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Weltbeschauung. Epistemologische Implikationen der Theatrum-Metapher in der Frühen Neuzeit
Hole Rößler

1. Einleitung
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An der Südseite der oval geöffneten Kuppel im Hauptraum der Abteikirche St. Georg und St. Martin im Benediktinerkloster Weltenburg, zwischen dem oberen Rand der Hohlkehle und dem von Engeln getragenen Sternenkranz, blickt eine mit Allongeperücke und rotem Rock erkennbar weltlich gewandete Stuckfigur auf die Besucher herab (Abb. 1).

Abbildung
Abb. 1: Egid Quirin Asam. Porträtfigur des Cosmas Damian Asam. Klosterkirche Weltenburg, um 1720.
Es handelt sich dabei um ein Porträt des Malers und Architekten Cosmas Damian Asam, das dessen Bruder Egid Quirin Asam um 1720, während der gemeinsamen Arbeit an der Ausstattung der Kirche angefertigt hat (Röhrl, S. 49-71). In der rechten Hand der Figur ist ein Stift oder Griffel erkennbar, was sie nicht nur allgemein als Maler ausweist, sondern auch Cosmas Damian Asams Autorschaft für das den Raum überspannende Deckenfresko mit der Darstellung der Ecclesia triumphans anzeigt. Auf den ersten Blick mag diese Figur – wenngleich von der Hand des Bruders geschaffen – als Spielart der langen Tradition nonverbaler Künstlersignaturen erscheinen (Legner). Doch damit ist ihre ungewöhnliche Platzierung noch nicht hinreichend erklärt: An der Grenze zweier Raumzonen, an der sich das Kirchengebäude öffnet, um einen Blick in himmlische Sphären frei zu geben, nimmt die Figur eine privilegierte Position gegenüber dem Betrachter ein. Sie gehört dabei erkennbar nicht der Gruppe von Heiligen an, die im Fresko über ihr im Verein mit Gott dargestellt sind – schon der umlaufende Sternenkranz zeigt an, dass hier nochmals eine weitere, als ontologisch zu verstehende Schwelle eingezogen ist. Zugleich aber ist die Figur dem Raum der Gläubigen entrückt, hat sich über das Irdische erhoben, denn die beim Blick vom Hauptraum auf die Figur sichtbare Nähe zum deutlich helleren, durch verborgene Fenster beleuchtete Deckengemälde legt nahe, dass diese Distanz nicht als rein architektonische aufzufassen ist. Für ein Verständnis der räumlichen Situierung der Figur ist vielmehr zu bedenken, dass sich die himmlische Szene des Deckenfreskos nicht nur über der Kirche von Weltenburg abspielt, sondern ihrem Anspruch nach weltumgreifend ist. In entsprechender Umkehrung der Perspektive blickt die Stuckfigur nicht nur in den Hauptraum einer Kirche, sondern auf die Welt – nur eben von nicht ganz so erhöhtem Standpunkt, wie ihn die Heiligen und erst recht Gottvater einnehmen. Was sich hier ausdrückt, so die These, die ich im Folgenden entwickeln möchte, ist ein Wahrnehmungsmodus, der sich in der Frühen Neuzeit konkretisierte und dessen nähere Untersuchung dazu geeignet ist, die besondere Konjunktur der Theatrum-Metapher in der Frühen Neuzeit besser zu verstehen.

2. Theaterbau und Metapherngenese
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Angesichts des historisch datierbaren massierten Auftretens der Theatrum-Metapher in Buchtiteln von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts ist nach den Veränderungen in dem kulturellen Feld zu fragen, mit dem die Metapher begrifflich unmittelbar verbunden war und dem sie ihre Verständlichkeit und Anschaulichkeit verdankte. Der neuartige Gebrauch der Metapher als qualitative Auszeichnung literarischer Produkte fiel kaum zufällig in die Zeit eines grundlegenden Wandels der Theorie und Praxis von Theater, der von Italien aus binnen weniger Jahrzehnte die europäische Theaterkultur erfasste. Es muss also nach den besonderen Eigenschaften des frühneuzeitlichen Theaters gefragt werden, die mittels der Metapher in anderen Gegenstandsbereichen herausgestellt werden sollten. Dieser ‚Umweg‘ über den kulturellen Kontext zu einem Verständnis des zeitgenössischen Bedeutungshorizontes der Metapher ist erforderlich aufgrund des durch alle Zeiten hindurch beobachtbaren Umstands, dass mit der Etablierung und dem Topischwerden einer Metapher die Gründe für ihren Gebrauch nicht mehr oder nur noch sporadisch reflektiert und explizit gemacht werden. In der Forschung überwiegt bislang eine Konzentration auf die strukturellen Gemeinsamkeiten der mit der Theatrum-Metapher bezeichneten Werke in Bezug auf die Ordnung und Darstellung von Wissen (siehe etwa Friedrich 2004; Zedelmaier; Friedrich 2009). Der vorliegende Beitrag richtet anknüpfend an diese Untersuchungen das Augenmerk auf das mit der Metapher formulierte Erkenntnispotenzial, das heißt auf die epistemologische Dimension von Theatrum. Diese aber wird in ihrer Spezifizität erst erkennbar in der Betrachtung des sozialen und kulturellen Kontextes ihrer Verwendung.

Der Rückgang auf den lebensweltlichen Hintergrund erscheint umso dringlicher, als einer klassisch ideengeschichtlichen Perspektive fast notwendig die soziokulturelle Bedingtheit des Metaphernwandels entgehen muss. So bleibt der in der Forschung oft nur topische Verweis auf die Tradition des Theatrum mundi in der europäischen Literatur in seinem Erklärungspotenzial zumeist unbefriedigend, insofern damit Motivation und Intention des neuartigen Metapherngebrauchs mehr vorausgesetzt als freigelegt werden. Es ist nämlich schon aufgrund der Bedeutungsvarianz der Theatrum mundi-Metapher hinsichtlich des mit ihr artikulierbar gewordenen Verhältnisses des Menschen zur Welt (Sofer; Link; Christian) keineswegs selbstverständlich, welche dieser Vorstellungen von einem ‚Welttheater‘ das Paradigma für die Übertragung der Theatrum-Metapher auf Bücher abgegeben haben könnte. Es ist mithin zu fragen, ob sich die erkennbare Konjunktur einer bestimmten Variante von Theatrum mundi, die dem Menschen die Möglichkeit einer distanzierten Betrachtung der Welt einräumt, nicht vielmehr denselben kulturellen Veränderungen verdankte, von denen auch die Gebrauchsweisen der Theatrum-Metapher entscheidend bestimmt waren. Erst eine spezifisch neuzeitliche Auffassung von Theater konnte der Theatrum mundi-Metapher jene Wendung geben, die dann auch für die Herausbildung der Theatrum-Metaphorik für andere Bezugsfelder als die Welt als ganzer wirksam wurde.

Dabei ist der Blick zunächst auf das Theater als eine räumliche Konfiguration von Zuschauenden und Angeschautem zu richten, insofern die Theatrum-Metapher primär eine Weise der Repräsentation bezeichnet. Die in diesem Zusammenhang häufig zitierte Stelle aus Johann Heinrich Zedlers Universal-Lexicon, die „Theater“ definiert als „erhabene[n] Ort, auf welchem von darzubestellten Personen allerhand Trauer- Freuden- und Singe-Spiele […] und andere zur öffentlichen Schau gehörige Dinge aufgeführet oder aufgestellet werden“, erweist sich für ein epochenspezifisches Verständnis der Metapher als nahezu ungeeignet, da sie der lexikographischen Absicht gemäß auf Allgemeingültigkeit zielt und historische Differenzen daher gerade übergeht (Zedler, Bd. 43, Sp. 458; Horn, S. 47ff.). Eine differenzierte Betrachtung des Entwicklungsstandes des frühneuzeitlichen Theaterbaus ist indes unabdingbar, um die Vorstellungs- und Verständnismöglichkeiten einer Kultur zu erschließen, der die Bezeichnung von Büchern als ‚Theater‘ angemessen und sinnvoll erschien. Das griechische ϑέατρον (theatron) etwa war in seiner Bedeutung als Zuschauermenge bzw. als Sitzraum derselben untauglich, den begrifflichen Rahmen für eine literarische Form der Wissenspräsentation abzugeben (Fensterbusch). Ebenso wenig konnte das mittelalterliche Simultantheater der Osterspiele mit seinem Nebeneinander von Spielorten und seiner unklaren Differenzierung von Zuschauern und Mitspielern eine Vorlage für die Organisation von Wissensbeständen abgeben.

Dem gegenüber vollzog sich ab dem späten 15. Jahrhundert, vor allem aber ab der Mitte des 16. Jahrhunderts eine räumliche Neukonfiguration von Zuschauern und Dargestelltem, die das europäische Theater bis in die Moderne maßgeblich bestimmten sollte. Mit der Entdeckung und Wiederaufführung antiker Dramen entstand die Praxis eines Theaterspiels im geschlossenen Raum, der sich im späten 16. Jahrhundert zum eigenständigen Theaterbau entwickelte. Trotz der obligatorischen Anleihen und Verweise auf antike Vorbilder stellte die Verlagerung des Schauspiels in einen Innenraum eine ganz neue und, wie Giorgio Strehler bemerkt, „fast unglaubliche und absurde Idee“, dar, die sich in ihren frühen architektonischen Konkretisierungen noch dadurch Akzeptanz schaffen zu müssen glaubte, indem sie die Illusion eines offenen Raumes – etwa durch eine als wolkendurchzogener Himmel gestaltete Decke – bot (Strehler, S. 148f.). Dabei ist entscheidend, dass der geschlossene Theaterbau eine Disposition von Zuschauern und Dargestellten bedingte, die dem Prinzip der Konfrontation folgte: Zuschauerraum und Bühnenraum waren architektonisch und aktional voneinander getrennt und zugleich visuell aufeinander bezogen, was eine neuartige, zunehmend das Sehen gegenüber dem Hören aufwertende Wahrnehmungssituation der theatralen Handlung hervorbrachte (Haß, S. 148-187).

Im Zuge der rinasciamentalen Vitruv-Rezeption entstanden Theaterbautheorien und Theaterbauten, die dem Zuschauer einen Ort gegenüber dem Raum des Spieles zuwiesen. Die Grenze zwischen der Sphäre der Aufführung und der Sphäre des Publikums war deutlich durch die über das Bodenniveau erhobene Bühne und die vorgelagerte Orchestra (paradigmatisch Serlio, Bl. 63 recto ff.) (Abb. 2), später zusätzlich durch ein rahmendes Bühnenportal und einen Vorhang markiert (Schütz, S. 53-56; Radke-Stegh).

Abbildung
Abb. 2: Sebastiano Serlio: Von der Architectur Fünff Bücher […]. Basel 1609, II, Bl. xxiiiiv
Anders als in den liturgischen Spielformen des Mittelalters waren die Zuschauer nun explizit von der Teilnahme und der Teilhabe am Geschehen ausgeschlossen und von diesem so weit entfernt, dass sich ihnen ein „Gesamtüberblick“ bot (Kindermann, S. 29).

Selbst dort wo, wie insbesondere im deutschsprachigen Raum, Theaterbauten lange Zeit allenfalls als ephemere Architekturen existierten und somit die Möglichkeiten einer persönlichen Erfahrung zweifellos begrenzt waren, fand diese Vorstellung von Theater vor allem durch Bildungsreisen nach Italien und Frankreich sowie durch architekturtheoretische und poetologische Abhandlungen Eingang in die nordeuropäische Gelehrtenkultur (Zielske, S. 28-63).

Mit dieser Entwicklung des Theaterbaus einher ging ein Begriffswandel von ‚Theater‘/‚Theatrum‘, der gleichermaßen entscheidend für die Herausbildung der frühneuzeitlichen Bedeutungs- und Gebrauchsmöglichkeiten der Theatrum-Metapher war. Nun mehr bezeichnete der Begriff nicht mehr allein den Platz der Zuschauer, sondern die gesamte Anlage. Diese Akzentverschiebung trug nicht nur der vom geschlossenen Theaterbau gestifteten Einheit vom Handlungsraum der Bühne und dem Schauraum des Publikums Rechnung, sondern setzte den Aspekt des Visuellen zentral (Kirchner, S. 133f.).

Erst seit dem Zeitpunkt, an dem Theatrum als Begriff für ein architektonisches Arrangement von Zuschauern und Dargestelltem diskursive Dominanz erlangte, ließ er sich als Metapher sinnvoll auf analoge Arrangements übertragen, denen damit eine spezifische Wahrnehmungsweise zugeschrieben wurde. Ein als Theatrum betiteltes Buch bildet eben kein Theater ab, sondern beansprucht, eine dem Theater vergleichbare Relation von Betrachter/Leser und Gegenstand herstellen zu können. Das dieser performativen Dimension der Theatrum-Metapher zugrundeliegende epistemologische Modell wird greifbar in einer näheren Bestimmung der Position des Zuschauers im frühneuzeitlichen Theater.

3. Der exzentrische Betrachter
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Schon bei einer oberflächlichen Betrachtung der Theatrum-Literatur des 16. bis 18. Jahrhunderts wird schnell ersichtlich, dass die titelgebende Metapher die Möglichkeit eines Überblicks, einer Gesamtschau dessen, was von ihr bezeichnet wird, behauptet – seien es die Welt, das menschliche Leben und die Ereignisse der Geschichte, Länder und Städte, Tiere und Pflanzen, Maschinen und Instrumente oder die Verbrechen und ihre Strafen (van Delft, S. 1352-1355; Friedrich 2004, S. 217). Die Rede vom Theatrum impliziert dabei stets die Figur eines Betrachters, der in die Lage versetzt wird, sich einen solchen Überblick über das Dargebotene zu verschaffen. In diesem Sinne vergleicht etwa Franciscus Philippus Florinus in seinem Oeconomus Prudens Et Legalis Continuatus (1719) das Schloss von Versailles mit einem Theater, weil ein Besucher vom Eingang zum Vorhof aus „das gantze Werck in seinen Haubt-Theilen/ auf einmahl in das Gesicht bekömmt“ (Florinus, S. 861).

Seine Möglichkeitsbedingungen hatte dieser wahrnehmungsbezogene Aspekt der Metapher zum einen in der Zuschauersituation des frühneuzeitlichen Theaterbaus, zum anderen in der Tradition des ‚imaginären Theaters‘ (dazu im folgenden Abschnitt). Die genannte Konfrontationsstellung von Bühnenraum und Zuschauerraum ging einher mit einer Distanzierung der Zuschauer vom Bühnengeschehen. Diese war nicht, wie Strehler meint, allein und wohl nicht einmal vorwiegend motiviert durch den sozial prekären Stand der Schauspieler (Strehler, S. 150f.). Vielmehr folgte sie dem Prinzip der ‚Schau-Verstärkung‘ mittels einer zweifachen Entkontextualisierung der Zuschauer: Für die Dauer des dramatischen Spiels, war das Publikum sowohl durch die materielle Grenze des Theaterbaus von der Außenwelt getrennt als auch durch seine Distanzierung über die Vorgänge auf der Bühne erhoben. In diesem architektonisch nach außen und innen inszenierten ‚Pathos der Distanz‘ manifestiert sich eine neue Art des Sehens, eine neue Rationalität, die das Subjekt-Objekt-Verhältnis bestimmte: Nicht mehr stand die ergriffene Teilhabe an Episoden aus der Heilsgeschichte im Vordergrund, sondern die Beurteilung der dargestellten Variationen menschlichen Verhaltens sowie die Extraktion der handlungsleitenden moralischen Prinzipien. Der Zuschauer wurde zum Betrachter, „dessen Augen und Ohren Organ des kritisch abwägenden Mittlers Vernunft“ waren (Kindermann, S. 22). Im frühneuzeitlichen Theaterbau fand der Gedanke, Erkenntnis über die Welt sei dem Menschen durch Abstandnahme, durch ein Heraustreten aus ihr möglich, seinen sichtbarsten Ausdruck.

Dieses Prinzip der erkenntnisgewährenden Distanz klingt bereits in den Anfängen der Theatrum-Literatur an, wenn Theodor Zwinger den Leser seines Theatrum Vitae Humanae (1571) mit den Worten anspricht: „He Du, guter Mann, der Du in dieses Theaterrund [cavea] nicht um zu spielen, wie ein Schauspieler, sondern um zu schauen hineingestiegen bist, Du betrittst hier […] das tragbare aus Buchstaben bestehende Theatrum Zwingers […].“ („Eheus tu, o’bone, qui in hanc caveam non agendi, ut histrio, sed spectandi causa descendisti, […] chartaceum portatile Zvingeri subis Theatrum […]“, Zwinger, Widmungsblatt, unpag. [verso]; Übs. nach Schierbaum, S. 257). In der Ausgabe Basel 1586 fehlt der Verweis auf den Schauspieler; der ‚Abstieg‘ ins Theater des Buches ist in seiner Funktion des Heraustretens aus dem ‚Spiel‘ bereits selbstverständlich geworden: „Eheus tu quisquis in hanc caveam spectandi causa descendendisti, […] chartaceum portatile Zvingeri subis theatrum […].“ (Zwinger 1586, Widmungsblatt, unpag. [verso])

Das Schauspiel, von dessen aktiver Teilnahme der Leser explizit ausgenommen wird, ist freilich nicht irgendein Drama, sondern das menschliche Leben, das Zwinger in seiner Gesamtheit darzustellen suchte. Um die Welt zu erkennen, heißt das, bedarf es eines zeitweiligen Heraustretens aus derselben. Mit der Einführung des distanzierten Betrachters wandelte sich das Theatrum von einem Daseinsmodus zu einem Wahrnehmungsmodus (Link; Schramm).

Die Reichweite dieser epistemologischen Figur im Horizont des frühneuzeitlichen Denkens wird greifbar in einer vielzitierten autobiographischen Passage aus René Descartes’ Discours de la Méthode (1637), in der der Philosoph seinen frühen intellektuellen Werdegang skizziert: „In all den folgenden neun Jahren reiste ich nur in der Welt herum mit der Absicht, in all den Komödien, die sich dort abspielen, lieber Zuschauer als Mitspieler zu sein“ (Descartes, S. 47). Die Bezüge dieser fraglos auch zum Bereich der gelehrten Selbststilisierung gehörenden Passage zu Descartes’ philosophischem Ansatz müssen an dieser Stelle nicht eingehend nachgewiesen werden, schon weil entsprechende Studien vorliegen (Nolte, S. 175-178; Zittel, S. 116ff.). Entscheidend ist vor allem der sich hier abzeichnende Wandel im Verständnis vom Theatrum mundi, genauer von der Möglichkeit und dem Zweck der persönlichen Distanznahme von diesem als einer grundsätzlichen Erkenntnisbedingung. Während das Bild vom Welttheater in der platonischen Tradition die undurchschaubare, schicksalhafte Bestimmtheit des Menschen und in seiner christlich aufbereiteten Fassung einerseits die Scheinhaftigkeit des irdischen Daseins wie andererseits die heilsnotwendige Erkenntnis und Erfüllung der vorgesehenen Rolle bezeichnete (Curtius 1967, S. 149-153; Gonzáles/Konersmann), ist bei Descartes wie auch schon bei Zwinger dem Subjekt die Möglichkeit eingeräumt, einen Platz außerhalb des Schauspiels einzunehmen. Welche Einsichten von dieser exzentrischen Position zu gewinnen und welche methodischen und faktischen Schlussfolgerungen aus ihnen zu ziehen wären, darin freilich unterscheidet sich Descartes von Zwinger ebenso wie von anderen Autoren (zu den ‚säkularen‘ Tendenzen dieser Position siehe Barner, S. 146ff.).

All diesen Ansätzen ist gleichwohl gemein, dass sich in der Behauptung einer exzentrischen Betrachterposition eine epistemologische Funktionalisierung der Theatrum-Metapher formuliert: Indem der Mensch in die Lage versetzt wird, die Welt, das Theatrum mundi als außenstehender Zuschauer zu betrachten, wandelt sich dieses zugleich von einem Ort der menschlichen Verstellungskünste, der Verblendung und der begrenzten oder gar unmöglichen Einsicht in eine Bühne der Wahrheit.

Was das Theater mithin zu bieten behauptete, war keine reine Abbildung der Welt, sondern deren Sichtbarmachung durch Nachbildung. In Richard Alewyns klassischer Studie zur barocken Theaterkultur hingegen gilt das „Theater als vollständiges Abbild der Welt“ (Alewyn, S. 50-54). In seiner Perspektive auf die Erscheinungsvielfalt des Theaters übersieht Alewyn indes, dass Vollständigkeit weder möglich noch angestrebt war, sondern dass es vielmehr um eine Reduktion auf Wesentliches und Prinzipielles ging. Mit der Einführung der exzentrischen Position wurde das Theatrum mundi selbst auf eine Bühne gestellt, auf der es Gegenstand der Betrachtung werden konnte. Anders gesagt, als Medium zielte das Theatrum – sei es Bühne oder Buch – darauf, das Theatrum mundi dem Menschen sichtbar und zum Gegenstand seiner Erkenntnis zu machen.

Die epistemologische Erwartung, die sich mit dem durch die frühneuzeitliche Theaterkultur eröffneten Denkbild verband, hat am deutlichsten vielleicht Bernard le Bouvier de Fontenelle (1657-1757) in seinen Entretiens sur la pluralité des mondes (1686) formuliert: Weil der Mensch mehr erfahren wolle, als er unmittelbar wahrnehmen könne, bedürfe es der Philosophie, die auf das Durchschauen gerichtet sei. „Dabei stelle ich mir immer vor“, so Fontenelles Erzähler,

„daß die Natur ein großes Schauspiel ist, das jenem der Oper ähnelt. Von Ihrem Platz in der Oper sehen Sie die Bühne nicht ganz so, wie sie wirklich ist; man hat die Dekorationen und die Maschinen so angeordnet, daß sie von weitem eine angenehme Wirkung erzeugen, und vor Ihren Augen verbirgt man jene Räder und Gegengewichte, die alle Bewegungen ausführen. Daher kümmert es Sie auch wenig, ob Sie durchschauen, wie dies alles in Bewegung gerät. Vielleicht sorgt sich nur irgendein heimlich im Parkett sitzender Maschinenmeister um einen Flug, der ihm ungewöhnlich vorgekommen sein mag, und er will nun unbedingt erhellen, wie dieser Flug ausgeführt worden ist. Sie sehen deutlich, dieser Maschinenmeister ist weitgehend so beschaffen wie die Philosophen. Für die Philosophen ist es jedoch noch schwieriger, weil bei den Maschinen, die uns die Natur vor Augen führt, die Schnüre voll und ganz verborgen sind, und sie sind es dermaßen, daß man lange Zeit gebraucht hat, bis man durchschaute, was die Bewegungen des Weltalls verursacht“ (Fontenelle, S. 21f.).

Die Natur, erklärt Fontenelle, ist ein Schauspiel, das erst im abgerückten Blick, der das Theater als Theater begreift, durchschaubar wird. Überdies vergisst er nicht zu erwähnen, dass der privilegierte Blick „hinter die Kulissen“ der Natur den Philosophen, das heißt einer qua Expertise sozial definierten Gruppe, vorbehalten ist.

Man muss sich klar machen, dass es sich bei dieser spezifisch neuzeitlichen Bestimmung von etwas als ‚Theater‘ um einen konstitutiven, wenn man so will performativen Akt handelte, der einherging mit einem Wahrnehmungsmodus, der gerade durch Involvierungshemmung und Standpunktverschiebung einen Erkenntnisvorteil behauptete. Darin kündigt sich der epistemologische Bruch an, der sich mit der empirisch-experimentellen Naturforschung des 17. Jahrhunderts vollzog: Nicht mehr genügte es, einen Gegenstand für sich zu betrachten; nur durch die reflektierte Veränderung des auf ihn gerichteten Blicks war Aufschluss über sein eigentliches Wesen zu gewinnen. Die Bezeichnung von Büchern als Theatrum nahm auf diesen Aspekt Bezug, indem durch die gebotene Fülle und Vielfalt an Information zu einem Thema ein ‚Durchblick‘, ein tieferes Verständnis des jeweiligen Gegenstandes in Aussicht gestellt wurde.

4. Imaginäres Theater
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Imaginations- und ideengeschichtlich war die Vorstellung eines textinduzierten Wahrnehmungsmodus, in dem ein Leser in einer dem Theaterzuschauer analogen Position verschiedene Gegenstände gleichsam ‚unbetroffen‘ betrachten und beurteilen kann, vorbereitet von einer bis auf die Patristik zurückreichenden christlichen Erbauungspraxis. Gegen die heidnische Theaterkultur, die aufgrund ihrer affizierenden und die Phantasie befeuernden Kraft die anzustrebende Seelenruhe dauerhaft verhindere, plädierten Tertullian und andere Kirchenväter des zweiten bis sechsten Jahrhunderts für ein ‚inneres Theater‘, auf dem sich der fromme Christ die Begebenheiten der Bibel und der Heiligengeschichte vor dem Auge seiner Imagination ablaufen lassen könne (Berns, S. 399-408). Dazu gehören nach Tertullian ebenso die siegreichen Kämpfe der Tugend gegen das Laster wie das Schauspiel des Jüngsten Gerichts, an dessen realem Eintreten kein Zweifel bestand, das aber schon aufgrund Tertullians ausführlicher Beschreibung ebenso imaginiert werden konnte, wie die bereits vergangenen Ereignisse der Heilsgeschichte: Aus der Position der auferstandenen Christen geht der Blick hinunter auf jene, die „in der äußersten Finsternis seufzen“ und die „vor dem Richterstuhl Christi stehen und zittern“ (Tertullian, S. 135, § 30). Im 12. Jahrhundert griff Honorius Augustodunensis in seiner katechetischen Lehrschrift Elucidarium dieses Bild vom eschatologischen Schauspiel auf und konkretisierte die dabei für die Beteiligten zu erwartenden Sichtverhältnisse am Tag des Jüngsten Gerichts und darüber hinaus: „die gůten sehent die bösen in der hellen darumb das ir frewd dester grösser ist das sy nit bey in seind. die bösen sehnt die gůten an dem jüngsten tag in ir frewde dz in dester würsser sey das sy nit bey in seind und nach dem jungsten tag so sehent die gůten die bösen in ir weyse unnd sehent die bösen die gůten nymmer mer“ (Honorius, unpag.).

Entscheidend ist, dass eben diese Perspektive der ‚Guten‘, das heißt der frommen und in den Himmel aufgenommenen Seelen bereits in der mentalen Vorstellung ihrer literarischen Darstellung einzunehmen war. Mittels seiner Einbildungskraft vermochte es der Leser, sich in die Lage des entrückten – und überdies von weltlichen und leiblichen Restriktionen befreiten – postapokalyptischen Betrachters zu versetzen.

In der Frühen Neuzeit wurde die Evokation von Weltgerichts- und Höllenvisionen zum Gegenstand praktischer Überlegungen in der christlichen Meditations- und Exerzitien-Literatur. Die Exercitia Spiritualia des Ignatius von Loyola (erstmals Rom 1548) sind nur ein Beispiel für diese Entwicklung, wohl aber das prominenteste (Berns, S. 411-415). Zu den vom Exerzitanten vorzustellenden ‚Schauspielen‘ gehört neben Szenen aus dem Leben und der Passion Christi natürlich auch die Hölle, deren Beschaffenheit zusammen mit den pönalen Vorgängen in ihr gleich mit allen inneren Sinnen zu imaginieren ist. Trotz aller Involvierung, die eine derartige Betrachtungsintensivierung und die von ihr ausgelöste misericordia mit sich bringen konnte, bleibt aber dennoch die Distanz des Exerzitanten zum imaginierten Ereignis gewahrt, wie dies ein Kupferstich aus einer Antwerpener Ausgabe der Exercitia von 1676 zeigt (Abb. 3).

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Abb. 3: Ignatius von Loyola: Exercitia Spiritualia [...]. Antwerpen 1676, nach S. 65 (bezeichnet: Pag. 34)
In einer Haltung ostentativer Gelassenheit verfolgt der durch seine Kleidung als Jesuit ausgewiesene Betrachter im Vordergrund die Heilsgeschichte von der Erschaffung Evas bis zum Jüngsten Gericht. Die Haltung des Betrachters folgt aus seiner Position: Indem er sich den unabweislichen Weltenlauf vor Augen führt, kann er aus diesem die Verhaltensanweisungen gewinnen, deren Befolgung ihn die Parusie furchtlos erwarten lässt.

Das frühneuzeitliche Theater – und nicht zuletzt das Jesuitentheater, das Himmel und Hölle, Heils- und Heiligengeschichte in immer neuen Varianten auf die Bühne stellte – ‚materialisierte‘ nun gleichsam das ‚innere Theater‘ und etablierte damit den zunächst rein imaginären Wahrnehmungsmodus im Feld der konkreten sinnlichen Erfahrung. Das Theater erfand diesen Wahrnehmungsmodus nicht, sondern veräußerlichte ihn, indem es einen ‚Apparat‘ ausbildete, in dem er konkret erfahrbar wurde. Damit bot das Theater die Möglichkeit für die Herausbildung einer Metapher, mit der die spezifisch epistemologische Eigenschaft von Orten und Medien bezeichnet werden konnte. Für ein Verständnis der Theatrum-Metapher ist es hilfreich, diese Tradition des ‚imaginären Theaters‘ zu berücksichtigen, insofern darin bereits das Erkenntnismodell angelegt ist, das sich im Theatrum konkretisierte. Damit soll freilich nicht behauptet werden, dass die Werke der Theatrum-Literatur ein ‚imaginäres Theater‘ aufgerufen hätten – das ist in den meisten Fällen aufgrund einer vornehmlich informativen oder enumerativen Darstellungsweise sogar auszuschließen –, sondern lediglich, dass die Titelgebung eine Weise der Repräsentation von Wissen versprach, die den Leser in eine vergleichbare Position versetzen könnte.

5. Die Welt auf der Bühne
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Der Wandel von Theatrum von einer Daseinsmetapher zu einem Wahrnehmungsmodus vollzog sich in einer Zeit, in der die Betrachtung der gegenständlichen Welt als methodische Basis der Wissensgewinnung zunehmend an Glaubwürdigkeit gewann. Eine Verteidigungsstrategie, mit der Vertreter und Apologeten der empirischen Naturphilosophie theologisch fundierten Vorbehalten gegenüber der mit der Vorstellung von Forschung einhergehenden Aufwertung der Neugierde begegneten und die schon bald jenseits tatsächlicher Kontroversen zu einem Topos der Selbstlegitimierung wurde, bestand im Verweis auf die göttliche Bestimmung des Menschen als Zuschauer (Blumenberg, S. 191-202 u. passim). Die Welt, so hatten schon Kirchenväter wie Ambrosius, Novatian und Laktanz festgestellt, war nicht nur eine Bühne, auf der die Menschen vor Gott die ihnen zugewiesenen Rollen mehr oder weniger gut erfüllten, sondern sie war zugleich ein von Gott für die Menschen geschaffenes Schauspiel seiner Herrlichkeit (Berns, S. 406ff.).

Diesen schöpfungstheologischen Betrachtungsimperativ nahm der protestantische Theologe und Reformpädagoge Jan Amos Comenius (1592-1670) in seiner Schrift Physicae Ad Lumen Divinum Reformatae Synopsis (1633) zum Ausgangspunkt einer Apologie der experimentellen Naturphilosophie: „Im Anfange schuf Gott den Himmel […]; das heißt den Himmel der Himmel mit den Engeln: die er gleichsam wie Morgensterne zuerst erschaffen, als Zuschauer [spectatores] seiner übrigen Werke hingestellt hat […]“ (Comenius 1896, S. 57; er bezieht sich hier auf Hiob 38,7 und deutet die dort genannten „jauchzenden Morgensterne“ als das begeisterte Publikum der Engel). Das Argument ist unübersehbar: Indem Gott von Anfang an und explizit Zuschauer nicht nur zulässt, sondern offenbar nötig hat, gibt er zu erkennen, dass die Schöpfung als Objekt der Betrachtung ersonnen wurde. Mit Verweis auf die in Paulus’ Römerbrief formulierte Offenbarungsfunktion der Schöpfung stellt Comenius fest, dass dem Menschen diese Betrachtung nicht nur erlaubt sei, sondern auch von ihm erwartet werde – was durch das Vorhandensein von Vernunft und Sinneswahrnehmung nachdrücklich belegt werde (Comenius 1896, S. 19f.; siehe Röm 1, 20).

Comenius hat diesen Gedanken bereits seiner Manuskript gebliebenen Frühschrift Theatrum Universitatis Rerum zugrunde gelegt, wobei er als die wesentliche Funktion des Theatrums die Sichtbarmachung von Unsichtbarem bestimmt. Zum einen sei die sichtbare Welt ein Schauplatz der „unsichtbaren Dinge“, also der von Gott geschaffenen Ordnung und letztlich von Gott selbst (Comenius 1992, S. 67). Zum anderen solle das von ihm, Comenius, angefertigte Theatrum die Dinge der Welt – Gottes Werke – der menschlichen Betrachtung so zugänglich machen, dass „Gott in seiner Macht, Güte und Weisheit“ erkannt werde (Comenius 1992, S. 73). Der Schauplatz der Welt musste also auf das Theatrum gestellt werden, damit die Dinge in ihrer ganzen Wahrheit sichtbar werden konnten.

Gerade an Comenius’ Werk wird das der Theatrum-Metapher eingeschriebene Prinzip der medialen Transformation deutlich: Die ‚Schauspiele‘, seien sie nun gesellschaftlicher oder natürlicher Art, werden erst durch ihre Repräsentation in einem Medium epistemisch funktionalisierbar. Neben dem genannten Theatrum-Fragment und der berühmten Bildwörterbuch Orbis Sensualium Pictus (1653) ist hier vor allem an Comenius’ Schola Ludus (1654) zu denken. Anfang der 1650er Jahre hatte Comenius größere Teile seines Elementarlehrbuchs Janua linguarum (1631) in eine Dialogfassung gebracht und von Schülern der Lateinschule von Sárospatak (Ungarn) als „lebendige Enzyklopädie“ in dramatischer Form aufführen lassen und den Text schließlich in den Druck gegeben. Die Schola Ludus besteht aus acht Teilen, die als je drei- bis fünfaktige Dramen nichts weniger als einen repräsentativen Ausschnitt der gesamten sichtbaren Welt umfassen, von den natürlichen Dingen bis zu den Formen politischer und religiöser Herrschaft – also nach dem zeitgenössischen Verständnis das gesamte Spektrum von historia naturalis (einschließlich experimentalis), civilis und ecclesiastica. Das erste Drama der Schola Ludus etwa zeigt, wie „die Dinge der großen Welt, die von der Natur erzeugt werden, der Reihe nach zur Darstellung kommen“. Wie ernst es Comenius dabei um die Vorführung konkreter Naturgegenstände ist, macht sein Hinweis deutlich: „(Merke wohl!) Diese Spiele, die von den Naturgegenständen handeln, können füglich nicht im Winter aufgeführt werden, wenn Pflanzen, Blumen, Ähren, Schoten, Baumfrüchte, Fliegen, Schwalben, und anderes, was im Winter für uns tot, gezeigt werden sollen“ (Comenius 1907, S. 13).

Diese Darstellungen sind zwar lose in eine dialogische Spielhandlung eingewoben, folgen aber nur bedingt der Kausalität eines übergeordneten Narrativs. Comenius geht es auch nicht darum, die Schüler mit einer Illusionsbühne zu konfrontieren. Im Gegenteil, die Wahrheit der vorgeführten Dinge wird gerade durch einen Gestus der ‚Anti-Theatralität‘ unterstrichen: „Einer Bühne mit Vorhang zum Ab- und Auftreten bedarf es nicht. Hier mögen sie mit ihrer Klasse sitzen, und nicht nur einander, sondern auch andere betrachten, damit so selbst der Schein eines weltlichen Schauspiels beseitigt werde. An welchem die Reihe ist, hervorzutreten, der stehe von seinem Platze auf, und hat er seine Rolle beendigt, so kehre er an seinen Platz zurück, nämlich zu seinen vor aller Augen sitzenden Mitschülern!“ (Comenius 1907, S. 10).

Der in dieser Anweisung geäußerte Wahrheitsanspruch ist kein Spezifikum des Comenius’schen Schultheaters, sondern die vielleicht wichtigste Eigenschaft des frühneuzeitlichen Theaters. Man darf sich von dem in der Theatergeschichte stets hervorgehobenen Prunk und den Effekten einer überbordenden Theatermaschinerie des barocken Hoftheaters nicht darüber hinwegtäuschen lassen, dass alle Illusion der Bühne stets in den Dienst der Sichtbarmachung der Wirklichkeit gestellt war. So wie die Komplexität der Natur durch die Darstellung ihrer partikulären Erscheinungen auf dem Theater aufgelöst wurde, wurde auch die gesellschaftliche Kunst der Verstellung, wurden simulatio und dissimulatio auf der Bühne durchschaubar. Dieser Aspekt der Sichtbarmachung kommt deutlich in einer häufig zitierten Passage aus Johann Heinrich Zedlers Universal-Lexicon zum Ausdruck:

„Sehen und Schauen, hat diesen Unterscheid, daß jenes durch einen Blick und überhaupt, lediglich, daß das Dasyen wesentlich befindet: Dieses hingegen die eigentliche Beschaffenheit des Dinges nach den Umständen untersuchet, daher ein Theater nicht schlecht eine Sehbühne, sondern eine Schaubühne verdeutschet worden, worauf eine Sache umständlich vorgestellet wird“ (Zedler, Bd. 34, Sp. 1000).

Der konstruktive Charakter des ‚Vorstellens‘, das heißt die konkreten räumlichen, ästhetischen und gegebenenfalls technischen Umstände (Kulissen, Kostüme, Beleuchtung, Bühnenmaschinerie), gerät in dieser Definition des Theaters bezeichnenderweise ganz aus dem Blick, während dessen analytische Potenz, die mit einem bestimmten Modus der Wahrnehmung – dem Schauen – einhergeht, zentral gesetzt wird. Paradigmatisch ist diese Offenbarungsleistung des Theaters in William Shakespeares Tragedy of Hamlet (1603/1605) dargestellt: Mit dem vor dem Hofstaat aufgeführten Schauspiel „The Murder of Gonzago“ (3. Akt, 2. Szene) werden der Mord an Hamlets Vater aufgedeckt und das Verhalten des Königspaares selbst als ein die Wahrheit verhüllendes Schauspiel denunziert.

Auch für erheblich weniger selbstreflexive Dramen der Frühen Neuzeit gilt, dass sie mittels einer exemplarischen Darstellung menschlichen Handelns allgemeine, überwiegend moralische Wahrheiten auszudrücken suchen. Die seit und mit Aristoteles geforderte ‚Wahrscheinlichkeit‘ der Handlung ist mitnichten eine Abkehr von der Wahrheit (so Schütz, S. 49f.), sondern ganz im Gegenteil die Freilegung der unterhalb konkreter Erscheinungen wirksamen Prinzipien, die im ‚wahrscheinlichen‘ Exempel entfaltet werden. Als Sonderform der rhetorischen actio diente das Schauspiel, wie Volkhard Wels gezeigt hat, der gefälligen und eingängigen Darstellung eines Arguments, das zumeist von der Notwendigkeit rechtschaffenen und tugendhaften Verhaltens für das persönliche Heil handelte (Wels). Man kann wohl aus historischer Distanz die sozialnormative Funktion dieser Dramen nicht zu Unrecht als konservativ, ja reaktionär kritisieren, dies ändert indes nichts daran, dass die Mehrheit der Verfasser, Akteure und Zuschauer von der Wahrheit des aufgeführten Arguments überzeugt war (Catholy, S. 150; Mannack, S. 304ff.). Dabei bleibt festzuhalten, dass die moralische Belehrung, die das Drama leisten sollte, die wahrheitsfähige Perspektivität des Theaters – als Ort der privilegierten Schau – zur unabdingbaren Voraussetzung hatte.

Der prinzipielle Wahrheitsanspruch des frühneuzeitlichen Theaters erweist sich auch ex negativo in der zeitgenössischen Theaterkritik. Immer dort, wo das Theater im Verdacht stand, seine enthüllende und belehrende Aufgabe zugunsten bloßer Unterhaltung zu vernachlässigen, wurde es zum Gegenstand der Ablehnung und von bisweilen erbittert geführter Kontroversen. Gerade weil bestimmte Theaterformen die erkenntnisnotwendige Distanz unterliefen und vorwiegend die Leidenschaften des Publikums ansprachen, drohten sie das Schauspiel der Welt und das lasterhafte Verhalten der Menschen in ihm noch zu affirmieren, anstatt dessen Folgen zugunsten moralischer Unterweisung in drastischer Weise vor Augen zu führen. Aus diesem Grund billigte die 1599 verabschiedete Studienordnung der Jesuiten einerseits das Schultheater ausdrücklich als Teil der gymnasialen Grundausbildung, verbot aber andererseits den externen Schülern (den internen Schülern war dies ohnehin nicht möglich) die Teilnahme an „öffentlichen Schauspielen, Komödien und anderen Spielen“ (Duhr, S. 192, § 13, S. 271, § 13; siehe auch den Kommentar von de Jouvency, S. 49-53; dt. Juvencius, S. 253-258).

Der Vorstellung vom Theater als einem Ort, an dem die „eigentliche Beschaffenheit des Dinges“ erkennbar wird, ist auch die Verwendung der Theatrum-Metapher in Buchtiteln verpflichtet: Was auf bzw. im Theatrum gezeigt wird, ist frei von jeglichem falschen Schein und gibt sich dem Blick des distanzierten Betrachters in seiner ganzen Wahrheit zu erkennen. Das dem Theatrum-Begriff inhärente Versprechen eines Einblicks in die gewöhnlich verborgene Seinswirklichkeit ist auch der eigentliche Grund für dessen Anwendung auf bestimmte Ereignisse wie Hinrichtungen, Krönungen, militärische Auseinandersetzungen etc. (Horn, S. 51f.). Der Gegensatz von nackter Wahrheit, die das Theatrum zeigt, und der allgegenwärtigen Verstellung findet sich etwa auch auf dem Titelkupfer zum zweiten Band des Theatrum Europaeum (siehe Heßelmann, § 2.1).

Gerade dort, wo das ‚Schauspiel der Menschen‘ Gegenstand eines Theatrums wurde, ließ sich unmittelbar der epistemische Vorteil dieser Perspektive darstellen: In Guillaume de La Perrières (um 1500- um 1565) Theatre Des Bons Engins (1551) etwa versetzt die Pictura des 35. Emblems den Leser in die Position, die fast aussichtslose Lage eines lasterhaften Menschen zu betrachten (Abb. 4).

Abbildung
Abb. 4: Guillaume de La Perrière: Le Theatre Des Bons Engins […]. Paris, 1551, unpag. Nr. 35
Dessen Unfähigkeit oder Unwilligkeit, sein Tun zu reflektieren und am Maßstab der Schöpfungsordnung auszurichten, macht ihn zu einem Gefangenen, der weder seiner Bestimmung zu einem nach Erlösung strebenden Leben nachzukommen noch überhaupt seine selbstverschuldete Unfreiheit zu erkennen vermag. Im Wahrnehmungsmodus des Theatrums hingegen wird die wahre Lage des Menschen erkennbar und zugleich auch das Labyrinth als Labyrinth mit der prinzipiellen Möglichkeit eines Auswegs.

Das Theatrum, auf bzw. in dem das Theatrum mundi und das Theatrum vitae humanae in ihrer eigentlichen Beschaffenheit sichtbar gemacht werden sollten, etablierte – zumindest der Idee nach – den Betrachter/Leser als urteilende Instanz, die aufgrund ihrer distanzierten Position die Wahrheit zu erkennen vermag. In der Theatrum-Metapher formulierte sich somit eine Vorform des ‚Beobachters zweiter Ordnung‘, dem aufgrund seiner Kenntnis der Bedingungen und Umstände einer Beobachtung die Fähigkeit zugesprochen wurde, deren Wahrheitsgehalt zu beurteilen (Luhmann, S. 85ff., 97f., 167-174 und passim). Fraglos haben Leser schon immer über den Wahrheitsgehalt ihrer Lektüre befunden; das Theatrum aber behauptete gewissermaßen eine Objektivierung dieses Urteils, indem es den Leser an die dazu geeignete Position versetzte, von der aus die Dinge in ihrer wahren Beschaffenheit zu erkennen seien. Aus diesem Grund wird in den Vorreden der Buch-Theatra der privilegierte Wahrnehmungsmodus des Lesers immer wieder angesprochen und als Grund für die Beschränkung auf eine unkommentierte Schilderung von Gegenständen und Ereignissen genannt. Im Historischen Schau-Platz aller Rechts-Ansprüche auf Jülich, Cleve, Berg, Marck, Ravensberg, Ravenstein, Winnenthal und Breskesand (1739) etwa betont der anonyme Verfasser, er habe die verschiedenen Rechtsfälle so neutral dargestellt, „daß ein dergleichen sachen verständiger und unpartheyischer leser alsobald selbst wird beurtheilen können, welche part vor der andern mehr oder weniger recht habe“ (anonym: Historischer Schauplatz, Vorrede, unpag. [Bl. )(2 verso]).

6. Weltorientierung
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Christel Meier hat unlängst in einer wegweisenden Studie gezeigt, dass das Drama seit dem 16. Jahrhundert als didaktisches Medium für enzyklopädische Kenntnisse thematisiert und instrumentalisiert wurde. Grundsätzlich alle Wissensgegenstände waren nach Ansicht gelehrter Theoretiker dazu geeignet, im dramatischen Exempel vorgeführt und vermittelt zu werden (Meier). Jedoch sind die Möglichkeiten des Dramas zur Darstellung von im eigentlichen Sinne enzyklopädischen Wissensbeständen schon aufgrund der zeitlichen Begrenztheit der Aufführung erheblich beschränkt, sofern nicht, wie das Beispiel von Comenius’ Schola Ludus zeigte, auf eine dramatische Handlung verzichtet werden sollte. Dem gegenüber zeichnet sich die Theatrum-Literatur vielfach durch eine nur noch mittels Paratexten zu beherrschende Materialfülle und ein verbissenes Streben nach Vollständigkeit aus. Vorbildlich für den wissenskompilatorischen Bedeutungsaspekt der Theatrum-Metapher war denn auch weniger das Drama, sondern das Theater als Ort respektive Medium beliebiger Darstellungen (Meier, S. 14f.).

Die Vorstellung vom Theater als einem im Wortsinne universalen Medium kommt vielleicht nirgends besser zum Ausdruck als in Stefano della Bellas (1610-1664) Kupfertitel zum illustrierten Libretto von Giovanni Carlo Coppolas Le nozze degli Dei (1637) (Abb. 5).

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Abb. 5: Stefano della Bella: Frontispiz zu Giovanni Carlo Coppola (Libr.). Le Nozze Degli Dei Favola. Florenz, 1637
Die untere Bildhälfte zeigt das im Innenhof des Palazzo Pitti in Florenz anlässlich der Hochzeit Ferdinandos II. de’ Medici mit Vittoria della Rovere am 8. Juli 1637 aufgebaute Theater. Es spielt keine Rolle, dass die gewaltige Menschenmenge, die vor der Bühne versammelt ist, weder den Größenverhältnissen der Palastarchitektur entspricht noch wohl den realen Umständen der Aufführung entsprochen haben mag. Entscheidend ist vielmehr, dass dieses Bild den programmatischen Anfang der Aufführung zeigt, mit der der Bühneningenieur Alfonso Parigi die grundsätzliche Leistungsfähigkeit des Theaters vor Augen stellte: „La prima Prospettiva è ’l Mondo, quasi in un Caos“ (Coppola, S. 1). Nicht weniger als die ganze Welt ist hier (im ‚Chaos‘ des Weltraumes) zu sehen – wobei die Teilung der Erdkugel in zwei Hemisphären, wie dies ganz ähnlich auch zeitgenössische Weltkarten zeigen, die unmittelbare visuelle Erfassung des Ganzen ermöglicht.

In der geradezu kosmischen Distanznahme, die Parigis Bühnendekoration inszeniert, klingt die „Hintergrundmetaphorik“ (Blumenberg, S. 91f.) an, die bereits im Zusammenhang mit dem ‚imaginären Theater‘ angesprochen wurde: Seit der Antike wurde Erkenntniszuwachs im Bild des Höhengewinns beschrieben, als Aufstieg des Geistes, der sich der vita contemplativa verschrieben hat. Nach Aristoteles war es vor allem Boethius, durch dessen Consolatio Philosophiae die Vorstellung vom Aufstieg des philosophierenden Denkens in Richtung des göttlichen Standpunktes nachhaltig geprägt wurde (Aristoteles, X, 8, 1178b9-34, S. 253; dazu Ruberg; Konersmann). Relevant für die frühneuzeitliche Entwicklung des Motivs vom erhöhten Blick sind darüber hinaus vor allem Lukians erstmals 1470 gedruckter Dialog Charon, oder die Weltbeschauer sowie der Dialog über die Tabula Cebetis, der seit 1495 im Druck vorlag.

Nicht nur im Bild von der Leiter, das Boethius verwendet, sondern vor allem im Bild von Berg oder Turm (oder einer Kombination aus beidem) ließ sich der Gedanke der allmählichen Annäherung an die – letztlich unerreichbare – sapientia divina durch Wissenserwerb und Reflexion veranschaulichen (Abb. 6).

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Abb. 6: Biagio d’Antonio Tucci: Allegorie der Artes liberales. Öl auf Holz, Ende 15. Jahrhundert. Musée Condé, Chantilly, PE 641

Entscheidend ist, dass dieser Aufstieg Erkenntniszuwachs in beide Richtungen versprach: nicht nur eine gesteigerte Erkenntnis Gottes, sondern zugleich auch seiner Schöpfung – und darüber, wie die Menschen mit ihr umgingen. So hatte etwa Kirchenvater Cyprian die christliche Taufe als den Umschlagpunkt der Weltwahrnehmung beschrieben: Wie vom „hochragenden Gipfel eines steilen Berges“ aus offenbarten sich dem Getauften, „von jeder irdischen Berührung frei“, nun die zuvor durch Gewohnheit verdeckten Laster und Verbrechen der Welt (Cyprianus, S. 45-54). Im Bild des erhöhten Standpunktes formulieren sich Wunsch und Versprechen einer wahrheitsfähigen Weltbetrachtung, für die Aristoteles den Begriff der ‚Theoria‘ prägte, der im Übrigen ja auch den etymologischen Ursprung von ‚Theatron‘/‚Theatrum‘ bildet (Kirchner, S. 134, 137). Für Nikolaus von Kues (1401-1464) entsprach die docta ignorantia, das Wissen um die ontologische Unmöglichkeit eines absoluten Wissens, einem Turm, von dem aus theologische Lehrmeinungen bezüglich ihrer Wahrheitsnähe bestimmt werden können: „Denn wer dort oben steht, übersieht alles, was der unten über das Feld Schweifende auf verschiedenen Wegen nach Spuren forschend sucht; er erblickt auch, inwieweit der Suchende sich dem Gesuchten nähert oder entfernt. So urteilt die wissende Unwissenheit, die aus der Höhe des vernünftigen Geistes (de alta regione intellectus) stammt, über den methodischen Gang der verständigen Denkbewegungen“ (Kues, S. 551).

Dem vertikalen Blick, erreicht durch Reflexion oder Gnade, zeigt sich die wahre Beschaffenheit der Welt, des menschlichen Handels und Denkens, wobei stets die Momente der Defizienz und der Dysfunktionalität besonders hervortreten. Wiederum Comenius hat in seinem zuerst 1631 gedruckten allegorischen Roman Labyrint Světa a Lusthaus Srdce (Das Labyrinth der Welt und das Lusthaus des Herzens) diese Figur aufgegriffen: Zu Beginn des Buches, am Anfang seiner Reise, die für das menschliche Leben selbst steht, blickt der Erzähler von einem „ungeheuer hohen Turm“ herab auf eine Stadt, die die irdische Welt in ihrer Gesamtheit repräsentiert und zugleich den Ort der weiteren Romanhandlung abgibt (Comenius 1958, S. 24). Von seinem Standpunkt „dicht unter dem Himmelsbogen“ erscheinen ihm die Stadt, ihr architektonisch-infrastruktureller Aufbau, der die Lebenswege und die gesellschaftlichen Hierarchien gleichermaßen bestimmt wie abbildet, zunächst wohlgeordnet. Die anschließende Entdeckung zahlreicher unregelmäßiger Verbindungen zwischen den Straßen führt den Erzähler allerdings zu dem Schluss, dass man sich in der Welt „leicht verlaufen und verirren“ könne (Comenius 1958, S. 27). Wie dem Betrachter von de La Perrières Theatre Des Bons Engins offenbart sich dem vom Turm Herabblickenden der Labyrinthcharakter der Welt, wodurch er in die Lage versetzt wird, sich in ihr zu orientieren.

7. Blickwechsel
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Orientierung als zentraler Aspekt der Theatrum-Metapher beruht auf einem Wechsel der Perspektive. Die epistemologische Reichweite der im Bild des Turms formulierten Welterkenntnis wird ersichtlich, wenn etwa Francis Bacon (1561-1626) die Erkenntnis des Labyrinths als Labyrinth in seiner Instauratio magna (1620) als notwendige Grundvoraussetzung aller Naturforschung bestimmt (Krohn, S. 69-75). Erst wenn der Mensch sich darüber im Klaren sei, dass die Welt ein Labyrinth ist, das bisher hinter bloß fiktiven Ordnungen eines orientierungsbedürftigen, aber allein von Vernunft geleiteten Geistes verborgen war, könne er methodische Ariadnefäden knüpfen, um wirkliche Orientierung zu finden.

Dass dem kontemplativen Blick von der Höhe und dem Zuschauen im Theater derselbe Wahrnehmungsmodus unterlegt wurde, zeigt sich nicht zuletzt an der gemeinsamen Verwendung exemplarischer und allegorischer Figuren: Die Allegorie wie auch das Exempel sind Formen der Abstraktion, die der Notwendigkeit zur Komplexitätsreduktion als Bedingung einer Darstellung großer Zusammenhänge und grundlegender Aussagen über die Beschaffenheit der Welt und die Verfasstheit des menschlichen Daseins geschuldet sind; sie sind gleichsam die Folge der unumgänglichen Veränderung des Maßstabes in der Gewinnung von Distanz. Nur in der Reduktion kann das Theater seine eigentliche Aufgabe erfüllen, die von Richard Alewyn auf eine griffige Formel gebracht wurde: „Es wird nicht Wirklichkeit erobert, sondern Wahrheit enthüllt“ (Alewyn, S. 57). Darin ist aber zugleich auch die Grenze der Sichtbarmachung durch das Theater benannt: Nur exemplarisch oder durch den Schleier der Allegorie lässt sich das Ganze erfassen und Orientierung in der unordentlichen Welt erreichen. Der Grund dafür liegt nicht allein in der Logik des Mediums Theater, sondern bildet das Fundament einer von christlicher Ontologie bestimmten Epistemologie: Ein vollständiges Erfassen der Welt und ein Erkennen der in ihr notwendig vorhandenen harmonischen Schöpfungsordnung sind dem Menschen aufgrund seiner inferioren Stellung gegenüber Gott schlicht nicht möglich. Wenngleich dieser Erkenntnisvorbehalt immer wieder zur Ursache von Melancholie und Resignation erklärt wurde, ließ sich das Postulat von der frommen Verpflichtung eines jeden Christen zur größtmöglichen Erkenntnis seines vorgesehenen Platzes in der Welt als Legitimation einer sich beständig dem Absoluten annähernden Forschung dagegen halten. So schreibt etwa der Züricher Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer (1672-1733) in seinem Kern der Natur-Wissenschafft (1709): „Zwahren so lang wir in diser Sterblichkeit leben/ ist kein vollkommene Wissenschaft zu hoffen. Man muß aber ja mehr und mehr darnach streben“ (Scheuchzer, S. 1).

Darin formuliert sich eine letztlich paradoxe Erkenntnissituation: Wenn vollkommenes Wissen unerreichbar bleibt, ist auch die wahre Weltordnung durch den Menschen nicht vollends zu erkennen. Was indes denkbar und erstrebenswert erschien, war eine zunehmende Verbesserung der menschlichen Sicht, eine infinitesimale Annäherung an den uneinnehmbaren Punkt des absoluten Blicks. Die Stufen auf dem unendlichen Weg zur universalen Ordnung bildeten vorläufige und partikuläre Ordnungen, die – und das ist entscheidend – aufgrund ihrer partikularen, auf Reduktion angewiesenen Betrachtungsmöglichkeiten immer neue Blickwinkel zur Voraussetzung hatten. Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) hat die epistemologische Notwendigkeit dieses Perspektivwechsels für die sich nähernde Erkenntnis der Naturordnung in seiner kurzen Schrift Von dem Verhängnisse (1695) beschrieben:

„Zwar können wir solche Ordnung nicht sehen, weilen wir nicht in dem rechten Gesichts-Punkt stehen, gleichwie ein prospectivisch Gemählde nur aus gewissen Stellen am besten zu erkennen, von der Seite aber sich nicht recht zeigen kann. Allein wir müssen uns mit den Augen des Verstandes dahin stellen, wo wir mit den Augen des Leibes nicht stehen, noch stehen können. Zum Exempel wenn man den Lauf der Sterne auf unserer Erdkugel betrachtet, darin wir stehen, so kommet ein wunderliches, verwirretes Wesen heraus, so die Stern-Kündige kaum in etlich tausend Jahren zu einigen gewissen Regeln haben bringen können […]. Aber nachdem man endlich ausgefunden, daß man das Auge in die Sonne stellen müsse, wenn man den Lauf des Himmels recht betrachten will, und daß alsdann alles wunderbar schön herauskomme, so siehet man, daß die vermeinte Unordnung und Verwirrung unsers Verstandes schuld gewesen, und nicht der Natur“ (Leibniz 1996, S. 339; siehe auch Leibniz 1968, S. 210, § 147).

Die Auflösung der Unordnung in Ordnung bleibt – auch bei Leibniz – eine Aufgabe, deren Erfüllung in der Zukunft liegt. Entscheidend ist sein Hinweis auf die Verschiebung des Betrachterstandpunktes an einen real nicht einnehmbaren, mithin virtuellen Ort. Die Hervorhebung der „Augen des Verstandes“ als der dazu notwendigen Wahrnehmungsinstanz verweist darauf, dass der ‚Zuschauer‘ gerade nicht mehr „Teil der Szene“ (Blair, S. 154) ist, sondern diese vielmehr verlassen hat. Eine solche Verschiebung wurde mit dem Wahrnehmungsmodell, das die Theatrum-Metapher transportiert, denkbar und aufgrund seiner Anschaulichkeit weithin funktionalisierbar. Man geht vielleicht nicht zu weit, in diesem Modell die Anfänge der die Theorien und Methoden wissenschaftlicher Forschung bis in die Moderne prägende Annahme vom kontextfreien, objektiven Beobachter und dessen „Blick von nirgendwo“ (Nagel) zu sehen.

Das Theater war in dieser Hinsicht nicht nur ein „distanzgewährendes Orientierungsmodell“ (Schramm, S. 51 und S. 115f.), sondern antizipierte als konkreter Ort der sinnlichen Erfahrung den „epistemischen Bruch“, der sich mit der Einführung von Instrumenten und Experimenten als Medien der Erkenntnis im 17. Jahrhundert vollzog: Das Theater – das wird an Parigis Weltendekoration unmittelbar ersichtlich – fungierte als riesiges optisches Instrument, das in der Lage war, unmögliche Perspektiven möglich zu machen. Wie das Teleskop und das Mikroskop, die dem menschlichen Blick bislang Ungesehenes sichtbar machten, eröffnete das Theater die Möglichkeit, die Grenzen der menschlichen Wahrnehmung zu verschieben (Nelle). Entscheidend daran ist aber, dass die vom Theater ebenso wie die durch Instrumente hervorgebrachten Ansichten beanspruchten, die Wirklichkeit zu zeigen, die hinter den Sichtbarkeiten der alltäglichen Erfahrung verborgen lag. Das Theater wie auch die Instrumente der frühneuzeitlichen Experimentalwissenschaft waren darauf ausgerichtet, ein wesentliches „Erkenntnishindernis“ (Bachelard, S. 46-58) zu überwinden – die gewöhnliche Erfahrung, die als unzureichend für die ‚richtige‘ Erfassung der Wirklichkeit begriffen wurde. Der Unterschied zwischen beiden war hinsichtlich der ermöglichten Wahrnehmung nicht struktureller Natur, insofern beide als Medien der Realisierung von Wirklichkeit fungierten, sondern allein – und nicht einmal in allen Fällen – inhaltlicher Art: Zielte die instrumentelle Erforschung der Natur auf die Freilegung von deren gesetzmäßigen Funktionsweisen, führte das Theater zumeist die unbezweifelbare Gültigkeit und Wirksamkeit moralischer Gesetze vor.

Bezeichnend ist, dass der moralische Aspekt für den Gebrauch der Theatrum-Metapher in Buchtiteln keine Rolle spielte. Selbst dort, wo zweifellos eine moraldidaktische Intention vorlag, wie in den diversen Werken zum Theatrum Vitae Humanae, verweist die Metapher auf die im Buch vorliegende Darstellung der eigentlichen Wirklichkeit der Welt und des menschlichen Daseins.

8. Dynamisierung
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Das der Theatrum-Metapher eingeschriebene epistemologische Prinzip der Standpunktverlagerung korrespondiert mit dem literarischen Prinzip der Informationsakkumulation. Diese wird in vielen Vorreden gedruckter Theatra thematisiert und als Erkenntnisvorteil hervorgehoben. So etwa wenn Heinrich Zeising in seinem Theatrum Machinarum (1607) bemerkt, der Leser könne die im Buch versammelten „Inventiones zu seinem nutz vnd gebrauch/ ohne einige mühe vnd sorge anschawen/ vnd was ihm am besten zu sein bedüncket erwehlen“ (Zeising, Bd. 1, „An den günstigen Leser“, unpag. [Bl. (*) verso]). Was wie eine nachträgliche Rechtfertigung unsystematischen Kompilierens erscheint, erweist sich vor dem Hintergrund des hier skizzierten Theatrum-Modells als Ausdruck einer zunehmenden Dynamisierung von Wissensorganisation und -verarbeitung. Zahllos sind in den Vorreden die Eingeständnisse einer mangelnden internen Organisation des Stoffes, der jedoch durch diverse Indices dem jeweiligen Interesse des Lesers gemäß verfügbar gemacht werde. So betont etwa Johann Walther (1618-1679) in seinem Historischen Lust- und Schau-Platz (1669), er habe dessen „Register anders und nach dem Alphabet eingerichtet […]/ also/ daß man ein iedwedere Materiam, ob sie gleich von mir ohne Ordnung/ wie Ich sie gelesen/ zusammen getragen worden/ unter ihrem gewissen Titul alsobalden finden kan“ (Walther, „Günstiger lieber Leser“, unpag. [S. 1]). Die ordo artificialis des Registers erlaubte die individuelle Orientierung in der ordo naturalis des kompilierten Materials. Dieses Changieren zwischen Text und Paratext seitens der Leser wie auch die kontinuierliche Erprobung neuer, pragmatisch motivierter Ordnungskonzepte seitens der Verfasser (Friedrich 2002, S. 395-401; Neumeister) aber entspricht dem epistemologischen Konzept des Perspektivwechsels, wie es etwa von Leibniz artikuliert wurde. Die Theatra boten also gerade keine Reproduktion der für sich genommen statischen Ordnung des Theatrum mundi, wie Anne Blair meint, sondern im Gegenteil eine Dynamisierung der Sichtweisen zum Zwecke der Orientierung (Blair, S. 155f.; kritisch dazu Roßbach, S. 20ff.). Das ist, nebenbei bemerkt, auch der eigentliche Kern des so häufig herbeizitierten ‚Gedächtnistheaters‘ des Giulio Camillo: nicht die Speicherung von Wissen, sondern die, dem Modell der Topik folgende, räumliche Bereitstellung von Wissen zur Orientierung über Verknüpfungsmöglichkeiten als Vorbedingung der inventio. Im Übrigen vergleicht Camillo die Leistungsfähigkeit seines Theatrum mit einem „hohen Hügel“ (alto colle), von dem aus der erkenntnisstiftende Überblick gewährt wird (Camillo, S. 12).

Der Leser wurde in vielen Fällen nicht mit einer definitiven Ordnung der jeweiligen Wissensgegenstände konfrontiert, sondern ermuntert und durch die entsprechenden Paratexte in die Lage versetzt, sich im ‚Labyrinth‘ des Materials seinen Weg zu bahnen. Mit dieser Autonomisierung des Zugriffs schufen die Theatra des 16. und 17. Jahrhunderts den Leser, den die Enzyklopädien des 18. Jahrhunderts bereits voraussetzen konnten:

„Der Zweck dieser Ordnung besteht in einer Aufstellung in möglichst begrenztem Raum, und der Philosoph soll gewissermaßen über diesem Labyrinth stehen und von einem überlegenen Standpunkt aus gleichzeitig die hauptsächlichen Künste und Wissenschaften erfassen können; er soll die Gegenstände seiner theoretischen Erwägungen und die mögliche Arbeit an diesen Gegenständen mit einem schnellen blick übersehen; er soll die allgemeinen Zweige des menschlichen Wissens mit ihren charakteristischen Unterschieden oder ihren Gemeinsamkeiten herausstellen und gelegentlich sogar die unsichtbaren Wege aufzeigen, die von dem einen zum anderen führen […]. Ähnlich wie auf den allgemeinen Karten unserer Weltkugel die Gegenstände entsprechend zusammengerückt erscheinen und je nach dem Gesichtswinkel, den das Auge infolge der Kartenzeichnung des Geographen einnimmt, ein verändertes Bild zeigen, so wird die Gestalt der Enzyklopädie von dem Standpunkt abhängen, den man bei der Betrachtung des gesamten Bildungswesens zu vertreten gedenkt. Man könnte sich demnach ebensoviele wissenschaftliche Systeme denken wie Weltkarten verschiedenen Blickwinkels; und jedes dieser Systeme kann sogar gegenüber den anderen einen bestimmten Vorteil haben.“ (d’Alembert, S. 85f.)

Mit der allmählichen Verabschiedung vom Gedanken einer Einheitswissenschaft und einer zunehmenden Spezialisierung der Wissensfelder wandelte sich die Erwartung hinsichtlich der Zugriffsmöglichkeiten auf Information; das Prinzip der Dynamisierung wurde dominant, was nicht nur mit neuen Publikationsformen einherging, sondern auch auf die Titelgebung wirkte: Eine Heterogenität und Spezialisierung der Sichtweisen konnte das Theater als kollektives und transitorisches Medium nicht leisten, weshalb es seine Funktion als Metaphernbildner für Wissensmedien schließlich einbüßen musste.

9. Fazit
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Ausgehend von der in Theorie und Praxis ablesbaren Vorstellung von der Darstellungsleistung des Theaters in der Frühen Neuzeit wird erkennbar, dass die Theatrum-Metapher weniger strukturelle als vielmehr mediale Qualitäten bezeichnete. Es war wesentlich der durch mediale Qualitäten bestimmte epistemologische Aspekt der Theatrum-Metapher, der ihre Attraktivität und Anwendbarkeit begründete. In auffälliger Analogie zu epistemologischen Konzepten, wie sie etwa von Bacon, Descartes oder Leibniz formuliert wurden, bestand das wesentliche Versprechen des Theatrums, das eine Übertragung des Begriffs auf Bücher wie auch auf Sammlungen und Ereignisse legitim erscheinen ließ, in der Transformation des Beobachtungsstandortes in Bezug auf den unterbreiteten Gegenstand. Die Theatra unterschieden sich in ihren jeweiligen materiellen, räumlichen und zeitlichen Bedingungen der Wissenspräsentation – gleichwohl zielten sie darauf, ihren Zuschauern, Besuchern oder Lesern Übersicht und Orientierung zu ermöglichen. Wie die Figur des Cosmas Damian Asam in der Abteikirche von Weltenburg auf halbem Wege zwischen Erde und Himmel in der Lage ist, das Welttheater unter ihm mit dem Theatrum sacrum über ihm zu vergleichen, implizierte die Theatrum-Metapher einen Betrachter, der durch die Art der jeweiligen Wissenspräsentation in eine exzentrische, objektivierungs- und urteilsfähige Position versetzt wurde. In seinem Anspruch auf Überblick trug die Theatrum-Metapher nicht zuletzt der durch Buchdruck und Entdeckungen stetig wachsenden Fülle und Komplexität von Wissensbeständen und der damit einhergehenden Aufgabe einer unablässigen Betrachtung, Beurteilung und Neuordnung dieser Bestände Rechnung. Zweifellos war der Deutungsrahmen, in dem die Orientierung innerhalb dieses Wissens stattfinden konnte, relativ eng gesteckt: In vielen Fällen blieben – wenigstens implizit – Schöpfungstheologie, Heilsgeschichte und politische Theologie die dominierenden Interpretamente. Und ebenso zweifellos waren die epistemologischen Eigenschaften, die das Theatrum als Wahrnehmungsmodus ausmachten, seit der Antike immer wieder – insbesondere von der Theologie – in der Frage nach den Erkenntnismöglichkeiten des Menschen aufgegriffen worden. Die Theatrum-Metapher aber trug in ihrer Anschaulichkeit dazu bei, dass sich auf lange Zeit die Vorstellung etablierte, eine den unmittelbaren Einwirkungen und Beschränkungen entzogene, objektive Beobachtung und ein darauf fußendes Urteil lägen im Bereich des Menschenmöglichen.

Für Hinweise und kritische Anmerkungen danke ich Tina Asmussen, Stefan Berg, Vera Fionie Koppenleitner und Gerald Reuther.

10. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur
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10.1. Quellen
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  • Jean Lerond d’Alembert: Einleitung zur Enzyklopädie (1751). Hg. v. Erich Köhler. Hamburg 1975 [gbv]
  • anonym: Historischer Schau-Platz aller Rechts-Ansprüche auf Jülich, Cleve, Berg, Marck, Ravensberg, Ravenstein, Winnenthal und Breskesand [...]. Frankfurt/Main, Leipzig 1739 [gbv]
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik (Philosophische Schriften, Bd. 3). Übs. v. Eugen Rolfes und Günther Bien. Hamburg 1995 [gbv]
  • Francis Bacon: The Advancement of Learning, in: James Spedding, Robert Leslie Ellis, Douglas Denon Heath (Hg.): The Works of Francis Bacon. 14 Bde. London 1857-1874, Bd. 3, S. 253-491 [opac]
  • Giulio Camillo: L’Idea Del Theatro. Florenz 1550 [opac]
  • Johann Amos Comenius: Entwurf der nach dem göttlichen Lichte umgestalteten Naturkunde. Übs. u. hg. v. Joseph Reber. Gießen 1896 [gbv]
  • Johann Amos Comenius: Die Schule als Spiel oder Lebendige Encyklopädie. Das heißt: Der „Sprachenpforte“ dramatische Darstellung. Ergötzliche Kunst, alle benannten und noch zu benennenden Dinge den Sinnen lebendig darzustellen. Übs. v. Wilhelm Bötticher. Langensalza 1907 [gbv]
  • Johann Amos Comenius: Das Labyrinth der Welt. Übs. v. Zdenko Baudnik. Weimar 1958 [gbv]
  • Johann Amos Comenius: Schauplatz der Gesamtheit aller Dinge, in: Ders.: Allweisheit. Schriften zur Reform der Wissenschaften, der Bildung und des gesellschaftlichen Lebens. Übs. v. Franz Hofmann. Neuwied 1992, S. 61-76 [gbv]
  • Giovanni Carlo Coppola: Le Nozze Degli Dei Favola. Forenz 1637 [opac]
  • Caecilius Cyprianus: An Donatus, in: Des Heiligen Kirchenvaters Caecilius Cyprianus Traktate. Übs. von Julius Baer. Kempten, München 1918, S. 33-55 [opac]
  • René Descartes: Von der Methode des richtigen Vernunftgebrauchs und der wissenschaftlichen Forschung. Übs. und hg. v. Lüder Gäbe. Hamburg 1997 [gbv]
  • Bernhard Duhr (Hg.): Die Studienordnung der Gesellschaft Jesu. Freiburg/Breisgau 1896 [gbv]
  • Franciscus Philippus Florinus: Oeconomus Prudens Et Legalis Continuatus. Oder Grosser Herren Stands und Adelicher Haus-Vatter [...]. Nürnberg, Frankfurt, Leipzig 1719 [opac]
  • Bernard Le Bovier de Fontenelle: Gespräche über die Vielzahl der Welten, in: Ders.: Philosophische Neuigkeiten für Leute von Welt und für Gelehrte. Ausgewählte Schriften. Übs. v. Ulrich Kunzmann. Hg. v. Helga Bergmann. Leipzig 1989, S. 12-119 [gbv]
  • Honorius Augustodunensis: DIß buch heysset Lucidarius. dz spricht zu teütsch also vil als ein erleücht[er]. Augsburg 1479 [opac]
  • Robert Hooke: Micrographia or Some Physiological Descriptions of Minute Bodies Made by Magnifying Glasses. London 1665 [opac]
  • Joseph de Jouvency: Christianis Litterarum Magistris De Ratione Discendi Et Docendi. Paris 1692 [gbv]
  • Joseph Juvencius: Lern- und Lehrmethode, in: Der Jesuiten Sacchini, Juvencius und Kropf Erläuterungsschriften zur Studienordnung der Gesellschaft Jesu. Übs. v. Joseph Stier, Robert Schwickerath und Franz Zorell. Freiburg/Breisgau 1898, S. 209-322 [gbv]
  • Nikolaus von Kues: Apologia doctae ignorantiae. Verteidigung der wissenden Unwissenheit, in: Ders.: Philosophisch-theologische Schriften. Übs. v. Dietlind Dupré und Wilhelm Dupré. Hg. v. Leo Grabiel. 3 Bde. Wien 1964-1967, Bd. 1, S. 519-591 [gbv]
  • Gottfried Wilhelm Leibniz: Die Theodizee. Übs. v. Artur Buchenau. Hamburg 1968 [opac]
  • Gottfried Wilhelm Leibniz: Von dem Verhängnisse, in: Ders.: Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie. Übs. v. Artur Buchenau. Hg. v. Ernst Cassirer. 2 Bde. Hamburg 1996, Bd. 2, S. 337-342 [gbv]
  • Johann Jakob Scheuchzer: Kern der Natur-Wissenschafft. Zürich 1709
  • Sebastiano Serlio: Secondo Libro Di Prospettiva. Paris 1545
  • Tertullian: Über die Schauspiele, in: Tertullians private und katechetische Schriften. Übs. v. Karl Adam Heinrich Kellner. Kempten, München 1912, S. 101-136 [opac]
  • Johann Walther: Tempe Historica Das ist Historischer Lust- und Schau-platz: Darin unterschiedene Felder Fünffhundert anmuthiger und wolrichender Blumen nützlicher und merckwürdiger Geschicht enthalten. Jena 1669 [opac]
  • Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste. 68 Bde. Halle, Leipzig 1732-1754 [opac]
  • Heinrich Zeising: Theatri Machinarum Erster Theill. In welchem Vilerley Künstliche Machinae in unterschidlichen Kupfferstücken zu sehen sindt. Leipzig 1607 [opac]
  • Theodor Zwinger: Theatrum Vitae Humanae […]. Basel 1571 [gbv]
  • Theodor Zwinger: Theatrum Vitae Humanae […]. Basel 1586 [gbv]

10.2. Forschungsliteratur
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  • Richard Alewyn: Das große Welttheater, in: Ders., Karl Sälze: Das große Welttheater. Die Epoche der höfischen Feste in Dokument und Deutung. Hamburg 1959, S. 9-70 [opac]
  • Gaston Bachelard: Die Bildung des wissenschaftlichen Geistes. Beitrag zu einer Psychoanalyse der objektiven Erkenntnis. Frankfurt/Main 1987 [opac]
  • Wilfried Barner: Barockrhetorik. Untersuchungen zu ihren geschichtlichen Grundlagen. Tübingen 2002 [gbv]
  • Jörg Jochen Berns: Inneres Theater. Zu Imaginationstechnik und mnemonischer Topik in Antike und Früher Neuzeit, in: Ders.: Die Jagd auf die Nymphe Echo. Zur Technisierung der Wahrnehmung in der Frühen Neuzeit. Bremen 2011, S. 399-416 [opac]
  • Ann Blair: The Theater of Nature. Jean Bodin and Renaissance Science. Princeton 1997 [opac]
  • Hans Blumenberg: Der Prozeß der theoretischen Neugierde. Frankfurt/Main 1973 [gbv]
  • Eckehard Catholy: Das deutsche Lustspiel. 2 Bde. Darmstadt 1968-1982
  • Lynda G. Christian: Theatrum Mundi. The History of an Idea. New York, London 1987 [gbv]
  • Ernst Robert Curtius: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. Bern, München 1967 [gbv]
  • Ernst Robert Curtius: Welttheater. Bemerkungen zur Geschichte einer Idee, in: Aeropag 4 (1969), S. 241-249
  • Curt Fensterbusch: Theatron, in: Paulys Real-Encyclopädie der Classischen Altertumswissenschaft. Stuttgart 1934, 2. Reihe, Bd. 5.2, Sp. 1384-1422 [gbv]
  • Markus Friedrich: Das Buch als Theater. Überlegungen zur Signifikanz und Dimensionen der ‚Theatrum‘-Metapher als frühneuzeitlichem Buchtitel, in: Theo Stammen, Wolfgang E. J. Weber (Hg.): Wissenssicherung, Wissensordnung und Wissensverarbeitung. Das europäische Modell der Enzyklopädien. Berlin 2004, S. 205-232 [opac]
  • Udo Friedrich: Grenzen des Ordo im enzyklopädischen Schrifttum des 16. Jahrhunderts, in: Christel Meier (Hg.): Die Enzyklopädie im Wandel vom Hochmittelalter bis zur Frühen Neuzeit. München 2002, S. 391-408 [opac]
  • Udo Friedrich: Weltmetaphorik und Wissensordnung in der Frühen Neuzeit, in: Martin Schierbaum (Hg.): Enzyklopädistik 1550-1650. Typen und Transformationen von Wissensspeichern und Medialisierungen des Wissens. Münster 2009, S. 193-248 [opac]
  • José M. Gonzáles, Ralf Konersmann: Theatrum mundi, in: Joachim Ritter, Karlfried Gründer (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. 13 Bde. Basel 1971-2010, Bd. 10, Sp. 1051-1054 [opac]
  • Ulrike Haß: Das Drama des Sehens. Auge, Blick und Bühnenform. München 2005 [opac]
  • Peter Heßelmann: Zur Theorie der ‚historia‘ in den Paratexten des Theatrum Europaeum, in: Nikola Roßbach, Flemming Schock, Constanze Baum (Hg.): Das Theatrum Europaeum. Wissensarchitektur einer Jahrhundertchronik. Unter Mitarbeit von Désirée Müller. Wolfenbüttel 2012 [opac]
  • Christian Horn: Der aufgeführte Staat. Zur Theatralität höfischer Repräsentation unter Kurfürst Johann Georg II. von Sachsen. Tübingen, Basel 2004 [opac]
  • Heinz Kindermann: Bühne und Zuschauerraum. Ihre Zueinanderordnung seit der griechischen Antike. Wien 1963 [opac]
  • Thomas Kirchner: Der Theaterbegriff des Barock, in: Maske und Kothurn 31 (1985), S. 131-140 [opac]
  • Ralf Konersmann: Übersicht, in: Ders. (Hg.): Wörterbuch der philosophischen Metaphern. Darmstadt 2007, S. 485-498 [gbv]
  • Wolfgang Krohn: Die Natur als Labyrinth, die Erkenntnis als Inquisition, das Handeln als Macht. Bacons Philosophie der Naturerkenntnis betrachtet in ihren Metaphern, in: Lothar Schäfer, Elisabeth Ströker (Hg.): Naturauffassungen in Philosophie, Wissenschaft, Technik. 4 Bde. Freiburg, München 1993-1996, Bd. 2, S. 59-100 [opac]
  • Irving Lavin: Bernini and the Unity of the Visual Arts. 2 Bde. New York, London 1980 [gbv]
  • Anton Legner: Der Artifex. Künstler im Mittelalter und ihre Selbstdarstellung. Eine illustrierte Anthologie. Köln 2009 [gbv]
  • Franz Link: Götter, Gott und Spielleiter, in: Ders., Günter Niggl (Hg.): Theatrum Mundi. Götter, Gott und Spielleiter im Drama von der Antike bis zur Gegenwart. Berlin 1981, S. 1-47 [opac]
  • Niklas Luhmann: Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt/Main 1992 [gbv]
  • Eberhard Mannack: Lustspiele, in: Horst Albert Glaser (Hg.): Deutsche Literatur. Eine Sozialgeschichte. 9 Bde. Reinbek/Hamburg 1980-1991, Bd. 3, S. 295-309 [opac]
  • Christel Meier: Enzyklopädie und Welttheater. Zur Intertheatralität von Universalwissen und weltpräsentierender Performanz, in: Martin Schierbaum (Hg.): Enzyklopädistik 1550-1650. Typen und Transformationen von Wissensspeichern und Medialisierungen des Wissens. Münster 2009, S. 3-39 [opac]
  • Thomas Nagel: Der Blick von nirgendwo. Übs. v. Michael Gebauer. Frankfurt/Main 1992 [gbv]
  • Florian Nelle: Teleskop, Theater und die instrumentelle Offenbarung neuer Welten, in: Helmar Schramm, Ludger Schwarte, Jan Lazardzig (Hg.): Instrumente in Kunst und Wissenschaft. Zur Architektonik kultureller Grenzen im 17. Jahrhundert. Berlin, New York 2006, S. 66-83 [gbv]
  • Sebastian Neumeister: Unordnung als Methode. Pierre Bayles Platz in der Geschichte der Enzyklopädie, in: Franz M. Eybl, Wolfgang Harms, Hans-Henrik Krummmacher, Werner Welzig (Hg.): Enzyklopädien der Frühen Neuzeit. Beiträge zu ihrer Erforschung. Tübingen 1995, S. 188-199 [opac]
  • Ulrich Nolte: Philosophische Exerzitien bei Descartes. Aufklärung zwischen Privatmysterium und Gesellschaftsentwurf. Würzburg 1995 [gbv]
  • Marlis Radke-Stegh: Der Theatervorhang. Ursprung, Geschichte, Funktion. Meisenheim/Glan 1978 [opac]
  • Anton Röhrl: Die Künstlerfamilie Asam und ihr Wirken in Niederbayern und der Oberpfalz. Abensberg 1987 [gbv]
  • Nikola Roßbach: Theatermetaphorik in Wissenschaft und Wissenschaftstheorie um 1700: Gottfried Wilhelm Leibniz, in: Ariane Martin, dies. (Hg.): Begegnungen. Bühne und Berufe in der Kulturgeschichte des Theaters. Tübingen 2005, S. 15-29, hier S. 20ff [gbv] .
  • Uwe Ruberg: Vom Aufstieg im Mittelalter. Das Konzept der Himmelsleiter in Text und Bild, in: Hans-Henrik Krummacher (Hg.): Geisteswissenschaften – wozu? Beispiele ihrer Gegenstände und ihrer Fragen. Stuttgart 1988, S. 211-244 [opac]
  • Martin Schierbaum: Paratexte und ihre Funktion in der Transformation von Wissensordnungen am Beispiel der Reihe von Theodor Zwingers ‚Theatrum Vitae Humanae‘, in: Frieder von Ammon, Herfried Vögel (Hg.): Die Pluralisierung des Paratextes in der Frühen Neuzeit. Theorie, Formen, Funktionen. Münster 2008, S. 255-282 [gbv]
  • Helmar Schramm: Karneval des Denkens. Theatralität im Spiegel philosophischer Texte des 16. und 17. Jahrhunderts. Berlin 1996 [opac]
  • Heinz Schütz: Barocktheater und Illusion. Frankfurt/Main 1984 [opac]
  • Johann Sofer: Bemerkungen zur Geschichte des Begriffes ‚Welttheater‘, in: Maske und Kothurn 2 (1956), S. 256-268 [opac]
  • Giorgio Strehler: Über die Beziehungen zwischen Bühne und Zuschauerraum. Gründe und Mittel für die Einbeziehung des Zuschauers, in: Heinrich Huesmann (Hg.): Der Raum des Theaters. Eine Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Raum, Technik, Spiel und Gesellschaft. München 1977, S. 148-155
  • Louis van Delft: L’idée de théâtre (XVIe-XVIIIe siècle), in: Revue d’Histoire Littéraire de la France 101 (2001), S. 1349-1365 [gbv]
  • Volkhard Wels: Die logische Form des Dramas im 17. Jahrhundert, in: Helmar Schramm, Ludger Schwarte, Jan Lazardzig (Hg.): Spektakuläre Experimente. Praktiken der Evidenzproduktion im 17. Jahrhundert. Berlin, New York 2006, S. 131-153 [opac]
  • Helmut Zedelmaier: Navigieren im Textuniversum. Theodor Zwingers ‚Theatrum vitae humanae‘, in: Flemming Schock, Oswald Bauer, Ariane Koller und metaphorik.de (Hg.): Dimensionen der Theatrum-Metapher in der Frühen Neuzeit. Ordnung und Repräsentation von Wissen. Hannover 2008, S. 115-137 [opac]
  • Harald Zielske: Die Anfänge einer Theaterbautheorie in Deutschland im 17. und 18. Jahrhundert, in: Rolf Badenhausen, ders. (Hg.): Bühnenformen – Bühnenräume – Bühnendekorationen. Beiträge zur Entwicklung des Spielorts. Berlin 1974, S. 28-63 [opac]
  • Claus Zittel: Theatrum Philosophicum. Descartes und die Rolle ästhetischer Formen in der Wissenschaft. Berlin 2009 [opac]

10.3. Abbildungsnachweise
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  • Abb. 1: Egid Quirin Asam. Porträtfigur des Cosmas Damian Asam. Klosterkirche Weltenburg, um 1720.
  • Abb. 2: Sebastiano Serlio: Von der Architectur Fünff Bücher […]. Basel 1609, II, Bl. xxiiiiv (Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München, Signatur Res/2 A.civ. 204-2).
  • Abb. 3: Ignatius von Loyola: Exercitia Spiritualia [...]. Antwerpen 1676, nach S. 65 (bezeichnet: Pag. 34) (Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München, Signatur Asc. 2528).
  • Abb. 4: Guillaume de La Perrière: Le Theatre Des Bons Engins […]. Paris, 1551, unpag. Nr. 35.
  • Abb. 5: Stefano della Bella: Frontispiz zu Giovanni Carlo Coppola (Libr.). Le Nozze Degli Dei Favola. Florenz, 1637.
  • Abb. 6: Biagio d’Antonio Tucci: Allegorie der Artes liberales. Öl auf Holz, Ende 15. Jahrhundert. Musée Condé, Chantilly, PE 641.
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