicht weit. Ich glaub dirs wohl. Schelmrotha wird deine Geburts=Stadt ſeyn. Von Mordhauſen dein Geſchlecht. Schelm, du fuehreſt keinen offnen Helm. Laeugne es nur nicht. Sags aber ſonſt ſonſt niemanden.Wer wolte es Abends erfahren? Bey Nacht ſind alle Kuehe ſchwartz. Mein Freund! du laufeſt mit einer finſtern Latern. Wahr iſt es, daß die Dunckelheit auch der Menſchen Augen verdunckelt. Aber nimm dich fuer einem Auge in acht. Wo da? Uber dir. Da wohnet einer, der das Auge gemacht hat, Pſ. XCIV 9. Was meyneſt du? Der das Auge gemacht hat? ſolte der nicht ſehen? Was weiß GOtt? Solte er das im Dunckeln richten koennen? Hiob XXII. 13. Der HErr ſiehets nicht, und der GOtt Ja= cob achtets nicht, Pſ. XCIV. 7. Du irreſt. GOttes Augen ſehen auf eines jeglichen Wege, er ſchauet alle ihre Gaenge, Hiob XXXIV. 21. Sie ſind heller als die Sonne, und ſehen alles was die Menſchen thun, und ſchauen auch die heimlichen Winckel, Syr. XXIII. 25. Der Roemiſche Kaeyſer Tiberius konte des Nachts [156] alles ſo gut ſehen, als am Tage. Das Auge GOttes ſiehet noch ſchaerfer. Der Luchs ſoll durch ein Bret ſehen koennen. GOttes Augen dringen durch Waende, Thueren und ſelbſt ins Hertz hinein. Es iſt alles bloß und entdeckt fuer ſeinen Augen, Hebr. IV. 14.Erſchrecket ihr Richter und Ober=Herren im Lande! der HErr ſiehet was ihr thut im Fin= ſterniß, ein jeglicher in ſeiner ſchoenſten Kammer, Ezech. VIII. 12. Erſchrick Hurer und Ehebre= cher! dein Auge hat acht auf das Dunckel, und ſpricht, mich ſiebet kein Auge. Im Finſtern brichſt du zum Haeuſern ein, Hiob XXIV. 15. Erzittere Ehebrecherin! Du ſprichſt zu deinem Courtiſan: Komm laß uns gnug buhlen biß an den Morgen, und laß uns der Lie= be pflegen, denn mein Mann iſt nicht da= heim, Spruechw. VII. 18. 19. Ey! ſo iſt GOtt daheim. Meyneſt du, er ſey weit von dir? Glau= be, naeher als du meineſt. Er iſt abweſend modo viſibili, und allgegenwaertig modo inviſibili. Bin ich nıcht eın GOtt, der nahe iſt, ſpricht er ſelbſt, und nicht ein GOtt der fern ſey? Jer. XXIII 23. Was nicht Menſchen, das ſe= hen ſeine Augen. Es iſt kein Finſterniß noch Dun= ckel, daß ſich da moechten verbergen die Ubelthae= ter, Hiob XXXIV. 22.Als Thales gefragt wurde ob GOtt auch die Bubenſtuecke der Menſchen verborgen waeren? gab er zur Antwort: Nicht einmal dıe boeſe Ge= dancken. Du ſtutzeſt. Ey! ſprichſt du Ge= dancken ſind Zoll=frey. Ja, fuer Menſchen, aber nicht fuer GOtt. Seine Allwiſſenheit iſt ein [157] Fenſter zum menſchlichen Hertzen, dadurch er hinein ſiehet, und alle Gedancken erblicket. Wie kein Staeubgen fuer der Sonnen; ſo iſt auch kein Gedancken fuer der Sonnen der Gerechtıgkeit verborgen. GOtt weiß die Gedancken der Menſchen, und pruefet Hertzen und Nieren; bekennet Davıd, Pſ. XCIV. 11. Was hier bedeckt iſt und verſteckt, das iſt dort alles fuer GOtt entdeckt. GOtt wird dermahleinſt alles ans Licht bringen, was im Finſtern verborgen iſt 1. Cor. V. 5. Wehe demnach denen, die verborgen ſeyn wollen fuer dem HErrn, und ihr Thun im Finſtern halten! Eſa. XXIX. 15.Ach! Moerder! ehe du ausgeheſt, ſieh ueber dich, und denck: Da droben ſitzet einer, der mich ſie= het. Wo biſt du jetzt hin gelauffen, moerderi= ſcher Tain? deines Bruders Blut ſchreyet zu GOtt von der Erden, 1. B. Moſ. IV. 10. Ach! das wird dir ſchwer werden. Deine Gewiſſens= Wunde iſt weit groeſſer, als der Stich deines entſeelten Mitbruders. Auf! lauf! dem Ge= wiſſens=Hencker und Himmels=Richter wirſt du nicht entlaufen. Dort wird dich keine Rahab verbergen koennen, Joſ. II. 4. Stecke dein blu= tig Mord=Schwerdt in die Scheide. GOttes Rach=Schwerdt wird ewig ueber dir entbloeſſet ſchweben, es ſey denn, daß du noch hier dafuer bueſſeſt. Dieb! ehe du einbrichſt, denck an die Allgegenwart GOttes. GOtt ſiehet dich. GOtt iſt um und neben dir. Ehebrecher! ehe du die boeſe Schandthat begeheſt, deines Naechſten Ehe= Bette zu beflecken, ſo denck zuvor, daß, ob wohl [158] nicht der Mann, doch GOtt zugegen ſey, der dich gewiß, wo nicht hier, doch dort richten wer= de, Hebr. XIII. 4.Unzuechtige Metze! Du ſucheſt deine unehrli= che Leibes=Frucht zu verbergen. Meyneſt du, GOtt ſey etliche tauſend Meilen von dir? Du ſe= tzeſt ſolche wohl gar weg, oder ermordeſt ſie. Ach! denck, daß dieſes unſchuldige Blut hefftig zu GOtt ſchreyet. Denck daß GOtt den Winckel ſchon weiß, wo du gehuret. Wiſſe, daß der ihm nicht verborgen, wohin du deine Frucht verſtecket. An jenem Tag wird es GOtt offenbahren. Er wird dich vor allen Engeln und Auserwehlten zu Schan= den machen, und ewig verdammen.Denck auch an das allſehende Auge und Allge= gegenwart des abweſenden GOttes, Armer! des HErrn Auge ſiehet auf dich in der Theurung, Pſ. XXXIII. 18. Verfolgter! du ſeuffzeſt oft: HErr, warum ſchlaeffeſt du? Pſ. XLIV. 24. Ey! der Hueter Iſrael ſchlaeffet noch ſchlummert nicht, Pſ. CXXI. 4. Sind deine Feinde nahe? der abweſende GOtt iſt dir noch naeher. Der ſtehet dir zur Rechten, und wird fuer dich fechten. Darum fuerchte dich nicht fuer viel hundert tau= ſend, die ſich umher wider dich legen, Pſ. III. 7. Betruebter! was ſchreyeſt du: Ich bin von GOttes Augen verſtoſſen, Pſ. XXXI. 23. Nein! nein! Ich ſehe an den Elenden, und der zerbrochenes Geiſtes iſt, Eſa. LXVI. 2. Das lautet anders.Jammer=volle Wittwe! Weine nicht, Luc. VII. 13. Der Wittwen Richter iſt dir nahe, [159] ob er wohl abweſend. GOtt ſiehet ſich nach Witt= wen und Waeyſen am meiſten um. Muſt du unge= rechten Richtern ihr Raub und Beute ſeyn? Eſa. X. 2. Schinden ſie dich und deine arme Waeyſen, und thun euch Gewalt und Unrecht? Jer. XXII. 3. Das moegen ſie thun. GOtt ſiehets, er wird nicht ſchweigen. Hoer, was er dazu ſpricht: Verflucht ſey, wer das Recht des Waeyſen und Wittwen beuget, 5. B. Moſ. XXVII. 19. Der Fluch wird von ihnen nimmer weichen. Ih= re Kinder werden wieder Waeyſen, und ihre Wei= ber Wittwen werden, Pſalm. CIX. 9. Graſen euch ſolche Tyrannen gar nach dem Leben? Sie werden nichts gewinnen. GOtt behuetet die Waey= ſen, und erhaelt die Wittwen, Pſalm. CXLVI. 9.GOttes Allgegenwart ſoll mir ſtets fuer meinen Augen ſchweben. Ich gehe oder ſtehe, ſitze, oder liege, will ich gedencken ich bin fuer JEſu. Allenthalben umleuchtet mich das Auge JEſu. O du allſehendes Auge! ſey in der Fin= ſterniß dieſer Welt ſtets auf mich gerichtet. Leite und fuehre mich allezeit mit deinen holden Augen. Siehe ob ich auf boeſem Wege bin, und leide mich auf ewigem Wege, Pſ. CXXXIX. 24. Gieb JESU! daß ich auch den Augen deiner Maje= ſtaet nicht widerſtrebe, Eſa. III. 8. Behuete mich fuer den Wercken der Finſterniß. Laß endlich deine Augen ſo lange ueber mich offen ſtehen, biß meine Augen dich in deinem Reich dort ewig werden ſehen.
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VI. Das ſchoenſte Vatterland. Bey Betrachtung dieſer Worte: 1. Corinth. II. 9.
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ES hats kein Auge geſehen, kein Ohr gehoeret, und iſt in keines Menſchen Hertz kommen, was GOtt bereitet hat denen, die ihn lieben.WAs iſt die Welt? Ein ſchoenes rei= ches Feld. Ein Paradıeß aller Ergoetzlichkeit. Du irreſt weit. Doch, ich hoer, du biſt von der Welt; drum hab ſie auch lieb. Was ſieheſt du denn ſchoenes in der Welt? Ihr Geld. Damit iſts ſchlecht be= ſtellt. Vielleicht iſt Tyrus dein Vatterland? woſelbſt Silber iſt wie Sand, Zach. IX. 3. Nein! Spanıen pranget jetzt ſchoen mit Gold und Sil= ber. Wenn Italien Spanien nicht ſo offte die Ader ſchluege; Franckreich ihm nicht ſo offte Purgantzen eingaebe; Genua nicht die Blut= Egeln anlegte; und Flandern daſſelbe nicht aus= ſaugte: ſo koenten ſeine Staedte mit Golde ge= pflaſtert, und die Mauren von Silber ſeyn. Was waer es mehr? Das Land mueſte doch mit ſamt ihren Staedten untergehen. Nichts Irr= diſches beſtehet; die Welt vergehet, 1. Joh. II. 17.Hoer, mein Wall=Bruder! Ich weiß eine andere Welt, die mir beſſer gefaellt. Vergiß [161] deines Vatters Hauß und komm mit mir. Dort oben iſt ein weit ſchoener Vatterland. Eine Stadt, die nicht mit Haenden gemacht iſt. Deſ= ſen Gruende der Mauren ſind geſchmueckt mit al= lerley Edelgeſteinen, und die Gaſſen der Stadt ſind lauter Gold, als ein durchſcheinend Glaß. Dieſe Stadt darf keiner Sonnen, noch des Mondes, daß ſie ihr ſcheinen. Ihre Thore werden nicht verſchloſſen des Tages, denn da wird keine Nacht ſeyn, Offenb. XXI.O ſchoenes Vatterland! Man pflegt zu ſa= gen: Patria eſt, non ubi naſcimur; ſed ubi paſcimur; Wo der Wohlſtand, da auch das Vatterland. Ein ſolch Vatterland iſt der Himmel. Da iſt volle Weyde, volle Freu= de. Volles Leben, volles Vergnuegen, Joh. X, 10. O wie ſtinckt mich mein irrdiſches Vat= terland an, wenn ich nur mein himmliſches von weiten erblicke! Fahr hin du Welt=Getuemmel, ich ſehne mich gen Himmel. Der Heller gilt nicht mehr, als wo er geſchlagen. Ein Kind GOttes nirgends mehr als im Himmel. Wie ſchoene Namen hat nicht der Himmel? Er wird genennet ein Ruhe=Platz, Hebr. IV, 9. Hier mag ich mir kein Neſt bauen. Dieſe Welt iſt ein uebel gemacht Bette. Wenig Ruhe iſt da= rinn zu finden. Es gehet mir hier wie der Tau= be Noae; ich finde ſo gar nicht, wo mein Fuß ruhen koente, 1. B. Moſ. VIII, 9. O haette ich Fluegel wie Tauben! ich wolte ohne Verzug zu der himmliſchen Ruhe=Staette eilen, Pſ. LV, 7.Der Himmel wird genennet ein Erbtheil der Heıligen, Coloſſ. I, 12. Hier beraubt mich im [162] irrdiſchen Vatterlande die gottloſe Rotte der Welt=Kinder aller meiner Gueter. Dort finde ich hingegen im himmliſchen Vatterlande Schae= tze, die mir ſolche Diebe nicht ſtehlen koennen, Matth. VI, 20. Im irrdiſchen Vatterlande ſehe ich Staedte des Gerichts, da iſt ein gottloß Weſen, Pred. III, 16. Da ſpricht man dem Gottloſen recht, und verdammet den Gerechten, Spruech. XVII, 15. Das himmliſche Vatter= land aber wird genennet ein Koenıgreich, in welchem Gerechtıgkeit wohnet, 2. Pet. III, 23. O da muß gut wohnen ſeyn!Der Perſiſche Koenig Cyrus hatte ein ſo praech= tig Hauß gebauet, daß er die Steine mit gueld= nen Klammern faſſen; Tiſch und Baencke von lauterm dichten Gold und Silber machen, und in das Gewoelb den Lauf des Himmels mit Edel= geſteinen formiren laſſen. Schoen und vortref= lich war das Hauß Neronis. Es hatte Zim= mer, rund wie ein Apfel erbauet; darinnen war des Himmels Lauf mit Gold und Edelgeſteinen, an ſtatt der Sternen kuenſtlich zubereitet. Das gantze Gemach lenckte ſich alle 24. Stunden ein= mal herum. Viel tauſendmal ſchoener iſt das Hauß des Himmels. Der Tempel Dianae; Mau- ſoli Grab; die Egyptiſche Pyramides ſind nichts dargegen zu rechnen. Nimm zuſammen alle Herr= lichkeit der gantzen Welt, und wenn auch ihrer zehen tauſend waeren. Nimm zuſammen das Vortreflichſte, ſo darinnen anzutreffen; alles Vergnuegen, Luſt, Freude und Ergoetzlichkeit; alles alles, wird gegen der Herrlichkeit des Him= mels nichts ſeyn. Wenn ich ſchon mit Engels [163] Zungen redete, ich wuerde deſſen Vortreflich= keit nicht ausſprechen koennen. In der Welt hats kein Auge geſehen, und kein Ohr ge= hoeret, und iſt in keines Menſchen Hertz kommen was GOtt bereitet hat denen, die ıhn lıeben, 1. Cor. II, 9.Der Himmel iſt der Ort, da wir reichlich ſollen getroeſtet werden durch Chriſtum, 1. Cor. I, 3. Da wir genieſſen ſollen Freude die Fuelle, und liebliches Weſen zur Rechten GOttes ewiglich, Pſ. XVI, 11. Ach! da, da wird ſeyn eine ewige und ueber alle Maaß wichtige Herrlichkeit, 2. Cor. IV, 7. Da iſt der Koenig der Herrlichkeit, Pſ. XXIV, 7. Da werden wir empfangen Tronen der Herrlichkeit, 1. Petr. V, 4. Da werden wir ſitzen auf Stuehlen der Herrlichkeit, Matth. XIX, 28. Als Fulgentius die Herrlich= keit des Rathhauſes zu Rom ſahe, rief er ueber= laut: O wie herrlich muß das himmliſche Jeruſalem ſeyn, ſo ein irrdiſch Rathhaus ſo koeſtlich iſt! O wie entzueckt iſt auch mein Hertz, da ich die Schoenheit meines himmliſchen Vat= terlandes nur als im Schatten erblicke!Was wird das ſeyn, JESU, wenn ich dich ſeh, und dort fuer deinem Throne ſteh? Du Him= mels=Koenig! wenn ich dich in deiner Schoene; Du Fuerſt des Lebens! wenn ich dich in dem vollen Glantz deiner Herrlichkeit erblicken wer= de; da werde ich und alle Auserwehlte ſeyn wie die Traeumenden, da wird unſer Mund voll La= chens, und unſere Zunge voll Ruehmens ſeyn, Pſ. CXXVI. Da werden wir bekennen, und das unter= einander reden, was die Koenigin aus Arabien von [164] Salomonis Weißheit ſagte: Es ıſt uns nicht dıe Helfte alſo geſaget worden, 1. Koen. X, 7.Epicurus hatte ſeine gantze Beluſtigung an den Sternen. Empetocles ſetzte ſich fuer, ſein gan= tzes Leben in Beſchauung des Himmels zuzubrin= gen. Das will ich auch thun. Ich ſage meinem irrdiſchen Vatterlande, Eltern Geſchwiſter und Freunden, gute Nacht. Ade Welt! Ade ihr irrdiſche Ergoetzlichkeiten. Es iſt alles nichts ge= gen denen Himmels=Freuden. Im Himmel iſt gut wohnen, hinauf ſteht mein Begier; da wird GOtt herrlich lohnen dem, der ihm dient allhier. O GOtt! wıe groß iſt deine Guete, die du verbor= gen haſt denen, die dich fuerchten! Pſ. XXX, 19.O JESU! JESU! meine Seele verlan= get und ſehnet ſich nach deinen ſchoenen Vorhoe= fen, Pſalm LXXXIV, 3. Ich habe Luſt ab= zuſcheiden, und bey dir zu ſeyn. Philipp. I, 3. Lieber Loth! fuehre mich mit dir aus Sodom, ich will mich nicht umſehen. Welt, gute Nacht! Ich vergeſſe, was dahinten iſt, und ſtrecke mich zu dem, das da forne iſt; und jage nach dem vor= geſteckten Ziel, nach dem Kleinod, welches mir fuerhaelt die himmliſche Beruffung GOttes, in Chriſto JEſu, Philipp. III, 13. 24.
Ach! daß ich den Leibes=Kercker. Heute noch verlaſſen mueſt’, Und kaem an den Sternen=Aercker, Wo das Hauß der Freuden iſt: Da wolt ich mit Wort=Gepraenge, Bey der Engel groſſen Menge, Ruehmen deiner Gottheit Schein, Allerſchoenſtes JEſulein!
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küßt ſich Gerechtigkeit u ̅ nd Fried in u ̅ nſern Sachſen? So mŭß diß ſchöne Land an Glück ŭnd Seegen wachſen. 6.
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Der Hertzerquickenden Blumen und Gemuethslabenden Aepfel Sechſte Schale.
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I. Das ſterbende und GOttes Wohlthaten ruehmende Jahr. Bey Betrachtung dieſer Worte: Klagl. Jer. III, 22. 23.
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DIe Guete des HErrn iſts, daß wir nicht gar aus ſind; ſeine Barm= hertzigkeit hat noch kein Ende; ſondern ſie iſt alle Morgen neu, und ſeine Treu iſt groß.
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GOtt ıſt treu! Seine Guete waehret noch, und iſt alle Morgen neu! Was hat nicht fuer frohe Stunden, Mancher dieſes Jahr empfunden? GOttes treue Vatter=Hand Hat viel Unglueck abgewand. Hat hingegen wider Hoffen Manchem auch viel Creutz betroffen; So iſts zu ſeinem Beſten angeſehn, Denn GOttes Rath laeſt nichts umſonſt geſchehn. Es bleibet doch dabey: GOtt iſt treu! Seine Guete waehret noch, und iſt alle Morgen neu.SO ſtirbt denn heut das Tauſend Sieben Hundert und Zwoelf= te Jahr nach der Heylbringen= den Geburt unſers Erloeſers JE= SU. Mit dieſer gebundenen Re= de ruehmet es noch zu guter letzt die genoſſene Wohltaten ſeines Schoepfers, und nimmt Abſchied.Herbey, Tochter Zion! Setz dich mit mir her zum Sterbe=Bette dieſes alten Jahres. Er= zehle auch, was fuer groſſe Dinge dir dieſes Jahr dein GOtt erwieſen, und wie er ſich deiner er= barmet hat, Marc. V, 19. Viel geiſt= und leib= licher Wohlthaten kan ich mich ruehmen, ſo ich dieſes jetzt zum Ende eilenden Jahres von meinen GOtt genoſſen.
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Iſt es nicht eine groſſe Wohlthat, daß GOtt dieſes Jahr Religionem in Regione unver= faelſcht erhalten? An manchem Orte werden jetzt viele Chriſten vor dem Sterbe=Bette des alten Jahres ſitzen und weinen. Gefragt warum? Wird die Antwort ſeyn: Darum weinen wir ſo, und unſere Augen flieſſen mit Waſſer, daß der Troeſter, der unſere Seele ſollt er= quicken, ferne von uns iſt, Klagl. I. 16. Wo= her Troſt fuer die arme Seele? GOttes Hauß iſt ihnen verſperret. Die Friedens=Bothen verjagt; Die Bibel unterſagt, und niemand iſt, der ſie beklagt. Kein Prophet prediget mehr, und kein Lehrer lehret ſie mehr, Pſ. LXXIV, 9. Die an ihre Stelle kommen, lehren falſchen Got= tesdienſt, Jer. VIII, 10. GOtt Lob! in unſerm geſeegneten Sachſen, wohnet des HErrn Wort noch rein und reichlich unter uns in aller Weißheit, Coloſſ. III, 16. GOtt giebt uns Hir= ten nach ſeinem Hertzen, die uns weyden mit Lehre und Weißheit, Jer. III, 15. Wir koennen frey und ungehindert alle Tage hingehen zu ſchauen die ſchoenen Gottesdienſte des HErrn, und ſeinen Tempel zu beſuchen, Pſ. XXVII, 4. Auch die Heil. Sacramenta unverfaelſcht nach Chriſti Einſetzung genieſſen.Eine groſſe, ja unter den leiblichen Wohltha= ten die groeſte iſt es, daß wir, wie viele Jahr hero, ſo auch dieſes, unter unſerm hohen Rauten= und Regenten=Baume ſicher wohnen koennen ohne Scheu, Mich. IV, 4. Haben dieſes Jahr andere arme Schaafe unter Sichems Dorn [168] ſtrauch ſeuftzen, und ihre Wolle hie und da laſ= ſen mueſſen? ſo haben wir als unterthaenigſte Schaeflein in dem Saechſiſchen Rauten=Krantze und unter dem ſchoenen Regenten=Baume ruhig und vergnuegt liegen koennen. Dieſer theureſte Re= genten=Baum, der Koenigliche Landes=Vatter ſtehet mitten im Lande und ıſt ſehr hoch, groß und dıcke. Seine Hoehe reichet biß in Himmel, und breitet ſich aus biß ans Ende des Landes. Seine Aeſte ſind ſchoen, und tragen viel Fruechte, davon alles zu eſſen hat. Alle Thıere auf dem Felde fin= den Schatten unter Ihm, und die Voegel unter dem Hımmel ſitzen auf ſeinen Aeſten, und alles Fleiſch naehret ſich von Ihm, Dan. IV, 7. 8. 9. Er hat ſeine treue Heerde hertzlich geliebet; treulich verſorget; moeglichſt beſchuetzet, und ihre Wohlfahrt nie aus dem Her= tzen gelaſſen.In andere Laender hat GOTT dieſes Jahr Schwerdt, Hunger und Peſtilentz geſchicket, Jer. XXIX, 17. GOtt ſey Danck! Sachſen= Land hat davon nichts gehoeret. GOtt hat es nicht mit dem Beſen des Verderbens gekehret, Eſa. XIV, 23. Er hat uns nicht ueberantwor= tet zu ſchlachten, daß der Stanck von den hinge= worfenen Leichnamen ihrer Erſchlagenen auf= gegangen, und die Berge mit ihrem Blute ge= floſſen, Eſ. XXXIV, 3. Unſer Land iſt nicht rein abgeleſen noch gepluendert worden, Nah. II. 10. Unſere Kinder hat der Feind nicht fuer unſern Augen zerſchmettert; unſere Haeuſer gepluendert, [169] noch unſere Weiber geſchaendet, Eſa. XIII, 16. So haben auch unſere Ernde die Hungerigen nicht geeſſen, noch haben die Durſtigen unſer Gut ausgeſoffen, Hiob. V, 5. Andere Laen= der hat ueberfallen ein freches Volck, das nicht anſiehet die Perſon der Alten, noch ſchonet der Juenglinge, und hat verzehret die Frucht ihres Landes, und hat ihnen nichts uebrig gelaſſen an Korn, Moſt, Oele und Fruechten der Ochſen und Schaafe, 5. B. Moſ. XXVIII, 50. 51. O ein erbaermliches Spectacul! Wie haben ſolche Elen= de ihre Haende nicht ueber dem Kopf zuſammen geſchlagen und geſchryen: Unſere Seele iſt aus dem Friede vertrieben; wir mueſſen des Gu= ten vergeſſen; unſer Vermoegen iſt dahin, Klagl. III, 16. Solche Klagen ſind in unſerm geliebten Vatterlande nicht gehoeret worden. GOtt hat uns des Gebets zum Friede gewaehret, Jer. XXXIII, 6. Er wird auch ferner Gnade geben, daß die feindliche Armeen zum Friede greiffen, und alſo die Schwerdter zu Pflugſchaa= ren, und die Spieſſe zu Sicheln werden, Mich. IV, 3.Wie manch Land hat nicht dieſes Jahr die Theurung hart getruckt? 1. B. Moſ. LXVIII, 4. Es hat ſein Gewaechs nicht geben, und die Baeu= me haben ihre Fruechte nicht bracht, 3. B. Moſ. XXVI, 20. Es iſt geweſen, als ob das Feuer die Auen verbrandt, und die Flamme alle Baeume auf dem Acker angezuendet haette, Joel I, 19. Die Erde hat gelechzet, weil es nicht gereg= net auf Erden. Die Groſſen haben die Kleinen [170] nach Waſſer geſchickt, aber wenn ſie zum Brun= nen kommen, haben ſie kein Waſſer funden, ſondern ihre Gefaeſſe leer wieder bracht. Die Ackerleute ſind traurig gangen, und haben ihre Haeupter verhuellet. Auch die Hindin, ſo auf dem Felde geworffen, haben die Jungen verlaſſen, weil kein Graß gewachſen. Das Wild hat auf den Huegeln geſtanden und nach der Luft ge= ſchnappet, wie die Drachen, und verſchmach= tet, weil kein Kraut gewachſen, Jer. XIV, 3. 4. 5. 6. Was an manchen Orte die Rau= pen gelaſſen, das haben die Kaefer und das Ge= ſchmeiß gefreſſen, Joel I, 4. GOtt Lob! unſer edles Sachſenland hat ſein Gewaechſe geben. GOtt hat uns dieſes Jahr nicht mit duerrer Zeit und Brand=Korn geplaget; ſo haben auch die Raupen das, was in unſern Gaerten, Weinber= gen und Feldern gewachſen, nicht gefreſſen, Amos IV. 9. Er hat uns Frueh=Regen und Spat=Re= gen zu rechter Zeit gegeben, und uns die Ernde treulich behuetet, Jer. V, 24.Wie manches ſchoene Land? wie manche ſchoe= ne Stadt und Flecken hat GOtt dieſes Jahr mit Peſtilentz geſchlagen, 4. B. Moſ. XIV, 12. Iſt nicht in vier Jahren hero in benachbarten Laendern und Staedten faſt das dritte Theil Menſchen an der Peſtilentz geſtorben? Ezech. V, 12. Iſt nicht unver= muthet der Tod zu ihren Fenſtern hinein gefallen, und in ihre Pallaeſte kommen? Hat er nicht die Kinder erwuerget auf der Straſſen, und die Jueng= linge auf der Gaſſen? Jer. IX, 12. Ach! es iſt groß Elend und Gefahr wo Peſtilentz re= giert. GOtt ſey Danck! uns hat er errettet [171] vom Strick des Jaegers, und von der ſchaedli= chen Peſtilentz, die im Finſtern ſchleicht, fuer der Seuche, die im Mittage verderbet. Tauſend ſind gefallen zu unſerer Seiten, zehen tauſend zu unſerer Rechten und uns hat es doch nicht troffen. Pſ. XCI, 3. 6. 7. Fuerwahr, GOttes Auge hat ein ſonderbahres Aufſehen auf Sachſenland.Was hat uns GOtt nicht ſonſt fuer unzehlig Gutes dieſes Jahr zugewendet? Er hat dem Ge= ſalbten des HErrn, unſerm Koenig, getreue Rae= the und Amtleute beſcheeret, die nicht ihres, ſondern des Landes und der Stadt beſtes ſu= chen, Jer. XXIX, 7. Er hat in unſrer Stadt und Lande zu Obrigkeitlichen Perſonen geſetzet weiſe und erfahtne Maenner, die ihre Brue= der verhoeren, und recht richten zwiſchen jederman. Die keine Perſon im Gericht anſehen, ſondern den Kleinen hoeren wie den Groſſen, und fuer nie= mands Perſon ſich ſcheuen, 5. B. Moſ. I, 16. 17. Wohl dem Lande, da Gerechtigkeit wohnet! Die= ſe erhoehet ein Volck, Spruechw. XIV, 24. Be= ſtaetiget des Koenigs Thron, Spruechw. XVI, 12. und bringt dem Lande Heil und Seegen.Die Wohlthaten ſind nicht zu zehlen, die wir alle von GOTT dieſes Jahr genoſſen. Unſerm Leibe hat er beſcheret Geſundheit. Ein geſunder Leib iſt beſſer denn groß Gut, Syr. XXX, 15. Un= ſerm Beruf hat er Glueck verliehen. Unſerer Per= ſon Freyheit; und unſerm Hauſe Seegen und Wohlſtand. Hat es oft ſchlecht ausgeſehen? Gott hat doch alles Unglueck gnaediglich abgewendet. Die Guete des HErrn iſt, daß wir nicht [172] gar ausgeweſen. Seine Barmhettzigkeit hat noch kein Ende, ſondern ſie iſt alle Mor= gen neu, und ſeine Treu iſt groß Klagl III, 22. 23. Sind manche dieſes Jahr mit betruebter Seele geſtorben, und haben nie mit Freuden geeſ= ſen? Hiob XX, 25. So hat uns GOTT Freu= de und ein froelıch Hertz gegeben, daß unſere See= le guter Dinge geweſen in aller Arbeit, Pred. Sal. II, 24.Der Mund iſt zu ſchwach alle genoſſene Wohl= thaten auszuſprechen. Die Feder zu unvermoe= gend ſolche zu ſchreiben. Alles was Othem hat ruf= fe mit mir aus! Der HErr hat groſſes an uns gethan! Der HErr hat dieſes Jahr groſſes an uns gethan, des ſind wir froelich! Pſ. CXXVI, 2. 3.

II. Das GOtt ſeine Suenden auf dem Tod=Bette beich= tende Jahr. Bey Betrachtung dieſer Worte: I. Petr. IV, 3.
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ES iſt genug, das wir die vergangene Zeit des Lebens zubracht haben nach heyd niſchen Willen, da wir wandelten in Unzucht, Lueſten, Trunckenheit, Freſſe= rey, Saufferey und greulichen Abgoette= reyen.
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Es geht zum End!
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Ach! ach! wie hab ich doch die Lebens Zeit verbracht, Ich hab faſt nie einmahl an GOttes Zorn gedacht.
Die Wolluſt dieſer Welt, Die Fleiſch und Blut gefaellt, Hat auch mein Hertze inficiret. Und zu viel Laſtern angefuehret. O GOtt! des Jahre dort niemals ein Ende nehmen, Ich thu Buſſe, Und fall bey meinem Ende dir jetzund zu Fuſſe, Du wollſt mich ja an jenem Tage nicht beſchaemen. Ich ende jetzund meinen Lauf; Nimm meine Seele zu dir auf; Die Zeit eilt ſehr behend, Es geht zum End.SO lautet die Beichte des jetzt in letzten Zue= gen liegenden 1712ten Jahres. Wie machte es Ambroſius? Dieſer fromme Biſchof verſchloß ſich allemal den letzten Tag je= den Jahres in ein Zimmer, und bath GOtt auf den Knien die deſſelben Jahres begangene Suen= den demuethigſt ab. Gute Vorgaenger machen gute Nachfolger.Herbey, armer Suender! Hieher zum Todt= Bette dieſes hinſterbenden Jahres. Bekenne und leugne nicht, was du dis gantze Jahr geſuendiget. Bekenner erlangen Pardon, Spruechw. XXVIII, 13. und GOtt gewaehret ſie ihrer Petition. Laug= ner hingegen bekommen Perdition, 1. Joh. I, 8. Ich dringe auf dein Gewiſſen, antworte mir nach [174] deinem Wiſſen. Du biſt ein vorſetzlicher und gro= ber Suender. Leugnen kanſt du es nicht. Du haſt dis Jahr uebel haußgehalten. Deinen Geruch haſt du nicht nur fuer Menſchen, ſondern ſelbſt fuer GOtt ſtinckend gemacht, 2. B. Moſs. V, 21. Sieh, du biſt alt worden bey guten Tagen, und kaum ei= nen Augenblick fuer der Hoellen erſchrocken, Hiob. XXXI, 13. Wie iſt dir zu Muthe? Das Jahr hat ein Ende; deines Suendigens iſt noch kein En= de. Weiſt du nicht, daß GOtt die Suender von Hundert Jahren verfluchet? Eſa. LXV, 20. Das Jahr hat zwey und funftzig Wochen gehabt. Haſt du nicht ſo viel Todt=Suenden dar= innen begangen? Wir haben in dem Jahre Drey Hundert Sechs= und Sechzig Tage gezehlet. Geh in dich; du wirſt eben ſo viel boeſe Thaten zehlen koennen, die du begangen. Das gantze Jahr hat zuſammen Acht Tauſend, Sıeben Hundert Sechs und Sechzig Stunden ge= habt. Nnn haſt du oftmahl in einer Stunde wohl zehen, zwantzig und mehrmahl geſuendiget. Denck alſo, was du nur dieſes Jahr GOtt fuer eine Schuld abzutragen haſt.Das Ende dieſes Jahres iſt da. Wer weiß, wie nahe das Ende deines Lebens. Stirb ab den Suenden jetzt mit dem hinſterbenden Jah= re. Siehe, du biſt dieſes Jahr ein Abgoet= ter und rechter Sclave der Welt Eitelkeit geweſen. Wie haſt du nicht dein gantzes Ver= trauen und Hofnung auf elende Menſchen ge= ſetzet? Wie biſt du nicht fuer dem Dreck=Gott, dem Gold=Klumpen niedergefallen, und bey ihm Troſt geſuchet? Hiob. XXXI, 24. Der [175] Fleiſches=Luſt, Augen=Luſt und hoffarti= gem Leben, biſt du von Hertzen ergeben, 1. Joh. II, 16. Du biſt mißtrauıſch geweſt gegen GOtt, Matth. VI, 31. Laulich in der Religion, Offenb. III, 15. 16. und ungedultig im Creutz, 1. Cor. X, 12.Hoer mir weiter zu. Ich zeig dir deine Geſtalt in dem Geſetz=Spiegel. Was biſt du dieſes Jahr nicht fuer ein Flucher und Gotteslaeſterer gewe= ſen? Wie haſt du nicht den theuren Namen GOt= tes aberglaeubiſcher Weiſe gemißbrauchet? 2. B. Moſ. XX, 7. Bedenck nur, was du jetzt den Heil. Chriſt=Abend fuer Gauckeleyen fuergenommen. Wie haſt du dieſes Jahr das GOttes=Hauß be= ſuchet? Du Sabbath=Schaender! daheim haſt du unter der Predigt geſeſſen und gearbeitet. Auf die Doerfer biſt du gelaufen, und haſt gefreſ= ſen, geſoffen, geſpielet, getantzet, gehuret und gebubet. Ich bin in der Kirchen geweſt, ſprichſt du. Ja, fuer der Kirch=Thuer haſt du biß= weilen geſtanden, ein Maul voll genommen, und wieder davon gelaufen. Die Hofart hat dich zuweilen hinein getrieben, neue thoerichte Mode zu ſehen, oder deinen neuen Staat ſehen zu laſſen. Wenn du nur wueſteſt, wie lieb du GOtt darin= nen geweſen.Sieh, wie wiederſpenſtig du oft dieſes Jahr dei= nen Vorgeſetzten und der ordentlichen Obrig= keit geweſen? Prediger haben dir gepfiffen, und du haſt nicht tantzen wollen, Matth. XI, 17. Nach dem Wort, das du mir im Namen des HErrn ſageſt, will ich nicht thun, Jer. XLIV, [176] 17. Einer Chriſtl. Obrigkeit Befehl haſt du dich widerſetzet: den gebuehrenden Abtrag entweder gar nicht, oder doch mit Fluchen und boeſen Wuen= ſchen gegeben. Halte dieſes fuer keine geringe Suen= de. Du haſt GOttes Befehl wiederſtrebet. Laeſ= ſeſt du es nicht, und bereueſt es, wirſt du ein ſchwer Urtheil ueber dich empfahen, Rom. XIII, 2. Was fuer Mord und Todſchlag iſt nicht dieſes Jahr ausgeuebet worden? Hier iſt einer erſtochen; dort ſind welche erſchoſſen; da iſt einer mit der Axt er= ſchlagen worden. Bald hat eine Mutter ihre eigne Kinder mit der Hand oder mit Gifte, hin= gerichtet; bald haben ſich andere ſelbſt ermordet. Das hab ich nicht gethan, ſagſt du. Es waer auch nicht gut. Aber hoer: Haſt du aus Boß= heit nicht manchem den Tod an den Halß gewuen= ſchet? Haſt du manchem nicht unſchuldig ſolche Schmach angethan, daß er darueber ſein Vermoe= gen und Geſundheit eingebueſſet? Ja wohl gar haſt du manchen durch deine Grauſamkeit dahin bracht, daß er dieſes Jahr mit betruebter Seele ge= ſtorben, Hiob. XXI, 25. Biſt du kein Moerder? kein einfacher nicht; aber ein dreyfacher. Dieſe Mord= that wirſt du an jenem Tage bueſſen mueſſen, es ſey denn, daß du noch hier zu einer wahren Erkaent= niß und Bekaentniß gelangeſt.Ich erſchrecke, weiter fortzufahren. Als je= ner bey ſeiner Beichte aufs Sechſte Gebot kam, fieng er an, und ſagte: Herr Beıcht=Vatter, halt! halt! da hat es Mucken. Ich glaub, da wird es Mucken genug auch bey dir haben. Ehe= Mann! wo iſt die Treue blieben, die du deinem [177] Weibe vor dem Altar zugeſaget? Wieherſt du nicht nach deines Naechſten Weibe, wie ein voller mueßiger Hengſt? Jer. V, 8. Ehe=Frau! wo iſt deine Zuſage? Laeuffeſt du nicht umher wie eine Kamelin in der Brunſt, wie ein Wild in der Wue= ſten, wenn es fuer groſſer Brunſt laechtzet? Jerem. II, 24. Ihr hertzet und ſchertzet euch mit andern. Was Wunder, wenn ihr den Seegen verſcher= tzet, und hernach mueſſet wandern in Flandern? Ehebruch iſt ein Feuer, das biß ins Ver= derben verzehret, und alles Einkommen auswurtzelt, Hiob XXXI, 12. Machet mit dem Ende dieſes Jahres ein Ende dieſes verfluch= ten Lebens, damit euch nicht das Lebens=Ende fuers ewige Gericht fuehre, Hebr. XIII, 4. Courtiſir= Bruder und Schweſter! hoer auch auf. Es iſt genug, daß du dieſes und viele andere Jahre zubracht haſt in aller Unreinigkeit. Meide die Thee- und Coffe=Schencken, und bleib aus den unflaetigen Huren=Loechern.Wucherer, Schinder und Geitz=Halß, ver= laß die Gewiſſenloſe Raencke und Practiquen. Es iſt Diebs=Guth. Du ſammleſt damit nur den Fluch und Unſeegen, Habac. III. Demale quae- ſitis non gaudet tertius haeres. Der Exempel wirſt du ſelbſt wiſſen. Rechts=Gelehrter! ſey nicht laenger ein Rechts=Verkehrer. Ver= zoegere keine gute Sache mehr, und gieb nicht fer= ner den boeſen einen Schein des Rechten, Eſa. X, 1. 2. Verleumder! es iſt genug, daß du dein ſchneidend Zungen=Schwerdt dieſes Jahr wa= cker wider deinen Naechſten gefuehret, Steck es [178] ein, und laß es das kuenftige Jahr ruhen. Un= gerechter! vermehre dein Gut nicht mit frem= dem Gut. Das Wehe und der Fluch haengt dran, Habac. III, 6. Gieb wieder, was du mit Unrecht an dich bracht. Non remittitur peccatum, do- nec reſtituitur ablatum. Wittwen und Waey= ſen=Gut, unſchuldig vergoßnes Blut, frıſt aerger als Feuers=Glut. Behalt es nicht laen= ger auf deinem Gewiſſen; ſonſt wirſt du es bueſſen mueſſen. Hat nicht dieſes brennende Feuer im Ge= wiſſen ein Ungerechter dieſes Jahr aus Verzweif= lung im Waſſer geloeſcht, und das Lebens=Licht gar mit ausgeloeſchet?Suender! Suender! Du haſt dieſes Jahr gethan, was dein Hertz gelueſtet, und deinen Au= gen gefallen, Pred. XI, 9. Du haſt keiner Suen= de geachtet, ſondern dich derſelben noch wohl ge= ruehmet, wie die zu Sodom, Eſa. III, 9. Geſte= heſt du es? Ja! Bereueſt du es? Ja! Wilſt du dein Leben aendern? Ja! So mach noch heut im alten Jahre den Anfang. Es iſt genug!Vatter! ich habe geſuendiget im Himmel und fuer dir. Ich bin nicht werth, daß ich dein Kind heiſſe, Luc. XV, 18. Die Menge meiner Suen= den dieſes Jahr iſt mehr denn Sand am Meer, Pſ. CXXXIX, 18. Ich falle nieder zu deinen Fueſſen mit jener groſſen Suenderın, Luc. VIII, 38. Ich weine bitterlich mit Petro, Matth. XXVI, 75. Ich ſchreye mit dem bußfertigen Zoellner: GOtt ſey mir Suender gnaedig, Luc. XVIII, 13. Und mit dem blınden Bartimaeo: JEſu, du Sohn Davıd, erbarme dich mein, [179] Marc. X, 47. Ich liege mit Daniel fuer dir mit meinem Gebet, nicht auf meine Gerechtigkeit, ſondern auf deine groſſe Barmhertzigkeit. Ach HErr hoere! Ach HErr ſey gnaedig! Ach HErr mercke auf, und thue es, und verzeuch nicht um dein ſelbſt willen, mein GOtt, denn ich bin nach deinem Namen genennet. Dan. IX, 18. 19.Bußfertiger Suender! Auf reuen folgt ver= zeihen. Ich halte dir zum Troſt GOttes eigne Worte fuer; Wo ſich der Gottloſe bekehret von allen ſeinen Suenden, ſo ſoll aller ſei= ner Ubeetrettung, die er begangen hat, nıcht gedacht werden, Ezech. XVIII, 21. 22. Sey demnach getroſt, deine Suenden, dieſes und deine vorigen Lebens=Jahre, ſind dir vergeben, Matth. IX, 2. Aber ſieh zu, du biſt an deiner Seelen geſund worden, ſuendige hinfort im neuen Jahre nicht mehr, daß dir nicht was arges wi= derfahre, Joh. V, 14. Nun ſo geh hin; opfere GOtt ein Danck=Opfer, und beſchließ das Jahr mit Freuden.

III. Das ſterbende und GOTT fuer ſeine Wohlthaten dan= ckende Jahr.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Syr. L, 24. 25. 26.
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NUn dancket alle GOtt, der groſſe Din= ge thut an allen Enden, der uns von [180] Mutter=Leibe an lebendig erhaelt, und thut uns alles Gutes. Er gebe uns ein froelich Hertz, und verleihe immerdar Friede zu unſerer Zeit in Iſrael.
Es iſt nun bald vollbracht: Ich will mein Leben jetzt in Froelichkeit beſchlieſſen; GOtt hats ſehr gut gemacht, Und an mich ſtets gedacht, Die Lippen ſollen noch von Preiß und Lobe flieſſen. Ein Danck beflißnes Hertz ſchick ich GOtt Him= mel an, Daß er zeithero mir ſo viel zu gut gethan. Der ſchon gebrochne Mund ruft in der letzten Noth: Hab Danck fuer die Wohlthat, du ſtar= cker Zebaoth! Du haſts ſehr wohl gemacht, GOtt Lob, es iſt vollbracht.DAs Danckſagende Jahr erinnert uns alle= heut unſrer Pflicht und Schuldigkeit. Heut gedenck ich an die Thaten des HErrn; ja ich gedencke an ſeine Wunder, Pſ. LXXVII. Wie ſoll ich nun dem HErrn vergel= ten alle ſeine Wohlthat, die er dieſes Jahr an mir gethan? Pſ. CXVI, 12. Mein GOtt, ſol= che Wohlthaten zu erwiedern, bin ich zu unver= moegend. Ich will dir mit dem hinſterbenden Jahre ein Danck=Opfer bringen. Nimm es von deinem Kinde gnaedig an.Schicke dich, Tochter Zıon, ſtimm die Har= pfen. Ergreif die Trommete und Poſaune. Siſ [181] ſera iſt gefaellet. Wir ſitzen in vergnuegter Ruhe. Du geiſtliche Debora, ſpiel mit Barack dem HErrn ein Triumph=Lied, B. Richt. V, 1. 2. GOtt hat uns dieſes Jahr eine Laſt aufgelegt, aber auch wieder geholffen. Stimm an das gelobet ſey der HErr, Pſ. LXVIII, 20. Wir ſind dieſes Jahr in Seelen=Gefahr geweſen. Der Satan hat uns geſuchet zu ſichten wie den Waitzen. JEſus aber hat fuer uns gebetten, daß unſer Glaube nicht moege aufhoeren, Luc. XXII, 31. Mancher meuchel=moerderiſche Abner hat dieſes Jahr ſich freundlich zu einem Joab ge= machet, ihn zu erwuergen, 2. Sam. III, 27. Aber GOtt hat ſeine Hand im Spiele gehabt, und ſolches verhindert. Wir ſind in Faehrlich= keit geweſen zu Waſſer; in Faehrlichkeit in Staed= ten; in Faehrlichkeit unter den Moerdern; in Faehr= lichkeit unter den falſchen Bruedern. 1. Cor. XI. 26. GOtt Lob! des HErrn Engel hat uns be= huetet auf allen unſern Wegen, Pſ. XCI, 11. Solten wir ihn dafuer nicht mit einer Lobs=Trom= mete entgegen gehen?GOtt hat uns dieſes Jahr alle Tage unſern Tiſch gedeckt. Unſere Kueche und Keller zu einer reichen Quelle gemacht. Er hat unſer Land wohl gebauet. Er hat ſeine Furchen getraencket; ſein Gepfluegtes befeuchtet; mit Regen es weich gemacht, und ſein Gewaechſe geſegnet. Unſere Anger ſind voll Schaafe geweſt; Die Auen ha= ben dicke mit Korn geſtanden, Pſ. LXV, 11. 14. Haſt du darueber noch nicht gejauchzet und geſun= gen? ſo thu es jetzt. Liebe erfordert Gegen=Liebe. [182] Der groeſte Beweiß aber der Liebe zu GOtt beſte= het in der Danckbarkeit. GOtt begehret vor alle ſeine Wohlthaten von uns nichts, als ein danck= bar Hertz. Wer Danck opfert, der prei= ſet mıch, Pſ. L, 23.Philo dichtet, GOtt habe den Adam im Paradieße gefragt: was denn an ſeinen Crea= turen noch mangele? Da hab er geantwortet: Dignus laudatur: ein wuerdıger Lob=Red= net. Leider! an ſolchen Leuten ſpuehret GOtt groſſen Mangel. Der Himmels=Koenig hat dort mit dem Koenige Saul viel Belials=Kin= der, die ihme kein Danck=Geſchencke bringen, 1. Sam. X, 27. O du toll und thoericht Volck! Danckeſt du alſo dem HErrn dei= nem GOtt? 5. B. Moſ. XXXII. 6. Ein danck= bar Hertz iſt ein Gefaeß, das GOtt mit vielen Seegen fuellet. Undanck hingegen ein duerrer Wind, der den Brunn goettlichen Seegens gaentz= lich austrocknet. Undanck iſt ein Riegel vor den Brod=Schranck. Niemand ſchiebe ſolchen ſelbſt dafuer. Den boeſen Buben, die nicht dancken fuer die Wohlthat, wirds nicht wohl gehen, Syr. XII, 3.Nun, ſo dancket alle GOtt. Dancket in die= ſer letzten Stunde des Jahres alle GOtt, der groſſe Dinge thut an allen Enden; der uns von Mutter=Leibe an lebendig erhaelt, und thut uns alles Guts, Syr. L, 24. Dancket dem HErrn, denn er iſt freundlich, und ſeine Guete waehret ewiglich! Es ſage nun Iſrael: Seine Guete waehret ewiglich! Es ſage nun das Hauß Aaron: [183] Seine Guete waehret ewiglich! Es ſagen, die den HErrn fuerchten: Seine Guete waehret ewiglich, Pſ. CXVIII, 1. 2. 3. Dancket dem HErrn, denn er iſt freundlich, und ſeine Guete waehret ewiglich; Dancket dem HErrn alle Goetter, denn ſeine Gue= te waehret ewiglich; Dancket dem HErrn aller Herren, denn ſeine Guete waehret ewiglich; Der groſſe Wunder thut alleine, denn ſeine Guete waehret ewiglich; Denn er dachte an uns, da wir untergedruckt waren, denn ſeine Guete waeh= ret ewiglich; Und erloeſete uns von unſern Fein= den, denn ſeine Guete waehret ewiglich; Dan= cket dem HErrn vom Himmel, denn ſeine Guete waehret ewiglich! Pſ. CXXXVI, 1. ſeqq.Wohl auf, Pſalter und Harpfen; Ich will dem HErrn auch eın Danck=Lied fuer mich ſpie= len. HErr! dein Rath iſt dieſes Jahr wunder= lich ueber mir geweſen, Eſa. XXVIII, 29. Du hatteſt mich gegeben in die Haende der Feinde; dieſe haben mich unſchuldig verlaeumdet, ins Ge= faengniß geworffen, und von einer Stadt zur an= dern gejaget, Matth. XXIII, 34. Aber ich rueh= me mit Jona: Du haſt mein Leben aus dem Verderben gefuehret, HErr, mein GOtt. Da meine Seele bey mir verzagte, gedachte ich an dich, und mein Gebet kam zu dir in deinen heiligen Tempel, Jon. II, 7. 8. Ich lobe oeffentlich mit Syrach deine Wunder, und ſage: HErr, du haſt meinen Leib aus dem Verderben, und vom Stricke der falſchen Zungen und Luegen=Maeuler erloeſet. Du haſt mir geholfen wider die Feinde, und [184] haſt mich errettet nach deiner groſſen und hochberuehmten Barmhertzigkeıt, von dem Bruellen derer, die mich freſſen wollten; Und von der Hand derer, dıe mir nach dem Leben ſtunden, aus vielen Truebſalen, da= rinnen ıch lag. Aus dem Brande, der mich umgeben hatte, mitten aus dem Feuer, daß ıch nicht drınnen verbrandte. Aus dem tiefen Rachen der Hoellen. Von den fal= ſchen Klaeffern und Luegnern fuer dem Fuer= ſten, und von ungerechten Urtheil. Ich war dem Todenahe, und meın Leben war ſchıer zur Hoellen geſuncken. Ich war um= ringet, und memand half mir. Ich ſuchte Huelfe bey den Menſchen, und fand keine. Ich betete zu GOtt wider ihren Grimm, und flehete um Erloeſung vom Tode. Und, HErr, du haſt mich errettet aus dem Ver= derben, und von allem Ubel. Darum will ich dir dancken, und loben, und deinen Nahmen preiſen, Syr. LI, 3. ſeqq.Und, womit ſolt ich dieſe Wohlthat anders, als mit Dancke vergelten? Da Noah aus dem Angſt=Kaſten gieng, was that er? Er danckete und bauete dem Hoechſten einen Altar, 1. B. Moſ. VIII, 20. Da Iſrael aus dem rothen Meer errettet wurde, was that es? Moſes und Mir= jam ſungen dem HErrn ein Lied, 2. B. Moſ. XV, 1. Da Hißkias von ſeinem Siech=Bette auf kam, was that er? Er ſang Lieder im Hauſe des HErrn, Eſa. XXXVIII, 20. Ach, ſo lobe auch den HErrn, meine Seele, und vergiß nicht, [185] was er dir Gutes gethan hat, Pſalm CIII, 1. GOtt, du haſt mich dieſes Jahr erfahren laſſen viel und groſſe Angſt, und macheſt mich wieder lebendig; und holeſt mich wieder aus der Tief= fe der Erden herauf. Du macheſt mich ſehr groß, und troeſteſt mich wieder. So dancke ich dir nun mit Pſalter=Spiel fuer deine Treue, mein GOtt, ich lobſinge dir auf der Harpfen, du Heiliger in Iſrael. Meine Lippen und meine Seele, die du erloeſet haſt, ſind froelich, und lob= ſingen dir, Pſ. LXXI. 20. 23.
Ich will alle meine Tage Ruehmen deine ſtarcke Hand, Daß du meine Klag und Plage Haſt ſo gnaedig abgewand. Nicht nur in der Sterblichkeit Soll dein Ruhm ſeyn ausgebreit; Ich wills auch hernach erweiſen, Und dort ewiglich dich preiſen.

IV. Der andaechtige Neu=Jahrs= Wunſch.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Pſ. CXXII, 6. 7. 8.
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Wuenſchet Jeruſalem Glueck, es mueſſe wohl gehen denen, die dich lieben. Es mueſſe Friede ſeyn inwendig| in deiner Mau [186] ren, und Glueck in deinen Pallaeſten. Um meiner Brueder und Freunde willen, will ich dir Friede wuenſchen.
Das alte Jahr iſt hin, Heut iſt ein neues uns erſchienen, Nun ſoll mein Hertz und Sinn Dem HErrn mit neuem Leben dienen. Ich will dem Herrſcher des Himmels dort oben Fuer ſeine Guete und Liebe ſtets loben: Damit ich noch ferner zukuenftige Jahre Nicht Abgang an ſeinen Wohlthaten erfahre: So wird auch Friede und ruhigs Gewiſſen Ewig mit meiner Seele ſich kueſſen.DIe Sonne iſt herfuer; Ein neues Licht er= ſchienen. Du Sonne der Gerech= tigkeit! Mal. IV, 2. gehe heut, beym Antritt dieſes Neuen Jahres auch von neuen auf in unſer aller Hertzen. Beſtrahle unſer Land, und ſonderlich das Durchl. Hauß Sachſen, mit den Strahlen deiner Liebe, Gnade und des Seegens.Du Sonne der Gerechtigkeit! ſetze unſern getreueſten Landes=Vatter dieſes und noch viele Jahre hinzu, damit unter Ihme das gantze Land in Fried und Ruhe bluehe. Seegne ferner al= le ſeine Fuerſtl. Anſchlaege; Laß ihn jederzeit Fuerſtl. Gedancken haben, und datueber halten, Eſa. XXXII, 8. damit in dieſem Lande Ehre woh= ne, Guete und Treue einander begegne, Gerech= tigkeit und Friede ſich kueſſe, Pſ. LXXXV, 10.
|| [187]
Du Saechſiſches Jeruſalem! ich wuenſche dir heut Glueck vom Himmel; Friede auf Erden. Der Koenıglichen Majeſtaet in Polen, un= ſerm Durchl. Chur=Fuerſten und Herren, daß er ſeyn moege wie

Ein Felß in dem Meere. Mit der Beyſchrift: Mitten im Sturm hab ich Friede.
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Und dem Durchl. Hauſe Sachſen, daß es ſeyn moege wie

Ein Schiff in dem Hafen. Mit der Beyſchrift: Hier bin ich im Friede.
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Anno 1625. bewillkommte die Stadt Pariß am Neuen Jahrs=Tage ihren aus dem Kriege zu= rueck kommenden Koenig Ludovicum XIII. unter dem Thore mit einem gueldenen Hertze, ihre Un= terthaenigkeit und Ergebenheit zu bezeugen. Groß= maechtigſter Koenig! verwichenes und andre Jahr mehr haſt du unſre Wohlfarth nie aus dei= nem treuen Vatter=Hertzen gelaſſen, dafuer opf= fern wir dir heut, nechſt GOtt, ein danckbar, liebreich und gehorſams Hertz. Wir entſchlieſ= ſen uns heut vom neuen dort mit den Iſraeliten, und ſagen: Theureſter Joſua! Vatter unſers geliebten Vatterlandes! Alles, was du uns gebotten haſt, das wollen wir thun; und wo du uns hinſendeſt, da wollen wir hin= gehen. Wir wollen dir gehorſam ſeyn, und [188] wer deinem Munde ungehorſam iſt, und nicht gehorchet deinen Worten in allem, das du uns gebeuteſt, der ſoll ſterben, Joſ. I, 16. 17. 18. E. E. Majeſt. und Hoheıten, der Koenigl. Gemahlin und Frau Mutter, wuenſche ich bey dieſem neuen Licht, JEſum zum Lıcht Ihrer Seelen; zur Freude Ihres Ge= mueths, und zum Artzt ihres Leibes.Dem Koeniglıchen Chur=Printzen, unſern gnaedigſten Herrn, wuenſche ich auf ſeiner jetzigen Reiſe den Gefaehrten der reiſenden Juenger gen Emans, Luc. XXIV, 15. und den Engel des Tobia, Tob. V, 5.Denen hohen Miniſtris, Koeniglichen Rae= then und Amtleuten, auch der geſammten Obrigkeıt unſers Landes, wuenſche ich Ge= ſundheıt; heilſamen Rath; geſegnete An= ſchlaege, und gluecklıche Regierung. Ich wuenſche ihnen Salomonis Weißheit Gericht zu halten, 1. B. Koen. IV, 29. Samuels Ge= rechtigkeit, 1. Sam. XII, 3. Gideons Schwerdt, B. Richt. VII, 14. und Gedan= cken des Friedes. Ein jedes ſuche dieſes Jahr dem Lande und der Stadt Beſtes, und bete da= fuer zum HErrn, denn wenns ihm wohl gehet, ſo gehets auch euch wohl, Jerem. XXIX. 7. GOtt gebe, daß wir dieſes Jahr unter ihnen ein geruhiges und ſtilles Leben fuehren moegen, in aller Gottſeeligkeit und Erbarkeit, 1. Tim. II, 2.Denen Friedens=Bothen und Engeln der Kirchen/ wuenſche ich dieſes Jahr den beredten Mund Jaronis, 2. B. Moſ. IV, 14. Pauli [189] Freudigkeit und behertzten Muth, Philem. v. 8. Jeremiae Glueck: Fuerchte dich nicht, ich will dich heute zur veſten Stadt, zur eiſernen Saeule, zur ehernen Mauer ma= chen im gantzen Lande, wider die Koenige Juda, wider ihre Prieſter, voider das Volck im Lande; daß wenn ſie gleich wi= der dich ſtreiten, dennoch nicht ſollen wi= der dich ſiegen, Jer. I, 18. 19. Ruffet daher getroſt dieſes Jahr, und ſchonet nicht, Eſa. LVIII, 1. Fuehret den Stab Sanft, und den Stab Weh, Zach. XI, 7. Gieſſet Wein und Oel in die Wunden der ruchloſen Suender. Prediget das Wort, haltet an, es ſey zu rechter Zeit, oder zur Unzeit, ſtraffet, draeuet, ermahnet mit aller Gedult und Lehre, 2. Tim. IV, 2???.Dem Hauß=Stande wuenſche ich Glueck zu ihrer Arbeit, und Hiobs=Seegen, Hiob XLII, 10. Denen Ehe=Maennern wuenſche ich treue Liebe gegen ihre Weiber, Epheſ. V, 25. Denen Ehe=Weibern der Sarae Unterthaenigkeit, 1. Petr. III, 6. Abigans Freundlichkeit, 1. Sam. XXV. und der Eliſabeth Fruchtbarkeit. Luc. I, 24. Denen Wittwen und Waeyſen wuenſche ich dieſes Jahr den Segen jener frommen Prophe= tin Wittwe, 1. B. Koen. XVII, 10. Die Sorg= falt eines getreuen Mardochai, Eſth. II, 7. Die Verpflegung eines Johannis, Joh. XIX, 27. und den Troeſter der Wittwen zu Nain, Luc. VII, 11. Denen unſchuldig Gefangenen, den Engel derer gefangenen Apoſtel, Apoſt. G. V, 19. und Pauli Glueck zu Damaſco, 2. Cor. [190] XII, 33. Denen Verfolgten und Verjagten wuenſche ich den freudıgen Geiſt der Macca= baeer, 2. Macc. VII, 22. und die Aufnahme einer Sunamithin, 2. B. Koen. IV, 25. Denen Ar= men und Nothduerftigen, den Engel Eliae, 2. B. Koen. I, 3. und ein mitleidendes Hiobs= Hertz, Hiob XXIX, 16.Vornemlich wuenſche ich dieſes Jahr allen verſtockten Suendern ein bußfertiges Davids= Hertz, Pſ. LI, 19. Petri thraenende Augen, Matth. XXVI, 75. Des Zoellners Haende, die an das Hertz klopfen, Luc. XVIII, 13. und des Hiobs Fueſſe, daß ſie nicht mehr zum Betrug eilen, Hiob XXXI, 5. Ach Suender! Suender! ſteh ab von deiner Boßheit. Diß duerfte das Jahr deiner Heimſuchung ſeyn, Jer. XXIII, 12. GOtt duerfte ſich gegen dir verlauten laſſen: Siehe, ich will dich vom Erdboden neh= men, diß Jahr ſolt du ſterben, Jer. XXVIII, 16. GOTT iſt nun etliche Jahr lang alle Jahr kommen, und hat die Frucht der Bekehrung auf deinem Lebens=Baume geſucht, aber keine fun= den. Was meyneſt du, wenn er dich dieſes Jahr umhauete? Thu Buſſe noch am erſten Ta= ge dieſes Jahres. Meine Bitte zu GOtt ſoll dieſe ſeyn: HErr! laß den unfruchtbaren Baum noch dieſes Jahr, ob er wolte Frucht brıngen, wo nicht, ſo haue ihn dar= nach abe, Luc. XIII, 7. 8. 9.Noch eins. Ich erinnere mich der Worte meines JESU beym Matth. V, 44. Liebet eure Feinde, ſegnet die euch fluchen, bittet [191] fuer dıe, ſo euch beleidigen und verfolgen. Mein JEſu! ich bitte von dir zum neuen Jahre ein ſanftmuethig Hertz gegen meine Verfolger. Durch Sanftmuth gewann Iſaac den Abıme= lech, 1. B. Moſ. XXVI, 26. Die Abigail den Davıd, 1. Sam. XXV. 23. und Joram die Syrer, 2. Koenig. VI, 23. Haſſen mich mei= ne Feınde? gieb, daß ich ſie liebe. Fluchen ſie mir? gieb, daß ich ſie ſegne. Beleidigen ſie mich? gieb, daß ich fuer ſie bitte. Verleihe auch ihnen zu dieſem neuen Jahre ein ſanftmuethig Hertz, und lindre ihren Grimm gegen mich. Jetzt ſind wir noch mit einander auf dem Wege. Gieb, daß wir willfaertig ſeyn, und uns verſoehnen. In kur= tzen duerften wir fuer jenem Richter mueſſen erſchei= nen. Wuerde da nicht die Verſoehnung in dem ewi= gen Kercker zu ſpaet ſeyn? Matth. V, 25. 26. Ach GOtt! ſchaff in uns allen zu dieſem neuen Jah= re ein neues Hertz, und gieb uns ???nen neuen ge= wiſſen Geiſt; verwirff uns nicht von deinem Ange= ſicht, und nimm deinen Heiligen Geiſt nicht von uns, Pſ. LI, 12.Fangen wir an ein neues Leben? ſo wird GOtt von neuem bey uns wohnen. Er wird ſagen zu un= ſerem Lande: Diß iſt meine Ruhe ewiglich; hie will ich wohnen, denn es gefaellt mir wohl. Ich will ihre Speiſe ſegnen, und ihren Armen Brods genug geben. Ihre Prieſter will ich mit Heil kleiden, und ihre Heiligen ſollen froelich ſeyn, Pſ. CXXXII, 14. 15. Fuerchte dich nicht, liebes Land, ſon= dern ſey froelich und getroſt, ich wıll groſſe [192] Dinge thun. Ihr Kinder des Saechſiſchen Zions! freuet euch, und ſeyd froelich im HErrn euren GOtt: Ich will euch die Jah= re erſtatten, welche die fremden Voelcker und das Geſchmeiß gefreſſen habe. Daß ihr zu eſſen gnug haben ſollet, und den Na= men des HErrn eures GOttes preiſen, der Wunder unter euch gethan hat, Joel. II, 21. 23. 25. 26.Glueckſeeliges Sachſen=Land! ſo ruhe die= ſes Jahr wohl im Schatten der immergruenenden Raute. Alles, was Othem hat, wuenſche heut mit mir dieſem Jeruſalem Glueck. Du himmli= ſcher Friede=Fuerſt! breite dieſes Jahr den Frie= den in unſerm Lande aus, wie einen Strom, Eſa. LXVI, 12. Tritt ſelbſt mitten unter uns, in Sachſen, und ſage: Friede ſey mit euch! Joh. XX, 9. Laß deine Engel bey uns ſingen: Ehre ſey GOtt in der Hoehe, Friede auf Er= den und den Menſchen ein Wohlgefallen! Luc. II, 14.
Erhoert GOtt dieſen Wunſch, und laeßt den Frie= den wachſen, So bleiben wir in Ruh in unſerm lieben Sach= ſen.

V. Die Acht denckwuerdigen Le= bens=Tage.
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|| [193]

Bey Betrachtung des Feſt=Evangelii, am Neu= Jahrs=Tage.
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Luc. II, 21.
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UNd da acht Tage um waren, daß das Kind beſchnitten wuerde, da ward ſein Name genennet JESUS, welcher ge= nennet war von dem Engel, ehe denn er in Mutter Leibe empfangen war.

Merck dieſes, ſichre Welt!
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Des Menſchen Leben waehret etwa Siebzig Jahr, Und achzig, kommt es weit hinaus, Hat er denn die erlebt, muß er ins Todten=Hauß Ach! aber ach! was fuer Gefahr Hat er darinnen nicht mit Thraenen auszuſtehen? Acht groſſe Tage muß er taeglich wohl bedencken, Und ſich darin ̅ en ſtets nach GOttes Willen lenken, Weil er dereinſt bey ihm muß fuers Gerichte gehen. O Menſch! haſt du dieſelben nie bedacht, Ach, ach! ſo nimm ſie jetzund wohl in acht, Eh’ noch der ſchwache Leib hinfaellt, Denn dein Ziel iſt ſehr kurtz geſtellt.

Merck dieſes, ſichre Welt!
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UNd da acht Tage um waren. So oft ich am Neu=Jahrs=Tage dieſe Worte hoere oder leſe, erfreu ich mich. Warum? Meın gantzes Leben beſtehet in Acht groſſen Ta= gen. Wenn dieſe um ſind, werd ich dort ein Neu=Jahr anfangen, wo die Jahre kein Ende [194] nehmen werden, Pſ. CII, 28. Ach! daß der Menſch dieſe Acht Tage ſo ſchlecht bedencket! daß er doch in denſelben die Eitelkeit der Ewig= keit ſo fuerziehet! Was ſind doch dieſes fuer Tage?Der Erſte iſt der Geburths=Tage. Der Tag= an welchem uns GOtt aus Mutter Leibe gezo= gen, Pſ. XXII, 10. Wer betrachtet bey dieſem Werck die unerforſchliche Weißheit GOttes? Wer ſaget mit David: Ich dancke dir, GOtt darueber, daß ich ſo wunderlich gemacht bin; wunderbarlich ſind deine Wercke, und das erkennet meine Seele wohl, Pſ. CXXXIX, 14. Du ſprichſt: Ich celebrire jaehr= lich meinen Geburths=Tag. Ich ſeh es. A= ber wie? erbarm es GOtt! auf gut Herodianiſch. Du friſt und ſaeufſt an demſelben. Du bringſt ihn zu mit Tantzen, Huren und Spielen. An den Danck und Lob GOttes wird nicht gedacht. Ich hab nicht geleſen, daß die erſten Chriſten einen Ge= burths=Tag gefeyert. Daß es aber die gottloſen Heyden, als Pharao, 1. B. Moſ. XL, 20. und Herodes gethan, Matth. XIV, 6. das weiß ich. Jetzt mueſſen ſie dafuer nun auch mit allen Teufeln den ewigen Peinigungs=Tag in der Hoellen fey= ren. Menſch! dis bedenck, und begehe kuenftig die= ſen Tag beſſer.Der Andere denckwuerdige Lebens=Tag iſt der Tauf=Tag. Der Tag, an welchem dich GOtt mit Waſſer badete, und von deinem Blu= te wuſch, Ezech. XVI, 9. Der Tag, an welchem [195] GOtt mit dir ein herrlich Verbuendniß machte, und dir den Heil. Geiſt ſchenckte. Der Tag, an welchem dich GOtt zum Erben der Seligkeit mach= te, Tit. III, 5. Leider! wie oft haſt du dieſen mit GOtt getroffenen Bund liederlicher Weiſe gebrochen? Haſt du dich nicht, wie die Saue, nach der Schwemme wieder in den Koth gewael= tzet? 2. Petr. II, 22. und mit Demas die Welt= Liebe der Liebe GOttes fuergezogen? 2. Tim. IV, 10. Wo iſt geblieben die Creutzıgung des Flei= ſches? Gal. V, 24. Haſt du nicht die Suende herrſchen laſſen in deinem ſterblichen Leibe, ihr Ge= horſamzu leiſten in ihren Lueſten? Rom. VI, 12. Haſt du nicht deine gereinigte Glieder wiederum begeben zum Dienſt der Unreinigkeit, und von ei= ner Ungerechtigkeit zu der andern? v. 19. Ach! geh noch dieſe Stunde in dich. Erneure deinen Tauf=Bund, und halt, was du angelobet. Wand= le als ein Wiedergebohrner nach dem Geiſt. Ube eine gute Ritterſchaft; bewahre Glauben und gut Gewiſſen, 1. Tim. II, 18. 19.Der Dritte iſt der Ehten=Tag. GOtt der Hoechſte giebt Koenigreiche, Macht, Ehre und Herrlichkeit den Menſchen, Dan. V, 18. Dieſe theilet er oft wunderlich aus unter ſie. Den Duerftigen hebt er aus dem Staube auf den Ehren=Stuhl, 1. Sam. II, 8. Und den, der in hohen Ehren ſitzt, ſtuertzt er herab auf dıe Erden, Jerem. XIII, 18. Da heiſt es: Sa= get dem Koenıge und der Koenıgin, ſetzt euch herunter, denn die Crone der Herrlichkeit iſt |euch von eurem Haupte gefallen, Jer. [196] XIII, 18. Da wird denn GOttes Drohung erfuel= let: Ich will ihre Ehre zuſchanden machen, Hoſ. IV, 7. Das macht, daß ſie dieſen Tag uebel anwenden. Wenn ein Saul auf ſeine Ehre hoch= muethig wird, gereichet ihm dieſer Tag zu einem Tage des ewigen Todes, 1. Sam. XV, 26. Menſch! ſoll dirs wohl gehen? Lerne dich wohl in dieſen Tag ſchicken.Der Vierdte denckwuerdige Lebens=Tag iſt der Freuden=Tag. Dieſen goennet GOTT den Menſchen gern. Auch iſt dem Menſchen nichts beſſer, als eſſen und trincken, und daß ſeine Seele guter Dinge ſey in ſeiner Arbeit, Pred. II, 24. Aber, Menſch! Deines Schoepfers darfſt du dabey nicht vergeſſen. Den Freuden=Becher darfſt du nicht gar biß auf den Boden auszechen. Seculi laetitia eſt impunita nequitia. Nein! Dem Koe= nige Belſazer, und dem reichen Manne iſt die luſtige Zeche theuer gnug angeſchrieben worden, Luc. XVI, 23. Ne quid nimis, luſtiger Bruder! es duerfte ſonſt auf ein Lami hinaus gehen. Die Comoedie duerfte in ein Tragoedie verwandelt werden, Klagl. V, 15. 16. Es duerfte auf dieſen Wein weinen; und auf die Freud Leyd folgen, Spruechw. XIV, 13. Das merck.Der Fuenfte Tag iſt der Gluecks=Tag. Den goennet GOtt gleichfalls vielen Menſchen in der Welt. Deſſen Kammern voll ſeyn, die heraus geben koennen einen Vorrath nach dem andern, Pſalm. CXLIV, 13. iſt ein glueckſeliger Menſch. Ein ſolcher beglueckter Mann war Abraham. Er war reich vom Viehe, Silber und Gold, 1. B. [197] Moſ. XIII, 2. Jacob ingleichen, 1. Moſ. XXX. 43. Salomo war groeſſer mit Reichthum, denn alle Koenige, auf Erden, 1. B. Koen. X, 23. Da= vid ſtarb voll Reichthums und Ehre, 1. B. Chron. XXX, 28. Schade nur, daß mancher Menſch ſolchen Reichthum mit Suende braucht. Zur Pracht, Hoffarth und Uppigkeit anwendet; wohl gar Abgoetterey damit treibet, Hiob XXXI, 24. Ach Reicher, laß dieſen gueldenen Staub dir die Augen nicht blenden. Es gehet ſo ſchwer her, daß ein Reicher ſelig werde, Marc. X, 13. Zeitlich reich, ewig arm. Das GOtt erbarm! Drum celebrire ja deinen Gluecks=Tag kuenftig beſſer als du bißher gethan.Der Sechſte Tag, ſo fuer andern denckwuer= dig, und wohl zu beobachten, iſt der Buß=Tag. Dieſer ſolte billig alle Tage angeſtellet werden. Jedes Chriſten Morgen=Seuftzer ſolte ſeyn: Heut gedenck ich an meine Suende, 1. B. Moſ. XLI, 9. Chriſti Zuruf: Thut Buſſe! Matth. IV, 17. ſolte unſern Ohren ein taeglicher Stunden=Wecker ſeyn. O Suender! Buſſe iſt das noethigſte Stueck deines Lebens. Warum ſchiebeſt du dieſe auf? Du wirſt alt bey guten Ta= gen, und erſchrickſt kaum einen Augenblick fuer der Hoellen, Hiob XXI, 13. O weh! wie iſt dir geſchehen? Getroeſteſt du dich auf des Schaechers Glueck? Luc. XXIII, 43. Es kan dir fehlen. Biß aufs Tod=Bette warte nicht. Kriegt der Teuf= fel die Bluethe? ſo verlangt GOtt die Hefen auch nicht. Poenitentia ſera raro eſt vera. Heut iſts Zeit, Hebr. III, 8. Folge meinem Rath. Thue [198] Buß alle Tage, ſo biſt du bereit auf den letzten Tag.Bemerck auch wohl den Sıebenden Tag. Welches der? Der Creutz= und Leidens=Tag. Lern dich wohl in dieſen ſchicken. Du ſprichſt: Den feyre ich leyder alle Tage. Das ıſt gut. Ich ſchlieſſe daraus, daß du ein Kind GOttes biſt, Offenb. III, 19. Sey nur fein gedultig dabey Syr. II, 4. Chriſtianum eſt pati. 2. Tim. III, 12. Truebſal ıſt der feurige Wagen, ſo die Seele nach dem Himmel zu fuehret. Was mur= reſt du denn bey deinem Creutz? Gratulire dir, daß dich GOtt damit heimſuchet. Es ıſt ein Zeichen ſeiner Liebe gegen dir, Spruechw. III, 12. Wie nenneſt du ihn? Eınen Tag der Truebſal und Angſt. Ja! aber dieſe Truebſal fuehret dich in Freuden=Saal, 2. Corinth. IV, 17. Die hier des Leidens viel haben, ſollen dort reichlich getroeſtet werden, 2. Cor. I, 5. Arbeit muß vor= her gehen, ehe die Ruhe folget, Offenb. Joh. XIV, 13. GOtt beſtimmt erſt den Dıenſt, her= nach den Lohn, Matth. XX, 2. Erſt den Kampf, hernach den Sieg, 2. Timoth. IV, 7. Erſt die Thraenen, hernach das Wiſchtuch, Offenb. Joh. VII, 16. Erſt das Leıd, hernach die Freud, Joh. XVI, 20. Erſt den Streıt, hernach die Crone, 1. Cor. IX, 24. Erſt das Trauren, hernach das Troeſten. Luc. VII, 13. Erſt den Tod, hernach das Leben, Joh. XI, 25. Troeſte dich nur. Auf dieſen Creutz=Tag folgt endlich
|| [199]
Der Achte und letzte. Welches der? der Sterbe=Tag. O erwuenſchter Tag! Mein Geiſt ſamt Seel und Leib freuet ſich darauf. Dieſer letzte iſt beſſer, als der erſte. Salomo geſtehet es ſelbſt: Der Tag des Todes iſt beſſer, weder der Tag der Geburt, Pred. VII, 2. Mein Chriſt! dieſes Tages erinnere dich ſtets mit Freuden. Warum? Der Tod iſt eine Bruecke. Biſt du hinueber, denn gelangeſt du an den Ort, wo kein Tod mehr iſt, ſondern ein ſtets waehrendes Leben. Laß dich ja die Sicher= heit nicht einnehmen. Es ſchleichet immer eines nach dem andern dahin. Die Reihe trift dich auch. Alle Minuten koemmſt du einen Schritt naeher zum Grabe. Lebe nicht, als haetteſt du einen Bund mit dem Tode gemacht, Eſa. XXVIII, 15. Er iſt nicht treu. Er duerfte dich unvermu= thet erwuergen. Sterben iſt meın Gewinn. Philipp. I, 21. Gen Himmel ſteht mein Sinn; Ach! waer ich doch dahin. Ich verlang bey dir zu ſeyn, JEſu hohle mich bald heim. Mein Chriſt! Gedenck ſtets an dieſe Acht denckwuer= dıge Lebens=Tage. Bedenck dabey das En= de, ſo wirſt du nimmermehr Ubels thun, Syr. VII, 39.
Bedencke wie du wollſt diß Lebens=Jahr be= ſchlieſſen, Und einſt ein neues Jahr im Himmel dort begrueſſen.
|| [200]

VI. Der GOtt=wohlgefaellige Lebens=Wandel.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: 1. B. Moſ. XVII, 1.
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ICh bin der allmaechtige GOTT. Wandle fuer mir und ſey fromm.WIe wird ein Juengling ſeinen Weg unſtraeflich gehen? Eine ſelige Be= kuemmerniß. Lieber Juengling! viel= leicht wilſt du mit dieſem neuen Jahre einen neuen und GOtt wohlgefaelligen Lebens= Wandel anfangen? Ja. Bleibe bey dem Vorſatz. Wie du es machen ſolſt ſagt dir Da= vid. Wie denn? wenn du dich haeltſt nach GOttes Wort. Pſ. CXIX, 9.Der allmaechtige GOtt ſtellet dir fuer ſeine All= gegenwart. Bin ich nicht ein GOtt der nahe iſt, ſpricht der HErr, und nicht ein GOtt der ferne ſey? Jer. XXIII, 23. In Anſehung deſſen, ſollſt du einen unſtraeflichen Wandel fuer ihm fuehren. GOttes Wort aber iſt die Vorſchrift, die dir den Weg zeiget, den du wandeln ſollſt. Sieh ein wenig auf deine Wege zurueck. Betrachte, was fuer Stege du betretten. Der groeſte Haufe der Welt wan [201] delt in Eitelkeit, Hiob XXXI, 5. Dem ſind wir beyde nachgefolgetSeh ich meinen vorigen Wandel an? wahrlich ſo erſchreck ich, daß mir die Lenden ſchuettern, Dan. V, 6. Mein Wandel hat heßliche Wan= del. O Jugend! wo iſt blieben die Tugend? O theure Frueh=Stunden! wie ſeyd ihr in Ei= telkeit verſchwunden! Gedenck ich an die Got= tesfurcht des jungen Samuelis, 1. Sam. III. 4. An den unſtraeflichen Jugend=Wandel Da= vids, 1. Sam. XVI. Koeniges Salomonis 1. Chron. XXII, 5. des jungen Obadja, 1. B. Koenig. VIII, 3. Johannis des Taeuffers, Luc. I, 15. und des jungen Timothei, 2. Tim. III, 15. ſo tretten mir die bittern Thraenen in die Au= gen. Warum? Weil keine ſolche Gottesfurcht bey mir geweſen. Was fuer einen GOtt gefaelli= gen Jugend= und Tugend=Wandel haben dieſe nicht gefuehret? Halt ich meinen dargegen, was erblick ich? Licht und Finſterniß. Meine Got= tesfurcht iſt bloß Heucheley geweſen, Syr. I, 34.Moſes hat mir fuergeleuchtet mit Sanft= muth. Ich bin ihm nie nachgefolget. Joſeph iſt mir fuergegangen mit Keuſchheit. Noah mit Gerechtigkeıt, und Stephanus mit Standhaftigkeit. Keinem bin ich nachgegan= gen. Die Hanna hat mich beweget zur Froem= migkeit; die Tabea zur Barmhertzigkeit, und Joſias zur Gottſeligkeit. Wer hat ſich dazu bewegen laſſen? Abraham zeigte mir ſei= nen Glauben; Hiob ſeine Gedult, und Pau= lus ſeine Demuth. Dieſen Tugenden allen [202] habe ich mich widerſetzet. David, der Schae= cher, der Zoellner und Petrus mahneten mich an zu einen bußfertigen Leben. Ich bin aber ohne Buſſe und Beſſerung viele Jahre dahin gegangen. Solte GOtt einen Wohlgefallen an dieſem Lebens=Wandel gehabt haben.O Juenglıng! Juengling! ich hoer du haſt gewandelt auf einem Wege, der nicht gut iſt, Eſa. LXV, 2. Dein Hertz iſt eine Herberge vieler Laſter geweſen. Deine Augen haſt du auf verbortene Dinge gerichtet; ja gar Augen voll Ehebruchs gehabt, 2. Petr. II, 14. Dein Ohr haſt du zu boeſen Geſchwaetz geneiget; hin= gegen ſolches fuer der Stimme GOttes zuge= ſtopft, wie eine taube Otter, Pſalm LVIII, 5. Deine Lippen haſt du laſſen falſch reden, Pſ. XXXIV, 14. Mit deiner Zungen haſt du ver= leumdet, Pſ. XV, 3. Dein Mund iſt gewe= ſen voll Fluchens und Bitterkeit, Pſ. X, 7. Deine Haende voll Bluts, Eſa. I, 15. Mit den Fueſſen biſt du behend geweſen Schaden zu thun, Spruechw. VI, 18. Alle Glieder deines Leibes haſt du begeben zum Dienſt der Unreinigkeit, und von einer Ungerechtigkeit zu der andern, Rom. VI, 19.O bekehre dich, und beßre deinen Wandel, Jer. XXXV, 15. Es ſcheint, mein Freund! ob waere der dein Feind, der es mit dir lange gut gemeint. GOttes Auge ſiehet alle deine Wege und Stege, Jer. XVI, 17. Tritt zurueck, ehe koemmt Unglueck. Ich bin der allmaechtige GOtt, wandle fuer mir, und ſey fromm, [203] 1. B. Moſ. XVII, 1. Heut, da du dieſe Stim= me des HErrn hoereſt, ſo verſtocke dein Hertz nicht, Hebr III, 8. Es iſt genug, daß du die vergangne Zeıt des Lebens zubracht haſt nach Heydniſchen Willen, da du wandelteſt in Unzucht, Lueſten, Trunckenheit, Freſſerey, Saeufferey und greuli= chen Abgoettereyen, 1. Petr. IV, 3.Du ſeuftzeſt: O GOtt! daß mein Le= ben deine Rechte mit gantzem Ernſt hiel= te! Pſ. CXIX, 5. O daß mein Wandel moechte heilig und erbarlich ſeyn! Rom. XIII, Hoer! ich will dir den GOtt=gefaelligen Lebens Wandel kuertzlich aus GOttes Wort zeigen. Hier ſolſt du Hodoſophiam in nuce aus der Heil Schrift ſehen. Meine Bitte iſt fuer allen, ja nicht traege zu ſeyn in dem Wercke der Seeligkeit, Philipp. II, 12. Die Zeit iſt kurtz, 1. Cor. VII, 29. Jetzt iſt der Tag des Heyls, 2. Cor VI, 3. Wuercke, ſo lange es Tag iſt; es kommt die Nacht, da niemand wuer= cken kan, Joh. IX, 4.Wie ſoll ich aber auf die Zukunft des Tages des HErrn mit heiligen Wandel und gottſeeli= gen Weſen geſchickt ſeyn? 2. Petr. III, 11. Vor allen Dingen ſtelle dich der Welt nicht gleich, Rom. XII, 2. Biſt du arm und gering? Bleib immer in deinen Huettgen und ſchlechten Kleidern. Wickle deinen Willen mit Gedult in das Schweiß=Tuch Chriſti. Schaeme dich nicht mit bloſſen Fueſſen, in Schmach, Verach= tung und Demuth demjenigen nachzufolgen, der von Hertzen demuethig geweſt, Matth. XI, 29. [204] Vergueldet dir das zeitliche Glueck die Fe= dern? ſo brueſte dich nicht wie ein fetter Wanſt, Pſalm LXXIII, 7. Bedencke daß es bloſſe Federn, die geſchwind vom Wind dahin gehen.Sieheſt du Arges in der Welt? ſo haſſe es, Rom. XII, 9. Huete dich, daß du in keine Suen= de willigeſt, Tob. IV, 6. Laß ſie nicht herrſchen in deinem ſterblichen Leibe, ihr Gehorſam zu lei= ſten in ihren Lueſten, Rom. IV, 12. Wandle in Einfaeltigkeit und goettlicher Lauterkeit, 2. Cor. I, 12. Nimm deine Vernunft gefangen unter dem Gehorſam CHriſti, 2. Corinth. X, 5. Laß dein Glaubens=Licht leuchten fuer den Leuten, Matth. V, 16. Halt fleißig des HErrn Sab= bath, 2. Buch. Moſ. XXXI, 13. Fuerchte GOtt, und halte ſeine Diener in Ehren, Syrach VII. 31. Halt deinen Leib rein und unbefleckt, 1. Theſſal. IV, 4. Ube dich zu haben ein unverletzt Gewiſſen; Apoſt. G. XXIV, 16. Befleißige dich der Demuth, 1. Petr. V, 5. Habe Ge= rechtigkeit lieb, B. Weißh. I, 1. Vertheidige die Wahrheit biß in Tod, Syr. IV, 33. Halt veſt an deiner Froemmigkeit, Hiob. II, 3. Ja= ge nach der Gottſeelıgkeit, 1. Timoth. VI, 11. Halt Treu und Glauben, Eſa. XXXIII, 8. Liebe einen treuen Freund; Er iſt mit keinem Gelde zu bezahlen, Syrach. VI, 15. Sey barm= hertzig, und liebe deinen Nechſten als dich ſelbſt, Marc. XII, 33. Inſonderheit deine Feinde, und bitte vor ſie, Matth. V, 44. Vergieb de= nen, die dir was zu leyde gethan, Syr. XXVIII, 2. [205] Iſts moeglich? halt mit allen Menſchen Friede, Rom. XXII, 18.Im Handel und Wandel ſey ehrlich, 1 Theſſ. IV, 4. Bleibe in deinem Beruf, Syr. XI, 23. Iß dein Brod im Schweiß des Angeſichts, 1. B. Moſ. III, 19. Laß ſolches auch ueber das Waſ= ſer fahren, Pred. XI, 1. Laß dir begnuegen an dem, das da iſt, Hebr. XIII, 5. Wohne bey dei= nem Weibe mit Vernunft, 1. Petr. III, 7. Zieh deine Kinder auf in der Zucht und Vermah= nung zum HErrn, Epheſ. VI, 4. Sey unterthan der Obrigkeit, Roem. XIII, 1. Gib dem Kaeyſer, was des Kaeyſers iſt, Matth. XXII, 21. In dei= nem gantzen Leben ſey ein gut Fuerbild deinem Nechſten, 1. Tim. IV, 12.In allem, was du thuſt, habe GOtt fuer Au= gen und im Hertzen, Tob. IV, 6. Bete ſtets in allem Anliegen, Eph. VI, 18. Trag dein Creutz gedultig, Syr. II, 4. Beichte GOtt fleißig dei= ne Suenden, Pſ. XXXII, 5. Genieß oefters das hochwuerdige Abendmahl, Luc. XXII, Bekenne Chriſtum oeffentlich mit Worten und mit Wercken, Luc. XII, 8. Ließ fleißig die Heil. Schrift, Joh. V, 39. Laß diß Buch nicht von deinem Munde kommen, ſondern betrachte es Tag und Nacht, auf daß du halteſt und thuſt allerdinge nach dem, das drinnen geſchrieben ſtehet. Alsdenn, wird dirs gelingen in allem, das du thuſt, und wirſt weißlich handeln koennen, Joſ. I, 8. Siehe wohl zu, daß du nicht am Glauben Schifbruch leideſt, 1. Tim. I, 19. Strecke die Haende deines Verlangens ſtets nach [206] dem, das droben iſt, da Chriſtus iſt, Coloſſ. III, 2. Und bedencke allezeit das Ende, ſo wirſt du nim= mermehr Ubels thun, Syr. VII, 39. Hier haſt du die kurtze Vorſchrift eines GOtt=gefaelli= gen Tugend=Wandels. Lege ſie dieſes und die uebrigen Jahre deines Lebens nie von dir. Die nach dieſer Regel einher gehen, ueber die ſey Friede und Barmhertzigkeit, Gal. VI, 16.
Sollt etwa dieſes Jahr, mein GOtt, das letzte ſeyn, So richte meinen Gang und Wandel alſo ein, Daß ich das Neu=Jahr moeg’ im Himmel mit anfangen, Und zu der groſſen Schaar der Seeligen ge= langen.
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Die Wiege u ̅ nd der Sarg mein erſt’ ŭnd letztes Haŭß Wasſolt’ der Pracht=Pallaſt? ich mŭß offt bald heraŭs. 7.
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Der Hertzerquickenden Blumen und Gemuethslabenden Aepfel Siebende Schale.
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I. Der allernoethigſte Bau.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Eſa. XXXVIII, 1.
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BEſtelle dein Hauß, denn du muſt ſterben.BAuen hat ſeine Zeit, Pred. Sal. III, 3. Lieber Salomo! Jetzt ge= ſchiehets zur Unzeit. Der Feind draen= get und ſenget. Warum reichet man ihm denn noch Holtz und Stroh dar? Er reiſſet die beſten Feſtungen, ſchoenſten Staedte und praechtigſten Pallaeſte darnieder. Warum [208] richtet man ihm denn ſolche noch immer mehr und mehr auf? Wie der Bau ſeine Zeit, ſo hat er auch ſein Maſe. Jetzt geſchieht der Bau von vie= len zum Schau; Uber Macht, bloß zum Pracht.Was hat Bauen fuer Zeit? Wenn es Noth thut. Hat der es wohl noethig, der ſo viel Zeit und Mueh zum Niederreiſen, als Aufbauen anwen= det? Ich ſeh es nicht. Doch, hat er es nicht, ſo hat es der Eſtat noethig. Ich tadle nicht, daß zum Zierrath einer beruehmten Stadt praechtige Gebaeu= de aufgefuehret werden. Man laſſe nur die Klug= heit, und nicht die Thorheit den Bau=Meiſter abgeben. Will ein Ictinus und Callicrates ſei= ne Kunſt dran ſehen laſſen? Er laſſe nur aergerliche, auch heidniſche Goetzen=Bilder hinweg. Solchen Pallaeſten iſt GOtt gram, Amos. VI, 8.Schnoeder Erden=Gaſt! Was iſt dein Pal= laſt? Eine Sorgen=Laſt. Weg damit! Behalt was du haſt. Er giebt mir wenig Raſt. Bau du; Trau du. Ich nicht. Mein irrdiſch Hauß dieſer Huetten moechte bald zerbrechen, 2. Cor. V, 1. Ich will daher vor den Bau meines letzten Hauſes Sorge tragen. Thorheit, daß viele all ihr Tich= ten auf unnoethiges Bauen richten: auf den aller= noethigſten Bau aber keinen eintzigen Gedancken haben.Groſſer komm her, und Kleiner hoer mir zu. Wir haben alle zwey Haeuſer auf der Welt. Dieſe mueſſen wir alle beziehen. Wir bauen und beſtellen ſie aber nicht ſelbſt. Aus dem Erſten wandern wir zum Andern. In beyden ruhen wir ſehr wohl. Doch iſt das andere und letzte Hauß das beſte. Ra [209] the einmal, was ſind dieſes fuer Haeuſer? Zerbrich den Kopf nicht. Es iſt die Wıege und der Sarg Dieſe Haeuſer beſtellen wir uns nicht! viel weniger. bauen wir ſie ſelbſt. Beyde mueſſen Hohe und Niedrige beziehen. Die Geburt logiret uns ins Erſte. Der Todt ins Andere. Das letzte das beſte. Warum? Die Wıege giebt nicht Ruhe zur Gnuege, Hiob. XIV, 1. Aber des Sarges Truhe, ſchaft volle Ruhe, Eſa. LVII, 2. Wer denckt doch in dieſer Unruhe an den Bau dieſes Ruhe=Hauſes? Jener ließ ſein Ecbataniſches Hauß aus lauter ſilbern Ziegeln mauren. Mem- non ließ zu der Burg in Suſa an ſtatt des Eiſens das beſte Gold brauchen. Ob beyde dabey an das Todten=Hauß gedacht, iſt ſehr zu zweifeln.Beſtelle deın Hauß, dann du muſt ſterben, Eſa. XXXVIII, 1. So ruft dir jetzt der Prophet zu. Was erſchrickſt du? Ich mercke, du ant= worteſt dieſen Bothen heimlich, wie Jacob dem Ahilmaatz: du bringeſt mir keine gute Both= ſchaft, 2. Sam. XVIII, 20. Ach! ſinn der Sa= che beſſer nach. Die Feuers=Glut und Waſſers= Fluth reißt oft die ſchoenſten Gebaeude darnieder. So jagt auch viele der Feind zum Hauß hinaus. In dem Todten=Hauß biſt du fuerwahr auſſer al= ler Gefahr. Auf Erden biſt du geplagt taeglich, und deine Strafe iſt alle Morgen da, Pſ. LXXIII, 14. Unter der Erden iſt weder Klage noch Plage. Du biſt in deinem Leben ſtets kranck und ſieg. Der Tod iſt ja beſſer als ein ſieg Leben, Syrach, XXX, 17. Dein Leben ein Streit, Hiob. VII, 1. Ver= langeſt du denn nicht ???einmal das Ende dieſer [210] Streit=Tage. Joſeph freuete ſich hertzlich, als ihm ein Bothe die Erloeſung aus ſeinem Gefaeng= nueß ankuendigte, 1. B. Moſ. XLI, 14. Hier liegſt du auch gefangen auf Hofnung, Zach. IX, 12. Solteſt du nicht Urſach zu ſeuftzen haben: Wer wıll| mich erloeſen von dem Leibe dieſes To= des? Rom. VII, 24. Iſt dein Leben voller Unruhe, Hiob. XIV, 1. Der Todt verſetzt dich in diee wige Ruhe, B. Weiß. IV, 7. Er beglueck= ſeeliget niemand mehr, als die Unglueckſeeligen.O Tod! wie bitter biſt du! Syr. XLI, 1. Traurigs Hertz! verſueſſe dieſen Schmertz. Was willſt du ſcheuen die Todtes=Reyhen? Ohne Ver= druß, was einmal ſeyn muß, Syr. XIV, 18. Es predigen dir ja den Tod ſchon alle Glieder deines Leibes. Deine Kopf=Schmertzen, Huſten und Podagra ſprechen: Beſtelle dein Hauß, denn du muſt ſterben. Beſtelle das Hauß deiner Seelen und des Leibes. Schmuecke es aus mit wahrer Buſſe und Glauben. Sey in Zeit bereit, der Tod und das Gericht iſt nicht weit. Laß dei= ne Lenden umguertet ſeyn, und deine Lichter bren= nen, und ſey gleich denen Menſchen, die auf ihren HErren warten, Luc. XII, 35. Kaeyſer Maxi- milianus I. fuehrte ſeinen Sarg ſtets auf der Reiſe mit ſich herum. Fuerſt Wolfgang von Anhalt, hatte ſeinen Sarg gantzer 15. Jahr vor ſeinem Tode, vor dem Bette ſtehen. Ein Gelehrter ließ ſich und ſeiner Familie vor wenig Jahren auf dem GOttes=Acker ein Todten=Hauß bauen. An die= ſes ließ er mahlen, erſtlich einen Todten=Kopf, mit dem Beyworte: Tale donum. Zum an [211] dern einen abgebrochenen Apfel, mit der Bey= ſchrift: Dedit pomum. Endlich hat er ueber die Thuer des Hauſes dieſe Worte ſetzen laſſen: Para domum. Ein ſchoener und noethiger Bau. Wer den Bau ſeiner Seelen auch alſo anſtellet, der thut wohl.Das Para domum liegt mir ſtets im Sinn. Wo ich geh und ſtehe duenckt mich, ich hoere den Propheten ruffen: Beſtelle dein Hauß. Die= ſer Bau iſt noethig. Ich will Anſtalt dazu machen. Ich weiß GOtt wird mich dem Tode ueberant= worten, da iſt das beſtimmte Hauß aller Lebendi= gen, Hiob XXX, 23. Es giebt Haeuſer, in denen das Glueck; andere, in denen das Unglueck erblich iſt. Hier in meiner Wohnung, ſo praechtig ſie auch ſeyn moechte, erlebe ich nichts denn Unglueck: In des Todes Hauſe wird erſt mein Glueck zu blue= hen anfangen. Da wird die Seele in die ſchoene Wohnung des Himmels gelangen. O wie freuet ſich Hertz und Geiſt dahin!Der Syneſiſche Kaeyſer Hiavus ließ ſich einen Pallaſt aufrichten von lauter wohlriechenden Holtzwerck, auf das kuenſtlichſte bereitet; Dieſes gab in die Fern einen lieblichen Geruch von ſich. Weit ſchoener und anmuthiger iſt das Gebaeu des Himmels. Dieſes iſt ein Hauß von GOtt er= bauet, das ewige iſt im Himmel. Uber demſelben ſehne ich mich nach meiner Behauſung, die vom Himmel iſt, und mich verlanget, daß ich damit ueberkleidet werde, 2. Cor. V, 2. In dieſen ſchmu= tzigten Huetten Kedar wird mir lang zu wohnen. Ich bin doch nur ein Fremdling in Meſech. Pſal. [212] CXX, 6. Wie ſchwartz? wie verbrand von der Sonnen bin ich daſelbſt worden? Hohel. I, 6. Himmliſcher Baumeiſter? Wenn ſoll ich doch dieſe Huetten ſamt der Wohnung ablegen? 2. Petr. I, 14. Wenn ſoll doch auf mein finſtres Ge= faengnueß ewige Freyheit folgen?Soll ich dieſes Elend noch laenger bauen? ſo will ich den Bau meiner Seelen fuernehmen. Ich bin ein lebendiger Stein. Ich will mich bauen zu ei= nem Geiſtlichen und GOTT wohlgefaelligen Hau= ſe, 1. Petr. II, 5. Auch mein Hertz widmen zu einem andaechtigen Bet=Hauß, Matth. XXI, 13. Jagt mich denn der Tod ins Sterbe=Hauß? Was mehr! dadurch verſetzt er mich in das ſchoene Hauß des Himmels. Da werd ich wohnen in Haeu= ſern des Friedens, in ſichern Wohnungen, und in ſtoltzer Ruhe, Eſ. XXXII, 18. Eya waere ich da!

II. Das Wehe der Ehe.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Syr. XXV, 2.
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EIn ſchoen Ding iſt, wenn Mann und Weib ſich wohl begehen.ABraham liebte die Sara, und Sara war Abraham gehorſam, 1. Petr. III, 6. Das mag eine vergnuegte Ehe geweſen ſeyn. Wie ſprichſt du? Ich habe uebel ge= freyet. Ich ſage: Ich habe wohl gefreyet. [213] Wie iſt es mit beyden kommen? Lieber! wir wollen einander unſern Eheſtand erzehlen. Du klageſt: Meine Freyt bringt mir ſchlechte Freud, lauter Hertzeleyd. Ich hoer es nicht gern. Aber, woran liegt es? Hat dir etwa GOTT deine Augen=Luſt genommen? Ezech. XXIV, 16. Ach! GOtt weiß von ihr nichts, und der Boeſe mag ſie nicht. Was nen= neſt du ſie meine Augen=Luſt? Alle Schande ſehe ich an ihr. Hader war gleich die erſte Blue= the. Scheltworte und Schlaege ſind nun die Fruechte. Was iſt hieraus entſtanden? Die Lıebe hat gute Nacht genommen; und noch die= ſe Stunde laeſſet ſich das Vertrauen durch Win= ſeln und Wehklagen zu Grabe ſingen.Wie, daß du dich ſo uebel fuergeſehen? Das weiß ich meinen Rathgebern, ſonderlich meinen Eltern Danck. Dieſe haben mich zu der Hey= rath genoethiget. Haetteſt du GOtt zu Rathe genommen; vielleicht waereſt du nicht in das Un= glueck kommen. Im Heyrathen iſts am beſten ſich ſelbſt rathen. Von Kupplern iſt nie was Gutes kommen. Auch hat der Eltern Zwang nichts denn Zanck in der Ehe erreget.Warum hat man dich gezwungen? Vielleicht iſt dein Weib reich geweſen? Dieſe Heyrath iſt heut ſehr beliebt; macht aber meiſt betruebt. Hats doch Syrach geſagt: Wenn das Weıb den Mann reich macht, ſo iſt da eitel Ha= der, Syr. XXV, 28. Ein ſolches Weib iſt ſtets ein bißiger Kader. Ach! im Heyrathen [214] ſeh ja niemand auf bloſſen Reichthum. Pulchre morata, laute dotata & ſatis ditata eſt. Als ich freyen wolte, richtete ich mich nach dieſem Versgen:
Si mea virgo pia eſt, ſat mihi dotis habet. Find ich bey meiner Braut ein fromm und keu= ſches Leben, Wolt ich den Mahlſchatz nicht fuer alle Schaetze geben.Oder iſt ſie eine ſchoene Rahel geweſen? Nicht jeder Vogel, der die ſchoenſten Federn, hat auch das ſueſſeſte Fleıſch. Die ſchwer vom Gewicht, ſchoen vom Geſicht, iſt nicht allemal gut vom Geruecht. Du wirſt doch nicht auf hohen Stand und groſſe Familie geſehen haben? Das iſt Thorheit. Solche Ehe iſt ſel= ten vergnuegt. Wilſt du gelehrt ſeyn? ſo ſtudire auch dieſes: Si vis apte nubere, nube pati. Wilſt du wohl freyen, laß dıch mit dei= nes gleichen trauen. Ungleiche Ehe, ziehet nach ſich manches Wehe. David erfuhr es. Wegen ſeines geringen Standes hatte er an ſei= ner Michal einen rechten hoehniſchen Teufel, 2. Sam. VI, 20.Kan ich denn die Urſach deines Ungluecks nicht errathen? Vielleicht haſt du dir ſelbſt das We= he ueber die Ehe gezogen? Haſt du dich nicht mit vielen andern oeffentlich verſprochen, und ſie her= nach ſitzen laſſen? Nein! das hab ich nie gethan. Vielleicht haſt du dich in deiner Jugend in allen Wolluſt=Pſitzen wacker herum gewaeltzet? Oder [215] haſt an deines Nechſten Thuer gelauret? Hiob XXXI, 9. Auch nicht. Ich mercke, du ſchrei= beſt alle Schuld der Mißvergnuegten Ehe deinem Weibe zu. Vielleicht iſt ſie verſchwenderiſch und verſoffen? Nein! mehr denn zu karg. La= ſters ſchon genug. Iſt ſie etwa eine unzuechtige Ahaliba? Sie hat gute Ruhe. Vielleicht iſt ſie ein ſtoltzet Pfau? Will gern alle neue Moden haben? Ach! was ſolt der Sau das gueldne Haarband? So muſt du ſie ihrer Heßlichkeit wegen nicht lieb haben? Bald errathen. Ich will es geſtehen. An meinem Weibe finde ich viele Laſter Dabey iſt ſie mir ſchon zu alt und zu kalt.O! ſitzt der Fehler hier? ſo wirſt du freylich ſchlechte Vergnuegung in deiner Ehe haben. Bey alten Weıbern, ſagte jener Engellaender, ıſt nie Juedıſch Oſtern. Sie ruehren keinen Sueßteıg, ſondern lauter Sauerteig ein. Das wirſt du jetzt auch erfahren. Anfangs haſt du gedacht, es ſey wohl getroffen; wirſt aber hernach mit Kopf=Kratzen innen worden ſeyn, daß ihr Weinſtock nicht von Bethlehem, ſon= dern des Gewaechſes von Sodom iſt, da die Trau= ben bitter, und ſaure Beeren haben, 5. B. Moſ. XXXII, 33. Gewiß genug werden eine Schaar geharrniſchte Maenner dieſe Heyrath geſtifftet haben? Geld, Muttergen, ich hab dıch lieb? Du haſt nun ihre Thaler gemeynt, mit ihr aber zu dalen nie Willen gehabt. Nun wun= dert mich nicht, warum du mit Hiob klageſt: Mein Weıb ſtellet ſich frembd, wenn ıch [216] ihr ruffe, Hiob, XIX, 17. Wird ſie dir nun nicht mit vielen Worten dein Elend fuerwerffen? Tob. II, 23. Du magſt nun immer ſeuftzen: Sel= ten Wohl und ſtetig Wehe, ıſt taeglich Brod ın meıner Ehe.Lıeber Ehe=Mann! Du haetteſt dich auch beſſer fuerſehen koennen. An einer boeſen Ehe iſt auch oft der Mann ſelbſt Schuld. Biſt du nicht aus bloſer fleiſchlicher Wolluſt in den Ehe= ſtand getretten? Was Wunder, daß nun der Asmodi und Ehe=Teufel Gewalt ueber dir be= kommen? Tob. IV, 17. 18. Haſt du nicht viel= mehr auf Ehre, Reichthum, Schoenheit und Jugend, als Tugend geſehen? Haſt du nicht viele Jahr deinen Eheſtand lediger Weiſe ge= trieben? Haſt du nicht fleißig mit frembden Weibern gehertzet? Spruechw. V, 20. Haſt du nicht manch Maedgen vor der Zeit zur Mutter gemacht?Nach deiner Arbeit nimm nun auch den Lohn. Wie du dir gebettet, ſo ſchlaffe nun auch. Zu Kom ſoll ein gewiß Hauß ſeyn fuer uebel verhey= rathete Weiber, die von ihren boeſen Maennern genommen, und dahin verſperret werden, biß ſie zuſagen, ſich friedlich und erbar mit einander zu begehen. In unſerm Lande haben wir kein ſolch Hauß; aber ein weit beſſers iſt das Grab. Wer ſein boeſes Weib dahin hat, der hat Ruhe und Friede, und eher nicht.Ein ſchoen Dıng iſt, wenn Mann und Weib ſich wohl begehen, Syr. XXV, 2. Ein erbaermliches aber, wenn ſie in boeſer Ehe ſte [217] hen. Ein fromm Weib iſt des Lebens Heyl, man findets aber ſelten feil. Bilibaldus Bircheime- rus machte ſeinem Ehe=Weibe dieſe Grabſchrift: Me nunquam niſi morte ſua turbavit: Sie habe ihn niemals, als mit ihrem Tode betruebet. Mancher Mann kan es umkehren, und von ſeinem verſtorbenen Weibe ſagen: Sie habe ihn nıemals, als mit ihrem Tode er= freuet. Ich hoer dich wohl ſeuftzen. Aber, was zuthun? Du muſt nun dieſe boeſe Sieben leiden biß ans letzte Scheiden.Ach! wohl dem Manne, der ein Tugendſam Weib hat! Syr. XXXVI, 1. Wohl dem Wei= be, die GOtt mit einem vernuenftigen Manne begabet. Wer eine fromme Ehefrau findet, der findet was Guts und kan guter Dinge ſeyn im HErrn, Spruechwoert XVIII, 22. Ein freund= licher Ehegatte iſt eine Freude in Traurigkeit; ein Labſal in Kranckheit; ein Reichthum in der Armuth; ein Ancker in dem Unglueck; eine Staercke in der Schwachheit, und eine Er= goetzlichkeıt in der Bekuemmerniß. Ich wuenſche allen Ehe=Leuten eine erfreuliche Ehe, wie des Auguſti und der Liviae; und eine geſegnete, wie des Abrahams und der Sara.Wer noch zu freyen hat, der ſehe ſich wohl fuer. Soll die Ehe kein Wehe nach ſich ziehen? ſo fan= ge man ſolche wohl an. Wie kan dis geſchehen? Man behalte in der Jugend ſeine Seele rein von aller boeſen Luſt, Tob. III, 17. Man erſuche GOtt um ein fromm Ehe=Gemahl, Tob. VII. 13. Man verlobe ſich mit keiner, ſo ungleicher [218] Religion. Solche Ehe iſt von GOtt verbo= then, 2. B. Moſ. XXXIV, 16. 5. B. Moſ. VII, 3. Man fange den Eheſtand an mit Con- ſens beyderſeits Eltern oder Vorgeſetzten. Non ſunt legitima matrimonia, ſaget Evariſtus, niſi ab his, qui ſuper ipſam foeminam dona- tionem habent, & à quibus cuſtoditur, peta- tur. A parentibus autem ſponſetur, legibus dotetur, ſuo tempore, ſacerdotaliter cum precibus benedicatur, aliter praeſumta, non conjuga, ſed adulteria. Man breche keine oef= fentliche und rechtmaeßige Verbuendniſſe. Man laſſe nicht copulam carnalem ante ſacerdota- lem hergehen; ich ſage: Man gehe nicht durch die Kammer in die Kirche, ſondern durch die Kirche in die Kammer. Man ſehe in der Wahl des Ehegemahls nicht bloß auf hohen Stand, Ehre, Reichthum und Schoenheit. Froemmig= keıt, Gottesfurcht, Erbatkeit, Keuſch= heit, Verſtand und Geſchicklichkeit nehme man zu Freyers=Leuten. Man ziehe auch ohne hoechſtdringende Noth die Privat-Copulation der oeffentlichen nicht fuer. Solte die Ehe un= gluecklich ſeyn, ſo duerfte hernach der Scrupel entſtehen, ob haette man ſich ſolche durch Ver= achtung des oeffentlichen Gottesdienſtes zu | ge= zogen. Bey Antrettung der Ehe verhalte man ſich, wie der junge Tobias mit ſeiner Braut, und fange alles mit Gebet an, Tob. VIII. In der Ehe wohne der Mann bey ſei= nem Weibe mit Vernunft, 1. Petr. III, 7. Die Weiber hingegen ſeyn unterthan ihren Maen [219] nern, als dem HErrn, Epheſ. V, 22. Ein fromm und tugendhaft Weib thut ihrem Manne liebes und gutes ſein Lebenlang; ihres Mannes Hertz darf ſich auf ſie verlaſſen. Spruechwoert. XXXI, 11. 12. Liebe und Einigkeit mueſſen das Ge= wuertz ihrer Speiſen ſeyn. So muß auch Ge= dult alles Wehe in der Ehe verſueſſen. Das Creutz bleibt bey Eheleuten nicht weg. Wie ſagt der Apoſtel? Die da freyen, die werden leiblıche Truebſal haben, 1. Cor. VII, 28. Wohl, wenn eines mit dem andern Gedult kan haben.Endlich muß matrimonium wohl obſerviren mutuum adjutorium. Der Mann leiſte dem Weibe die ſchuldige Freundſchaft, deſſelbigen gleichen das Weib dem Manne 1. Cor. VII, 3. Ein Freund kommt zu dem andern in der Noth, aber vielmehr Mann und Weib, Syr. XL, 23. Wer klug iſt, der fuehre alſo ſeine Ehe, ſo trift ihn weder zeitlich noch ewiges Wehe.

III. Die beſte Prediger= Methode.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: 1. Cor. II. 1. 4.
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DA ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten, oder hoher Weiß= heit, euch zu verkuendigen die goettliche [220] Predigt. Und mein Wort und meine Pre= digt war nicht in vernuenftigen Reden menſchlicher Weißheit, ſondern in Be= weiſung des Geiſtes und der Kraft.MOde=Prediger will die heutige Welt haben. Sie findet auch ſolche. Wenn jetzt eine Predigt nicht nach dem Schul=Sack riecht; kuenſtlich; diſponiret; nett elaboriret, mit allerhand Rhetoriſchen Blumen ausgezieret iſt, taugt ſie nichts. Das weiß der Candidatus und junge Prediger; drum legt er ſich bloß auf die Oratorie, und laeſt den eigentli= chen Senſum Textus ſamt den Sprachen fahren. Elender Menſch! miſerable Predigt!Ich ſprach juengſt einen alten academiſchen Freund zu, der kurtze Zeit im Predigt=Amte ge= weſen. Dieſen traf ich eben bey Elaborirung einer Predigt an. Ich ſahe, wie er vor ſich lie= gen hatte den ſo genannten gelehrten Kirchen= Redner. Mich wunderte, was er daraus klau= ben wolte. Nebſt dem lagen Pentata Evange- lica, und die Homiletiſche Kunſt=Quellen. Was vor eine Diſpoſition daraus gefloſſen, kon= te damals nicht erfahren. Dabey lagen zu nechſt dem Concept ein Band Excerpta aus denen Engellaendern. Daraus ſolte, wie ich glaubte, die Predigt recht geſpicket und geſchmuecket wer= den. Lieber GOTT! dacht ich bey mir ſelbſt, ſo holen die Ober=Sachſen ihren Cantzel=Schmuck erſt aus Engelland? Dabey lagen um den Stu [221] dier=Tiſch ringſt herum unzehliche Chronicken und Poſtıllen, aus deren jeder er ein Maul voll heraus ſtahl.Armer Baeren= .. Poſtillen=Reuter! was ſoll der Bettel=Schmuck beym Worte GOttes? Haben Chriſtus und die Apoſtel auch ſo gelehret? Chriſtus predigte einfaeltig denen Einfaeltigen. Er thate ſeinen Mund auf, in Gleichniſſen, Matth. XIII, 35. So kam auch Paulus nicht mit hohen Worten oder hoher Weißheit, ſon= dern einfaeltig und geiſtreich, 1. Cor. II, 1. Es gefaellt GOtt nicht durch oratoriſche, ſondern durch thoerichte Predigten ſelig zu machen, die da= ran glauben, 1. Cor. I, 21. Poſtillen=Naeſcher ſind Waeſcher. An allzuvielen Hiſtorien werden ſie zu Thoren. Sie ſehen aufs Wort, und verſe= hen das Volck.Ich habe gelehrte Zuhoerer, ſprichſt du. So hoer ich; dieſe ſollen ſatt werden, jene aber hungern. Du biſt ein Schuldner beyde der Wei= ſen und Unweiſen, Rom. I, 14. Hoer was Lu= therus ſpricht: Alle deine Predigten ſollen aufs einfaeltigſte ſeyn, und ſieh nicht auf den Fuerſten, ſondern auf die Einfaeltigen, albern, und groben und ungelehrten Leute, welches Tuchs auch der Fuerſte ſeyn wird. Man muß nicht predigen und tapfer her ſcharren mit groſſen Worten; praech= tig und kunſtreich, daß man ſehe, wie man gelehrt ſey, und ſeine Ehre ſuche; o nein! hier gilts nicht. Man ſoll ſich richten nach den Zuhoerern, und es fehlet gemeiniglich allen Predigern, daß ſie predi= gen, daß das arme Volck gar wenig daraus ler [222] net. Wenn ich auf die Cantzel komme, ſagte Lu= therus weiter, ſo gedencke ich nur den Knechten und Maegden zu predigen, um D. Jonas oder Philippus, oder um der gantzen Univerſitaet wil= len, wolte ich nicht einmal auftretten, denn ſie koennen ſonſt in der Schrift wohl leſen. Wenn man aber den Hochverſtaendigen predigen will, und eitel Rabbinos, Griechiſche, Lateiniſche Vers und Meiſter=Stueck herauswerffen, ſo ſtehet das Volck gleich wie eine Kuhe. Den gemeinen Mann muß man nicht mit hohen ſchweren Dingen und verdeck= ten Worten lehren, denn er kan es nicht faſſen. Es kommen in die Kirche arme kleine Kinderlein, alte Frauen und Maenner, denen iſt hohe Lehre nichts nuetz, faſſen auch nichts davon, und wenn ſie ſchon ſagen: Er hat koeſtlich Ding geſagt, und eine gute Predigt gethan. Da man ſie aber fragt: Was war es denn? ſo ſagen ſie, ich weiß es nicht. Man muß den armen Leuten weiß, weiß; ſchwartz, ſchwartz ſagen, aufs allereinfaeltigſte, wie es iſt, mit ſchlechten deutlichen Worten, ſie faſſens den= noch kaum.Der weiſe Agur ſaget: Es iſt eine Art, die ihre Augen hoch traeget. und ihre Augen= Lieder empor haelt, Spruechw. XXX. Mode= Prediger! darunter gehoereſt du auch mit. Deine Predigten lehren es. Aus dem Munde flieſſet Oratoria; mit deiner Hand ſchwingeſt du fleißig deine Oratoria. Das ſind alles Zeichen deines ei= genen Wohlgefallens. Du ſucheſt Ehre durch die Lehre. Schaeme dich. GOTT haſſet die Zunge, die da ſtoltz redet, Pſalm. XII, 4. An groſſen [223] Wort=Gepraenge auf der Cantzel, hat GOtt einen Greuel. Du ſolſt predigen utiliter, non ſubtiliter. Gedencke doch an Pauli Worte: Wenn ich Menſchen gefaellıg waere, ſo wae= re ich Chriſti Knecht nıcht, Gal. I, 10.Du biſt ein Hirte der Schaafe Chriſti, Epheſ. IV, 11. Dieſe Heerde, ſo dir befohlen iſt, ſolſt du weyden, 1. Petr. V, 2. Ich frage dich: Hat ein Hirt nicht Rechnung fuer die Schaafe zu thun, die er auf einer magern Weyde Hungers ſterben laeſſet? Seelen=Hirt! wie getraueſt du dirs zu ver= antworten, wenn du mit hohen Worten und Menſchlicher Weißheit nichts baueſt; denen ar= men hungerigen Seelen keine Kraft und Troſt ins Hertz predigeſt, ſondern ſie bey vielen unnuetzen Geſchwaetze verderben laeſſeſt? Setzet denn eine lieb= reiche Mutter ihren zarten Kinde Geſottens und Gebratens fuer? Nein! ſie naehret es mit Milch und Brey. Du haſt in deiner Gemeine viele Kin= der am Verſtande. Was fuelleſt du ihnen denn die Ohren mit hohen Sachen; mit ſchweren und ſubtilen Reden? Lege ihnen doch fein ſchlecht und recht den Text aus. So kanſt du dich, und die dich hoeren, ſelig machen, 1. Tim. IV, 16. Mit klugen Worten macheſt du das Creutz Chriſti zu nichte, 1. Cor. I, 17. Wehe euch Hirten, die ihr die Heerde meiner Weyde umbringet, ſpricht der HErr, Jerem. XXIII, 1. Das Wort GOttes iſt lebendig und kraeftig, Hebr. IV, 12. bedarf alſo nicht, daß es mit prahleriſchen Worten lebhaft gemacht werde. Es ıſt ſueſſer, denn Honig und Honigſeim, Pſ. CXIX, 103. [224] Darf alſo nicht erſt mit menſchlicher Weißheit verſueſſet werden. Es iſt eine Leuchte auf aller Menſchen Wegen, Pſalm CXIX, 105. Iſt alſo nicht noethig, daß ihme ein Licht und Fa= ckel angezuendet werde.Laß es die Paebſtler verantworten, die de= nen armen hungerigen Seelen nichts denn Maehr= gen und Fabeln mit hohen Worten fuerpredigen. Redeſt du auf der Cantzel? ſo rede es als GOt= tes Wort, 1. Petr. IV, 10. Was du hoereſt vom HErrn Zebaoth, dem GOtt Iſrael, das verkuendige, Eſa. XXI. Sage nichts auſſer dem, das die Propheten geſagt haben, daß es geſche= hen ſolt und Moſes, Apoſt. G. XXVI, 22. Die goettliche Thorheit iſt doch weiſer, denn die Men= ſchen ſind, und die goettliche Schwachheit iſt ſtaeecker, denn die Menſchen ſind, 1. Cor. I, 25. Was ſind die Rhetoriſchen und Orientaliſchen Formeln? Verba. Ein bloſſer Schall; leere Paucken. Befleißige dich einer geiſtlichen Wohlredenheit.Antonius de Padua ſoll ein vortreflicher Pre= diger geweſen ſeyn. Seine Worte waeren wie feurige Pfeile in der Menſchen Hertzen gedrun= gen. Es ſollen ſich oft ueber dreyßig tauſend Menſchen verſammlet haben; aus Begierde ihn zu hoeren. Wie dieſes? Vielleicht hat er auf der Cantzel mehr Ciceronem als Salomonem imitiret? Keines weges. Er ſoll in ſeinen Pre= digten auch ſo deutlich und Schrift=reich gewe= ſen ſeyn, daß er vom Pabſt Gregorio IX. nur Arca Teſtamenti, oder die Lade des Bundes [225] genennet worden. Wilſt du das Lob eines gu= ten Predigers davon tragen? ſo befleißige dich auch ſeiner Methode. Ich verwerfe nicht alle Lieblichkeit, ſo man in Predigten anwendet. Wenn es nur geſchiehet cum prudentia Theo- logica. Es heiſſet auch hier: Zu wenig und zu viel, verderbet alles Spiel. Ein guter Koch bereitet ein koeſtlich Gericht nicht von eitel Zucker und Specereyen, ſondern beſtreuet nur die Eſſen damit. So kan auch wohl ein Lehrer in ſeinen Predigten Gleichnueſſe, Allegorien und ſcharfſinnige Reden brauchen, aber maeßig und zu rechter Zeit, damit das Wort GOttes darue= ber nicht in Verachtung komme.Die beſte Methode iſt, lieber Prediger! Du redeſt, deutlich, Geiſt= und Schrift=reich, beweglich und kurtz. Predige lieber nach dem Verſtande deiner Gemeine, als nach deinem eigenen Anſehen. Beſſer, daß dich die Gelehr= ten tadeln, als die Ungelehrten nicht verſtehen. Die Thraenen der Zuhoerer ſind der Prediger be= ſtes Lob. Erlangeſt du dieſes? So biſt du ein GOtt und Menſchen nuetzlicher und wohlgefaelli= ger Prediger.

IV. Die GOtt=gelaſſene Seele.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: 2. Cor. IV, 8. 9. 10.
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WIr haben allenthalben Truebſal, aber wir aengſten uns nicht. Uns iſt [226] bange, aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlaſſen. Wir werden untergedrnckt, aber wir kommen nicht um. Und tra= gen um allzeit das Sterben des HErrn JEſu an unſerm Leibe, auf daß auch das Leben des HErrn JEſu an unſerm Leibe offenbahr werde.MEin Hertz! Wie ſo unruhig? Meine Seel! Wie ſo betruebt einmal? Elen= der Naechte werden mir viel, Hiob. VII, 3. Jedoch die Wahrheit zu bekennen, mein Creutz und Unglueck, macht mir einmal eine traurige Stnnde. Mein Armuth kommt mir jetzt in Sinn. Meine Neider, Verleumder und Verfolger ſtelle ich mir einmal fuer Augen. Das Unrecht, ſo ich leiden muß, liegt mir in Gedancken. Daß ich in der Welt ſo verlaſſen bin, iſt was mein Hertz einmal in Traurigkeit ſetzet. Eine boeſe Stunde macht, daß man aller Freude vergiſſet, Syr. XI, 28.Ich habe allenthalben Truebſal. Stylla und Carybdis ſtehen mir auf dieſem Welt=Meere zu beyden Seiten. Hie brauſet eine Tieffe, und da eine, Pſ. XLII, 8. Um Troſt iſt mir oft ſehr bange, Eſa. XXXVIII, 17. Meiner Verfolger und Widerſacher iſt viel. Pſ. CXIX, 157. Nei= diſche Augen, falſche Minen, hoehniſche Geberden, ſpoettiſche Worte ſeh und hoer ich allenthalben. Die mich ohn Urſach haſſen, der iſt mehr, denn [227] ich Haar auf dem Haupte habe, Pſ. LXIX, 5. Sie rathſchlagen mit einander und erdencken boeſe Tuecke, Pſ. X, 2. Sie ſtellen mir auf allen Sei= ten Netze zum Verderben, Pſ. XXXV, 7. Viel ſchelten mich uebel, daß jederman ſich fuer mir ſcheuet, Pſ. XXXI, 14. Wie werd ich nicht ueberall gepreſſet und untergedruecket? Ach! ich leide viel Verfolgung.Doch, was mehr? Es kommt vom HErrn. Ich will meine Seel und Gemueth mit ſchweren Gedancken nicht verunruhigen Ich will ſchwei= gen, und meinen Mund darwider zu murren nicht aufthun: GOtt wirds wohl machen, Pſ. XXXIX, 10. Hab ich in der Welt allenthalben Truebſal? Ich will mich nicht aengſten. In der Bangigkeit meines Hertzens, will ich an GOtt nicht verzagen. In Verfolgung will ich mit Paulo gutes Muths ſeyn, 2. Cor. XII, 10. Drueckt mich manches Creutz und Widerwaer= tigkeit? Ein Chriſten=Palm=Baum kan ſich doch unter der Laſt allezeit wieder aufrichten. Ich bin ein Glied am Leibe Chriſti. Dulte ich, ſo werde ich mit herrſchen, 2. Timoth. II, 12. Sterbe ich mit ihm? So werde ich mit ihm le= ben, 2. Cor. IV, 10.Was ſolt ich klagen? Warum ſolt ich zagen? Glaeubige Chriſten ſind auch in ihren groeſten Elend freudig. Der Cypreſſen=Baum bleibt gruen auch im haertſten Winter! So iſt auch ein Chriſt ſtandhaft in der ſtaerckſten Verſuchung. Immer froelich! Iſt mein Wahl=Spruch. Auch in der groeſten Anfechtung ſoll es alſo heiſ [228] ſen. Was iſt beſſer, als ein freudiger Muth? Wer eın froelich Hertz hat, weiß ſich in ſeinen Leiden zu halten, Syr. XVIII, 24. Ich hab mich einmal GOtt ergeben, dem will ich auch zu Willen leben. Wie GOtt will iſt mein Ziel. Siehe hie bin ıch; Der HErr machs mit mir, wie es ihm wolgefaellet, 1. Sam. XV, 26. Erfreuet er mich? Ich wills ihm dancken. Betruebt er mich? Ich will gleiches thun. Kehret er bey mir ein mit Armuth? was mehr? vielleicht will er mich dadurch reich im Himmel machen. Kommt er zu mir mit Schmach? Dort wird er ſie mir in doppelte Ehre verwandeln. Klopft er bey mir an mit dem ſchwehren Creutzes=Hammer; Immer hin! Mein Glaubens=Gold muß da= mit gearbeitet werden, wenn eine Muentze dar= aus werden ſoll, die im Himmel gilt, Syr. II, 5. Ich empfinde, daß mir der Wermuth ge= ſuender, als der ſueſſe Freuden=Wein. Bey den Frommen in der Welt iſt allezeit Wer= muth bey Anmuth. Die Glueckſeeligſten auf Erden finden Winter beym Sommer; Waſſer beym Wein; Eßig beym Oel; Sauers beym Sueſſen, und Regen beym Sonnenſchein. Das muß ſo ſeyn, 2. Tim. III, 12. Ich dencke in meinem groeſten Creutz mit David: Ich muß das leiden, dit rechte Hand des Hoechſten kan alles aendern, Pſ. LXXVI, 11.Mein Freund! Zeiget auch dir GOtt den Creutzes=Kelch? Nur freudig denſelben ange= faſſet und getruncken. GOtt hat ihn alſo ein [229] geſchencket; er muß heilſam ſeyn. Anaxargus ſchmeichelte dem Alexandro M. da er ſagte: Was der Koenig thut iſt Wohl, und muß nicht getadelt werden. Ich ſage aufrichtig: Wies GOtt gefaellt, gefaellt mirs auch; ich will ihn nicht tadeln. So ſagen alle Kinder GOt= tes mit mir. Was betruebſt du dich demnach, meine Seele; und biſt ſo unruhig in mir? Pſalm XLII, 6. Bekuemmert dich der Wohlſtand der Gottloſen? Sıe ſind glueckſeelig in der Welt, und werden reich, Pſ. LXXIII, 12. Sie ſind nicht in Unglueck wie andere Leute. Sie werden nicht wie andere Menſchen geplaget. v. 5. Goen= ne es ihnen. Sie werden gemaeſtet als auf einen Schlacht=Tag, Jac. V, 5. Dein Centner= ſchweres Creutz wird dir beſſer bekommen als ihnen ein Quintgen Freude und Herrlichkeit der gantzen Welt. Ich ſage dahero mit Juda Maccabeo: Was GOtt im Himmel wıll das geſchehe, Macc. III, 60. Sein Fuegen, mein Vergnuegen. Er wird dir nicht mehr auf= legen, als ich tragen kan.Biſt du, Seele, noch betruebt? Laß trauren der keinen gnaedigen GOtt hat. Gehe hin, iß dein Brod mit Freuden, trincke deinen Wein mit guten Muth, denn dein Werck gefaellet GOtt. Laß deine Kleider immer weiß ſeyn, und laß deinem Haupt Salbe nicht mangeln. Brauche des Lebens mit deinem Weibe das du lieb haſt, ſo lange du das eitle Leben haſt, das dir GOtt unter der Sonnen gegeben hat, ſo lange dein eitel Leben waehret. Denn das iſt dein Theil im [230] Leben, und in der Arbeit, die du thuſt unter der Sonnen, Pred. Salom. IX, 7. 9. Faelleſt du in mancherley Anfechtung? Achte es eitel Freude, Jac. I, 2. Ich weiß dein Unglueck iſt dein Glueck. Dein Weınen ein Wein. Dein Leıd eine Freud. Dein Aechtzen ein Jauchzen. Aeng= ſtiget dich die Welt? Preſſet ſie dir manche Thraenen aus den Augen? Laß es ſeyn. Hier iſt ein kurtzes Leiden, 1. Petr. V, 10. Der Him= mel iſt wiederum deine Erquickung. Die mit Thraenen ſaeen, erndten mıt Freuden, Pſ. CXXVI, 5. Wer weiß, wie lange dein Elend noch waehret? Muſt du es ſchon eine Zeitlang tragen? Laß dir die Stunden nıcht zu lang wer= den. Du biſt hier ein Palm=Baum. Wirſt du ſchon gedruckt? Du wirſt doch nicht unterge= druckt.Arbeite nur hier im Schweiß deines Ange= ſichts. 1. B. Moſ. III, 19. GOtt hat das Wiſch=Tuch ſchon ergriffen; Die Hand nach dir ausgereckt, die Thraenen von |deinen Augen abzuwiſchen, Offenb. XXI, 4. Auf einen Tag Arbeit, wirſt du ewige Ruhe haben, Eſa. XXXII. 18. Auf das Aſchen=Brod, und den Thraenen= Becher wirſt du eſſen und trincken in GOttes Reich ueber ſeinen Tiſch, Luc. XXII, 30. Iſt doch die Seligkeit das Kleinod, wornach du zie= leſt. Dieſer Zeit Leiden iſt nicht werth der Herr= lichkeit, die an dir ſoll offenbahret werden, Rom. VIII, 18.
|| [231]

Ruht demnach ihr betruebten Sinnen, Ach lebt nur GOtt, ſo hats nicht Noth; Die Hofnung muß zuletzt gewinnen, Er ſpeiſt nicht immer Thraenen=Brod. Creutz, Truebſal, Schmach und alle Pein, Kan keinem Chriſten ſchaedlich ſeyn.Mir gehe es in der Welt wie es immer wolle: Ich habe drum ſchon ausgekuemmert. Es ſey alles geſtalt in GOttes Gewalt. Adjeu ihr Sorgen, auf Heut und Morgen.

V. Das ſich Etwas duenckende Nichts.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Gal. VI, 4.
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WEr ſich duencken laeſſet er ſey etwas, ſo er doch Nichts iſt, der betruegt ſich ſelbſt.JE naeher die Ewigkeit, je greulicher die Zeit. Der Menſch lehret es. Da der Menſch noch ein Menſch war, ſtund es wohl. Da er ein Gott ward, verdarbe alles. Du frageſt, wie lange wohl der Menſch ein Menſch geweſen? Freylich eine kurtze Zeit. Wa= ren es auch eintzelne Stunden? Adam wer war er? Ein Menſch. Wie lange? Ich ſetze ei= nen halben Tag. Bald wolte der Thon der [232] Toepfer; Die Creatur der Schoepfer; Das Nichts, Etwas, und der Menſch GOtt ſeyn: Armer Adam! Waereſt du ein Menſch geblie= ben; niemand haett dich aus dem Paradıeß ge= trieben. Deine Einbildung, gleich zu ſeyn wie GOtt, ſtuertzte dich in Noth und Tod, 1. Buch Moſ. III, 19.Was biſt du nun, Adam! Erde, wovon du genommen biſt. O wie weit hat dirs gefehlet! Sterblıcher! Du geheſt fuer ſeinem Grabe taeg= lich vorbey. Denck daß auch dein Leib Erd und Aſche ſey. Weiſt du was ich dencke, wenn ich dich ſo ſchwulſtig einher tretten ſehe? Ich habe Syrachs Gedancken: Was erhebt ſich die arme Erde und Aſche? Iſt der Menſch doch ein eitel ſchaendlicher Koth, weıl er noch lebet: und wenn er todt iſt, ſo freſſen ihn die Schlangen und Wuerme, Sy= rach. X, 9.Die Schlange machte den erſten Menſchen hoffaertig. Lieber Menſch! Jetzt hat dich der Hoffarths=Teufel vollends gar leibhaft beſeſſen. O wer ſetzt mich zum Richter im Lande, daß jederman zu mir kaeme, der eine Sa= che im Gericht hat, daß ıch ihm zum Rech= te huelffe! 2. Sam. XV, 4. Behuete GOtt! Wer biſt du denn? Des Kopfs laenger denn al= les andere Volck. Deswegen noch lange kein GOtt, und waereſt du auch der allerheiligſte Vatter Pabſt ſelbſt. Ich ſehe, du weiſt ſelbſt nicht, was du biſt. Mein! Frag doch alle Glie= der deines Leibes; die werden dirs ſagen. Du [233] bıſt nichts denn Staub und Erde. So ſpricht dein Haupt. So ſagen die Fueſſe, ſo re= den die Haende. Hoer! wenn du deine ſchnee= weiſen Haende einmal in hellen Waſſer gewa= ſchen, ſo ſiehe doch das Waſſer an; Wahrlich es wird truebe und kothigt ſehen. Was Wun= der? Dıe Erde waechſt dir ſtuendlich zum Naegeln am Haenden und Fueſſen heraus.Sieh alſo was du biſt. Ein armer Erden= Kloß; nackt und bloß. Weinend und Na= cket tritſt du auf den Schau=Platz dieſer Welt. Auf gleiche Weiſe nimmſt du wieder deinen Ab= ſchied. Was wilſt du dich erheben? Du denckſt dort mit Theuda du ſeyeſt Etwas, Apoſt. G. V, 36. Mein! halt doch nicht weiter von dir, denn ſichs gebuehret zu halten, Rom. XII, 3. Wie kanſt du ſagen, du ſeyſt Etwas? Die Schrift ſpricht ja, du ſeyeſt nıchts, Dan. IV, 32. Wem ſoll ıch glaeuben? Nicht dir; Denn alle Men= ſchen ſind Luegner, Pſalm CXVI, 11. Die Schrift aber truegt nicht, Pſ. XXXIII, 4. Mercke was dir der Apoſtel ſagt: Wer ſich duencken laeſſet er ſey Etwas, ſo er doch Nichts iſt, der betreugt ſich ſelbſt? Gal. VI, 3.Wenn der ſtoltze Pfau auf ſeine heßliche Fueſſe ſiehet, laeſt er die praechtigen Federn fallen. Menſch betrachte dein Elend nur recht; ich weiß, du wirſt demuethige Gedancken kriegen. Elend iſt deine Geburt. Ich ſcheue es zu ſagen, was fuer einen heßlichen Anfang du haſt. Doch wilſt du es wiſſen? Gucke ins Buch der Weißheit, Cap. VII, 1. 2. 3. Elend iſt dein Leben. Es [234] gleichet einer hinfaelligen Blume, Hiob XIV, 2. Verwelcklichen Blat, Eſa. LXIV, 6. Ver= dorrenden Heu, Eſa. XL, 6. Fluechtigen Ne= bel, B. Weißh. II, 4. Und weichenden Schat= ten, Hiob VIII. 9. Elend iſt dein Tod. Na= cket muſt du dahin fahren, Hiob I, 21. Motten ſind deine Bette, und Wuerme deine Decke, Eſa. XIV, 11. O Menſch! ſieh was du biſt. Ge= brechlicher Nichtigkeit, und nichtiger Ge= brechlichkeit. Ich ruffe dir daher zu, wie je= ner Edel=Knabe dem Alexander: Gedencke daß du ein Menſch ſeyeſt.Ach! Was iſt doch elenders? Alles was in der Welt iſt, verlacht den Menſchen. Die Welt ſelbſt betruegt ihn. Das Glueck ſpielet mit ihm. Die Geſundheit fehlet ihm. Das Ubel ueberfaellt ihm ploetzlich. Das Gute verlaeſt ihn Augenblicklich. Die Zeit verſchwindet. Die Jahre verſtreichen, und ſein Gedaechtniß ver= weſet. Kurtz: Der geſtern bluehete, iſt heut ein fallendes Laub. Der geſtern ein Menſch, iſt heute Staub, Morgen gar Nichts. Heute reich, Morgen bleich. Heute roth, Morgen todt. Heu= te ſtarck, Morgen im Sarg. Heute Koenig, Morgen wenig. Heute kommt er auf die Welt, Morgen auf das Feld. Heut kommt er von der Erden, Morgen muß er wiederum in Staub verwandelt werden. Ach wie gar nichts ſind doch alle Menſchen! Pſ. XXXIX, 6. Be= denck es.
|| [235]

VI. Die Verliebte in den Ge= liebten.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Hohel. II, 5.
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Ich bin kranck vor Liebe.GEliebte! haſt du mich lieb? Ge= liebter, Epheſ. I, 6. Du weiſſeſt alle Dinge; Du weiſſeſt, daß ich dich lieb habe, Joh. XXI, 15. Du Liebhaber meiner Seelen! Spruechw. XXVII, 6. Wer wolte dich nicht lie= ben? Der mueſſe ewig verflucht ſeyn, der dir ſei= ne Liebe entziehen wolte, 1. Cor. XVI, 22. Wel= che Braut ſolte ihren Braeutigam, der ſie Treu meynet, nicht wieder lieben? Du biſt ja der Braeu= tigam meiner Seelen. Du haſt dich mit mir verlobet in Ewigkeit, Hoſ. II, 19. Ich dein, du mein, ewig ſoll die Liebe ſeyn; Hohel. VI, 2.Liebe erfordert Gegen=Liebe. Du haſt mich je und je geliebet, Jerem. XXXI, 3. Deine Liebe gegen mich hat dich aus dem Himmel gefuehret, Hebr. II, 14. Sie hat dich laſſen gefangen neh= men, und creutzigen. Sie hat dir deine heilige Bluts=Tropfen fuer mich vergieſſen heiſſen. Joh. XIX, 34. Ja, aus Liebe haſt du dein Leben fuer mich gelaſſen, Joh. X, 15. Solt ich dich dafuer nicht wieder lieben?
|| [236]
O JEſu! JEſu! Ich liege kranck fuer Liebe, Hohel. II, 5. Sie iſt ſtarck wie der Todt, Hohel. VIII, 6. O ſtarcke! O ſueſſe Liebe JEſu! Du haſt mein Hertz mit deinen Liebes=Pfeilen heftig verwundet. Niemand dann du kan meine bren= nende Liebe laben und erfriſchen. Wie der Hirſch ſchreyet nach friſchen Waſſer, ſo ſchreyet, JEſu! meine verliebte Seele, zu dir, Pſalm LXII, 1. Die Auguſtıner Moenche fuehren in ihren Or= dens=Signet ein Hertz mit Pfeilen durchſchoſ= ſen. Was wollen ſie hiermit zu verſtehen geben? Daß ihr Hertz von der Liebe JEſu verwundet. Dieſe Pfeile der Liebe JEſu, empfindet auch mein Hertz. Die Liebe gegen meinem Geliebten, hat meine Seele in ein hitziges Fieber geſetzet, und wird keine Kuehlung ſeyn, biß ich ihn wuercklich beſitze.Schoenſter Braeutigam! Ich bin geſonnen mit dir zu ringen, wie Jacob! ehe ich dich laſſe, 1. Buch. Moſ. XXXII, 26. Warlich auch der Tod wird mich und dich nicht ſcheiden. Was hoer ich, mein JEſu! Du ruffeſt: Gieb mir, mein Sohn dein Hertz! Spruechw. XXIII, 26. O das haſt du ja ſchon. Ein brennendes und fuer heiſſer Liebe faſt gaentzlich verzehrtes Hertz. Meine Schweſter liebe Braut, Hohel. IV, 9. Ich ſpuehre bey dir gar eine kalte Hertzens=Liebe. Sie iſt getheilt. Sie iſt nicht lauter. Sie iſt ſehr mit eitler Welt=Liebe vermiſchet. Sie iſt nicht auf= richtig und beſtaendig. Solte ſie an dem Probier= Steine der Anfechtung geſtrichen werden, wie mangelhaft wuerde ſie befunden werden! Du giebſt [237] wohl fuer, als liebeſt du mich; aber wenn es auf die Koſten ankommt, ſo geheſt du mit jenem Jueng= ling traurig hinweg, Matth. XIX, 22. Ich ver= lange keinen falſchen Liebes=Kuß: Getheilte Liebe achte ich auch nicht. Einen oder keinen. Das Hertz gantz oder gar nicht. Meine Liebe und Welt=Lie= be ſtimmen nicht zuſammen. Eine treibt die an= dere aus. Die Blume der Liebe will ich allei= ne pfluecken. Ich und du ein heiliges Paar. Un= ſer keuſches Ehe=Bette leidet keine Neben=Buh= ler. Stoſſe die Welt=Hagar zu deinen Hertzens= Hauſe hinaus. Sie iſt eine heßliche Lea. Sie giebt dir keine Gegen=Liebe, ſondern eitel Haß, Joh. XV. 19. Ihre Flamme verloeſcht, und giebt einen ſtinckenden Rauch.O Schoenſter Braeutigam! wie hat ſich mein Hertz entſetzet! Wie entfernet iſt noch daſ= ſelbe von dir! Wie laulicht iſt noch die Liebe! Sie glimmet; ach flamme ſie an, daß ſie brenne. Sie iſt nicht lauter; ach! reinige, reinige ſie doch von aller Welt=Liebe. Sie iſt wanckelmuethig; ach beveſtige ſie. Du JEſu; liebeſt, die dich lieben, Spruechw. VIII, 17. Ach! ſchaff in mir ein liebhabendes Hertz. Die dir treu ſind in der Liebe, laeſſeſt du dir nicht nehmen, B. Weißheit III, 9. Ach! gieb mir ein treuliebendes Hertz! Mache mein Hertz zu einen Altar, auf welchem das Feuer der Liebe nimmermehr verloeſche. Laß mir alle Welt=Liebe bitter werden, damit mir deine Liebe allein ſueſſe ſey. Laß die Strahlen dei= ner heiſſen Liebe auf mein erkaltetes Hertz ſchieſſen, daß es voellig entzuendet werde.
|| [238]
Auf! meine Seele; Verlaß die ſchnoede Liebe zur Welt. Hoer! dein Gelıebter bietet dir jetzt ſeinen Kuß an. Du ſchoenſter unter den Menſchen=Kindern! wie holdſelig ſind deine Lippen! Pſalm. XLV, 3. O daß ich dich mein Bruder drauſſen fuende, und dich kueſſen mueſte! Hohel. VIII, 1. Komm Schoenſter! Kueſſe mich mit dem Kuſſe deines Mundes, Hohel. I, 1. Um= fahe und hertze mich. Komm laß uns beyſammen, doch loeſchen die Flammen. Verſchmaeh nicht JE= ſu! die edlen Triebe; ach ſieh doch ich lieg jetzt kranck fuer Liebe. Ich liebe wie ich ſoll, und ſiehe ich bin vor Liebe gantz truncken und voll. O dur= ſtige| Liebe! Trinck und werde truncken mit Chri= ſto. Setze JEſum, den Brunquell des Lebens an deinen Mund und trincke, die Fuelle. Trincke und labe dich.
O du vergnuegte JEſus Liebe. Mein Heyl und Theil, mein Schatz und Schutz, Erhalt mich nur in ſolchen Triebe, So biet ich allen Feinden Trutz; So ſterb ich endlich unbetruebt: Mein Troſt iſt, daß mich JEſus liebt.
|| [ID00269]
So gehts, Wer heŭt die Wahrheit ſagt, Er wird verlacht ŭnd fort gejagt.
|| [ID00270]
|| [239]

Der Hertzerquickenden Blumen und Gemuethslabenden Aepfel Achte Schale.
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I. Die exulirende Wahrheit.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Joh. XVIII, 38.
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Was iſt Wahrheit?
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NEulich kam die Zeitung ein, daß die Wahr= heit ſey verlohren, Suche, wer ſie ſuchen will, aber nicht in hohen Ohren, Der ſie heut zu Hofe ſaeet, erndet meiſtens Miß= gunſt ein, Waechſt ihm etwas zu von Gnad, wirft der Schmeichler Feuer drein.
|| [240]
PRobatum eſt. So ſprechen heut viele redliche Chriſten. Ich mit ihnen. Wahrheit eine redliche Mutter. Scha= de! ſie hat zwey loſe Toechter gezeuget, Haß und Verfolgung. Dieſe haben ihre Mut= ter verjagt. Sie iſt nun eine Exulantin worden, und eine ſeltſame Gaſtin auf Erden.Wahrheit liebende Hertzen! weinet! weinet und vergieſſet Thraenen! Die Mutter iſt verſtoſ= ſen. Die Kinder. leben nach eignen Gefallen. Was kan da Gutes werden?Ich gieng einſt nach Hofe. Lieber GOtt! wo haett ich da die Warheit finden wollen? Ich ſahe die ſammet und ſeidenen Stuehle an; warlich, die Augen giengen mir ueber. Da vorhin Veritas ſaß, da hatte ſich Frau Simulatio niedergelaſſen; das ſchmeichlende Schooß=Huendgen lag da auf dem weichſten Polſter. Der Paß ins Cabinet des Potentaten zu kommen, war ihr gaentzlich verren= net. Was dacht ich? Selten kommt aus den Flueſſen reines Waſſer ins Meer; aber wie ich ſehe, noch ſeltner unverfaelſchte Wahrheit fuer Fuerſten und Herren Ohren. Koenig Carl VIII. in Franck= reich fragte einſt ſeinen Mundſchencken: Ob er nicht die Urſach wueſte, warum ſo wenig Fuerſten in den Himmel kaemen? da der Be= fragte ſtill ſchwieg, ſagte der Koenig ſelbſt: Das iſt kein Wunder; wır haben ſo wenig Leu= te um uns, die uns dıe Wahrheitſagen. Ein anderer Frantzoeſiſcher Herr ließ ſich vernehmen: So glueckſeelig die Potentaten vor der Welt ſchei= nen, ſo mangelt es ihnen doch meiſt an drey Stue [241] cken, die ſonſt arme Leute haben; nemlich an der Treu, an der Morgenroethe, und an der Wahr= heit. Es moechte ſeyn, wenn die Wahrheit bloß aus Franckreich relegiret waere. Ich mag den Winckel nicht ausſuchen, wo ſie in Teutſch= land ſteckt. Wie ſagte Churfuerſt Chriſtian II. einſt ueber der Tafel? Er habe alles an ſeinem Hofe, und fehle ihm nichts. Ja, ſagte Taub= mann, der damahls dabey ſaß, eines fehlet doch, die Wahrheit; denn dieſelbe liegt nicht mehr kranck zu Bette, ſondern iſt gar ohne Beıcht=Vatter am Hofe geſtorben. Doch iſt an ſolchen Hoefen oftmals noch ein Ne= hemias und Daniel, der ein geneigtes Auge auf die Wahrheit richtet. An meiſten Hoefen aber darf ſie ſich nicht ſichtbar machen. Die Muſic iſt daſelbſt ſehr angenehm; wer aber anfaengt die Sai= ten der Wahrheit aufzuziehen, mag immer die Thuer treffen. Marcus Regulus wurde zu Cartha- go gecreutziget, weil er die Wahrheit verſchwieg. Jetzt iſt der der angenehmſte der ſie fiedelt, be= kommt den Bogen. Weg vom Hofe.Ich gieng in die Kirche. Ach da fand ich die Wahrheit nicht. Chriſtus die Wahrheit, Joh. XIV, 6. Sein Wort iſt die Wahrheit, Joh. XVII, 17. Dieſes ſollen ſeine Diener mit freudi= gen Aufthun ihres Mundes predigen, Epheſ. VI. 19. O trauriges Spectacul! Stumme Hunde fuelleten die Cantzel, Eſa. LVI, 10. Faule Hirten fuehreten den Stab Sanfft, Zach. XI, 7. Denen Boßheiten legten ſie Polſter unter, Ezech. XIII, 18. GOttes Volck troeſteten ſie in ihren Unglueck. Jer. VIII, 11. Die Leich=Predigten waren Lue [242] gen Predigten. Samuel, Elias, Amos, Micha und Johannes lagen in der Kirchen verſcharret. Auf ihren alten Epitaphiis laß ich noch mit ver= blichnen Buchſtaben dieſe Worte: mortui hi Doctores; audi Succeſſores: nonne Simulato- res? nonne Seductores? Die Prophezeyung ſah ich erfuellet. O weh! ruffte ich aus. Fuimus Troës: Die Wahrheit iſt dahin! Eſa. LIX, 15. Daß es GOtt erbarm!Ich gieng hierauf in die Gerıchts=Stube. Gleich in der Thuer trat ich wieder zurueck. War= um das? Ich erblickte die Ungerechtıgkeıt auf dem Richter=Stuhle. Neben ihr ſtunden Klae= ger und Verklagte. Ob es Gold=Schmiede geweſen, kan ich nicht ſagen; doch verſilberten ſie beyde dem Richter die Haende. Betraengte ſchryen; Wittwen und Waeyſen ſeuffzeten. Dis traurige Spectacul trieb mich zurueck. Auch ſchloſſe ich bald, da koenne Wahrheit nicht ſeyn, weil zwiſchen ihr und der Ungerechtigkeit groſſe Antipathie.Endlich gieng ich unter die Menſchen auf dem Marckt. Haette ich da gleich bey hellen Tage ein Licht mit Diogene angezuendt, die Wahr= heit wuerde ich nicht gefunden haben. Ich rief aus: Liebet Wahrheit und Friede! Zach. VIII, 19. Aber Pilati Brueder antworteten mir; Was iſt Wahrheit? Joh. XVIII, 38. Jeder hatte die Wahrheit in Luegen verwandelt, Rom. I, 25. Da befand ich, daß des Democriti Ausſpruch ſeine Richtigkeit: Die Wahrheıt liege ın tieffen Brunnen vergraben. Ich merckte, daß es Ca- tullus getroffen: Die Wahrheit ſey aus allen [243] Staedten und Veſtungen auf ewig verban= net.Wahrheit! du arme Exulantin! Wo ge= heſt du doch mit deinem Wanderſtabe in der Ir= re herum? O daß ich dich, meine Schweſter, drauſſen finde, und dich kueſſen mueſte, daß mich niemand hoenete! Hohel. VIII. 1. Wer wolte dich nicht lieben? Deine Geſtalt hab ich ehemals alſo beſchrieben: Wahrheit eine ausbuendig ſchoene Jungfer. Ewig Schade! daß man ſie des Lan= des verwieſen. Sie iſt keuſch und zuechtig. Ihr Angeſicht iſt mit keinem falſchen Purpur geſchmin= cket. Es iſt ernſthafft, doch dabey freundlich. Ihre Worte ſind ohne Schmeicheley. Das Hertz ohne falſche Tuecke. In der Hand traegt ſie eine ſchoene Crone, mit dieſen gueldnen Buchſtaben: Vertheidige die Wahrheit biß in Tod, Syr. IV, 33. Damit croenet ſie zuletzt alle ihre Lieb haber.O wie geſchicht mir! Ich ſuche die Wahrheit, und ſie laeſt ſich von mir finden. Ich ruffe ihr: und ſie antwortet mir. Naeher herbey, du arme Exu= lantin! Sucheſt du einen Liebhaber? an mir fin= deſt du einen. Ich bin bereit, mit dir ins Elend, ja in den Tod zu gehen. Aber ſag mir doch bald, wer hat dir den Wander=Stab in die Hand ge= ben, und dich vertrieben? Die Edlen des Lan= des, und die Oberſten und die Reichen, und die Hauptleute und die Gewaltigen, auch viel Knechte und Freyen. Ja, meiner Mutter Kin= der zanckten und zuernten mit mir, Hohel. I, 6. Und die mich liebeten, waren zu ohnmaechtig, daß ſie mich ſchuetzen konten. Aus welchem Thone gieng denn das Lied, daß ſie dir aufſpieleten? [244] Es hieß: Laſt ſehen, daß wir der Wahr= heit beykommen moegen, und uns an ihr rae= chen, Jer. XX, 10. Der Schmied meines Un= gluecks dachte: Ich wıll mein Netz ueber ıhn werfen, daß er ın meiner Jagd gefangen werde, Ezech. XII, 13. Ich ward fuer Gericht gezogen, daſelbſt muſt ich hoeren: Du machſt ei= nen Aufruhr wıder uns, im Hauſe Iſrael, das Land kan deine Worte nicht leiden, Amos VII, 10.Die Thuer des Gefaengniſſes wurde mir aufge= than. Dieſes Bubenſtueck ward beſchloſſen. Nun da die Wahrheit liegt, ſoll ſie nicht wieder aufſte= hen, Pſ. XLI, 9. Kommt laſt uns ſie mit der Zun= gen todt ſchlagen, und nichts geben auf alle ihre Rede, Jer. XVIII, 18. Wie lief denn deine Ver= antwortung ab? Ich muſte mit Hiob luegen, ob ich wohl recht hatte, Hiob XXXIV, 6. Es gieng Gewalt ueber Recht, Habac. I, 4. Die Gewalti= gen riethen nach ihren Muthwillen, Schaden zu thun, und drehetens, wie ſie wolten, Mich. VII, 2. 3. Sie ſchrieben unrecht Urtheil, damit ſie konten Gewalt ueben. Zuletzt muſte mein bißgen Gut ihr Raub und Beute ſeyn, Eſa. X, 1. 2.Du arme Exulantin! warum iſt dir denn ei= gentlich dieſes alles widerfahren? Ich hab nicht alles gebilliget, was die boeſe Welt thut. Ich hab verkuendiget, wie des Landes Ruhm zum Ruin wuerde. Auch hab ich der Gottloſigkeit keine Pol= ſter untergelegt. Da ich nun das Hertz getroffen, iſt es trotzig worden. Da ich Iſrael nicht ſchone= te, kam Iſmael ueber mich. Da ich dem Hauſe [245] Juda ihre Ubertrettung ins Angeſicht ſagte, da war die Gnade aus. Auf dieſes Sagen folgte das Fortjagen.Sey freudig, bekraenckte Wahrheit, du arme Exulantin! Der Vogel wird ſein Hauß, und die Schwalbe ihr Neſt finden, Pſ. LXXXIV, 4. Setze deinen Stab fort, ich will dir folgen. Dich und mich ſoll niemand ſcheiden. Veritas odi- um parit. Bleib zurueck, ſonſt begegnet dir auch Unglueck. Wer fragt darnach? GOtt iſt der Wahrheit Schirm und Schild, obſchon der Teuf= fel bruellt. Veritas premitur? was mehr? non opprimitur. Sie leidet wohl Noth, aber nicht gleich den Tod. Ich und du ein ſchoenes Paar. Was achten wir der Gefahr. Hier haſt du von mir Hertz, Hand und Mund, nebſt dem Trau= Ring. Komm Wahrheit, liebe Ruth. Unſere Maenner und Soehne ſind todt. Wir wollen aus dem heydniſchen Moab nach einem wohlthaetigen Bethlehem. Und rede mir nicht drein, daß ich dich verlaſſen ſolt, und von dir umkehren. Wo du hingeheſt, da will ich auch hingehen, wo du bleibeſt, da bleibe ich auch. Dein GOtt iſt mein GOTT. Wo du ſtirbeſt da ſterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der HErr thue mir diß und das, der Tod muß mich und dich ſchei= den, Ruth. I, 16. 17. Werden ſchon alle Luegen= Pfeile auf uns loß gedruckt? Der Himmel wird doch unſer Schutz=Bild ſeyn. Hagelten auch alle Steine auf uns loß? es mag ſeyn. Der HErr ge= be uns nur auch des Stephani Ende, Apoſt. G. VII, 58. 59. In allen Faellen will ich fleißig mit [246] eingedenck leben deines Wahl=Spruches: Me- lius eſt pro veritate pati ſupplicium, quam pro adulatione beneficium. Es iſt beſſer, der Wahrheit wegen Schmach und Verfol= gung leiden als durch Schmeicheley Gunſt und Wohlthaten genieſſen.

II. Das wueſte Welt=Kind.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: B. Weißh. II, 6.
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WOhl her nun, und laſt uns wohl leben, weils da iſt, und unſers Leibes gebrau= chen, weil er jung iſt. Wir wollen uns mit dem beſten Wein und Salben fuellen, laſt uns die Maeyen=Blumen nicht verſaeu= men.LAſſet uns eſſen und trincken, denn morgen ſind wir todt, 1. Cor. XV, 32. Spotte nicht du wueſtes Welt=Kind! der Tod kan bald zu deinen Fenſtern hinein fallen, Jer. IX, 21. O! es wird fuer und fuer keine Noth haben! Pſ. X. Das dachten Hiobs Kinder auch, da ſie am froelichſten waren; ich meyne aber ſie haetten dem Tode ploetzlich herhalten mueſſen, Hiob I. Auf den heiſſeſten Tag folgt ein Donner= Wetter: Auf die groeſte Freud oftmals das hoechſte Leid. Frag den Belſatzer, Dan. V, 5. [247] Jener reiche Korn=Wurm wird dirs auch ge= ſtehen, Luc. XII, 20.Wueſtling! ſieh, was fuer ein Leben du fueh= reſt. Deine Wohlredenheit beſtehet in Flu= chen. Dein Gottes=Hauß iſt das Sauf= Haus. Dein Gebet=Buch die Karte. Dein Gott der Bauch. Dein Brand=Opfer ein Glas Brantewein. Dein Speis=Opfer de- licate Bisgen. Hierauf das Tranck=Opfer etliche Humpen Bier; endlich folgt das Rauch= Opfer aus der Toback=Pfeife. Dabey ach= teſt du dich weit von boeſen Tagen, Amos VI, 13. Was deine Augen wuenſchen, das laeſſeſt du ihnen, und wehreſt deinem Hertzen keine Freude, Pred. II, 11. Du kleideſt dich ueber deinen Stand. Du trachteſt nach hohen Ehren, derer du doch nicht faehig noch wuerdig biſt. Du uebeſt Gewalt und Unrecht im Lande. Lebeſt mit dem reichen Mann alle Tage herrlich und in Freu= den, Luc. XVI, 19. Dein Morgen=Lied heiſt: Wohlan! ich will wohl leben, und gute Tage haben; Pred. II, 1. Vor Tiſche ruffeſt du: Laſſet uns eſſen und trincken! Eſa. XXII, 13. Bey Tiſche friſſt und ſaeufſt du wie ein Schwein. Koſt bloß zur Wolluſt. Confor- tantia, weil Scortum auf dem Tantze da. Da= bey laeſſeſt du faul Geſchwaetz aus deinem Munde gehen, Epheſ. IV, 29. Treibeſt ſchandbare Wort und Narrentheidungen, die dir nicht ge= ziemen, Epheſ. V, 4. Nach Tiſche mueſſen die Dames herbey; da wird den boeſen Lueſten der Zuegel gelaſſen; biß es Zeit zur Zeche iſt. Dann [248] ruffeſt du den Schmaus=Bruedern: Kommet her, laſſet uns Weın holen und voll ſauf= fen, und ſoll morgen ſeyn, wie heut, und noch viel mehr, Eſa. LVI, 12. Da ſitzeſt du denn mit den luſtigen Gaeſten, und iſſeſt die Laem= mer aus der Heerde, und die gemaeſteten Kael= ber; trinckeſt deinen Wein aus Schalen, und ſalbeſt dich mit Balſam, und bekuemmerſt dich nicht um den Schaden Joſeph, Amos VI, 3. Recht ſo! iſt diß nicht ein herrliches Leben?O wueſtes Welt=Kind! Ich ſorge, dieſe Herrlichkeit doerfte dir bald Hertzeleid bringen. Jetzt greiffeſt du begierig nach den Wolluſt=Ro= ſen; du wirſt dich aber in ihre Dornen noch zei= tig genug ſtechen, daß dir die Augen uebergehen, und die Finger bluten werden. Haſt du denn GOtt gantz und gar vergeſſen? Was ſolte GOtt nach mir fragen! Der Hoechſte achtet meiner Suende nicht, Pſ. XCIV, 7. Dencke nicht alſo: Es wird ein Tag kommen, da GOtt fuer alle dein Thun genaue Rechnung fordern wird. Ey! in der Welt gelebt, mit der Welt auch gemacht und gelacht. Im Tode hoeret doch alle Luſt auf. Ich will Kraentze tragen von jungen Roſen, ehe ſie welck werden. Ich will nichts fehlen laſſen mit prangen, daß man allenthalben ſpueren moege, wo ich froelich geweſt bin; ich habe doch nichts mehr davon, denn das, B. Weißh. II, 9.So wag es hin, Wueſtling! auf deine Ver= antwortung. Aber wiſſe, daß dich GOtt um dieſes alles wird fuer Gerichte fuehren, Pred. XI, 9. Ey! wenn der Moſt verbrauſet und die Ju [249] gend verſauſet, will ich auch an GOtt geden= cken. Freund! da iſts zu ſpaet.
Cui roſa dulce micans primo cum flore ne- gatur, Arida non illi ſpina placere poteſt.Wenn du die lieblichen Roſen dem Teufel gege= ben, dann verlangt GOtt auch deinen Dreſt nicht. Und, weiſt du denn, ob dich GOtt den Buß=Tag werde erleben laſſen? Nimm doch an ſo viel tauſend Weltlingen ein Exempel. Heu= te Freud, morgen Leid, ſo iſt es je und allezeit. Heute geht der Arme vor deinen Pallaſt fuerueber, und denckt: Da iſt eitel Freud und Wonne, Ochſen wuergen, Schaafe ſchlachten, Fleiſch eſſen und Wein trincken, Eſa. XXII, 13. Morgen heiſts: Da man fuerueber gieng, ſie= he, da war er dahin; ich fragte nach ihm, da ward er nirgends funden, Pſ. XXXVII, 36. O Eitelkeit, der Welt Freud!Lieber Bruder in Chriſto! laß ab. Dieſe Eitelkeit bringt um die Ewigkeit. Sieh doch, wie vergaenglich und ſuendlich alles irrdiſche iſt. Was iſt weltliche Ehre, wornach du ſo frueh= zeitig geſtrebet? Nichts denn ein Schatten von einem Nebel. Was iſt Reichthum, den du geſuchet? Nichts denn eine Laſt des Leibes und Unruh der Seelen. Was iſt Hoheit und An= ſehen? Nichts denn ein Spiel des Ungluecks. Was Wolluſt, der du von Hertzen ergeben ge= weſt? Nichts denn eine augenblickliche Ergoetz= lichkeit! ein Stanck von Sodom! ein Rauch [250] von der Hoellen. O Eitelkeit! O Nichtigkeit! Haetteſt du alle Ehre der gantzen Welt. Wae= reſt du weiſer denn Salomo; verſtaendiger denn Daniel, und reicher denn Croeſus. Waereſt du maechtiger denn Alexander; ſaeſſeſt du in den praechtigſten Schloeſſern und Pallaeſten; haetteſt dabey alle erſinnliche Luſt, Freude und Ergoetz= lichkeit. Was waer es? du wuerdeſt dennoch ſa= gen mueſſen: An dem allen habe ich keine Gnuege, Eſth. V. 13. Nichts irrdiſches giebt voellige Vergnuegung. Das ewige Gut macht rechten Muth.Darum, Welt=Kind! ſo ſuche dir eine be= ſtaendigere Luſt. Wo find ich dieſe? dort oben. Schwinge dich mit deinen Gedancken empor. Darf ich mir aber gar keine Freude in der Welt machen? Das hat dir GOtt nicht verbotten. Weinen hat ſeine Zeit, Lachen hat ſeine Zeit, Pred. Sal. III, 4. Aber der Sache darfſt du nicht zuviel thun. Iß dein Brod mit Freuden, trinck deinen Wein mit gutem Muth, Pred. IX, 7. Nur daß dieſe Freude im HErrn geſchicht. Nur daß du das himmliſche dem irrdiſchen, und das ewige dem zeitlichen nicht fuerzieheſt. Hoer was der Apoſtel ſpricht: Die ſich freuen, als freueten ſie ſich nicht. Und die dieſer Welt gebrauchen, daß ſie derſelben nicht miß= brauchen; denn das Weſen dieſer Welt vergehet, 1. Cor. VII, 30. 31. Schreib dieſe Worte mit gueldnen Buchſtaben in dein Hertz, wueſter Weltling! und halte beſſer Haus.
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III. Das reichlich verintereſſirte Allmoſen. Bey Betrachtung dieſer Worte: Spruechw. XIX. 17.
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WEr ſich des Armen erbarmet, der lei= het dem HErrn, der wird ihm wie= der gutes vergelten.DEr Reiche banquetiret; der Arme la- mentiret. Der Sroltze geht propre gekleidet! der Elende hat kaum ſeine Schande zu bedecken. Der Maechtige treibt Uberfluß mit ſeinen Betten, Amos VI, 4. Der Geringe hat nicht, wo er ſein Haupt hinlege, Matth. VIII, 20. So iſt der Welt Zuſtand.Reicher! geht dir dieſes nicht zu Hertzen? Lazarus koemmt fuer deine Thuer. Wilſt du ihm nicht aufthun? Es ſind ſchwere Zeiten, ich hab kein Mitleiden. Reicher! dein Hertz wird nicht ſteinern ſeyn? Leiheſt du ihm kein Brod noch Geld, ſo leih ihm nur dein Ohr; hoere ſein aengſt= liches Geſchrey. Leihe ihm deine Augen, und ſieh an ſein Elend. Vielleicht fallen dir Thraenen heraus, die dein Hertz erweichen. Mir nichts, dir nichts. Solteſt du Lazaro eine Krume Brod reichen? O nein! nicht ein Hunde=Bein. Solteſt du ihm ein Kleidgen zuwerfen? mit [252] nichten. Es duerffte deiner Pracht was abgehen. Deine Zimmer ſind ſtattlich bekleidet, den Ar= men laeſt du nackend. Er bekoemmt nicht ſo viel in die Haende, als du wirfſt fuer die Waende.Lieber GOtt! ich habe ſonſt groſſe Aus= gabe. Ja! aber wo thuſt du das Geld hin? Du ſchickſt es in die Laeden, auf die Fleiſch= Banck, und in Wein=Keller. Gilts daſelbſt liegt dein Capital? Ich gebe gleich wohl auch in die Allmoſen=Caſſe. Mein Groſchen klingt auch im Becken. Ich glaub es. Der Klang und Danck bringt eben dieſes Geben in Schwang. Hoer, wie iſt dein Allmoſen=geben beſchaffen? Man ſagt, du ſeyſt ein gar Chriſt= licher Jude. Beſchneideſt den armen Naech= ſten aerger, denn die alten Thaler. Hernach le- gireſt du von ſolchem Raube was zur Kirchen; kleideſt die Cantzel, Altar oder Tauffſtein. Behuete GOtt! ſo hoer ich biſt du aerger, als dort die Hohenprieſter; die machten ſich noch ein Ge= wiſſen, das Blut=Geld in Gottes=Kaſten zu le= gen, Matth. XXVII, 6. Du gemahneſt mich bald wie Simſon; als dieſer ſeinen Geſellen dreyßig Kleider verſprochen, und nicht zu geben hatte, ſchlug er dreyßig Philiſter todt, zog ſie aus, und befriedigte die Burſche, B. Richt. XIV. 19. Oder wie jener Schuſter, der das Leder ſtahl, und die Schuh um GOttes willen machte. Meyneſt du, du habeſts damit ausge= richtet? Nein! Solch Opffer iſt GOtt ein Greuel, Spruechw. XXI, 27. Dafuer wird dir wenig gutes vom HErrn widerfahren.
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Wer ſaeet im Segen, der wird auch ernden im Segen. Einen froelichen Geber hat GOtt lieb, 2. Cor. IX, 7. Ein ſo guter Allmoſen=Geber war Cornelius, Apoſt. G. X. 10. Die Phoehe leiſte= te denen Heiligen manchen Beyſtand und reiche Huelfe, Rom. XVI, 1. 2. Tabea war voll guter Wercke und Allmoſen, Apoſt. G. IX, 36. Wie gaſtfrey war nicht der fromme Loth? 1. Buch Moſ. XIX, 2. Wo ſind heut die Neune? die Freygebigkeit iſt eine ſolche Heilige, die nicht viel Altaere mehr in der Welt hat. Wer kan ſich jetzt mit Hiob ruehmen: Ich errettete den Armen, der da ſchrye, und den Waeyſen, der keinen Helfer hatte. Ich erfreute das Hertz der Wittwen. Ich war des Blin= den Auge, und des Lahmen Fueſſe. Ich war ein Vatter der Armen, Hiob XXIX, 12. Koenig Dionyſius kam einſt in ſeines Soh= nes Zimmer. Als er daſelbſt die gueldene und ſilberne Geſchirr, die er ihm verehret hatte, nach der Reihe ſtehen ſahe, erzuernete er ſich dar= ueber ſehr, und ſprach: In dir iſt kein koenig= lich Gemuethe, weil du mit meinen Ge= ſchencken dir hinwiederum niemand zum Freunde gemacht haſt.Nabals=Bruder! in dir iſt kein Chriſtlich Gemuethe gegen deinen armen Naechſten. Wie ſagt David? Der Gerechte iſt barmhertzig und milde, Pſ. XXXVII, 21. Du biſt alſo dei= ner Kargheit wegen ein ungerechter Mann. Den Tag, an welchem Kayſer Veſpaſianus nie= manden eine Wohltat erwieſen, hielt er vor [254] verlohren. Reicher! Reicher! wie viel Jahre gehen oft hin, ehe du den Armen einen Gro= ſchen heraus zeuchſt? Wird dir dieſes Seegen bringen? Das gehoert fuerm Hund, was du ent= zieheſt des Armen Mund. Es kan ſich keiner keinen groeſſern Schatz ſammlen, als in dem Ka= ſten armer Leute. Coſmus Medices, ein Her= tzog zu Florentz, wendete auf Kirchen=Bau und Allmoſen faſt mehr als Koenigliche Koſten. Doch ſagte er einſt: Er haette nie in ſeinen Rech= nungen befinden koennen, daß ihm GOtt was ſchuldig geblieben. Wahrlich, Allmo= ſen ſind keine Ausgabe, ſondern vielmehr eine reiche Einnahme. Ich ſage mit Syrach: Wohlthun iſt wie ein geſegneter Garte, und Barmhertzigkeit bleibet ewiglich, Syr. XL, 17. GOtt behaelt die Wohlthat des Menſchen wie einen Siegel=Ring, und die guten Wercke wie einen Aug=Apffel, Syr. XVII. 18. Alle Wohlthat wird ihre Staette finden, und einem jeglichen wird widerfahren, wie ers verdienet hat. Syr. XVI, 14.Lieber Bruder und Schweſter in Chri= ſto! gieb, wenn du was zu geben haſt. Hilff dem Armen um des Gebots willen, und laß ihn in der Noth nicht leer von dir. Sammle dir ei= nen Schatz in ihm, der wird dir beſſer ſeyn, denn kein Gold, Syr. XXIX, 12. 14. Wer ſich des Armen erbarmet, ſagt Salomo, der lei= het dem HErrn, der wird ihm wieder gutes vergelten, Spruechw. XIX. 17. Glau= be, das Intereſſe wird groeſſer ſeyn, als das Ca [255] pital. Und wenn du der geringſten einen auch nur mit einem Becher kaltes Waſſers traenckeſt, wahrlich es wird dir nicht unbelohnet bleiben, Matth. X, 42. Wo nicht zeitlich, doch ewig. Seelig, ſagt der Heyland, ſind die Barm= hertzigen, denn ſie werden Barmhertzigkeit erlangen, Matth. V, 7.O was fuer einen Troſt wird dir deine Gut= thaetigkeit geben in der Todes=Noth! Deine Gue= ter, Pallaeſte und Reichthuemer muſt du verlaſ= ſen. Den Schatz aber, den du dir in den Ar= men geſammlet, wirſt du im Himmel wieder finden, Matth. VI, 20. Das Vergelt dirs GOtt der Armen iſt nicht umſonſt. Das wuſte jener Hertzog in Savoyen, der hielte anſtatt der Jagd=Hunde eine Schaar arme Leute, die er taeglich ſpeiſete, und ſprach: Das ſind die Hunde meiner geiſtlichen Jagd, durch derer Gebet ich mir den Himmel zu erjagen gedencke.Noch eines, mein Freund! Soll dein All= moſen dir ſolch reichlich Intereſſe bringen? wohlan ſo gieb, weil du Zeit haſt. Gieb es nicht aus Zwang, ſondern mit freywilligen Hertzen. Gieb es GOtt zu Ehren, und deinem armen Naechſten aus Liebe. Conſtantinus hatte ein groſſes Armen=Haus erbauet, und ueber jeglichen Eingang den Namen JESUS ge= ſchrieben. Er gab die Ehre Chriſto, und nicht ſich. Gieb auch das Deine ohne Wiederver= geltung. Wenn du ein Mahl macheſt, ſo lade nicht deine Freunde, noch deine Brueder, noch deine Nachbarn, die da reich ſind, und dirs [256] vergelten; ſondern lade die Armen, Kruepel, Lahmen und Blinden; ſo biſt du ſeelig: denn ſie haben dir nicht zu vergelten, Luc. XIV, 12. 13. 14. Giebſt du, ſo poſaune es auch nicht an al= len Enden der Stadt aus. Laß deinen Nahmen nicht gleich, mit groſſen guldenen Buchſtaben auf die Gabe praegen. Weniger laß dich jaehr= lich mit von der Cantzel herab leſen. Laß die lincke Hand nicht wiſſen, was die rechte thut, auf daß dein Allmoſen verborgen ſey. Dein Vatter, der in das Verborgene ſiehet, wird dirs vergelten oeffentlich, Matth. VI, 3. 4. Gieb endlich deine Gabe ohne Aufruecken, ſo wird ſie dich zeitlich und ewig begluecken.

IV. Die gedemuethigte Hoffarth. Bey Betrachtung dieſer Worte: Eſa. XXXII, 9. 11.
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STehet auf, ihr ſtoltzen Frauen, hoeret meine Stimme, ihr Toechter, die ihr ſo ſicher ſeyd, es iſt fuerhanden ausziehen, bloeſen und guerten um die Lenden.FRemde Voegel, fremde Voelcker. Dis Spruechwort iſt oft ein wahr Wort. Vor Jahren lieſſen ſich in Ungarn viel unbekante und wunderbar geſtalten Voegel ſehen; hierauf fiel der Feind ein, und belagerte die ſchoen= ſten Staedte. Nicht vor langer Zeit ſahe man [257] ſolche auch in Preuſſen. Ich meyne, es kamen fremde Voelcker drauf.Teutſchland! Teutſchland! fremde Voe= gel, fremde Voelcker. Wo da fremde Voegel? Ach! nicht in Feldern und Waeldern; nicht in wueſten Einoeden und alten Gebaeuden: ſondern in groſſen Staedten und praechtigen Pallaeſten. Ein= heimiſche in auslaendiſchen Trachten, fremden Moden, Sprachen und Sitten. Teutſchland ein ſtoltzes Land. Da iſt Hoffart und alles voll= auf, und guter Friede, Ezech. XVI, 49. Der gelehrte Ernſt ſagte einſt auf der Cantzel zu Al= tenburg: Ich halt, wenn jetzt der Teufel kaeme, und neue Moden feil haette, man wuerde ihm abkaufen. Ich glaube, er wuerde an mehr Orten Kaeufer finden. Beſchaue nur un= ſere Laender und ihre Staedte, ſo wohl groſſe als kleine; du wirſt dich ueber den Kleider=Staat entſetzen: Stoltze Zions=Toechter mit aufgerichte= ten Haelſen, geſchminckten Angeſichtern und koeſt= lichen Schuhen an Fueſſen, wirſt du in allen Gaſ= ſen einher tretten ſehen, Eſa. III, 19.Koenig Salomo ließ einſt aus fremden Landen uebers Meer viel Affen herbringen, 1. B. Koenig, X, 20. Jetzt darf man ſie ſo weit nicht holen. Teutſchland iſt voller Affen. Wer nur was neues traegt, findet gleich ſeinen Nach=Affen. Wenn ich jetzt auf der Gaſſen gehe, weiß ich oft nicht, ob mir nicht Menſchen oder Geſpenſter begegnen. So weiß ich auch unter einem Herrn u. Laquay unter einer Frau und Magd, keinen Unterſcheid zu machen. Ich will nicht von der Pracht der [258] Groſſen ſagen. Wahrlich der Geringe iſt jetzt ſei= nem Standt nach weit weit hoffaertiger. Kaeyſer Auguſtus war ein reicher Potentat; trug aber gar geringe Kleider, welche ihm ſeine Gemahlin ſelbſt verfertigte. Die Kaeyſerin Irene hielt nichts vom Kleider=Staat, ſondern ſagte: Diejeni= gen beduerfen nur ſolchen Schmuck, die ihre Geſtalt mit ſich im Kaſten herum fueh= ren, und auſſet halb der Kleider nichts ha= ben, ſo jemand gefallen moechte. Jetzt iſt auch eine gemeine Buergers=Frau weit hoeher into- niret. Da muß ſeyn Veſtimentum, und ſelt auch fehlen Alimentum. Mann, Mann! ſchaff an, wilſt du mich gut han. Ein reinlichs Kleid, ein freundlichs Weib. Dieſe traegt das Kleid, ich muß es auch han; ich bin ſo gut als ſie. Je Frau! wo denn hernehmen? Mann ſorge, geh borge. Solt auch der Kinder Paten=Geld drauf gehen. Daß GOtt erbarm! reiche Frau, armer Mann, arme Kinder.Recht ſo Mann, du wilſt es nicht beſſer han. Wie ſoll ichs aber mit dem Hoffarts=Teufel anders anfangen? Soll das Eheband nicht ſchlaff werden, muß ich das Mode-Band drum winden. Ein Teufel muß den andern ausjagen. Mit Putz vertreib ich ihren Trotz. Mit Geſchmeide mach ich ſie geſchmeidig. Hoer Mann! hat denn die Frau die Hoſen an? Was nuetzen die koſtbare Spitzen? herunter geriſſen, ins Feuer geſchmiſſen. Laß deine Autoritaet mit Ernſt ſehen. Staeub aus die gepuderten Haare. Reiß herunter die Standa= re. Auf den Hackſtock mit dem verfluchten Mode- Rock. Der Frau regiren wird dich ſonſt ruiniren. Seide und Geſchmeide am Kleide bringt Leide. [259] Die Nahrnng zerrinnt; der Segen verſchwindt. Gedenck an mich.Frau! warum ſo hoehniſch? Hoffarts=Teufel! was lacheſt du? Waer ich Mann, ich wolt dich noch dazu lachen lernen. Elender Madenſack! dein Staat und Stand reimen ſich nicht. Bet= tel=Hoffart iſts. Hoer, wie die Jungen auf der Gaſſen nachſchreyen: Weibgen iſt kein Geld dabey, ſo iſts lauter Phantaſey. Solt es Beſtand haben? du biſt leicht am Gewichte. Nun haſt du groſſe Schulden auf dem Halſe, daran haengt vollends dein gantz Vermoegen. Solte dichs nicht zu Boden reiſſen?Summus ubi nitor eſt, ſumma ruina prope eſt.Ich ſorg, es wird dir gehen, wie den Raqueten. Wenn du fuer Hochmuth am hoechſten geſtiegen, wirſt du fallen. Stoltzer Muth kommt fuer dem Fall, Spruechw. XVI, 18. Erſchrick fuer dieſem Schall. Prange nicht mit deinen ſtoltzen Pfauen=Federn, du moechteſt ueber die kothigte Fueſſe fallen. Ach! Brod dafuer ins Hauß. Die Zins und Gaben fein richtig abtragen. Die Schuld=Leute contentiren. Den Kindern dafuer was geſammlet, 2. Corinth. XII, 14. Die Zei= ten ſind ſchwer; die kommen, duerften noch ſchwe= rer werden.Hoffart macht boeſe Zeiten. Veſtes Reipu- blicae peſtes. Jedes ſolt mit Hand zu Wercke le= gen: daß ſolches aus dem Lande geſchaffet wuer= de. Vor Jahren ließ die Obrigkeit zu Berlin einen Ochſen in einer groſſen Fontange hinaus [260] trommeln. Sonntags darauf verſpottete das ge= meine Volck eine alſo gezierte fuernehme Weibs= Perſon, und ſchryen ihr durch alle Gaſſen nach: Ochſen=Fontange! Ochſen=Fontange! da leg= te ſie ſolche ab. Jener Fuerſt ließ gar ein Mandat ausgehen, daß ſich alle Huren, auf das praech= tigſte zu kleiden, die Freyheit haben ſolten. Er ließ auch einſt in ſolcher praechtigen Kleidung einer Hure den Rehraus durch die Stadt geben. So es noch jetzt geſchaehe, waere es wohl nicht uebel ge= than.Kleider=Pracht ein Laſter vieler Laſter. Ein Laſter, daran GOtt und die heilige Engel einen Abſcheu tragen. Ein Laſter, das dem Teufel in der Hoelle gefaellt. Chryſoſtomus ſpricht gar: der Teufel buhle mit ſtoltzen Weibern. Hof= fart ein Laſter, das GOtt auch ſchrecklich zu ſtraf= fen pflegt. Was habe ich geſaget? Fremde Voe= gel, fremde Voelcker.Da ehedeſſen die ſtoltzen Zions=Toechter in ih= rer Pracht am hoffaertigſten waren, demuethigte ſie GOtt durch Krieg und Landes=Plagen; und der Feind muſte ihnen ihr Geſchmeide hinweg nehmen, Eſa. III, 16. Diß haben bißhero benachbarte Laen= der und Staedte auch erfahren. Hat man ſich auch dran ſpiegeln wollen? Es heiſſet noch immer mit uns; Unſer keiner laß ihm fehlen mit prangen! B. Weißh. II, 9. Spotte nicht. GOtt kommt ſchon mit der Ruthe gegangen. Mich duenckt, ich hoer ihn ſchon ruffen: Stehet auf ihr ſtoltzen Frauen! es iſt fuerhanden ausziehen, bloeſſen und guetten um die Len [261] den, Eſa. XXXII, 9. Hoereſt du nicht ſchon das Rauſchen der Waffen, und das Donnern der Stuecke frembder Voelcker? weiſt du, was GOtt fuer Gedancken habe? Vielleicht ſind es dieſe: Ich will des Hochmuths der Stol= tzen ein Ende machen, und die Hoffart der Gewaltigen demuethigen, Eſa. XIII, 11.Liebes Land! du biſt noch in ruhigen Stand. Wilſt du eine luſtige Naemi bleiben, und nicht Mara werden, ſo behalt die demuethige Ruth bey dir. Stoeſſeſt du ſie hinaus, dann iſts aus. GOtt wird hernach bald erfuellen, was er ge= drohet: Ich will das Land gar verwueſten, und ſeiner Hoffart und Pracht ein Ende machen, daß es ueberall ſo wueſte werde, daß niemand durchgehe, Ezech. XXXIII, 28. Haelt GOtt anjetzt noch durchs Gebet eines from= men Eliae der Feinde Macht zurueck, werde nicht ſicher. GOtt weiß die Hoffart ſchon durch an= dere Plagen zu demuethigen. Er weiß vor die Schminck=Flecke Hißkiae Peſt=Drueſen aufzule= gen, Eſa. XXXVIII. Vor die Frantzoeſiſchen Moden dich mit Frantzoeſiſcher Kranckheit zu ſtraffen. Edeltrud, eines Engliſchen Koeniges Tochter, eine ſtets geputzte Tocke. Ich meine GOtt zuechtigte ihren ſtoltzen Maden=Sack. Wie klagte ſie in ihrem Alter? Ihr weiſſer Hals, der in der Jugend mit ueberflueßigen Diamanten und Rubinen gepranget, mueſſe nun im Alter mit Schmertzens=Steinen und Beulen ſtoltziren; geſchehe ihr aber gar recht. Andern hat ein fruehzeitiger Tod den Putz=Spiegel ploetzlich aus [262] den Haenden geriſſen. Andern hat GOTT den Leib und Kleider wie ein Aaß ſtinckend gemacht, daß man auch die Kleider fuer Stanck in die Er= de ſcharren mueſſen.Statiſtiſche Bernice! Pernicies biſt du dei= nes Leibes und der Seelen. Hoer noch eines an, und geh in dich. Ich habe von einer ſtoltzen Dame geleſen, daß, als ſie nach kurtzer Kranckheit mit Tode abgangen, ſolche die erſte Nacht, da ſie noch unbegraben gelegen, zu ihrer Cammer= Jungfer lebhaft in das Schlaf=Gemach kom= men, mit dem ernſten Befehl, ſie ſolte ſie nach Gewohnheit aufputzen, und alle Forcht beyſeit legen, welchen Befehl die Cammer=Jungfer gantz zitternd nachkommen. Als der praechtige Aufputz fertig, iſt der boeſe Feind in falſcher Schoenheit hinein getretten, hat die Dame um= armet, und ſie lebendig in den Abgrund gefueh= ret. Des Morgens iſt der todte Coerper aus dem Sarge weg geweſen, und man hat den ledigen Sarg mit allem Geſchmeide und Ceremonien, damit dieſe ſchreckliche Sache nicht ruchtbar wer= den ſolte, ins Grab geſencket. Sieh! ſo wider= ſtehet GOtt den Hoffaertigen, 1. Petr. V, 5. Stehen dir nicht zu Berge die Haare? wohl, ſo leg ab, die Stantare; ſie muß bald mit dir auf die Bahre. Weg mit der Puder=Schachtel! Streu Aſchen aufs Haupt und thu Buſſe. Folge Frau, ſonſt folget der Grau. Koeſtlich Geſchmei= de ſchickt ſich nicht fuer gemeine Leute. Deine Pracht wird verlacht. Verachteſt du jetzt die Vermahnung? Es wird dich ewig gereuen. [263] Deine gueldene Ketten werden verurſachen, daß du mit glueenden Ketten in der hoelliſchen Finſter= niß wirſt gebunden werden. O wehe!Gute Nacht, du Stoltz und Pracht! Es iſt aller Schmuck gantz eitel, Pred. I, 2. Das Gras verwelcket; die Blume faellt ab, und ſeine Schoene verdirbet; ſo werde auch ich in meiner Habe verwelcken, Jac. I, 11. Ich will mich da= her in das Kleid der Demuth huellen, Coloſſ. III, 12. und weiſſe Kleider kauffen, daß ich mich anthue, und nicht dermaleinſt offenbaret werde die Schande meiner Bloeſſe, Offenbar. Joh. III, 18.

V. Das von GOTT darge= reichte Thraenen=Tuch.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Luc. VII, 13.
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Weine nicht!
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ICh wandte mich, und ſahe an alle, die Unrecht leiden unter der Son= nen, und ſiehe, da waren Thraenen derer, ſo Unrecht litten, und hatten keine Troeſter, Pred. Sal. IV, 1. Lieber Prediger! auf allen Straſſen und Gaſſen ſeh ich noch ſtuend= lich dieſe Thraenen=Quelle flieſſen. Ich hoer ein Gewinſel, Heulen und Wehklagen auf allen [264] Bergen und Huegeln. Rahel weinet, und will ſich nich troeſten laſſen, Jer. XXXI, 15. Hier ſchreyet eines mit jenem Knaben: O mein Haupt, mein Haupt! 2. B. Koenig. IV, 19. Dort ein anders mit dem Propheten: Mein Bauch, mein Bauch! Habac. IV, 16. Hier heulet einer mit David fuer Unruhe ſeines Her= tzens, Pſ. XXXVIII, 9. Dort ſchreyet ein ande= rer mit Aſſa ueber die Schmertzen ſeines Fuſſes, 2. B. Cron. XVI, 12. Hier heulet eines mit Siſſerae Mutter durchs Gitter, ueber den Ver= zug der Erloeſung, Buch Richt. V. 28. Dort verfluchet gar einer mit Hiob aus Ungedult den Tag ſeiner Geburt, Hiob. III, 2. Da entſtehet ein lamentiren ueber die Verwueſtung ſo mancher ſchoenen Stadt und Landes, Jer. LI. Dort weinet ein Haufe ueber die Erſchlagenen, die als Schaafe zur Schlachtbanck gefuehret worden, Jer. IX, 1. Hier ſeuftzen und wehklagen viele ueber das gezuckte Schwerdt; ueber Verlaſſung Hauß und Hof, Weib, Kinder und Rinder. Dort preſſet andern haeufige Thraenen aus den Augen theure Zeit und Peſtilentz. Hier andern das Armuth, Verachtung und Verfolgung. Dort weinen und heulen etliche ueber das Unrecht und Unterdruckung; hier hat GOtt ſelbſt an= dern eine ſolche Creutzes=Buerde auf die Schul= tern geleget, die ihnen eine Thraenen=Fluth nach der andern auspreſſet.Was hier zu thun, meine Seele? Thraenen ſind auch deine Speiſe Tag und Nacht, Pſ. XLII, 4. Sag an, was preſſet dir ſolche aus den [265] Augen? Was fuer eine Plage erweckt dir dieſe Klage? Nicht eine Plage. Ich bin geplagt taeglich, und meine Straffe iſt alle Morgen da, Pſ. LXVIII, 14 Solteſt du wegen dieſer Pla= gen ſo aengſtlich klagen und zagen? Sie nehmen kein End? zu rechter Zeit, mein Hertz.
JEſus, der des Creutzes Plagen Selbſt perſoenlich hat getragen, Weiß am beſten Stund und Zeit, Wenn ſich enden ſoll dein Leid.Wer kan ſich aber der Thraenen ueber ſein Elend enthalten?Expletur lacrymis egeriturque dolor.Das iſt wahr. Die Welt ein Thraenen=Thal. Darinnen wird der Menſch weinend gebohren, und ſtirbt weinend. So iſt auch GOtt weinen und trauren nicht zuwider. Ohne Thraenen iſt nie ein Menſch aus der Welt gangen. Abra= ham beweinete ſeine geliebte Saram, 1. B. Moſ. XXIII, 2. Jacob ueber ſeinen Joſeph, 1. B. Moſ. XXXVII, 34. hernach Joſeph ueber den Tod ſeines Vatters Jacobs, Cap. XLIX. Die Iſraeliten beweinten Moſen, 5. Buch Moſ. XXXIV, und David beweinete ſeinen Abſalom, 2. Sam. XVIII. JEſus ſelbſt, wie die Evangeliſten anmercken, hat in den Tagen ſeines Fleiſches zweymal geſeuftzet, Marc. VII, 34. Marc. VIII, 12. und zweymal geweinet, Luc. XIX, 41. Joh. XI, 35. So iſt auch Chri= ſtus denen Weinenden allezeit am naechſten. Thraenen geben dem Gebet gleichſam Fluegel, de [266] ſto behender fuer GOttes Audientz=Gemach zu kommen. Nur muſt du Maſſe darinnen halten. Ein ungedultiges und allzuaengſtliches Weinen iſt GOtt mehr betruebt, als beliebt.Wie ſprichſt du? GOtt ſpeiſet mich mit Thraenen=Brod, und traencket mich mit groſſem Maaß voll Thraenen, Pſ. LXXX, 6. Das iſt gut, und ein Zeichen ſeiner Liebe, Offenb. III, 19. Er betruebet, die er liebet; und traegt, die er ſchlaegt. Auf dieſes Weinen wird wiederum die Sonne ſcheinen, Tob. III, 23. Auf dieſes Thraenen=volle Leid folget endlich auch erwuenſch= te Freud, Pſ. CXXVI, 5.Sey ſtill, bethraentes Kind GOttes! JEſus hat ſchon das Tuch in der Hand, dir die Thraenen abzuwiſchen. Hoer, wie dir ſein troeſtlicher Mund zuruffet: Weine nicht! Luc. VII, 13. ! machs mit deiner Bekuemmerniß nicht allzuviel! ſtill dein betruebtes Hertz! giebs zur Ruh! Was wilt du alſo trauren? GOtt ſiehet deine Thraenen, Eſa. XXXVIII, 5. Er hoeret dein weinen, Pſ. VI, 6. Er faſſet jeden Zaehren in ſei= nen Sack, Pſ. LVI, 9. Von daher kommen ſie niemals, als mit gnaediger Erhoerung zurueck, Tob. VII, 13.Was hoer ich dich einwenden? Dieſes Troſt= Feuer falle auf naſſes Stroh. Wie ſeufftzeſt du? Meine Seele will ſich nicht troeſten laſſen, Pſ. LXXVII, 3. Der HErr hat mich voll Jam= mers gemacht um meiner groſſen Suende willen, Klagl. I, 5. Ey! er wird dich wiederum voll Freu= de machen um deiner ernſten Reue willen. Tilge [267] du mit Thraenen das Regiſter deiner Blut=ro= then Miſſethaten, ſo wird auch Chriſtus die Handſchrift durch ſein Blut voellig ausloeſchen. Saeeſt du mit Thraenen Buſſe, wirſt du mit Freuden die Vergebung ernden, Pſ. CXXVI. 5. Weineſt du mit Petro bitterlich, wird GOtt ſeyn erbittlich. Heuleſt du mit jener Suenderin, wird dich auch GOtt, wie ſie, wieder heilen, Luc. VII, 38. 47.Ihr meine Augen! ſo thraenet denn immer zu GOtt, Hiob. XVI, 20.
Weint, ach weint jetzt um die Wette, Meiner beyden Augen Bach; O daß ich gnug Thraenen haette, Zu beweinen meine Schmach! O daß aus den Thraenen=Brunnen Kaem ein milder Strom geronnen!Seyd immerhin Thraenen=Quellen, Jer. IX, 1. Die Troſt=Quelle wird ſich doch auch oefnen. Non ſemper lacrymae. Die Veraenderung wird endlich doch kommen. Wenn ich lang ge= nug Dornen geleſen, werd ich auch der Ro= ſen genieſſen. Hab ich lang genug im Fin= ſterniß geſeſſen; werd ich auch endlich wie= derum das Licht ſehen. Nach der Truebſal, Labſal. Nach dem Druecken, Erquicken. Nach dem Weinen, Wein; ſo wirds endlich ſeyn. Kommts nicht zeitlich, doch ewig. Dort wird GOtt abwiſchen alle Thraenen von meinen Au= gen, Offenb. XXI, 4. Freudig, mein Hertz! GOtt ruft dir zu im Schmertz: Weine nicht! Ergreif diß Tuechlein, und trockne deine naſſe Augen ab.
|| [268]

VI. Das herrlichſte Banquet. Bey Betrachtung dieſer Worte: Matth. XXII, 4.
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MEine Mahlzeit hab ich bereitet, mei= ne Ochſen und mein Maſt=Vieh iſt geſchlachtet, und alles bereit, kommet zur Hochzeit.KOmmet zur Hochzeit! was meineſt du Schlemmer! Gilts, dieſe Glocke klingt in deinen Ohren lieblicher als die, ſo lautet: Kommt, laſſet uns auf den Berg des HErrn gehen, Eſa. II, 3. Freylich. Wo Ceres und Bacchus beſcheren; Die Tafel mit vollen Schueſſeln und Bechern beſchweren, iſt gut ein= kehren. Da iſt gut ſeyn, wo Bier und Wein. Solteſt du wohl jemals ſo eine erfreuliche Invi- tation ausgeſchlagen haben? Ich zweifle. Der Bauch dein GOtt, Philipp. III, 19. Der leidet keine Noth. Dein Aug ergoetzet ſich an ſchoenen Creaturen. Dein Ohr an lieblicher Muſic. Dein Mund genieſſet das delicateſte von der Welt. Aber das Auge der Seelen iſt nie gen Himmel gerichtet, noch dein Ohr auf GOttes Wort. Dein Mund koſtet auch ſelten das Brod des Lebens. Die Weißheit hat ſich muede geruffen: Komm, zehre von meinem Brod, und trincke des Weins, den ich ſchencke, [269] Spruechw. IX, 5. Wie haſt du geantwortet? Wer iſt der HErr, des Stimme ich hoeren mueſſe: 2. B. Moſ. V, 2. Biſt du nach Ge= wohnheit erſchienen, ſo hat dir doch das rechte Hochzeit=Kleid gemangelt, Matth. XXII, 12. Wie wilſt du Veraechter einmal beſtehen? Der Alchimiſten Oel hilft etlichen Patienten zur Ge= ſundheit, andern aber vom Leben zum Tode: So gereicht auch Chriſti Fleiſch und Blut den Buß= fertigen zum Leben, denen Veraechtern aber zur Verdammniß. Geh hin zu deinem ewigen Ver= derben, auf dein irrdiſch Banquet.Ich weiß ein weit herrlichers. Heut ruffet mir JEſus: Komm zur Hochzeit! die Mahl= zeit iſt bereit. Matth. XXII, 4. Freudig meine Seele! dieſer Tag iſt ein Feſttag fuer dich. Heut will dich JEſus in das geiſtliche Banquet-Hauß fuehren, und ueber dir ausbreiten das Pannier der Liebe, Hohel. II, 14. Kaeyſer Caligula ließ einſt ſeinen Gaeſten lauter gueldne Brod aufſetzen. Hier iſt Brod, ſo weit koeſtlicher iſt, als alles Silber und Gold der gantzen Welt. JEſus ſetzet mir fuer himmliſche Lecker=Bisgen, ſeinen Leib und Blut. Er reichet mir Manna, ſo meine Seele ſtaercket und ſaettiget zum ewigen Leben. Er reichet mir einen Becher, mit der goettlichen Natur per- fumiret; voll ſueſſes Kraeuter=Weins von der Liebe GOttes. Er ruffet mir dabey zu? Trinck meine Freundin, und werde truncken, Hohel. V, 1. Nimm hin und iß, diß iſt mein Leib, fuer dich in den Tod gegeben. Nimm hin und trinck, diß iſt mein Blut, ſo fuer deine Suende vergoſſen. Wer [270] mein Fleiſch iſſet, und trincket mein Blut, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am jueng= ſten Tage auferwecken. Johann. VI, 24.O welch ein herrliches Banquet! O was fuer ein unwuerdiger Gaſt bin ich hierzu! Wer bin ich HErr! daß du dich wendeſt zu einem todten Hun= de, wie ich bin? 2. Sam. IX, 9. Mephiboſeth freuete ſich, daß er gewuerdiget wurde, bey eines Koeniges Banquet und Tafel taeglich ſein Gaſt zu ſeyn, 2. Sam. IX, 7. Du Koenig des Himmels! wie ſoll ſich mein Hertz und Seele nicht freuen, daß ich an deiner herrlichen Liebes=Tafel das Brod des Lebens genieſſe? Pflegten ehedeſſen die Jueden ihre Gaeſte mit Oel zu ſalben, und bey denen Mahl= zeiten zu kueſſen: Ach JEſu! ſo gieſſeſt du ein lieb= lich Freuden=Oel in meine Seele, und kueſſeſt mich mit dem Kuſſe deines Mundes, Hohel. I, 1. Was ſind aller irrdiſchen Koenige Banquete zu rechnen gegen dieſes Himmliſche? Dort genieſſet man Fleiſch der Thiere; hier Fleiſch und Blut des Lam= mes GOttes. Auf jene Speiſe hungert und dur= ſtet man wieder; auf dieſe nicht. In Candia waechſt ein Kraut, Immerſatt genan ̅ t! wenn man nur einen Biß drein thut, iſt man den gantzen Tag frey vom Hunger. JEſu! du Wurtzel Jeſſe, Rom. XV, 12. Wer zu dir kommt, den wird nicht hungern, und wer an dich glaeubet, den wird nimmermehr duerſten, Joh. VI, 35.O meine matte! O meine durſtige Seele! auf! JEſus ruffet noch einmal: Komm zur Hoch= zeit! Geh hin, genieß dieſe fette Mahlzeit. Him= mel=Brod wird dir aufgeſetzet. O was herrliche [271] Wuerckung hat es in deinem Hertzen! es ermun= tert deine Begierden; es ſtaercket deine Gnaden= Gaben; es toedtet deine verderbte Natur? es macht deine Hofnung lebendig; es vermehret deine Freude, und hilft dir zur himmliſchen Freude. Man haelt dem Elephanten rothen Wein fuer, damit er im Streit deſto beſſer fechte. Mein Hertz! JEſus ſtellet dir den rothen Saft ſeines Blutes fuer; davon ſolſt du trincken, daß du Staercke bekommeſt, den Satan zu ueberwin= den. Dieſer mit JEſu Blut angefuellte Becher iſt dir ſtets voll eingeſchenckt, Pſ. XXIII, 5. Iß, und erquicke dich. Trinck, und werde truncken. O theure Speiſe! O koeſtlicher Tranck!
O ſueſſer Lebens=Tranck, wie labſt und kuehlſt du mich! Das Hertz faengt an zu ſpringen, Die Zunge Lob zu ſingen, Wohl mir! ach nimmermehr, mein Heyland, laß ich dich.Ach ſchmecke, liebe Seel! und ſieh, wie freund= lich der HErr iſt, Pſ. XXXIV, 9. Iſt der Ge= ſchmack im Glauben ſo angenehm, wer vermag die Anmuth dort im Schauen auszuſprechen?
O ſueſſer Himmels=Schmack! O angenehme Speiſe! Ich lalle nur davon, Im abgebrochnen Thon: Wer dich recht ſchmeckt, der iſt geſchickt zur Himmels=Reiſe.Doch iſt es beſſer, ſag mit dem groſſen Loeſcher, von dieſen himmliſchen Sueſſigkeiten viel empfin= den, und wenig ſagen, als viel reden, und nichts [272] erfahren. Meine Zunge iſt zu ſchwach, die reichen Gueter des goettlichen Hauſes, und die Vortref= lichkeit der Speiſen auszuſprechen. Genug, daß ich ſie bey dem Gaſtmahl GOttes gekoſtet habe. Spotte immer hin, tolle Welt, und ſage: GOt= tes Kinder ſind voll ſueſſen Weins, Apoſt. G. II, 13. Mich ſoll nichts in meiner Freude irre ma= chen. Mir ſoll nichts die Sueßigkeit des himmli= ſchen Gaſt=Mahls verleiten. Ich laſſe der Welt ihre Traebern; Sie laſſe mir die fetten Gueter des Hauſes GOttes. Will niemand zur Tafel meines GOttes kommen? ſo will ich mich daran allein er= goetzen. Hier will ich bleiben; denn es gefaellt mir wohl. Nun, ſo ruffe denn JEſu! weit und breit: Kommt zur Hochzeit! Ich folge; und alle, die JEſum lieb haben, mit mir.
Kommt ihr geladnen Gaeſte, Weil alles iſt bereit, Euch will aufs allerbeſte Mein JEſus ſpeiſen heut; Die ſueſſen Himmels=Gaben Die ſollen euch jetzt laben In ungekraenckter Luſt.
Du Quelle unſers Lebens, Du Licht voll Himmels=Schein, Ach laß mich nicht vergebens Bey dieſer Freude ſeyn; Gieb, daß diß ſueſſe Schmecken Den Hunger moeg erwecken Nach deinem Himmels=Mahl.
|| [ID00305]
Der Menſch iſt Gottes Müntz, draŭffer ſein, Bild gepräget Hieh aber wie er ietzt des Hatanns Bildniß träget.
|| [ID00306]
|| [273]
Der Hertzerquickenden Blumen und Gemuethslabenden Aepfel Neunte Schale.

I. Die ſchaendlich verfaelſchte Muentze.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Matth. XXII, 20.
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WEs iſt das Bild und die Uberſchrift?DEr Menſch iſt GOttes Muentze. In der erſten Schoepfung hat er ſein Bildnueß drauf gepraeget. Laſ= ſet uns Menſchen machen, ein Bild, das uns gleich ſey. 1. B. [274] Moſ II, 26. Welch ein vortreflicher Muentz= Meiſter! welch ein herrliches Bildnueß!Menſch! wo iſt das goettliche Ebenbild? Ich erſchrecke ueber deinen Anblick. Sieheſt du doch eher dem Teufel aehnlich. Du ſprichſt: Meine Groß=Eltern haben mich drum bracht; dieſe ha= ben mir die Schoene ausgeloeſcht, und eine Ungeſtalt aus mir gemacht. Das iſt wahr; dir aber giebts keine Entſchuldigung. Hat ſichs JEſus nicht ſauer genug werden laſſen, die Geſtalt GOttes in dir wiederum zu erneuren? Thut dieſes GOtt nicht noch dieſe Stunde? Bemuehet er ſich nicht durch die Diener ſeines Worts, daß Chriſtus in dir eine Geſtalt gewinnen moege? Gal. IV, 19. Aber, wilſt du auch ſolche Geſtalt annehmen? Du verfaelſcheſt ſolche vielmehr, und muentzeſt durch allerhand Laſter den hoelliſchen Satan nach.Von Natur biſt du freylich eine verworfne Muentze. Des Satans heßliche Larve aller Suen= dein und Laſter, haſt du mit auf die Welt bracht. Wie lautet die Uberſchrift? Kinder Belials, 5. B. Moſ XIII, 13. Kinder der Boßheit, Matth. XIII, 38. Kinder des Teufels Apoſt. G. XIII, 10. In der Taufe aber hat dich GOtt um= gepraeget, und einen andern Schlag gegeben. Welchen? Das Ebenbild ſeines Sohnes. Rom. VIII, 29. Auch eine andere Uberſchrift. Dieſe lautet: Kinder des lebendigen GOttes, Gal. III, 26. Erben des ewigen Lebens nach der Hofnung, Tit. III, 7. Haſt du dieſes ſchoe= ne Bild und Uberſchrift nicht ſchaendlich wie= derum verfaelſcht?
|| [275]
Heuchler! du geheſt in Engels Geſtalt einher. Aber weß iſt eigentlich dein Bild und die Uber= ſchrift? Tritt her; ich will dich demaſquiren. Traegeſt du nicht das Bild eines weiſen Schwa= nes? Unter der weiſen Decke traegſt du eine heßli= che Haut. Du gleicheſt denen Spaniſchen Fliegen: Von auſſen zeigeſt du Gold, von in= nen biſt du voller Gift. Freundlich iſt deine Ge= ſtalt; Feindlich dein Sinn. Du haſt Honig im Munde, aber Galle im Hertzen. Ans Hauß haſt du gemahlet die Heiligkeit; dein Inwendiges a= ber iſt Hertzeleid, Pſ. V, 10. Du haſt den Schein eines gottſeligen Weſens; aber ſeine Kraft ver= laeugneſt du, 2. Tim. III, 5. Meyneſt du aber nicht, daß dich GOtt kenne?Ungehorſamer! Weß iſt dein Bild und die U= berſchrift? Es iſt das Bild eines unbaendigen Maul=Eſels. Ein Ochſe kennet ſeinen Herrn, und ein Eſel die Krippe ſeines Herrn, aber Iſrael kennets nicht, und mein Volck vernimmts nicht, Eſa. I, 3. So muß GOtt ſelbſt ueber dich klagen. Chriſtus war ſeinem Vatter gehorſam biß zum Tode, Philipp. II, 8. Du aber wilſt hierinnen ſei= nem Bildniſſe nicht gleich werden. Dein Hertz will immer den Irrweg, und GOttes Wege wilſt du nicht wiſſen, Pſ. XCV, 10. Deine Prediger ruffen, du wilſt nicht antworten. Sie pfeiffen, du wilſt nicht tantzen, Matth. XI, 17. Wie ſprichſt du? Gebeut hin, gebeut her, Eſa. XXVIII, 10. Nach dem Wort, das du mir im Nahmen des HErrn ſageſt, will ich dir nicht ge= horchen, Jer. XLIV, 16. Wo denckeſt du hin [276] aus? Weiſt du nicht, daß Ungehorſam eine Zau= berey=Suende iſt? 1. Sam. XV, 24. Zeitlicher und ewiger Fluch iſt allen Ungehorſamen bereitet, 5. B. Moſ. XXVIII, 15.Huret und Ehebrecher! Weß iſt dein Bild? Ich will dirs ſagen. Es iſt das Bild eines geilen Hengſtes. Deine Brunſt iſt wie der Eſel und Hengſte Brunſt, Ezech. XXIII, 20. Du wieherſt nach deines Naechſten Weibe wie ein voller mueßi= ger Hengſt, Jer V, 8. Dein gantzer Leib und Anblick zeiget ein verhurtes Venus-Bild. Du haſt eine Huren=Stirn, Jer. III, 3. Augen voll Ehebruchs, 2. Petr II, 14. Huren=Haen= de, welche die Jugend bey den Kleidern erwiſchen, 1. B. Moſ. XXXIX, 12. Huren=Fueſſe, die A= bends ausgehen, und an den Ecken der Gaſſen lauren, Spruechw. VII, 12. Verhurte Mi= nen; Du winckeſt mit Augen, deuteſt mit Fueſ= ſen, zeigeſt mit Fingern, Spruechw. VI, 13. Ver= hurte Reden; Komm, laß uns gnug buhlen biß an den Morgen, Spruechw. VII, 16. Du haſt ei= nen Huren=Geiſt im Hertzen, Hoſ. V, 6. Ach Schande! du nimmſt Chriſti Glieder alle, und machſt Huren=Glieder draus, 1. Cor. VI, 15. O du heßliches Bildniß! Du biſt GOttes Tem= pel und Ebenbild; dieſes verderbeſt du mit deiner Huren=Schmincke. Hoer! wer den Tempel GOttes verderbet, den wird GOtt wieder verderben, 1. Cor. III, 17. Unzuechtige Bilder gehoeren ins Feuer. GOtt wird einmal dein Hu= ren=Bild auch mit Feuer und Schwefel verbren= nen, Offenb. XXI, 8.
|| [277]
Hoffaertiger! daß du dich deiner Kleider ſo er= hebeſt? Stoltzes Weib! Daß du mit ſo groſen Gepraenge einher trittſt? Weß iſt dein Bild? Fuerwahr nicht des demuethigen JEſu. Der gieng in einem ungeneheten Rocke einher. Du traegeſt das Bild eines ſtoltzen Pfauens. Deine Per= ſon brueſtet ſich, wie ein fetter Wanſt, Pſ. LXXIII. 7. Du denckſt: Ich bin die Allerſchoenſte! Ezech. XXVII, 3. Kehre es um. Die Allerheß= lichſte biſt du. Du aehnlicheſt dem Wiedehopf. Auſſer den Federn iſt nichts ſchoenes an dir. Pfuy! die Weiber ſtincken, die ſich ſtets ſchmuecken und ſchmincken. Ach! was erhebſt du dich, du arme Erde und Aſche? Syr. X, 10. Huete dich. GOtt zerſtreuet, die hoffaertig ſind in ihres Her= tzens Sinn, Luc. I, 51. Siehe daß dir GOtt an ſtatt der Schmincke nicht etwa die Krebs=Far= be anſtreichet Nimm dich in acht, daß dir GOtt dein ueberflueßig Geſchmeide nicht mit Franzoeſiſchen Rubinen auszieret.Trunckenbold! Weß iſt dein Bild und die Uberſchrift? Siehe dich nur ſelbſt an, ob du nicht dem Baccho aehnlicheſt. Den Bauch haſt du zu deinen Gott gemacht, Philipp. III, 19. Dieſem opferſt du gar fleißig. Du ſieheſt nuech= tern die Sonne weder auf noch untergehen, Eſa. V, 11. Ebrius eſt explicatus Diabolus: Ein trunckener Menſch iſt ein rechter le= bendiger Teufel. Beſtie! du ſaeufſt, daß du taumelſt, und die Thuer nicht finden kanſt. Mey= neſt du die Himmels=Thuer zu treffen? Es wird dir fehlen. Hunde gehoeren nicht im Himmel, [278] Offenb. XXII, 15. Hoellenwaerts wirſt du tau= meln; Hoellenwaerts auch fallen, Gal. V, 21.Dieb und Ungerechter! Du gleicheſt wohl am beſten dem Vogel Greiff. Thaeteſt alſo wohl, du praegeteſt ſolchen auch in dein Wap= pen; an ſtatt des Lammes und der Taube, da= mit jederman bald an den Federn wahrnehme, daß du ein Raub=Vogel ſeyeſt. Du ſchindeſt und ſchabeſt! raffeſt alles zuſammen per fas & nefas; betruegeſt und bevortheileſt deinen Nech= ſten im Handel und Wandel. Glaube nur, un= gehenckter Dieb, daß du den Galgen nicht entlauffen wirſt. Der hoelliſche Greiff wird dir die Federn ſchon ausrauffen. So wirſt du auch hier zeitlich nicht reich bleiben, dein Diebes=Gut wird nicht beſtehen, und dein Glueck wird ſich nicht ausbreiten im Lande, Hiob XV, 29.Verfolger und Unterdrucker! Weß iſt dein Bild und die Uberſchrift? Der grauſame Nero fuehrte einen Loewen und Baeren. Ich ſeh du haſt ihm ſolche Thiere entlehnet. Was traegeſt du anders, als das Bild eines freßigten Wolffs, grimmigen Loewens und reiſſenden Baerens? Du uebeſt Gewalt im Recht der Elenden, und die Wittwen mueſſen dein Raub, und die Waey= ſen deine Beute ſeyn, Eſa. X, 2. O dafuer wird der Satan deine Seele zur Beute bekommen.O du ſchoenes Ebenbild GOttes! Was fuer eine erſchreckliche Ungeſtalt hat der Menſch aus dir gemacht? Im Jahr 1621. wurde zu Neapolis ein Becker weil er falſche Muentze ge= macht, nebſt 24. andern ſolchen Geſellen an Gal [279] gen gehencket. Ihr falſchen Nach=Muentzer des Satans! meynet ihr, dem Stricke des hoelliſchen Jaegers zu entfliehen? Kayſer Auguſtus ließ einſt alle falſche Muentzen im Lande zuſammen ſamm= len, und ins Feuer ſchmeiſſen. So wird GOtt auch einmal mit euch verfahren. Droben im himmliſchen Jeruſalem findet man dergleichen Bildniſſe nicht, Offenb. XXII, 15. Solt euch GOtt in ſolcher Teufels=Larve einmal kennen? Nein! Jener aus dem Staube von GOtt er= hobne Potentat wolte ſeine arme Mutter, da ſie in praechtiger Kleidung zu ihm kam, nicht ken= nen, noch eher vor ſich laſſen, biß ſie ihre vorige elende Kleidung angeleget haette. So wird auch Chriſtus, wenn ihr vor die Himmels=Thuere kommen und ſagen werdet: HErr, thue uns auf! ſprechen: Wahrlich ich kenne euer nicht, Matth. XXV, 11. 12. Zeiget mir die Muentze ſamt dem Bildniß; wird es heiſſen. Iſt ſie nun nicht GOttes, ſondern des Teufels? wird er ſprechen: Gebet dem Teufel, was des Teufels iſt. Fuer dieſem Urtheil behuete GOtt euch und mich.

II. Der Schmied ſeines eignen Ungluecks.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Hoſ. III, 9.
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ISrael, du bringeſt dich in Unglueck, denn dein Heyl ſtehet allein bey dir.
|| [280]
MEin Volck iſt muede, ſich zu mir zu kehren, und wie man ihnen pre= diget, ſo richtet ſich keiner auf, Hoſ. II, 7. Hoer, verſtocktes Hertz! wie GOtt ueber dich klagt. Er ruft; du wilſt nicht hoe= ren. Er vermahnet; du wilſt nicht folgen. Er drohet; du wilſt nicht erſchrecken. Er ſtraffet; du wilſt dich nicht dran kehren. Er redet freund= lich und locket dich; aber du biſt wie eine ver= lockte Taube, die nichts mercken will, Hoſ. VII, 11. Sie wollen nicht aufmercken, ſpricht der HErr, und kehren mir den Ruecken zu, und verſtocken ihre Ohren, daß ſie nicht hoeren, und ſtellen ihre Hertzen wie einen Demant, Zach. VII, 11. 12. Was Wunder, wenn GOtt wieder ſein Hertz gegen dir verhaer= tet? Wer ſolte Schuld an deinem Verderben ſeyn? Wahrlich GOTT nicht. Er thut das Seinige. An dir fehlts.Du klageſt: Es gehe dir gantz verkehrt in der Welt. Vielleicht nimmſt du es verkehrt fuer? Du ſprichſt: Du habeſt weder Glueck noch Stern. Vielleicht ſucheſt du ſolches nicht ueber den Sternen? oder ſtoeſſeſt es muthwillig von dir? Vielleicht lebeſt du in groben Suen= den, welche allen Segen GOttes hindern und mindern? Quilibet fortunae ſuae faber. Je= der Menſch iſt ſeines Gluecks und Ungluecks Schmied. Wie ſprichſt du: Du ſeyeſt zum Unglueck gebohren? GOtt habe dich zu dem und jenem Unglueck praedeſtiniret? [281] Das iſt recht Gotteslaeſterlich geredet. Calvinus mag ſeine Lehre verantworten. Wie hat dieſer geſchrieben? Non pari conditione creantur omnes ſed aliis vita aeterna, aliis aeterna dam- natio praeordinatur. Itaque prout in alteru- trum finem quisque conditus eſt, ita vel ad vitam, vel ad mortem praedeſtinatus dicitur: Es werden nicht alle mit gleicher Beſchaf= fenheit erſchaffen, ſondern etlichen wird das ewige Leben, etlichen wird die ewige Verdammnis zuvor verordnet. Dero= wegen nach dem ein jeder zu dieſem oder jenem Zweck erſchaffen iſt, nach dem wird er auch entweder zum Leben, oder zum Tode praedeſtiniret und verſehen. Nein! nein! GOtt ſuchet jedes Menſchen Heyl und Wohlfarth, 1. Tim. II, 5. Er will nicht, daß jemand verlohren werde, ſondern daß ſich jeder= man zur Buſſe kehre, 2. Petr. III, 9. Er giebt dem Menſchen auch Mittel genug an die Hand, darzu zu gelangen. Daß er ſolche verachtet und von ſich ſtoeßt, iſt die Schuld ſein ſelbſten.Der erſten Welt gab GOtt Friſt zur Buſſe hundert und zwantzig Jahr, 1. B. Moſ. VI, 3. Der Stadt Ninive, nach Jonae Buß= Predigt, viertzig Tage, Jon. III, 4. Der Stadt Jeruſalem nach Chriſti Himmelfarth viertzig Jahr. Weil Ninive Buſſe that, ſo verſchonete ihr GOtt, Jon. IV, 10. Aber da es die erſte Welt nicht thate, muſte ſie im Waſ= ſer verderben, 1. B. Moſ. VII. Sodom und Gomorrha im Feuer untergehen, 1. B. Moſ. [282] XIX, 24. Das Juediſche Volck wurde in die Babyloniſche Gefaengniß gefuehret. Die Stadt Jeruſalem verheeret und zerſtoehret. War da nicht der Menſch ſelbſt Schuld? ich meyne GOtt flehet und ſuchte Jeruſalem. Jeruſalem Jeruſalem! wie oft hab ich deine Kinder verſammlen wollen, wie eine Henne ver= ſammlet ihre Kuechlein unter ihre Fluegel, und ihr habt nicht gewollt, Matth. XXIII. 37. Ich habe gewollt, aber ihr habt nicht ge= wollt. Wer iſt alſo Schuld? Iſrael, du brin= geſt dich ſelbſt in Unglueck, denn dein Heyl ſiehet allein bey dir, Hoſ. XIII, 9.Wer ſich warnen laeßt, entgehet der Gefahr. Wer nicht, kommt darinn um. Jonathan warnete den David fuer Saul. Und weil er folgte, erhielt er ſein Leben. GOtt warnete den Abimelech im Traum fuer Abrahams Weib. Haette er nicht gefolget, waere er ums Leben kommen; ſo aber erhielt ers, 1. B. Moſ. XX, 12. So warnete er auch im Traum die Weiſen aus Morgenlande, Matth. II, 12. GOtt laeſſet es auf ſeiner Seiten an nichts feh= len, die Menſchen aus der Gefahr zu reiſſen. Mit Gewalt thut ers freylich nicht. Er laeßt den Menſchen ſeinen freyen Willen, womit er ihn in der Schoepfung begabet hat. Wer klug iſt, ſiehet das Unglueck und verbirget ſich, die Albern gehen durchhin, und werden beſchaediget, Spruechw. XXII, 3. Laß dir alſo rathen, ſo kommſt du nicht in Schaden. Laß ab von Suen= den, ſo kanſt du dein Heyl finden.
|| [283]
Ja, wer vermoegend waere, dem Boeſen zu wi= derſtehen? Wenn mir auch GOtt die boeſe Nei= gung hinweg naehme? Ey! GOtt hat dir die Mittel gegeben, dem Boeſen zu widerſtehen. Fleuch die Lueſte der Jugend, 2. Tim. II, 22. Bete eiferig darwider. Meide boeſe Geſellſchaft. Creutzige dein Fleiſch ſamt den Lueſten und Be= gierden, Gal. V, 24. Das iſt aber was ſchweres. Das Naturell laeßt ſich nicht zwingen. Ich bin in dem und dem Zeichen gebohren. Dem und jenem Unglueck werd ich nicht entgehen koennen. Thorheit! die himmliſche Coerper haben keine Macht ueber deinen Willen. Sie koennen dich weder zum Laſter, noch zur Tugend zwingen.Lieber GOtt! ſo iſt der Menſch geartet. Er ſchiebt die Schuld in allen Dingen auf andere, und waeltzet ſolche von ſich Der alte Adam will gantz heilig ſeyn, und giebt der Evae die Schuld. Eva will auch kein Waſſer betruebet haben, und giebt das Verbrechen der Schlan= ge Schuld, 1. B. Moſ. III, 12. 13. Kan der Menſch nicht weiter, miſſet er gar die Schuld ſeines Verderbens GOtt bey. Am thoerigſten daß ſo gar viele die Planeten und das Geſtirn beſchuldigen. Wie ſpricht der Zornige? Er ſey im Mars gebohren. Nun koenne er nicht vorbey, er mueſſe ſich ueber alle Kleinigkeiten al- teriren. Wie ſagt der Ehrgeitzige? Jupiter verleite ihn dazu. Der Unkeuſche ſpricht: Venus habe bey ſeiner Geburt regieret. Der Dieb giebt die Schuld dem Mercurio. So muß jetzt nicht der Menſch, ſondern Mars der [284] Moerder, Venus die Hure, und Mercurius der Dieb ſeyn. Siehe aber zu, daß du nicht end= lich an Venus Mars und Mercurius ſtatt ver= dammet werdeſt. Du giebſt andern die Schuld, und aenderſt doch dein Leben nicht. Weh deiner Seelen! damit bringeſt du dich ſelbſt in alles zeitliche und ewige Unglueck, Eſa. III, 9.

III. Der betrogene Reid. Bey Betrachtung dieſer Worte: Jacob. IV, 2.
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IHr haſſet und neidet, und gewinnet damit nichts.ICh ſahe an Arbeit und Geſchicklich= keit in allen Sachen, da neidet ei= ner den andern, Pred. Salom. IV, 4. Hat der Neid ſchon zu Salomonis Zeiten ſo maechtig regieret? Behuet GOtt was ſolte der liebe Prediger jetzt ſagen, wenn er ſehen und hoe= ren ſolte, wie er mit ſeinem Gifte vollends das gantze Geſchlecht der Menſchen inficiret? Freund! wie ſeuftzeſt du? Ich hab leidet! allzuviel Neider. Ich glaub dirs ſehr wohl; und da= zu gratulire ich dir. Beſſer Neider, als Mit= leider. Sie hindern aber mein Glueck, und mindern meine Ehre? Das ſey fern. Du bildeſt dirs nur ein. Alles was der Neid thut, iſt dem Beneideten ſehr gut. Gut im Leibli [285] chen. Er poſaunet mit ſeiner Schmaeh=Trom= pete deine Tugend, und dabey ſein eigen Laſter aus. Denn Neid faellt auf nichts, als Tugend. Ihre Strahlen ſind ihm allzuſchwer zu erdul= ten. Gut in Geiſtlichen. O wie manch an= daechtig Vatter Unſer locket der Neid heraus! Wie manchen Seuftzer zu GOtt erpreſſet er, der ſonſt wohl nachblieben, wenn du beym Glueck noch viele Freunde haetteſt! GOtt iſt der Bild= hauer, ſpricht Hieronymus: die Neider und Verleumder ſind die Feilen und Haemmer, mit welchen die Hand des HErrn an uns arbeitet, und Heilige ſchnitzelt.Der Neider Blicke hegen aber lauter Tuecke? Sie ſuchen mit ihren Stricken mich zu beruecken? Fuerchte dich nicht. Der Anſchlag iſt ihre; Der Ausſchlag ſtehet bey GOTT. Gefaellſt du und dein Werck=GOtt, ſo werden deine Neider an= laufen und fallen, Pſal. XXVII, 2. Sie toben wider ihnen ſelbſt zur Wunde und zur Beulen, 1. B. Moſ. IV, 23. Ihr Schwerd wird in ihr eigen Hertz gehen. Pſ. XXXVII, 15. Ihre Boß= heit wird dir kein Haare kruemmen, wohl aber auf ihren eigenen Kopf kommen.Ihre Zaehne ſind aber ſcharf; Sie thun mir weh im Hertzen, und ſtechen mich in meiner Nie= ren, Pſalm. LXXIII, 21. Das muſt du gewoh= nen. Doch glaube mir, der Neider empfindet weit groeſſern Schmertz, denn du. Dein Glueck iſt ſein eigner Strick. Salomo ſagt: es ſey ihm ein Eyter in Beinen, Spruechw. XIV, 30. Es iſt ihm ein Gift, der ihm Marck und Gebein verzehret.
|| [286]
Der Neider kan nicht zuſehen, daß dein Auf= nehmen waechſt, drum verwelcket er aus innerli= chen Harm und Chagrin ſelbſt. Fuerwahr, ich muß hertzlich ueber den Neid lachen. Warum? weil er ſich ſelbſt betrueget. Weil er neidet, und nichts als ſein eigen Verderben gewinnet. Der Wollueſtige hat doch noch eine kleine Ergoetzlich= keit vor ſeine Bemuehung. Der Hoffaertige ein bißgen Ehre. Der Geitzige einen geringen Ge= winſt. Der Neidiſche aber hat nichts denn Schaden und Elend. Er kan vor Grimm weder eſſen noch trincken, weder ſchlaffen noch wachen. Verlache doch den Selbſt=Betrueger.Ach! es gehet Fleiſch und Blut allzu ſchwer ein, ſeinen Neider gering zu achten. Er neidet nicht nur, ſondern verlaeumdet noch dazu. Lieber Bruder! das iſt ſeine Art. Koenige, Fuerſten und Herren mueſſen durch ſeine Hechel; Laß dichs auch nicht befremden. Waere dein Thun und Leben tadelhaft, er wuerde es wohl unbeneidet und ungetadelt laſſen. Anaxagoras wolte den Schnee mit Gewalt ſchwartz haben; ſo wendet auch der Neider allen Fleiß an, deine Weiſſe der Tugend ſchwartz zu machen. Er wird aber nichts ausrichten. Lea mißgoennete der Rahel ihre Schoenheit; die Rahel hingegen der Lea ihre Fruchtbarkeit. Schadete es beyden was? Nein! Jene blieb ſchoen; dieſe fruchtbar.Ich bin aber ein Gottesgelehrter? Lehr und Leben fichtet mir der Neid an. Solte nicht ſelbſt GOttes Ehre dadurch Schif= bruch leiden? Keines weges. Sie wird da [287] durch deſto mehr verherrlichet. So recht, ſpricht Lutherus: Lehr und Leben muß erſt von der Welt zu Schanden gemacht wer= den, denn koennen wir hernach GOtt recht dienen, und ſeine Lehre herrlich machen. Wie gieng es unſerm Heylande? Da ihm Lehr und Leben angefochten wurde, ward beydes da= durch verherrlichet. Sind nicht durch Neid und falſche Beſchuldigungen die groeſten Kirchen= Lichter hellſcheinender gemacht worden? Der Neid iſt von ſich ſelbſt betrogen genug. Wilſt du aber wiſſen, wie du auch ſelbſt ihn betruegen kanſt? Ich will dirs ins Ohr ſagen: Durch Klugheıt und Verſchwiegenheit. Huete dich fuer ihn, und ſchweig ſtille. Laß ihn neiden und verleumden, wie er will. Mit Stillſchwei= gen wirſt du ihn den groeſten Tort erweiſen. Weil Plato gelehrtere Reden fuehrte als Diony- ſius, neidete und verleumdete dieſer jenen auf das heftigſte. Allein Plato that, als merckte ers nicht. Auch Socrates verlachte alle ſeine Paſquillanten.Ey! ſeinen Verleumdern muß und kan man ja wohl das Maul ſtopfen. Vertheidigte doch Chriſtus ſelbſt ſeine Laeſterungen, Joh. VIII, 46. ſeqq. Kenneſt du deinen Neider und Verleum= der, ſo kanſt du im wohl antworten. Schaendet er dich aber als ein Schelm hinter der Thuer, ſo iſt dirs ruehmlicher, du ſchweigeſt. Wer alle heimliche Neider wueſte, und mit ihnen rechten und fechten wolte, wuerde eine muede Zungen, ſtumpfe Federn und Klingen davon tragen.
|| [288]
Glueck zu, lieber Mit=Bruder! Ich ha= be auch meine Neider und Paſquillanten. GOtt Lob! daß es ſo weit kommen iſt. Sie verleumden und neiden, werden aber nichts gewinnen, Jac. IV, 2. Du wunderſt dich, daß ich ſchweige. Mein! wie koente ich ihnen beſſer antworten, als durch Stillſchweigen? Der Hieb ſchmertzet ſie hefti= ger, als Spieß und Schwerdter. Der Hund hat gut bellen zum Fenſter heraus. Der aergſte Bube kan hinter der Wand den ehrlichſten Mann ver= kleinern; Trotz, daß ers ihm ins Angeſicht thue. Klugheit und Verſchwiegenheit iſt mein Bruſt=Harniſch. Von dieſem prallen alle Pfeile der Verleumdung zurueck und auf den Neider ſelbſt zu. Ich will Syrachs Morale practiciren: Ein weiſer Mann ſchweiget, biß er ſeine Zeit er= ſiehet, Syr. XX, 7. Indeſſen will ich die Ra= che GOtt anheim ſtellen. Dieſer iſt ein Retter wider alle Spoetter. Ich will ſchweigen, und meinen Mund zu widerſprechen, nicht aufthun, der HErr wirds wohl machen, Pſal. XXXIX, 10. So thuerme ſich denn ein Wetter ueber mir zuſam= men ſo groß es wolle. Es hageln gleich alle Pfei= le der Verleumdung haeufig auf mich loß. Ich ſitze gantz ſtill und freudig unter GOttes Schutz und Schirm und, ſinge:

1.
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Wie ſelig iſt, der ſein Ergoetzen Nur ſucht in der Verſchwiegenheit, Man laeßt vergifte Maeuler ſchwaetzen, Wenn Mißgunſt und der leidge Neid
|| [289]
Durch Hertz=vergallte Laſter=Sachen Die treue Dienſt unredlich machen: Verſchwiegenheit iſt meine Ruh, Ich hoere viel und ſchweig darzu.

2.
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Warum muß eben jeder wiſſen, Was mich in meinem Hertzen kraenckt, Das mich bißweilen kan verdrießen, Was die betruebte Seele denckt? Warum ſoll ich der Wehmuth Zeichen Stracks jedem an die Zaehne ſtreichen? Verſchwiegenheit iſt meine Ruh, Ich hoere viel und ſchweig darzu.

3.
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Wann ſchon das Glueck auf mich erbittert, Wenn die Verleumdung auf mich blitzt, Wenn Neid und Falſchheit auf mich wittert, Wenn Mißgunſt auf mich ſehr erhitzt. Verberg ich dennoch ſolche Sachen, Damit die Feind nicht meiner lachen: Verſchwiegenheit iſt meine Ruh, Es quaelt mich viel, ich ſchweig darzu.

4.
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Man ſticht und hoehnt mich hin und wieder, Und ſtellen ſich doch freundlich an, Man drueckte mich gern gaentzlich nieder, Verkleinert mich bey jederman. Doch kenn ich ſchon die Schmeicheleyen, Und hoff davon mich zu befreyen: Verſchwiegenheit iſt meine Ruh, Ich leide viel und ſchweig darzu.
|| [290]

5.
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Darff ich gleich jetzund niemand trauen, Weil alles voll Verraether rennt, Die nur nach meinen Unglueck ſchauen, Wohl dem, der ſeine Neider kennt, Und ohne ſonderbahres Klagen, Die Boßheit mit Gedult kan tragen: Verſchwiegenheit iſt meine Ruh, Ich kenn die Feind’ und ſchweig darzu.

6.
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Vielleicht wird ſich das Blat einſt wenden, Die Unſchuld kommt noch wohl ans Licht, Wer andrer Augen will verblenden, Beſteht doch in die Laenge nicht. Es wird noch durch die Zeit beſcheinet, Wers treulich oder falſch gemeinet: Verſchwiegenheit iſt meine Ruh, Ich ſehe viel und lach darzu.

IV. Der bedenckliche Sonntag.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: 2. B. Moſ. XX, 8.
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GEdencke des Sabbath=Tags, daß du ihn heiligeſt.
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ABraham ſahe GOttes Tag, und freuet ſich, Joh. VIII, 56. Sonntag GOt= tes Tag, Offenbar. I, 10. Jetzt muß ein andaechtiger Chriſt ſich an demſelben betrueben. Warum? Weil er mit unheiligen Wercken ſo verunheiliget wird. Sonntag eın bedencklı= cher Tag. GOtt ſelbſt hat ſein Gedencke dran angehaenget. Gedencke des Sabbath=Tags, daß du ihn heiligeſt, 2. B. Moſ. XX. 8. Und der groeſte Theil der Chriſten geht nicht mit dem Haufen zum Hauſe GOttes, Pſ. XLII, 5. Sonn= tag Tag ein heiliger Tag, 2. B. Moſ. XXX, 14. Leider GOttes! wie wird er nicht von ſo vielen GOttes=Veraechtern, Handwerckern, Bier= Fiedlern, Saeufern und Taentzern verunheiliget? Iſt doch des Fahrens und Reutens, des Spie= lens, Springens, Sauffens, Schreyens und Bloeckens kein Ende.Sabbaths=Schaender! Der Sonntag iſt der heilige Ruhe=Tag des HErrn, 5. B. Moſ. XVI, 23. Warum verunruhigeſt du ihn denn ſo mit ſolchen ſuendlichen Weſen? Erſchrickſt du denn nicht ob den Worten des groſſen GOttes: Wer den Sonntag entheiliget, ſoll des Todes ſterben? 2. B. Moſ. XXXI, 4. Es iſt unſerm Chri= ſtenthum eine Schande nachzuſagen, daß man= cher ſein Werck Sonntags weit lieber und beſſer verrichtet, als die Wercke=Tage. Der Juriſt hat oft keine beſſere Zeit ſeine Acten durchzuſuchen, als Sonntags. Der Kaufmann hat die Wo= che ueber keine Zeit, ſeine Auszuege zu machen, a [292] ber des Sonntags iſt es ihm gelegen. Was der Geitzhaltz die gantze Woche ueber zuſammen ge= ſcharret, das zehlet er Sonntags, und ſchlieſts in ſeınen Kaſten. Was der ungerechte Haus= haltet die Woche ueber durch die Gurgel gejaget, will er mit der Sonntags=Arbeit wieder einbrin= gen. Gehet der Faulentzer die gantze Woche ue= ber mueßig, ſo lauft er doch wohl Sonntags aufs Land, und holet Schweine und Ochſen; oder ge= het in die Muehle, damit er nur Gelegenheit ha= be, aus der Kirchen zu bleiben.Aber irre dich nicht, GOtt laeſſet ſich nicht ſpot= ten, Gal. VI, 7. Es iſt wohl eher einem Bau= ers=Manne, der Sonntags gemahlen, ſein Ge= treydig zu Aſchen worden. Einem andern, der Sonntags gedroſchen, iſt ein Koerngen ins Auge geſprungen, wovon er ſein Lebtage blind worden. Ein Brandewein=Brenner zu Bergen in Norwe= gen, zuendete unter der Predigt Sonntags ſein Feuer an, GOtt verhaengete aber, daß die gantze Stadt, gleichwie Sodoma, in die Aſche fiel. Zu Lobſtaett hielten einſt am Himmelfahrts=Tage et= liche Buerger aus Borna den ſo genannten Lobe= Tantz. Abends zog ſich ein zorniges Gewitter auf, welches einen Buerger erſchlug; einen Schmiede= knecht die Kleider am Leibe verbrannte; eine Jung= fer ſtreifte der Blitz, daß ſie lange todt lag. So laufft die Sonntags=Entheiligung ab.Der Sonntag ein Koenig und Obriſter al= ler andern Tage. GOtt ruhete an demſelben von allen ſeinen Wercken, 1. B. Moſ. II, 2. [239] Solches hat er auch den Menſchen geboten 2. B. Moſ. XX, 10. Sind nun an demſelben ſonſt zu= laeßige, wie viel mehr nicht ſuendliche Wercke ver= boten? Der Sonntag iſt ein Tag der Aufer= ſtehung des HErrn. An demſelben ſollen auch wir von Suenden auferſtehen. GOtt hat den Sonntag vor allen andern mit vielen herrlichen und ſchoenen Wercken geheiliget. Das ſolten auch wir thun.Am Sonntage hat GOtt das Licht aus der Finſterniß heiſſen herfuer gehen, 2. Cor. IV, 6. Am Sonntage hat der Schoepffer aller Dinge, wie etliche wollen, die Engel erſchaffen, die er aus= geſandt zum Dienſt, um derer willen, die ererben ſollen die Seligkeit, Hebr. I, 14. Am Sonnta= ge gieng Noah mit den Seinen in den Kaſten, und ward erhalten. Am Sonntage zogen die Kinder Iſrael aus dem Egyptiſchen Dienſthauſe. Am Sonntage fiel zum erſtenmal das Manna, damit GOtt viertzig Jahr das Volck in der Wue= ſten geſpeiſet hat. An einem Sonntage iſt das Geſetz auf dem Berge Sinai mit Donner und Blitz gegeben worden. An einem Sonntage iſt JESUS gebohren. An einem Sonntage iſt er beſchnitten. An einem Sonntage iſt er getauf= fet worden. An einem Sonntage iſt er von den Todten auferſtanden. An einem Sonntage hat Chriſtus denen Apoſteln das Predigt=Amt aufs neue anbefohlen. An einem Sonntage hat Chriſtus den H. Geiſt ueber die Apoſtel ausge= goſſen.
|| [294]
Mein Hertz! gedencke dieſes bedencklichen Tages, daß du ihn mit Andacht, gottſeligen Ge= dancken und Wercken heiligeſt. Der Sonntag ein Lobe=Tag. Lobe den HErrn meine Seele, und vergiß nicht, was er an ſelbigen dir guts ge= than hat, Pſal. CV, 1. An dieſem Tage diene dem HErrn mit Freuden, und komm fuer ſein An= geſicht mit Frolocken. Gehe zu ſeinen Thoren ein mit Dancken, und zu ſeinen Vorhoefen mit Loben, Pſ. C. 2. 4. Der Sonntag ein Buß=Tag. Ach! mache ihn ja nicht zum Suenden=Tage. Be= kehre dich an demſelben zu GOTT von gantzen Hertzen, mit Faſten, mit Weinen, mit Klagen, Joel. II, 12. Sonntag ein Tag der Demuth. Prange ja nicht an demſelben mit Stoltz und U= bermuth. Halten wir hier den Sonntag alſo? werden wir dort bey GOtt dermaleinſt in ewiger Freud und Wonne einen Sabbath nach dem an= dern halten, Eſa. LXVI, 23. Wie wir hier am Sonntage mit einander zur Kirchen kommen: Alſo kommen auch die Erloeſeten des HErrn an je= nem groſſen Reichs=Tage im ewigen Leben zuſam= men. Wie wir jetzt am Sonntage uns feyerlich ankleiden: Alſo werden wir auch am Sabbath des ewigen Lebens in dem Kleide des Heils und Rocke der Gerechtigkeit vor GOtt und allen heili= gen Engeln prangen. Wie wir jetzt am Sonn= tage Predigt hoeren: Alſo wird am Sabbathe des ewigen Lebens der Lehrer mit der gelehrten Zunge uns das in dieſer Welt verborgene Geheimniß voellig entdecken und offenbahren. Wie wir jetzt Sonntags eine ſchoene Kirchen=Muſic halten: [295] Alſo werden wir dort fuer dem Throne des Lammes mit verklaehrten Zungen ein ewiges Halleluja an= ſtimmen. Endlich, wie wir Sonntags von al= ler Arbeit ruhen; Alſo wird uns auch am Sab= bath des ewigen Lebens keine Quaal mehr ruehren, ſondern Schmertz und Seuffzen wird weg ſeyn, Eſa. XXXV, 10. Was werden wir ſonſt ſtatt deſſen empfinden? Freude die Fuelle und liebliches Weſen zur Rechten GOttes immer und ewiglich, Pſ. XVI, 11. Biß dahin vertroeſt ich alle Sonn= tage mein Hertz; thue du dergleichen.

V. Das beſte Chriſten=Ge= ſpraech.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Pſ. CXIX. 172.
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GOTT, meine Zunge ſoll ihr Geſpraech haben von deinem Wort.JEner gefragt, was der Menſch ſey? gab zur Antwort: Er ſey : ein geſelliges Thier; der gern mit jemand umgehen und reden will. Des Humeurs iſt auch der Menſch. In der Converſation iſt ſein Hertz am vergnuegteſten. Doch iſt auch man= cher lieber allein daheim. Beſſer thut der heut zu Tag. Wie ſo? Weil die Welt grund=boeſe [296] iſt, und die Verſammlung der Gottloſen groeſſer, als der Frommen
Kommſt du zur Welt, ſie redt von Sachen, Dıe nur auf Eitelkeit gericht; Da muß ſich laſſen der verlachen, Der etwas von dem Himmel ſpricht: Drum iſt es beſſer gantz allein, Als bey der Welt ohn GOtt zu ſeyn.Ich meines Theils ſitze nicht gern bey den eitlen Leuten, und habe keine Gemeinſchaft mit den Falſchen, Pſ. XXVI, 4. Laemmer ſind nicht gern unter ſtoeßigten Boecken. Menge nur ein we= nig Eßig unter den ſueſſeſten Wein; ſieh ob er nicht ſeine Sueßigkeit verlieret; Geh nur mit Gottloſen um; ſieh ob du nicht auch gottloß werden wirſt? Ein raeudigt Schaaf ſteckt oft die gantze Heerde an. Boeſe Geſellen ziehen manchen zur Hoellen. Wie ein Meſſer das andere wetzt, alſo ein Mann den andern, Spruech. XXVII, 17. Mancher hat ſein Verderben bloß der boeſen Compagnie bey= zumeſſen. Waere Simſon nicht mit der Delila umgangen, ſo waere er kein Schauſpiel der Phi= liſter worden, B. Richt. XVI, 19. Waere Dina nicht unter die Geſellſchaft gangen, ſo haette ſie ſich und ihres Vatters Hauſe keine ſolche Schan= de erwecket, 1. B. Moſ. XXXIV.Du ſprichſt: Geſellſchaft iſt lieblich um Raths willen der Seelen, Spruechw. XXVII, 9. Ja, wo die Geſellſchaft aus frommen Hertzen be= ſtehet. Wer mit Weiſen umgehet, wird weiſe. Spruechw. XIII, 20. Wer ſich zu Frommen haelt, [297] wird fromm. Wo ſind aber unter zehen die neune? Luc. XVII, 17. Wir bekommen taeglıch Viſiten und Zuſpruch. Aber wer beſuchet eines andern Seele? Die Diſcourſe verrathen die Burſche. Verba ſunt nuncia cordis. Weß das Hertz voll iſt, des gehet der Mund ueber, Luc. VI, 45. Wie der Brunn, ſo iſt auch das Waſſer, ſo aus demſelben quillet. Bey den heu= tigen Zuſammenkuenften ſiehet man nichts denn Complimente. Judas Grueſſe und Joabs Kueſſe. Freundliche Worte aus feindlichen Hertzen. Hoere den Geſpraechen zu; die Ohren werden dir gellen, 1. Sam. III, 11. Du wirſt mit Erſtau= nen hoeren, wie in weltlichen Dingen, in luſtigen Schwencken, in unflaethigen Reden und Sau= Zoten, manches Zunge geſchwinder, als eines Schreibers Feder; in Geiſtlichen aber, als ob ſie an Ketten hienge.Die Groſſen diſcouriren von Staats=Affai- ren. Von neuen Moden der Kleider. Von al= lerhand Ergoetzlichkeiten und Delicateſſen. Auch muß ihnen gemeiniglich der Arme ihr Liedlein ſeyn. Der Geitzige nennet mehr Chryſon als Chriſtum. Der Wollueſtıge redet von der Venere, der Karge vom foenore. Koemmt man in ſolche Geſellſchaft, moechte man immer ſagen, was dort Chriſtus zu den Phariſaeern! Ihr Ottergezuechte! wie koennt ihr Gutes reden, dıeweil ihr boeſe ſeyd? Matth. XII, 34. Seynd dieſes Chriſten? die Geſpraeche weiſens nicht aus. Wie ich im Spiegel das Angeſicht erkennen kan, ob es ſchoen oder unrein: So zei [298] gen auch die Worte, was Chriſten oder Unchri= ſten ſeyn. Holdſelige Geſpraeche machen uns Chriſto gleich. Holdſelig waren ſeine Lippen, Pſal. XLIII, 3. Faule Geſchwaetz aber dem Teu= fel. Kaeyſer Aurelius pflegte zu ſagen: Er wolle lıeber ein faul Aas riechen, denn eine faule Rede hoeren. Des Sinnes bin ich auch mit ihm. Ich bin aber daher lieber allein daheim.In meinem Hauſe gehet es anders zu. Meine Zunge hat ihr Geſpraech von GOttes Wort, Pſ. CXIX, 172. Die Meinigen dencken an GOtt, wenn ſie ſich zu Bette legen, wenn ſie er= wachen, reden ſie von ihm, Pſ. LXIII, 7. Das iſt unſers Hertzens Freude und Wonne, daß wir GOtt mit froelichem Munde loben ſollen, v. 6. Was ſoll ich mich an eitlen und gottloſen Reden ergoetzen, die nur die Seele verletzen? Am juengſten Gericht ſoll ich von einem jeden unnuetzen Wort Rechenſchaft geben, Matth. XII, 36. Wie GOtt einen Krug hat vor die Thraenen, die er ſammlet; alſo hat er auch ein Buch, in welches er alle boeſe und gute Geſpraeche des Menſchen zeichnet. Der HErr merckets und hoerets, und iſt fuer ihm ein Denckzettel geſchrieben, Malach. III, 16. Wenn Reiſende in eine Herberge zuſam= men kommen, reden ſie da nicht lange von der Herberge, ſondern gemeiniglich von dem Lande, dahin ſie reiſen. Ich bin allhier auch nur ein Gaſt auf Erden, Pſ. CXIX, 19. Was ſolt ich eitle Reden lieben, die nur meine Seele betrue= ben? Von dem Himmliſchen ſoll mein Geſpraech ſeyn. Von GOtt und ſeinem Worte will ich [299] reden Tag und Nacht. Dieſes ſind die ſchoen= ſten Chriſten=Geſpraeche. Solche fuehrten auch dort die Emauitiſchen Juenger, Luc. XXIV, 14. Von Kaeyſer Carl dem V. hat man geſagt, daß er mehr mit GOtt, als mit Menſchen rede. Ach! daß viele ſolches thaeten, ſo wuerde man nicht ſo viel mehr von unflaetigen Worten hoeren. Hie- ronymus ſagte: Diejenige Zunge iſt fuer GOtt ein koeſtlich Ding, welche von nichts, als Goettlıchen Dıngen redet. Und dieſes iſt ein heiliger Mund, aus welchem alle= zeit himmliſche Geſpraech herfuer flieſſen.Nun GOtt! ich habe mir fuergeſetzt, ich will mich hueten, daß ich nicht ſuendige mit meiner Zun= gen, Pſ. XXXIX, 2. Behuete meine Zunge fuer boeſen, und meine Lippen, daß ſie nichts ſuendlichs reden, Pſ. XXXIV, 14. Ich will mit David alle Tage meines Lebens von deinem Geſetz reden Tag und Nacht, Pſ. I, 3. Dein Lob ſoll immer= dar in meinem Munde ſeyn, Pſ. XXXIV, 2. Komme ich unverhoft in Geſellſchaft der Gott= loſen? ſo will ich ihr bald entweichen. Gerathe ich unter die Frommen? JEſus ſoll der Anfang und das Ende meines Geſpraechs ſeyn. Die Hertzens=Geſpraeche mit GOtt will ich mir zum taeglichen Hand=Buch erwehlen. Selige Seele, die alſo mit mir geſinnet.
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VI. Das ſterbende Leben.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Matth. XXVII. Joh. XIX. 30.
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UNd es war um die ſechſte Stunde, da war eine Finſternuß ueber das gantze Land, bis an die neunte Stunde. Und JEſus ſchreye laut und ſprach: Mein GOtt, mein GOtt, warum haſt du mich verlaſſen? Und einer nahm einen Schwamm mit Eßig und traenckete ihn. Aber JEſus rief abermal laut und ſprach: Es iſt vollbracht. Und neigete das Haupt und verſchied. Und die Sonne verlohr ihren Schein, und der Vorhang des Tem= pels zerriß mitten entzwey. Und die Erde erbebete, und die Felſen zuriſſen, und die Graeber thaeten ſich auf, und ſtunden auf viel Leiber der Heiligen.ICh bin verſtummet und ſtill, und ſchweige der Freuden, Pſ. XXXIX, 3. Voxfaucibus haeret. Kein Wunder. Salus in ligne haeret. Ich ſeh mein Leben am Creutze ſchweben. O ein erbaermlicher Anblick! [301] Der Mittler zwiſchen GOtt und Menſchen, 1. Tim. II, 5. haengt zwiſchen Himmel und Erde. Der Baum des Lebens verdorret am Baume des Todes. Die Creatur macht ſich an den Schoepfer. Diejenigen legen die Haende an den, deſſen Haende ſie gemacht und gearbeitet, Hiob X, 8.Die gantze Creatur iſt ſtumm, Aber, o Vatter im Himmel! kanſt du denn hierzu ſchwei= gen? Da Abraham ſeinem Sohne Iſaac das Meſſer ſchon an die Kehle geſetzt hatte, lieſſeſt du Einhalt gebieten, 1. B. Moſ. XXII, 12. Jetzt ſetzet ein verfluchter Kriegs=Knecht den Speer an deines Kindes Seite, ſolches zu toedten; wilſt du denn die grauſame Mordthat nicht ver= hindern? Der Hagar giengen die Augen ueber, als ihr Sohn in der Wueſten vor Durſt ver= ſchmachten wolte, 1. B. Moſ. XXI, 16. Jetzt rufft dein Sohn am Creutze: Mich duerſtet! Joh. XIX, 28. Ach! wilſt du ihn denn nicht erquicken? Wilſt du denn zulaſſen, daß von denen moerderiſchen Juden ſein heiligſter Mund mit ei= nem Eßig=Schwamme geſtopfet werde? Wo iſt das Vatter=Hertz? Wo bleibet die vaetterliche Liebe? Ich habe dich ehemals ruffen hoeren: Diß ıſt mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe, Matth. III, 17. Und jetzt haſt du deine Liebe verwandelt in einen Grauſa= men, Hiob XXX, 21. Soll und muß es denn alſo ſeyn? Nicht anders. Mein Sohn muß be= zahlen, das er nicht geraubet hat, Pſ. LXIX, 5. Kein Bruder kan den andern erloeſen, noch ein [302] bloſſer Menſch mich verſoehnen, Pſ. XLIX, 8. Das Blut meines Sohnes muß die Glut mei= nes Feuer=brennenden Zornes ausloeſchen.O heilige Unſchuld! ſo muſt du dulten fuer meine Schulden. JEſus ıſt unſchuldig! das bekannte ſelbſt der Richter Pılatus etliche mal, Joh. XVIII, 38. Cap. XIX, 4. 6. JEſus iſt unſchuldig! das erkannte auch ſein ſelbſt eignes Weib, Matth. XXVII, 19. JEſus ıſt un= ſchuldig! ſchry der Hauptmann unterm Creutz, Luc. XXIII, 47. JEſus iſt unſchuldıg! rieff endlich auch der verraetheriſche Judas aus, Matth. XXVII, 4. O du heilige Unſchuld! ſo muſt du leiden? ſo muſt du ſterben?
Mein ander ich, Wie ſeh ich dich, In bittern Todes=Schmertzen? O wie harte koemmt es vor meinen bangen Hertzen, O ſueſſes Haupt! Iſt mir erlaubt, Dich noch einmal zu kueſſen, Ehe wir ins finſtre Grab dich verſencken mueſſen?Mit herbey, lieber Bruder und Schwe= ſter! Tritt her auf das traurige Golgatha. Hier haengt der Maechtigſte der Welt, und wird von den Schwaechſten bemaechtiget. Hier ſtirbt der Hoechſte fuer die Niedrigſten. Der Reichſte fuer die Alleraermſten. Der Schoenſte unter den Menſchen=Kındern, Pſ. XLV, 3. fuer die [303] Abſcheulichſten, Eſa. I, 5. 6. Der Allerheiligſte fuer die Unreinſten. Der Unſterbliche fuer die Sterblichen. Der Fuerſt des Lebens, Apoſt G. III, 15. fuer die Kinder des Todes. Der Schoepf= fer fuer die Creatur. Wunder ueber Wunder! Die Sonne der Gerechtigkeit erbleichet, Mal. IV, 2. Der Glantz der Herrlichkeit wird ver= dunckelt, Hebr. I, 3. Der Aufgang aus der Hoehe gehet unter, Luc. I, 78. Der HErr der Herrlichkeit wird gecreutziget, 1. Cor. II, 8. Der Fuerſt des Lebens getoedtet, Apoſt. G. III, 15.Ach ſieh doch: Die Augen, ſo heller denn die Sonne, ſchlieſſen ſich. Warum doch dieſes? da= mit du einmal deine Augen aufthun und GOTT ſehen moegeſt. Seine Haende ſind ausgebreitet. Urſache deſſen, damit ſie dich dereinſt fuer dem Stuhle des Lammes umfahen moegen. Sein Haupt neiget ſich. Weshalben? damit du dei= nes an jenem Tage fuer Schaam nicht duerffeſt nie= derſchlagen. Die Sonne der Gerechtigkeit gehet unter. Warum? damit du dermaleinſt moegeſt leuchten wie die Sonne in deines Vatters Reich. Dein Leben ſtirbt; damit er dir das ewige Leben geben moege.Was hoer ich? Der Schaecher rufft und ſuppli- ciret um die ſchoene Himmels=Crone. Sterben= des Leben! Ich ruffe mit: HERR, geden= cke meiner, wenn du in dein Reich kommſt, Luc. XXII, 42. So gehe hin, und bezahle die Schuld fuer mich und alle Welt. O Schmertz! Das Licht der Welt iſt verloſchen! Es iſt vollbracht! [304] JEſus iſt verſchieden! Ach heulet ihr Tannen! die Ceder iſt gefallen.
JEſulein mein Schatz iſt blieben, Ach! jaemmerlich an einem Pfal; Ach! mein Schatz, den ich muß lieben In Ewigkeit und ueberall; Den ich muß miſſen, Und nicht mehr kueſſen, Ach Noth! ach Noth! ach Noth! JEſulein mein Schatz iſt todt.Hier liegt die goettliche Leiche. Stumme Redner halten die Leichen=Predigt. Wer die= ſe? dıe Sonne. Dieſe hat ihr Angeſicht mit ei= nem Trauer=Flor verhuellet, Matth. XXVII, 51. Was prediget ihre Finſterniß? daß die weyland im Finſterniß geſeſſen, ſich nun moegen erleuchten laſſen. Der Fuerhang im Tempel zerreiſſet. Was prediget dieſer Riß? daß wir nun keine Schatten und Vorbilder von Chriſto mehr be= duerfen. Chriſtus hat ſich nunmehro ſelbſt am Creutz, zur ewigen Abtragung aller Schulden der Welt, geopffert. Die Felſen zerſpringen. Was lehret dieſes? Daß der Felß des Heils zer= ſprungen. Daß nun alle Suender in den Felß= loechern der eroefneten Seite JEſu ihre Zuflucht finden ſollen. Die Erde erbebet, und die Graeber thaeten ſich auf. Was prediget dieſe? Daß durch Chriſti Tod und Auferſtehung, die Erde an jenem Tag alle ſeine Todten wiedergeben ſoll.
|| [305]
Erſchrick Pilatus! Erſtaunet ihr boßhaf= ten Jueden. An dem Tage werdet ihr ſehen, in welchen ihr geſtochen habt, Joh. XIX, 37. Weinende Maria! ſeuftzender Juenger! bey= ſeit vom Creutze. Joſeph will euren todten JEſum herab nehmen. Er leget ihn in ein Felſen=Grab. Ach! vergrabet ihn in euer Hertz. Auch mein Hertz ſoll das Grab ſeyn, in wel= chem ich das geroedtete Leben Zeit meines Lebens verwahret halten will.Nun, gute Nacht, du froeliche Welt! Mein Leben iſt todt. Darueber traure ich bis an den froelichen Oſter=Tag. Ihr Engel im Himmel ach trauret mit mir. Ihr Geſchoepfe auf Erden! weinet ueber die todte Leiche eures Schoepfers. Ihr Felſen ſplittert! Ihr Kluefte zittert.
Ach trauret mit! ach ſeht der Held im Streit, Des Vatters Wort, die Zuflucht aller Frommen, Der Menſchen Heyl, der HERR der Herrlichkeit, Der Lebens=Fuerſt iſt ſchmaehlich umge= kommen!
Drauf wag ichs auch, ſcheu keine Todes= Noth; Auf JEſu Tod iſt allezeit gut ſterben!
|| [306]
So iſt denn nun mein Tod nicht mehr ein Tod, Er iſt ein Gang, das Leben zu ererben.
An jenem Tag werd ich aus meiner Gruft Mit Kraft und ſchoen verklaertem Leib auf= ſtehen, Und mit den Auserwaehlten in der Luft In JESU Reich mit groſſer Freud ein= gehen.
|| [ID00341]
Kein Chriſt ſcheŭt meinen Blick der richtig für ſich Wandelt Ein Sünder aber böbt, der bößlich hat gehandelt.
|| [ID00342]
|| [307]
Der Hertzerquickenden Blumen und Gemuethslabenden Aepfel Zehende Schale.

I. Das Erſchrecklichſte unter den Erſchrecklichen.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Syr. XLI, 1.
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O Tod! wie bitter biſt du, wenn an dich gedencket ein Menſch, der gute Tage und gnug hat, und ohne Sorge lebet.DIe Kunſt hat Gemaehlde verferti= get, daß, wenn man ſie auf der einen Seite betrachtet, man die Geſtalt eines Engels erblicket; und wenn man ſie auf der andern [308] anſiehet, ſich die Figur eines Teufels praeſenti- ret. Auf gleiche Art iſt auch der Tod beſchafi fen. Manchem iſt er ein Engel; manchem ein Teufel. Der Heyde Ariſtoteles nennete ihn unter allen erſchrecklichen Dingen das Erſchrecklichſte. So kommt er vielen, ja faſt den meiſten Menſchen fuer. Ludovicus X. und der groſſe Kaeyſer in Indoſtan erſchracken ſo vor dem Tode, daß ſie auch ſolchen mit Nah= men zu nennen verbieten lieſſen. Jener Edel= mann guckte einſt ueber die Mauer auf einen Got= tes=Acker, und ſprach: Wo der Maulwurf alſo aufwirft, da iſt nicht gut und lu= ſtig wohnen. Der anderthalb=hundertjaehrige Araber zu Damaſcus ſahe den Tod ſo ungern kommen, daß er auch Thuer und Thor ſeines Hauſes verriegeln ließ. Als die Umſtehenden ihn vor ſeinem Bette fragten, wie ihm zu Muthe waere? erhielten ſie dieſe Antwort: Thut es einem doch weh, wenn ihm ein Zahn aus= geriſſen wird: wie vielmehr ſolt mirs nicht weh thun, da dıe Seel aus ihrem lieben Sitz heraus ſoll.Was Wunder, daß dem Welt=Kinde der Tod erſchrecklich iſt? Die Welt iſt ihm er= freulich. Dieſer Freude macht der Tod ein Ende. Der Tod iſt ihm bitter, weil er ihm die Sueſſigkeit dieſer Eitelkeit entziehet. Ehre, Schaetze, Wolluſt, Freude und alle Herr= lichkeit ziehen die Haende im Tode von ihm, und laſſen ihn, wie Abſaloms Maul=Eſel, in der groeſten Noth ſtecken. Wenn der Tod [309] kommt, muß der reiche Mann von ſeinen Le= cker=Bißgen, Luc. XVI, 22. Der Wucherer von ſeiner vollen Scheuren, Luc. XII, 20. Bel= ſatzer von ſeinen Bechern, Dan III. Hero= des von ſeiner Herodias. Achan von ſeiner gueldnen Zunge. Der Ehrgeitzıge von ſeiner Ehre. Der Wollueſtige von ſeiner Wolluſt; und der Geitzige von ſeinen Schaetzen ſchei= den. Dieſe alle ſtimmen gantz klaeglich an: O Tod! wie bitter bıſt du! Syr. XLI, 1.Ey! ſprichſt du, wer wolte fuer dieſem Reu= ter auf dem fahlen Pferde nicht erſchrecken? Wem ſolt nicht die Haut ſchauren fuer dem er= ſchrecklichen Anblicke dieſes duerren Klapper= Mannes? Nennete nicht Cicero den Tod die allergrauſamſte Straffe eines Menſchen? Das war ein Heyde, mein Freund! als ein Chriſt ſolteſt du billig anders von ihm urtheilen. Nur bloeden und unglaubigen Augen macht des Todes Schatten ein Schrecken. Am Tode iſt nichts ſchrecklichers, als die Furcht. Cato und Seneca auch Heyden; doch war es beyden ſchimpflicher das Leben, als den Tod zu bitten. Die Mahler und Poeten darfſt du dich auch nicht ſchrecken laſſen, die den Tod heßlich ab= mahlen.Die H. Schrift nennet ihn aber ſelbſt einen Koenig des Schreckens! Hiob. XVIII, 14. Ja! aber ſie redet aus dem Munde der Gott= loſen. Dieſe halten ihn fuer einen erſchreckli= chen Koenig. Er muß doch auch ein ſolcher ſeyn. Denn jener fromme Alt=Vatter, der [310] oefters bey ſeiner ſauren Arbeit auszuruffen pflegte: Komm doch, lıeber Tod, und er= loeſe mich! rufte mich auch einſt, da er eben mit einem Holtz=Buendel einen hohen Berg zu ſteigen hatte; und da der Tod erſchien, erſchrack er heftig und ſprach: Ich habe dir nicht ge= ruffen/ mich zu holen, ſondern mır mein Holtz=Buendel tragen zu helfen. Und von dem Cardinal Beaufort hab ich geleſen, daß er auf ſeinem Tod=Bette geſagt: Pfuy! will der heßliche Tod kein Geld nehmen? ein gantzes Koenigreich wollt ich ihm geben. Waer er nicht erſchrecklich, bitter und ſchwer; dieſe wuerden ſich nicht ſo dafuer entſetzet haben.Mein Freund! ſie haben ihn nicht recht be= trachtet. Sie haben ihn nur vorwaerts an= geſehen. Fornen iſt er ſchwartz, hinten weiß. Fornen bitter, hinten ſueß. Fornen erſchreck= lich, hinten lieblich. Voran Unluſt, hinten nach Wolluſt. Vorm Tod her gehet Trau= rigkeit, hinten nach folget Froelichkeit.
Non metuas mortem, quaeris quicunque quietem, Eſt ſomnus felix, eſtque precata quies.Hoer, was jener Knab zu Meiſſen ſagte, als ſich der Tod vorm Bett bey ihm einſtellte: Komm Tod, ich fuerchte mich nicht vor dir; wenn du gleich ſchwartz, gruen und gelbe ſieheſt, ſo fuerchte ich mich doch nichts. Fuerſt Wolffgang von Anhalt verehrte ſeiner Braut am Beylager einen kuenſtlich=ver= fertigten Tod, mit dieſen Worten: Gedencke, [311] daß du auch ſterben mueſſeſt! Welcher der Fuerſtl. Braut kein Schreck=Bild, ſondern eıne groſſe Freude geweſen.Ach lieber Menſch! ich weiß wohl! warum du ſo fuer dem Tode erſchrickſt. Das ſuend= liche Leben und boeſe Gewiſſen erweckt dir ſolche Furcht. Dis traurige Echo wird dei= nen Ohren erſchallen: Qualis vita! Finis ita! Freylich, freylich! wie das Leben vor, ſo ſchallt der Tod hinten nach. Qui male vivit, male finit: ſagt Auguſtinus. Saul, Abſalom, Belſatzer und Herodes haben uebel gelebet; ſie ſind auch uebel geſtorben. Wer nie, oder ſelten an GOtt gedenckt. Wer ſein Hertz allen Lue= ſten ergiebt. Wer ſich weit von boeſen Tagen achtet. Wer alle Tage fleiſſig der Cereri, dem Bacho und der Veneri opfert; keiner Suende achtet, und ſich noch wohl derſelben ruehmet, wie die zu Sodom, Eſa. III, 9. Wie ſolt denn der Tod ein froelicher Bote ſeyn? Ach Menſch! drum kehr den Tode nicht mehr den Ruecken, ſondern beyzeit das Geſicht zu. Stirb, ehe du ſtirbſt, ſo ſtirbſt du nicht, wenn du ſtirbſt. Denn, wie du lebſt, ſo glaeubſt du; wie du glaeubſt, ſo ſtirbſt du; und wie du ſtirbſt, ſo bleibſt du. Bedencke dis wohl.So ſprich nun immer hin, Suender! O Tod, wie bitter biſt du! Hoer, ich ſage: O Tod wie ſueß biſt du! Sueſſe forn, ſueſſe hin= ten. Tod! ich rede dich an, wie Eſau den Ja= cob: Komm her, mein Bruder, daß ich dich kueſſe, 1. B. Moſ. XXXIII. Epicus mag ſagen: Ein Weiſer wuerde des Lebens [312] nicht ueberdrueßig, und begehre den Tod nicht. Tod! komm wenn du wilſt. Ich wer= de deine Ankunft nicht ſcheuen, ſondern mich ſehr darauf freuen. ſolteſt du nicht ſueß ſeyn? Du giebeſt mir Ruhe von meiner Arbeit, Of= fenb. XIV, 13. Freyheit, von der Gefahr, mehr zu ſuendigen, Rom. VI, 4. Eine ſchoene Crone, wenn ich meinen Lauf vollendet, 2. Tim. IV, 7. Du fuehreſt mich dahin, wo ich nicht mehr ſterben werde, 2. Cor. V, 6. In der Le= bendigen Land und meines GOttes Hand. O erfreulicher Tod! Alſo muß man des Todes Bitterkeit vertreiben, 1. Sam. XV, 32.Wie nenneſt du den Tod? Unter den Er= ſchrecklichen das Erſchrecklichſte. Den ewigen Tod moechteſt du alſo nennen. Der iſt es auch. Ich kehr es um, und nenne den zeit= lichen Tod unter den erfreulıchen das Er= freulichſte. Du magſt des lachen. Spotte dir nicht ſelbſt. So ſueß der Tod, ſo bitter koennt er dir werden. So erfreulich er den Frommen, ſo erſchrecklich koennt er dir in der letzten Stunde vorkommen. Mach ihn im Leben zum Freund, ſo wird er dir nicht im Tod dein Feind.

II. Der auf dem Flucher ruhende Fluch.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: 1. B. Moſ. XXVII, 29.
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VErflucht ſey, wer dir fluchet.
|| [313]
WIlde Thiere koennen gebaendiget, auch die grauſamſten Beſtien zahm gemacht werden. Erſchrick! der Menſch hat an ſeinem Leibe ein klein Glied. Dieſes kan er nicht zaehmen noch baendigen. Welches das? die Zunge. Viel Ungluecks richtet dieſe an. Viel Boeſes begehet ſie. Das groeſte iſt, daß ſie den Menſchen fluchet, nach dem Bilde GOt= tes gemacht, Jacob III, 9. Mein Mund er= roethet das zu ſagen, was des Menſchen Zunge zu laeſtern ſich nicht entbloedet. Sie trachtet andern zu ſchaden, und ſiehet nicht ihren eignen Schaden. Manches Mund iſt oft voll Flu= chens und Bitterkeit, Rom. III, 14. und er mercket nicht, wie ihn ſelbſt der Fluch friſt. Er wuenſchet: GOTT ſolle ſeinen Nechſten ſtrafen; gedencket aber nicht, daß ihm die Strafe nicht ferne ſey, Syr. VII, 18.Gottloſer Menſch! wie oft hab ich dich hoe= ren wuenſchen, (verzeihe mirs JEſu, daß ich ſol= chen nennen muß) GOtt wolle mit Donner und Blitz deinen Feind zur Hoellen ſchla= gen. Bedenckeſt du nicht, Flucher! daß ueber dich der HErr donnert im Himmel 1. Sam. II, 10. Uberlegeſt du nicht, daß der HErr kan ueber dich regnen laſſen Blitz, Feuer und Schwefel, und ein Wetter zu Lohn geben? Pſ. XI, 7. Du wuenſcheſt, der Teufel ſoll dei= nen Mit=Bruder hohlen mit Leib und Seel. O die Haare ſtehen mir zu Berge an meinem Leibe, Hiob. IV, 15. Fuerchteſt du du dich denn nicht fuer dem, der Leibe und Seele [314] verderben mag in die Hoelle! Matth. X, 28. O was fuer ein Geiſt wohnet in deinem Hertzen! Wie ſauer hat ſichs JEſus nicht werden laſſen, das Heyl der Menſchen zu ſuchen: Mit was Pein und Schmertzen hat er nicht ſein Blut vergoſſen, damit er die Menſchen aus des Teuf= fels Klauen erloeſen moechte? Und du boeſer Menſch wilſt ſolche theuer erkaufte Seelen dem Satan wieder goennen. Wie magſt du fluchen dem, dem GOtt nicht fluchet? wie magſt du ſchelten den, den der HErr nicht ſchilt? 4. B. Moſ. XVIII, 8.Vatter und Mutter! auch mit euch hab ich was zu reden. Wie manchen ſchrecklichen Fluch hoer ich aus eurem Munde gegen eure leibliche Kinder? Hoellen=Braendt; Banckerte; Be= ſtien; Schınd=Aeſer; Galgen=Voegel; Ra= beth=Hunde; Teufels=Bruth, und derglei= chen Titel leget ihr ihnen bey. Tam non ad- miramini, rede ich euch mit dem Heyden Sene- ca an, ihr arme Kinder, ſi omnia mala vos a pueritia ſequantur, inter parentum execrati- ones creviſtis: Wundert euch nicht, daß euch von Kindes=Beınen an alles Unglueck auf dem Fuſſe nachfolget/ denn ihr ſeyd ja unter eitel Fluchen der Eltern groß worden. Boeſe Eltern! fuer GOttes Gerichte werden euch einmal eure Kinder wieder ver= fluchen und ſagen: Verflucht iſt der Vat= ter, der mich gezeuget! verflucht der Mutter=Leib, der mich getragen hat; verflucht die Brueſte, die ich geſogen habe. [315] Ach daß ihr Leib ewig ſchwanger blieben waere! Jer. XX, 17. Ich meyne, viele El= tern druecke ſchon dieſer Fluch zeitlich. O irret euch nicht, durch Fluchen und Wuenſchen an euren Kindern, GOtt laeſſet ſich gewiß nicht ſpot= ten, Gal. VI, 7. Wuenſchete jener Vatter ſei= nem Sohne, daß er ein gantz Jahr auf einer Stelle ſtehen mueſſe? ſiehe, ſo erfuellte GOtt dieſen Wunſch, dem Vatter zum groeſten Hertze= leid. Wuenſchete jene Mutter, daß ihr Sohn gehen, und ihr nimmer lebendig unter die Au= gen wieder kommen ſolte? ſo verhaengte GOtt, daß er noch ſelbigen Tages im kalten Bade er= ſauffen muſte. Ein Schwediſcher Soldat er= zehlte vor 6. Jahren, wie ihm ſeine Mutter aus Eiſenberg ſtets in der Jugend gewuenſchet, daß er nimmer was ehrliches lernen, ſondern hinkommen moege wo der Pfeffer wuechſe. Dieſer Wunſch ward erfuellet. Der Sohn kam in Krieg, bey dieſer Gelegenheit mithin an den Ort, wo der Pfeffer in groſſer Menge waechſet. Nichts ehrliches hat er dabey gelernet, als Freſ= ſen, Sauffen, Fluchen, Huren und Buben. O weh euch Eltern! ſolch Blut eurer Kinder wird GOtt genau von euren Haenden fordern.Du machſt mir dieſen Einwurf aus der Schrift: Ein unverdienter Fluch trift nıcht, Spruechw. XXVI, 2. Es iſt wahr. Oftmals verwandelt GOtt ſolchen gar in See= gen, 5. B. Moſ. XXIII, 4. Aber aus GOttes gerechten Gerichte trift er auch oft zeitlich, und zwar zu des Fluchers eignen Unglueck, und zu [316] letzt zu des Verfluchten Heyl und Seeligkeit. GOtt wird das elende Volck doch bey Recht erhalten, und die Laeſterer zerſchmeiſen, Pſ. LXXII, 4. Es wird doch dabey bleiben: Verflucht ſey, wer dir fluchet, 1. B. Moſ. XXVII, 29.Flucher! Flucher! Du geheſt in dieſer Boß= heit noch weiter. Du erzitterſt auch nicht, die Majeſtaeten zu laeſtern, 2. Petr. II, 10. Denen Geſalbten GOttes; denen Dienern Chriſti; dei= ner eignen Obrigkeit und Vorgeſetzten wuenſcheſt und flucheſt du. Potentaten, Fuerſten und Her= ren laeſtern iſt eine groeſſere Suende, als du dir wohl einbildeſt. GOtt hat ſolche eingeſetzt, dem Lande fuer zuſtehen. Suchet ſie der Stadt und dem Lande ihr beſtes nicht? ſo hat ſie GOtt zum Richter Ihr iſt die Obrigkeit gege= ben vom HErrn, und die Gewalt vom Hoechſten; der wird fragen, wie ſie han= delt, und forſchen, was ſie ordnet, B. Weißh. VI, 4. GOtt will durchaus nicht, daß du ihr Boeſes anwuenſchen ſolſt. Den Goettern ſolt du nicht fluchen, und den Oberſten in deinem Volck ſolt du nicht laeſtern, 2. B. Moſ. XXII, 28. Salomo ſpricht: Fluche dem Koenige nicht in deinem Hertzen, und flu= che dem Reichen nicht in deiner Schlaff= Kammer. Warum? Denn die Voegel des Himmels fuehren die Stimme, und die Fittige haben, ſagens nach, Pred. X, 20. Es wird alles fuer GOttes Ohren bracht, und die Weißheit laeſt den Laeſterer nicht ungeſtraft, B. [317] Weißh. I, 6. Dieſer Fluch friſſet nicht ſo wohl ſie, als das Land und dich ſelbſt, Eſa. XXIV, 6.Boeſer Menſch! Wie untreu handelſt du nicht auch hierin gegen dich ſelbſt, und deine ar= me Seele? Ehe du oftmals ein bißgen eiteln Reſpect verſchertzteſt, ehe ſollen und mueſſen alle Teufel deine Seele holen. Ehe du dich manch= mal einer Luegen ueberzeugen lieſſeſt, ehe ſollen dich alle Wetter in Erdboden ſchlagen. Ehe du dich dieſes und jenes beſchuldigen lieſſeſt, ehe ſoll GOtt ein Zeichen an dir thun. O mahle den Teufel nicht ueber die Thuer. Zu Wien unter dem Landhauſe; zu Rom, Pariß und Prag ſiehet man noch die Merckmahle, wie daſelbſt der Teufel welche Flucher geholet hat. Du biſt ein Chriſt, fluchſt aber aerger, als der groebſte Atheiſt. Es entſtehet oft bey haerteſter Win= ters=Zeit ein ſolch Donner=Wetter und Blitzen in deinem Hauſe, daß ſich alle Balcken biegen und die Steine bewegen moechten. Deine Am= ſel haengt hauſſen fuerm Fenſter im Kefigt, und pfeift gantz lieblich: Ich ruf zu dir, HErr JEſu Chriſt! Und du rufſt zu allen Teufeln in den Stuben, und laeſterſt, daß alle Scheiben im Fenſter klingen und ſpringen. Sieh, ſo han= delt dein unvernuenftiger Vogel weit vernuenfti= ger, als du vernuenftiger Menſch. Ich ſchwoe= re, er verdienet auch eher ſein Futter, als du dein Stueck Brod.Nun Laeſterer! ſo wuenſche und fluche. Die= ſer Fluch wird dichzu rechter Zeit treffen. Aus GOttes eignen Munde kuendige ich dir ſolchen [318] Fluch an? Verflucht wırſt du ſeyn in der Stadt; verflucht auf dem Acker. Ver= flucht wird ſeyn deın Korb und dein uebri= ges. Verflucht wird ſeyn die Frucht dei= nes Leibes; die Frucht deines Landes; die Frucht deiner Ochſen, und die Frucht deiner Schaafe. Verflucht wirſt du ſeyn, wenn du eingeheſt; verflucht, wenn du ausgeheſt, 5. B. Moſ. XXVIII, 16. 19. Iſt es genug am zeitlichen Fluche? Nein! der ewi= ge wird dich auch druecken. Die Laeſterer wer= den das Reich GOttes nıcht ererben, 1. Cor. VI, 10. Wo du nicht beyzeit abſteheſt, wird einmal in der ewigen Pein deine Laeſter=Zun= ge unaufhoerlich ſchreyen: Ich leıde Pein! Luc. XVI, 24. Noch heut iſt die Gnaden=Zeit Steh ab von dieſer Boßheit, ehe dich ergreift die Ewigkeit.

III. Der ſtum ̅ e Hund vor CHri= ſti Schaaf=Stalle.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Eſa. LVI, 10.
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ALle ihre Waechter ſind blind, ſie wiſ= ſen alle nichts; ſtumme Hunde ſind ſie, die nicht ſtraffen koennen; ſind faul, liegen und ſchlaffen gerne.
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ZUr Zeit der Egyptiſchen Plage muckte kein Hund bey den Kindern Iſrael, 2. Buch Moſ. XI, 7. Plage genug, die GOtt aus gerechten Gericht ueber viele Laender noch heut ſchicket. Wollen auch ihre Waechter ruffen und warnen? Die Hunde bellen vor ihren Herrn. Ptediger! Warum wilſt du nicht vor deinen HErrn JEſum bellen? Biſt du ein Seel=Sorger? Der Mund bejahets, aber der Muth leugnets. Ey? fuerchteſt du dich fuer Menſchen? biſt du nicht werth den Namen eines Dieners Chriſti zu fuehren.Aber ſag mir, warum agireſt du ſtets auf oef= fentlicher Cantzel einen ſtummen Redner? Ich darf das Maul nicht aufthun. Wer verbietet dirs? Die Groſſen. Als Moſes den Berg Sinai beruehrte, donnerte es und blitzte, 2. B. Moſ XIX. Schelte ich die Berge? duerft aller Donner und Blitz auf mich loß fahren. So merck ich, du ſtimmeſt die Saiten, wie man ſie gern hoeret. Wie ich verſteh, pfeifeſt du, wie ſie gern tantzen wollen. Sieheſt du nicht, wie die Ungerechtigkeit ueberhand nimmt? Hoereſt du nicht das erſchreckliche Fluchen und Gotts= laeſtern? Sieheſt du nicht, wie Potiphars Weıb huret? Wie Cain mordet und wuer= get? Wie Achan raubet und ſtielet? Hoereſt du nicht, wie man taeglich ſchwelget und banque- tiret? Ich ſeh und hoer alles. Aber wer darf reden? den politiſchen Staat angreiffen, iſt ſelten was anders, als einen Loewen auf den [320] Schwantz tretten. Das darfſt du nicht achten. So duerft ich mit Johanne dem Taeufer der Wahrheit ein Opfer werden? O nein! der= gleichen Tyrannen herrſchen jetzund nicht. So wuerde ich doch meines Amtes entſetzet? Nicht gleich. Du muſt reden zu ſeiner Zeit, und mit Beſcheidenheit. Hat dich GOtt eingeſetzt? wird dich kein Menſch ausſetzen. Der Exem= pel ſind aber am Tage? Was mehr? Deinem JEſu zu Ehren kanſt du dir wohl ein paar Schuh laſſen an die Thuer haengen. Die Erde wird dich doch wohl ernaehren.Geſchaehe auch dieſes nicht, ſo verliehr ich doch allen Reſpect? Pfuy der Schande dem Pre= digt=Amte angethan; Sucheſt du zeitliche Ehr darinnen? daß du ewige Schande erben mueſ= ſeſt. Lieber Paſtor! ich geb dir D. Höpfneri monitum: Si parvus in oculis tuis, & oris magnus in oculis Dei & Eccleſiae. Mein Sa- larium wuerde mir aber verkuertzet? So hoer ich, die fette Suppen und Braten gefallen dir. Die Ducaten und geharniſchte Maenner ſamt den rei= chen Beicht=Pfenningen lachen dich an. O daß du verdammet waereſt mit deinem Gelde! Apoſt. G. VIII, 20. Hoer ich auf, ſanft zu predigen, wird man aufhoeren, mich einen guten Prediger zu nennen. Haſt du groß Lob bey deinen Zuhoe= rern? ſo biſt du gewiß kein treuer Diener JEſu. Wer ſein Amt redlich ausrichtet, 2. Tim. IV, 5. hat gemeiniglich von der Welt wenig Lob. Redeſt du die Wahrheit von Hertzen, wird man dich nicht ſehr lieben und hertzen. Ich mer [321] cke du biſt ein ſtummer Hund, der nicht ſtraf= fen kan, Eſa. LVI, 10. Ein bloſſer Oſter=Pre= diger, der nur das Evangelium lehret.Du ruehmeſt dich groſſer Gaben fuer andern. Mein! haſt du auch fuer andern mit deinen ſchoe= nen Gaben was praeſtiret? Kanſt du mir eine Seele vorſtellen, die du bekehret haſt? Jener Franciſcaner-Moench, Jacobus a Marchia, predigte einſt zu Maeyland am Tage Magdale= nae mit ſolchem Eifer von der Buße, daß 36. unzuechtige Weiber ſich bekehret, und dem unflae= tigen Leben abgedancket. Kanſt du dich des auch ruehmen? Nein! ſo bleib mit deinem Ruhm daheim. Geh hin, und thu das Maul beſſer auf. Das Stillſchweigen zu Suenden iſt ein Oel, welches die Flammen groeſſer machet. O das wird dich ewig verdammen zur Flammen.Prediger! fuehre nebſt den Stab Sanft auch den Stab Weh, Zach. XI, 7. Gieß nebſt dem Oel auch Wein in die verwundeten Gewiſ= ſen. Werde denen verſtockten Suendern ein Donner=Kind, Marc. III, 17. und laß deine Don= ner=Stimme hoeren, Offenb. VI, 1. Zuende deine Zunge an vom heiligen Feuer des Altars, und predige, daß es den Zuhoerern durchs Hertz ge= het. Greif nicht bloß den Poebel, ſondern wenn es Noth thut, auch die Groſſen an. Zeno warf dem Nearcho alle ſeine Fehler fuer. Seneca furchte ſich nicht fuer Nerone. Weniger Dio- genes fuer dem Alexander. Siehe, das tha= ten Heyden; was muſt du nicht als ein Chriſt thun?
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Du nenneſt dich ein Propheten=Kind. Ey! ſo muſt du auch der Propheten Geiſt haben. Sind die Propheten ſtumme Hunde geweſen? Ich leſe es nicht. Ahia war dem Jerobeam ein harter Bothe, 1. B. Koenig. XIV, 6. Elias ſagte dem Ahab redlich unters Geſicht, daß er ein Veraechter des HErrn Geboth waere, 1. B. Koen. XVIII. Samuel konnte es dem Koenige Saul tapfer auch ſagen, 1. Sam. XV, 16. Nathan nahm kein Blat fuers Maul, ſondern nennete David ohne Scheu einen Mann des Todes, 2. Sam. XII, 7. Wie ſcharf predigte Nehemias nicht den Edlen des Landes? Ne= hem. V, 7. & XIII, 17. Eſaias nennete die Fuer= ſten Diebs=Geſellen, Eſa. I, 23. und das ſuen= dige Jeruſalem eine Hure, v. 21. Johannes der Taeufer nennet die Phariſaeer Otterge= zuechte, Matth. III, 7. Paulus nennete Ely= mas ein Kind des Teufels, Apoſt. G. XVIII, 10. Auch Petrum ſelbſt ſchonete er nicht, Gal. II, 11. Auch nicht Ananiam, Apoſt. G. XXIII, 3. Weniger die Galater, Gal. III, 11. Ste= phanus hieß die Jueden Unbeſchnittene an Her= tzen und Ohren; ja Verraether und Moerder der Gerechten, Apoſt G. VII, 51. Chriſtus ſelbſt nennete Herodem einen Fuchs, Luc. XIII, 32. und die Phariſaeer uebertuenchte Graeber, Matth. XXIII, 27. Geh hin, und thu desglei= chen. Wo nicht? wird dich einmal Chriſtus heiſſen weichen. Strafe mit gantzem Ernſt, Tit. II, 15. Eine vaetterliche Strafe gefaellet GOtt und Menſchen wohl, Spruechw. XXIV, 25.
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Wie ſprichſt du, Die Strafe werde nicht aufgenommen? Ach! bey Erleuchteten hat ſie jederzeit ihr Lob gefunden. Caſtigatio va- let, cui mixta eſt mitigatio. Zu Citronen ge= hoert Zucker. Du muſt das Tempo fein zu treffen wiſſen, und in Reden beſcheiden ſeyn. Da Jonas Ninive ſtrafte, nahm es der Koenig wohl auf, Jon. III, 6. Kaeyſer Auguſtus be= weinete den Varro ueberaus ſehr, da er ſtarb; weil er einen treuen Beſtrafer an ihm verlohren hat= te. Predige du, ſie hoerens oder laſſens, Ezech. II, 11. Wer die Strafe haſſet, der muß ſterben, Spruechw. XV, 10. Und welcher Pfarrer nicht ſtrafet die Suende, der muß mit fremden Suenden zum Teufel fahren, wenn er gleich ſonſt ein Kind det Seeligkeit waere, ſpricht Lutherus. Diß mercke, ſtummer Hund! und belle in der Kirchen; wilſt du nicht dort ewig in der Hoellen heulen und bellen.

IV. Die untreue Getreue.
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Bey Betrachtung dieſer Worte: Mich. VII, 5.
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BEwahre die Thuer deines Mundes fuer der, die in deinen Armen ſchlaefet.DEr Mann iſt nicht daheim; er iſt ei= nen fernen Weg gezogen, Spruechw. VII, 19. Der garſtige Huren=Balg iſt [324] nun laengſt verfaulet, der dieſe Worte gegen ei= nen Juengling fuehrete. Lieber GOtt, wenn doch aus ihrer verfluchten Aſche nicht ſo haeuffige Brut entſprungen waere. Der Mann iſt kaum aus dem Hauß, lauft manche Frau hinaus, und ruf= fet aus: Der Mann iſt nicht daheim. Das hat ſie lange gewuenſchet.Ihr lieben teutſchen Staedte, Flecken und Doerfer! wie voll ſeyd ihr ſolcher Weiber! Iſt doch keine Straſſen, ja ſelten ein Hauß verſcho= net, darinne nicht eine unzuechtige Ahaliba woh= net, zu der man eingehet, wie zu einer Huren, Ezech. XXIII, 44. Ich will keinen Ort noch Hauß nahmhaft machen, ich duerfte ſonſt man= chem Landsmanne und Leſer eine Schamroethe ausjagen. Als einſt Cyrus eine erbare Frau zur Unkeuſchheit reitzen wolte, bekam er zur Antwort: Ich hab einen Mann zu Hauß. Frau Manngern! wie ſprichſt du? Mein Mann ıſt nicht daheim; ein anderer komm herein. O du Baetzenhafte Bathſeba! ſo biſt du aerger als die Hoelle, ſo nicht zu ſaettigen. Ich hoer, du fuehreſt an ſtatt der Turtel=Tauben den Sperling zum Sinnbilde, wie jene Barbara. Die Rhabarbara purgiret nur die Galle aus; eine ſolche Barbara aber die Seele.O elender Mann, der ſo begabet iſt. Pohlen iſt wegen der haeufigen und fetten Ochſen ſehr beruehmt. Fuerwahr es giebt auch in andern Landen der Hoerner=Traeger viel. Kaeyſer Do- mitianus traf einſt ein Stueck Wild mit zweyen Pfeilen alſo, daß es ſchiene, als ob es Hoerner [325] haette. Dieſe Schieß=Kunſt hat manche Frau auch gut gelernet. Sie kan ihren Mann ſo ge= wiß treffen, daß man ihn fuer einen Hirſch anſie= het. Doch weiß ſie es oft ſo liſtig fuerzunehmen, daß es der Mann mit ſehenden Augen nicht ſie= het. Sie verſchlinget und wiſchet ihr Maul, und ſpricht: Ich habe kein Ubels gethan, Spruechw. XXX, 20. Kaeyſer Andronicus er= theilte allen denen Maennern Jage=Recht, deren Weiber er beſchlaffen: Und wegen ſolcher Frey= heit durften ſie ein Hirſch=Gewey auf ihre Haeu= ſer ſetzen. So dieſes Recht noch heut ueblich wae= re, wo wolten genug Hirſch=Gewey herkommen? Die Weiber in der Inſul Chio haben vor Zeiten das Lob gehabt, daß ſie innerhalb 700. Jahren keinen Ehebruch begangen. Jetzt ſuchen die Weiber durch ſolche Keuſchheit kein Lob mehr. Die Sicambriſche Fuerſtin Walpurgis ertraenckte ſich lieber in den Giege=Strom, als daß ſie mit den lueſternen Varo im Wolluſt=Strome ba= dete. Apollonia war ſo keuſch, daß ſie lieber in einen brennenden Scheiter=Hauffen ſpringen, als ihrem keuſchen Leibe Unehre wollen anthun laſſen. Wo findet man jetzt dergleichen viel? Nun lauffen ſie umher, wie eine Camelin in der Brunſt, und wie ein Wild in der Wueſten pfle= get, wenn es fuer groſſer Brunſt laechtzet, und laeuft, das niemand aufhalten kan, Jer. II, 24.Vor etlichen Jahren befand ſich zu N. eine Schuſterin, die denen jungen Burſche ̅ n die be= ſtellten Schuh alle ſelbſt auf ihre Stuben brach= te, und ſich dabey nach Gefallen bedienen ließ. [326] Einſt verſteckte ſich ein Venus-Bruder in ſein Bett, ließ ihren Manne hohlen, der ihr ein paar Pantoffeln an ihrem eignen Fuſſe, welche ſie zum Bett heraus geſteckt, abmeſſen muſte. Ei= ne ſaubere Ehefrau? Dieſer Mann wurde recht mit ſehenden Augen blind gemacht. Beſſer kam hinter ſolche Weiber=Liſt, wiewohl zu ſeinem groeſten Schaden, jener Mahler zu Altenburg. Demſelben ſprach oefters, ſeines Weibes wegen, ein Jaeger zu. Hinter dieſe verbotene Freund= ſchaft zu kommen, erdachte er dieſe Liſt. Als ſie einſt alle drey Abends ueber Tiſch bey der Mahlzeit ſaſſen, und der Jaeger ziemlich mit den Augen nach dieſem Wildpret zielete, putzte der Mahler das Licht, und loeſchte es aus. Der Frau, ſo ſich erboth, daſſelbe wieder anzuzuen= den, fuhr er mit der beſchwaertzten Hand (die er ſchon auf dieſen Handel praepariret hatte) gantz freundlich ueber die Wangen und Lippen, mit dieſen Schmeichel=Worten: Mein Engel= gen gebe ſich nicht die Muehe, ich will es ſelbſt thun. Mittlerweil, als er in der Kue= chen ueber dem Feuer, zuendeten dieſe beyde ihr Feuer auch an, meynende, im dunckeln ſey gut munckeln. Weiln aber der Frau angehenckte Zunder auch dem Jaeger ziemlich um das Maul und die Wangen gefahren, und der Mahler mit dem Lichte die Schattir=Flecken an bey= den gewahr wird, praeſentirt er ihnen erſtlich den Spiegel, hernach den Pruegel, daß der Jae= ger echappiren muſte. Er revangirte ſich aber kurtz drauf alſo, daß er den Mahler, der Anno [327] 1703. durch einen kleinen Wald, nahe bey der Stadt, paſſirte, weil er ihn der aufgeſetzten Hoerner wegen vor einen Hirſch anſah, mit zweyen Kugeln erlegte, und mit der Frau davon gieng. Du leichtfertiges Weib! GOtt wird dich zu rechter Zeit zur gebuehrenden Straffe ziehen.Syrach nennet ein Ehe=Weib eine getreue Gehuelffin ihres Mannes, Syr. XXXVI, 26. Aber ſie iſt oft gar eine untreue Getreue. Redlicher Ehe=Mann! dieſe boeſe Zeiten verlei= ten mich, dir mit Micha zuzuruffen: Bewahre die Thuer deines Mundes fuer der, die in deinen Armen ſchlaeft, Mich. VII, 5. Daß treue Liebe rahr, ſieheſt du an manchen Paar. Nicht alle Maenner haben an ihrer Seite eine getreue Michal; liebreiche Arriam, und be= ſtaendige Theogenam. Man ſagt, alle Weiber regieren aut vi, aut clam, aut precario. Das kan man auch von den Lueſternen ſagen. Sie brechen ihre verſprochene Treu aut vi, der Mann muß es ſehen, und ſtillſchweigen. Aut clam, ſie treiben es ſo liſtig und verborgen, daß der Mann nicht mercken kan. Aut precario; ſie ſchwatzen es dem guten Manne ſueß fuer, daß ers muß ge= ſchehen laſſen, weil etwa ein Profitgen dabey zu machen. Die erſten und letztern ſind nicht zu be= klagen, man ſolt ſie vielmehr mit ſamt den Wei= bern zur Stadt und dem Lande hinaus jagen. Ein Pinehas fehlt jetzt, der in vollem Eifer hin= gehe, und beyde Ehebrecher und Ehebrecherin im Huren=Winckel darnieder ſtoſſe, 4. Buch Moſ. XXV, 8.
|| [328]
Mann! ein Weib iſt ein liſtig Thier; ſieh dich ja wohl fuer. Simſon! Simſon! deine Delıla heuchelt und ſchmeichelt. Sieh nur, daß dir ihr Schooß nicht ein Geſchoß wird, Vor wenig Jahren wurde, kurtz nach angetret= tener Ehe, einem Gelehrten zweymal hinter ein= ander das Hauß erbrochen, und all das Seini= ge, etwa die Buecher ausgenommen, geſtohlen. Wer konnte da den Thaeter erfahren? Einige Zeit hernach kam wunderbar an Tag, daß es durch Anſtiftung derjenigen geſchehen, die eben damahs in ſeinen Armen geſchlaffen, Sieh dich alſo fuer. In derjenigen Schooß, da deine beſte Sicherheit und Vertrauen ſolte wohnen, begegnet dir oft die groeſte Gefahr und Untreu. Ja, die ſueſſe Umfahung derſelben, die an deiner Seite ſchlaeft, wird dir wohl gar ein Netz und Strick des Todes. Agamemnon iſt es nicht allein, der ueber die Untreu ſeiner Getreuen zu klagen hat. Es findet ſich hie und da noch man= che Clitemneſtra, die ihren vom Feinde ſieg= haft wiederkehrenden Ehe=Herrn, an ſtatt der Lorbeern, mit toedtlichen Cypreſſen kraentzet. Es ſind wenig Jahre verfloſſen, da ein frommer Pre= diger von ſeiner vermeynten Getreuen alſo hin= gerichtet worden.Wie ſeuftzeſt du oft, Ehemann? Ich wolt lieber bey Loewen und Drachen wohnen, denn bey meinem boeſen und untreuen Wei= be! Syr. XXV, 22. Ich glaub dirs wohl. Doch Gedult. Was nicht zu meiden, muß man leyden biß ans Scheiden. Ich ruf dir mit dem [329] ſeel. D. Maeyer zu: Iſt dein Weib die Otter, die du an deiner Hand traegſt? Apoſt. G. XXVIII, 3. Der reiſſende Loewe, in deſſen Grube du dich aufhalten muſt? Dan. VI, 16. Des Satans Engel, der dich mit Faeuſten ſchlaegt? 2. Cor. XII, 7. Der glueende Ofen, in welchem du Zeit Lebens ſtecken muſt? Dan. III, 20. So befiel es GOtt. Er wird dich von ſolchem Boe= ſen zu rechter Zeit erloeſen.

V. Der verkehrte Rechts= Gelehrte. Bey Betrachtung dieſer Worte: 2. B. Moſ. XXIII, 6. 7.
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DU ſolt das Recht deines Armen nicht beugen in ſeiner Sache. Sey fern von falſchen Sachen. Den Unſchul= digen und Gerechten ſolt du nicht er= wuergen, denn ich laſſe den Gottloſen nicht Recht haben. Du ſollt nicht Geſchencke nehmen, denn Geſchencke machen die Se= henden blind, und verkehren die Sachen der Gerechten.Ilriſten, boeſe Chriſten. Advocaten, Hoellen=Braten. Wenn die Sache mißlungen, und viel Thaler geklungen, iſt dieſes gemeiniglich der Nachklang. So ſpre [330] chen eure Clienten, ihr Herren Conſulenten. Euer Ruhm iſt nicht fein, 1. Cor. V, 6. So ſolt es nicht ſeyn. Sich nur nicht gleich ſo ent= rueſt, Herr Juriſt. Man thut uns aber damit groſſe Gewalt. Faellt man diß Urtheil generali- ter, iſt es wahr. Particulariter hat es ſeine Richtigkeit. Ich meyne dem Recht thut ihr oft weit groeſſere Gewalt. So hoer ich kommt Gewalt ueber Gewalt. Es iſt das Jus talionis. Steck es immer ein, und zwar in den Sack, wo die Finantzen=Pfennige ſtecken, und der Armen Wittwen und Wayſen Groſchen liegen.Juriſten gute Chrıſten. Advocaten nuetz= lich rathen. Das iſt auch wahr. Ob wohl dergleichen an manchem Orte ziemlich rahr. Um ſo vieler Zungen=Dreſcher willen ſoll man auch nicht gleich das Kind mit dem Bade ausſchuet= ten. Des fuertreflichen Carpzovii, Beuſtii und Schurffii Gottſeeligkeit leuchtet noch bey vie= len gewiſſenhaften Conſulenten herfuer. Was koente Chriſtlicher geredet ſeyn, als was man von dem beruehmten Advocato, Herrn D. Schneı= dewein, nach ſeinem Tode aufgezeichnet fun= den? Ich will mit allem Fleiß die Acten durchleſen und GOtt bitten, daß ich nicht aus Gunſt, Neıd oder Haß, auch Unwiſ= ſenheit ein falſches Urtheil ſpreche, die= weil dieſelbe Stunde, da ich richte oder Urtheil ſpreche, GOtt ueber mich auch richtet und Urtheil ſpricht. Ich rede alſo nicht von gewiſſenhaften Rechts=Gelehrten, ſon= dern von gewiſſenloſen Rechts=Verdrehern und [331] unnuetzen Rabuliſten, ueber die ſich ſelbſt mancher gerechter Advocat beſchweret.Daß das Gewiſſen bey einem Advocaten was rares, hat Baldus, der Herren Juriſten Groß= Vatter, ſelbſt geſtanden. Wie hat dieſer ge= ſagt? Jure Conſulti ſunt modicae conſcien- tiae: Die Jurıſten wiſſen von wenig Ge= wıſſen. Sagte doch der beruehmte Advocat Zuichemus gar: Ein guter Jurıſt ſey ein boeſer Chrıſt. Als einſt der klugſinnige Taub= mann von einem Rechts=Gelehrten gefragt wurde, was die Herren Juriſten zu Witten= berg guts macheten? antwortete er: Sie waeren noch wohl auf. Doch waere dieſes ohnlaengſt fuergangen, daß man ihrer drey in der Anato- mie zergliedert haette, und zwar alles bey ihnen unverletzt gefunden, ohne das Gewiſſen, wel= ches nicht fuerhanden geweſen.Wo nun das Gewiſſen zerriſſen, da gehet al= les durch. Da wird das Recht des Armen in ſeiner Sache gebeuget, 2. B. Moſ. XXIII, 6. Da fuehrt man weitlaeuftige Proceſſe wegen des verdammten Privat-Intereſſe. Da gehen verkehrte Urtheile, Habac. I, 4. Da wird das Recht in Galle, und die Frucht der Gerechtig= keit in Wermuth verwandelt, Amos VI, 12 Da ſpricht man, um Geſchencke willen, den Gottlo= ſen recht, und verdammet den Gerechten, Eſa. V, 23. Das mueſſen viel tauſend zu ihren eignen, und oft einer gantzen Republic Schaden erfah= ren. Das Feuer und das Waſſer, der Ha= gel und der Donner thun ſo groſſen Scha [332] den nicht, ſagt ein gewiſſer Lehrer, als die geitzigen ungewiſſenhafte und vermeſſene Rechts=Kraemer, welche die Leute in Frie= dens=Zeiten auspluendern; mit ihrem Fe= der=Spıeß an dem Bettel=Stab jagen, und zu unſterblicher Feindſchaft reitzen und hetzen. Der Bedraengte wird dieſe Worte mit ſeinem Blute unterſchreiben. Wohl ſagte daher Pabſt Pius II, die Sach=Verwalter wae= ren die Vogelſteller; die Clienten die Voegel; das Richthauß der Heerd; das Urtheil das Netze, darinnen ſie gefangen wuerden.Was wendeſt du ein? Wir Juriſten mueſſen viel Schalckheit auch wider unſern Wıllen erlernen. Das wirſt du mir weder aus dem goettlichen noch natuerlichen Rechte erweiſen koen= nen. Oder haſt du mehr in dem Machiavello, als Baldo, und Juſtiniano ſtudirt? In Rein= kings Biblıſcher Policey lieſſeſt du nichts von ſolcher Partiquenmacherey. Des himmliſchen Richters Pandecten will ich dir aus dem Pen- tateucho fuerhalten: Du ſolt das Recht des Armen nicht beugen in ſeiner Sache. Den Unſchuldigen und Gerechten ſolt du nicht erwuergen. Du ſolt nicht Geſchencke neh= men, und verkehren die Sachen der Ge= rechten. 2. B. Moſ. XXIII, 6. 7. 8. Aber, wie verfaehreſt du? Wo Geld das echt, die Sa= che ſey gut oder ſchlecht, da machſt du ſie ſchlecht. Hoer, ich will dir Lutherum den Schwaeren aufſtechen laſſen. „Der Client kommt zu dir, „und ſpricht: Herr Doctor! helft mir doch in [333] „meiner ueblen Sache, es ſoll an Geld nicht „mangeln. Wohlan, ſprichſt du ſilberner Ju= „riſt, boeſer Chriſt, ich will ſo viel thun, als ich „kan, ich wills wohl aufziehen, und in die Haare „ſpielen, da ichs nicht erhalten kan. Koennt „ihr das thun, ſpricht der Client? Ja, ſagſt „du, wohl zehen Jahr, oder wohl noch laenger, „aber ihr mueſt mir dieweil ſo viel Thaler auf „die Hand geben; wolt ihr das thun, ſo zehlet „her.„Lieber Geſell! ſtudire anders in Rechten, „oder du biſt verdammt, und faehreſt in Ab= „grund der Hoellen. Du ſageſt, du wolleſt es „aufziehen, ob du gleichwol weiſt, daß die Sach „boeß iſt; die hilfeſt du ſchmuecken, ſtreicheſt ihr „ein fein Faerblein an, behaengeſt ſie mit Rechts= „ſpruechen, mit denen Haaren dazu gezogen, da= „mit du den Leuten ein Geplerr fuer die Augen „machſt, daß es glaentzet und ſcheinet, als waere „es die lautere Wahrheit, da es doch eitel ge= „faerbte Luegen ſind; verkaufſt alſo damit Chri= „ſtum eben ſo wohl, als Judas, und biſt auch „Lucifers Geſelle, denn du ſprichſt: Ich weiß, „daß die Sache boeß iſt, und du haſt Unrecht, „noch dennoch will ich ſehen, ob ich ſie recht kan „machen, und wenn es ja nichts anders ſeyn „will, ſo kan ich ſie aufſchieben, und in die Laen= „ge ſpielen.„Heiſt das Juriſtiſch? Der alſo handelt und „damit umgehet, daß er die Leute muede mache, „daß ſie mueſſen vom Recht ablaſſen und in dem „Groll, Haß und Neid dahin gehen, ja auch [334] „wohl darueber ſterben? Es heiſt dir das hoelli= „ſche Feuer auf den Kopf. Es waere kein Wun= „der, GOtt lieſſe die Welt verſincken, um ſol= „cher Schand=Juriſten willen; man ſolte ſol= „chen ſtoltzen Tropfen und Rabulen die Zunge „aus dem Halſe reiſſen. Du fuelleſt das Pro= „tocoll mit partheyiſchen Urtheln an, damit du „den Beutel mit verraetheriſchen Judas=Pfen= „ningen fuellen moegeſt. Der Teuffel wird dir „dafuer hoelliſch Pech und Schwefel in deinen „Halß fuellen.Gewiſſenhafter Rechts=Gelehrter! Halt dem ſeeligen Luthero dieſe Reprimande zu gut. Sie gilt dir nicht. Auf dich iſt ſie gerichtet, un= nuetzer Waeſcher und Zungen=Dreſcher, der du die Rechte nicht verſteheſt, ſondern boßhaft ver= dreheſt. Du tunckeſt deinen Biſſen nicht ein im Schweiß des Angeſichts, ſondern in das Blut des armen Gerechten. Wehe dir! der Sala- mander lebt vom Feuer: du vom Zanck=Feuer. Dis wird dich ſtuertzen ins hoelliſche Feuer. Wie wird dir deine Beutelfegerey bekommen? Du ſchaffeſt dir davon Gueter, und baueſt groſſe Haeuſer. Sie werden nicht Beſtand haben. Hiob ſagt dir die teutſche Wahrheit unters Ge= ſicht: Du haſt unterdruckt und verlaſſen den Armen, du haſt Haeuſer zu dir geriſſen, die du nicht erbauet haſt; aber die Gueter, die du verſchlungen haſt, muſt du wıeder ausſpeyen, und GOtt wird ſie aus dei= nem Bauch ſtoſſen, Hiob XX, 15. 19. Be= ſitzeſt du ſie jetzt eine Zeit=lang in guter Ruhe? [335] Die Gewiſſens=Unruhe wird ſich ſchon ein= ſtellen.Laß dir was erzehlen. Ein fuernehmer Advo= cat lud einſt einen frommen Prediger zur Tafel. Dieſer fand ſich ein, fuehrte aber waehrender Mahlzeit dem Herrn Doctori treflich zu Ge= muethe, wie ſehr er ſich bisher in ſeiner Praxi ver= ſuendiget. Und wo er nicht das unrecht erworbene Gut wieder zurueck gaebe, und ſeine Ungerechtig= keit bußfertig bereuete, ſo wuerde er der goettlichen Rache nicht entgehen. Zu mehrer Bekraeffti= gung ergriff der Prediger das Tiſchtuch, druckte ſolches zuſammen, aus welchem das Blut ſo haeufig rann, daß er eine groſſe Schueſſel damit anfuellete. Hierauf ſprach er zum Advocaten: Siehe, das iſt das Blut der Armen, wel= ches du ihnen durch ungerechte Proceſſe ausgeſogen, dieſes ſchreyet in Himmel, und begehret Rache wider dich. Ich wuen= ſche mit dem Auctore dieſer Erzehlung, daß der wunderthaetige Mann in unſerm lieben Teutſch= land waere, und etliche Advocaten heimſuchete, ſo wuerde er aus manchem ſammeten Rock eines Doctors; aus manchem ſeidenen Kleide einer Doctorin; aus mancher ſilbernen Kanne eines Advocaten; aus manchem Tiſchtuch eines ſol= chen Legulei, auch das helle Blut der Armen heraus preſſen.Wem zu rathen, der huete ſich fuer Advocaten, ſo kommt er nicht in Schaden, und behaelt ſeine Ducaten. Bedraengter! was ſeuftzeſt du? Ich hab leider! mit dieſen Leuten auch zu thun. Das [336] nackende Recht hab ich in Haenden; aber es wird mir heraus geſpielet. Die Advocaten ſind ſtumm, und mein Recht machen ſie mir krumm. Freund! bediene dich nur der Gold=Tinctur; dis iſt die beſte Cur. Dieſe loeſet die Zungen aller Stum= men. Ja, Silber und Gold hab ich nicht, Apoſt. G. III, 6. So laß die Advocaten, und behalt den Schaden.Doch hoer! ich will dir meinen Advocaten re= commendiren. Der wird deine Sache ohne Geld richten und ſchlichten. Wer der? Ich hab einen Advocaten und Fuerſprecher bey dem Vatter, JEſum Chrıſt, der gerecht iſt, 1. Joh. II, 1. Der iſt Advocatus pauperum. Er hat mich vertreten, Rom. VIII, 34. Er wird auch dich retten. GOtt iſt des Armen Schutz, Pſ. IX, 16. Trotz, daß ihn jemand beleidiget. Welt= liche Advocaten koennen ihren Clienten oft nicht helffen. Aber GOttes Hand iſt nicht zu kurtz, daß ſie nicht helfen koenne, Eſa. LIX, 1. Die Armen befehlen das Recht ihm; Er iſt der Waey= ſen Helfer, Pſ. X, 14. Unter dem Schatten ſeiner Fluegel hab ich und du Zuflucht, bis das Unglueck fuerueber gehet, Pſ. LVII, 2. Des troe= ſte dich.

VI. Das taegliche Wolleben. Bey Betrachtung dieſer Worte: Spruechw. XV, 15.
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Ein gut Gewiſſen iſt ein taeglich Wol= leben.
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GEwiſſen hin, Gewiſſen her! das Gewiſſen traegt mir nichts ins Hauß. Will ich in der Welt mein Auskommen, und gute Tage haben, muß ich derweil das Gewiſſen am Nagel haen= gen. So ſpricht das Gewiſſen=loſe Welt=Kind. Das thu du. Sieh nur zu, daß auf die guten Tage nicht bald boeſe kommen. Jetzt ſchlaeft der Gewiſſens=Hund. Wird er aufwachen, wird er dir durch ſein Bellen Unruhe gnug machen. Vielleicht weiſt du noch nicht, was ein boeß oder gut Gewiſſen ſey. Ein boeß Gewiſſen iſt ein Wurm, der ſtets am Hertzen naget. Es iſt ein heimlichs Gift, ſo allgemach den Men= ſchen verzehret. Es iſt ein ſteter Anklaeger, Rom. II, 15. Es iſt dem Ubelthaeter ein unauf= hoerlicher Wecker aus dem Schlafe. Es iſt ein Brandmahl, ſo nicht zu verbergen iſt, 1. Tim. IV, 12. Es iſt ein Hund, der ſtets in der Bruſt billet. Es iſt ein Zeuge, dem nicht zu widerſprechen iſt, Rom. II, 15. Es iſt eine Hoelle, die ſtets Angſt machet, Pſ. CXVI, 3. Ein Menſch, der ein boeß Gewiſſen hat, bebet ſein Lebenlang; was er hoeret, das erſchreckt ihn, und wenn es gleich Friede iſt, ſo fuerchtet er doch, der Verderber komme, Hiob. XV, 20. Er fuerch= tet ſich, da nichts zu fuerchten iſt, Pſ. LIII, 6. Er fleucht, ob ihn ſchon niemand jaget, Spruechw. XXVIII, 1. Er ſiehet ein rauſchendes Blat fuer einen geharniſchten Mann; eine Fliege fuer einen Elephanten, und ſeine Freunde fuer eitel Hencker an.
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Ein Menſch, der ein boeß Gewiſſen hat, iſt gleich einem Hırſch, welcher mit einem Pfeil in das Eingeweid geſchoſſen, hin und her laeuft, ob ihn ſchon niemand jaget. Er iſt gleich einem Diſtıllır=Gefaß, welches vom Feuer alſo ge= zwungen und getrieben wird, daß es ueber und ueber von Tropfen ſchwitzet. Er iſt gleich einem ungeſtuemmen Meer, das nicht ſtille ſeyn kan, ſondern ſeine Wellen, Koth und Unflath aus= wirft, Eſa. LVII, 20. Er iſt gleich einem Aſpen= Baum, deſſen Blaetter ſtets zittern. Mein! warum flohe doch Adam fuer GOtt? da er ſei= ne Stimm im Garten hoerete? Darum, weil er ein boeß Gewiſſen hatte, 1. B. Moſ. III, 10. Warum war Tain ſo unſicher und furchtſam? Weil er kein gut Gewiſſen hatte, 1. B. Moſ. IV, 13. Warum erhenckte ſich doch der Judas? Weil er der Verraetherey wegen ein boeß Gewiſſen hatte, Matth. XXVII, 5. Vor Jahren hatte eine Jungfer zu Altenburg Vatter und Mut= ter mit Gifte hingerichtet. Sie kam nach eini= ger Zeit, und verlangte von der Obrigkeit ihr Recht. Was bewegte ſie dazu? Das unruhi= ge Gewiſſen. Da jener Raths=Herr das Ur= theil ueber einen Moerder mit faellen ſolte, bekann= le er, daß er ſelbſt ein Moerder ſey, und begehr= te ſein Recht zugleich mit dem Ubelthaeter. Das that fuerwahr ſein boeß Gewiſſen. Ach! wohl dem, der kein boeß Gewiſſen hat! Syr. XIV, 2.Ein gut Gewiſſen hingegen iſt ein taeglich Wolleben ein im ̅ erwaehren= des Freuden=Mahl, Spruechw. XV, 15. Es [339] iſt ein Zucker, der alle Bitterkeit verſueſſet. Es iſt eine liebliche Harfe, die des Menſchen Hertz erfreuet. Es iſt ein Himmel auf Erden, der ſtets klahr und helle iſt. Der alte Hugo ſagt: Ein gut Gewiſſen ſey ein Ehren=Titul der Re= ligion. Ein Tempel Salomonis. Ein A= cker des Seegens. Die Lade des Bundes. Ein Schatz des Koeniges. Eine Wohnung des Heil. Geiſtes. Ein verſchloſſen und verſiegelt Buch, das am juengſten Tage ſoll eroeffnet werden. Wilſt du ein ruhiges Hertz haben? Nimm dein Gewiſſen in acht. Wilſt du wohl leben und gute Tage haben? verletze dein Gewiſſen nicht. Schaetze koennen eine Zeit= lang ein freudig Hertz geben. Koemmt Anfech= tung und der Tod? denn iſt ein gut Gewiſſen der groeſte Schatz und Troſt.Lieber GOtt! wie wenig Menſchen beſitzen dieſen Schatz? Bey dem groeſten Wiſſen iſt oft das wenigſte Gewiſſen. Siehet mancher einen Profit? er ziehet den Beutel auf, und das Ge= wiſſen zu. Sive raptum ſive captum, modo ſit abtum. Er lebt aufs ſicherſte, als haette er mit dem Tode einen Bund, und mit der Hoellen einen Verſtand gemacht, Eſa. XXVII, 15. Ein Felix mag gar nichts von Gewiſſen hoeren, Apoſt. G. XXIV, 25. Er hat einen Strauß=Magen, der auch die haerteſte Suenden=Speiſe verdauen kan. Hoer, Sicherer! es waehret eine Zeitlang. Du ſtieleſt, mordeſt, hureſt und brichſt die Ehe. Du denckſt: Es iſt finſter um mıch; wer ſieher mich? Syr. XXIII, 26. Es wird [340] kein Hahn drueber kraehen. Ey! der Ge= wiſſens=Hahn wird zu rechter Zeit anfangen. Wo nicht eher, doch in der letzten Todes=Stun= de. Gewiſſens=Angſt, Hoellen=Angſt. Dafuer behuet GOtt jeden Menſchen.Ein ruhigs Gewiſſen iſt ein ſanftes Feder= Kueſſen. Der dieſes bat, kan auch mit Jacob auf einem harten Steine wohl ſchlaffen, 1. B. Moſ. XXVIII, 11. Ein ſolcher weiß von keiner Hertzens=Angſt. Er kan den Himmel allezeit froe= lich anſchauen. Er kan Freunden und Feinden getroſt unter die Augen tretten. Ein gut Ge= wiſſen ueberwindet alle Anfechtung, und trium= phiret in Herrlichkeit. Pauli groeſter Ruhm war das Zeugniß eines guten Gewiſſens, 2. Cor. I, 12. Mit ihm will ich mich auch ueben, zu ha= ben ein unverletzt Gewiſſen allenthalben, beyde gegen GOtt und den Menſchen, Apoſt. G. XXIV, 16. Ich mag in der Welt haben, was ich will; wenig oder viel? gleich viel. Hab ich nur ein gut Gewiſſen, ſo fuehre ich hier ein taeg= liches Wolleben. So hab ich hier und dort wohl, was mich ewig erfreuen ſoll.
Wer hier iſt dahin befliſſen, Ruh zu haben im Gewiſſen, Wird ſein Leben ſtets verſueſſen, Und die Seeligkeit genieſſen.
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Das Glück ſpielt wŭnderlich der Klŭge mŭß ſich ſchmiegen Der Narr ſitzt hoch am Bret, für ihm mŭß man ſich bügen.
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Der Hertzerquickenden Blumen und Gemuethslabenden Aepfel Eilfte Schale.
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I. Der geehrte Narr. Bey Betrachtung dieſer Worte: Pred. Sal. X, 5. 6. 7.
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ES iſt ein Unglueck, daß ich ſahe unter der Sonnen, nehmlich Unverſtand, der unter Gewaltigen gemein iſt. Daß ein Narr ſitzt in groſſer Wuerde, und die Reichen hie nieden ſitzen. Ich ſahe Knech= te auf Roßen, und Fuerſten zu Fuße ge= hen wie Knechte.
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LIeber Salomo! Diß Unglueck ſeh ich noch heut unter der Sonnen. Das Glueck ſpielt wunderlich bey der jetzigen Welt. Den Albern will es oft wincken; den Klugen laeſt es ſincken. In dem Welelichen Stande ſeh ich viel geehrte Narren, die ſich am beſten ſchickten hintern Karren. Mancher Schelm traegt den Helm. Mancher Eſel bekommt zum Lohne die Ehren=Crone. Oft ſitzt der, ſo nichts nuetze, auf der hohen Ehren=Spi= tze. Du vergaffeſt dich in die groſſen Peruquen. Trau nicht. Es ſteckt oft ein Heckerlings=Kopf darunter. Du ſieheſt aufs Geſchlecht und ho= hen Stand. Mein! was iſt hoher Stand, oh= ne Verſtand? ein bloſſer Sand. Wie man= chem bringt ſein Stand die groeſte Schand! Ich kenne Leut in groſſer Ehr, die noethig haetten der Kinder=Lehr. Leute, denen man immer moechte die Haende fuehren, wenn ſie was unterſchreiben ſollen.Freund! Du haſt ſtudiret. Was hilft dichs? Seh ich dich doch ueberall unten an gehen und ſtehen. Der Ignorant geht dir zur rechten Hand. Wie ſpricht der tumme Flegel? Ich lob das Glueck fuer das Geſchick. Ja frey= lich. Jenes erhebet ihn.
Das Glueck iſt Huren gleich, die ſich zu keinem ſchlaeget, Sondern ohne Unterſcheid jedem bald fich unterleget.
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Gelehrſamkeit gebietet heut zu Tage nichts, denn Armuth und Verachtung. Sie iſt eine arme alte Sara, die von der ſpitzfindigen Hagar nur hoehniſch verlacht wird. Es bleibt wohl bey dem alten Versgen.Sunt Muſae multae noſtraque fama fames.Mancher Marck=Schreyer wird mehr aeſti- miret, als der gelehrteſte und erfahrenſte Do- ctor. Ich lob alſo ein Quintgen Glueck, und laß dir dein Pfund Kunſt. Ohne Herren=Gunſt, iſt ſie heut umſonſt.So gehets auch her im Geiſtlichen Stande. Pontificat Moſes cum ſacco per civitatem. Manch guter Kopf ſteckt auf dem Dorfe, und hat kaum das trockne Brod; da ein ſtammlender Poſtillen=Reuter auf der Stadt=Cantzel ſtehet. Der groeſte Narr, die beſte Quarr. Das iſt faſt durchgaengig wahr. Du ſieheſt auf den groſ= ſen Titel. Das thu bey Leibe nicht; Du fuehreſt dich hinters Licht. Die Herren Profeſſores auf Univerſitaeten nehmen das Geld, werfen dem Narren einen Titel an den Halß, und ſchicken ihn damit fort in alle Welt. „Dencke nur „nicht, ſchreibet eine gelehrte Feder, daß die „allemal die Gelehrteſten und Geſchickſten, die „redlichſten und beſten ſeyn, welche mit dem „Superintendenten oder Inſpections - Titel „bebraemet ſind; oder daß die lauter Idioten, „welche ihnen keinen Doctor- oder Magiſter- „Titel eingehandelt. Weiſe Schwanen, auf= „richtige, redliche Leut, mueſſen oft in der „Tiefe vorlieb nehmen, wenn die ſchwartze [344] „Raben und wohl barrockirte ſtrobelkoepfigte „Nacht=Eulen oder Kaeutzlein auf den hoechſten „Thuermen und Gipfeln der Cedern und Tan= „nen=Baeume ſitzen.„Du wunderſt dich vielmal, wie diß zugehe. Ich wundere mich nicht. Die Welt hat Tugend und Ehr getrennet; daher kommts, daß man ſo viel geehrte Narren kennet.
Den Schlimmſten zieht man oft hervor, Der Schwaertzte iſt der ſchoenſte Mohr.Kaeyſer M. Aurelius, und Alexander Seve- rus haben keine Narren um ſich leiden koennen. Jetzt ſind ſie bey der Welt wohl gelitten. Je ungeſchickter, je beglueckter. Je ungelehrter und hochgeoehrter, je angenehmer und gelehrter ſind ſie. Der Hof=Narr Borra galt beym Koenige Martino ſo viel, daß er ihn ueber eine Tonne Goldes verehret. Dieſer pflegte auch zu ſagen: Er habe mehr Ehr und Geld durch ſei= ne Narrheit: als andere durch ihre Weiß= heit und Geſchicklichkeit zu Wege bracht. Deßwegen koennen ſich bey dieſer Zeit viele rueh= men. Vor dieſem reimte man zuſammen: inge- nium und praemium. Jetz und aber amentia und opulentia. Stolidas und dignitas.Frageſt du, was ſolche Voegel vor Federn ha= ben, ſich in die Hoehe zu ſchwingen? Sie ſind mancherley. Seneca ſpricht: per mille indigni- tates veniunt in conſummationem dignitatis. Wenn ſich ein Simon in das Hauß des HErrn zum Verderben der Gemeine kauft, muß ein be= gabter Paulus wohl im Winckel predigen. [345] Wenn ein Narre die Quarre nimmt, muß ihm ein Verſtaendiger auch wohl die Pfarre laſſen. Wer den groſſen Hund bey Hofe, wie man ſagt, zum Pathen, oder wohl gar zum Vetter hat, kan leicht einem andern vortretten, und einer Gemei= ne aufgetrungen werden. Ich will dir die rechte Leiter zeigen, auf welcher heut viel Narren auf den Ehren=Gipfel ſteigen. Sie hat ſechs Sproſ= ſen. Die erſte iſt Gunſt groſſer Herren. Die Andere Schmeicheley. Die Dritte Geſchen= cke. Die Vierdte verdaechtige Heyrath. Die Fuenfte Verraetherey. Die ſechſte ein untreu Weib. Betruebe dich nicht darueber, daß auf dieſer Leiter ſo viel Narren hoch ans Bret kommen. Es kan auch ploetzlich geſchehen, daß ſie fallen und den Halß ſtuertzen. Deſcen- dunt in altum, ut lapſu graviori ruant.Wohl dem Lande, da die Wuerdigkeit Moſen und Aaron ueber andere ſetzet. Aber weh der Stadt und dem Lande, wo Unverſtand erhaben, und Verſtand begraben wird. Dich aber be= daure ich; Freund! daß du ſo unten ſitzeſt; und, da du wohl ſtudiret, gar nicht zu Dienſten kommen kanſt. Wem ſoll ich dich vergleichen? Niemand beſſer, als einem, der wohl ſpielet, aber keine gute Karte bekommen kan. Laß es ſeyn. In der Welt gehets einmal nicht anders her. Da wird oft ein raucher Eſau einem freundli= chen Jacob; eine heßliche Lea der ſchoenen Ra= hel; und ein ſpoettiſcher Iſmael einem redli= chen Iſaac fuergezogen. Der das Pferd ver= dienet, muß immer zu Fuße gehen; und manchem [346] Narren, den ſein Serviteur wohl unterweiſen muß, ſpannet man eine gantze Koppel Pferde fuer.Aber, was fragt die Nachtigal nach der Hoe= he? Ihr Geſang auf dem Strauche in der Nie= dere gilt doch mehr, als das Geheule der Eule in der Hoehe. Goenne dem Narren die Ehre. Wenn er hoch koemmt, wird er doch zu ſchanden, Spruechw. III, 35. Hohe Baeume ſind dem Ungewitter am meiſten unterworfen. Bleib eine Blume im Thal, ſo biſt du ſicher vor dem Fall. Demuethige dich unter die gewalti= ge Hand GOttes, ſo wird er dich erhoehen zu ſeiner Zeit, 1. Petr. V, 6.

II. Die geoffenbahrte Heim= lichkeit. Bey Betrachtung dieſer Worte: Matth. X, 26.
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ES iſt nichts verborgen das nicht of= fenbahr werde, und iſt nichts heim= lich, das man nicht wiſſen werde.BOeſer Menſch! daß du ſo freventlich ſuendigeſt, und Boßheit veruebeſt? Moer= der! was wilſt du vornehmen? Iſt dir Seel und Leib lieb? ſo bleib davon. Deines Bruders Blut wird zu GOtt und Menſchen um Rache ſchreyen, 1. B. Moſ. IV, 10. O darueber wird kein Hahn kraehen. Wen ſolt ich [347] ſcheuen? Syr. XXIII, 26. Ich werde mir Nie= manden zuſehen laſſen. Mein! wer ſahe denn dem Tain zu, als er ſeinen Bruder Abel er= ſchlug? Sahe es nicht GOtt? Fuerwahr du ſolteſt dich fuer GOtt fuerchten, wenn du ja Men= ſchen nicht ſcheueſt.GOttes Augen ſind rein, daß ſie uebels nicht ſehen moegen, und die Boßheit kan er nicht zu= ſehen, Habac. I, 13. Er bringt ans Lıcht, was im Finſtern verborgen, 1. Cor. IV, 5. Was Menſchen in Winckeln ſuendigen, ſtrafet er auf den Daechern. Moerder! geh an etliche Gerichts=Stellen benachtbarter Staedte, da wirſt du unterſchiedene Moerder auf dem Rade finden, die vor kurtzer Zeit des Nachts Mordthaten auf der Straſſen veruebet, und nun ihren Lohn bekommen haben. Wie iſt das laut worden? 2. B. Moſ. II. Frage nicht. GOtt weiß die groeſte Heimlichkeit zu offenbahren. Vor zwey Jahren hat eine boeſe Mutter ihr Kind erwuer= get, und in einer Schachtel in der Stuben ver= graben. In wenig Wochen drauf ward diß Hauß verkauft, und die neue Haußfrau ſiehet Abends ein Lichtgen in der Stube brennen. Als man folgenden Tages in der Stuben nachgrae= bet, findet ſich das Kind, und die Mutter ward drum abgelohnet. Glaube nur: Es wird nicht ſo klein geſponnen, es kommt endlich an die Sonnen. Es iſt kein Ort, er verraeth den Mord.Ehebrecher! Wie verborgen meineſt du wohl, daß deine Gaenge ſeyn? Wer es weiß, [348] weiſſeſt du nicht. Wie ſprichſt du? Es iſt fin= ſter um mich, und die Waende verbergen mich, daß mich niemand ſiehet, Syr. XXIII, 25. Betrogner Menſch! was du verdeckeſt, iſt bey GOtt aufgedeckt. Es iſt alles bloß und entdecket fuer ſeinen Augen, Hebr. IV, 13. A= dams Feigen=Blat bedeckte ſeine Schaam, aber nicht GOttes Auge. Sein Schimmer dringt in die finſtern Zimmer. Es ıſt kein Finſter= niß noch Dunckel, daß ſich da moechten verbergen die Ubelthaeter, Hiob. XXXIV, 22. Wie manchen Ehebruch hat GOtt ans Licht bracht, und denſelben beſtrafet? Poti= phars Weib wolte die Ehe brechen; es kam fuer ihren Herrn, 1. B. Moſ. XXXIX, 11. Am= mon begieng Blut=Schande mit ſeiner Schwe= ſter Thamar. GOtt ofenbahrete die Schan= de im gantzen Lande, 2. Sam. XIII. David begieng Ehebruch und Mordthat zugleich. Blieb es verſchwiegen? Nein. Simri und Casbi krochen heimlich in den Huren=Winckel. Wur= de es denn nicht offenbahr? Allerdings. Pine= has erſtach ſie beyde auf der Stelle, 4. B. Moſ. XXX, 7. 8. Wie manchen heimlichen Ehebruch hat GOtt dem Manne offenbahret, der auf friſcher That bald den Ehebrecher, bald die Ehebrecherin, bald beyde zugleich darnieder ge= ſtoſſen. Ein Schmıed zu Freyberg divertirte ſich heimlich mit einer Frauen lange Zeit. Es muſte doch offenbahr werden. GOtt ſtrafte ihn mit einem jaehen Tode. Er ſtarb der Hure in [349] den Armen, und ward hernach auf den Schind= Anger begraben.Dieb! in finſtern brichſt du zum Haeußern ein. Meyneſt du, es werde verſchwiegen bleiben? Geh nacher Zelle auf den Gerichts=Platz. Du wirſt erſchrecken, daß dir die Haut ſchauren wird. Warum? Daſelbſt hat eine gantze Diebs=Rotte ihren Lohn bekommen. Dem Tuerckiſchen Kaey= ſer Mahomet kamen einſt etliche Gurcken im Garten weg. Er wuſte wohl, daß niemand oh= ne etliche Kammer=Pagen hinein kamen. Weil es nun keiner geſtehen wolte, entrueſtete er ſich darueber ſo ſehr, daß er ihrer ſieben aufſchneiden, und den Garten=Raub ſuchen ließ, der ſich auch gefunden. So unwiſſend iſt GOtt nicht. Er kennet die Schuldigen wohl, und bringt ſie wun= derbar an den Tag. Wie er damals Achans heimlichen Diebſtabl offenbahrte, Joſ. VII, 1. ſo thut ers noch heut. Wie denckeſt du? Der HErr ſiehets nicht, und der GOtt Jacob achtets nicht, Pſ. XCIV, 7. Du irreſt. Der Himmel iſt ein Spiegel der Erde. Was hier geſchicht, iſt dort offenbahr. Was oftmahls Menſchen nicht offenbahren koennen, noch wollen, das thut GOtt. Gehaſi Buben=Stuecke of= fenbahrete er durch Eliſam, 2. B. Koenig. V, 26. Davids Mord und Ehebruch durch Na= than, 2. Sam. XII, 1. Ananiae und Saphirae Falſchheit durch Petrum, Apoſt. G. V. Vor Jahren ſchlug ein Buerger zu H. ſeiner Frau ei= nen Nagel durchs Haupt, daß ſie ſtarb und be= graben ward. Niemand hatte zugeſehen und [350] was erfahren. Doch durfte dieſe Heimlichkeit nicht verſchwiegen bleiben. In funfzehen Jah= ren erſt wurde der Coerper dieſer Frau ausge= graben. Da der Todten=Graeber den ziemlich ſtarcken Nagel im Kopfe erblickte, erinnerte er ſich noch wunderbar des jaehlingen Todes dieſer Frau. Den Kopf zeigte er der Obrigkeit. Die= ſe inquirirte ſcharf, und ließ den Mann dieſer Frau, ſo ſich wieder verehliget hatte, feſt ſetzen; der denn bald die That geſtunde. Siehe, es iſt nichts verborgen, das nicht offenbahr werde, und ıſt nıchts heimlich, das man nicht wiſſen werde, Matth. X, 26.Du ſprichſt: Es waechſt gleichwol ueber viel Dınge Graß, und bleibt verſchwie= gen in der Welt. Ja, fuer Menſchen. Man= cher Mord; mancher Ehebruch; mancher Diebſtahl und manch Buben=Stueck iſt ver= borgen blieben. Daß es GOtt nicht entdecken wollen, hat er hierzu ſeine gerechte Urſachen. A= ber wiſſe, daß jener Tag alles offenbahren wird. 2. Cor. V, 10. Hier geht mancher Frommer unbelohnet, und mancher Boeſer ungeſtraft aus der Welt hinaus. Aber dort wird alles ans Tage=Licht gebracht werden, Pred. Sal. XII, 14. Elias entfloh dem Ahab. Hadat dem David; und Jerobeam dem Salomo. So entfliehet auch mancher Gottloſe dem weltlichen Richter. Aber, wer kan dem Himmliſchen entgehen? Hoer ſeine eigene Worte: Keiner ſoll entfliehen, noch eıner davon entgehen. Und wenn ſie ſich gleich ın dıe Hoelle vergrueben, ſoll [351] ſie doch meıne Hand von dannen holen, Amos. IX, 1. 2. Da wird denn GOtt einem jeglichen geben nach ſeinen Wercken, Rom. II, 6.Moerder! an jenem Tage wird GOtt alle deine Mordthaten, fuer allen Heiligen und Aus= erwehlten dir zur ewigen Schande offenbahren. Ehebrecher! wie wirſt du dich an dem Tage ſchaemen? GOTT wird alle deine Huren=Win= ckel entdecken. Da werden dich keine Waende verbergen. Dieb! an dem Tage wird alle dein Diebſtahl offenbahr werden. Da wird alles kund ſeyn, was jemals in der Welt Gutes und Boe= ſes veruebet worden. Da wird keinen eine Ra= hab verſtecken koennen. Es wird kein leugnen was helffen. Keine Defenſion wird verſtattet ſeyn, noch Proceſſe werden koennen gefuehret werden. Was wird denn ſolcher boeſen Wercke Lohn ſeyn? Da iſt kein Rad, Schwerd und Galgen. Vielweniger wird das Leben zu er= kauffen ſeyn, Ezech. VII, 19. Der Todtſchlae= ger Hurer und Diebe Theil wird ſeyn in dem Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennet, Offenb. Joh. XXI, 8. O wehe! Menſch, thue nichts im Verborgen, ſo wirſt du nicht oeffentlich geſtraffet.

III. Das maechtige Feuer der Liebe Bey Betrachtung dieſer Worte: Hohel VIII, 6. 7.
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DIe Liebe iſt ſtarck wie der Tod; ihre Glut iſt feurig, und eine Flamme [352] des HErrn. Daß auch die Waſſer die Liebe nicht moegen ausloeſchen, noch die Stroeme ſie erſaeufen.PEcunia vincit omnia. Geld ueberwin= der alles in der Welt. Es iſt wahr. Zu= mal bey dieſen Zeiten. Doch, ich weiß einen maechtigern Held, als das Geld. Dieſer behaelt ueberall das Feld. Wer dieſer? Amor. Behalt dein Geld; es faellt. Amor vincit omnia. Die Liebe ueberwindet alles, 1. Cor. XIII, 7.Was iſt ſchneller und maechtiger als das Feuer? Waſſers=Fluth vermag oft Feuers= Gluth nicht zu daempfen. Weit maechtiger und unueberwindlicher iſt das Feuer der Liebe beym Menſchen. Die Liebe Chriſti zu uns Menſchen ueberwand den allerbitterſten Tod, Matth. XX, 28. Groſſe Wunder thut auch oft die natuerli= we Liebe unter den Menſchen ſelbſt. Ich rede nicht von der Laſter=ſondern von der Tugend= haften. Reine Liebe macht vertrauliche Freund= fchaft. Sie wuertzet Eſſen und Trincken; Wa= chen und Schlaffen; ja das gantze Menſchliche Leben. Sie erleichtert alle Arbeit, und arbei= tet in der Ruhe. Sie kuertzet die Zeit, und ueber= zuckert alle Bitterkeit.Daß die Liebe ein ſueſſer Schmertz, empfin= det aller Menſchen Hertz. Auch das Unglueck aeſchert der Liebe Pfeile nicht ein. Der Liebe Blitz zerſchmiltzt allen Grimm wie Wachs. Sie ſcheuet keine Mueh; keine Gefahr; keine Anfech= tung, und fuerchtet ſich fuer keinen Feind. Aus [353] Liebe gieng David mit den Philiſtern in den Streit, damit er die Michal, Sauls Tochter, heyrathen konne, 1. Sam. XVIII, 27. Aus Liebe ließ ſich Sichem gern beſchneiden, nur damit er die Dina bekommen moege, 1. Buch Moſ. XXXIV, 24. Liebe hat die groeſte Macht. Vor ihr muß Jupiter knien. Apollo ein Hirt, und Neptunus ein Pferd werden. Alcides und Hercules lernten aus Liebe zur Omphalen den Rocken ſpinnen. Ja, ſo gar des Didons Geiſt fuehlt ihre Quaal. Auch Pluto laeſt ſein finſtres Reich, aus Liebe gegen des Ceres Tochter, ſtehen.Ja, der Scepter muß oft den Pfeilen der Liebe weichen. Was das Kriegs=Feuer nicht kan erobern, erhaelt zuweilen mit leichter Mueh das Liebs=Feuer. Was hat den letzten Frieden zwiſchen der Cron Spanien und Franckreich erhalten? Feuer? Nein! Schwerdt? Nein! Hunger? Auch nicht. Was denn? die Liebe. So bald dieſe einen Pfeil von Madrit biß nach Paris abdruckte, muſten alle Kriegs=Pfeile wei= chen. Wenn Mars im Streite Venerem er= blicket, laeſt er bald den Arm ſincken.Verliebter Jacob! ſage mir, was hielt dich an, eine vierzehenjaehrige Dienſtbarkeit ueber dich zu nehmen? Warum verſchmachteteſt du des Tages fuer Hitze, und des Nachts fuer Froſt? Aus Liebe. Ja freylich. Die ſchoene Rahel verurſachte es, 1. B. Moſ. XXXI, 40. Re= becca! Rebecca! Das iſt wohl zu viel, das geliebte Vatterland nebſt der gantzen Freund [354] ſchaft zu verlaſſen, und mit Elieſer zu einem unbekannten Manne, dem Iſaac, zu ziehen? 1. B. Moſ. XXIV, 59. Doch nein! Die Liebe ließ es nicht anders zu. Aus Liebe heyrathete Simſon ein heydniſches Maedgen, B. Richt. XIV, 3. 4. Aus Liebe zur Eſther erniedrigte ſich der groſſe Ahasverus, und verehligte ſich mit dieſer armen und verlaſſenen juediſchen Magd, Eſth. II, 17.Die Liebe iſt das veſteſte Band zwiſchen Ehe= Leuten. Wo dieſe in beyden Gemuethern und Hertzen herrſchet, vermag niemand, als der Tod, ſolche zu trennen. Liebe erhaelt das Regiment in guter Ruhe. Wenn Brueder eins ſind, und Nachbarn einander lieben, ſtehets auch wohl im gemeinen Leben, Syr. XXV, 2. Die Liebe weiß von keinen Geitz. Sie iſt ein Argus, und bemercket alle Noth des Nechſten. Ich ſage mit den Worten des Apoſtels: Dıe Liebe iſt langmuethig und freundlich. Die Liebe eifert nicht; die Liebe treibet nicht Muth= wıllen; ſie blehet ſich nicht. Sie ſtellet ſich nicht ungeberdig; ſie ſuchet nıcht das Ihre; ſie laeſt ſich nicht erbittern; ſie trach= tet nıcht nach Schaden. Sie freuet ſich nicht, wenns unrecht zugehet; ſie freuer ſich aber, wenns recht zugehet. Sie ver= traeget alles; ſie glaeubet alles; ſie hoffet alles. Ja, die Lıebe iſt die groeſte unter allen Tugenden und Affecten, 1. Cor. XIII, 4. ſeqq.So groſſen Vortheil, ſo groſſen Nachtheil [355] weckt hingegen auch oft die Liebe. Ich rede von der unordentlichen und ungezaehmten Liebe. Frag den Simſon. Dieſer vertrauete ſein Le= ben und Freyheit aus Liebe dem ſanften Schooße der untreuen Delilae; aber er verlohr beydes da= durch, B. Richt. XVI. David ſcheuete ſich in ſeiner Jugend vor keinen Loewen. Mit den Bae= ren ließ er ſich in Streit ein. Den ſchrecklichen Rieſen Goliath erlegte er. So bald er aber mit der Bathſeba der ungeziemenden Liebe pflog, war aller Muth und Staercke dahin, 2. Sam. XV, 14. Hannibal ein unueberwindlicher Held. Allein, da er anfieng dapibus largis, abundan- ti vino, unguentorum fragrantia, & Veneris uſu laſciviore ſeine Tapferkeit zu ſchwaechen, war es um ihn geſchehen. Gewiß, Circe kan nimmer die Menſchen ſo verwandeln, als unor= dentliche Liebe. Da heiſſet es wohl recht: Aman- tes, amantes. Solche thoerichte Liebe ſpielet mit verliebten die blinde Kuh. Sie verbindet die Augen auch den Scharfſichtigſten. Sie raubet die Vernunft auch dem allerkluegſten. Sie iſt gewohnt, wie die kollernde Pferde, ſich ueber Stock und Stein in aeuſſerſte Gefahr zu ſtuertzen.Die ſchoene Geſtalt der unzeitigen Liebe macht, daß die Vernunft ihrer ſelbſt vergiſſet. Sie verurſachet oft, daß ſie gar naerriſch und unſinnig wird. Lucius Vitellius verliebte ſich alſo in eine Magd, daß er ihren Speichel mit Honig vermiſchte, und ſolchen an ſtatt des koeſt= lichen Balſams gebrauchete. Ein anderer kauf= te einen Floch von ſeiner Lieb haberin vor dreißig [356] Thaler. Ein anderer trunck, aus thoerichter Liebe, das Waſſer, worinnen die Schnupftue= cher ſeiner Liebſten gewaſchen, vor den beſten Muſcateller Wein. Wiederum ein anderer unterſchrieb ſich, aus raſender Liebe, mit ſeinem Blute, daß, wenn ſeine Liebhaberin ſolte in die Hoelle kommen, er auch den Himmel abſagen, und mit ihr zum Teufel fahren wolle.Unzeitıge Liebe verwirret gute Anſchlaege. Sie bricht hohe Geiſter. Sie ſchlaegt Ehre und Gewinſt in Wind; ja ſie verurſachet auch oft Abfall von GOTT. Wer war weiſer als Salomo? brachte ihn nicht die thoerichte Wei= ber=Liebe dahin, daß er oeffentliche Abgoetterey verſtattete, und ſolche Dinge, denen Weibern zu Gefallen, zuließ, die ihn bey GOtt in Ungna= de, fuer der Welt aber in ueble Nachrede ſetzten? Die Liebe hat manchen zu Ehren bracht; man= chem auch hingegen in Schande und Spott ge= ſetzet; ja gar um Hab und Guth, Leib und See= le gebracht. Es gehet nicht anders. Liebe iſt ein Gift, das nehrt, aber auch toedtet. Sie iſt ein Oel, das lindert; aber auch ein Pfeil, der Wunden macht.Mein Freund! Faſſe und verlaſſe. Was denn? Dıe Liebe. Beydes kanſt und muſt du thun. Faſſe die reine und tugendhafte Liebe. Denn wer lebet ohne Liebe, iſt leben= dig todt. Nach Bernhardi Ausſpruch, iſt die Liebe der Seelen Zıerde und Schoenheit. Dieſe Liebes=Flamme lodert ohne einigen Rauch der Schande. Iſt auch der Liebes=Wein ſchon [357] zuweilen ein Wermuth? ſo ſchmeckt er doch wie Zucker. Brauch des Lebens mit deinem Wei= be, das du lieb haſt, ſo lang du das eitle Leben haſt. Denn das iſt dein Theil im Leben, und in deiner Arbeit, die du thuſt unter der Son= nen, Pred. Sal. IX, 9.Verlaß hingegen die Liebe zur Wolluſt. Dieſe iſt ein Irrgarten, darein du leicht kom= men, den Ausgang aber ſchwerlich finden wirſt. Wollueſtige Liebe macht Hertz und Gewiſſen true= be. Sie iſt ein ſueſſes Opium, das glatt ein= gehet, aber den gantzen Leib verderbet. Sie iſt ein Feuer, das bald wird angezuendet, aber nicht eher abbrennet biß alles verzehret iſt. Sie iſt ein ſtarcker Wein, aus welchem man in kur= tzer Zeit den ſtaerckſten Eßig machen kan. Weg damit aus meinem Hertzen. Ich will GOtt bitten, daß er das Feuer der Liebe zu JEſu durch ſeinen Geiſt in mir anblaſe. Churfueſt Auguſtus zu Sachſen, trug aus Liebe zu Jo= hann Georgen, Churfuerſten zu Brandenburg, ſein Bildniß bey Lebzeiten ſtets auf der Bruſt; und als er ſtarb, nahm ers mit in Sarg. Aus Liebe zu meinem gecreutzigten JEſu will ich mir ſein Bildniß nicht auf die Bruſt, ſondern feſt ins Hertz praegen. Mein JEſu! erwecke die edelen Triebe zu einer recht bruenſtigen Liebe. Entzuen= de mein Hertze mit deiner Lieb=brennenden Kertze. Vermehre die Flammen, ſo bleiben wir immer und ewig beyſammen.
|| [358]

IV. Die leidige Troeſter. Bey Betrachtung dieſer Worte: Hiob XVI, 2.
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MEnſchen ſind allzumal leidige Troeſter.UN Troſt iſt mir ſehr bange! Eſa. XXXVIII, 17. So muß ich alle Stun= den dem Hißkia nachſeuftzen. Ich glaub dirs ſehr wohl, lieber Chriſt. Die Welt giebt auch wenig Troſt=Stunden. Ihre Con- ſolationes ſind meiſt Deſolationes. Sucheſt du den Troſt bey ihr? So fiſcheſt du in der Luft, und ſucheſt Sterne in der Gruft. Sie hat mir aber ſolchen verſprochen? Sie hat ge= logen und dich betrogen. Was wolte die Troſt geben, die ſelbſt keinen hat. Wer nichts hat, wird von ihr ſelten ſatt.Syrach ſagt aber: Ein treuer Freund ſey ein Troſt des Lebens, Syr. VI, 16. Ja! aber zeige mir ſolchen. Solcher iſt ein Phoe- nix bey den heutigen Zeiten. Der Zungen= Freundſchaft trau ich nicht. Freundes Treu bringt ſpaete Reu. Experto crede Ruperto. Ich geſteh dir einen treuen Freund zu. Aber was Troſt iſt von ihm zu hoffen? Leere Brun= nen geben kein Waſſer. Hole Faeſſer einen bloſ= ſen Schall. Hiob hatte Troeſter genug; aber [359] es waren leidige Troeſter, Hiob. XVI, 2. Der= gleichen hab auch ich und du. Des Menſchen Hertz iſt in Truebſaal gleich dem naſſen Stroh; und Menſchen=Troeſtungen dem feuchten Pulver. Dieſes hat ſchlechte Kraft; jenes kan ſchwer= lich fangen. In ſolchem Zuſtande muß oft die Seele ſeuftzen: Unter allen meinen Freun= den iſt keıner, der mıch in der Noth troe= ſten koente, Klagl. I, 2. Leidige Troeſter! Ver= geblicher Troſt! Fuer Schmertz vermag das be= truebte Hertz ſolchen nicht anzunehmen.Weiſt du mein Chriſt, was mich von Hertzen reuet? Daß ich oft des Schoepfers vergeſſen, und bey der ohnmaechtigen Creatur Troſt geſuchet habe. Das reuet mich, daß ich GOtt, die leben= dige Quelle verlaſſen, und mir ſelbſt ausgehauene Brunnen gemacht, die doch loechericht, und kein Waſſer geben, Jer. II, 13. Nun laeſt mir GOtt durch Daniel, wie dem Belſazer, predigen: Du haſt gelobet die ſtummen Goetzen, die weder ſehen noch hoeren koennen, aber den GOtt, der dir Leben und Odem giebt, haſt du nicht geehret, Dan. V, 23. Wilſt du aber wiſſen, wie mirs gelungen? Was der Prophet geweiſſaget, iſt mir erfuellet worden. Die Leute, auf die du deinen Troſt geſetzt, wer= den dich betruegen und ueberwaeltıgen, Obadj. v. 7. Ich dachte ſtets in meiner Noth: Des Fuerſten Wort ſoll mein Troſt ſeyn, 2. Sam. XIV, 17. Aber es war mir entnommen, und alſo auch der Troſt. Ich ſahe, ob mein Elend je= mand jammerte, aber da war niemand; ich war [360] tete auf Troeſter, aber ıch fand keine, Pſ. LXIX, 21. Die mıch gern troeſten wolten, waren zu ohn= maechtig. Die mich troeſten konten, wolten nicht. O leidiger Welt=Troſt! Verflucht demnach, der ſich auf Menſchen und ihren Troſt verlaeſt, und in ſeinem Hertzen vom HErrn weichet, Jer. XVII, 5. Die groeſten Troeſter, die aergſten Betrue= ger. Wage es: du wirſts mit Schaden erfah= ren.Wie hoer ich dich ſeuffzen? Nun wird auch mir um Troſt bange! zu wem ſoll ich fliehen um Huelfe? Eſa. X, 3. Trauriges Hertz! ſey wohlgemuth. Es iſt noch Troſt fuerhanden. Wo da? Im Himmel. GOtt iſt Iſraels Troſt, und ihr Nothhelffer, Jer. XIV, 8. Wahrlich ſonſt hat Iſrael keine Huelfe und Troſt, denn am HErrn unſern GOtt, Jer. III, 23. Alle Heili= ge haben in ihrer Noth dahin appelliret, und ih= nen iſt reicher Troſt wiederfahren. Da JEſus im Garten blutigen Schweiß ſchwitzte, ſuchte er Troſt bey ſeinen Juengern. Allein ſie ſchlieffen, und wolten ihn nicht hoeren. Ein Engel aber kam von Himmel, und troeſtete ihn. Laß es ſeyn, wenn auch dir die Welt ihren Troſt verſagt. JE= ſus wird mit demſelben deſto naeher bey dir ſeyn. Seuffze nicht ferner in deiner Drangſal: Mei= ne Seele wıll ſich nicht troeſten laſſen! Pſ. LXXVII, 3. Dieſe Klage iſt ſuendlich. Solten GOttes Troeſtungen, in ſeinem Worte, ſo ge= ringe vor dir gelten? Hiob XV, 11.Doch mercke auch dieſes zu deiner Aufrichtung. An welchem Hertzen aller Welt=Troſt ver [361] lohren, da ſafftet GOttes Troſt am beſten. Biſt du jetzt gekraencket und von aller Welt ver= laſſen? GOtt wird dich dafuer troeſten, wie einen ſeine Mutter troeſtet, Eſa. LXVI, 13. Wer fragt nach Menſchen=Troſt. Er giebt ſchlechten Pro= fit. Worte fuellen den Sack nicht. Salomo ſagt: Wer fromm iſt, bekommt reichen Troſt vom HErrn, Spruechw. XII, 2.Die Welt giebt aber auch reichen Troſt? Schweiche mir damit, Weltling. Mag ſich doch ein Sardanapalus ſeiner Wolluſt troeſten. Sie waehret einen Augenblick; hernach ſtuertzt ſie in zeitlich und ewiges Unglueck. Ein hochmuethi= ger Saul mag ſich ſeiner weltlıchen Ehre troe= ſten. Sie wird ihn zu rechter Zeit ſtuertzen. Ein Geıtzling mag den Geld=Klumpen ſeinen Troſt nennen, Hiob XXXI, 24. Ein leidiger Troeſter; der ihn weder das zeitliche noch ewige Leben verheiſſen kan, Ezech. VII, 19 Jener Kriegs= Bediente pflegte zu ſagen: Wenn er hier ſchoe= ne Trompeter, ſchoenen Wein, ſchoene Ta= fel und ſchoene Dames haette, ſo moechten im uebrigen die Pfaffen von der Hoelle und vom Teufel predigen, ſo lange ſie wolten. Das ſind die Troeſter noch vieler Welt=Kinder. Deren Troſt ihnen aber Zeit genug die groeſte Angſt verurſachen wird. Weg damit.In meinem Elende will ich mit Demuth Troſt von GOtt erwarten, Judith VIII, 16. Er wird mich wieder troeſten mit ſeiner Huelfe, Pſ. LI, 14. Er wird mir ſenden zum Troſt den H. [362] Geiſt. Dieſer iſt allen traurigen beſter Troeſter, , Advocat und Beyſtand fuer Gerich= te, Rom. VIII, 26. Iſt ſchon aller Menſchen Huelfe und Troſt ferne? ſo iſt doch GOtt mit ſei= nem Troſte nahe; vielleicht naeher, als ichs mei= ne. Mit dieſem Troſt will ich alle meine Trauer= Tage beſchlieſſen. GOtt wird auch alle meine Trauer=Naechte in froeliche Tage verwandeln. Nun GOtt, du biſt und bleibeſt heut und alle= zeit meines Hertzens Troſt und mein Theil, Pſ. LXXVIII, 26.

V. Die verunehrte Eheſtiftung. Bey Betrachtung dieſer Worte: Tob. VII, 10. 15. 16.
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TObias ſprach zu Raguel: Ich will heute nicht eſſen noch trincken, du ge= waehreſt mir denn einer Bitte, und ſageſt mir zu, Saram deine Tochter zu geben. Er nahm die Hand der Tochter, und ſchlug ſie Tobia in die Hand. Und ſie nahmen einen Brief, und ſchrieben die Eheſtiftung, und lobeten GOtt, und hielten Mahlzeit.PRomiſſa ſunt ſervanda: Verſprechen ſoll man nicht brechen. Das gilt in allen Handlungen. Vornemlich in der [363] Eheſtiftung. Da iſt das Woertgen Ja! ein kleines Wort. Iſts einmal heraus? ſo kan es mit gutem Gewiſſen nicht widerruffen werden. Iſt dieſes Ja=Wort unterſchrieben? wer kan es wieder auskratzen? Connubia fiunt Fato. Was hier auf Erden gebunden wird, ıſt auch im Himmel gebunden.Du ſtutzeſt. Ey! ſagſt du, im Schertz was verjprechen iſt nıcht gleıch eine Ehe. Sol= che Zuſage kan man nicht allezeıt halten. Hoer! mit der Ehe will GOtt keinen Schertz ge= trieben wiſſen. Ein ſchertzhaftes Verſprechen kan man wohl brechen. Ein politiſches Ja= Wort iſt wohl ſo verbindlich nicht. Ich ſag dir nochmals, in Ehe = Sachen gilt die Politica nichts; weniger der Schertz. Macht denn Zu= ſage gleich eine Ehe? Allerdings. Oeffentliche Zuſage und Conſens beyderley Verlobten iſt ſchon matrimonium inchoatum, obwohl nicht conſummatum. Darum wird auch in der Schrift eine verlobte Jungfer fuer deſſen Weib gehalten, mit welchem ſie ſich verlobet hat, Matth. I, 20. Jacob und Rahel ein Paar Verlobte. Nennete ſie Jacob nicht ſein Weib? Gieb mir nur mein Weib, denn die Zeıt iſt hie, daß ich beyliege, 1. B. Moſ. XXIX, 21.Wie ich hoere, ſo haelſt du viel von Verſpre= chen und Brechen. Jener Tuerck Amurath Rais ſagte einſt zu einem Chriſten, den er betrogen: Wenn ıch meine Wort und Zuſage jeder= zeıt zu halten geſinnet waere, woıt ıch kein Tuerck ſeyn, ſondern ein Chriſt werden. [364] Und du meyneſt noch wohl gar Chriſtlich zu han= deln. Eubatas zu Lacedaemon war auch ſo ein politiſcher Freyer. Dieſer ſperrete der Laidi zu Corinth das Maul auf, und verſprach ihr die Ehe. Er ließ ſie aber hernach ſitzen, und mach= te ihr dieſe Maſcarade, daß er ihr Bildniß nur abgemahlt mit ſich nach Hauſe fuehrete. Dabey meınte er dennoch, ſeiner Zuſage ein Gnuege ge= leiſtet zu haben. Solchen Schertz laeſt GOtt nicht ungeſtrafft.Wie ſprichſt du? Das hat nicht viel auf ſich.Jupiter ex alto perjuria ridet amantum.Nein, Freund! Ich hab im Titio von einem Studenten geleſen, der ſich auch mit dieſem Heydniſchen Versgen gekuetzelt, und die erſt Ver= ſprochne ſitzen laſſen, wird aber mit der andern in der erſten Braut=Nacht raſend.Was wendeſt du ein? Deine Braut ſey arm, und dabey eıne Lea? So haetteſt du dis fein ehe bedencken moegen. Der Gluecks=Mangel hebt die Ehe nicht auf. Thorheit! Weiſt du nicht, daß ein Chriſtlicher Freyer auf Schoenheit und Reichthum nicht ſehen ſoll? Eine ſchoene Schueſ= ſel mag die Augen, aber nicht den Magen delecti- ren. Schoene Blumen ergoetzen wohl die Augen, aber ſie vergehen bald. So kleben auch an ſchoe= nen Granat = Aepfeln gemeiniglich Raupen. Schoen Frauenzimmer aehnlichet den Roſen= Straeuchen; wenn ſie voller Roſen ſtehen, er= weiſt man ihnen alle Careſſen. Hat man ſie aber abgebrochen, ſieht man ſie nicht mehr ueber den [365] Zaun an. Es bleibt bey Salomonis Ausſpruch: Lieblich und ſchoen ſeyn iſt nichts, ein Weib, das den HErrn fuerchter, ſoll man loben, Spruechw. XXXI, 30. So iſts auch bewandt mit dem Reichthum. Deſſen Mitgift iſt oft ein toedtendes Gift. Das mag auch das Frau= enzimmer mercken. An das aeuſſerliche ſoll ſich keine vergaffen wie die Affen. Weniger einem ehrlichen Manne ihr Ja=Wort wieder nehmen. Des Sauls Koenigliche Princeßin, die Merob, hatte ſich erſt mit David verſprochen; Sie hey= rathete aber nachgehends den Adriel, aber ſie hat= te im Eheſtande weder Glueck noch Stern; alle ihre Soehne wurden gehenckt, 2. Sam. XVIII, 29.Ich hoer dich weiter einwenden: Du mueſſeſt nolens volens deın Zuſagen aufſagen. Aber warum denn? Die Eltern wollen nıcht in dıe Heyrath conſentiren. So haette dis auch zuvor moegen ueberleget werden. Aber was iſt die Urſach? Meine Braut iſt aus keinem vornehmen Stam= me. Sie iſt ihnen nicht geehrt, reich und ſchoen genug. Das ſind keine Maengel, um deret wil= len Eltern ihren Kindern an der Heyrath hinder= lich ſeyn ſollen. Solche Eigenſinnigkeit laeuft oft auf beyden Seiten uebel ab. Jener hartnaeckiger Vatter, deſſen Tochter den Sohn ſeines Wider= parts heyrathen wolte, ſagte zu ihr: Meine Tochter, dißmal wird dein Bitten umſonſt ſeyn; und wenn auch GOtt vom Himmel kaeme, und ſolche Heyrath befiele, ſo will ich dennoch ſolche Liebe zerſtoehren, oder [366] GOtt ſoll mıch zeıtlıch und ewig ſtraffen. Was geſchah? da er noch redete, ueberfiel ihn ein Schwindel, daß er vom Stuhle fiel, und da= hin ſtarb. Jene eigenſinnige Mutter eiferte auch heftig ueber die Zuſage ihres Sohnes, die er einer Weibes=Perſon gethan. Mancher Fluch und Schwur wurde darueber ausgelaſſen. Sie bracht es endlich dahin, das ſichs wunderlich fuegen mu= ſte, daß beyde ſich friedlich vertrugen, und von einander lieſſen. Aber was half es dieſer Mut= ter? Das Unglueck und Armuth brach ihr mit Gewalt ins Hauß. Sie gieng herum mit be= truebter Seelen, und konnte nie mit Freuden eſſen, Hiob XXI, 25. Die Geſchiedne wurden auch ihres Lebens nie wieder froh. Staetige Seufzer wider dieſe Mutter war ihr taeglich Morgen= und Abend=Brod. Die vermeynte Freude konte ſie an ihrem Kinde bey ihrem Leben nicht genieſſen. Andere ihrer Kinder muſten die Frevelthat dieſer Mutter mit entgelten, und konten nie zu Kraef= ten kommen. Das bedencke Vatter und Mut= ter. Ohne hoechſt erhebliche Urſachen hindert eu= re Kinder nicht an gefaelliger Heyrath. Die Ehe lauft hernach nie wohl ab.Mein Freund! ich hoere von dir mehr Aus= fluechte deiner zurueck genommenen Zuſage. Du ſprichſt, du habeſt dich mit einer verlobet, ſo mit dir ungleicher Religion. Male. Haſt du nicht gewuſt, daß in goettlichen und natuerli= chen Rechten ſolche Ehen verbotten ſind? Im 5. B. Moſ. hat GOtt geſagt: Du ſolt mit den Abgoettıſchen keinen Bund machen, [367] und dich mit ihnen nicht befreunden; ihre Soehne und Toechter ſolt du nicht nehmen, Cap. VII, 2. 3. Urſache? Weil eines das an= dere leicht auch zur falſchen Lehre verfuehren kan. Der Exempel ſind da an Salomon, 1. B. Koen. II, 4. Joram nahm die abgoettiſche Athalia zum Weibe. Wurde er nicht durch ſie zum Goe= tzendienſt verleitet? 2. B. Koen. VIII, 28. Da du dich aber einmal vergangen, hatteſt du gleich= wol das Band nicht wieder aufloeſen ſollen. Wie ſagt der Apoſtel? So ein Bruder ein unglaeu= big Weib hat, und dieſelbe laeſt es ihr gefal= len bey ihm zu wohnen, der ſcheide ſich nicht von ihr, 1. Cor. VII, 12. Mit einem heiligen Leben und guten Unterricht kan man ſich auch oft Hofnung zur Bekehrung machen. Au- guſtini Mutter, die Monica, hatte einen Ma= nichaeer zum Manne. Sie brachte ihn aber auf den rechten Weg. Du haſt alſo die Eheſtif= tung durch ſolche Aufloeſung ſehr verunehret. Wundere dich nicht, wenn dirs mit einer an= dern in der Ehe ungluecklich gehet.Was das aergſte? Wenn ud die Zuſage mit ei= nem theuren Eyde bekraeftigeſt; mit deinem Blute verſchreibeſt, und ſchaendlicher Weiſe brichſt. Jener Ehren=loſe Bube, ſo ſich einſt gegen ſeine Verlobte verlauten ließ: Wofern eine andere an ſeine Seite kommen ſollte, als ſie, ſo ſollte ıhn der Donner in tauſend Stuecken zerſchlagen; muſte mit Schrecken erfahren, daß, als er eine andere geheyrathet, ihn die dritte Nacht im Bette ein Wetter der [368] maſſen zerſchmettert, daß auch kein eintzig Glıed= maß am gantzen Leibe unbeſchaediget blieben.Was das erſchrecklichſte? Wenn du eine Per= ſon zu Fall, und um ihre Ehre bringeſt, hernach davon geheſt, und ſie in ihrer Schande ſitzen laeſſeſt. Die Suende wirſt du bey GOtt ſchwer= lich verbeten koennen. Eine ſolche Perſon ſeufzet ohn Unterlaß zu GOtt um Rache. Dıe blei= bet nicht auſſen. Eine ſolche ſchaendliche That veruebte an einer ſonſt gar ſittſamen Weibs= Perſon vor weniger Zeit ein Studioſus. Ehe die Schand offenbar wurde, gelangte er ins Predigt=Amt, er verſprach ihr heimlich, ſie zu ehligen, wenn ſie ſchweigen wuerde. Allein er leugnete hernach die That nicht nur, ſondern ſchwur ſich auch von ihr loß. Wie lief es ab? das erſte mal als er Beichte ſitzet, und die Hand aufhebet, ſolche dem Beicht=Kinde aufzulegen, ſinckt er zur Erden, und ſtirbt ploetzlich dahin. Es gehen viele ſolche Ehr= und Ehe=Schaender in Landen herum, die manch Kind, mancher Kinder Eltern betrogen und betruebet. Der Fluch aber folget ihnen auf dem Fuſſe nach. Ehr=Schaender! der gebrochene Eyd mit welchem du die Zuſage haſt bekraeftiget, wird dir das Tod=Bette zur heiſſen Folter=Banck machen. Das Blut, womit du dich verſchrie= ben, ſchreyet unablaeſſig zu GOtt um Rache. Das Kind, ſo du in Unebren gezeuget, und Vatter=loß gemacht, wird dort einmal fuer Chriſti Richter=Stuhl tretten, und dich ver= dammen helffen.
|| [369]
Junger Menſch! nimm dis zu Ohren und Hertzen. Huete dich mit der Ehe zu ſchertzen. Ihr Jungfern! lernet auch beſſer mit dem H. Eheſtande umgehen. Habt wohl acht auf eure Ehre und Wohlfahrt. Werdet nicht Muetter, ehe ihr heyrathet. Ihr ſeyd oftmahls eben die= jenigen, welche ſo viele junge Gemuether zu ſich locken, und mit glatten Worten betruegen. Euer Mund iſt gleich dem Briefe, welchen der Pro= phet eſſen muſte. Der war in ſeinem Munde ſo ſueß als Honig, inwendig aber ſtund geſchrie= ben: Klage, Ach! und Weh! Ezech. II, 10. Es findet ſich manche, die ſich an 3. 4. und noch mehr Mannes=Perſohnen haenget, und dencket, der erſte der beſte. Solche darf ſich auch wohl ruehmen mit der Maria: Sie wiſſe von kei= nem Manne; Luc. I, 34. Aber ſolcher koente man antworten, wie dort Chriſtus dem Sama= ritiſchen Weibe! Du haſt recht geſagt. Ich habe keinen Mann. Fuenf Maenner haſt du gehabt, (auch wohl mehr) und den du nun haſt, der iſt nicht dein Mann. Da haſt du recht geſagt, Joh. IV, 17. 18. O welch ein abſcheulichen Fehler! Welch ein Fluch= wuerdiges Laſter! Welch ein heßliches Ubel und toedtlicher Schade!Um ſeiner zeitlichen und ewigen Wohlfarth willen ſey jedes gebetten, die Eheſtiftung nicht zu verunehren. Der Stifter des Eheſtandes wird ſelbſt dadurch geſchaendet. Jedes halte vor der Ehe ſeine Seele rein von aller boeſen Luſt, Tob. III, 17. Niemand verlobe ſich ohne GOtt und Vorbedacht, indem es viele zur Reue bracht. [370] Haſt du, wer du biſt, das Ja=Wort von dir geben? Um deiner Wohlfarth willen nimm es nicht wieder zurueck. Es gereicht dir zum groeſten Unglueck. Halt Treue, ſonſt folgt Reue. Halt gut Gewiſſen, ſonſt wirſt du bueſſen mueſſen. Eh= re die Ehe, ſo trift dich kein zeitlich noch ewiges Wehe.

IV. Der gepruefte Gottlieb. Bey Betrachtung dieſer Worte: Tob. XII, 13.
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WEil du GOTT lieb wareſt, ſo muſts ſo ſeyn; ohne Anfechtung muſteſt du nicht bleiben, auf daß du bewaehret wuerdeſt.WIe heiſſeſt du? Theophilus. Zu teutſch Gottlieb. Hat dich auch GOTT lieb? Daran zweifle ich nicht. Den Beweiß nehm ich aus ſeinem allerheiligſten Mun= de: Welche ich lieb habe, die ſtraffe und zuechtige ich, Offenb. III, 19. Vieles Treutz und Anfechtung iſt ſeine Straffe an mir. Doch thut mir dieſe Ruthe viel zu gute.Lieber Theophile; liebeſt denn du auch GOtt? Ja! Beweiß es. Ein GOtt liebender iſt mit al= len zufrieden, was ihm GOtt auflegt. Wie iſt dir bey deiner Anfechtung zu muthe? Alle wohl. Was von GOtt kommt, nehm ich gedultig an. Der Creutz=Kelch iſt Syrachs Wıllkommen. Damit beneventiret er auch mich. Mein Kind, ſagt er, wilt du GOttes Diener ſeyn? ſo ſchicke dich zur Anfechtung, Syr. [371] II, 1. Truebſaal iſt das Feuer, in welchem GOtt das Gold ſeiner Liebhaber pruefet.Schola lucis, Schola crucis. GOtt lob! daß ich mit in die Pfarre zum H. Treutz gehoe= re. Nun erkenne ich, daß ich erſt GOtt lieb ſey. Wie ſagte der Engel zum Tobia? Weil du GOtt lieb wareſt, ſo muſts ſo ſeyn, ohne Anfechtung muſteſt du nıcht bleiben, auf daß du bewaehret wuerdeſt, Tob XII, 13. Chriſten ſind Ritter des Heil. Creutzes. Ihre Livrée iſt ſchwartz. Die Fahne, welcher ſie geſchworen haben, iſt mit Blute gefaerbet. Ihre Roſen=Traentze ſind Dornen. Truebſal und Drangſal iſt ihre Koſt in dieſem Thraenen= Thal. Ein ſchweres Leiden iſt ihr Schertz und Zeit=Vertreıb. Es kan nicht anders ſeyn. Sie mueſſen Verfolgung leiden, 2. Tim. III, 22. Sie mueſſen durch viel Truebſal in GOttes Reich ein= gehen, Apoſt. G. XIV, 22. Qui excipitura nu- mero Flagellatorum, excipitur a numero Filiorum. Wer ohne Zuechtigung, iſt kein Kind GOttes, Hebr. XII, 8. Unter der Creutz=Fah= ne giebt es die allerheiligſten Soldaten. An Waſſerflueſſen Babylon waechſet die Andacht am allerbeſten, Pſ. CXXXVII. Die Creutz=Traeger ſingen GOtt die angenehmſte Pſalmen. In der Nacht glaentzt der Stern am ſchoenſten. Im Ker= cker der Verfolgung blueht eines Chriſten Ruhm am beſten.Verſtoehre meine Gedancken nicht, delicates Fleiſch! Was meyneſt du? Dieſe Aloe wolle den Lippen nicht ſchmecken? Ich geb es zu. Aber bloß denen Ungedultigen und Irrdiſch=ge [372] ſinnten mag ſie etwas herbe ſeyn. Denen Gott= liebenden gereichet ſie doch zum beſten, Rom. VIII, 28. Anfechtung lehret aufs Wort mer= cken, Eſa. XXVIII, 19. Wird die Wein= Traube gekeltert, iſt der Saft angenehmer. Wird der Pfeffer geſtoſſen, iſt er deſto kraefti= ger. Wird der Acker gepflueget, traegt er deſto beſſer Frucht. Die Steıne zum Tempel wur= den erſt behauen, ehe ſie zum Gebaeude geſchickt waren, 1. B. Koenig. V, 19. Jacob muſte erſt an der Huefte verrencket werden, ehe er den Seegen empfieng, 1. Buch Moſ. XXXII, 13. Manaſſe muſte erſt in Ketten und Bande, ehe er ſein verlohrnes Koenigreich wieder erlangte 2. B. Chron. XXXIII, 12, 13.Wer kan ohne Leiter in die Hoehe ſteigen? Dem das Creutz nicht eine Leiter bereitet, wird ſchwer= lich die Hoehe des himmliſchen Freuden=Berges erſteigen. Die Fluth der Wellen macht die Per= len erſt ſchoen. Des Meeres Schaum und Saltz macht die Corallen erſt roth. Auf den Purpur des Leıdens folgt erſt das weiſſe Kleid der Freu= den, Offenb. III, 4. Auf die Arbeıt kommt die Ruhe, Offenb. XIV, 13. Auf den Kampf der Sieg, 2. Tim. IV, 7. Auf die Thraenen das Wiſchtuch, Offenb. VII, 16. Auf den Streıt die Crone, 1. Cor. IX, 24. Die Lilien, auf wel= che in dieſem Welt=Garten ſchaedlicher Reif und Mehlthau gefallen, werden im Paradieſe des Himmels am ſchoenſten bluehen und prangen.Ach! GOtt ſetzet mir den Becher der Anfechtung nicht nur zu koſten fuer, ſon [373] dern gıebt mir ihn gar zum Tiſch=Trunck. Nein, nein, mein Hertz! dis iſt noch eine kleine Probe GOttes. Dieſer Kelch wird bald fuerue= ber gehen. Er iſt das Maaß deines Beſtens. Es ıſt aber ein vollgetruckt, geruettelt und ueberflueßiges Maaß? Das bildeſt du dir nur ein. Wer weiß, was dir GOtt aus dieſen Wer= muth fuer einen Wein? Aus dieſen Toloquin= ten fuer ein Manna bereitet? Glaube nur, kein Holtz traegt ſueſſere Fruechte, als das Creutz=Holtz. Mein Treutz iſt aber ein Herbſt=Wind, der meinen Lebens=Baum ſehr entziehret, und faſt gaentzlich verwueſter? Ich ſage nein. Er iſt vielmehr ein Fruehlings=Wind, der ihn mit Laub, Blueten und Fruechten fuellet. Auf ſolchen Baeumen, welche die Creutzes=Winde wacker durchſtreichen, wachſen gut des Geiſtes Fruechte. Welche| ſind es? Liebe, Freude, Friede, Ge= dult, Freundlichkeit, Guetigkeıt, Glaube, Sanftmuth, Keuſchheıt, Gal. V, 22. Wird der Hirſch gejagt, ſo ſchreyet er nach fri= ſchen Waſſer. Wird die Seele von den Hun= den der Welt gehetzet? ſo duerſter ſie nach dem lebendigen GOtt, Pſ. XLII, 2. Es bleibt da= bey: Treutz und Anfechtung iſt die beſte Probe Gott=liebender Seelen.Ich dancke dir HErr, daß du mich gedemue= thiget haſt, Pſ. CXXVIII, 21. Die Welt lockte mich oft in die Huetten Meſechs! dir aber ge= fiel es, daß ich in der Huetten Sems ſeyn ſolte, und unter Kedar wohnen, Pſ. CXX, 5. Da= mit du dieſen Zweck erhielteſt, lieſſeſt du die Win [374] de der Verfolgung von allen Ecken auf mich zu= ſtoſſen. So recht. Wenn der Feind wacker draen= get; eın Creutz das andere druecket; eine Verfol= gung der andern folget, da kommt mir ein Eckel an fuer der Erde. Da flehe ich recht aengſtiglich zu GOtt um Huelfe, Eſa. XXVI, 16. O wie fein wuenſchet man in Babel, nach Jeruſalem! In Egypten nach Canaan! iſt ſchon die Verfolgung groß? mas mehr? ſie darf doch keinen Tritt weiter thun, als ihr von GOtt erlaubt iſt. Er hat von Ewig= keit her zu ihr geſprochen: Biß hieher ſolt du kommen, und nicht weiter; hie ſollen ſich le= gen deine ſtoltze Wellen, Hiob. XXXVIII, 11.HErr! fahre fort mit Liebes=Schlaegen. Fuer= wahr du meineſt es ſehr gut mit mir, Spruechw. XXVII, 6. Jetzt werde ich ein wenig geſtaeubet, aber viel gutes wird mir widerfahren, B. Weißh. III, 5. Komm angenehmer Truebſaals=Bothe. Bringe mir die Creutz=Kappe. Chriſti Livrée ſchaeme ich mich nicht. Ein Theophilus laeſt ſich von ſeinem Liebhaber gern pruefen. Und wer ſein Creutz mit mir nicht auf ſich nimmt, iſt ſein nicht werth, Matth. X, 38.
Wer hier Verfolgung leidt, iſt Chriſti Bluts= Verwandter, Das liebe Creutz das iſt des HErren Abge= ſandter: Ein Gottlieb nimmt es an, und GOtt ſchickts, den er liebt. Drum wenn hier Truebſaal trift, ſey mit mir unbetruebt.
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Ein wohl geanckert ſchiff veracht die ſtoltzen Wellen; Ich acht der Feinde Brim wie toller Hŭnde bellen.
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Der Hertzerquickenden Blumen und Gemuethslabenden Aepfel Zwoelfte Schale.
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I. Der verachtete Feind. Bey Betrachtung dieſer Worte: Pſ. III, 7. 8.
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ICh fuerchte mich nicht fuer viel hundert tauſenden, die ſich umher wider mich legen. Auf HErr! und hilf mir, mein GOtt; denn du ſchlaegeſt alle meine Fein= de auf den Backen, und zerſchmetterſt der Gottloſen Zaehne.
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EIn GOttes Freund verlacht den Feind. Warum ſo traurig mein Chriſt? Ich hoer dich ſeuftzen: Darum muß ıch ſo traurıg gehen, weıl mich meın Feind draenget, Pſ. XLII, 10. Einen boeſen Men= ſchen zu Gefallen traure ich nicht. So recht. Das will eben der Feind haben. Nein, die Freude will ich ihm nicht machen. Vielleicht weiſt du kein Liedgen von Feinden zu ſingen? Ach ja! welcher Menſch iſt ohne Feinde? Muſte ehemals David ſeuftzen. Ach HErr! wıe ſind meiner Feinde ſo viel! Pſ. III, 1. ſo hab ichs fuerwahr auch noethig. Die mich ohn Ur= ſach haſſen, der iſt mehr, denn ich Haar auf dem Haupt habe, Pſ. LXIX, 5. Sie ueben theils oeffentlich gegen mir Feindſeeligkeit, theils gra= ben ſie mir heimlich eine Grube, Pſ. VII, 16. Sie reden wie ſie Schaden thun wollen, und gehen mit eitel Liſten um, Pſ. XXXVIII, 13. Sie ſtellen mir auf allen Seiten Netze zum Ver= derben, Pſ. XXXV, 7. Ihr Rathſchlag, wider mich iſt dieſer: Laßt uns den Baum mit ſei= nen Fruechten verderben, Jer. XI, 19. Sie ſind begieriger ſich an mir zu reiben, als ein Fiſch nach der Luft ſchnappt.Fuerchteſt du dich denn nicht fuer dieſen grim= migen Loewen? Dein Widerſacher lehnet ſich auf wider dich. Sein Grimm reiſſet, und der dir gram iſt, beiſſet die Zaehne ueber dich zuſammen, Hiob. XXVI, 8. 9. Die dir ſo unbillig feind ſind, und dich verderben, ſind maechtig, [377] Pſ. LXIX, 5. Mit GOttes Huelfe, ſie wer= den einen Fehl gebaehren, Pſ. VII, 15. Der im Himmel ſitzt, iſt noch maechtiger. Ich fuerchte mich fuer ihren Trotz nicht. GOtt iſt des Armen Schutz. Trotz, daß ihm wider ſeinen Willen jemand ein Haar kruemmet. Sie toben wider ſich ſelbſt zur Wunde und zur Beule. Sie wer= den ſelbſt in die Grube fallen, die ſie mir gemacht haben, Pſ. VII, 16.Will Pharao quaelen, er wird im rothen Meer erſaufen, 2. B. Moſ. XIV, 27. Will Herodes wuergen? Ich fuerchte mich nicht. Es wird bald heiſſen: Sie ſind geſtorben, die dem Kinde nach dem Leben ſtunden, Matth. II, 20.Da jener kluge Kopf entwerfen wolte, wie wenig ſich ein Chriſt um ſeine Feinde ſoll be= kuemmern, mahlte er eine hohe Klippen, auf deſſen Spitze ein Steinbock ſtund. In der Mitten war der Berg mit einer dicken Wolcke umgeben, aus welcher Donner und Blitz ſchoß, dabey fuegte er dieſe Uberſchrift: Hoſtilis temnit: Obs unten blıtzt und kracht, er ſolches doch nicht acht. Was ſolt ich den Blitz mei= ner Feinde achten? Ich fuerchte mich nicht fuer viel hundert tauſend, die ſich umher wider mich legen, Pſ. III, 7. Der im Himmel wohnet, lachet ihrer, Pſ. II, 4. Seyd immerhin boeſe ihr Voel= cker, und gebet doch die Flucht. Beſchlieſſet einen Rath, und es werde nichts draus. Bere= det euch, und es beſtehe nicht, denn hie iſt Im= manuel, Eſa. VIII, 10. Es gelunge doch Hero= des nicht, da er ſuchte, Chriſtum zu toedten. [378] Phatao, Goliath, Sannherib werden mit ihren Pochen nichts ausrichten. GOtt wird alle meine Feinde auf den Backen ſchlagen, und ihre Zaehne zerſchmettern, Pſ. III, 8. Sie wer= den ploetzlich zu nichte werden, untergehen, und ein Ende mit Schrecken nehmen, Pſ. LXXIII, 19.Dein Widerſacher funckelt aber mit ſeinen Augen auf dich? Hiob. XVI, 9. Am beſten, daß ſie keine Spieſſe ſind. Sie fechten aber taeglich deine Worte an, und ihre Gedancken ſind, daß ſie dir uebels thun? Pſ. LVI, 6. Mein Freund! dıe Wort ſie mueſſen laſſen ſtahn, und kei= nen Danck dazu haben. Der Mond kehret ſich an das Bellen toller Hunde nicht. Ich mich noch weniger an das Tadeln und Laeſtern meiner Feinde. Was iſts Wunder, daß der Spieler ein Blat zerreiſſet, wenn er verſpielt? Kein Loe= we laeſſt ſich durch eine elende Maus entrueſten. Meine Feinde werden noch alle mit Schanden be= ſtehen. Sie gedencken aber noch ihren Muth mit einander an dir zu kuehlen? Hiob. XVI, 10. Lie= ber! es iſt fulgur ex pelvi. Solt ich mich fuer ih= ren Droh=Worten fuerchten? Ich duerfte ein uebel Bebgraebniß bekommen. Der trotzige Wallen= ſtein vermaß ſich, die Stadt Stralſund zu er= obern, und wenn ſie mit Ketten am Himmel hien= ge. Er muſte aber mit groſſen Schaden und Schimpf abziehen. Der grauſame Duc de Alba wolte die Hollaender in ihrer Milch erſaeufen, und in ihrer Butter erſticken. Es fehlte ihm a= ber ſo weit, daß er ſelbſt ein Ende mit Schrecken nahm. Wider GOtt gilt kein Rathſchlag, [379] Spruechw XXI, 30. Er weiß dem Feinde ſchon einen Ring in die Naſen, und ein Gebiß ins Maul zu legen, 2. B. Koenig. XIX, 28.Seinen Feind zu gering achten, iſt aber oft gefaehrlich? Nil tuto in hoſte deſpicitur, ſagt Curtius. Darius ſchaetzte den Alexandrum ſehr gering. Er hieß ihn nicht anders, als einem muthwilligen Knaben. Allein es koſtete ihm ſeinen Hals. Da traf ein was jener kluge Kopf ſagte: Wer ſeinem Feind lıebkoſet, oder zu gering haelt, giebt ıhm ſelbſt das Meſſer in die Hand, an ihm die Sicherheit mit dem Leben zu ſtrafen. Ja! es iſt nicht ohne. Tela praeviſa minus nocent; und eine groſſe Klugheit, ſeiner Feinde Pfeile zuvor ſe= hen, und ihnen ausweichen. Eine groſſe Einfalt aber ſich mit einem Steine zweymal werfen laſ= ſen. Denn auch ein klein Wuermgen kan den Crocodil toedten; und ein kleiner David den Goliath erlegen, 1. Sam. XVII, 50. Allein, in Anſehen ſeiner gerechten Sache, und des Schutzes GOttes ſoll man ſich fuer ſeinen Feind nicht mehr fuerchten, als auf GOttes Beyſtand verlaſſen.Ich achte auf meinen Feind, und dabey ver= achte ich ihn. Meynet er, er wolle mir Leides thun? Er iſt betrogen. Er thut nichts mehr, als daß er GOtt ermuntert, mich zu troeſten, und mir zu helfen. Fuerchte dich nıcht/ ich bin mit dir; weiche nicht/ denn ich bin dein GOTT, Eſa. XLI, 28. Der dis geredet, wird ſeine Zuſage halten, Pſalm XXXIII, 4. Ein [380] Schif ſo wohl geanckert, kehret ſich an keinen Sturm. Ich habe meinen Ancker des Vertrau= ens in JEſu Wunden geworfen; daher fuerchte ich mich nicht, obgleich das Meer wuetet und wallet, Pſ. XLVI, 4.
Unter GOttes Schirmen Bin ich fuer den Stuermen Aller Feinde frey. Laß den Satan wittern, Laß den Feind erbittern, Mir ſteht JEſus bey.Moegen doch die Feinde dencken: Wir wollen ihm nachjagen und erhaſchen, und den Raub austheılen, und unſern Muth an ihme kuehlen, 2. B. Moſ. XV, 9. Elias ent= floh doch dem Ahab. GOtt wird auch mir von meinen Verfolgern helffen, daß ſie nicht wie Loe= wen meine Seele erhaſchen und zureiſſen, Pſ. VII, 2. 3. Er wird mir ſeyn ein Fels und eine Burg, dahin ich immer fliehen moege, Pſ. LXXI, 3. Iſt GOTT fuer mich, wer mag wider mich ſeyn? Rom. VIII, 31. Der HERR iſt mein Licht und mein Heyl, fuer wem ſolt ich mich fuerch= ten? Der HERR iſt meines Lebens Kraft, fuer wem ſolt mir grauen? Darum ſo die Boeſe, mei= ne Widerſacher und Feinde an mich wollen, mueſ= ſen ſie anlaufen und fallen. Wenn ſich ſchon ein Heer wider mich legt, ſo fuerchtet ſich dennnoch mein Hertz nicht; wenn ſich Krieg wider mich erhebt, ſo verlaſſe ich mich auf ihn, Pſ. XXVII, 1. 2. 3. Der Gerechte wird doch ſeinen Feinden obliegen, Eſa. XLII, 3. Freue dich [381] nicht, mein Feind, daß ich jetzt darnieder liege, ich werde wieder aufkommen. Der HERR wird meine Sache ausfuehren, und mir Recht ſchaffen; er wird mich ans Licht bringen, daß ich meine Luſt an ſeiner Gnade ſehe, Mich. VII, 8. 9.GOTT Lob! daß ich Feinde habe. Ich weiß ſie mir nuetzer zu machen als viel groſſe Herrn ihre Freunde. Am beſten, daß ich meinen Simei, meinen Laban und Judas kenne, deren Mord= Pfeile ich taeglich fuehle. Die uebrigen wird der HErr wiſſen. Dieſe Feinde haben mir mehr ge= nuetzet, denn geſchadet. Solt ich ihnen Boeſes mit Boeſen vergelten? Das ſey fern. Ich ſage ihnen noch Danck, und verzeihe ihnen von Hertzen. Haſſen ſie mich ſchon? ich liebe ſie. Fluchen ſie mir? Ich ſegne ſie. Beleidigen ſie mich? Ich bitte fuer ſie, Matth. V, 44. Ja Vatter! ich bit= te: Vergıeb ıhnen, ſie wiſſen nicht, was ſie thun, Luc. XXIII, 34.Ich bin meiner Feinde Freund. Sie ſeynd ihres Freundes Feind. Wer handelt ungerecht? HERR bekehre ſie. Mit Sanftmuth gewann einſt Koenig David den Saul, 1. Sam. XXIV, 18. Die Abigail den David, 1. Sam. XXV, 23. und Joram die Syrer, 2. B. Koenig VI, 23. Daß ichs auch dahin bringen moege, will ich mich bemuehen. Auf giftigen Stengeln waechſet zwar kein heilſam Kraut. Doch, wenn jemands We= ge dem HErrn wohl gefallen, ſo macht er auch ſeine Feinde mit ihm zufrieden, Spruechw. XVI, 7. Wollen ſie nicht? ſo haben ſie ihr Gericht. Mein Auge wird doch noch Luſt an ſeinen Feinden [382] ſehen, Pſ. LIV, 9. mit GOTT will ich Thaten thun, er wird meine Feinde untertretten, Pſ. CVIII, 14.

II. Der beſte Regenten Schmuk Bey Betrachtung dieſer Worte: Hiob. XXIX, 14.
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GErechtigkeit war mein Kleid, das ich anzog wie einen Rock, und mein Recht war mein Fuerſtlicher Hut.SAbt Gerechtigkeit lieb, ıhr Regen= ten auf Erden! B. Weißh I, 1. Ein ſchoenes Mandat. Der Regent des Him= mels laeſt ſolches noch heut den Regenten der Er= den publiciren. In einer vornehmen Reichs= Stadt ſtehet die Gerechtigkeit vor der Thuer des Rath = Hauſes alſo abgebildet: Auf dem Haupte hat ſie eine Nacht = Eule, welche ein Bild der Weißheit iſt. In der rechten Hand haelt ſie einen mıt Schlangen umwundenen Herolds=Stab, als das Kennzeichen der Ein= tracht. In der lincken Hand hat ſie einen wei= ten King von Ertz, als das Zeichen der Ver= ſuchung. In ihrem Schooſe liegt das Horn des Uberfluſſes; und wird ihr vorgetragen ein mit Ruthen umwundenes Richt = Beıl. So eine neue Obrigkeitliche Perſohn erwaehlet wird muß ſie allezeit dieſes Bild kueſſen. Die Goettin der Gerechtıgkeıt eine ausbuendig ſchoene Da [383] me. Zu wuenſchen iſt, daß alle Regenten Amour bey ihr machten.Geſegnet iſt der Regent auf Erden, der Ge= rechtigkeit lieb hat. Geſegnet das Land und die Stadt, da Gerechtigkeit wohnet. Ungerechtig= keit verwueſtet alle Lande, Buch Weißh. VI, 1. Gerechtigkeit aber erhaelt ſolches in ruhigem Stand. Das Recht und die Gerechtigkeit, ſagt ein groſſer Lehrer, iſt wie das liebe Korn, wel= ches uns die beſte Nahrung giebt; wenn aber das Getreyde faulet, ſo wird es in das aergſte Gift verwandelt: Alſo, wenn die Gerechtigkeit in Ungerechtigkeit verkehret wird, wird ſie ein leben= diges Gift, dadurch ein gantzes Land erkrancket. Wie ſpricht Syrach? Um Gewalt, Unrecht und Geitzes willen kommt ein Koenigreich von einem Volck aufs andere, Syr. X, 8. Hingegen erhoehet Gerechtigkeit ein Volck, Spruechw. XIV, 34. und durch ſie wird des Koe= nigs Thron beſtaettiget, Spruechw. XVI, 12.Gerechtigkeit iſt der beſte Schmuck ei= nes Regenten. Hiob ein groſſer Fuerſt. Von vieler Pracht und Kleider = Schmuck hielt er nichts. Aber Gerechtigkeit war ſein Kleid, das er anzog, wie einen Kock, und ſein Recht war ſein Fuerſtlicher Hut, Hiob XXIX, 14. Mit ihm hielt es der theure Churfuerſt, Jo= hann Georg II. Da einſt was ungerechtes fuer= gieng, welches ſollte unterdruecket werden, fieng er an und ſagte: Ich lege wohl taeglich mein Rleid ab, aber den Rock der Gerechtig= keıt mag ich nicht gern beyſeit thun. Glueck [384] ſelig iſt das Land, das einen ſolchen Regenten hat. Auguſtinus ſagt: Dıe Gerechtigkeıt des Koenıgs iſt der Voelcker Friede: des Vatterlandes Schutz; des Volcks Frey= heıt, Vor=Mauer und Bruſt=Wehr; Hei= lung der Landes = Beſchwerungen; die Frende der Menſchen; die Lieblichkeit und Geſundheit der Luft; die klare Stille des Meers; die Fruchtbarkeit des Erd= bodens; der Armen Troſt; der Kinder Erbſchaft, und ihr ſelbſt die Hofnung kuenftiger Seeligkeıt.Gerechtigkeit ein Adlers=Fluegel, ſo den Re= genten an die Wolcken, ja ueber die Wolcken und an die Sternen GOttes traegt. Fromm und gerecht ſeyn, behueten den Koenig, ſagt ſelbſt der weiſſeſte unter den Koenigen, und ſein Thron beſtehet durch Froemmigkeıt, Spruechw. XX, 28. Jener Heyde ſagte nicht unrecht: Ein Regent ſoll ſich vornemlıch um die zwey Stueck bekuemmern, um ein gut Rath = Hauß, und um eın gut Zeug= Haus. Daß vorzeiten die Regenten gluecklich geweſt, iſt die Haupt = Urſach, daß ſie viel auf gute Rath = und Zeug = Haeuſer gehalten. Ein gluecklicher Regent war David. Er hielt viel auf treue und gerechte Raethe. Er gieng fleißig in die Geiſtliche Rueſt = Kammer, in das Haus des HErrn, Pſ. LXXXIV, 11. und betete. Joſias war ein gluecklicher Regent. Er hielt viel auf Ge= rechtigkeit; er gieng fleißig in des HErrn Haus, und erſuchte GOtt um glueckliche Regierung, [385] 2. B. Koen. XXIII, 2. Salomo war ein glueck= licher Koenig. Warum? Gerechtigkeit war ſein Regenten=Schmuck. Er richtete das Volck mit Gerechtigkeit. Er gieng fleißig zum Tempel, und bat GOtt um Weißheit, gute Conſilia und Tapferkeit.Der oberſte Regent hat manchem Lande noch jederzeit fromme und gerechte Regenten erwecket. An Kaeyſer Carl IV. wird ſonderlich die Gerech= tigkeit geruehmet. In denen Land = Gerichten praeſidirte er insgemein ſelbſt. Oft hat er ſich vor das Prager Schloß=Thor geſetzt, und jedem die Freyheit gegeben, ihm ſeine Noth zu klagen. Jene Richter zu Athen, die Areopagitae, wa= ren ſolche Liebhaber der Gerechtigkeit, daß ſie alle ihre Urtheile in der Nacht abfaſſeten, damit nicht etwa ein Anſehen der Perſon dabey vor= gehen moechte. Koenig Philippus IV. in Franck= reich, that mit Wiſſen ſo leicht niemand einiges Unrecht. Ein gerechter Regent war jener Koe= nig in Daennemarck. Einſt hatte ein Edelmann im Zorn einen ſeiner Unterthanen entleibet. Die armen Leute fleheten den Koenig zum Richter an in dieſer Sache. Der Edelmann und andere von Adel ſchuetzten die Privilegia fuer, ſo ſie deſ= ſelben Orts haetten. Allein der loebliche Koenig zog Gerechtigkeit an, als ein recht Koenigs= Kleid, und ſatzte ſein Recht als einen Fuerſtlichen Hut auf. Er degratirte den Beklagten, ent= ſetzte ihn ſeines Ehren = und Ritter = Standes, und uebergab ihn als einen Moerder, dem Hals= Gerichte. Kaeyſer Ferdinandus I. war ein ſol [386] cher Liebhaber der Gerechtigkeit, daß er auch dieſe Worte zum Wahlſpruch fuehrte: Fiat ju- ſtitia & pereat mundus:
Es muß dem Rechte gnug geſchehen, Solt auch die gantze Welt vergehen.Carolus, Hertzog zu Calabria, ließ eine Glocke vor die Thuer ſeines Pallaſtes haengen, welcher damit klingelte, wurde alsbald vor den Hertzog gelaſſen, und ſeine Sache angehoeret und recht gerichtet.Wie ſoll aber ein Regent die Gerechtigkeit ge= buehrend ausueben? Er muß die Pflicht ſeines Amts wohl erwegen, und alles genau exequi- ren. Dieſe Pflichten wurden einſt dem Kayſer Matthatia folgender maſſen fuerſtellig gemacht: Als er zu Franckfurth Anno 1612. gecroenet war, und nach Nuernberg kam, war ihm daſelbſt eine Ehren = Pforte aufgerichtet. Auf dieſer ſtunden vier Voegel mit ausgebreiteten Fluegeln. Der erſte war ein Pelıcan, bey welchem zu leſen das Wort diligo, ich liebe. Der andere war ein Phoenir, mit dem Bey = Wort: reviviſco, ich werde wieder lebendıg. Der dritte war ein Kranich, mit der Beyſchrift: excubo, ich wache. Der vierdte war eine Gluck = Henne, dabey ſtund: protego, ich ſchuetze. Was wurde wohl damit angedeutet? dieſes, daß ein rechtſchaffener Regent ſeine Unterthanen biß aufs Blut liebe; fuer ihre Wohlfahrt Tag und Nacht ſorge, und ſie wider ihre Feinde ſchuetze.Gerecht handelt ferner ein Regent, wenn er fich umthut nach treuen und Gerechtıgkeıt [387] liebenden Raethen. Nach Dienern und Be= amten, die unſchuldige Leute nicht druecken; an Ehr und Guetern nicht beſchaedigen, ja Land und Leute nicht zum Ruin bringen. Ein glueckliches Land und ein geſegneter Regent, wo kein ver= leumderiſcher Doeg Audience hat. Wo bey einem Tiberio ein Sejanus nicht das Fac totum iſt. Wo ein Haman nicht viel Worte machen darf; und wo eines Darii Land=Voegte einen frommen Daniel nicht verleumden duerfen. Veſpaſianus ließ ſolche Sycophanten oeffentlich geıſſeln, und zur Schmach in der Stadt umher fuehren.Gerecht handelt ein Regent, wenn er eine Mauer der Kirchen iſt. Wenn er ſich mit Ernſt und Macht einem Diocletiano widerſe= tzet. Conſtantinus M. wird daher in der Offenb. Joh. XII. ein Engel genennet, weil er als ein Engel ſeine Kirche wider die Tyranney beſchuetzete. Recht und gerecht iſts, wenn Ca- ligula Sonn, Mond und Sterne auf ſeine Crone ſetzen laeßt, und dieſelbe exploratoriam, die unterſuchende nennet. Glueckliche Unter= thanen, die ſehende Regenten haben. Die Koe= nige in Perſien viſitirten alle Jahr einmal. Auf ſolche Art ſtund es wohl um die gemeine Schatz= Kammer und der Unterthanen Gueter.Gerecht verfaehret auch ein Regent, wenn er Ernſt brauchet in Belohnung des Guten, und Beſtrafung des Boeſen. Thucydides nen= net die Obrigkeit einen Artzt der Stadt. Das muß auch ein Regent ſeyn. Ein Artzt verbindet [388] nicht allein, ſondern ſchneidet auch wenn es Noth thut. Der Krebs muß geſchnitten werden, ſonſt friſt er um ſich, und verzehret den gantzen Leib. Da Carl V. zum Roemiſchen Kaeyſer erwaehlet war, ſprach Fridericus ſapiens, Churfuerſt zu Sachſen: GOtt hat uns eınen Kaeyſer ge= geben zu Gnaden und Ungnaden. So ſoll jeder Regent ſeyn. Gnaedig gegen die From= men; ungnaedig gegen die Boeſen. In ſolchem ſchoenen Regenten=Schmucke iſt ein Ober=Herr dem, der das Recht lieb hat, Pſ. XXXVII, 28. ſehr beliebt und gefaellig. Wo Recht, da iſt Ruhe, Seegen und Leben. Es bleibt bey des Regenten Ausſpruch: Ein Koenig, der die Armen getreulich (nach dem Rechte) richtet, deſſen Thron wird ewiglich (eine lange Zeit) beſtehen, Spruechw. XXIX, 14. Der HErr ſegnet einen ſolchen gerechten Koenig, und croenet ihn mit Gnade, als mit eınem Schıld; ſagt der gecroente Koenig David, Pſ. V, 13.Liebes Land! fuerchte GOtt, und halt deinen Regenten in Ehren, Syr. X, 24. Das Regi= ment ſtehet in GOttes Haenden; Derſelbe hat dir einen tuechtigen Regenten gegeben v. 4. Wuen= ſcheſt du unter ſeinem Schatten zu leben, und ihme zu dienen lange Zeit? So bete fuer ſein Leben, Baruch. I, 11. 12. Tertullianus ſchreibt von den Chriſten der erſten Kirche, daß ſie fuer ihre Re= genten gebeten haben, GOtt wolle ihnen geben ein langes Leben; ein ſicher Regiment; haeuslichen Schutz und Sicherheit; ſtreit [389] bare Armeen; getreue Raethe; das Land ohne Krieg; redliche Unterthanen, und was er ſich ſelbſt mehr wuenſchen mag. Wir wollen GOtt um dergleichen bitten. Nebſt dieſen ſoll unſer andaechtiger Wunſch ſeyn: Daß in unſerm Lande Ehre wohne; Guete und Treue eınander be= gegnen; Gerechtigkeit und Friede ſich kueſſe, Pſ. LXXXV, 11. Fiat!

III. Der Tage = Diebe Denck= Zettel. Bey Betrachtung dieſer Worte: 1. B. Moſ. III, 19.
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IM Schweiß deines Angeſichts ſolt du dein Brod eſſen.DUr Zeit Koenigs Saturni in Creta war das aureum ſeculum. Damals brachte der Erdboden ohne Arbeit alles hervor, was der Menſch vonnoethen hatte. Du horcheſt treflich. Gilts, ein ſolch aureum ſeculum wuenſcheſt du jetzt auch? Es waere eine herrliche Sache vor dich. Du bohreſt nicht gern dicke Bretter. Am beſten; ſo ſetzt es keine Schwueh= len in die Haende. Jener mahlete einen faulen Menſchen mit einem Eſels = Kopf auf der Welt= Kugel liegend, mit dieſer Beyſchrift:Homo iners gravisſimum mundi pondus.
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Ein fauler Menſch iſt eine Laſt, Als je die Welt hat aufgefaſſt.Dis Gemaehlde ſiehet dir recht aehnlıch. Viel= leicht hat der Mahjer die Copia von dir genom= men?Fauler Tage=Dieb! Ich glaub, die Sie= ben=Schlaefer ſind deine Brueder geweſt? Man ſagt, du ſaeheſt auch ???n laengſten Sommer = Tagen die Sonne vor Traegheit weder auf=noch unterge= hen. Wie iſt dir geſchehen? So biſt du fuerwahr faeuler, denn der Miſt. Ein junger, geſunder Menſch verſchwaegert ſich mit der Baeren = Haut. Pfuy, ſchaeme dich. Eſſen, Trincken und Faul= lentzen iſt kein Handwerck, das einen gueldnen Bo= den hat. Die in der Jugend nicht arbeiten, mueſſen im Alter Hunger leiden, Syr. XXV, 1. Ich habe nichts zu arbeiten. Niemand iſt, der mich dinget, Matth. XX, 7. So ſprechen alle faule Schlingel. Vielleicht ſucheſt du einen Herrn, der dir die Woche ſieben Fey= ertage giebt? nach Athen und China magſt du dich ja nicht begeben. Warum? die Thineſer ſtrengen alle Leute an zur Arbeit; ſo gar die Lahme und Blinde mueſſen Korn und Reiß mahlen. Und die Athenienſet ſtrafen faule Leute als die groe= ſten Suender. Eine fleißige Hand findet immer was zu thun. Ich ſeh aber, du haſt zu nichts Luſt. Der faule Ruecken will ſich nicht buecken. Vielleicht haſt du ein Schelm=Bein im Rueck= grad?Die Arbeit koemmt mir ſauer an. Meine Schultern ſind ſolcher zu ſchwach. Du fau [391] ler Tage = Dieb! ſo will es GOtt eben haben. Im Schweiß deines Angeſichts ſolt du dein Brod eſſen. 1. B. Moſ. III, 19. Das iſt der Denck = Zettel, den er dir und allen deines gleichen geſchrieben. Waere Holtzhauen ein Or= den, es waeren nicht ſo viel Moenche worden. GOtt hat jeden Menſchen Arbeit aufgelegt nach ſeiner Maſſe, Pred. Sal. VI, 7. Der Fuerſt muß vertreten; der Prieſter beten, und der Bauer gaeten.Wie ſagſt du? Groſſe Leute zerreiſſen we= nig Straenge? davon urtheileſt du, wie der Blinde von der Farbe. Welche Laſt iſt ſchwerer, als die Regierungs=Laſt? Kopf=Arbeit, die ſchwer= ſte Arbeit. Die beſten Delicateſſen erwecken dem weniger Appetit, ſo die Feder fuehret, als ein Stueck hart Brod dem, ſo in der Scheuer agiret. Zudem, ſo weiß ich groſſe Herren, die ſauer Arbeit nicht geſcheuet, noch buergerlicher Verrichtungen ſich geſchaemet. Kaeyſer Nero, Valentianus und Rudolphus II. waren gute Mahler, und uebeten ſich in der Kunſt fleißig. Der Perſer Koenig Cyrus bauete Gaerten, und pflantz= te Baeume. Printz Moritz von Naſſau war ein guter Baumeiſter. Albertus V. Hertzog von Oeſterreich, war ein guter Drechsler. Hertzog Wilhelm in Bayern machte Wecker in Uhren, nachdem er das Regiment uebergeben. Thurfuerſt Auguſtus zu Sachſen wendete viel Zeit auf die Chimie. Der Perſiſche Koenig Abas beſchlug gar ſeine Pferde ſelbſt. Wenn Caeſar keine Laen [392] der einnahm, ſo machte er Berge flach. Und du wilſt mueßig gehen und faullentzen.Ich kan nıcht arbeiten. Danck hab, daß du nichts gelernet. Lerne was, ſo kanſt du was. Certiſſimum viaticum eruditio. Kunſt fiſchet nirgend umſonſt. Sie iſt ein guter Zehr=Pfennig. Man traegt nicht ſchwer daran. Lern in der Ju= gend eine Kunſt oder Handwerck, ſo darfſt du hernach nicht ſtehlen oder betteln gehen.
Ein arbeitſame Hand Find ihr Brod in alle Land.In der Jugend mueßig, im Alter verdrießlich: Denck, wo hernach her was zu brocken und zu beiſſen? laeßige Hand macht arm, Spruechw. X, 4. Denn bringt es Sorge und Harm. Oder gedenckeſt du etwa hernach einen Baer = Fuehrer, Gluecks = Toepfer, oder Wuerfel = Spieler ab= zugeben? Ach! lieber gearbeitet, daß dir die Haut rauchet, als einen ſolchen Land = Betrueger abgeben. Solchs Diebs=Gut gedeyet nicht. Lie= ber noch dem Kalb = Fell gefolget, wo du ja keinen Lehr = Meiſter folgen wilſt.Fauler Bruder, ſteh auf! noch iſts Zeit. Der Heyde Cato bereuet unter andern mit dieſes, und hielts fuer eine Thorheit, daß er einen Tag mit Mueßiggang zugebracht. Laß dich doch auch gereuen, daß du ſchon ſo viel Stunden an deinem Lebens=Tage am Marckte mueßig geſtanden. Sieh, alle Creaturen ermuntern dich zur Arbeit. Die Sonne am Himmel ſtehet nie ſtill. Alle Waſ= ſer laufen ihres Weges. Die Winde richten GOttes Befehl aus. Die Voegel des Himmels [393] haben ihre Arbeit. Gehe hin zur Ameiſe, Ta= ge=Dieb! ſiche ihre Weiſe an, und lerne. Im Sommer bereitet ſie ihr Brod, und ſammlet ih= re Speiſe in der Erndte. Spruechw. VI, 6.Faulheit ſetzt den Menſchen in groſſen Scha= den. Sie iſt ein Poſt=Wagen, worauf man= cher Reıcher von Haus und Hof gefahren. Wer dem Mueßıggang nachgehet, wird Ar= muths genug haben, ſagt Salomo, Spruechw. XXVII, 19. Der Apoſtel ſpricht: Wer nıcht arbeitet, ſoll auch nicht eſſen, 2. Theſſ. III, 10. Das iſt ein uebel Recept fuer den hungrigen Magen. Mueßıggang lehret auch vıel Boe= ſes, Spruechw. XXXIII. Kein Wunder. Wenn der Stahl nicht oft polirt wird, wird er roſtig. Wenn ein Land nicht gepflueget wird, waechſt Un= kraut darauf. Wenn die Ochſen bey guten Fut= ter mueßig ſtehn, werden ſie ſtoeßig. Da Simſon aufhoerete, mit den Philiſtern zu ſtreiten, ließ er ſich in den ſanften Schooß der Delilae nieder, Richt. V. Faulheit ſetzt oft Seel und Leib in Gefaehrlichkeit. Der Teufel iſt nie geſchae fti= ger, als bey Mueßigen. Dem fliegenden Vogel in der Luft trachtet der Jaeger nicht ſo leicht nach, als dem, der auf dem Baume ſitzet. Der hoelli= ſche Jaeger greifet einen in Arbeit ſtehenden Men= ſchen nicht ſo leicht an, als einen Mueßigen. Wirf ein Steingen in ein ſtillſtehend Waſſer, ſieh, ob nicht ein Kreiß aus dem andern entſtehet, welches im flieſſenden Waſſer nicht geſchicht. So wenn der Satan einer mueßigen Seele einen boe= ſen Gedancken einwirft, ſo vermehret er ſich bald, [394] und kommt eine Suende auf die andre. Darum, ſemper aliquid operis facito, ne Diabolus te inveniat otioſum.Hat jemand ein Amt: Er lege die Haende nicht in Schooß, ſondern warte auch fleißig deſſelben, Rom. XII, 7. Die heutige Zeiten wollen fuerwahr keine laeßige Haende leiden. Will ein Petrus was vor ſich bringen? muß er die gantze Nacht ſein Netz auswerfen, Luc. V, 5. Will ein Arbei= ter im Weinberge ſeinen Groſchen verdienen? muß er fuerwahr des Tages Laſt und Hitze tragen, Matth. XX, 12. Iſt ſchon Schweiß beym Fleiß? Es hindert nichts. Die Fruechte ſaurer Arbeit ſchmecken dennoch ſueß. Beſſer ſeinen erwor= benen Biſſen aus ſauren Eßig gegeſſen, als vor anderer Leute Thueren betteln geſeſ= ſen. Das iſt der Tage=Diebe Denck=Zettel. Fauler! den ließ fein fleißig.

IV. Die gefaehrlichſte Kranckheit. Bey Betrachtung dieſer Worte: Eſa. I, 5. 6.
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DAs gantze Haupt iſt kranck; das gan= tze Hertz iſt matt. Von der Fußſoh= len an biß aufs Haupt iſt nichts geſundes an ihm, ſondern Wunden und Striemen, und Eiter=Beulen, die nicht geheft, noch verbunden, noch mit Oele gelindert ſind.
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MAlum creavit malum. Ach Mutter Eva! haetteſt du dismal den ſchoenen Apfel am Baume gelaſſen. Exitioſum donum dedit hoc pomum. Der lueſterne Obſt= Biß hat nach ſich gezogen das aeuſſerſte Verderb= niß. Der Groebs ſteckt allen deinen Kindern noch im Halſe. Den werden ſie ſchwerlich verdauen.Leider GOttes! die gantze Luft iſt inficirt. Die Erde duft boeſe Duenſte aus. Unſere Haeu= ſer ſind in Spitale verwandelt. Alles iſt voller Siechen und Krancken. Woher die Seuche? Aus dem Paradieß. Die Eltern ha= ben Heerlinge geſſen, und der Kinder Zaehne ſind ſtumpf worden, Jer. XXXI, 29. An dieſer Seuche iſt Adam erkrancket; der fromme Ja= cob darnieder gelegen; der keuſche Joſeph bett= laegerig worden; alle Ertzvaeter daran geſtorben. Wie ein Lueſterner in der Hitze mit einem eintzigen kalten Trunck ſich die Schwindſucht an den Hals ſaeuft, die er durch keine Artzney ſo leicht loß wer= den kan: So hat die wollueſtige Eva mit einem eintzigen Apfel=Biß allen ihren Nachkommen die Kranckheit und den Todt erfreſſen. Nun muß ein Naeman den Auſſatz ertragen. Ein Hiob voller Schwaeren, von der Fußſohlen an biß an den Scheidel in der Aſche ſitzen, Hiob, I, 7. Ein Eneas gantzer acht Jahr lang auf dem Siech= Bette legen, Apoſt. G. IX, 33. Und mancher am Teich Bethesda acht und dreyßig Jahre kranck ſitzen, Joh. V, 5. Nun klaget der ueber ſeinen Kopf, 2. B. Koen. IV, 19. jener ueber ſeinen Bauch, Hab. IV, 16. ein anderer ueber ſeinen Fuß, 2. B. Chron. XVI, 12.
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Es moechte ſeyn. Dieſe Kranckheiten ſind nicht allemal zum Tode, Joh. XI, 3. Waere auch die= ſes? Sterben iſt doch unſer Gewinn, Philipp. I, 21. Aber, Adams und Evae Apfel=Biß hat auch unſrer Seelen eine ſchwere Seuche zugezo= gen. Die Kranckheit der Seelen iſt die gefaehr= lichſte. Die Suende hat auch unſere Kirchen in Lazareth = Haeuſer verwandelt. Es giebt dar= innen eitel Sieche und Krancke. Das gantze Haupt des Menſchen iſt kranck; das gantze Hertz iſt matt. Von der Fußſohlen an bıß aufs Haupt iſt nichts geſundes an ihn, ſondern Wunden und Striemen und Eiter=Beulen, Eſ. I, 5. 6. In dieſem Siechhauſe ſind die bey geſundeſtem Leibe oft am gefaehrlichſten kranck. Ihre geſunden Lei= ber ſind die lebendige Graeber. Oft hat ein ſchoe= ner rother Juengling die helle Schwindſucht am Halſe. Mancher Menſch, der in den Augen der Welt der geſuendeſte zu ſeyn ſcheinet, iſt fuer GOTT todt=kranck. Abſalom und Jeſabel moegen uns deſſen ein paar Exempel abgeben.Du arme Seele! wie gefaehrlich kranck liegſt du oft darnieder? boeſe Luſt iſt dein hitziges Fieber. Traegheit des Geiſtes iſt dein Quartan – Un= keuſchheit dein Tertian – und Schwelcherey dein Quotidian – Fieber. Hoch = trabende Gedancken ſind die Schwulſt deines Haupts. Daran lag Simon der Zauberer ſehr darnie= der. Er meynete, er waere ein groſſer Mann, Apoſt. G. VIII, 9. An dieſer Haupt=Kranckheit laboriret ſehr das vermeynte Haupt der Chriſtli= chen Kirche, der Pabſt, der Vice – GOtt und [397] Stuhl=Erbe Petri, wie er ſich nennet. Wie iſt dein Hertz beſchaffen? Es iſt todt = kranck. Es iſt eine vergıftete Waſſer = Ader, woraus entſpringet Mord/ Ehebruch, Hurerey, Dieberey, falſch Zeugniß und Laeſterung, Matth. XV, 19. Es iſt ein rechtes Huren=Loch, darinn Fleiſches = Luſt und allerhand Unreinigkei= ten ſich regen. Es iſt gleich jenen ſtinckenden Luſt= Graebern, 4. B. Moſ. XI, 34. Es iſt ein wue= ſtes und verſtoehrtes Babel, darinnen Zihim, Ohim, Strauſſen, Feld=Geiſter, Eulen und Drachen wohnen, Eſa. XIII, 21. 22.Was ſoll ich ſagen? Die Suende hat den gan= tzen Leib des Menſchen von Fuß biß aufs Haupt mit einer ſchaedlichen Seuche inficiret. Zorn iſt das Kopf=Weh. Feindſeligkeit der boeſe Grind. Neid die gelbe Sucht. Irrthum der Krebs. Verſtockung der Stein. Boßheit die Miltz= Beſchwerung. Traegheit und Nachlaeßigkeıt die Schwindſucht. Geitz die hitzige Kranckheit. Fauiheit das Podagra an Haenden und Fueſſen. Abfall das boeſe Weſen; und Unglaube die Peſt, die endlich den gantzen Leib mit ſamt der Seelen aufs Tod = Bett wirft, und verdirbet, Marc. XVI, 16. Ach Suend, du ſchaedlichs Schlan= gen=Gift wie weit kanſt du es brıngen!Sage mir, Wollueſtiger! haſt du was mehr als Unluſt von deiner Wolluſt? kan der, ſo am hitzigen Fieber darnieder liegt, wol kraencker ſeyn, als du biſt? Die geſuchte vermeynte Ruhe ſetzt dein Gemueth in die groeſte Unruhe. Die Seele ſtuertzt ſie gar in unendliche Quaal, Spruech. V, 3. [398] Reicher! du biſt bey geſunden Leibe todtkranck. Wie ſo? weil du den lebendigen GOTT abge= ſtorben, und dem Gold=Klumpen lebeſt, Hiob. XXXI, 24. Es kan nicht anders ſeyn. Wo ein voller Beutel Gold, da iſt meinſt ein leeres Hertz zu GOtt. So iſt der Menſch auch ſonſt bey zeit= lichen Gute mehr kranck, als wol zu Muthe.Sage mir, Ehrgeitziger! verſtattet dir wohl die Schwulſt deines Hauptes und Leibes ei= ne geſunde und vergnuegte Stunde? Ich laß michs nicht bereden. Ambitientium crux am- bitio. Wer ſich mit der Beſchwerung ſchleppt, iſt uebel genug dran. Neidiſcher! deine gelbe Sucht iſt eine beſchwerliche Kranckheit. Sie zehret den Menſchen allmaehlich ab, daß er letz= lich gantz verdorret, Spruechw. XIV, 30.Was das aergſte? Dieſe Kranckheiten ſind die gefaehrlichſten. Dieſe boeſe Seuchen toed= ten Leib und Seele. Das hitzige Fieber der Wolluſt ſtoeßt endlich der Seele das Hertz ab, und ſendet ſie an den Ort, wo hoelliſch Feuer ih= re Brunſt kuehlen wird, Offenb. XIV, 11. Ge= faehrlich iſt die Kranckheit eines Reichen. Dieſe Sorgen = Seuche entkraeftet ihn alſo, daß er ſchwer zugehet, die Stuffen zum Reich GOt= tes zu erſteigen, Luc. XVIII, 24. Jener Reiche hats erfahren, Luc. XVI. Auf zeitlich Reichthum folgt ewiges Armuth, 1. Tim. VI, 9. Weg da= mit! die Schwulſt des Ehrgeitzigen nimmt auch ein uebel Ende Das boeſe Weſen der Ab= truennigen verwandelt ſich letzlich in ein erbaerm= liches Heulen und Zaehnklappen, Matth. X, 33. [399] Und graſſiret ſchon die Peſt beym Unglaeubi= gen eine Zeit lang? zuletzt ſtoeſt ſie ihm doch das Hertz ab. Wo faehret ſeine Seele hernach hin? wo die hoelliſchen Peſt = Drueſen das Fleiſch bren= nen, und doch nicht verbrennen, Offenb XXI, 8.Iſt denn keine Salbe in Gilead? Iſt denn kein Artzt nicht da? Jer. VIII, 22. An dieſer gefaehrlichen Kranckheit liegt meine Seele auch darnieder. Doch weil ich meine verderbte Na= tur am beſten kenne, kan ich mir auch das beſte Recept fuerſchreiben. Ich will mein eigner Artzt ſeyn, und mir ſelbſt helfen. Hier vermag kein leiblicher Artzt nichts. Dieſe Seuche hei= let weder Kraut noch Pflaſter, B. Weißh. XVI, 12. Ich will meine Fehler wohl unterſuchen, und ſehen wo ich am ſchwaechſten bin. Ich will die Suende nicht herrſchen laſſen in meinem ſterb= lichen Leibe, ihr Gehorſam zu leiſten in ihren Lue= ſten, Rom. VI, 12. 13. Ich will meine Begierden toedten. Coloſſ. III, 5. Ich will durch Maeßigkeit mein Fleiſch creutzigen, ſamt den Lueſten und Be= gierden, Gal. V, 24. Mein Recept fuer dieſe gefaehrliche Seuchen ſollen ſeyn Myrrhen und Weyrauch. Ich will die Myrrhen der Buſſe an mein ſuendig Hertze appliciren, mit dem Zoell= ner an daſſelbe klopfen, und ſprechen: GOtt ſey mit Suender gnaedig! Luc. XVIII, 13. Hierauf will ich den Weyrauch des Gebets an= zuenden, und mit David ſeuftzen: Schaffe in mır, GOtt! ein reines Hertz, und gıeb mir einen neuen gewıſſen Geıſt! Pſ. LI, 12. Du himmliſcher Artzt! thue ſelbſt mit bey dieſer mei [400] ner Seelen=Cur das Beſte. Heile mich, HErr, ſo werde ich heil. Waſche mich wohl von mei= ner Miſſethat, und reinige mich von meiner Suende! Pſ. LI, 2.

V. Der Chriſten nuetzliche Wall= farth. Bey Betrachtung dieſer Worte: Eſa. II, 3.
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KOmmt, laſſt uns auf dem Berg des HErrn gehen, zum Hauſe des GOt= tes Jacob, daß er uns lehre ſeine Wege, und wir wandlen auf ſeinen Steigen.JAcob nennet des Menſchen Leben eine Wallfahrt, 1. B. Moſ. XLVII, 9. In Wahrheit, ſind wir nichts anders, als Wallfahrter. Ich ſage mit David: Wir ſind Pılgrim, wie alle unſere Vaetter, Pſ. XXXIX, 13. In der Welt hat der Menſch keine bleibende Staette, Hebr. XIII, 14. Er findet mit Noae Taube nicht, wo ſein Fuß ru= hen kan, 1. B. Moſ. VIII, 9. Er muß mit der Naemi von einem Ort zum andern ziehen, und findet doch keine Ruhe, Ruth. I. Hier hat die Wallfarth kein Ende. Dort ſollen wir erſt Ruhe finden, Offenb. XIV, 13.
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Geliebter Reiſe = Gefaehrte! ich habe was an dich. Was dieſes? Weil mir beyde Wallfahrter, und in dem Lande der Lebendigen noch auf dem Wege ſeyn, wollen wir noch fleißig mit einander eine Wallfahrt anſtellen. Ich bin des Sinnes mit. Aber wohin? Ins gelobte Land nach Chriſti Grabe? Nein; heut wall= fahrtet man nicht ſehr mehr dahin. Urſache? Der Pabſt ſiehet, daß ſie mehr dem Tuercken, als ihm profitable. Wohin ſoll denn unſere Wall= fahrt gerichtet ſeyn? Vielleicht nach St. Lo= retto in Italıen zum Bilde der Jungfrau Mariae? Nein! Etwa nach Tompoſtell in Spanien zum Leibe des Heil. Jacobs? Auch nicht. Vielleicht zu dem beruehmten Klo= ſter Marienzell, im Herzogthum Steyermarck, wohin ſehr viele Wallfahrten angeſtellet werden? Oder nach Toeln, wo die Weiſen aus Morgen= lande ſollen begraben liegen? Lieber Freund! das ſind thoerichte Wallfahrten. Wer fordert ſol= che von uns? Eſa. I, 12. Es iſt ein vergeblicher Gottesdienſt, Matth. XV, 9. dem Verdienſte Chriſti ſehr nachtheilig. So ſoll es gewiß zum Heil. Vatter Pabſt nach Rom gehen, ihm die Fueſſe zu kueſſen? Auch da iſt wenig Troſt zu holen. Lieber zur Capelle des himmliſchen Vatters, uns zu JESU Fueſſen zu ſetzen, Luc. X, 39.Keine nuetzlichere Wallfahrt einem Chriſten, als die, ſo nach dem Kloſter S. Memoriae Chri- ſti angeſtellet wird. Denn an dem Orte, wo GOtt ſeines Namens Gedaechtniß geſtiftet hat, erlangen wir Segen, 2. B. Moſ. XX, 24. Laß [402] uns alſo fleißig die Wallfahrt zum Hauſe des HErrn anſtellen. Wir wollen gehen zu ſchauen die ſchoenen Gottesdienſte des HErrn, und ſeinen Tempel zu beſuchen, Pſalm. XXVII, 4. Der Papiſten Wallfahrt bringt wenig Wohlfahrt. Graf Fulco ſtellte einſt eine Wallfahrt ins gelob= te Land an, und nahm zwey Knechte mit ſich. Er legte ſich ſelbſt einen Strick an den Hals, woran ihn der eine Knecht wie einen Hund fuehren; dem andern gab er eine Peitſche in die Hand, welcher den gantzen Tag auf ihn zuſchla= gen muſte; hierbey rief er ſtets aus: HErr nimm doch den meineydigen Knecht Fulco- nem wieder zu Gnaden an. Thorheit! eine Wallfahrt mit dem Zoellner im Tempel des HErrn gethan, und ein miſerere mei angeſtimmet, Luc. XVIII, 13. das iſt GOtt weit angenehmer.Was giebt das Wallfahrten der Papiſten dem Gewiſſen vor Befriedigung? Gar keine. We= der das kuenſtliche Marien=Bild zu Loretto, noch der heilige Borromaeus zu Arona, noch der hei= lige Philippus auf der Inſul Salvucka, ſamt al= len Reliquien der Heiligen, koennen dem Gewiſ= ſen einigen Troſt zuſprechen. Boleslaus III. Koe= nig in Polen, nachdem er wegen des begange= nen Bruder = Mords von ſeinem boeſen Gewiſſen ſehr geaengſtigt wurde, that erſtlich nach Franck= reich zum Grabe des Heil. Aegidii; nachgehends zu dem Grabe des Koenigs in Ungarn St. Ste= phani; und endlich nach Guſten zu den Gebei= nen des Heil. Adelberti eine Wallfahrt, und be= ſchenckte die Heiligen reichlich; er wurde aber [403] doch im Gewiſſen nicht berubiget, ſondern ſtarb in groſſer Traurigkeit.Giebt denn der Paebſtler Wallfahrten der ar= men Seele einigen Troſt? Noch weniger. Her= tzog Wılhelm in Aquitanien legte einſt einen Pantzer an; er belegte den gantzen Leib mit eiſer= nen Ketten; verließ ſein Fuerſtenthum, und wall= fahrtete nach Rom. Da fand ſeine Seele keinen Troſt. Er reiſete nach Jeruſalem; auch das hei= lige Grab wolte ihn nicht troeſten. Er gieng nach Compoſtell; der Heil. Jacob wolte ihm noch kei= nen Muth zuſprechen. Er wolte endlich wieder zu= rueck nach Jeruſalem, allein er ſchickte ſeine trau= rige Seele aus, da er noch unter Weges war. Befreyet denn der Paebſtler Wallfahrt den Suen= der von ſeinen Miſſethaten? Ich laß michs nicht bereden. Ihr Ablaß iſt vergebens, wo nicht Ablaß ihrer Suenden vorher gehet. Man giebt vor, daß zu Rom das Haupt St. Pauli und Petri ſey; wer nun vorzeiten dahin wallfahrtete, und ſolche beſuchte, erhielt Ablaß ſeiner Suen= den auf etliche tauſend Jahr. Gar grobe Thor= heit! welcher Menſch erlebt denn ſolche Jahre?Weit nuetzlicher iſt die Wallfahrt der Lutheri= ſchen Chriſten nach dem Berge des HErrn: Dieſe haben nicht noethig des ſtrengen Faſtens und Geiſſelns. GOtt fordert nicht von ihnen, daß ſie mit Aenea Sylvio im groeſten Winter mit bloſſen Haeuptern und Fueſſen wallfahrten, daß ſie das Podagra bekommen. Sie haben ihr Heiligthum naeher. Darinnen dienen ſie nicht dem Marien=Bilde, ſondern ihrem Sohne, dem Ebenbilde GOttes. Nicht denen verſtorbe [404] nen Heıligen, ſondern dem Allerheiligſten, 2. Chron. III, 10. In denen Lutheriſchen Kir= chen theilet nicht der Pabſt, oder ein Paebſtiſcher Pater, ſondern Deus Pater den Ablaß mit. Der goettliche Ablaß = Brief iſt dieſer: Wenn eure Suende gleich Blut = roth ıſt, ſoll ſie doch Schnee=weiß werden; und wenn ſie gleich iſt wıe Roſen = Farbe, ſo ſoll ſie doch wie Wolle werden, Eſa. I, 18. CHriſtus allein iſt der rechte Ablaß und Verſoehn = Opfer fuer der Menſchen Suende, Apoſt. G. X, 43. Ablaß fin= den wir in ſeinen Wunden. Durch dieſe ſind wir heil worden, Eſa. LII, 6. Ablaß in ſeinen Blute. Es reiniget uns von allen Suenden, 1. Joh. I, 7. Ablaß in ſeinem Tode. Durch den= ſelben ſind wir mit GOTT verſoehnet worden, Rom. V, 10. Da iſt Ruhe des Gewiſſen, Ver= gnuegung des Hertzen, Troſt der Seelen.Weichet, thoerichte Wallfahrter? Hieher mein Pilgtim! komm, laß uns auf den Berg des HErrn gehen, zum Hauſe des GOttes Ja= cob, daß er uns lehre ſeine Wege, und wir wan= deln auf ſeinen Steigen, Eſa. II, 3. Laß die Goe= tzen Diener vor ihre Bilder niederfallen. Komm, wir wollen anbeten und knyen, und niederfallen fuer dem HErrn, der uns gemacht hat, Pſalm XCV, 6. Wir wollen fleißig in ſein Haus gehen, auf ſeine greſſe Guete, und anbeten gegen ſeinen heili= gen Tempel in ſeiner Furcht, Pſ. V, 8. Der un= verſchaemte Ablaß = Kraemer Tetzel zu Ulm ſchry einſt mit dieſen Worten ſeinen Ablaß oeffentlich aus: Jetzt iſt dıe Zeit der Gnaden fuer der [405] Thuer. Ihr Suender herbey! ihr Weiber, verkauft eure Schleyer und Gurtel, und kauft den Ablatz ein. Schlechte Erquickung fuer die Seele. Der Suenden = Tilcher JEſus ruft troeſtlicher aus: Kommt her zu mit alle, dıe ihr muehſeeug und beladen ſeyd, ıch will euch erquicken, Matth. XI, 28. Dieſer Lock= Stimme wollen wir folgen. Wır wollen uns fleißig halten zu GOttes Altar, da man hoeret die Stimme des Danckens, und da man predi= get ſeine Wunder; Pſ. XXXI, 6. Darinnen werden GOttes Troeſtungen unſere Seele ergoe= tzen, Pſ. XCIV, 19. Darinnen weydet uns GOtt auf einer Gruenen Auen, und traencket uns mit friſchen Waſſer, Pſ. XXIII, 2. da findet der Hungerige Erquickung. Der Krancke Artzney. Der Arme den Reichthum. Der Ver= laſſene Troſt. Der Suender Erloeſung. Der Todte das Leben.Die Paebſtler wallfahrten barfuß nach dem hei= ligen Lande. GOttes Haus ein heilig Land. Wir wollen die Suenden = Schuh zuvor von un= ſern Fueſſen ziehen, ehe wir ſolches betretten, 2. B. Moſ. III, 5. Wir wollen mit Furcht, De= muth und Andacht darinnen erſcheinen. Wir wollen nicht bloſe Hoerer, ſondern auch Thaeter des Worts ſeyn, Jac. I, 22. Wir wollen GOttes Wort hoeren und bewahren in einem feinen guten Hertzen, und Frucht bringen in Gedult, Luc. VIII, 15. GOtt gieb Glueck zur Wallfahrt!
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VI. Die zur Seeligkeit dienende Gelehrſamkeit. Bey Betrachtung dieſer Worte: Sptuechw. II, 2. 5.
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LAß dein Ohr auf Weißheit acht ha= ben, und neıge dein Hertz mit Fleiß dazu. Alsdenn wirſt du die Furcht des HErrn vernehmen, und GOttes Erkaennt= niß finden.WIr ſind die Leute, mit uns wird die Weißheit ſterben, Hiob XII, v. 2. Das iſt wohl zu viel geredet von ge= lehrten Leuten. Claudius Salmaſius und Da= niel Heinſius, ein paar der Gelehrteſten zu ihrer Zeit. Keiner wolte dem andern den Vorzug goennen. Sie ſind geſtorben. Die Weißheit auch mit? Keines Weges. Hat ſie ſich doch nie beſſer herfuer gethan, als nach ihren Tode.Jedoch was iſt die Weißheit dieſer Welt? Eitelkeit. Was das Gedaechtniß in vielen Jah= ren gefaſſet, verliehret es oft wieder in einer Stunde. Jener Pfarrer zu Frauenſtadt, Ede- rus, verlohr bey geſundem Leibe die Memorie dermaſſen, daß er auch nicht eine teutſche Zeile mehr leſen konte. Ein anderer wuſte letzlich ſei= nen eignen Nahmen nicht mehr zu nennen. Sa [407] lomo hatte viel gelernet und erfahren. Er hat= te mehr Weißheit, denn alle, die vor ihm gewe= ſen waren, Pred. Salom. I, 16. Doch muſte er zuletzt geſtehen, es ſey alles eitel. Darum rueh= me ſich ein Weiſer nicht ſeiner Weißheit, Jer. IX, 23.Der Welt Weißheit laeuft oft hinaus auf Thorheit, Roem. I, 22. Sind nicht heut meiſt die Gelehrten die Verkehrteſten? Viel Gelehrte ſind Veraechter GOttes, Jer. II, 8. Ich ſa= ge nicht gern, oft halbe Atheiſten. Kein Wun= der. Sie erkennen durch ihre Weißheit GOtt in ſeiner Weißheit nicht, 1. Cor. I, 21. Den Ehren=Titel eines Polyhiſtoris will ich manchen nicht abſprechen. Iſt er in omni ſcibili verſi- ret? ich goenne es ihm. Allein, alle ſeine Haec- ceitaeten, Quidditaeten und Subtilitaeten ſind Vanitaeten. Die Weißheit dieſer Welt bleibt fuer GOtt Thorheit, 1. Cor. I, 20.Zuweilen iſt Thorheit weit beſſer, denn Weiß= heit, Pred. X, 1. Wo viel Wiſſen iſt oft we= nig Gewiſſen. Von ſolchen mag man immer ſagen:
Quid juvat, innumeros ſcire atque evolvere caſus, Si fugienta facis, ſi facienda ſugis?Solcher Weiſen Weißheit macht GOtt zu nich= te, 1. Cor. I, 19. Manchem Gelehrten waere beſſer, er waere ungelehrt geblieben. Der ein= faeltige Glaube iſt GOtt angenehmer, als der ge= kuenſtelte. Nıcht viel Weiſe nach dem Fleiſch; [408] nicht viel Gewaltige; nicht viel Edle ſind beruffen? Sondern was thoericht iſt fuer der Welt das hat GOtt erwaehlet, 1. Cor. I, 27. Die Welt = Weißheit macht mich wohl fuer Menſchen anſehnlich, aber fuer GOtt nicht ſeelig. Wıe haſt du geglaeubet und gele= bet? wird mich GOtt einmal fragen: und nicht: Wie hoch haſt du ſtudiret gehabt?Tadelhafte Welt! wie ſagſt du von mir? Ich ſey nicht gelehrt genug. Du redeſt fuerwahr recht. So bin ich auch nıcht ver= kehrt mit dir. Und dieſes iſt mir lieb. Dient meine Gelehrſamkeit nicht zu groſſer Ehr und Hoheit? ſo dient ſie mir doch zur Seeligkeit. Hoeher verlang ich nicht zu ſtudiren. Mey= neſt du, ich duencke mich weıſe zu ſeyn? Du haſt es auch getroffen. Was ich nicht bin, will ich durch GOttes Gnade werden. Plus ultra! iſt mein Wahlſpruch. Verſteh mich aber recht. In der Weißheit will ich mich ueben, die mich befoerdert zur Seeligkeit. Ich will Weißheit lernen fuer meine Seele, Spruechw. XXIV, 11. Mein Ohr ſoll auf goettliche Weißheit acht haben, und mein Hertz will ich mit Fleiß dazu neigen, Spruechw. II, 2. Wo wilſt du dieſe erlernen? von dem, in welchem verborgen liegen alle Schaetzen der Weißheit und Erkaenntniß, Coloſ. II, 3. Was nuetzt mich das Bisgen eitle Gelehrſamkeit? Iſt jetzt doch ueberall des Armen Weißheit veracht, Pred. IX, 16. Auch findet ſich ſel= ten ein Sigismundus mehr, der die Gelehr [409] ten herfuer zeucht. Erlerne ich aber die himmli= ſche Wıſſenſchaften, ſo bin ich gelehrt und recht geehrt bey GOtt und denen Engeln. Ich will die irrdiſche Weißheit gern fuer Schaden achten gegen der ueberſchwenglichen Erkaenntniß Chriſti JESU meines HErrn, Philip. III, 8. Ich weiß doch, daß Chriſtum kennen und lieb haben beſſer ſey, denn alles Wiſſen, Eph. III, 19.Was ſageſt du, Welt? Ich ſoll anfan= gen, was tuechtiges zu ſtudıren. Hab Danck vor deinen Rath und Unterweiſung. Ich nehm ſolchen beſſer auf, als er gemeynet iſt. Nun will ich in allen Facultaeten recht zu ſtudiren anfangen. Der gantze Erdboden ſoll meine Academie ſeyn. Der Meiſter mit der gelehrten Zunge mein Profeſſor. Die H. Schrift meine Bibliothec. Von der Philoſo- phie will ich den Anfang machen. Meine Phyſic ſoll darinn beſtehen, daß ich mit David meine Augen gen Himmel richte, und betrach= te alle Wercke der Haende GOttes. Ich will erwegen, wie wunderbar mich GOtt in Mut= ter Leibe gebildet, und wie ſein Aufſehen meinen Odem noch dieſe Stunde bewahret, Hiob. X, 12. Ethicam Chriſtianam will ich alſo ſtudi= ren, daß ich alles irrdiſche lerne gering achten. Mich dieſer Welt nicht gleich ſtelle, Roem. XII, 2. Mir begnuegen laſſen an dem, das da iſt, Hebr. XIII, 5. Meinen Leib rein und un= befleckt halten, 1. Theſ. IV, 4. und meinen Naech= ſten lieben als mich ſelbſt, Marc. XII, 33.
|| [410]
Mein Studium Medicum ſoll darinn beſtehen, daß ich mich der Diaet im Leben befleißige, auch GOtt zu Ehren bißweilen faſte. Vor= nehmlich will ich mich enthalten von fleiſchlichen Lueſten, welche wider die Seele ſtreiten, 1. Petr. II, 11. Ich will auch Jura gruendlich ſtudiren, und einen Chriſtlichen Juriſten agi- ren. Worinn ſoll denn die Juris prudenz beſte= hen? darinn, daß ich meinen Naechſten nicht thue, was ich will, das er mir auch nicht thun ſoll, Matth. VII, 12. Meine Inſtitutiones will ich ſuchen in Decalogo Moſis. Meine Pandecten in Pentateucho. Meine Novellen in Novo Teſtamento; und den Codicem in Codice Sacro. Ich will ſeyn Sacerdos Juſtitiae, und viele zur Gerechtigkeit weiſen, Dan. XII, 3.Meine Theologie ſoll ſeyn, zu glauben alles, was die Propheten, Chriſtus und die Apo= ſtel geredet und geſchrieben haben. Zu Chriſt= lichen Lebens = Reguln will ich mir erwaehlen die Zehen Gebot. Zum taeglichen Gebet das heilige Vatter Unſer. Zur ſtuendlichen Beichte des Zoellners Buß = Seuftzer Luc. XVIII, 13. Soll ich auf dieſer Academie auch promoviren? Gut. Erſtlich will ich Magi- ſter werden. Ich will ein Meiſter ſeyn ueber meine Affecten. Ich will die Suend nicht herrſchen laſſen in meinen ſterblichen Leibe, ihr Gehorſam zu leiſten in ihren Lueſten, Rom. VI, 12. Hernach will ich in Licentiatum pro- moviren. Chriſtus hat mich frey gemacht von der Suende, Roem. VI, 22. Dieſe Frey [411] heit will ich nicht machen zum Deckel der Boß= heit, 1. Cor. II, 16. Vielmehr will ich in die= ſer Freyheit beſtehen, und mich nicht laſſen wie= derum in das Knechtiſche Joch fangen, Gal. V, 1. Endlich will ich auch Summam Theo- logiae dignitatem ambiren, und Doctor wer= den. Ich will meinen Naechſten den Weg zeigen, den er wandeln ſoll. Ich ſelbſt wıll mich auch befleißigen zu leben, wie ich lehre, damit ich nicht andern predige, und ſelbſt ver= werflich werde, 1. Cor. IX, 27.Welt! was ſagſt du zu dieſer meiner Ge= lehrſamkeit? Hab ich nicht ſtudirt genug? Duencke dich, ſo weiſe du wilſt; ich halt dich doch fuer einen Thor bey aller deiner eitlen Wiſſenſchaft. Ich bin ein Gelehrter zum Hımmelreich, Matth. XIII, 52. Macht dich bey Menſchen deine Gelehrſamkeit eine Zeitlang glueckſeelig? So macht mich mei= ne bey GOtt ewig reich und ſeelig. Bringt dir deine bey Menſchen Befoerderung zu We= ge? was mehr? Ich bin ein Candidatus Coeli. GOTT mein Patron. Dort ſoll ich ihm dienen fuer ſeinem Stuhle Tag und Nacht in ſeinem Tempel, Offenb. VII. und nebſt andern Lehrern leuchten wie die Sterne immer und ewiglich, Dan. XII, 3. Iſt dieſes nicht Befoerderung genug.
So prahle, tolle Welt mit deiner eitlen Kunſt, Dein Witz bleibt Schatten=Werck und bloſſe Nebel Dunſt;
|| [412]
Wer GOtt recht dienen will, darf nicht am Eit= len kleben, Er muß mit ſeinem Geiſt nach hoehrer Weißheit ſtreben. Die Weißheit aus der Hoeh iſts, die mich recht erhoeht, Wenn ein Gelehrter hier oft nur zu ſchlecht beſteht; Wer dieſe Weißheıt noch erlernt auf dieſer Er= den, Wird dort zu groſſer Ehr von GOtt befoerdert werden.ENDE.
|| [ID00453]

Vollſtaendige Regiſter. Erſtes Regiſter.
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In ſich haltend die Bibliſchen Sprueche, ſo durch alle zwoelf Monatliche Schalen nach der Ordnung bey jeder Medidation zum Grund geleget, und die Themata, ſo heraus gezogen worden.

Erſte Schale. I. Das beſte Buch.
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Aus Joh. V, 39. Suchet in der Schrift, denn ihr meynet, ihr habt das ewige Leben drin= nen, und ſie iſts, die von mir zeuget. Blat 1.

II. Das verfuehriſche Auge.
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Aus 1. B. Moſ. III, 6. Und das Weib ſchauete an, daß von dem Baume gut zu eſſen waere, und nahm von der Frucht und aß. 7.

III. Der wunderbare Fuhrmann.
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Aus Pſalm IV, 4. Der HErr fuehret ſeine Heiligen wunderlich. 11.

IV. Der Arme Reiche.
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Aus Spruechw. XIII, 7. Mancher iſt arm bey groſſem Gut, und mancher iſt reich bey ſeinem Armuth. 15.

V. Der Todten Graeber ſeines eignen Leibes.
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Aus Syr. XXXVII, 33. 34. Viel freſſen macht kranck, und ein unſaettiger Fraß bekommt das Grimmen. Viel haben ſich zu Tode gefreſ= ſen. 19.

VI. Das muehſeelige Welt=Leben.
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Aus Pred. Sal. I, 8. Es iſt alles Thun ſo voll Mueh, daß niemand ausreden kan. 23.
|| [ID00454]

Andere Schale. I. Der Juenglınge Grabe=Traeger.
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Aus Luc. VII, 12. Als| JEſus nahe an das Stadt=Thor zu Nain kam, ſiehe, da trug man einen todten Juengling heraus. 29.

II. Der ſtets gedeckte Tıſch.
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Aus Pſalm. LXXVIII, 19. Solte GOtt wohl koennen einen Tiſch bereiten in der Wueſten. 35.

III. Die betruegliche Welt=Delila.
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Aus Syr. XI, 30. Die Welt iſt voll Untreu und Liſt. 40.

IV. Der Frucht=bringende Chriſten=Baum.
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Aus Pſ. I, 3. Der Fromme iſt wie ein Baum gepflantzet an den Waſſer = Baechen, der ſeine Frucht bringet zu rechter Zeit. 44.

V. Der verachtere Hochgeachte.
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Aus 1. Cor. IV, 9. Ich halte, GOtt habe uns Apoſtel fuer die allergeringſte dargeſtellet, und dem Tode uebergeben. Denn wir ſind ein Schau= Spiel worden der Welt, und den Engeln und Menſchen. 50.

VI. Der aufgerichtete Niedergeſchlagene.
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Aus Joh. XVI, 20. Die Welt wird ſich freuen, ihr aber werdet traurig ſeyn; doch, eure Traurig= keit ſoll in Freude verkehret werden 55.

Dritte Schale. I. Die heßliche Schoene.
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Aus Spruechw. XI, 22. Ein ſchoen Weib ohne Zucht, iſt wie eine Sau mit einem gueldenen Haar= band. 61.

II. Das vergnuegte Hertz.
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Aus 1. Tim. VI, 6. Es iſt ein groſſer Gewinn, wer gottſelig iſt, und laeßt ihm begnuegen. 68.
|| [ID00455]

III. Der um den Rang entſtehende Zanck.
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Aus Marc. XII, 38. 39. Die Schriftgelehr= ten gehen in langen Kleidern, und laſſen ſich gern auf dem Marckte grueſſen, und ſitzen gern oben an in den Schulen, und ueber Tiſch im Abendmahl. 72.

IV. Die verſpottete Unſchuld.
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Aus Pſalm CXIX, 51. Die Stoltzen haben ihren Spott an mir. 80.

V. Der regierende Sauf=Teufel.
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Aus Eſa. LVI, 12. Kommt her, laſſet uns Wein holen und voll ſaufen, und ſoll Morgen ſeyn, wie Heute, und noch vielmehr. 83.

VI. Die Eitelkeit der Welt.
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Aus Pred. Sal. I, 2. Es iſt alles gantz ei= tel. 88.

Vierdte Schale. I. Der freundliche Teufel.
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Aus Syr. XII, 15. 16. Der Feind giebt wohl gute Wort, und klaget dich ſehr, und ſtellet ſich freundlich, kan auch dazu weinen; aber im Her= tzen dencket er, wie er dich in die Grube faelle. 95.

II. Der beſtrafte Vorwitz in goettlichen Dingen.
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Aus Apoſt. G. I, 7. Es gebuehret euch nicht zu wiſſen Zeit oder Stunde, welche der Vatter ſeiner Macht vorbehalten hat. 101.

III. Helle Lampen auf dem heil. Leuchrer.
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Aus Spruechw. XXXI, 10. Wem ein tugend= ſam Weib beſchehret iſt, die iſt viel edler denn die koeſtlichen Perlen. 105.

IV. Das ſchaerfſte Schwerdt.
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Aus Syr. XXVIII, 21. 22. Die Geiſſel macht Striemen; aber ein boeſes Maul zerſchmettert [ID00456] Beine und alles. Viel ſind gefallen durch die Schaerfe des Schwerdts; aber nirgend ſo vıel, als durch boeſe Maeuler. 113.

V. Das ſtinckende Selbſt = Lob.
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Aus Hiob XV, 15. 16. Unter ſeinen Heiligen iſt keiner ohne Tadel, und die Himmel ſind nicht rein fuer ihm. Wie vielmehr ein Menſch, der ein Greuel und ſchnoede iſt, der Unrecht ſaeuft wie Waſſer. 119.

VI. Die Himmels=Leiter.
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Aus Syr. XXXV, 21. Das Gebet der Elenden dringet durch die Wolcken, und laeſſet nicht ab, bis es hinzu komme, und hoeret nicht auf, bis der Hoechſte drein ſehe. 125.

Fuenfte Schale. I. Die verkehrte Welt.
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Aus Luc. IX, 41. O du verkehrte Art! wie lange ſoll ich bey euch ſeyn, und euch dulten? 131.

II. Der dornigte Himmels = Weg.
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Aus Apoſt. G. XIV, 22. Wir mueſſen durch viel Truebſal in das Reich GOttes gehen. 137.

III. Die groeſten Verfuehrer.
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Aus 1. B. Moſ. III, 6. Und das Weib nahm von der Frucht und aß, und gab ihren Manne auch davon, und er aß. 143.

IV. Der taube Hoerer.
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Aus Zach. VII, 11. Sie wollen nicht aufmer= cken, und kehren mir den Ruecken zu, und verſto= cken ihre Ohren, daß ſie nicht hoeren. 149.

V. Der gegenwaertige Abweſende.
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Aus Jerem. XXIII, 23. Bin ich nicht ein GOtt, der nahe iſt, ſpricht der HErr, und nicht ein GOtt der ferne ſey? Meyneſt du, daß ſich [ID00457] jemand ſo heimlich verbergen koenne, daß ich ihn nicht ſehe? ſpricht der HErr. Bin ichs nicht, der Himmel und Erden erfuellet? ſpricht der HErr. 154.

VI. Das ſchoenſte Vatterland.
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Aus 1. Cor. II, 9. Es hats kein Auge geſehen, kein Ohr gehoeret, und iſt in keines Menſchen Hertz kommen, was GOtt bereitet hat, denen, die ihn lieben. 160.

Sechſte Schale. I. Das ſterbende und GOttes Wohlthaten ruehmende Jahr.
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Aus Klagl. Jer. III, 22. 23. Die Guete des HErrn iſts, daß wir nicht gar aus ſind; ſeine Barmhertzigkeit hat noch kein Ende, ſondern ſie iſt alle Morgen neu, und ſeine Treu iſt groß. 165.

II. Das GOtt ſeine Suenden auf dem Tod= Bett beichtende Jahr.
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Aus 1. Petr. IV, 3. Es iſt genug, daß wir die vergangene Zeit des Lebens zubracht haben nach heydniſchen Willen, da wir wandelten in Unzucht, Lueſten, Trunckenheit, Freſſerey, Sauf= ferey, und greulichen Abgoettereyen. 172.

III. Das Sterbende, und GOtt fuer ſeine Wohlthaten danckende Jahr.
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Aus Syr. L, 24. 25. 26. Nun dancket alle GOtt, der groſſe Dinge thut an allen Enden, der uns von Mutterleibe an lebendig erhaelt, und thut uns alles guts. Er gebe uns ein froelich Hertz, und verleihe immerdar Friede zu unſer Zeit in Iſrael. 179.

IV. Der andaechtige Neu=Jahrs=Wunſch.
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Aus Pſ. CXXII, 6. 7. 8. Wuenſchet Jeruſa= lem Glueck, es mueſſe wohl gehen, denen die dich [ID00458] lieben. Es mueſſe Friede ſeyn inwendig in deinen Mauren, und Glueck in deinen Pallaeſten. Um meiner Brueder und Freunde willen, will ich dir Friede wuenſchen. 186.

V. Die acht denckwuerdige Lebens=Tage.
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Aus Luc. II, 21. Und da acht Tage um waren, daß das Kind beſchnitten wurde, da ward ſein Nahme genennet JEſus, welcher genennet war von dem Engel, ehe denn er in Mutter=Leibe empfangen war. 192.

VI. Der GOtt wohlgefaellige Lebens= Wandel.
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Aus 1. B. Moſ. XVII, 1. Ich bin der allmaech= tige GOtt. Wandle fuer mir, und ſey fromm. 200

Siebende Schale. I. Der allernoethıgſte Bau.
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Aus Eſa. XXXVIII, 1. Beſtelle dein Haus, denn du muſt ſterben. 207.

II. Das Wehe der Ehe.
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Aus Syr. XXV, 2. Ein ſchoen Ding iſt, wenn Mann und Weib ſich wohl begehen. 212.

III. Die beſte Prediger = Methode.
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Aus 1. Cor. II, 1. 4. Da ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten, oder hoher Weiß= heit, euch zu verkuendigen die goettliche Predigt. Und mein Wort und meine Predigt war nicht in vernuenftigen Reden menſchlicher Weißheit, ſon= dern in Beweiſung des Geiſtes und der Kraft. 219.

IV. Die GOttgelaſſene Seele.
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Aus 2. Cor. IV, 8. 9. 10. Wir haben allent= halben Truebſal, aber wir aengſten uns nicht. Uns iſt bange, aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlaſſen. Wir werden untergedruckt, aber wir kommen [ID00459] nicht um. Und tragen um allezeit das Sterben des HErrn JEſu an unſerm Leibe, auf daß auch das Leben des HErrn JEſu an unſerm Leibe offen= bar werde. 225.

V. Das ſich etwas duenckende Nichts.
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Aus Gal. VI, 3. Wer ſich duencken laeſſet, er ſey etwas, ſo er doch nichts iſt, der betruegt ſich ſelbſt. 231.

VI. Die verliebte in den Geliebten.
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Aus Hohel. II, 5. Ich bin kranck vor Liebe. 235

Achte Schale. I. Die exulirende Wahrheit.
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Aus Joh. XVIII, 38. Was iſt Wahrheit? 239

II. Das wueſte Welt=Kind.
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Aus B. Weißh. II, 6. Wohl her nun, und laſt uns wohl leben, weils da iſt, und unſers Leibes ge= brauchen, weil er jung iſt. Wir wollen uns mit den beſten Wein und Salben fuellen, laſt uns die Mayen=Blumen nicht verſaeumen. 246.

III. Das reichlich verinteresſirte Allmoſen.
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Aus Spruechw. XIX, 17. Wer ſich des Ar= men erbarmet, der leihet dem HErrn, der wird ihm wieder gutes vergelten. 251.

IV. Die gedemuethigte Hoffart.
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Aus Eſa. XXXII, 9. 10. Stehet auf ihr ſtol= tzen Frauen, hoeret meine Stimme, ihr Toechter, die ihr ſo ſicher ſeyd, es iſt fuerhanden ausziehen, bloeſſen und guerten um die Lenden. 256.

V. Das von GOtt dargereichte Thrae= nen=Tuch.
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Aus Luc. VII, 13. Weine nicht. 263.

VI. Das hertlichſte Banquet.
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Aus Matth. XXII, 4. Meine Mahlzeit hab ich bereitet, meine Ochſen und mein Maſtvieh iſt [ID00460] geſchlachtet, und alles bereit, komm zur Hoch= zeit. 268.

Neunte Schale. I. Die ſchaendlich verfaelſchte Mnentze.
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Aus Matth. XXII, 20. Weß iſt das Bild und die Uberſchrift? 273.

II. Der Schmied ſeınes eignen Ungluecks.
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Aus Hoſ. III, 9. Iſrael, du bringeſt dich in Un= glueck, denn dein Heyl ſtehet allein bey dir. 279.

III. Der betrogne Neid.
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Aus Jacob. IV, 2. Ihr haſſet und neidet, und gewinnet damit nichts. 284.

IV. Der bedenckliche Sonntag.
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Aus 2. B. Moſ. XX, 8. Gedencke des Sab= bath=Tags, daß du ihn heiligeſt. 290.

V. Das beſte Chriſten=Geſpraech.
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Aus Pſ. CXIX, 172. GOtt, meine Zunge ſoll ihr Geſpraech haben von deinem Wort. 295.

VI. Das ſterbende Leben.
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Aus Matth. XXVII. u. Joh. XIX, 30. Und es war um die ſechſte Stunde, da war eine Finſter= niß ueber das gantze Land, biß an die neunte Stun= de. Und JEſus ſchrye laut und ſprach: Mein GOtt, mein GOtt! warum haſt du mich verlaſ= ſen? und einer nahm einen Schwamm mit Eßig, und traenckete ihn. Aber JEſus rief abermal laut und ſprach: Es iſt vollbracht. Und neigete das Haupt und verſchied. Und die Sonne verlohr ih= ren Schein, und der Vorhang des Tempels zer= riß mitten entzwey. Und die Erde erbebete, und die Felſen zuriſſen, und die Graeber thaeten ſich auf, und ſtunden auf viel Leiber der Heiligen. 300.

Zehende Schale. I. Das Erſchrecklichſte unter den Er= ſchrecklichen.
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Aus Syr. XLI, 1. O Tod! wie bitter biſt du, wenn an dich gedencket ein Menſch, der gute Tage und genug hat und ohne Sorge lebet? 307. II. Der auf dem Flucher ruhende Fluch: Aus 1. B. Moſ. XXVII, 29. Verflucht ſey, wer dir fluchet. 312.

III. Der ſtumme Hund vor Chriſti Schaf=Stalle.
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Aus Eſa. LVI, 10. Alle ihre Waechter ſind blind, ſie wiſſen alle nichts; ſtumme Hunde ſind ſie, die nicht ſtrafen koennen; ſind faul, liegen und ſchlafen gerne. 318.

IV. Die untreue Getteue.
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Aus Mich. VII, 5. Bewahre die Thuer dei= nes Mundes fuer der, die in deinen Armen ſchlaefet. 323.

V. Der verkehrte Rechts = Gelehrte.
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Aus 2. B. Moſ. XXIII, 6. 7. Du ſolt das Recht deines Armen nicht beugen in ſeiner Sache. Sey fern von falſchen Sachen. Den Unſchuldi= gen und Gerechten ſolt du nicht erwuergen, denn ich laſſe den Gottloſen nicht recht haben. Du ſolt nicht Geſchencke nehmen, denn Geſchencke machen die Sehenden blind, und verkehren die Sachen der Gerechten. 329.

IV. Das taegliche Wolleben.
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Aus Spruechw. XV, 15. Ein gut Gewiſſen iſt ein taeglich Wolleben. 336.

Eilfte Schale. I. Der geehrte Narr.
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Aus Pred. Sal. X, 5. 6. 7. Es iſt ein Unglueck, das ich ſahe unter der Sonnen, nemlich Unver= ſtand, der unter den Gewaltigen gemein iſt. Daß ein Narr ſitzt in groſſer Wuerde, und die Reichen [ID00462] hienieden ſitzen. Ich ſahe Knechte auf Roſſen, und Fuerſten zu Fuß gehen wie Knechte. 341.

II. Die geoffenbarte Heintlichkeıt.
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Aus Matth. X, 26. Es nichts verborgen, das nicht offenbar werde, und iſt nichts heimlich, das man nıcht wiſſen werde. 346.

III. Das maechtige Feuer der Lıebe.
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Aus Hohel. VIII. 6. 7. Die Liebe iſt ſtarck wie der Tod; ıhre Glut iſt feurig, und eine Flam= me des HErrn. Daß auch die Waſſer die Liebe nicht moegen ausloeſchen, noch dıe Stroeme ſie er= ſaeufen. 351.

IV. Die leidige Troeſter.
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Aus Hiob. XVI, 2. Menſchen ſind allzumahl leidige Troeſter. 358.

V. Die verunehrte Ehe = Stiftung.
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Aus Tob. VII. 10. 15. 16. Tobias ſprach zu Raguel: Ich will heute nicht eſſen noch trincken, du gewaehreſt mir denn eine Bitte, und ſageſt mir zu, Saram deine Tochter zu geben. Er nahm die Hand der Tochter, und ſchlug ſie Tobia in die Hand. Und ſie nahmen einen Brief, u???d ſchrie= ben die Eheſtiftung, und lobeten GOtt, und hielten Mahlzeit. 362.

VI. Der gepruefte Gottlieb.
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Aus Tob. XII, 13. Weil du GOtt lieb wareſt, ſo muſts ſo ſeyn; ohne Anfechtung muſteſt du nicht bleiben, auf daß du bewaehret wuerdeſt. 370.

Zwoelfte Schaale. I. Der verachtete Feind.
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Aus Pſ. III, 7. 8. Ich fuerchte mich nicht fuer viel hundert tauſenden, die ſich umher wider mich legen. Auf HErr! und hilf mir mein GOtt; denn du ſchlaegeſt alle meine Feinde auf den Ba [ID00463] cken, und zerſchmetterſt der Gottloſen Zaehne. 375

II. Der beſte Kegenten = Schmuck.
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Aus Hiob XXIX, 14. Gerechtigkeit war mein Kleid, das ich anzog wie einen Rock, und mein Recht war mein Fuerſtlicher Hut. 382.

III. Der Tage Dıebe Denck = Zettel.
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Aus 1. B. Moſ. III. 19. Im Schweiß deines Angeſichts ſolt du dein Brod eſſen. 389.

IV. Dıe gefaehrlichſte Kranckheit.
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Aus Eſa. I, 5. 6. Das gantze Haupt iſt kranck; das gantze Hertz iſt matt. Von der Fußſohlen an bis aufs Haupt iſt nichts geſundts an ihm, ſon= dern Wunden und Striemen, und Eiter = Beu= len, die nicht geheft noch verbunden, noch mit Oele gelindert ſind. 394.

V. Der Chriſten nuetzliche Wallfahrt.
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Aus Eſa. II. 3. Kommt, laßt uns auf den Berg des HErrn gehen, zum Hauſe des GOt= tes Jacob, daß er uns lehre ſeine Wege, und wir wandeln auf ſeinen Steigen. 400.

VI. Die zur Seeligkeit dienende Ge= lehrſamkeit.
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Aus Spruechw. II, 2. 5. Laß dein Ohr auf Weißheit acht haben, und neige dein Hertz mit Fleiß dazu. Alsdenn wirſt du die Furcht des HErrn vernehmen, und GOttes Erkaenntniß finden. 406.
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Anderes Regiſter. Derer Realien und anderer Merck= wuerdigkeiten.
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A.
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B.
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C.
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D
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E
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F.
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G
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H.
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J.
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K.
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L.
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M.
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N.
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O.
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P.
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Q.
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R.
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S.
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T.
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V.
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|| [ID00486]

U.
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W.
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