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Brief 78

Abt Heinrich Dudenrath im Kloster Harsefeld an Priorin Mechtild Wilde im Kloster Lüne

15. März 1513

Frage zur Wahl einer Priorin — Request for information

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 8, fol. 1r

Lateinisch

Der Abt von Harsefeld berichtet, er habe auf Geheiß des Bremer Erzbischofes Christoph von Braunschweig-Lüneburg der Neuwahl der Priorin im Benediktinerinnenkloster Neukloster (Buxtehude-Bredenbeck) vorgestanden. Dabei sei die Nonne Anna Roden zur Nachfolge der früheren, am 4. oder 5. März 1513 verstorbenen Priorin bestimmt worden. Allerdings habe sich der Bremer Erzbischof ein Konfirmationsrecht vorbehalten, das es bei früheren Wahlen in Neukloster nicht gegeben habe. Die dortige Kommunität wolle deshalb nachfragen, ob eine solche bischöfliche Bestätigung der Wahl in Lüne jemals in Brauch gewesen sei.

Heinrich Dudenrath, Abbot of Harsefeld (which joined the Bursfeld Union in 1510) from 1508 to 1527, reports that, at the behest of Christoph von Braunschweig-Lüneburg, Bishop of Verden from 1502 and Archbishop of Bremen from 1511 until his death in 1558, he has presided over the election of the prioress of the neighbouring Benedictine convent of Neukloster (Buxtehude-Bredenbeck). He reports that the nun Anna Roden has been appointed as successor to the prioress, possibly Gertrud, mentioned as Prioress 1498-1501, who died on 4th or 5th March 1513 (see Letter 80). However, the Archbishop of Bremen reserved the right to confirm the election, which had not been the case at previous elections in Neukloster. The community therefore wanted to check whether the custom that a bishop confirms the election had ever been the case in Lüne. The abbot writes that Gertrud von dem Brake’s election in 1477 had been confirmed by the visitators, but only because she had been appointed rather than elected as part of the conventual reforms. The Neukloster nuns argue that since the election of their Provost had to be confirmed by the Bishop because the former was a religious superior, the bishop’s demand to confirm the prioress’ election would imply that she was also a superior, but it would be impossible to have two superiors presiding over one convent. Since most of Neukloster’s surviving archives were lost in an air raid in 1943, historians have only been able to partially reconstruct a list of Neukloster’s prioresses. This letter thus contributes to filling some of the gaps in our knowledge of Neukloster in the early sixteenth century.

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[Lage 8, fol. 1r]

Salutem dicit, venerabilis ac religiosa domina!

Cum iuxta naturalis et inevitabilis legis constitutionem, qua constitutum est homini semel mori, venerabilis domina Novi Claustri1 quarto nonas Martii diem clauserit extremum, parvitati mee comissum fuit per dominum nostrum, reverendissimum archipresulem Bremensem,2 interessem pro directione electioni nove domine ibidem, quod et factum fuit dominica Judica3 elapsa. Et est electa mater Anna Roden,4 bene docta religiosa, in spiritualibus et temporalibus experta.

Fuit tamen in eadem commissione parvitati mee cautum, quod idem dominus noster reverendissimus reservavit potestatem confirmandi novam electam, quod non est factum a fundatione monasterii usque in presens, sed director abbas sive visitator5 [Lage 8, fol. 1v] eandem immediate post electionem confirmavit.

Hic est, quod totus conventus ibidem cordialiter petunt ac desiderant, quatenus dominatio vestra zelo ordinis et observantie dignetur eis brevibus scriptis intimare, utrum dominatio vestra, rectricesquea sue monasterii vestri ante religiositatem vestram, aliquando receperitis confirmationem ab episcopo Verdensem, sive non; cum reverendus dominus prepositus vester, sicut et prepositus monasterii illius, habeant confirmationem a prefato episcopo, et non bene una ecclesia possit habere duos prelatos simul et semel uno tempore.6

Raptim et citate luna, feriab 3a post Judica anno etc. XIII,7 nostro sub secretis.

Hynricus, Dei et apostolice sedis gratia abbas ac fratrum suorum servitor in Hertzevelde.8

[Lage 8, fol. 2r] Venerabili ac religiose in Christo matri domine N., priorisse in Lune, matri sibi in eodem prestanter observande.


Kritischer Apparat

a in der Hs. rectice

b in der Hs. 2j


Sachapparat

1 Hier, im Brief des Harsefelder Abtes, heißt es, die Priorin des Benediktinerinnenklosters Neukloster (Buxtehude) sei quarto nonas Martii, also am 4. März 1513 verstorben. In Brief 80 (Lage 8, fol. 2v-4v), einem Schreiben der Subpriorin, wird hingegen von ihrem Tod tertio nonas, also am 5. März berichtet. Die Verstorbene war vielleicht die 1498-1501 belegte Priorin Gertrud, vgl. Kommentar zu Brief 14 (Lage 2, fol. 5v-7v).

2 Christoph von Braunschweig-Wolfenbüttel († 22. Januar 1558), 1502 Bischof von Verden, seit 1511 zudem Erzbischof von Bremen.

3 5. Sonntag der Passionszeit.

4 Das Archiv der Benediktinerinnen von Neukloster ist überwiegend verloren, ein Kopiar des Urkundenbuches ist 1943 bei einem Luftangriff im Hauptstaatsarchiv Hannover verbrannt, so dass die Liste der Institutsvorstände bis heute nur lückenhaft rekonstruierbar ist. Vgl. Bohmbach, Art. Neukloster (1984), S. 457. Die hier vorliegende Nachricht über den Tod der alten Priorin am 4. März 1513 und die am 13. März 1513 unter der Leitung des Harsefelder Abtes erfolgte Wahl der Anna Roden ist insofern geeignet, die Kenntnisse über das Kloster Neukloster zu dieser Zeit zu ergänzen.

5 Von einer Bestätigung durch die Visitatoren ist hier deshalb die Rede, weil die Priorin Gertrud von dem Brake 1477 ihr Amt nicht durch kanonische Neuwahl nach Vakanz, sondern im Rahmen der Klosterreform durch die angereisten Visitatoren verliehen bekommen hatte.

6 Das Argument, das die neue Priorin von Neukloster gegen das fragliche Konfirmationsrecht des Erzbischofes von Bremen geltend macht, ist, dass die jeweiligen Pröpste von Lüne und Neukloster ja bereits vom Ortsbischof in ihrer Eigenschaft als (Quasi-)Prälaten, nämlich als geistliche Hausobere bestätigt sind. Wenn der Bischof nun auch noch die Priorinnen konfirmieren wollte, so würde das implizieren, dass die Häuser fortan jeweils zwei Obere haben sollten, und das wäre nicht statthaft (so die Logik der Nonnen von Neukloster, die sich gegen die neuen bischöflichen Ansprüche verwehren wollen).

7 15. März 1513.

8  Abt in Harsefeld war 1508-1527 Heinrich Dudenrath. Vgl. Bohmbach, Art. Harsefeld (2012), S. 594. Das Benediktinerkloster Harsefeld (bei Stade) war 1510 der Bursfelder Union beigetreten.

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