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[Uebersetzung der Ode des Horaz ad Barinen.] Ode 8. Lib. II.
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Ode 8. Lib. II.

[] Hätte dich je des verwirkten Meineyds Strafe getroffen; würde nur einer deiner Zähne schwarz, nur einer deiner Nägel häßlicher: so wollt ich dir glauben. [] Kaum aber hast du das treulose Haupt mit falschen Gelübden verstrickt: so blühst du weit schöner auf, und trittst stolz einher, aller Jünglinge sehnlichstes Augenmerk. [] Dir steht es frey, der Mutter beygesetzte Asche, die stillen Gestirne der Nacht, und den ganzen Himmel, und alle unsterblichen Götter zu täuschen. [] Venus selbst, wie gesagt, lachet darüber; die guten Nymphen lachen; es lachet der immer brennende Pfeile auf blutigem Wetzstein schleifende, strenge Kupido. [] Noch mehr: nur dir reiset die Jugend alle, nur dir wachsen in ihr immer neue Sklaven auf; und noch können die Alten dich, ihre gewissenlose Gebieterin, nicht meiden, so oft sie es auch gedroht. [] Dich fürchten die Mütter für ihre Söhne; dich fürchten die geitzigen Alten; dich fürchten die armen nur erst verheiratheten Mädchen, um deren Männer es geschehen ist, wenn sie einmal deine Spur finden. I. ad Barinen wird die Ode überschrieben. Diese Barine war ohne Zweifel eine Freygelassene, welche das Handwerk einer Buhlerin trieb. Tan. Faber hat diesen Namen in Carine verwandeln wollen, weil Barine weder griechisch noch lateinisch sey; und Dacier billiget diese Veränderung. Konnte aber eine Sklavin, welches Barine gewesen war, nicht leicht aus einem barbarischen Lande, von barbarischen Aeltern entsprossen seyn?


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