Einführung

Christoph Pfeiffer: Schau-Platz Des ehemaligen Alten Adels
Flemming Schock

1. Titel
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Compendieuser Schau-Platz Des ehemaligen Alten Adels in dem benachbarten Marggraffthum Mähren, Aus bewährt und glaubwürdigen Documenten eruirt, Und Allen Liebhabern Genealogisch-Historischer Merckwürdigkeiten Zu so nöthig als nützlichem Gebrauche Der in diesem Seculo sonders florirender Geschlechter Historie mitgetheilt von M. Christoph Pfeiffer, Past. Dittmansd. Breßlau und Leipzig, Verlegts Ferdinand Gottfried Brachvogel, Buchhändler. 1741. Leipzig und Breslau: Ferdinand Brachvogel, 1741. - Titelblatt (Kupfertafel), 284 pag. S., 4°. [opac ↗151586977]

2. Verfasser
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Christoph Pfeiffer (1689-1758), Pfarrer in Ditmannsdorf und geistlicher Dichter. Pfeiffer, der im 18. Jahrhundert als „guter Poet“ (Zedler, Bd. 27, Sp. 1340) galt, wurde im schlesischen Oels als Sohn eines Tuchmachers geboren. 1719 wurde er als Pfarrer nach Ditmannsdorf im Fürstentum Münsterberg berufen. Bereits als Student verfasste Pfeiffer geistige Lieder. 1732 veröffentlichte er die größere Liedersammlung Geistliche Feierkleider.

3. Publikation
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3.1. Erstdruck
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Erschienen bei Ferdinand Brachvogel 1730 in Leipzig und Breslau unter dem Titel Paprotzkius enucleatus oder Kern und Auszug aus dem so genannten Mährischen Geschicht-Spiegel Bartholomaei Paprotzkii, welcher aus dem Pohlnischen von Iohanne Woditschka Böhmisch versetzet, und endlich von einem vornehmen Gelehrten als ein deutsch Manuscript besorgt worden seiner Vortrefligkeit und Rarität wegen in compendio mitgetheilt Und mit einigem Zusatze vermehrt Vom M. Christoph Pfeiffer, Olsn. Sil. Past. Dittmans.


Standorte des Erstdrucks

3.2. Vorlage
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Erschienen bei Ferdinand Brachvogel 1741 in Leipzig und Breslau.

3.3. Weitere Ausgaben
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3.3.1. Digitale Ausgabe
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4. Inhalt
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In der Vorrede (die identisch ist mit der Vorrede der früheren Ausgabe von 1730) des Schau-Platzes Des ehemaligen Alten Adels erscheint dem Autor die Publikation historisch-genealogischer Stoffe aus der Feder eines Theologen erklärungsbedürftig. Gleichermaßen rechtfertigend wie werbend notiert Pfeiffer mit Bezug auf erfolgreiche Vorläufer, die ihn offensichtlich motiviert haben: „Hat man es einmahl dem frommen und gelehrten D. Spener nicht übel genommen, dass er als ein Theologus genealogische Sachen geschrieben; So wird man es hoffentlich mir auch verzeihen, wenn ich einmahl der Welt, unter so mancherley publicirten Theologischen Sachen, auch etwas Historisches communicire“ (Vorrede, unpag.). Weiter beklagt Pfeiffer das eifersüchtige Konkurrenzgebaren im „Commercium Literarium“: Statt eines regen Austausches dominierten Neid und Missgunst im Zusammenhang mit der Neugier auf neue Lesestoffe: „So curieux aber viele, so sehr sind sie auch missgünstig und neidisch. Hat einer vor dem andern etwas, so thut er, als hätte er es gestohlen“ (Vorrede, unpag.). Erst dann verweist Pfeiffer darauf, dass es sich beim Schau-Platz Des ehemaligen Alten Adels um eine Übersetzung des bereits 1593 erschienenen Werks Zrcadlo slavného Markrabí moravského (Spiegel der Markgrafschaft Mähren) des polnischen Autors Bartłomiej Paprocki (1540/43-1614) handelt. Der „in einem deutschen Manuscripto besorgte Paprotzky“ (Vorrede, unpag.) würde, so Pfeiffer weiter, als Übersetzung sicherlich sein Publikum finden. Zumal es sich um ein ‚rares’ und zweifellos wertvolles Werk handele: „Indem nun jetzt gedachtes Werck, wie es in unsere deutsche Sprache vertirt worden, gewiß für etwas nützliches in der Historie zu schätzen, sinthemahl in unserem Patria gar wenig der Historischen Liebhaber seyn werden, die der pohlnischen und böhmischen Sprache, nach welchen dieses Buch im Druck ist, gewachsen; Paprotzky selbst auch unter die Bücher zu zählen, die gar ungemein rar, und anders nicht als in alten Bibliotheken zu haben, das Werck aber gar ungemein vieles Licht in der Historie ertheilet, und sonders viel mit Schlesien zu thun hat“ (Vorrede, unpag.). Pfeiffer sieht die Leistung seines Schau-Platz Des ehemaligen Alten Adels gegenüber der Vorlage darin, diese der „gelehrten Welt“ in wesentlichen Ausschnitten verfügbar zu machen: „Als habe der gelehrten Welt einen nicht geringen Gefallen zu erweisen vermeint, wenn ich solches Werck nach dem Kern extrahirte, und in compendium brächte [...]“ (Vorrede, unpag.).

Der Text des Schau-Platzes Des ehemaligen Alten Adels gliedert sich in insgesamt vier Bücher. Diese sind wiederum in viele, zumeist kurze „Capitel“ unterteilt, die sich detailliert mit der Geschichte, Genealogie und Verwandtschaftsbeziehungen des böhmischen und mährischen Adels auseinandersetzen. Das „I. Capitel“ verfolgt allerdings zunächst die Habsburger Geschlechterlinie – schließlich gehöre das Erzherzogtum Österreich zu den „Ersten unter den Christlichen Königen“ (S. 1). Die genealogische Schilderung geht hier von den „Insignia und Wappen“ aus und etabliert damit ein Schema, das in der Darlegung der übrigen Geschlechter im Folgenden zahllose Male wiederholt wird. Zweierlei fällt auf: Obwohl im Schau-Platz Des ehemaligen Alten Adels von Beginn an auch von heraldischen Details die Rede ist, kommt das Werk ohne Illustrationen von Wappen aus. Weiterhin räumt die Textstruktur den Viten berühmter europäischer Herrscherfiguren (Beispiel: Karl V., S. 14) nicht mehr Platz ein als weniger bedeutenden Vertretern.

Ab S. 19 folgen auf den österreichischen Stamm „Mährische Sachen“. Die Darstellung greift hier weit zurück und geht vom germanischen Volksstamm der Markomannen und deren Widerstand gegen die römischen Besatzer aus. Die sehr kompakten genealogischen Abrisse einzelner Könige oder anderer Monarchen werden durch narrative Abschnitte vor allem aus Tacitus’ Germania ergänzt. So werden die genealogischen Ausführungen zunehmend historischer: „Das 4. Capitel. Vom Ariovisto Könige der Marckmänner der nach Tudro regieret. Zu dieses Ariovisto Zeiten lebten die Marcomannen mit den Römern annoch in steter Feindschafft, brachten auch mit ihrem Könige ein groß Heer zusammen, und zogen wider die Römer“ (S. 21). Darauf streift die Darstellung den ersten christlichen König der Markomannen; Kapitel 8 klärt die zentrale Frage, „Wie Mähren nach seines Königreichs Untergange den Titul eines Marggrafthums hat erhalten“ (S. 24), woran „die Ordnung und Nachfolge der Böhmischen Hertzoge und Könige des Marggrafthums Mähren. Ingleichen alter Geschlechter des Herren-Standes und anderer Stände Beschreibung“ (S. 25) anschließt. Einzelne Ahnen und Geschlechtervertreter – etwa die ersten christlichen Herzöge in Böhmen und Mähren – werden erneut in summarischer Kürze abgehandelt. Eher selten wird die Darstellung durch eingeflochtene historische ‚Relationen’ aufgelockert. So heißt es etwa im 30. Kapitel: „Vom Geschlecht und Schilde der Herren von Pernstein, oder Bernstein. Das Wallen der Herren von Pernstein ist Zeit jener kriegerischen Könige in Mähren schon erworben worden, davon in der Pohlnischen Chronica folgende Relation“ (S. 48).

Der „Andere Theil des Ersten Buches“ ergänzt die genealogischen Listen kurzzeitig um zeremonielle Rangfragen: „Das I. Capitel. Vom Herren-Stande. Als Kayser Rudolf II. König in Untern und Boheim etc. Margraff zu Mähren regierte, sassen die Herren des Marggrafthums in folgender Ordnung in Gerichten“ (S. 61). Die übrigen dreizehn kurzen Kapitel dieses „Anderen Theils“ folgen einmal mehr dem etablierten Muster, das jeweils in kurzen Absätzen „Wapen und Geschlechte“ (S. 63) skizziert. Auch des „Ersten Buches Letzter Teil. Von uhralten, und berühmten des Herren-Standes Geschlechtern“ (S. 114) setzt dies fort.

„Das ander Buch“ (S. 135) wechselt von der Genealogie weltlicher Geschlechter zur der der geistlichen: „Das I. Capitel. Vom Prälaten Standen“ (S. 135). Die folgenden sechsundvierzig Kurzkapitel konzentrieren sich allerdings nur auf die regierenden Bischöfe zu „Ulmitz“ bis zum Jahr 1580. Das „dritte Buch“ (S. 151) wechselt wiederum zurück zum „Mährischen Ritter-Stande. Nach der Ordnung wie solcher neben den Herren im Land-rechte gesessen“ (S. 151). Hier nimmt die Darstellung zunehmend chronikalisch-annalistische Züge an, etwa dann, wenn Jahresdaten und mit ihnen verbundene, prägnante Ereignisse referiert werden (etwa S. 190). In insgesamt über fünfzig Kapiteln handelt der Schau-Platz Des ehemaligen Alten Adels die einzelnen Ritterstände ab.

Eine thematische Ergänzung um topographisch-historische Aspekte liefert der Text ab S. 246. Hier „folgt eine kürtzliche doch gnugsame Nachricht von den Städten in Mähren, auch ihren Fatalitäten“. Neben die Beschreibung von diversen Stadtbauwerken tritt noch einmal die Auflistung wichtiger stadthistorischer Daten. Die folgenden neunzehn Kapitel des Schau-Platzes Des ehemaligen Alten Adels kehren anhand „Des Troppauitschen Fürstenthums Herren- und Ritter-Standes Kurtze Beschreibung“ (S. 249) zurück zu den Ahnenlisten. Ein „Register. Derer in diesem Wercke vorkommender Geschlechter“ beschließt den Schau-Platz Des ehemaligen Alten Adels.

5. ↗Kontext und Klassifizierung
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Wie einige andere Werke der Theatrum-Literatur auch, steht der Schau-Platz Des ehemaligen Alten Adels im Kontext der breiten und beliebten genealogischen Literatur der Frühen Neuzeit. Liebhaber Genealogisch-Historischer Merckwürdigkeiten, wie es im Titel heißt, gab es im 18. Jahrhundert offenbar viele. Auch die Publikationsgeschichte des Textes legt nahe, dass die Nachfrage nach genealogischen Werken hoch war: So wurde die Übersetzung des bereits aus dem 16. Jahrhundert stammenden Originals erstmals 1730 unter dem Titel Paprotzkius enucleatus oder Kern und Auszug aus dem so genannten Mährischen Geschicht-Spiegel veröffentlicht, bevor es 1741 nochmals in der vorliegenden Fassung publiziert wurde. Da sich der Text nur auf die Adelsgeschlechter aus Böhmen und Mähren konzentriert, handelt es sich nicht um einen universalgenealogischen Gattungsvertreter (Bauer, S. 271). Fraglich bleibt die genaue Zielgruppe des Werkes. Pfeiffer spricht in der Vorrede von der „gelehrten Welt“ (Vorrede, unpag.) als Adressat; diese dürfte den Schau-Platz Des ehemaligen Alten Adels tatsächlich als das angedachte „compendium“ (Vorrede, unpag.) und als Wissenssammlung für lokalgenealogische Frage benutzt haben. Durch seine monotone, listenartige Aufzeichnung von Ahnenfolgen wird das Werk kaum zur sequentiellen Ganztextlektüre genutzt worden sein, sondern vielmehr als punktuell konsultiertes Nachschlagewerk. Das mitgelieferte Register dürfte für diesen Modus des Zugriffs ein wichtiger Schlüssel gewesen sein. Als Übersetzer und Popularisator der seinerzeit älteren und bereits schwer greifbaren polnischen Vorlage aus dem Jahr 1593 ist die Leistung von Christoph Pfeiffer keine geringe.

6. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur
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