1. Titel1
2. Verfasser
Georg Barthold Pontanus von Breitenberg (auch Jiří Barthold Pontanus z Breitenberga) war ein böhmischer katholischer Geistlicher, Dichter und Geschichtsschreiber. Er wurde 1550 in Most (Brüx) geboren. Aus diesem Ort leitet sich sein latinisierter Name „Pontanus“ ab. Er starb 1616 in Prag. Während seines theologischen Studiums an der Universität zu Prag zeigte er vor allem Interesse für Dichtkunst, Rhetorik und Geschichte. Nach der Weihe zum Priester machte sich Pontanus in den folgenden Jahren als gewandter Prediger und Gelegenheitsdichter einen Namen. 1582 wurde er zum Domherr an der Prager Metropolitankirche ernannt, zudem war er Kanoniker an mehreren Kirchen, wie in Olmütz und Bautzen, 1586 stieg er zum Generalvikar am Prager Dom auf. Kaiser Rudolf II. krönte ihn 1588 zum Dichter und erhob ihn in den Adelsstand, seither nannte sich Pontanus „von Breitenberg“. In all seinen amtlichen Funktionen profilierte er sich als konsequenter Verteidiger der katholischen Glaubenslehre. Er förderte dabei auch die Etablierung der Jesuiten. Wissenschaftlich aufgeschlossen, sammelte er Bücher und seltene Manuskripte aus dem Mittelalter. Bekannt geworden ist er durch die Stiftung des Einbandes des Evangeliars von Heinrich dem Löwen, zudem ließ er eine Handschrift von Bartholomäus Anglicus drucken. Pontanus vermachte seine reichhaltige Bibliothek, die im Dreißigjährigen Krieg den Plünderungswellen zum Opfer fallen sollte, dem Prager Domkapitel. Pontanus hinterließ vor allem Gedichte und Geschichtswerke; am bekanntesten ist seine Frömmigkeits- und Kirchengeschichte über Böhmen in sieben Büchern, die 1608 unter dem Titel Bohemia Pia in Frankfurt/Main erschien.
3. Publikation
3.1. Erstdruck
Im Jahre 1608 in Köln gedruckt von Anton Hieratus, unter dem Titel:
Bibliotheca Concionum E Celebrioribus, Tam Antiquis Novisque Authoribus Et Postillatoribus, Quam E Variis Lectionibus & meditationibus, per Dominicas, Festivitates, Vigilias praecipuas, Ferias Quartas & Sextas totius Anni, & per totam Quadragesimam ordine congesta, ut non tantum explicatio varia & copiosa; sed & exordia singula posita cum conclusionibus, pro novis Concionibus illico materiam copiosam subministrent; Opus Hactenus Nec Visum, Nec Cogitatum, quod & Theatrum Concionum dici potest / Authore Revermo. Domino Georgio Bartholdo Pontano a Braitenberg S. Metrop. Eccles. Pragens. Praeposito & Officiali, Colonia Agripp.: Sumptibus Antonii Hierati, 1608.
Standorte des Erstdrucks
- Bibliothèque universitaire Rennes, Sign. k.A.
- Bodleian Library Oxford, Sign. C 3.2 Th.
- British Library London, Sign. C.79.i.3.
- Cathedral Libraries London, Sign. k.A.
- Chetham’s Library Manchester, Sign. F.9.1-2
- Exeter College Library Oxford, Sign. P 97
- Lambeth Palace Library London, Sign. H1756.A2(P6) [*]
- Österreichische Nationalbibliothek Wien, Sign. 21.N.2 Alt Prunk
- Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, Sign. 2 Th Pr 185 -1/2, 2 Th Pr 185 -3/4
- Trinity College London, Sign. I.11.6, I.11.7
- Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Sign. 06 - T.hom. 2° 00054 (01)
3.2. Weitere Ausgaben
Die zweite, hier zugrunde gelegte Ausgabe erschien 1625, neun Jahre nach dem Tod des Autors, gedruckt ebenfalls in Köln, aber diesmal von Johannes Gymnicus [vier Teile in zwei Bänden, die Teile 2, 3 und 4 tragen den Titel Bibliotheca Concionivm […]].
3.2.1. Digitale Ausgabe
- Bd. 1: Wolfenbüttel: Herzog August Bibliothek 2009 (= Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit). Vorlage: Exemplar der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Sign. A: 30.1 Theol. 2° (1).
- Bd. 2: Wolfenbüttel: Herzog August Bibliothek 2009 (= Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit). Vorlage: Exemplar der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Sign. A: 30.1 Theol. 2° (2).
- Bd. 3: Wolfenbüttel: Herzog August Bibliothek 2009 (= Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit). Vorlage: Exemplar der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Sign. A: 30.2 Theol. 2° (1).
- Bd. 4: Wolfenbüttel: Herzog August Bibliothek 2009 (= Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit). Vorlage: Exemplar der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Sign. A: 30.2 Theol. 2° (2).
4. Inhalt
Pontanus´ Bibliotheca Sive Theatrvm Concionvm ist ein Nachschlagewerk für Prediger, bestehend aus vier Teilen in zwei Bänden. Jeder Teil schließt mit einem alphabetischen Stichwortverzeichnis. Gegliedert nach den Festtagen im Kirchenjahr, beginnend mit dem Ersten Advent, enthält es ausführliche Kommentare zu den einzelnen Evangeliumstexten, die an den jeweiligen Festtagen den Gläubigen vorgelesen werden sollen. Man kann davon ausgehen, dass Pontanus Passagen von theologischen Bibelkommentaren kompiliert hat. Seine Absicht war es, eine schwer zugängliche Materie leicht abrufbar zu machen. In seiner Bibliotheca Sive Theatrvm Concionvm hatten sich die biblischen Texte und ihre Kommentare der Reihenfolge der Feste im Kirchenjahr und damit der gottesdienstlichen Tätigkeit unterzuordnen.
Bildgehalt: Die knapp zweitausendseitige Abhandlung verfügt über keine Bilder. Nur zu Beginn sind zwei Kupferstiche, die die ganze großformatige Seite einnehmen, abgedruckt. Das Frontispiz zeigt ein repräsentatives Porträt des Autors in der selbstbewussten Pose eines Gelehrten, wobei links oben als eine Art Vignette eine Pieta-Darstellung eingefügt ist; auf dem Titelkupfer sind die Titelzeilen eingerahmt von einer bildlichen Wiedergabe des Himmels. Man erkennt hierarchisch angeordnete, von Wolkenformationen umrahmte Kompartimente, in denen sich Personengruppen – Säuglinge, Laien, Märtyrer, Apostel etc. – befinden, die einzelne, nach oben strebende Etagen bilden, die nach oben streben. Die Komposition kulminiert in der Trinität, bezeichnenderweise mit der knienden Maria als zentraler Figur; ihr zur Rechten ist Jesus Christus, zur linken Gottvater dargestellt, über ihr schwebt die Taube als Verkörperung des Heiligen Geistes. Am unteren Bildrand, auf Erden, ist die Himmelspforte dargestellt, in die sich eine größere Menschenmenge hineindrängt. Diejenigen, die nicht für würdig erachtet werden, werden von Engeln aussortiert und landen im Rachen eines Ungeheuers oder auf einem Scheiterhaufen. Das Frontispiz erinnert an die Ikonographie des Jüngsten Gerichts, mit dem Unterschied, dass hier die Verdammten nur marginal den Bildinhalt bestimmen. Das Buch war eben nicht an Laien gerichtet, sondern an Geistliche. Dieses Bild vermittelt die Botschaft, dass derjenige, der Predigten hält bzw. ihnen andächtig zuhört und nach ihnen sein Leben gestaltet, in den Himmel kommt.
5. Kontext und Klassifizierung
Der Titel Bibliotheca Sive Theatrvm Concionvm weist daraufhin, dass ‚Theatrum’ hier weniger als Schaubühne gebraucht wird, vielmehr ist es ein anderer Ausdruck für Bibliothek oder auch Archiv. Dementsprechend hieß der Titel der Erstausgabe Bibliotheca Concionvm, und erst am Ende des langen Titels taucht die Formel quod & Theatrvm Concionvm dici potest auf, die darauf hinweist, dass eben das Werk auch Theatrvm Concionvm genannt werden könne. Der Titel der zweiten Ausgabe von 1625 sollte dann mit Bibliotheca Sive Theatrvm Concionvm den Theaterbegriff etwas auffälliger positionieren. Aber der zweite, dritte und vierte Teil des Werkes lässt ‚Theatrum’ aus und spricht wieder von Bibliotheca Concionivm.
Pontanus veröffentlichte im Jahr 1608 zwei Werke, neben der Bibliotheca Sive Theatrvm Concionvm auch sein Geschichtswerk Bohemia Pia. Beide Abhandlungen hatten die Funktion, im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges den ins Wanken geratenen katholischen Blickwinkel zu untermauern. In Bohemia Pia propagiert Pontanus ein von Marienverehrung und Heiligkeit geprägtes Böhmenbild und entwirft somit ein Gegenmodell zu reformatorischen Geschichtsvorstellungen, die die Böhmen in hussitischer Tradition als neues auserwähltes Volk Gottes betrachteten.
6. Rezeption
Pontanus´ Bibliotheca Sive Theatrvm Concionvm richtet sich als Nachschlagewerk, in dem gottesdienstliche Lesungen erklärt werden, ausschließlich an Fachleute, d.h. an Pfarrer, und wird in den entsprechenden Kreisen seine Wirkung nicht verfehlt haben. Da das Buch großformatig und aufwändig gestaltet ist, wird es aber wohl nur bei vermögenden Geistlichen einen Platz im Bücherregal gefunden haben. Die zweite Ausgabe von 1625 enthält zu Beginn einen Widmungstext des Kölner Druckers an den Abt des Benediktinerklosters Kremsmünster in Oberösterreich. Auch dass überhaupt eine zweite Ausgabe, neun Jahre nach dem Tod des Autors, gedruckt wurde, weist darauf hin, dass für dieses Buch eine Nachfrage bestand, gerade in Kreisen, die in den Wirren des konfessionellen Krieges um ihre katholische Identität fürchteten.
7. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur
- Marie-Elisabeth Ducreux: Der heilige Wenzel als Begründer der Pietas Austriaca. Die Symbolik der Wallfahrt nach Starà Boleslav (Alt Bunzlau) im 17. Jahrhundert, in: Hartmut Lehmann, Anne-Charlott Trepp (Hg.): Im Zeichen der Krise. Religiosität im Europa des 17. Jahrhunderts. Göttingen 1999, S. 597-636, hier S. 598f.
- Enchiridion renatae poesis Latinae in Bohemiae et Moravia cultae. Zusammengestellt von Antonín Truhlář, Karel Hrdina, weitergeführt von Josef Hejnic, Jan Martinek. Prag 1966, S. 137-167, insbes. S. 159-161
- Angelika Fricke: Georg Barthold Pontanus von Breitenberg. Bohemia Pia (1608), in: Hans-Bernd Harder, Hans Rohte (Hg.): Die Bedeutung der humanistischen Topographien und Reisebeschreibungen in der Kultur der böhmischen Länder bis zur Zeit Balbíns. Studien zum Humanismus in den böhmischen Ländern, Teil III. Köln 1993, S. 89-113
- Petr Hlaváček: Bohemia Cor Europae. Die geopolitischen Vorstellungen über die Rolle Böhmens und der Tschechen in der Reformationszeit, in: Kaspar von Greyerz, Thomas Kaufmann et al. (Hg.): Religion und Naturwissenschaften im 16. und 17. Jahrhundert. Gütersloh 2010, S. 123-141
- Joseph Leonhard Knoll: Mittelpuncte der Geschichtsforschung und Geschichtschreibung in Böhmen und Mähren als Einleitung in die sieben Bücher Mährischer Geschichten. Olmütz 1821, S. 56-58
- P. Anton Weiss: Art. „Pontanus, Georg Barhold“, in: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. durch die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 56 Bde., Leipzig 1875-1912, Bd. 26 (1888), S. 412-413