1. Titel

2. Verfasser
Unbekannt.
3. Publikation
3.1. Erstdruck
Erschienen im Jahr 1704 bei Christoph Heidler in Leipzig.
Standorte des Erstdrucks
- Staatsbibliothek zu Berlin, Sign. an: Yv 141
3.2. Weitere Ausgaben
3.2.1. Digitale Ausgabe
- Berlin: Staatsbibliothek 2010 (= VD18 digital). Vorlage: Exemplar der Staatsbibliothek zu Berlin, Sign. an: Yv 141.
4. Inhalt
Der Neu-auffgeführte Schau-Platz Oder warhaffte Liebes-Geschicht wird in der kurzen Vorrede programmatisch als unterhaltsamer Liebesroman definiert, der nicht für kritische Leser bestimmt sei: „DIeses Büchlein ist nicht vor die Tadler/ sondern vor diejenigen geschrieben/ welche ein honète divertissement in Lesung artiger Romanen bey müsigen Stunden suchen. Es wird hie nichts angetroffen/ da die Erbarkeit könte beleidiget/ noch keusche Ohren belästiget werden.“ (Vorrede, unpag. [S. 1]) Der anonyme Autor schreibt hier gegen das notorisch schlechte Renommee der Gattung Roman an, die erst im Lauf des 18. Jahrhunderts allmählich aufgewertet wird. Der galante Roman im Speziellen, eine Weiterentwicklung des höfisch-historischen Romans, der den Schritt „von der repräsentativen Liebes- und Staatsgeschichte unter fürstlichen Personen zu privaten Liebesgeschichten in mittleren adeligen Kreisen, von rigidem Tugendidealismus zu einer flexibleren gesellschaftsbezogenen Moralauffassung“ (Meid, S. 577) vollzieht, hat erst recht mit kritischen Vorbehalten zu kämpfen, da hier der theologisch-heilsgeschichtliche Überbau des Barockromans und seine moraldidaktische Funktion der Belehrung und Besserung des Menschen entfallen. Zwar verwendet auch der Verfasser des vorliegenden Neu-auffgeführten Schau-Platzes Oder warhaffte Liebes-Geschicht das Wort ‚Tugend’ geflissentlich zur Beteuerung guter Absichten – „Amour““, Liebesgeschichten, seien nichts „anders/ als solche Bilder worinnen man die Tugenden nebest Satyrischer Durchziehung der Laster in gröster Vollkommenheit vorstellet“ (Vorrede, unpag. [S. 1]). Dennoch ist der galante Roman, auch der vorliegende, kein Tugendspiegel: „Weil nun die itzige galante Welt so curieux ist/ daß sie alle Leipziger Messen nach neuen heraus gekommenen Romanen fragt/ habe ich mich der Kühnheit unterfangen/ sie darinnen auf einige Art (wiewohl kurtz gefast) zu vergnügen/ hoffend daß es dem geehrten Leser keine Unlust erwecken wird.“ (Vorrede, unpag. [S. 2]) Übrigens ist weder hier noch an anderer Stelle außer dem Titel (Aus dem Frantzösischen ins Teutsche übersetzet) von einer Übersetzung die Rede: Vielleicht gibt es tatsächlich (bislang nicht eruierte) französische Vorlagen, vielleicht soll die Titelformel aber auch nur das im Roman transportierte Galanteriemodell beglaubigen, das seinen Ursprung im höfisch-absolutistischen Frankreich des 17. Jahrhunderts hat (Borgstedt/Solbach, Vorwort). Bei den Personennamen jedenfalls handelt es sich nicht um französische, sondern höchstens teilweise um französisierende, typisch galante, bukolisch anmutende Phantasienamen.
Nach der Vorrede beginnt der nicht weiter untergliederte Hauptteil, überschrieben mit „Assemblée Aller Verliebten.“ (S. 1). Nicht nur durch geringeren Umfang, sondern auch durch fehlende Komplexität und mangelnde kunstvolle Vernetzung der Handlungsstränge setzt sich der Neu-auffgeführte Schau-Platz Oder warhaffte Liebes-Geschicht von den oft über 1000 Seiten umfassenden galanten Romanen eines Christian Friedrich Hunold (1680-1721), August Bohse (1661-1740) oder Johann Leonhard Rost (1688-1727) ab.
Das Romanpersonal des Neu-auffgeführten Schau-Platzes Oder warhaffte Liebes-Geschicht ist überschaubar, nur drei relevante Paare treten in drei Liebesgeschichten auf, die in gleichfalls überschaubarer Weise auf verschiedenen Erzählebenen – einer Rahmen-, zwei Binnenerzählungen – präsentiert werden. Das Versprechen der Vorrede – „Jegliche Person erzehlet in diesem kleinem Roman ihre Amour [...].“ (Vorrede, unpag. [S. 1]) – wird nicht eingelöst, da lediglich zwei aus der geselligen Runde ihre Liebesgeschichte erzählen. Und auch von den gängigen, genretypischen Romanelementen – „Trennungen, Täuschungen, Verwechslungen, überraschende (Wieder-)begegnungen, Entführungen und schließlich das Wiedererkennen und Wiederfinden“ (Niefanger, S. 223) der Liebespaare – sind im Neu-auffgeführten Schau-Platz Oder warhaffte Liebes-Geschicht nicht alle zu finden.
Die Rahmenhandlung setzt im Frühling ein, der als Kontrastfolie zum Liebeskummer des tugendhaften Ritters Synname inszeniert wird. Er ist deprimiert über ein Zerwürfnis mit seiner Herzensdame Irelia, die ihn unberechtigt der Untreue bezichtigt hat. Seine pathetische Klage wirkt in ihrer barocken, jedoch säkularisierten antithetischen Rhetorik ebenso abgegriffen wie überzogen: „O Sonne! Auge der Welt/ du schauest die Erde freundlich an/ aber meine schöne Irelia wendet ihre blitzende Augen von mir weg. Die Wolcken verdunckeln nicht mehr deinen hellen Glantz alleine der dücke Nebel der Eiffer-Sucht und verdachts machen die Klarheit ihres Gemüths trübe! Hitze hat die Lufft umgeben/ aber ihr Hertze ist von der Liebes-Wärme verlassen! Das Eyß zerschmeltzet doch dasselbe ihrer Härtigkeit will nicht zerschmeltzen! Welch Unglück in der Welt ist dem meinen wohl gleich? Ach Erde!“ (S. 2)
Der Konflikt ist nicht halb so dramatisch, wie er in hyperbolischer Bildlichkeit ausgemalt wird, sondern löst sich schnell in Wohlgefallen auf – zumindest fast: Der verzweifelte Ritter macht sich, bewaffnet mit einem Liebesbrief, zu seiner Angebeteten auf und wird in ihrem Palastgarten zunächst von Trauer, dann vom Schlaf übermannt. So finden ihn Irelia und ihre Freundinnen Arynose und Floralinde – „niemahls ist ein Gemüth erschrockener und furchtsamer als daßselbe der Ireliæ gewesen“ (S. 14). Der dem Schlafenden entwendete Brief wird von den Damen sehr positiv aufgenommen; dennoch verzeiht Irelia Synname – wohl aus erzählstrategischen Gründen – nicht schon jetzt, sondern zieht sich zunächst zurück. Nach einem klärenden Gespräch mit Arynose wird der Ritter in den Palast eingeladen und komplettiert die gesellige Runde um Irelia: Arynose, Floralinde und „zwey Junge Cavalier nahmens Theophis und Leraste“ (S. 12). Diese „artige Gesellschaft“ (S. 12) bildet sodann das Setting für die Liebeserzählungen.
Zuerst wird Floralinde zum Erzählen ihrer Geschichte aufgefordert: „Ihr sehet Floralinde, daß diese Cavaliers und Damens ihr besonders gespräch verlaßen/ um Euch mit aller auff Mercksamkeit anzuhören: bitte demnach ihre Curiosität zuvergnügen.“ (S. 21) Floralindes Aufhänger ist der Kontrast zwischen äußerer Schönheit und innerer Schönheit, der Tugend. Für die Vereinigung beider steht die vollkommene, von allen Seiten umworbene Phelixene, die sich aber, um die Vergänglichkeit ihrer Schönheit wissend, dem Klosterleben verschworen hat. Ihr frommer Lebensplan erzürnt Vater Melidan, dessen Schwester Asterie und am meisten ihren glühendsten und aussichtsreichsten Verehrer, Graf Clythamas. Nach väterlicher Ermutigung gesteht er Phelixene im Garten seine Liebe und wird abgewiesen, was er für Schüchternheit oder Koketterie hält. Erzürnt klagt er Melidan, „daß ihm seine Fraulein Tochter schlechte Affection erwiesen hatte“ (S. 29). Alle setzen der armen Jungfrau zu, der Vater verlangt Gehorsam, die Base zwingt sie zu einem positiven Antwortbrief an den schriftlich erneut um ihre Gunst werbenden Clythamas – vergeblich. Selbst als ihr Kavalier sie aus höchster Not errettet – aus den Händen des lüsternen Entführers Zirmond (S. 104) – bleibt Phelixene standhaft. Nachdem Clythamas sie wohlbehalten nach Hause gebracht hat, tötet er Zirmond bei einem Duell, aber nicht ohne dass der reumütig Sterbende noch in einer äußerst wohlgesetzten ausführlichen Rede versichern kann, dass Phelixene ihre Unschuld standhaft verteidigt und er lediglich „auf ihren Purpur rothen Lippen einen Kuß geraubet“ (S. 115) habe. „Ich werde gestrafft wie ichs verdienet habe; sprach er wieter/ daß ich eine Liebe/ welche allzulasterhafftig war/ zu eurer Phelixenen getragen: Ich weiß Clythamas daß die Eurige gegen ihr gantz reine und voller Tugend ist […].“ (S. 115) Clythamas muss nun zunächst vor Zirmonds Leuten fliehen; Phelixene, sich schamvoll zurückziehend, weist auch den nächsten Verehrer, Callidor (S. 118), ab. An dieser Stelle kommt nun die Geschichtenerzählerin selbst, Floralinde, als Handlungsfigur ins Spiel: Die Binnenerzählung erweist sich erst jetzt als homodiegetisch, Floralinde als Base Phelixenes, die versucht ihr Callidor ‚weiterzureichen’.
Die Geschichte der Phelixene und des Clythamas geht so zu Ende, dass die junge Frau, trotz einer letzten väterlichen Probe, ins Kloster geht – und ihr Kavalier gleich hinterdrein, „in ein Cartheuser-Kloster/ wo er noch mit solcher Hertzens-Vergnügung lebet/ daß ers dem Fräulein grossen Danck weiß/ daß sie durch Wiederstand Ursach seiner Seelen Wohlfahrt gewesen“ (S. 143). Grundsätzlich spielt Religion im säkularisierten galanten Roman keine Rolle mehr; anstelle theologischer Fragen ist die Liebe sein Zentrum (Niefanger, S. 222). Auch im Neu-auffgeführten Schau-Platzes Oder warhaffte Liebes-Geschicht hat das Motiv der Weltabkehr vor allem erzähltechnische Funktion; es lanciert die Liebesgeschichte der Erzählerin: „Nachdem Clythamas und Phelixene also die Welt“ – auch: die erzählte Welt – „verlassen (setzte Floralinda weiter fort) vergaß Callidor seine erste Amour, und ließ ein wenig mehr Affectio gegen mich spühren/ als er zuvor nicht gethan“ (S. 143).
Diese zweite ‚Amour’, nun eine von Beginn an homodiegetische Binnenerzählung, endet ebenso wenig mit der Vereinigung der Liebenden: Floralinde, sich zu Recht als zweite Wahl empfindend, weist Callidor ab und entzieht sich mündlichen und schriftlichen Liebesschwüren und Umarmungen (S. 153). Aus der Rückschau bezeichnet die Erzählerin ihre Haltung jedoch als „Halßstarrigkeit“ (S. 157) – und zwar als nicht wieder gut zu machende: „Ich überlegete alles/ was er mir gesaget/ und schloß gewisse Proben seiner Liebe daraus/ welche ich nunmehr unverfälscht und aufrichtig hielte/ damahls war es/ dass ich mir fest vorgesetzt/ ihm bey erster Gelegenheit sehen zu lassen/ daß meine Hartnäckigkeit überwunden wäre/ alleine ich muste in kurtzen von einen seiner Freunde hören/ daß er Teutschland gar verlassen/ und sich in fremde Länder begeben hätte.“ (S. 158) Nun, im geselligen Erzählkreis, bekennt die reumütige Floralinde ihr von Tag zu Tag wachsendes „Missvergnügen“, „Weil ich keine Nachricht/ ohngeachtet zwey Jahr seiner Abwesenheit schon verflossen/ von ihm habe“ (S. 159). Derart in der Schwebe bleibt die „Geschichte meiner Amour, welche ihren Anfang und Ursprung von derjenigen der tugendhafften Phelixene herziehet“ (S. 159). – der Erzählfaden wird nicht wieder aufgegriffen.
Anschließend wird die Rahmenerzählung fortgeführt – an ihr ebenso schwebendes wie endgültiges Ende. Nach einem kleinen Intermezzo, bei dem der eigentlich für Floralinde bestimmte Theophis dieser seine Liebe zu Arynose gesteht, sucht nun endlich Synname die Gelegenheit, Irelia seine Unschuld zu gestehen, und findet sie erneut nicht. Ein intimes Einverständnis der Liebenden ist im galanten Roman nicht vorgesehen; die galante Conduite, bei der Privatheit und Öffentlichkeit nicht zu trennen sind, wird nur in Gesellschaft demonstriert. Im Gespräch mit Arosyne erweist sich das Zerwürfnis als Ergebnis einer – aus der Rückschau erzählten und aufgeklärten – Intrige des Gegenspielers Alsimedes. Das Ende der Liebesgeschichte Irelias, die „Proben dieser starcken Liebe“ sehen will, „ehe ich dem Synname pardonire“ (S. 190), bleibt offen; auch dieser Faden wird nach der folgenden zweiten Binnenerzählung nicht aufgegriffen.
Erzähler der nächsten und letzten Geschichte, mit der sich die Gartengesellschaft unterhält, ist Leraste, der „sagte; Daß Er alles entdecken wolte/ was ihm iemahls in seiner Amour begegnet; Alleine sie würden ihm vergönnen/ daß Er zuvor dieselbe einer seiner guten Freunde erzehlete/ welcher ehe die Macht der Liebe als Er erkant hätte“ (S. 193) – zu seiner eigenen Geschichte kommt es übrigens auch nicht mehr. Protagonist ist Lerastes Freund Leonil, der sich in Straßburg unsterblich in eine schöne Unbekannte verliebt, die „unter dem Gedränge des Volcks sich verlohre“ (S. 195). Leonil wird depressiv, bis der Ich-Erzähler ihn ermuntert, einen Vetter zu besuchen. Dort geschieht „ein wunderbarer Zufall“ (S. 201): Die Ersehnte wohnt im gegenüberliegenden Haus und ist die Tochter eines verachteten Andersgläubigen.
Über die Mittelsfrau Briseide gelingt es Leonil, Olinthe kennenzulernen und schnell für sich zu gewinnen. Dem Glück der Liebenden steht lediglich der hartnäckige Eheanwärter Spinander im Weg, der zwar weder Verdienste noch Reichtum besitzt, aber die gleiche Religion wie Olinthes Familie, weshalb ihr Vater Theliaste ihn als künftigen Schwiegersohn ansieht. Mehrere trickreiche Fluchtversuche Olinthes mit Leonil und mehrere Heiratsversuche Spinanders misslingen. Schlüssel werden nachgemacht, Kutschen nachts bereitgestellt – ohne Erfolg. Ebenso trickreich wie vergeblich ist die Inszenierung Olinthes als Hysterikerin bzw. Wahnsinnige: Es kommen „viel Medici hinein“ und sagen, dass „Olynthe keine hitzige Kranckheit/ sondern nur eine lautere Verwirrung des Verstandes hätte/ bey welcher alle ihre Artzeneyen vergeblich wären/ denn sie spühreten an ihrem Reden/ daß solche einen lebhafftigen Geist/ und grosse Zuneigung zum Bücher Lesen hätte/ in Warheit sie urtheileten wohl/ weil ihnen die Haupt-Ursache ihrer Kranckheit verborgen lage“ (S. 256). Doch auch ein Besuch des als Arzt verkleideten Leonil – er hatte „grosse Erfahrung von der Geheimniß der Natur/ von welcher Er wohl zu Discuriren wuste/ also daß man denselben von dieser Profession geglaubt hätte.“ (S. 257) – kann nicht verhindern, dass Spinander mit der körperlich geschwächten Olinthe in ein fernes Land verreist, um sie dort zu ehelichen. Unerwartet und in rasant gesteigertem Erzähltempo wird nun auf der letzten Textseite des Romans ein Happy End dieser Binnenerzählung herbeigezwungen: Der verzweifelte Leonil entschließt sich, „den Spinander nach zu eilen/ und ihn auffzusuchen; Nein nein sagte Er: als ich mich bemühete denselben davon abzuwenden/ ich kan nicht erdulten/ daß dieser Räuber diejenige unschuldiger weise/ und ohne ihren Bewust/ welche ihr Hertz mit dem meinigen verwechselt/ so verrätherischer weise entführe/ meine brennende Rache muß mit seinem Blute gelöscht werden; als ich dieses hörete/ konnte ich meinen treuen Freund nicht verlassen; sondern machte mich mit ihm auff; die gantze Reise über redete Er von nichts anders als von seiner geliebten/ immer von stetigen seuffzen und ächtzen untermischet biß endlich nach vielen Umschweiffen und herumbreisen wir die schöne Olynthe, nach dem sie aus des Räubers Händen durch List entronnen/ hie in Sachsen Lande angetroffen/ und werden beyde ehestens ihr Hochzeit-Fest in Leipzig begehen damit ihre Liebe erreiche ein glücksseliges ENDE.“ (S. 260)
Der Neu-auffgeführte Schau-Platz Oder warhaffte Liebes-Geschicht/ vornehmer Persohnen/ Worauff Ihre so wohl Glück/ als unglückliche Begebenheiten erzehlet werden ist ein galanter Roman, wie sie um die Wende zum 18. Jahrhunderts massenhaft auf dem deutschen Buchmarkt erscheinen. Es handelt sich um fiktionale, narrative Texte, die dem Leser zugleich ein bestimmtes Wissen vermitteln – ein Gesellschaftswissen, das kommunikative, affektive und ästhetische Komponenten hat. Verhaltensliteratur und ‚schöne’ Literatur hängen daher eng zusammen (Gelzer, S. 81): So wie Briefsteller und Konversationsratgeber vermitteln auch Romane die galante Conduite, ein Verhaltens- und Kommunikationsmodell, das das „Zurechtfinden in der (höfischen) Welt“ verbessert: „Die Romane dienen auch als implizite Lehrbücher im Bereich der Karriereplanung am Hof.“ (Niefanger, S. 222).
Ausdrücklich intendiert ist die Unterhaltung des Lesers; die dargestellte Liebeskommunikation hat einen eigenen ästhetischen Wert. Ebenso geht es aber auch um Vermittlung praktischen Wissens – um die Vermittlung eines galanten Codes, mit dem die höfische Gesellschaft erfolgreich zu knacken ist: „Galant gehört wie der Begriff des Politischen vielmehr in den Zusammenhang der Propagierung neuer diesseits- und aufstiegsorientierter Lebens- und Verhaltensnormen im absolutistischen Staat. Anleitungen zu ‚galanter Conduite’, Rhetoriken, Poetiken und Briefsteller lehren die galante Stil- und Lebenshaltung, galante Gedichte, galante Romane und galante Musik veranschaulichen sie.“ (Meid, S. 574)
Zahlreiche galante Romane tragen Schauplatz-Titel: August Bohses Schauplatz Der Unglückselig-Verliebten/ Welche sich Unter der Regierung Carl des achten Königes von Franckreich befunden (1693) und Johann Rosts Schau-Platz Der Galanten und Gelährten Welt/ Welcher Die mancherley Begebenheiten auf Universitäten In einem Roman fürstellet (1711) gehören zu den bekannteren. Sie werden zeitlich eingerahmt von der frühen Romantetralogie Theatrum Amoris (1626//1631; verfasst von Pierre Caseneuve, Anthoine DuPerier, Abraham Ravaud, Achilles Tatius), Schindschersitzkys Schauplatz der Verliebten/ Das ist Jünst-erbauete Schäfferey (1669, Erstausgabe 1632 ohne Theatrumtitel) und dem späten Betrübten Schau-Platz unglücklicher Verliebten (1743).
6. Rezeption
Keine Zeugnisse ermittelt. Eine breite Wirksamkeit des anonym erschienenen Romans, der nur noch in einem Exemplar überliefert ist, ist nicht anzunehmen.
7. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur
- VD18 10049983 [vd18]
- Thomas Borgstedt, Andreas Solbach (Hg): Der galante Diskurs. Kommunikationsideal und Epochenschwelle. Dresden 2001
- Florian Gelzer: Konversation, Galanterie und Abenteuer. Romaneskes Erzählen zwischen Thomasius und Wieland. Tübingen 2007
- Sylvia Heudecker, Dirk Niefanger, Jörg Wesche (Hg.): Kulturelle Orientierung um 1700. Traditionen, Programme, konzeptionelle Vielfalt. Tübingen 2004
- Volker Meid: Die deutsche Literatur im Zeitalter des Barock. Vom Späthumanismus zur Frühaufklärung 1570-1740. München 2009
- Dirk Niefanger: Barock. Lehrbuch Germanistik. 2. Aufl. Stuttgart, Weimar 2006
- Jörn Steigerwald: Galanterie als Kristallisations- und Kreuzungspunkt um 1700. Eine Problemskizze, in: Daniel Fulda (Hg.): Galanterie und Frühaufklärung. Kleine Schriften des IZEA 1/2009. Halle 2009, S. 51-79
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