Einführung

Johann Stridbeck: Curioses Staats und Kriegs Theatrvm Dermahliger Begebenheiten in Francken und Schwaben
Nikola Roßbach

1. Titel
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Curioses Staats und Kriegs Theatrvm Dermahliger Begebenheiten in Francken und Schwaben durch Unterschiedliche Geographische, Hydrographische, Topographische, Chronologische, Genealogische, Historische &c. Carten, Abrisse, und Tabellen Erlæutert und zu Bequæmen Gebrauch Ausgefertiget. Avgspvrg Iohann Stridbeck Iunior fecit et excudit. Cum Gratiâ et Privilegio Sacræ Cæsar: Majestatis. Augsburg: Stridbeck, [ca. 1703]. - Titelblatt (Kupfertafel), 25 Ill., quer-4°. [opac ↗245368841] [vd17 ↗39:127488F]

2. ↗Verfasser
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3. Publikation
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3.1. Erstdruck
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Erschienen bei Johann Stridbeck in Augsburg nach 1701 – laut Biller „wohl 1703 zum Spanischen Erbfolgekrieg“ (Biller, S. 49).

Unabhängig vom gebundenen Atlaswerk wurden einzelne Tirol-Stiche als lose Kunstblätter verkauft und sind noch heute als Einzeldrucke in Bibliotheken nachweisbar.


Standorte des Erstdrucks

3.2. Weitere Auflagen
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Die Karten und Veduten aus dem Curiosen Staats und Kriegs Theatrvm Dermahliger Begebenheiten in Francken und Schwaben wurden nicht erneut in gleicher Konstellation und unter gleichem Titel herausgebracht, wohl aber in Zusammenlegung mit anderen Erzeugnissen aus der Stridbeck’schen Werkstatt. Die neue Sammlung heißt Curioses Staats und Kriegs Theatrvm Dermahliger Begebenheiten in Francken, Schwaben, Bayern, Tyrol &c. (Augsburg o.J. [ca. 1700]).

4. Inhalt
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Bevor die eigentliche Stichfolge Ansichten und Karten zu fränkischen und schwäbischen Land- und Ortschaften präsentiert, wirbt Stridbeck in einem „Vorbericht“ für das gesamte Publikationsvorhaben der Curiosen Staats und Kriegs Theatra – übergangslos schließt sich eine Werbung für andere Produkte des Verlags an:

„Weilen leӱder! mit diesem Eingetretenen Achtzehenden Seculo die beӱm Ausgang des verstrichenen dürch den Rӱswӱckischen Frieden kaum gelöschte KriegesFlamme, wiederum lichter Lohe zu brennen angefangen, und weit und breit inner und ausser Europa um sich gefressen, ia auch nubmero das innerste des Heӱligen Römischen Reichs, nehmlich die Obere Craise mitt ergriffen; Als haben wier aus bey Handen habenden Carten, Abrissen und Tabellen in einem Theatro die ietzo sonderheitlich für kommende Lænder, Stætte, Vestungen, Pæsse und Oerther; deren Eintheilung; auch hie und dah der Regenten Stemmata, und Regiments-Folgen, Prætensiones war von ietzo der Rueff; compendiose vorstellen wollen, sein auch darmitt successivé zu continuiren gesonnen. Wann aber hierzu ein Theil zu gros werden solte, als haben deren Unterschiedliche zusamen gattiert, dar mitt man nach belieben, alle zusamen, oder aber solche in Unterschiedlichen Theilen, als von West-Indien, Hispanien, Italien, Franckreich, Niederland, den Obern und Niedern Rhein, an der Mosel, item Schwaben, Baӱern, Tӱrol und wo der krieg laut des Tituls eines ieden Theils, grassiert, sich verschaffen seine Considerationes darüber haben, und beӱ lesung der Novellen bequæmlich deren sich bedienen könne, alles wie gedacht in Compendioser Form; welcher aber grosse General und Special Carten verlangete, der kann auch darmitt entweder aneinander gehencket gros, oder zertheilter in Büecher, umb bequæmlich auff den Reӱsen und sonsten beӱ sich zu führen, versehen werden, darunter sonderlich: Hurters-Schwaben, und Finckens-Baӱern in 28 Tabellen, mitt und ohne Register, und ist man im werck auff solche Arth, wie auch in Bögen groesse, andere, als Tyrol, Francken und dergleichen mehr, nach besten und neüesten Observationen und verbesserungen heraus zu geben.“

Der Käufer soll die Stichfolge auf Reisen, vor allem aber bei der Nachrichtenlektüre zur Hand haben – und zwar je nachdem „wo der krieg laut des Tituls eines ieden Theils, grassiert“. Das martialische Thema, durch rahmende Schlachtenabbildungen und Inschrift auf dem Titelkupfer signalhaft angekündigt, wird allerdings auf den folgenden „bey Handen habenden Carten, Abrissen und Tabellen Stichen“ nur angedeutet.

Am Anfang ist, wie üblich bei Stridbecks Kupferstichfolgen, eine Übersichtskarte eingebunden: „Teutschland für die Reӱsende“. Es folgt eine gefaltete Tabelle, die das Heilige Römische Reich nach geographischen, hydrographischen und herrschaftspolitischen Aspekten geordnet vorstellt: „Des Heӱligen Römischen Reichs Generale Vorstellung, Nach V Haupt-Theil Oder Länder Als Gegen.“

Die erste porträtierte Stadt ist Nürnberg, zu der gleich drei Stiche vorhanden sind, eine Straßenkarte mit kurzer Beschreibung und Legende („Nürnberg“) und zwei Umgebungskarten („Nürmberg Mitt denen Vorstætten, und Aussenwercken in Ao. 1648. in circa.“, „Nürnberg, mit dero Gegend.“).

Die zwei folgenden Rotenberg-Stiche befinden sich ebenfalls in dem Band Curioses Staats und Kriegs Theatrvm Dermahliger Begebenheiten in Bayern: „Der Rothe-Berg Beӱ 4. Stund von Nürmberg gelegen.“ ist gerahmt von einem Begleittext zur wechselhaften Geschichte der Besitzer der „Vestung“. Wie auch in anderen Stichen Stridbecks wird der knappe Platz für die Beschriftung kurioserweise immer wieder durch selbstreflexive Bemerkungen ‚verschwendet’: „Mehrere umbstænde sein hier an zu führen zu weit læuffig.“ Es folgt auf einer dezent beschrifteten Karte ohne Seitenkommentar „Die Herrschafft Rothenberg unweit Nürnberg gegen der Oberen Pfaltz gelegen.“ Auch der achte Stich zeigt eine festungsartig gesicherte Ortschaft, deren Bau- und Herrschaftsgeschichte im seitlichen Kommentar erläutert wird: „Wiltzburg am Nordgrow beӱ Weissenburg gelegen“.

Die folgenden Stiche lassen immer deutlicher werden, dass es sich bei Stridbecks Curiosem Staats und Kriegs Theatrvm Dermahliger Begebenheiten in Francken und Schwaben nicht wie versprochen um eine Veranschaulichung bzw. ‚Bebilderung’ aktueller Kriegsereignisse handelt: Die gefaltete Vedute zu „Aichstædt“ ist vielmehr gerahmt von Erläuterungen zu längst vergangenen Kriegserfahrungen der Stadt: „Ao. 1633 eroberte Herzog Bernhard von Saxen Weӱmar dieses Schlos im Frühling, im Herbst aber wurde es von den Chur Baӱrischen Obristen Iohann de Werth wieder eingenommen, darüber der Commandant Anthoni Clas von Rasche den Kopff heergeben müessen. Ao. 1634 eroberten die Schweden die Statt wieder über des Schlosses aber kunten sie nicht Meister werden.“ Auch der martialische Kontext der nächsten Karten und Veduten – einmal „Donauwerth“ und zweimal „Nördlingen“ – ist einzig und allein der längst vergangene 30-jährige Krieg. Auf zwei Ulm-Karten („Ulm“., „Ulm mit dero Gegend auf 2 Stund.“) folgt die gefaltete Vedute „Die Bischofflich Augspurgische Residenz-Statt Dillingen.“. Wiederum sind die berichteten Kriegsereignisse (1546, Schmalkaldischer Krieg) nicht aktuell.

Die meisten Stiche widmet Stridbeck seiner Heimatstadt Augsburg und es ist nicht erstaunlich, dass er gerade hier bis ins Detail die Straßennamen weiß und direkt in die Zeichnung einträgt – wodurch die Karte „Augusta Vindelicorum. Avgspvrg.“ von allen Stichen einem modernen Stadtplan am nächsten kommt. Topographie als Kriegsgeschichte: in Bezug auf seine Heimatstadt realisiert Stridbeck dieses Projekt insofern, als er die kriegsbedingten Veränderungen im Grundriss der Stadt zeichnerisch dokumentiert. Wiederum handelt es sich um den 30-jährigen Krieg: „Augspurg Wie Es For dem Kriegswesen Ao. 1626 mit den Gebæuen und Lust Gærten Um und Vor der Stad gestanden.“; „Augspurg Wie es nach der in Ao. 1632 Erfolgten Schwedischen Eroberung von Konig Gustvo Adolpho zu fortificieren angefangen und deswegen ausserhalb alles abgebrochen worden.“

Auf die Umgebungskarte „Augspurg mit der Gegend auf 2 Stunden etc“ folgt eine Karte der Stadt „Memmingen“. Der dramatische Unterschied in der Detailkenntnis örtlicher Verhältnisse sticht im Vergleich mit den Augsburg-Stichen frappant ins Auge: Das Zentrum im Inneren der eingezeichneten Stadtmauer wird vom Kartographen nur flüchtig skizziert, nicht beschriftet, regelrecht leergelassen. Zwei weitere Stiche zu Memmingen schließen sich an: eine weitere Draufsicht mit Randkommentar zu Stadtgeschichte und -besonderheiten („Memmingen“) sowie eine unkommentierte Umgebungskarte („Memmingen, mit dero Gegend auf 2 Stund.“).

Eine schöne Vedute zeigt „Lindav im Boden See“, eine weitere, ausfaltbare die Stadt „Bregentz“. Auch deren Kriegsgeschichte endet in Stridbecks Beschreibung im 30-jährigen Krieg. Der 25. und letzte Stich zeigt „Die Bischofflich Augspurgische Statt Füessen.“, zu der es am Schluss heißt: „In dem Teütsch-Schwedischen Krieg hat diese Statt vil ausgestanden.“

5. ↗Kontext und Klassifizierung
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6. ↗Rezeption
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7. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur
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