Des Abts von Marigny Geschichte der Araber unter der Regierung der Califen.
Aus dem Französischen.
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Erster Theil.
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Berlin und Potsdam, bey Christian Friedrich Voß.1753.
Vorrede
des Uebersetzers.
Die Ursachen, welche der Abt von
Marigny gehabt hat, diese Ge schichte der Araber zu schreiben, sind eben die Ursachen, welche mich bewo gen haben, seine Arbeit zu übersetzen.
Er fand in seiner Sprache sehr wenig Nachrichten von einem Volke, dessen Thaten unsrer Neugierde nicht unwürdiger sind, als die Thaten der Griechen und Römer: ich fand in der meinigen fast gar keine teutsch.
Was er in andern, besonders in den ge
lehrten, Sprachen davon fand, waren zerstreue te Glieder. Er gerieth auf den Einfall, ein ganzes daraus zu machen; und vielleicht wür de ich selbst darauf gerathen seyn, wann er mir nicht zuvor gekommen wäre.
Er stellte sich dabey einen Rollin zum Mu ster vor. Und schon dieses Muster kan ein gutes Vorurtheil für ihn erwecken. Er such te die bequemsten Quellen; er zog nichts dar aus, was er nicht für eben so ergötzend als lehr reich hielt; er brachte alles in eine Ordnung, welche den Leser nirgends den Faden der Ge schichte verlieren läßt; er vermied alle gelehrte Untersuchungen, die nur denen angenehm seyn können, welche die Historie als ihr Haupt werk treiben. Daß er über dieses die Kunst wohl zu erzehlen, und die edle Einfalt in Wor ten und Ausdrücken, werde in seiner Gewalt gehabt haben, läßt sich schon daraus schlies sen, weil er ein Franzose ist. Man lasse uns dieser Nation wenigstens den Ruhm nicht streitig machen, daß die allermeisten von ih ren Schriften, wann sie schon mit keiner schweren Gelehrsamkeit prahlen, dennoch von einem guten Geschmacke zeigen.
Hieraus wird man also leicht sehen, für wen unser Abt eigentlich geschrieben. Er schrieb nicht, um selbst eine Quelle in der arabischen Geschichte zu werden. Und wie hätte er dieses werden können, da er seine Un wissenheit in der arabischen Sprache selbst gestehet? Er schrieb nicht, um sein Werk zu einer Vorrathskammer aller chronologischen Widersprüche, aller verschiednen Erzehlun gen, aller auch der geringsten Umstände zu machen, mit welchen eine Begebenheit zwar in den Zeitungen, nicht aber in vernünftig geschriebnen Geschichtbüchern, aufgezeichnet wird.
Er schrieb nur für die, welche aus der Geschichte jene grosse Veränderungen, die einen Einfluß auf die ganze Welt gehabt, und jene grosse Männer, die diese Verände rungen verursacht, auf eine Art wollen kennen lernen, die nicht nur die Neugierde und das Gedächtniß, sondern auch den Verstand be
schäftiget. Er schrieb insbesondre für Leute, welche deßwegen, weil sie keine Gelehrte von Profeßion sind, von Lesung der Bücher, und besonders historischer Schriften, eben nicht wollen ausgeschlossen seyn. Er schrieb für die Jugend, bey welcher man damit anfangen muß, daß man ihr erst das wesentlichste bey den wichtigsten Epochen bekannt macht.
Alles dieses giebt unser Verfasser in sei ner Vorrede deutlich genug zu verstehen; und es hat an Männern nicht gefehlt, welche seine Absicht, und die Art, wie er sie zu erreichen gesucht, gelobt haben.
Diese Lobsprüche anzuführen, würde man einem
Uebersetzer, welcher sein Original ger ne geltend machen will, erlauben müssen. Al lein ich habe nicht Lust, mir diese Begünsti gung zu Nutze zu machen; ich will vielmehr gleich das Gegentheil thun, und dasjenige anführen, was man an dieser Geschichte der Araber unter der Regierung der Califen aus gesetzt hat.
Der Herr D. Baumgarten, ein Mann, welcher sich mit Recht beynahe ein di ctatorisches Ansehen in der Geschichte, und in der Beurtheilung ihrer Schriftsteller erwor ben, hat bey Gelegenheit seine Gedanken über den Abt von Marigny auf eine Art ent deckt, welche für ihn nichts weniger als vor theilhaft ist. Beynahe hätte mich der Tadel dieses Gelehrten, dessen Verdienste vielleicht niemand höher schätzt als ich, mitten in mei ner Uebersetzung zurückgehalten; und ohne Zweifel denkt mancher, daß es sehr gut gewe sen wäre. Muß ich mich nicht also rechtfer tigen, wenn man mich nicht für einen Men schen halten soll, dem es nur darum zu thun ist, daß er übersetzt, es mag nun das, was er übersetzt, erbärmlich oder gut seyn?
Der Herr D. Baumgarten legt in dem 34sten Stücke der Hällischen Anzeigen vom Jahre 1751., unserm Verfasser dreyer ley zur Last. Er erinnert verschiednes wegen seiner Quellen; er beschuldiget ihn einer Zer stümmlung seiner Geschichte; er giebt ihm die augenscheinlichsten und gröbsten Fehler
Schuld. Ist wohl noch ein viertes Stück übrig, den Charakter eines elenden Geschicht schreibers vollkommen zu machen?
Der erste Punkt betrift die Quellen. „In der Geschichte der Araber, sagt der Herr D., sind zwar D. Herbelot, und die Uebersetzung vom
Ockley und Elmacin seine besten Quellen, doch verachtet er den ersten auf Renaudots Versicherung bey aller Gelegenheit, und zieht dieses letz tern weit unrichtigere Erzehlungen den Nachrichten des erstern vor, den andern aber verschweigt er sorg fältig, und führt den Alvakedi an dessen Statt an, ohnerachtet er bey der gänzlichen Unfähigkeit, arabi sche Schriftsteller zu Rathe zu zie hen, aus Assemanni,
Schultens, Salems und anderer Arbeiten rich tigere und fruchtbarere Hülffsmit tel entlehnen können.„ Hier liegen in der That eine Menge Beschuldigungen bey sammen, welche aber so in einander verwickelt find, daß ich fast nicht weiß, wie ich ordent lich darauf antworten soll. Ich will es durch Fragen versuchen. Ist es denn nicht wahr, daß die orientalische Bibliothek des Herbelot ein Werk ist, wo man fast auf allen Seiten Fehler und Widersprechungen antrift? Ist denn Renaudots der einzige, der dieses gesagt hat? Muß man eben so stark in den orienta lischen Sprachen seyn, als Herbelot war, um seine Unrichtigkeiten wahrzunehmen? Oder fallen nicht unzählige schon einem jeden Lesen den, wann er ihn nur mit sich selbst ver gleicht, in die Augen? Haben nicht Sale und Ockley schon unzähliges an ihm ausge setzt? Und ist es denn wahr, daß ihn Mari gny bey aller Gelegenheit verachtet? Bedient er sich nicht seiner Nachrichten an sehr vielen Stellen? Thut er etwas anders, als daß er, nach Maaßgebung des
Renaudotss, in der Vorrede errinnert, man habe ihn mit Behut samkeit zu lesen, weil er nicht selbst die letzte Hand an sein Werk habe legen können? Fer
ner: wo zieht denn Marigny die Nachrich ten des Elmacins den Nachrichten des Her belots vor? Ist dieses nicht eine offenbar falsche Beschuldigung? Macht er jenen in seiner Vorrede, auf Versicherung seines Re naudots nicht weit verdächtiger, als diesen, in dem er ihn als eine von den falschen Quellen anführt, aus welcher Herbelot verschiedne Irrthümer geschöpft? Woher weiß man, daß er die Schriften eines
Assemanni, eines Schultens, eines Salens ganz und gar nicht gebraucht? Vielleicht weil er sie in der Vor rede nicht anführt, oder weil er den Rand nicht mit Citaten angefüllt hat? Ist es denn wahr, daß
Herbelot, Ockley und Elmacin seine besten Quellen sind? Sind den Renau dot, Abulpharagius selbst, und andre, die er sich weit mehr als jene zu Nutze gemacht hat, nicht eben so gute Quellen? Ist es denn sei ne Absicht gewesen, alles zusammen zu tragen? Das einzige, was unter allen diesen Beschul digungen Grund hat, ist dieses, daß er den Alvakedi anstatt des Ockley angeführt hat. Doch auch hierinne ist er zu entschuldigen; denn da er seine Unwissenheit in der arabischen Sprache nicht leugnet, so kan er es unmög lich aus Stolz gethan haben, um den Leser zu überreden, als habe er selbst die Handschrift dieses Geschichtschreibers zu Rathe gezogen; er muß es vielmehr deßwegen gethan haben, um ohne Umschweife sogleich den eigentlichen Währmann seiner Erzehlungen anzuführen. Gesetzt aber, er hätte es aus Eitelkeit gethan, so würde mehr sein moralischer Charakter, als die Güte seiner Schrift, darunter leiden. Und ist es denn so etwas unerhörtes, wann ein Gelehr ter seine nächsten Quellen verschweiget, und wann er sich wohl gar Mühe giebt, sie so we nig bekannt werden zu lassen, als möglich?
Ich komme zu dem zweyten Punkte, wor über sich der Herr
D. Baumgarten folgen der Maaßen erklärt: „Der Innhalt der Geschichte der
Araber unter den Califen, ist der Aufschrift gar nicht gemäß: indem er weder von den Veränderungen im eigentlichen Ara
rabien unter der Regierung der abas sidischen Califen zu Bagdad, noch auch von der ommiadischen Ge schlechtsfolge der Califen in Spani en, ingleichen den Aliden, Moravi den, oder Marabuts, und andern Reichen der Araber, auch nur so viel Nachricht giebt, als er aus Bü chern nehmen können, die in jeder manns Händen sind, und der Auf schrift zu Folge alhier billig erwar tet wird.„ Auf diese Beschuldigungen überhaupt zu antworten, so bitte ich zu erwe gen, was für eine Verwirrung in dem Wer ke des Marigny nothwendig würde müssen ge herrscht haben, wann er ihnen hätte auswei chen wollen? Doch ich will mich Stückweise einlassen. Was ging denn in dem eigentli chen Arabien unter der Geschlechtsfolge der Abbaßiden so wichtiges vor, daß er deswegen den Faden der Hauptgeschichte hätte abreissen sollen? Nimmt er denn das Wort Araber in einem so engen Verstande, daß er niemals die wirklichen gebohrnen Araber aus dem Ge sichte lassen müssen? Oder versteht er viel mehr unter den Arabern diejenigen orienta lischen Völker, welche sich zu dem Glauben des Mahomets
bekannten, und diesen mit dem Schwerdte ausbreiteten? War es also nicht nothwendiger, daß er, nach der Folge ihrer rechtmäßigen Regenten, (das ist, derjeni gen, welche von dem größten und vornehmsten Theile der Muselmänner für rechtmäßig er kannt wurden) vielmehr ihre auswärtigen Eroberungen, als ihre innerlichen Unruhen und Trennungen erzehlte? Ist es nicht genug, wenn er dieser kurz erwähnt, und ihrer nicht weiter gedenkt, als in so ferne sie einen Ein fluß in die Reihe der eigentlichen Nachfolger des
Mahomets gehabt haben? Was beson ders die Moraviden anbelangt, so kommt mir dieser Einwurf nicht anders vor, als wenn man es einem, welcher die Geschichte der Sachsen zu beschreiben unternimmt, zur Last legen woll te, daß er nicht, aus der Geschichte von Eng land, die sieben sächsischen Königreiche zugleich mit beschrieben habe.
Doch es scheint, als ob der Herr D. Baumgarten selbst diese anscheinende Un vollständigkeit für keinen wirklichen Fehler halte, weil er gleich darauf fortfährt, daß diese Zerstümmlung noch erträglich seyn wür de, wann die gelieferten Theile derselben nicht mit den unverantwortlichsten Unrichtigkeiten angefüllt wären. Das ist viel: Doch der Hr. D. ist kein Mann, der etwas ohne Be weis vorzugeben pflegt, er rechtfertiget also diesen Vorwurf folgender Gestalt. Nur eine, sagt er,
der augenscheinlichsten und gröbsten anzuführen, so wird im 2ten
Theile S. 488. Jbrahim Ebn Mohammed
für einen Aliden, oder Nachkommen des Ali
ausgegeben, auch versichert, daß die Anhänger des Ali sowohl als des Abbas, den selben für den ächten Imam erkannt haben: da nicht nur dieser Jbrahim unter die 12. Imams der Anhänger Ali gar nicht gehöret, sondern auch unstreitig ein Abaßide, und des er
sten abaßidischen Califen, Abdalla Muhammed Abulabas, leiblicher Bruder gewesen. Welcher Irrthum aller Wahrscheinlichkeit nach daher gekommen, daß der Verfasser irgend wo gefunden, dieser Jbrahim sey Muhammeds Sohn, Ali Enkel, gewesen; daher er ihn für einen Ali den ausgegeben, welche damals den Giafar Sadik
für ihren Imam er kannt haben. Ich würde ein verzweifel ter Wagehals seyn, wenn ich behaupten woll te, daß Marigny gar keine Fehler gemacht habe; aber dieses kan ich ganz sicher behau pten, daß die Critik des Hr. D. Baumgar tens hier auf eine Stelle gefallen ist, die man den Augenblick
rechtsertigen<rechtfertigen> kan. Es ist wahr, Jbrahim Ebn Mohammed war ein Bruder des ersten Abbaßidischen Califen. Marigny weiß dieses selbst, (s. 2. Th. S. 493.) und muß es also gewußt haben, daß er seiner Geburth nach kein Nachkomme des Ali seyn konnte. Warum begeht er aber gleichwohl an dem von dem Hn. D. Baumgarten ange führten Orte diesen Fehler, und nennt ihn ei nen Aliden? Ich begreiffe nicht, wie sich ein so gelehrter Mann an eine so bekannte Zweydeu tigkeit hat stossen können. Heißt denn ein Alide bloß ein Nachkomme des Ali, oder be deut es auch einen, welcher des Ali Parthey hält, und nur diesen für den ersten rechtmäßi gen Nachfolger des Mahomet erkennet? Brauchten die Abbaßiden bey der Empörung wider die Ommiaden nicht die Ermordung des Ali zum Vorwande, so wie die Ommiaden die Ermordung des Othmans
vorgeschützt hat ten? Und sind in dem letzten Verstande nicht jetzt noch alle Perser Aliden, ohne daß sie wirk liche Nachkommen des Ali sind? Diese Ent schuldigung ist zu überzeugend, als daß ich mich länger dabey aufhalten dürfte.
Ich wiederhole es noch einmal, daß ich sehr viel wagen würde, wenn ich den Marigny von allen Fehlern frey sprechen wollte; von allen groben und unverantwortlichen Fehlern aber getraue ich mir es in der That zu thun. Will man wissen, wie diese in der arabischen Ge schichte aussehen, so darf man nur die chro nologische Tafeln des Dufresnoy, welches und der Hr. D. Baumgarten im vori gen Jahre mit einer Vorrede verdeutscht ge liefert hat, nachsehen. Es wird nicht viel feh len, daß nicht in jeder Zeile, die von den Sa racenen handelt, ein heßlicher Fehler liegen soll te. Da soll Abubeker den Jzdegerd geschla gen, getödtet und sich seines Reichs bemäch tiget haben; da soll die Stadt Damascus von dem Omar seyn erobert und geplündert worden; da sollen die Saracenen in Aegypten eher eingedrungen seyn, als sie Jerusalem bela gert haben; da hat ein Sklave den Omar in der Moschee zu Jerusalem ermordet, und was der gleichen unsinnige Verfälschungen mehr sind. Der Hr. D.
Baumgarten muß sie alle wahrgenommen haben, und gleichwohl versi chert er uns, daß die Compilation des
Du fresnoy schön und nützlich sey. Mit wie viel besserm Grunde wird man, bey einigen unend lich kleinern Fehlern, nicht eben diese Versiche= rung von gegenwärtiger Geschichte des Abts Marigny geben können?
Ich will wünschen, daß der Beyfall der Le ser meiner Versicherung nicht widersprechen mö ge. Das
Publicum ist in solchen Sachen im mer der beste Richter.
Noch zwey Worte will ich von der Ueber setzung selbst hinzu thun, und schliessen: Das Original bestehet auf vier Octavbändern, wel che man in dreye zu bringen für gut befunden hat. In den nächst folgenden Leipziger Messen sollen die übrigen zwey erscheinen. Einige Druckfehler, die in diesem eingeschlichen sind, und welches vielleicht auch Schreibefehler kön nen gewesen seyn, wird der Leser so gut seyn und übersehen. Ich will ihm dafür die Schmei cheley machen, daß ich ihn viel zu scharfsichtig
halte, als daß es nöthig seyn sollte, ihn erst lange ein Verzeichniß davon zu geben.
M. L. A.
[↔]
[↔] Des Vorwurfs ungeachtet, welchen man den Neuern, und besonders unsrer
Nation, wegen ihrer Liebe zu Klei nigkeiten macht, ist es gleichwohl un widersprechlich, daß sich der Geschmack
an dem wahren, guten und gründlichen, noch immer erhalten hat, und sich auch noch jetzt erhält. Wann die Werke der Einbildungskraft, wel che bloß belustigen, einen schleinigen Fortgang haben, so nimmt man doch auch die ernsthaf ten nicht ungeneigt auf. Die ersten haben in der That einen glänzenden Lauf; allein er ist gemeiniglich von kurzer Dauer: sie gleichen dem Blitze, welche nur ein flüchtiges Feuer von sich werffen, und oft keine Spur zurück lassen. Diese hingegen haben einen ernsthaf ten, langsamen und ununterbrochnen Gang: anstatt, daß sie die Zeit vernichten solle, so vermehrt sie vielmehr die Schätzbarkeit der selben.
[↔] Wir haben die deutlichsten Beweise hier von an einer sehr grossen Menge Geburthen, welche für den Witz
eben so nützlich, als für das Herz, und wegen der zierlichen und reinen Schreibart eben so lobenswürdig sind, als we gen ihrer klugen und genauen
Moral. Von dieser Art ist unter andern die alte Geschichte des berühmten Rollins, deren gute Aufnahme aller Welt bekannt ist. Ich führe diesen Ver fasser deswegen insbesonders an, weil ich mir in diesem gengenwärtigen Werke vorgenom men, seine Fußtapfen nachzugehen, ohne daß ich seine Vollkommenheit erreicht zu haben verlange.
[↔] Da dieser mit Verdienst, Arbeit und Jah ren überhäuste Gelehrte mitten in seinem Un ternehmen seine Laufbahn beschloß, so hat man die Fortsetzung mit der allergrößten Begierde erwartet. Die Wünsche des Publicums sind auf verschiedene Weise in Erfüllung ge gangen. Indem auf der einen Seite einer (1) von den berühmtesten Schülern dieses grossen Mannes, ein würdiger Erbe seiner Tugenden, 1
seines Witzes, und seiner Gaben, die römische Geschichte mit vielem Beyfalle fortsetzet; so ar beitet ein andrer Schriftsteller, (2) welcher sich durch die sinnreiche Weltcharte (3) aller Staaten und Reiche der Welt bekannt ge macht hat, an einem Theile der alten
Geschichte, welche Persien und die benachbarten Länder betrift. Man wird dasjenige darinne finden, was sich in dem Morgenlande, ganzer 800. Jahr hindurch, unter der Regierung zweyer grossen Häuser, welche Persien und andere Länder beherrscht haben, seit dem Aufstande der Parther wider die Nachfolge des Alexanders, bis auf den letzten Artaxerxischen König, den Jzdegerd, welcher von den arabischen Musel männern, gegen das 640ste Jahr nach Christi Geburth, von dem Throne gestossen ward, zuge tragen hat. Dieses Werk kan als ein vorläuf figer Theil dieser meiner Geschichte angesehen werden, und so wohl das eine, als das andere, 2 3
sind eine natürliche Fortsetzung der Geschichte des Rollins.
[↔] Ich war anfangs willens, ein viel weitläuf tiger Werk zu schreiben. Meine Absicht war eine allgemeine Geschichte der Araber, mit wel cher ich mich seit langer Zeit beschäftigte, und wozu ich schon alle Materialien gesammlet hat te, zu schreiben. Allein was für Hindernisse habe ich nicht angetroffen, als ich meine Samm lungen in einen historischen Zusammenhang zu bringen versuchte? Indem ich dasjenige un tersuchte, was ich aus den arabischen Schrift stellern, von welchen wir Uebersetzungen haben, getreulich zusammen geschrieben hatte, so sahe ich, daß sich die meisten dieser Schriftsteller widersprachen, welches mich um so viel ver wirrter machen mußte, da ich der arabischen Sprache nicht mächtig genug bin, die Origi nale dieser Geschichtschreiber zu Rathe zu zie hen, um zu sehen, ob die meisten von diesen Widersprüchen nicht vielmehr auf die Ueberse tzer als die Verfasser zu schieben sind: folg lich ist mir es auch unmöglich gewesen, in den sehr vielen arabischen Geschichtschreibern, die wir haben, dasjenige aufzusuchen, wodurch ich ihre verschiedenen Meinungen vielleicht hätte vereinigen können.
[↔] Ich hatte geglaubt, aus der orientalischen Bibliothek des Hn. Herbelot viel Nutzen zu zie hen, als welches Werk zu meiner Absicht ohne Zweifel ungemein nützlich würde gewesen seyn, wann der Verfasser, der das arabische vollkom men wohl verstand, Zeit gehabt hätte, sein Werk zu übersehen, die letzte Hand daran zu legen, und den Abdruck selbst zu besorgen. Doch da dieser Gelehrte allzuzeitig starb, so begnügte man sich, die verschiedenen Sammlungen, wel che er zu seiner vorgehabten Absicht gesamm let hatte, nach dem Alphabete zu ordnen, und wendete auch noch dabey sehr wenig Sorg falt an. Diese Arbeit wurde ohne die gering ste critische Beurtheilung ausgeführt, daß al so nothwendig ein Zusammenhang von lauter Fehlern und Widersprüchen, welche einen lehr begierigen Leser zur Verzweiflung bringen kön nen, daraus entspringen mußte.
[↔] Unterdessen muß man doch gestehen, daß dieses noch das beste ist, was wir in unsrer Spra che zu Rathe ziehen können: und ungeachtet der Fehler dieses Werkes, kan man es sich doch sehr wohl zu Nutze machen, wenn man es mit Ueberlegung lieset, und sich dabey auf einen glaubwürdigen Schriftsteller stützet, mit dessen Hülffe man die hin und her zerstreuten Reich
thümer zusammen suchen und in Ordnung bringen kan.
[↔] Dieses nun habe ich mich besonders auszu führen bemüht, indem ich mir hauptsächlich die gelehrte Geschichte der Patriarchen zu Alexandria, welche der Hr. Abt Renaudots herausgegeben, zu Nutze gemacht; ein Werk, in welchem dieser Gelehrte einen sehr weitläuf tigen Auszug von der Geschichte der Sarace nen, oder arabischen Muselmänner, seit dem Mahomet, bis auf die Austilgung der Califen durch die Tartarn, mittheilet.
[↔] Dieser in allen Arten der Gelehrsamkeit, und besonders in den Sprachen so bewanderte Ge lehrte, hat mich in dem gerechten Mißtrauen, welches ich aus Lesung der orientalischen Bi bliothek geschöpt, bestärket. Ob er gleich ein grosser Freund des Verfassers, dessen Gaben und Verdienste er sehr hoch schätzt, gewesen war, so redet er doch von seinem Werke nicht allzu vortheilhaft, und vergißt nicht, das Pu blicum zu warnen, es anders als mit Behut samkeit zu lesen. (4) Er bedauert, daß Hr. 4
Herbelot nicht Zeit gehabt, es zu übersehen, und ist gewiß versichert, daß, wenn er eben so viel Genauigkeit und Aufmerksamkeit, als Einsicht angewendet, wir in dieser Art nichts vollkommneres haben würden.
[↔] Uebrigens ist Herbelot nicht der einzige Schriftsteller, welchem Hr. Renaudots in der saracenischen Geschichte wenige Genauigkeit Schuld giebt. Er geht viel weiter zurück, und zeigt, daß selbst verschiedne ursprüngliche Schriftsteller sich betrogen, und die
Geschich te ihres Volks sehr ungetreu erzehlt haben. Er beklagt sich insbesondre über den Elma cin, (5) und beweiset, daß dieser Schriftstel= 5
ler an verschiednen Fehlern Ursache sey, welche dieser und jener, und unter andern Herbe lot, (6) in seinem Werke begangen hat.
[↔] Der Anblick so vieler Klippen bewog mich, mit der grösten Vorsichtigkeit zu Werke zu gehen. Anstatt mich also in die allgemeine Geschichte der Araber einzulassen, habe ich meine Erzehlung von diesem Volke blos auf die Zeiten eingeschränkt, da sie unter der mo narchischen Regierung des Mahomets und sei ner Nachfolger gestanden haben. Obgleich die ursprünglichen Schriftsteller nicht allezeit wegen verschiedner Begebenheiten und ihrer Zeitrechnung einig sind, so habe ich doch an gemerkt, daß ihre Erzehlungen, in Betrach tung der Ordnung der Nachfolger des Ma= 6
homets, und der verschiedenen Veränderungen, welche dem saracenischen Reiche mehr als einmal eine andere Gestalt gegeben, ziemlich gleichförmig sind. Ich habe also diesen Theil der arabischen Geschichte am besten zu beschrei ben geglaubt, wenn ich nur dasjenige ange führt, was von dem Schriftsteller einmüthig bekräftiget wird. Ich will es denen, welche mehr Wissenschaft, Gedult und Zeit haben, überlassen, an einem weitläuftigern und voll ständigern Werke zu arbeiten.
[↔] Gleichwohl wird diese Geschichte, so wie ich sie liefre, einigermaassen der Absicht, die Wer ke des berühmten Hrn. Rollins fortzusetzen, gemäß seyn. Da dieser Gelehrte keine andre Absicht hatte, als die gemeinen Leser, und be sonders die Jugend zu unterrichten, so ent schlug er sich aller beschwerlichen Untersuchun gen, welche nur für Gelehrte und für diejeni gen gehören, die eine
Geschichte in allen ihren Theilen ergründen wollen. Man wird in die ser sowohl, als in der seinigen, häuffige Ver änderungen, umgestürzte Throne, zum Glücks balle gewordene Monarchen, und geringe Sklaven antreffen, die sich der Krone bemäch tigen, und mächtige Dynastien stiften, welche eine nach der andern entstehen, und von andern mächtigern Dynastien zerstöret werden. Er staunliche Wirkungen der geheimen Rath schläge des höchsten Wesens, welches die Kro nen und Zepter in seiner Hand hat, und sie nach seinem Wohlgefallen austheilet!
[↔] Dieses ist das grosse Schauspiel, welches die Geschichte der Araber, unter ihren Für sten, seit Errichtung der monarchischen Re gierung, dem Leser darstellet.
[↔] Das Leben des Mahomets, des Stifters ihrer
Religion und ihres Reichs, ist als ein Eingang zu diesem Werke anzusehen. Ich habe nur einen sehr kurzen Auszug daraus mitgetheilt, welcher aber gleichwohl hinläng lich seyn wird, das grosse Genie dieses beson dern Mannes daraus zu erkennen, welcher oh ne Erziehung, ohne Wissenschaft, das Volk zu hintergehen und sich einen so beträchtlichen Anhang zu machen gewußt hat, daß er sowohl die Regierungsform, als die Religion seines Landes zu verändern, und sich zugleich zum Könige und Priester seines Volks einzusetzen im Stande war.
[↔] Der Anfang seiner vorgegebnen Sendung war ausserordentlich stürmisch. Die Einwoh ner von Mecca, unter welchen er seine Schwär merey ausbreiten wollte, erklären sich wider ihn, und drohen ihm mit nichts geringern als mit dem Tode. Da er die Flucht zu ergreif fen genöthiget wird, um sich den Nachstellun gen seiner Feinde zu entziehen, so flieht er nach Medina, und predigt daselbst viel unge scheueter, als vorher. Die Verfolgung, die man zu Mecca wider ihn erregt hatte, feuert ihn an, und er weiß auf eine geschickte Art sich ein Verdienst daraus zu machen. Damit das Andenken der mißlichen Umstände, in welchen er sich damals befand, auf ewig erhal ten werde, so machen seine Anhänger eine be rühmte Epoche daraus, welche noch bis jetzt in einem grossen Theile der ganzen Welt, wo man der Lehre dieses vorgegebnen Propheten folgt, bestehet. Diese Epoche heißt Hegire, welches Wort in dem Arabischen die Flucht bedeutet. Ich werde weiter unten in dieser Vorrede davon reden, und zeigen, wie man sie mit der christlichen Zeitrechnung vergleichen könne.
[↔] Kaum hat sich der neue Gesetzgeber zu Me dina feste gesetzt, als er seinen Proselyten die Waffen in die Hand giebt, und den Krieg nach Mecca bringt, welches er seiner Both mäßigkeit unterwürffig macht. Auf diese Er oberung folgt gar bald die Ergebung aller drey Theile Arabiens. Die ganze alte Re gierungsform bekömmt eine neue Gestalt, und man folgt durchgängig dem Gesetze des Ueber winders. Nachdem er sich zum Herrn von seinem eignen Vaterlande gemacht, so unter nimmt er, durch Gewalt der Waffen, seine Re ligion und sein Reich auszubreiten. Er macht den Anschlag sich Syriens zu bemächtigen, welches damals die Griechen inne hatten: er fängt in der That den Krieg wider diese Völ ker an; der Tod hält ihn mitten in seinem Un ternehmen auf; seine Nachfolger aber setzen es fort, und führen es mit einer recht wunder baren Schnelligkeit aus.
[↔] Da Mahomet ohne männliche Erben, und ohne sich einen Nachfolger ernennt zu haben, gestorben war, so droht die Uneinigkeit der vornehmsten Muselmänner, diesem erst anwach senden Reiche der Araber seinen Untergang. Ali, ein Anverwandter des Propheten, und sogar sein Schwiegersohn, welcher seine Toch ter, die Fatime, geheyrathet hatte, macht auf die Krone Anspruch: man ist auf dem Puncte handgemein zu werden; endlich aber wird der Streit beygelegt, und man wird eins, den Abube ker, dessen Tochter Aiesha eine von den Weibern des Mahomets gewesen war, und zwar dieje= nige, welche er am allerliebsten gehabt hatte, für das Oberhaupt zu erkennen.
[↔] Die Ehrerbietung, die man gegen den Stifter des Staats hatte, verhindert seine Nachfolger, einen stolzen Titel anzunehmen; man will, so zu reden, daß nur er auf ewig über das Volk gebieten solle; und diejenigen, welche den Thron nach ihm besitzen, begnügen sich mit dem Titel Califen, das ist, Nach folger, oder Verwalter. Abubeker ist der erste, welcher diesen Titel annimmt, und mit ihm fängt eigentlich diese Geschichte an.
[↔] Dieser Fürst regiert nicht länger, als zwey Jahre, und in diesem kurzen Zeitraume gelingt es ihm, verschiedene Partheyen, die sich in A rabien hervor gethan hatten, zu unterdrücken. Er setzt zugleich das Unternehmen des Ma homets wider die Griechen
fort. Er dringt bey ihnen ein, und bemächtiget sich ei nes Theils von Syrien. Omar, sein Nach folger, bringt die Eroberung dieses Landes zu Stande. Kurz darauf begeben sich seine Feldherren nach Aegypten, und machen sich von diesem weiten Reiche Meister. Nach ihm kömmt Othman, welcher in seine Fuß tapfen tritt, und seine Regierung durch die Waffen merkwürdig macht. Auf der einen Seite bemächtigen sich die Saracenen der In sel Cyprus; auf der andern thun sie einen Einfall in das persische Reich, überwinden die Völker desselben, und bringen sie unter das Joch der Califen.
[↔] Othman wird ermordet. Ali gelangt endlich zur Regierung, und erlangt ein sehr grosses Ansehen, welches aber mehr auf die Schwärmerey seiner Anhänger, als auf ein wirkliches Verdienst gegründet ist. Die Per ser, zum Exempel, und einige andere Völker, haben gegen diesen Califen eine besondere Ehr erbietung. Sie betrachten ihn als den einzi gen wahrhaften Nachfolger des Mahomets, und wollen folglich die drey ersten Califen nicht erkennen. Sie lassen sich in die übertrieben sten Lobeserhebungen dieses Regenten aus, und halten ihn für einen der allergrößten Für sten, welche die Araber in ihrer Monarchie gehabt haben.
[↔] Unterdessen muß ich gestehen, daß ich in der Geschichte nichts gefunden habe, welches den Begriffen gemäß wäre, die uns seine An hänger von diesem Califen machen wollen. Nirgends zeigt er sich als ein grosser Mann; man erkennt ihn vielmehr für nichts, als für einen verwirrten Kopf; welcher mit sich selbst uneinig ist, und noch weit uneiniger mit andern. Eben in dem Augenblicke, da sein Schwieger vater stirbt, schmiedet er auf die Nachfolge heim liche Anschläge; seine ehrgeitzige Gemüthsart aber macht, daß er den Verdruß, welchen ihm die Erwählung seiner drey Vorgänger verur sacht, verbeißt. Man will so gar, daß er einer von den Verschwornen, welche den Othman um das Leben brachten, gewesen sey; und als man ihm nach dieses Tode die so sehnlich ge wünschte Krone anträgt, so schlägt er sie aus, und nimmt sie endlich nicht anders, als mit der größten Widerstrebung, an. Kaum aber ist er auf dem Throne, als er mit der ganzen Welt Zanck bekömmt, und zuletzt erbittert er die Gemü ther so, daß er seine Hauptstadt verlassen, und den Sitz seines Reichs anderswo aufschlagen muß.
[↔] Der Veracht, den man wider diesen Ca lifen, wegen der Ermordung des Othmans hatte, dient nunmehr einem Aufruhre zum Vorwande, welcher in Syrien ausbricht. Moavias, welchen Othman zum Statthalter in dieser Provinz gemacht hatte, will den Tod seines Wohlthäters rächen. Er erklärt den Ali
für der Nachfolge unwürdig, weigert sich, ihn zu erkennen, läßt sich selbst als den recht mäßigen Califen ausruffen, und schlägt seinen Sitz zu Damascus auf.
[↔] Ali wendet vergebens seine Kräfte wider diesen Mitbuhler an. Er greift zu den Waf fen: er wird geschlagen, und muß es noch für ein Glück schätzen, daß er einen Vergleich erlangen kan, vermöge dessen man ihm erlaubt, in Arabien den Titel und die Vorrechte eines Califen zu behalten. Kurz darauf wird er er mordet, und läßt zwey Söhne, wovon der äl teste zur Krone gelangt.
[↔] Hassan, so hieß dieser Fürst, hatte mehr Un glück, und weniger Geschike als sein Vater, daß er sich also wider die Anschläge des Moavias nicht lange aufrecht erhalten konnte. Nach ei ner sechs monatlichen Regierung bewilliget er also, den Zepter niederzulegen, welchen er nicht würdig war zu führen. Nunmehr ist Moa vias der einzige Besitzer des Thrones. Er wird von allen Muselmännern für einen rechtmäßi gen Califen erkannt, und ist der erste von der berühmten Dynastie der Ommiaden, wel che von dem Ommiah, dem Haupte dieses Hauses, also genennet wird.
[↔] Kaum ist Moavias in dem ruhigen Besi tze des Thrones, als er die Ehre desselben aus zubreiten sucht. Er setzt die Unternehmungen, welche die ersten Califen wider die Griechen angefangen hatten, fort: er jagt sie aus Ar menien und Natolien, und treibt sie bis nach Constantinopel zurück. Er ergreift hernach sol che Maaßregeln, durch welche er seine Würde erblich macht, da sie vorher bloß von der Wahl abgehangen hatte. Er bringt die Krone auf seinen Sohn, und dieser auf seine Nachkommen.
[↔] Diese Dynastie erhält sich, mit vielem Ruh me, unter vierzig Regenten, welche alle auf ein ander folgen, obschon nicht nach der graden Li nie, weil die Brüder oft zum Nachtheile ihrer Neffen den Thron bestiegen, wann diese allzu jung waren, oder wenn man sonst Ursachen hat te, sie von der Regierung auszuschliessen. Die se Nachfolge dauret in dem Geschlechte des Ommiah, bis auf den Mervan II, einen der berühmtesten, zugleich aber der unglücklichsten Regenten seines Hauses, ununterbrochen fort.
[↔] Die Vertilgung der Ommiaden war das Werk der Abbaßiden, welche von dem Abbas, einem Oheime des
Mahomets, ihren Namen hatten. Sie brauchten zur Ausführung ihres Unternehmens eben den Vorwand, dessen sich die Ommiaden bedient hatten, die Krone in ih re Hände zu bringen. Diese hatten sich wider den Ali, als den Mörder des Othmans, erklärt; und die Abbaßiden greiffen wider die Ommiaden zu den Waffen, den Tod des Ali zu rächen, für dessen Mörder sie dieselben erklärten. Sie setzen sich auf dem Throne vermittelst des Blut
bades feste, dessen Beschreibung man zu Anfan ge des dritten Bandes dieser Geschichte finden wird.
[↔] Einigen Geschichtschreibern zu Folge, ent kamen zwey Prinze dieser erschrecklichen Ermor dung. Der eine zog sich in einen Winkel Ara biens, wo er den Titel eines Califen ziemlich ruhig genoß, doch ohne einiges Ansehen, als nur in einem sehr engen Bezirke zu haben. Er er richtete eine Art von Dynastie, welche bis ge gen das Ende des sechzehnten Jahrhunderts nach Christi Geburth dauerte. Der andere flohe nach Spanien, und wurde daselbst von den arabischen Muselmännern, welche einen Theil dieses Reichs erobert hatten, zum Califen erwehlet. Seine Nachkommen regiereten nach ihm, und erhielten sich beynahe ganzer dreyhun dert Jahre auf dem Throne, so lange nehmlich, bis die Almoraviden Spanien eroberten.
[↔] Die Abbaßiden, welche sich für die wirkli chen Kinder aus dem Hause des Mahomets aus gaben, indem sie nehmlich von dem Haschan und Abdal=Motaleb mit dem Propheten zu gleich abstammten, erhielten sich ganzer fünf hun dert Jahr auf dem Throne, unter 37
Regenten, deren Geschichte den dritten und vierten Band dieses Werks ausmacht. Der Sitz ihres Reichs war anfangs zu Cuffah. Almansor, der zwey= te Calif dieser Dynastie, verlegte ihn nach Ha schemia: allein eine Beleidigung, die ihm in die ser Stadt widerfuhr, brachte ihn auf den Ent schluß, die Stadt Bagdat zu bauen, welches die Hauptstadt des muselmännischen Reichs, bis zum Untergange der abbaßidischen Ge schlechtsfolge, blieb. Unterdessen wollte doch Motassem, einer von den Califen dieses Hau ses, den kayserlichen Sitz nach Samarath ver legen; allein dieses daurete bloß einige Jahre, worauf er wieder nach Bagdat zurück kehrte, welches bis zu Ende der vornehmste Sitz der Califen war. Daher kömmt es, daß man die Abbaßiden, die Califen von Bagdat, und die Ommiaden, wegen ihres beständigen Aufenthalts in Syrien, die syrischen Ealifen nennt.
[↔] Der Fall der Ommiaden war bloß daher gekommen, weil sie den Statthaltern in den Provinzen ein allzugrosses Ansehen verstattet hatten: Die Abbaßiden begingen eben diesen Fehler, und ihre Macht ward hierdurch unge mein geschwächt. Unterdessen erhielten sie ih re Dynastie doch weit länger als die Ommia den; obschon nicht in eben dem Glanze, in An sehung ihrer sich weit erstreckenden Bothmäs sigkeit.
[↔] Es fielen unter ihrer Regierung verschiedne Zertheilungen des Reichs vor, in welchen eben so viel verschiedne Dynastien angelegt wurden. Von dieser Art waren die Thaherier, und die Soffariden, welche in Persien und Turquestan herrschten; deßgleichen die Tholomiden und Aschidier, welche in Aegypten unter dem Titel der Sultane regierten, gleichwohl aber den Ca lifen zu Bagdat als ihren Oberherrn verehrten.
[↔] Auf die Aschidier folgten die Fatimiten, welche die wahrhaften Nachfolger des Maho mets, als Abkömmlinge des Ali von der Fa time, der Tochter des
Propheten, zu seyn vor gaben; sie liessen sich zu Regenten von Aegy pten erklären, und nahmen ungescheut den Ca lifentitel an. Damals ward in dem ganzen Umfange ihres Gebietes der Name der Califen zu Bagdat aus den öffentlichen Gebetern aus gelassen; es wurden auch in dem ganzen Lande keine Münzen von ihrem Stempel mehr ge schlagen. Bey dieser unumschränkten Herr schaft erhielt sich die neue Dynastie ganzer drey hundert Jahr, nach deren Verfliessung sie wie der in den Besitz Aegyptens traten, und für die Oberherren desselben erkannt wurden, doch ohne die geringste wirkliche Gewalt darinne zu haben.
[↔] Uebrigens hatten sie in ihrem eignen Gebie te beynahe eben so wenig Gewalt. Einige von den Abbaßiden waren so unvorsichtig gewe sen, fremde Soldaten an ihrem Hofe einzu führen, welche der Califenwürde unbeschreib lichen Abbruch thaten. Diese Trupen, welche man aus Turquestan gezogen hatte, und deren in dieser Geschichte unter dem Namen der tür kischen Militz Erwähnung geschicht, mißbrauch ten die Gunst gar bald, mit welcher sie die Califen beehrten. Nach und nach brachten sie alle Gewalt an sich, so daß sie nach ihrem Gefallen die Vezire, ja wohl gar die Califen selbst, absetzten. Mit der Zeit brachte man sie zwar endlich wieder in ihre Schranken; die Califen aber wurden gleichwohl dadurch nichts mächtiger. Die Räthe dieser Fürsten kannten die schwache Seite ihrer Herren, und wußten sich so viel Gewalt über sie zu verschaffen, daß sie gar bald wieder in die Sklaverey fielen, aus welcher sie sich hatten reissen wollen.
[↔] Einer von den Abbaßiden versuchte den Uebermuth dieser Räthe zu unterdrücken, in dem er eine neue Würde, noch über die Ve zire, machte; die Würde nehmlich eines Emir al=Omara, das ist, eines Befehlshabers der Befehlshaber. Durch dieses Mittel waren die Vezire so gut als abgeschaft; den noch aber blieben die Califen in der Knechtschaft, und durch die Ränke derjenigen, welche auf diese hohe Würde Anschläge machten, wurde der Staat weit mehr als jemals beunruhiget. Hieraus entstanden die beständigen Kriege zwi schen den Fürsten von verschiednen Dynastien, die in den Provinzen aufgestanden waren, wel che ihnen die Califen zu eigen geschenkt hatten. Ein jeder machte auf die Emirwürde Anspruch; und kaum war der eine dazu gelangt, so ward er von einem andern wieder verdrengt. Die zeitliche Gewalt der Califen fiel in ihre Hän de, so daß den Regenten selbst nichts als der leere Titel übrig blieb. Dieses wird man in gegenwärtiger Geschichte umständlich erzehlt finden, wenn wir von den grossen Bewegun gen reden werden, welche von den Baridiern, den Hamadaniten, den Buiden, den Gatzne riden, den Khuaresmiern, und besonders von den berühmten turquestanischen Fürsten, wel che unter dem Namen Selgiuciden so be kannt sind, erregt wurden.
[↔] Während der Zeit, als sich diese Mächte unter einander aufrieben, sahe man eine andre Ansprüche machen, und zu ihrem Zwecke ge langen. Es war dieses die Dynastie der Ata becks, welcher die Califen zu Bagdat die Un terdrückung der Fatimiten in Aegypten, als nach deren Verfall Syrien und Aegypten wie der unter die Bothmäßigkeit der Abbaßiden
kam, zu danken hatte. Dieser grosse Anschlag ward von dem Atabeck Nureddin, welcher in unserer Geschichte
Noradin heißt, entworffen, und von dem berühmten
Salaheddin, oder Saladin, wie er in den occidentalischen Spra chen genennet wird, ausgeführt. Dieser Fürst machte sich zum Sultane von Aegypten, und ward das Haupt der Dynastie der Aicubiten, die hernach von den türkischen Sklaven, den Mammeluken, aus welchen sich einer von den Nachfolgern des Salaheddin eine Militz ge macht hatte, ausgerottet wurde.
[↔] Unter dem Sultanate dieses Fürsten und seiner Nachfolger geschah es, daß die ganze Christenheit
die bekannten und unnützen Kreutz züge unternahmen. Ich habe des Anfangs dieser Kriege nur ganz mit wenigen unter der Regierung der Fatimiten erwähnt, weil es meine Absicht eigentlich nicht ist, von diesen Califen zu handeln, und ich mich also in das jenige nicht einlassen konnte, was unter ihrer Regierung vorgegangen. Von dem Augen blicke aber ihres Verfalls an, habe ich die Fort setzung dieser Kriege umständlicher beschrieben, weil alsdann Syrien und Aegypten wieder un ter die Bothmäßigkeit der Abbaßiden kam, und dasjenige also, was in diesen Provinzen damals vorging, einen Theil von meiner Geschichte ausmacht.
[↔] Zu eben der Zeit, als die orientalischen Län der von so vielen Verwirrungen beunruhiget wurden, erhob sich eine neue Dynastie, welche weit furchtbarer war, als alle die, welche vor ihr erschienen waren. Es war dieses die Dy nastie der Genghiskanier, welche von dem Gen ghiska, ihrem Haupte, also genennet wurden. Dieser durch den schnellen Fortgang seiner Tha ten so berühmte Fürst, breitete sich an der Spitze der Mogols und Tartarn in den Morgenlän dern aus, und brachte gar bald ein unermeßliches Stück Landes unter seine Bothmäßigkeit. Sei ne Nachfolger, welche seinen Muth und seinen Haß gegen die Muselmänner erbten, vereinig ten mit ihrer Krone die meisten Staaten, de ren sich die Fürsten der andern Dynastien, wel che bisher so furchtbar gewesen waren, bemäch tiget hatten, und machten sich endlich auch von Bagdat Meister, ermordeten den Califen und seine Kinder, und vertilgten in ihnen das be rühmte Haus der Abbaßiden, welche den Thron länger als fünfhundert Jahr inne hatten.
[↔] Hier ist es, wo sich diese Geschichte endiget, worinne man nichts vorgebracht zu haben sich schmeichelt, als was von den glaubwürdigsten Geschichtschreibern
bestätiget wird, gesetzt auch, daß man nicht alles angeführt hat, was man von den arabischen Muselmännern merkwürdiges sagen könne. Man wird unter andern eine genaue Auseinandersetzung aller verschiedenen Häuser und Dynastien, welche sich unter diesen Völkern hervor gethan haben, darinne antref fen, und auf das genauste ihren Ursprung, ihren Wachsthum und Untergang beschrieben finden.
[↔] Was den allgemeinen Charakter dieses Volks anbelangt, so würde mir es angenehm gewesen seyn, wenn ich in den Schriftstellern, welche ich dabey gelesen, Stofs genug zur Wi derlegung der Gedanken, in denen wir bestän dig wegen der Saracenen gestanden haben, hät te finden können. Ich habe in dem Eingange dieses Werks zu verstehen gegeben, daß wir in Ansehung dieser Völker im Irrthume wären, und daß die Barbarey, welche wir ihnen beyzu legen pflegten, bloß die Wirkung unsrer Vor urtheile sey. Gleichwohl wird man in dieser Geschichte sehen, daß wir uns so gar sehr nicht betrogen haben. Und man mag sie auch in der That unter einer Dynastie betrachten, unter welcher man will, so wird man dennoch finden, daß die Wildheit den Grund ihres Charakters ausmachte.
[↔] Man wird zwar verschiedene Züge der Gna de, der Höflichkeit und Menschlichkeit unter sol chen Regenten antreffen, welche sich ihr Volk gesitteter zu machen, angelegen seyn liessen: al
lein dieser Züge sind sehr wenige, welche über haupt nichts entscheiden können. Man muß in der That kein Volk nach einigen flüchtigen Tugenden beurtheilen, die es unter gluklichen Regierungen gezeigt hat: nur sich immer gleiche Sitten können einzig und allein unsre Führer seyn, wenn wir unser Urtheil fällen sollen. Nun aber stieht man nicht, daß die Araber, wenn man sie auf diese Weise betrachtet, zu einziger Vollkommenheit gelangt sind. Ich finde sie unter den Abbaßiden fast eben so, als sie unter den Ommiaden waren, und wenn ja noch eini ger Unterschied Statt findet, so ist er gewiß zu ihrem Nachtheile. Man kan dieses gleich aus den Gemüthsarten der Fürsten, welche den Thron besessen haben, schliessen. Die Abbaßi den waren eben so wild, als die Ommiaden, gleichwohl aber weniger tapfer und verständig. Man findet verschiedene kriegerische Prinze un ter ihnen, allein in sehr geringer Anzahl: Die übrigen haben entweder gar keine, oder sehr un glückliche Kriege geführt. Sie konnten das reiche Erbtheil, welches die Ommiaden mit Eh ren behauptet hatten, nicht ganz erhalten, und unter ihrer Regierung kam die Califenwürde in die allergröste Verachtung, und ging endlich ganz und gar ein.
[↔] Was die Wissenschafften anbelangt, so muß man zugestehen, daß die Araber einen er staunenswürdig schnellen Fortgang darinne ge habt haben. Gleichwohl blieben sie unter ih nen sehr lange ungebaut, ob sie gleich sehr viel Feuer und Lebhaftigkeit und alle dazu erforder liche Eigenschaften hatten. Die ersten Califen verstanden durchaus nichts, als den
Koran und das Kriegswesen. Die Ommiaden werden gleichfalls für sehr unwissend gehalten; unter den Abbaßiden aber, wie die meisten Schrift steller versichern, ward der Geschmack an den Wissenschaften unter dem Volke fast allge mein, und man sahe auf allen Seiten von den Regenten beschützte Gelehrte, welche Künste und Wissenschaften zur Vollkommenheit zu bringen suchten, und in verschiednen Theilen der Gelehrsamkeit
Werke verfertigten. Ich kan keinen bessern Begrif von dem Fortgange, welchen die Wissenschafften damals unter ihnen hatten, geben, als wenn ich eine lange Stelle aus dem vortreflichen Werke des Hr. Abts Fleyry
von der Wahl der Studien anführe.
[↔] „Man muß, sagt dieser berühmte Schrift steller, die gemeine Meinung verlassen, als ob alle Mahometaner ohne Unterscheid bestän dig aus der Unwissenheit ihr Werk gemacht hätten. Sie haben eine unglaubliche Men ge gelehrter Männer, welches entweder Ara
ber, oder Perser sind; und mit ihren Schrif ten könnte man sehr grosse Büchersäle anfül len. In dem zwölften Jahrhunderte, von welchem ich rede, waren mehr als ein hun dert Jahr verflossen, seit dem sie sich mit be sonderm Fleisse auf die Wissenschaften
legten, und niemals waren sie unter ihnen stärker, als eben zu der Zeit, da sie bey uns am schwäch sten waren, das ist, in dem zehnten und eilf ten Jahrhunderte. Diese Araber, ich verste he darunter alle diejenigen, welche sich Mu selmänner nennten, hatten zweyerley Arten von Studien, die einen waren ihnen eigen, und die andern hatten sie von den Griechen, als den Unterthanen der Constantinopolita nischen Käyser, erborgt.
[↔] Ihre eigne Studien waren vornehmlich ihre Religion, das ist, der Koran; die Ueber lieferungen, die sie dem Mahomet
und seinen ersten Jüngern zueigneten; die Lebensbeschrei bungen ihrer vorgegebnen Heiligen, und die
Fabeln, die sie von denselben erzehlten; die Gewissensfälle bey Ausübung ihrer Religion, z. E. bey dem Gebete, bey den Reinigungen, bey dem Fasten, bey der Wallfahrt; und ih re scholastische Gottesgelahrheit, welche eine unzählige Menge Fragen von den Eigenschaf ten Gottes, von der Vorherbestimmung, von dem Gerichte, von den Nachfolgern des Propheten enthält, als woraus so viel Se cten unter ihnen entstanden.
[↔] Andre studirten den Koran und seine Auslegungen mehr als Rechtsgelehrte, als Theologen, um Regeln in den bürgerlichen Angelegenheiten und die Entscheidung der Streitigkeiten daraus zu erlernen. Denn dieses Buch ist ihr einziges Gesetze, so gar auch in dem, was das zeitliche betrift. An dre legten sich auf ihre Geschichte, die von Anfange ihrer Religion und ihres Reichs, mit vieler Sorgfalt war aufgezeichnet wor den. In der ältern Geschichte aber, waren sie sehr unwissend, und verachteten alle Men schen, welche vor dem Mahomet gelebt hat ten, indem sie diese ganze Zeit die Zeit der Unwissenheit nennten, weil man ihre Reli gion noch nicht gewust habe. Sie begnüg ten sich mit den Alterthümern, welche in den Werken ihrer ältesten Dichter enthalten wa ren, die ihnen statt der Geschichtschreiber in diesen Zeiten dienen mußten. Hierinne wenig stens sind sie offenbar dem Grundsatze der al ten Griechen gefolgt, welche ihre eigenen Ue berlieferungen, so fabelhaft sie auch waren, studirten.
[↔] Man muß aber auch gestehen, daß ihre Poesie sehr wenig gründliche Schönheit ge habt hat, indem sie sich bloß mit schimmern den Gedanken und kühnen Ausdrückungen begnügen ließ. Sie haben sich auf diejenige Art der Poesie niemals gelegt, welche in der
Nachahmung bestehet, und die Leidenschaften zu erregen fähig ist; und das, was sie davon entfernte, ist ohne Zweifel die Verachtung gewesen, mit welcher sie die dahin einschla genden Künste ansehen, wie zum Exempel die Mahlerey und die Bildhauerkunst, welche sie aus einem Hasse gegen die Abgötterey verabscheuten. Ihre Poeten waren auch zur Erlernung der arabischen Sprache sehr nütz lich, welches damals nicht nur die Sprache der Herren und der meisten Völker dieses grossen Reichs, sondern auch die gemeine Sprache des größten Theils, und besonders die Sprache der
Religion war, und noch jetzt ist. Sie studirten vornehmlich den
Koran, und diesen von lebendigen Lehrern zu lernen, begaben sich die Neugierigsten von allen Or ten in die Provinz Irak, und besonders in die Stadt Basora, welche für sie eben das war, was Athen den alten
Griechen gewesen ist. Weil damals auch in Persien sehr mächtige Fürsten waren, so schrieb man auch in ihrer Sprache, welche nach der Zeit weit mehr ausgebessert ward. Dieses sind die Studien, welche den Muselmännern eigen und so alt als ihre Religion sind.
[↔] Die, welche sie von den Griechen geborgt hatten, waren wenigstens zweyhundert Jahr jünger. Gegen das Jahr nehmlich 820 ersuch te der Calif Almamon den Kayser von Con stantinopel um die besten griechischen Schrift steller, und ließ sie in die arabische Sprache übersetzen. Gleichwohl sieht man nicht, daß sie sich jemals auf die griechische Sprache ge legt haben. Sie zu verachten, war dieses ge nug, daß sie die Sprache ihrer Feinde war. Uebrigens hatten sie in Syrien und in Aegy pten so viel Christen, welche das griechische und arabische verstanden, daß sie an Dolmet schern keinen Mangel haben konnten; und die se Christen waren es eigentlich, welche die grie chischen Bücher für sich und sie in das syri sche und arabische übersetzten. Unter den griechischen Büchern fanden sich sehr viele, welche den Arabern gar nichts nütze waren. In einer fremden Sprache konnten sie die
Schönheiten der Poeten, welche von einem ganz verschiedenen Genie waren, nicht einse hen, besonders da ihre
Religion sie von Lesung derselben abhielt. Sie hatten einen solchen Abscheu gegen die Abgötterey, daß sie sich nicht einmal die Namen der falschen Götter aus zusprechen erkühnten; und unter so viel tau send Büchern, die sie geschrieben haben, wird man vielleicht kaum einen finden, welcher sie nennt. Sie waren also weit entfernt, alle diejenigen Fabeln zu studiren, nach welchen unsere neueren Dichter so neugierig sind; und eben dieser Aberglaube konnte sie auch von Lesung der
Geschichtbücher abhalten, beson ders, da sie alles verachteten, was älter, als Mahomet war. Was die Beredsamkeit und Staatskunst anbelangt, welche allezeit in den freyen Republicken entstanden sind, so konn ten sie bey der Regierungsform der Musel männer keine Statt finden. Sie lebten un ter einer gänzlich uneingeschränkten Herr schaft, unter welcher man seinen Mund bloß zu Schmeicheleyen gegen die Regenten eröfnen durfte, und sich wenig um dasjenige beküm merte, was dem Staate am vortheilhaftesten sey, indem man weniger auf die Arten zu über reden, als auf die Mittel dem Gebieter zu ge horchen, bedacht seyn mußte.
[↔] Sie konnten also keine andern Bücher von den alten brauchen, als die mathemati schen, die medicinischen und philosophischen. Weil sie aber weder Staatskunst noch Be redsamkeit suchten, so war Plato kein Mann für sie, zu dessen Verständniß sie überdieses nothwendig die Dichter, die Religion und die Geschichte der Griechen hätten kennen müssen. Aristoteles schickte sich mit seiner Dialectik, und Metaphysik weit besser für sie, weßwegen sie ihn auch mit einem unglaub lichen Eifer studirten. Sie legten sich auch auf seine Physik^, und besonders auf die acht Bücher, welche nur das allgemeine dersel ben enthalten; denn die eigentliche Physik, welche Beobachtungen und Erfahrungen braucht, war kein Werk für sie. Sie studir ten auch die Arzeneykunst sehr fleißig: allein sie gründeten sie vornehmlich auf allgemeine Betrachtungen, der vier Temperamente, und auf hergebrachte Hülfsmittel, die sie nicht untersuchten, sondern mit tausend abergläu bischen Dingen vermengten. Uebrigens ga ben sie sich mit der Zergliedrungskunst, die sie von den Griechen sehr unvollkommen be kommen hatten, nicht ab. Es ist wahr, daß man ihnen die Chymie zu danken hat, und daß sie es darinn sehr weit gebracht haben, wann sie nicht gar die Erfinder der selben gewesen sind; allein sie haben alle die Fehler damit vermischt, die man noch bis jetzt so schwer davon trennen kan; die eiteln Versprechungen nehmlich, die ausschweifen
den Grillen, die abergläubischen Processe, und alles, was die Marktschreyer und Betrü ger anwenden. Sie mußten also sehr leich te auf die Magie, und auf alle Arten der Pro phezeyungen verfallen, mit welchen sich die Menschen so gerne beschäftigen, wann sie von der Naturlehre, von der
Geschichte und der wahren Religion nichts wissen, wie man es an dem Beyspiele der alten Griechen ge sehen hat. Was sie in diesem Wahne am meisten unterstützte, war die Astrologie, auf welche alle ihre mathematischen Studien hinaus lieffen. Man hat auch in der That, unter der Regierung der Muselmänner, die se vorgegebene Wissenschaft so sehr getrie ben, daß so gar die Regenten ihre angenehm ste Beschäftigung daraus machten, und ihre größten Unternehmungen nach den Grund sätzen derselben einrichteten. Der Calif Ama mon
rechnete die so berühmten astronomischen Tafeln selbst aus, und man muß gestehen, daß sie so wohl zu seinen Beobachtungen, als für andere Theile der Mathematik, z. E. die Meßkunst und Arithmetik, sehr nützlich waren. Man hat ihnen auch die Algebra und die Decimalrechnung, welche in der Arithmetik so viel Vortheile hat, zu danken. Was die Astronomie
anbelangt, so hatten sie eben die Vortheile, welche die alten Ae gypter bewogen hatten, sich darauf zu legen, indem sie in eben demselben Lande wohnten; übrigens hatten sie alle Beobachtungen der Alten, und auch alle die, welche die Griechen noch dazu gethan hatten.„
[↔] Aus dieser Stelle kan man die Beschaffen heit der Wissenschaften bey den Arabern, un ter der Regierung der Abbaßiden, ermessen. Ich habe mich bemüht, die Beweise davon an zubringen, indem ich alle dahin einschlagende wichtige Begebenheiten gesammlet; allein zur Ausführung dieses von dem Hr. Fleury so voll ständig entworfnen Bildes, müßte man noth wendig auf die Quellen zurückgehen, und aus den arabischen Geschichtschreibern selbst dasje nige schöpffen können, was einen vollständigen Begrif von dem Fortgange und der Stärke der Wissenschaften unter diesen Völkern, des gleichen von ihren erlittenen Veränderungen, zu machen geschickt sey.
[↔] Es ist noch übrig, daß ich des arabischen Jahres gedenke, und von der Art, wie man die mahometanische Hegiere mit der christlichen Zeitrechnung vergleichen müsse.
[↔] Das arabische Jahr bestehet, wie das unsrige, aus zwölf Monaten, welches folgende sind: Mo harram, der erste Rebiah, der zweyte Rebiah, der erste Giomada, der zweyte Giomada, Regeb, Schaban, Ramadan, Shaval, Dulkadah und Dulhegiah. Diese Monate haben wechselsweise dreyßig und neun und zwanzig Tage, das ist, der erste hat deren 30, der zweyte 29, der dritte wie der 30 und so weiter. Die Zahl der Tage also von allen diesen Monaten, macht, wie man sieht, blosse Mondenmonathe daraus, welche das Jahr ohngefehr um 11 Tage kürzer, als das Sonnen jahr machen. Man nennt sie schweiffende Mo nate, weil sie sich nach und nach in allen Jahrs zeiten finden, und von dem Winter auf den Herbst, von dem Herbste auf den Sommer, und von dem Sommer auf den Frühling kommen. So daß, wenn z. E. ihr Jahr mit dem Jenner anfängt, so fängt es drey Jahr darauf mit dem December an, hernach mit dem November, und so weiter.
[↔] Die alten Araber wollten dieser Unbequem lichkeit abhelfen, und die Wallfahrt nach Mecca auf den Herbst feste setzen, weil diese Jahrszeit die bequemste dazu sey, sowohl in Ansehung der kühlen Witterung, als der Menge von Früchten, welche als denn reif sind; sie bedienten sich also der Einspaltung, welche sie von den Juden
gelernt haben, und verlängerten alle drey Jahre ihr Jahr mit einem Monate. Durch dieses Mittel also machten sie Sonnenjahre daraus. Diese Ver besserung war lange Zeit vor dem Mahomet vor genommen worden, und noch damals im Gebrau che, als er seine neue
Religion aufbrachte. Allein dieser neue Gesetzgeber glaubte, ein Jahr von 13 Monaten sey wider die göttliche Einsetzung, schnitt also diesen eingespaltenen Monat ab, und führte das schweifende Mondenjahr wieder ein, welchem die Mahometaner noch bis jetzt folgen.
[↔] Da, wie ich gesagt habe, dieses Jahr eilf Ta ge kürzer als das Sonnenjahr ist, so folgt dar aus, daß in 33 arabischen Jahren, 33 mal 11 Tage mangeln müssen, welche 363 Tage, und al so beynahe ein gantzes Sonnenjahr ausmachen. Wenn man folglich von 33 zu 33 Jahren immer ein Jahr einschaltet, so lassen sich die arabischen Jahre gar leicht auf unsre Zeitrechnung brin gen.
[↔] Gleichwohl ist noch etwas mehr bey dem ara bischen Jahre der Muselmänner zu beobachten. Die mahometanischen Araber setzten die Flucht des Mahomets von Mecca nach Medina, welche in dem Jahre nach C. G. 621. geschah, in den Monat Julius, es ist daher nöthig, wenn man den muselmännischen Calender mit dem christlichen vergleichen will, daß man zu dem Jahre der He gire, welches man mit dem christlichen Jahr ver gleichen will, zu erst 621 hinzuthut, und nach ge schehener Addition von der daraus entspringenden Zahl so viel Einheiten abzieht, so vielmal die Zahl 33 darinne enthalten ist. Wenn man z. E. wis sen will, wie man das Jahr der Hegire 656 in das christliche Jahr verwandeln soll, so muß man zuerst 621 hinzusetzen, woraus die Zahl 1277 er wächset; hernach muß man von dieser letzten Zahl so viel Einheiten abziehen, so viel mal 33 darinne enthalten ist: man wird also 19 von 1277 abzie hen müssen, welches 1258 übrig läßt, als welches das wahre christliche Jahr seyn wird, das mit dem Jahre der Hegire 656 übereinkömmt. Wenn man aber wissen will, mit was für einem Jahre der Hegire z. E. das christliche Jahr 1258 über einkommt, so braucht man diese Rechnung nur zu verkehren, und erst 621 von der Jahrzahl abzuzie hen, woraus 637 entspringen wird, und zu dieser Zahl soviel Einheiten hinzuthun, so viel mal 33 darinne enthalten ist, das ist 19, welches zu 637 hinzugethan, 656 hervorbringt, als das wirkliche Jahr der Hegire, das mit dem Jahre 1258 übereinkommt.
[↔] Unterdessen ist doch noch zu merken, daß diese Methode nicht von der äussersten Genauigkeit sey; denn da das arabische Jahr schweifend ist, und bald in dieser bald in einer andern Jahrszeit an fängt, so kan es geschehen, daß man ein Jahr der Hegiere als schon instehend ansieht, das es noch nicht ist, oder wohl schon gar vorbeygeflossen ist; allein der Irrthum beträgt blos einige Monate. Diejenige, welche eine genauere Berechnung ver langen, können die Tafeln des Riccioli zu Rathe ziehen, die er zu Vergleichung der Jahre der He giere mit den christlichen Jahren erfunden hat.
Auch in den chronologischen Tafeln des Hr. Abts Lenglot kan man eine derglei chen Berechnung finden.
Vorrede
des Verfassers.
[↔] Des Vorwurfs ungeachtet, welchen man den Neuern, und besonders unsrer
Nation, wegen ihrer Liebe zu Klei nigkeiten macht, ist es gleichwohl un widersprechlich, daß sich der Geschmack
an dem wahren, guten und gründlichen, noch immer erhalten hat, und sich auch noch jetzt erhält. Wann die Werke der Einbildungskraft, wel che bloß belustigen, einen schleinigen Fortgang haben, so nimmt man doch auch die ernsthaf ten nicht ungeneigt auf. Die ersten haben in der That einen glänzenden Lauf; allein er ist gemeiniglich von kurzer Dauer: sie gleichen dem Blitze, welche nur ein flüchtiges Feuer von sich werffen, und oft keine Spur zurück lassen. Diese hingegen haben einen ernsthaf ten, langsamen und ununterbrochnen Gang: anstatt, daß sie die Zeit vernichten solle, so vermehrt sie vielmehr die Schätzbarkeit der selben.
[↔] Wir haben die deutlichsten Beweise hier von an einer sehr grossen Menge Geburthen, welche für den Witz
eben so nützlich, als für das Herz, und wegen der zierlichen und reinen Schreibart eben so lobenswürdig sind, als we gen ihrer klugen und genauen
Moral. Von dieser Art ist unter andern die alte Geschichte des berühmten Rollins, deren gute Aufnahme aller Welt bekannt ist. Ich führe diesen Ver fasser deswegen insbesonders an, weil ich mir in diesem gengenwärtigen Werke vorgenom men, seine Fußtapfen nachzugehen, ohne daß ich seine Vollkommenheit erreicht zu haben verlange.
[↔] Da dieser mit Verdienst, Arbeit und Jah ren überhäuste Gelehrte mitten in seinem Un ternehmen seine Laufbahn beschloß, so hat man die Fortsetzung mit der allergrößten Begierde erwartet. Die Wünsche des Publicums sind auf verschiedene Weise in Erfüllung ge gangen. Indem auf der einen Seite einer (1) von den berühmtesten Schülern dieses grossen Mannes, ein würdiger Erbe seiner Tugenden, 1
seines Witzes, und seiner Gaben, die römische Geschichte mit vielem Beyfalle fortsetzet; so ar beitet ein andrer Schriftsteller, (2) welcher sich durch die sinnreiche Weltcharte (3) aller Staaten und Reiche der Welt bekannt ge macht hat, an einem Theile der alten
Geschichte, welche Persien und die benachbarten Länder betrift. Man wird dasjenige darinne finden, was sich in dem Morgenlande, ganzer 800. Jahr hindurch, unter der Regierung zweyer grossen Häuser, welche Persien und andere Länder beherrscht haben, seit dem Aufstande der Parther wider die Nachfolge des Alexanders, bis auf den letzten Artaxerxischen König, den Jzdegerd, welcher von den arabischen Musel männern, gegen das 640ste Jahr nach Christi Geburth, von dem Throne gestossen ward, zuge tragen hat. Dieses Werk kan als ein vorläuf figer Theil dieser meiner Geschichte angesehen werden, und so wohl das eine, als das andere, 2 3
sind eine natürliche Fortsetzung der Geschichte des Rollins.
[↔] Ich war anfangs willens, ein viel weitläuf tiger Werk zu schreiben. Meine Absicht war eine allgemeine Geschichte der Araber, mit wel cher ich mich seit langer Zeit beschäftigte, und wozu ich schon alle Materialien gesammlet hat te, zu schreiben. Allein was für Hindernisse habe ich nicht angetroffen, als ich meine Samm lungen in einen historischen Zusammenhang zu bringen versuchte? Indem ich dasjenige un tersuchte, was ich aus den arabischen Schrift stellern, von welchen wir Uebersetzungen haben, getreulich zusammen geschrieben hatte, so sahe ich, daß sich die meisten dieser Schriftsteller widersprachen, welches mich um so viel ver wirrter machen mußte, da ich der arabischen Sprache nicht mächtig genug bin, die Origi nale dieser Geschichtschreiber zu Rathe zu zie hen, um zu sehen, ob die meisten von diesen Widersprüchen nicht vielmehr auf die Ueberse tzer als die Verfasser zu schieben sind: folg lich ist mir es auch unmöglich gewesen, in den sehr vielen arabischen Geschichtschreibern, die wir haben, dasjenige aufzusuchen, wodurch ich ihre verschiedenen Meinungen vielleicht hätte vereinigen können.
[↔] Ich hatte geglaubt, aus der orientalischen Bibliothek des Hn. Herbelot viel Nutzen zu zie hen, als welches Werk zu meiner Absicht ohne Zweifel ungemein nützlich würde gewesen seyn, wann der Verfasser, der das arabische vollkom men wohl verstand, Zeit gehabt hätte, sein Werk zu übersehen, die letzte Hand daran zu legen, und den Abdruck selbst zu besorgen. Doch da dieser Gelehrte allzuzeitig starb, so begnügte man sich, die verschiedenen Sammlungen, wel che er zu seiner vorgehabten Absicht gesamm let hatte, nach dem Alphabete zu ordnen, und wendete auch noch dabey sehr wenig Sorg falt an. Diese Arbeit wurde ohne die gering ste critische Beurtheilung ausgeführt, daß al so nothwendig ein Zusammenhang von lauter Fehlern und Widersprüchen, welche einen lehr begierigen Leser zur Verzweiflung bringen kön nen, daraus entspringen mußte.
[↔] Unterdessen muß man doch gestehen, daß dieses noch das beste ist, was wir in unsrer Spra che zu Rathe ziehen können: und ungeachtet der Fehler dieses Werkes, kan man es sich doch sehr wohl zu Nutze machen, wenn man es mit Ueberlegung lieset, und sich dabey auf einen glaubwürdigen Schriftsteller stützet, mit dessen Hülffe man die hin und her zerstreuten Reich
thümer zusammen suchen und in Ordnung bringen kan.
[↔] Dieses nun habe ich mich besonders auszu führen bemüht, indem ich mir hauptsächlich die gelehrte Geschichte der Patriarchen zu Alexandria, welche der Hr. Abt Renaudots herausgegeben, zu Nutze gemacht; ein Werk, in welchem dieser Gelehrte einen sehr weitläuf tigen Auszug von der Geschichte der Sarace nen, oder arabischen Muselmänner, seit dem Mahomet, bis auf die Austilgung der Califen durch die Tartarn, mittheilet.
[↔] Dieser in allen Arten der Gelehrsamkeit, und besonders in den Sprachen so bewanderte Ge lehrte, hat mich in dem gerechten Mißtrauen, welches ich aus Lesung der orientalischen Bi bliothek geschöpt, bestärket. Ob er gleich ein grosser Freund des Verfassers, dessen Gaben und Verdienste er sehr hoch schätzt, gewesen war, so redet er doch von seinem Werke nicht allzu vortheilhaft, und vergißt nicht, das Pu blicum zu warnen, es anders als mit Behut samkeit zu lesen. (4) Er bedauert, daß Hr. 4
Herbelot nicht Zeit gehabt, es zu übersehen, und ist gewiß versichert, daß, wenn er eben so viel Genauigkeit und Aufmerksamkeit, als Einsicht angewendet, wir in dieser Art nichts vollkommneres haben würden.
[↔] Uebrigens ist Herbelot nicht der einzige Schriftsteller, welchem Hr. Renaudots in der saracenischen Geschichte wenige Genauigkeit Schuld giebt. Er geht viel weiter zurück, und zeigt, daß selbst verschiedne ursprüngliche Schriftsteller sich betrogen, und die
Geschich te ihres Volks sehr ungetreu erzehlt haben. Er beklagt sich insbesondre über den Elma cin, (5) und beweiset, daß dieser Schriftstel= 5
ler an verschiednen Fehlern Ursache sey, welche dieser und jener, und unter andern Herbe lot, (6) in seinem Werke begangen hat.
[↔] Der Anblick so vieler Klippen bewog mich, mit der grösten Vorsichtigkeit zu Werke zu gehen. Anstatt mich also in die allgemeine Geschichte der Araber einzulassen, habe ich meine Erzehlung von diesem Volke blos auf die Zeiten eingeschränkt, da sie unter der mo narchischen Regierung des Mahomets und sei ner Nachfolger gestanden haben. Obgleich die ursprünglichen Schriftsteller nicht allezeit wegen verschiedner Begebenheiten und ihrer Zeitrechnung einig sind, so habe ich doch an gemerkt, daß ihre Erzehlungen, in Betrach tung der Ordnung der Nachfolger des Ma= 6
homets, und der verschiedenen Veränderungen, welche dem saracenischen Reiche mehr als einmal eine andere Gestalt gegeben, ziemlich gleichförmig sind. Ich habe also diesen Theil der arabischen Geschichte am besten zu beschrei ben geglaubt, wenn ich nur dasjenige ange führt, was von dem Schriftsteller einmüthig bekräftiget wird. Ich will es denen, welche mehr Wissenschaft, Gedult und Zeit haben, überlassen, an einem weitläuftigern und voll ständigern Werke zu arbeiten.
[↔] Gleichwohl wird diese Geschichte, so wie ich sie liefre, einigermaassen der Absicht, die Wer ke des berühmten Hrn. Rollins fortzusetzen, gemäß seyn. Da dieser Gelehrte keine andre Absicht hatte, als die gemeinen Leser, und be sonders die Jugend zu unterrichten, so ent schlug er sich aller beschwerlichen Untersuchun gen, welche nur für Gelehrte und für diejeni gen gehören, die eine
Geschichte in allen ihren Theilen ergründen wollen. Man wird in die ser sowohl, als in der seinigen, häuffige Ver änderungen, umgestürzte Throne, zum Glücks balle gewordene Monarchen, und geringe Sklaven antreffen, die sich der Krone bemäch tigen, und mächtige Dynastien stiften, welche eine nach der andern entstehen, und von andern mächtigern Dynastien zerstöret werden. Er staunliche Wirkungen der geheimen Rath schläge des höchsten Wesens, welches die Kro nen und Zepter in seiner Hand hat, und sie nach seinem Wohlgefallen austheilet!
[↔] Dieses ist das grosse Schauspiel, welches die Geschichte der Araber, unter ihren Für sten, seit Errichtung der monarchischen Re gierung, dem Leser darstellet.
[↔] Das Leben des Mahomets, des Stifters ihrer
Religion und ihres Reichs, ist als ein Eingang zu diesem Werke anzusehen. Ich habe nur einen sehr kurzen Auszug daraus mitgetheilt, welcher aber gleichwohl hinläng lich seyn wird, das grosse Genie dieses beson dern Mannes daraus zu erkennen, welcher oh ne Erziehung, ohne Wissenschaft, das Volk zu hintergehen und sich einen so beträchtlichen Anhang zu machen gewußt hat, daß er sowohl die Regierungsform, als die Religion seines Landes zu verändern, und sich zugleich zum Könige und Priester seines Volks einzusetzen im Stande war.
[↔] Der Anfang seiner vorgegebnen Sendung war ausserordentlich stürmisch. Die Einwoh ner von Mecca, unter welchen er seine Schwär merey ausbreiten wollte, erklären sich wider ihn, und drohen ihm mit nichts geringern als mit dem Tode. Da er die Flucht zu ergreif fen genöthiget wird, um sich den Nachstellun gen seiner Feinde zu entziehen, so flieht er nach Medina, und predigt daselbst viel unge scheueter, als vorher. Die Verfolgung, die man zu Mecca wider ihn erregt hatte, feuert ihn an, und er weiß auf eine geschickte Art sich ein Verdienst daraus zu machen. Damit das Andenken der mißlichen Umstände, in welchen er sich damals befand, auf ewig erhal ten werde, so machen seine Anhänger eine be rühmte Epoche daraus, welche noch bis jetzt in einem grossen Theile der ganzen Welt, wo man der Lehre dieses vorgegebnen Propheten folgt, bestehet. Diese Epoche heißt Hegire, welches Wort in dem Arabischen die Flucht bedeutet. Ich werde weiter unten in dieser Vorrede davon reden, und zeigen, wie man sie mit der christlichen Zeitrechnung vergleichen könne.
[↔] Kaum hat sich der neue Gesetzgeber zu Me dina feste gesetzt, als er seinen Proselyten die Waffen in die Hand giebt, und den Krieg nach Mecca bringt, welches er seiner Both mäßigkeit unterwürffig macht. Auf diese Er oberung folgt gar bald die Ergebung aller drey Theile Arabiens. Die ganze alte Re gierungsform bekömmt eine neue Gestalt, und man folgt durchgängig dem Gesetze des Ueber winders. Nachdem er sich zum Herrn von seinem eignen Vaterlande gemacht, so unter nimmt er, durch Gewalt der Waffen, seine Re ligion und sein Reich auszubreiten. Er macht den Anschlag sich Syriens zu bemächtigen, welches damals die Griechen inne hatten: er fängt in der That den Krieg wider diese Völ ker an; der Tod hält ihn mitten in seinem Un ternehmen auf; seine Nachfolger aber setzen es fort, und führen es mit einer recht wunder baren Schnelligkeit aus.
[↔] Da Mahomet ohne männliche Erben, und ohne sich einen Nachfolger ernennt zu haben, gestorben war, so droht die Uneinigkeit der vornehmsten Muselmänner, diesem erst anwach senden Reiche der Araber seinen Untergang. Ali, ein Anverwandter des Propheten, und sogar sein Schwiegersohn, welcher seine Toch ter, die Fatime, geheyrathet hatte, macht auf die Krone Anspruch: man ist auf dem Puncte handgemein zu werden; endlich aber wird der Streit beygelegt, und man wird eins, den Abube ker, dessen Tochter Aiesha eine von den Weibern des Mahomets gewesen war, und zwar dieje= nige, welche er am allerliebsten gehabt hatte, für das Oberhaupt zu erkennen.
[↔] Die Ehrerbietung, die man gegen den Stifter des Staats hatte, verhindert seine Nachfolger, einen stolzen Titel anzunehmen; man will, so zu reden, daß nur er auf ewig über das Volk gebieten solle; und diejenigen, welche den Thron nach ihm besitzen, begnügen sich mit dem Titel Califen, das ist, Nach folger, oder Verwalter. Abubeker ist der erste, welcher diesen Titel annimmt, und mit ihm fängt eigentlich diese Geschichte an.
[↔] Dieser Fürst regiert nicht länger, als zwey Jahre, und in diesem kurzen Zeitraume gelingt es ihm, verschiedene Partheyen, die sich in A rabien hervor gethan hatten, zu unterdrücken. Er setzt zugleich das Unternehmen des Ma homets wider die Griechen
fort. Er dringt bey ihnen ein, und bemächtiget sich ei nes Theils von Syrien. Omar, sein Nach folger, bringt die Eroberung dieses Landes zu Stande. Kurz darauf begeben sich seine Feldherren nach Aegypten, und machen sich von diesem weiten Reiche Meister. Nach ihm kömmt Othman, welcher in seine Fuß tapfen tritt, und seine Regierung durch die Waffen merkwürdig macht. Auf der einen Seite bemächtigen sich die Saracenen der In sel Cyprus; auf der andern thun sie einen Einfall in das persische Reich, überwinden die Völker desselben, und bringen sie unter das Joch der Califen.
[↔] Othman wird ermordet. Ali gelangt endlich zur Regierung, und erlangt ein sehr grosses Ansehen, welches aber mehr auf die Schwärmerey seiner Anhänger, als auf ein wirkliches Verdienst gegründet ist. Die Per ser, zum Exempel, und einige andere Völker, haben gegen diesen Califen eine besondere Ehr erbietung. Sie betrachten ihn als den einzi gen wahrhaften Nachfolger des Mahomets, und wollen folglich die drey ersten Califen nicht erkennen. Sie lassen sich in die übertrieben sten Lobeserhebungen dieses Regenten aus, und halten ihn für einen der allergrößten Für sten, welche die Araber in ihrer Monarchie gehabt haben.
[↔] Unterdessen muß ich gestehen, daß ich in der Geschichte nichts gefunden habe, welches den Begriffen gemäß wäre, die uns seine An hänger von diesem Califen machen wollen. Nirgends zeigt er sich als ein grosser Mann; man erkennt ihn vielmehr für nichts, als für einen verwirrten Kopf; welcher mit sich selbst uneinig ist, und noch weit uneiniger mit andern. Eben in dem Augenblicke, da sein Schwieger vater stirbt, schmiedet er auf die Nachfolge heim liche Anschläge; seine ehrgeitzige Gemüthsart aber macht, daß er den Verdruß, welchen ihm die Erwählung seiner drey Vorgänger verur sacht, verbeißt. Man will so gar, daß er einer von den Verschwornen, welche den Othman um das Leben brachten, gewesen sey; und als man ihm nach dieses Tode die so sehnlich ge wünschte Krone anträgt, so schlägt er sie aus, und nimmt sie endlich nicht anders, als mit der größten Widerstrebung, an. Kaum aber ist er auf dem Throne, als er mit der ganzen Welt Zanck bekömmt, und zuletzt erbittert er die Gemü ther so, daß er seine Hauptstadt verlassen, und den Sitz seines Reichs anderswo aufschlagen muß.
[↔] Der Veracht, den man wider diesen Ca lifen, wegen der Ermordung des Othmans hatte, dient nunmehr einem Aufruhre zum Vorwande, welcher in Syrien ausbricht. Moavias, welchen Othman zum Statthalter in dieser Provinz gemacht hatte, will den Tod seines Wohlthäters rächen. Er erklärt den Ali
für der Nachfolge unwürdig, weigert sich, ihn zu erkennen, läßt sich selbst als den recht mäßigen Califen ausruffen, und schlägt seinen Sitz zu Damascus auf.
[↔] Ali wendet vergebens seine Kräfte wider diesen Mitbuhler an. Er greift zu den Waf fen: er wird geschlagen, und muß es noch für ein Glück schätzen, daß er einen Vergleich erlangen kan, vermöge dessen man ihm erlaubt, in Arabien den Titel und die Vorrechte eines Califen zu behalten. Kurz darauf wird er er mordet, und läßt zwey Söhne, wovon der äl teste zur Krone gelangt.
[↔] Hassan, so hieß dieser Fürst, hatte mehr Un glück, und weniger Geschike als sein Vater, daß er sich also wider die Anschläge des Moavias nicht lange aufrecht erhalten konnte. Nach ei ner sechs monatlichen Regierung bewilliget er also, den Zepter niederzulegen, welchen er nicht würdig war zu führen. Nunmehr ist Moa vias der einzige Besitzer des Thrones. Er wird von allen Muselmännern für einen rechtmäßi gen Califen erkannt, und ist der erste von der berühmten Dynastie der Ommiaden, wel che von dem Ommiah, dem Haupte dieses Hauses, also genennet wird.
[↔] Kaum ist Moavias in dem ruhigen Besi tze des Thrones, als er die Ehre desselben aus zubreiten sucht. Er setzt die Unternehmungen, welche die ersten Califen wider die Griechen angefangen hatten, fort: er jagt sie aus Ar menien und Natolien, und treibt sie bis nach Constantinopel zurück. Er ergreift hernach sol che Maaßregeln, durch welche er seine Würde erblich macht, da sie vorher bloß von der Wahl abgehangen hatte. Er bringt die Krone auf seinen Sohn, und dieser auf seine Nachkommen.
[↔] Diese Dynastie erhält sich, mit vielem Ruh me, unter vierzig Regenten, welche alle auf ein ander folgen, obschon nicht nach der graden Li nie, weil die Brüder oft zum Nachtheile ihrer Neffen den Thron bestiegen, wann diese allzu jung waren, oder wenn man sonst Ursachen hat te, sie von der Regierung auszuschliessen. Die se Nachfolge dauret in dem Geschlechte des Ommiah, bis auf den Mervan II, einen der berühmtesten, zugleich aber der unglücklichsten Regenten seines Hauses, ununterbrochen fort.
[↔] Die Vertilgung der Ommiaden war das Werk der Abbaßiden, welche von dem Abbas, einem Oheime des
Mahomets, ihren Namen hatten. Sie brauchten zur Ausführung ihres Unternehmens eben den Vorwand, dessen sich die Ommiaden bedient hatten, die Krone in ih re Hände zu bringen. Diese hatten sich wider den Ali, als den Mörder des Othmans, erklärt; und die Abbaßiden greiffen wider die Ommiaden zu den Waffen, den Tod des Ali zu rächen, für dessen Mörder sie dieselben erklärten. Sie setzen sich auf dem Throne vermittelst des Blut
bades feste, dessen Beschreibung man zu Anfan ge des dritten Bandes dieser Geschichte finden wird.
[↔] Einigen Geschichtschreibern zu Folge, ent kamen zwey Prinze dieser erschrecklichen Ermor dung. Der eine zog sich in einen Winkel Ara biens, wo er den Titel eines Califen ziemlich ruhig genoß, doch ohne einiges Ansehen, als nur in einem sehr engen Bezirke zu haben. Er er richtete eine Art von Dynastie, welche bis ge gen das Ende des sechzehnten Jahrhunderts nach Christi Geburth dauerte. Der andere flohe nach Spanien, und wurde daselbst von den arabischen Muselmännern, welche einen Theil dieses Reichs erobert hatten, zum Califen erwehlet. Seine Nachkommen regiereten nach ihm, und erhielten sich beynahe ganzer dreyhun dert Jahre auf dem Throne, so lange nehmlich, bis die Almoraviden Spanien eroberten.
[↔] Die Abbaßiden, welche sich für die wirkli chen Kinder aus dem Hause des Mahomets aus gaben, indem sie nehmlich von dem Haschan und Abdal=Motaleb mit dem Propheten zu gleich abstammten, erhielten sich ganzer fünf hun dert Jahr auf dem Throne, unter 37
Regenten, deren Geschichte den dritten und vierten Band dieses Werks ausmacht. Der Sitz ihres Reichs war anfangs zu Cuffah. Almansor, der zwey= te Calif dieser Dynastie, verlegte ihn nach Ha schemia: allein eine Beleidigung, die ihm in die ser Stadt widerfuhr, brachte ihn auf den Ent schluß, die Stadt Bagdat zu bauen, welches die Hauptstadt des muselmännischen Reichs, bis zum Untergange der abbaßidischen Ge schlechtsfolge, blieb. Unterdessen wollte doch Motassem, einer von den Califen dieses Hau ses, den kayserlichen Sitz nach Samarath ver legen; allein dieses daurete bloß einige Jahre, worauf er wieder nach Bagdat zurück kehrte, welches bis zu Ende der vornehmste Sitz der Califen war. Daher kömmt es, daß man die Abbaßiden, die Califen von Bagdat, und die Ommiaden, wegen ihres beständigen Aufenthalts in Syrien, die syrischen Ealifen nennt.
[↔] Der Fall der Ommiaden war bloß daher gekommen, weil sie den Statthaltern in den Provinzen ein allzugrosses Ansehen verstattet hatten: Die Abbaßiden begingen eben diesen Fehler, und ihre Macht ward hierdurch unge mein geschwächt. Unterdessen erhielten sie ih re Dynastie doch weit länger als die Ommia den; obschon nicht in eben dem Glanze, in An sehung ihrer sich weit erstreckenden Bothmäs sigkeit.
[↔] Es fielen unter ihrer Regierung verschiedne Zertheilungen des Reichs vor, in welchen eben so viel verschiedne Dynastien angelegt wurden. Von dieser Art waren die Thaherier, und die Soffariden, welche in Persien und Turquestan herrschten; deßgleichen die Tholomiden und Aschidier, welche in Aegypten unter dem Titel der Sultane regierten, gleichwohl aber den Ca lifen zu Bagdat als ihren Oberherrn verehrten.
[↔] Auf die Aschidier folgten die Fatimiten, welche die wahrhaften Nachfolger des Maho mets, als Abkömmlinge des Ali von der Fa time, der Tochter des
Propheten, zu seyn vor gaben; sie liessen sich zu Regenten von Aegy pten erklären, und nahmen ungescheut den Ca lifentitel an. Damals ward in dem ganzen Umfange ihres Gebietes der Name der Califen zu Bagdat aus den öffentlichen Gebetern aus gelassen; es wurden auch in dem ganzen Lande keine Münzen von ihrem Stempel mehr ge schlagen. Bey dieser unumschränkten Herr schaft erhielt sich die neue Dynastie ganzer drey hundert Jahr, nach deren Verfliessung sie wie der in den Besitz Aegyptens traten, und für die Oberherren desselben erkannt wurden, doch ohne die geringste wirkliche Gewalt darinne zu haben.
[↔] Uebrigens hatten sie in ihrem eignen Gebie te beynahe eben so wenig Gewalt. Einige von den Abbaßiden waren so unvorsichtig gewe sen, fremde Soldaten an ihrem Hofe einzu führen, welche der Califenwürde unbeschreib lichen Abbruch thaten. Diese Trupen, welche man aus Turquestan gezogen hatte, und deren in dieser Geschichte unter dem Namen der tür kischen Militz Erwähnung geschicht, mißbrauch ten die Gunst gar bald, mit welcher sie die Califen beehrten. Nach und nach brachten sie alle Gewalt an sich, so daß sie nach ihrem Gefallen die Vezire, ja wohl gar die Califen selbst, absetzten. Mit der Zeit brachte man sie zwar endlich wieder in ihre Schranken; die Califen aber wurden gleichwohl dadurch nichts mächtiger. Die Räthe dieser Fürsten kannten die schwache Seite ihrer Herren, und wußten sich so viel Gewalt über sie zu verschaffen, daß sie gar bald wieder in die Sklaverey fielen, aus welcher sie sich hatten reissen wollen.
[↔] Einer von den Abbaßiden versuchte den Uebermuth dieser Räthe zu unterdrücken, in dem er eine neue Würde, noch über die Ve zire, machte; die Würde nehmlich eines Emir al=Omara, das ist, eines Befehlshabers der Befehlshaber. Durch dieses Mittel waren die Vezire so gut als abgeschaft; den noch aber blieben die Califen in der Knechtschaft, und durch die Ränke derjenigen, welche auf diese hohe Würde Anschläge machten, wurde der Staat weit mehr als jemals beunruhiget. Hieraus entstanden die beständigen Kriege zwi schen den Fürsten von verschiednen Dynastien, die in den Provinzen aufgestanden waren, wel che ihnen die Califen zu eigen geschenkt hatten. Ein jeder machte auf die Emirwürde Anspruch; und kaum war der eine dazu gelangt, so ward er von einem andern wieder verdrengt. Die zeitliche Gewalt der Califen fiel in ihre Hän de, so daß den Regenten selbst nichts als der leere Titel übrig blieb. Dieses wird man in gegenwärtiger Geschichte umständlich erzehlt finden, wenn wir von den grossen Bewegun gen reden werden, welche von den Baridiern, den Hamadaniten, den Buiden, den Gatzne riden, den Khuaresmiern, und besonders von den berühmten turquestanischen Fürsten, wel che unter dem Namen Selgiuciden so be kannt sind, erregt wurden.
[↔] Während der Zeit, als sich diese Mächte unter einander aufrieben, sahe man eine andre Ansprüche machen, und zu ihrem Zwecke ge langen. Es war dieses die Dynastie der Ata becks, welcher die Califen zu Bagdat die Un terdrückung der Fatimiten in Aegypten, als nach deren Verfall Syrien und Aegypten wie der unter die Bothmäßigkeit der Abbaßiden
kam, zu danken hatte. Dieser grosse Anschlag ward von dem Atabeck Nureddin, welcher in unserer Geschichte
Noradin heißt, entworffen, und von dem berühmten
Salaheddin, oder Saladin, wie er in den occidentalischen Spra chen genennet wird, ausgeführt. Dieser Fürst machte sich zum Sultane von Aegypten, und ward das Haupt der Dynastie der Aicubiten, die hernach von den türkischen Sklaven, den Mammeluken, aus welchen sich einer von den Nachfolgern des Salaheddin eine Militz ge macht hatte, ausgerottet wurde.
[↔] Unter dem Sultanate dieses Fürsten und seiner Nachfolger geschah es, daß die ganze Christenheit
die bekannten und unnützen Kreutz züge unternahmen. Ich habe des Anfangs dieser Kriege nur ganz mit wenigen unter der Regierung der Fatimiten erwähnt, weil es meine Absicht eigentlich nicht ist, von diesen Califen zu handeln, und ich mich also in das jenige nicht einlassen konnte, was unter ihrer Regierung vorgegangen. Von dem Augen blicke aber ihres Verfalls an, habe ich die Fort setzung dieser Kriege umständlicher beschrieben, weil alsdann Syrien und Aegypten wieder un ter die Bothmäßigkeit der Abbaßiden kam, und dasjenige also, was in diesen Provinzen damals vorging, einen Theil von meiner Geschichte ausmacht.
[↔] Zu eben der Zeit, als die orientalischen Län der von so vielen Verwirrungen beunruhiget wurden, erhob sich eine neue Dynastie, welche weit furchtbarer war, als alle die, welche vor ihr erschienen waren. Es war dieses die Dy nastie der Genghiskanier, welche von dem Gen ghiska, ihrem Haupte, also genennet wurden. Dieser durch den schnellen Fortgang seiner Tha ten so berühmte Fürst, breitete sich an der Spitze der Mogols und Tartarn in den Morgenlän dern aus, und brachte gar bald ein unermeßliches Stück Landes unter seine Bothmäßigkeit. Sei ne Nachfolger, welche seinen Muth und seinen Haß gegen die Muselmänner erbten, vereinig ten mit ihrer Krone die meisten Staaten, de ren sich die Fürsten der andern Dynastien, wel che bisher so furchtbar gewesen waren, bemäch tiget hatten, und machten sich endlich auch von Bagdat Meister, ermordeten den Califen und seine Kinder, und vertilgten in ihnen das be rühmte Haus der Abbaßiden, welche den Thron länger als fünfhundert Jahr inne hatten.
[↔] Hier ist es, wo sich diese Geschichte endiget, worinne man nichts vorgebracht zu haben sich schmeichelt, als was von den glaubwürdigsten Geschichtschreibern
bestätiget wird, gesetzt auch, daß man nicht alles angeführt hat, was man von den arabischen Muselmännern merkwürdiges sagen könne. Man wird unter andern eine genaue Auseinandersetzung aller verschiedenen Häuser und Dynastien, welche sich unter diesen Völkern hervor gethan haben, darinne antref fen, und auf das genauste ihren Ursprung, ihren Wachsthum und Untergang beschrieben finden.
[↔] Was den allgemeinen Charakter dieses Volks anbelangt, so würde mir es angenehm gewesen seyn, wenn ich in den Schriftstellern, welche ich dabey gelesen, Stofs genug zur Wi derlegung der Gedanken, in denen wir bestän dig wegen der Saracenen gestanden haben, hät te finden können. Ich habe in dem Eingange dieses Werks zu verstehen gegeben, daß wir in Ansehung dieser Völker im Irrthume wären, und daß die Barbarey, welche wir ihnen beyzu legen pflegten, bloß die Wirkung unsrer Vor urtheile sey. Gleichwohl wird man in dieser Geschichte sehen, daß wir uns so gar sehr nicht betrogen haben. Und man mag sie auch in der That unter einer Dynastie betrachten, unter welcher man will, so wird man dennoch finden, daß die Wildheit den Grund ihres Charakters ausmachte.
[↔] Man wird zwar verschiedene Züge der Gna de, der Höflichkeit und Menschlichkeit unter sol chen Regenten antreffen, welche sich ihr Volk gesitteter zu machen, angelegen seyn liessen: al
lein dieser Züge sind sehr wenige, welche über haupt nichts entscheiden können. Man muß in der That kein Volk nach einigen flüchtigen Tugenden beurtheilen, die es unter gluklichen Regierungen gezeigt hat: nur sich immer gleiche Sitten können einzig und allein unsre Führer seyn, wenn wir unser Urtheil fällen sollen. Nun aber stieht man nicht, daß die Araber, wenn man sie auf diese Weise betrachtet, zu einziger Vollkommenheit gelangt sind. Ich finde sie unter den Abbaßiden fast eben so, als sie unter den Ommiaden waren, und wenn ja noch eini ger Unterschied Statt findet, so ist er gewiß zu ihrem Nachtheile. Man kan dieses gleich aus den Gemüthsarten der Fürsten, welche den Thron besessen haben, schliessen. Die Abbaßi den waren eben so wild, als die Ommiaden, gleichwohl aber weniger tapfer und verständig. Man findet verschiedene kriegerische Prinze un ter ihnen, allein in sehr geringer Anzahl: Die übrigen haben entweder gar keine, oder sehr un glückliche Kriege geführt. Sie konnten das reiche Erbtheil, welches die Ommiaden mit Eh ren behauptet hatten, nicht ganz erhalten, und unter ihrer Regierung kam die Califenwürde in die allergröste Verachtung, und ging endlich ganz und gar ein.
[↔] Was die Wissenschafften anbelangt, so muß man zugestehen, daß die Araber einen er staunenswürdig schnellen Fortgang darinne ge habt haben. Gleichwohl blieben sie unter ih nen sehr lange ungebaut, ob sie gleich sehr viel Feuer und Lebhaftigkeit und alle dazu erforder liche Eigenschaften hatten. Die ersten Califen verstanden durchaus nichts, als den
Koran und das Kriegswesen. Die Ommiaden werden gleichfalls für sehr unwissend gehalten; unter den Abbaßiden aber, wie die meisten Schrift steller versichern, ward der Geschmack an den Wissenschaften unter dem Volke fast allge mein, und man sahe auf allen Seiten von den Regenten beschützte Gelehrte, welche Künste und Wissenschaften zur Vollkommenheit zu bringen suchten, und in verschiednen Theilen der Gelehrsamkeit
Werke verfertigten. Ich kan keinen bessern Begrif von dem Fortgange, welchen die Wissenschafften damals unter ihnen hatten, geben, als wenn ich eine lange Stelle aus dem vortreflichen Werke des Hr. Abts Fleyry
von der Wahl der Studien anführe.
[↔] „Man muß, sagt dieser berühmte Schrift steller, die gemeine Meinung verlassen, als ob alle Mahometaner ohne Unterscheid bestän dig aus der Unwissenheit ihr Werk gemacht hätten. Sie haben eine unglaubliche Men ge gelehrter Männer, welches entweder Ara
ber, oder Perser sind; und mit ihren Schrif ten könnte man sehr grosse Büchersäle anfül len. In dem zwölften Jahrhunderte, von welchem ich rede, waren mehr als ein hun dert Jahr verflossen, seit dem sie sich mit be sonderm Fleisse auf die Wissenschaften
legten, und niemals waren sie unter ihnen stärker, als eben zu der Zeit, da sie bey uns am schwäch sten waren, das ist, in dem zehnten und eilf ten Jahrhunderte. Diese Araber, ich verste he darunter alle diejenigen, welche sich Mu selmänner nennten, hatten zweyerley Arten von Studien, die einen waren ihnen eigen, und die andern hatten sie von den Griechen, als den Unterthanen der Constantinopolita nischen Käyser, erborgt.
[↔] Ihre eigne Studien waren vornehmlich ihre Religion, das ist, der Koran; die Ueber lieferungen, die sie dem Mahomet
und seinen ersten Jüngern zueigneten; die Lebensbeschrei bungen ihrer vorgegebnen Heiligen, und die
Fabeln, die sie von denselben erzehlten; die Gewissensfälle bey Ausübung ihrer Religion, z. E. bey dem Gebete, bey den Reinigungen, bey dem Fasten, bey der Wallfahrt; und ih re scholastische Gottesgelahrheit, welche eine unzählige Menge Fragen von den Eigenschaf ten Gottes, von der Vorherbestimmung, von dem Gerichte, von den Nachfolgern des Propheten enthält, als woraus so viel Se cten unter ihnen entstanden.
[↔] Andre studirten den Koran und seine Auslegungen mehr als Rechtsgelehrte, als Theologen, um Regeln in den bürgerlichen Angelegenheiten und die Entscheidung der Streitigkeiten daraus zu erlernen. Denn dieses Buch ist ihr einziges Gesetze, so gar auch in dem, was das zeitliche betrift. An dre legten sich auf ihre Geschichte, die von Anfange ihrer Religion und ihres Reichs, mit vieler Sorgfalt war aufgezeichnet wor den. In der ältern Geschichte aber, waren sie sehr unwissend, und verachteten alle Men schen, welche vor dem Mahomet gelebt hat ten, indem sie diese ganze Zeit die Zeit der Unwissenheit nennten, weil man ihre Reli gion noch nicht gewust habe. Sie begnüg ten sich mit den Alterthümern, welche in den Werken ihrer ältesten Dichter enthalten wa ren, die ihnen statt der Geschichtschreiber in diesen Zeiten dienen mußten. Hierinne wenig stens sind sie offenbar dem Grundsatze der al ten Griechen gefolgt, welche ihre eigenen Ue berlieferungen, so fabelhaft sie auch waren, studirten.
[↔] Man muß aber auch gestehen, daß ihre Poesie sehr wenig gründliche Schönheit ge habt hat, indem sie sich bloß mit schimmern den Gedanken und kühnen Ausdrückungen begnügen ließ. Sie haben sich auf diejenige Art der Poesie niemals gelegt, welche in der
Nachahmung bestehet, und die Leidenschaften zu erregen fähig ist; und das, was sie davon entfernte, ist ohne Zweifel die Verachtung gewesen, mit welcher sie die dahin einschla genden Künste ansehen, wie zum Exempel die Mahlerey und die Bildhauerkunst, welche sie aus einem Hasse gegen die Abgötterey verabscheuten. Ihre Poeten waren auch zur Erlernung der arabischen Sprache sehr nütz lich, welches damals nicht nur die Sprache der Herren und der meisten Völker dieses grossen Reichs, sondern auch die gemeine Sprache des größten Theils, und besonders die Sprache der
Religion war, und noch jetzt ist. Sie studirten vornehmlich den
Koran, und diesen von lebendigen Lehrern zu lernen, begaben sich die Neugierigsten von allen Or ten in die Provinz Irak, und besonders in die Stadt Basora, welche für sie eben das war, was Athen den alten
Griechen gewesen ist. Weil damals auch in Persien sehr mächtige Fürsten waren, so schrieb man auch in ihrer Sprache, welche nach der Zeit weit mehr ausgebessert ward. Dieses sind die Studien, welche den Muselmännern eigen und so alt als ihre Religion sind.
[↔] Die, welche sie von den Griechen geborgt hatten, waren wenigstens zweyhundert Jahr jünger. Gegen das Jahr nehmlich 820 ersuch te der Calif Almamon den Kayser von Con stantinopel um die besten griechischen Schrift steller, und ließ sie in die arabische Sprache übersetzen. Gleichwohl sieht man nicht, daß sie sich jemals auf die griechische Sprache ge legt haben. Sie zu verachten, war dieses ge nug, daß sie die Sprache ihrer Feinde war. Uebrigens hatten sie in Syrien und in Aegy pten so viel Christen, welche das griechische und arabische verstanden, daß sie an Dolmet schern keinen Mangel haben konnten; und die se Christen waren es eigentlich, welche die grie chischen Bücher für sich und sie in das syri sche und arabische übersetzten. Unter den griechischen Büchern fanden sich sehr viele, welche den Arabern gar nichts nütze waren. In einer fremden Sprache konnten sie die
Schönheiten der Poeten, welche von einem ganz verschiedenen Genie waren, nicht einse hen, besonders da ihre
Religion sie von Lesung derselben abhielt. Sie hatten einen solchen Abscheu gegen die Abgötterey, daß sie sich nicht einmal die Namen der falschen Götter aus zusprechen erkühnten; und unter so viel tau send Büchern, die sie geschrieben haben, wird man vielleicht kaum einen finden, welcher sie nennt. Sie waren also weit entfernt, alle diejenigen Fabeln zu studiren, nach welchen unsere neueren Dichter so neugierig sind; und eben dieser Aberglaube konnte sie auch von Lesung der
Geschichtbücher abhalten, beson ders, da sie alles verachteten, was älter, als Mahomet war. Was die Beredsamkeit und Staatskunst anbelangt, welche allezeit in den freyen Republicken entstanden sind, so konn ten sie bey der Regierungsform der Musel männer keine Statt finden. Sie lebten un ter einer gänzlich uneingeschränkten Herr schaft, unter welcher man seinen Mund bloß zu Schmeicheleyen gegen die Regenten eröfnen durfte, und sich wenig um dasjenige beküm merte, was dem Staate am vortheilhaftesten sey, indem man weniger auf die Arten zu über reden, als auf die Mittel dem Gebieter zu ge horchen, bedacht seyn mußte.
[↔] Sie konnten also keine andern Bücher von den alten brauchen, als die mathemati schen, die medicinischen und philosophischen. Weil sie aber weder Staatskunst noch Be redsamkeit suchten, so war Plato kein Mann für sie, zu dessen Verständniß sie überdieses nothwendig die Dichter, die Religion und die Geschichte der Griechen hätten kennen müssen. Aristoteles schickte sich mit seiner Dialectik, und Metaphysik weit besser für sie, weßwegen sie ihn auch mit einem unglaub lichen Eifer studirten. Sie legten sich auch auf seine Physik^, und besonders auf die acht Bücher, welche nur das allgemeine dersel ben enthalten; denn die eigentliche Physik, welche Beobachtungen und Erfahrungen braucht, war kein Werk für sie. Sie studir ten auch die Arzeneykunst sehr fleißig: allein sie gründeten sie vornehmlich auf allgemeine Betrachtungen, der vier Temperamente, und auf hergebrachte Hülfsmittel, die sie nicht untersuchten, sondern mit tausend abergläu bischen Dingen vermengten. Uebrigens ga ben sie sich mit der Zergliedrungskunst, die sie von den Griechen sehr unvollkommen be kommen hatten, nicht ab. Es ist wahr, daß man ihnen die Chymie zu danken hat, und daß sie es darinn sehr weit gebracht haben, wann sie nicht gar die Erfinder der selben gewesen sind; allein sie haben alle die Fehler damit vermischt, die man noch bis jetzt so schwer davon trennen kan; die eiteln Versprechungen nehmlich, die ausschweifen
den Grillen, die abergläubischen Processe, und alles, was die Marktschreyer und Betrü ger anwenden. Sie mußten also sehr leich te auf die Magie, und auf alle Arten der Pro phezeyungen verfallen, mit welchen sich die Menschen so gerne beschäftigen, wann sie von der Naturlehre, von der
Geschichte und der wahren Religion nichts wissen, wie man es an dem Beyspiele der alten Griechen ge sehen hat. Was sie in diesem Wahne am meisten unterstützte, war die Astrologie, auf welche alle ihre mathematischen Studien hinaus lieffen. Man hat auch in der That, unter der Regierung der Muselmänner, die se vorgegebene Wissenschaft so sehr getrie ben, daß so gar die Regenten ihre angenehm ste Beschäftigung daraus machten, und ihre größten Unternehmungen nach den Grund sätzen derselben einrichteten. Der Calif Ama mon
rechnete die so berühmten astronomischen Tafeln selbst aus, und man muß gestehen, daß sie so wohl zu seinen Beobachtungen, als für andere Theile der Mathematik, z. E. die Meßkunst und Arithmetik, sehr nützlich waren. Man hat ihnen auch die Algebra und die Decimalrechnung, welche in der Arithmetik so viel Vortheile hat, zu danken. Was die Astronomie
anbelangt, so hatten sie eben die Vortheile, welche die alten Ae gypter bewogen hatten, sich darauf zu legen, indem sie in eben demselben Lande wohnten; übrigens hatten sie alle Beobachtungen der Alten, und auch alle die, welche die Griechen noch dazu gethan hatten.„
[↔] Aus dieser Stelle kan man die Beschaffen heit der Wissenschaften bey den Arabern, un ter der Regierung der Abbaßiden, ermessen. Ich habe mich bemüht, die Beweise davon an zubringen, indem ich alle dahin einschlagende wichtige Begebenheiten gesammlet; allein zur Ausführung dieses von dem Hr. Fleury so voll ständig entworfnen Bildes, müßte man noth wendig auf die Quellen zurückgehen, und aus den arabischen Geschichtschreibern selbst dasje nige schöpffen können, was einen vollständigen Begrif von dem Fortgange und der Stärke der Wissenschaften unter diesen Völkern, des gleichen von ihren erlittenen Veränderungen, zu machen geschickt sey.
[↔] Es ist noch übrig, daß ich des arabischen Jahres gedenke, und von der Art, wie man die mahometanische Hegiere mit der christlichen Zeitrechnung vergleichen müsse.
[↔] Das arabische Jahr bestehet, wie das unsrige, aus zwölf Monaten, welches folgende sind: Mo harram, der erste Rebiah, der zweyte Rebiah, der erste Giomada, der zweyte Giomada, Regeb, Schaban, Ramadan, Shaval, Dulkadah und Dulhegiah. Diese Monate haben wechselsweise dreyßig und neun und zwanzig Tage, das ist, der erste hat deren 30, der zweyte 29, der dritte wie der 30 und so weiter. Die Zahl der Tage also von allen diesen Monaten, macht, wie man sieht, blosse Mondenmonathe daraus, welche das Jahr ohngefehr um 11 Tage kürzer, als das Sonnen jahr machen. Man nennt sie schweiffende Mo nate, weil sie sich nach und nach in allen Jahrs zeiten finden, und von dem Winter auf den Herbst, von dem Herbste auf den Sommer, und von dem Sommer auf den Frühling kommen. So daß, wenn z. E. ihr Jahr mit dem Jenner anfängt, so fängt es drey Jahr darauf mit dem December an, hernach mit dem November, und so weiter.
[↔] Die alten Araber wollten dieser Unbequem lichkeit abhelfen, und die Wallfahrt nach Mecca auf den Herbst feste setzen, weil diese Jahrszeit die bequemste dazu sey, sowohl in Ansehung der kühlen Witterung, als der Menge von Früchten, welche als denn reif sind; sie bedienten sich also der Einspaltung, welche sie von den Juden
gelernt haben, und verlängerten alle drey Jahre ihr Jahr mit einem Monate. Durch dieses Mittel also machten sie Sonnenjahre daraus. Diese Ver besserung war lange Zeit vor dem Mahomet vor genommen worden, und noch damals im Gebrau che, als er seine neue
Religion aufbrachte. Allein dieser neue Gesetzgeber glaubte, ein Jahr von 13 Monaten sey wider die göttliche Einsetzung, schnitt also diesen eingespaltenen Monat ab, und führte das schweifende Mondenjahr wieder ein, welchem die Mahometaner noch bis jetzt folgen.
[↔] Da, wie ich gesagt habe, dieses Jahr eilf Ta ge kürzer als das Sonnenjahr ist, so folgt dar aus, daß in 33 arabischen Jahren, 33 mal 11 Tage mangeln müssen, welche 363 Tage, und al so beynahe ein gantzes Sonnenjahr ausmachen. Wenn man folglich von 33 zu 33 Jahren immer ein Jahr einschaltet, so lassen sich die arabischen Jahre gar leicht auf unsre Zeitrechnung brin gen.
[↔] Gleichwohl ist noch etwas mehr bey dem ara bischen Jahre der Muselmänner zu beobachten. Die mahometanischen Araber setzten die Flucht des Mahomets von Mecca nach Medina, welche in dem Jahre nach C. G. 621. geschah, in den Monat Julius, es ist daher nöthig, wenn man den muselmännischen Calender mit dem christlichen vergleichen will, daß man zu dem Jahre der He gire, welches man mit dem christlichen Jahr ver gleichen will, zu erst 621 hinzuthut, und nach ge schehener Addition von der daraus entspringenden Zahl so viel Einheiten abzieht, so vielmal die Zahl 33 darinne enthalten ist. Wenn man z. E. wis sen will, wie man das Jahr der Hegire 656 in das christliche Jahr verwandeln soll, so muß man zuerst 621 hinzusetzen, woraus die Zahl 1277 er wächset; hernach muß man von dieser letzten Zahl so viel Einheiten abziehen, so viel mal 33 darinne enthalten ist: man wird also 19 von 1277 abzie hen müssen, welches 1258 übrig läßt, als welches das wahre christliche Jahr seyn wird, das mit dem Jahre der Hegire 656 übereinkömmt. Wenn man aber wissen will, mit was für einem Jahre der Hegire z. E. das christliche Jahr 1258 über einkommt, so braucht man diese Rechnung nur zu verkehren, und erst 621 von der Jahrzahl abzuzie hen, woraus 637 entspringen wird, und zu dieser Zahl soviel Einheiten hinzuthun, so viel mal 33 darinne enthalten ist, das ist 19, welches zu 637 hinzugethan, 656 hervorbringt, als das wirkliche Jahr der Hegire, das mit dem Jahre 1258 übereinkommt.
[↔] Unterdessen ist doch noch zu merken, daß diese Methode nicht von der äussersten Genauigkeit sey; denn da das arabische Jahr schweifend ist, und bald in dieser bald in einer andern Jahrszeit an fängt, so kan es geschehen, daß man ein Jahr der Hegiere als schon instehend ansieht, das es noch nicht ist, oder wohl schon gar vorbeygeflossen ist; allein der Irrthum beträgt blos einige Monate. Diejenige, welche eine genauere Berechnung ver langen, können die Tafeln des Riccioli zu Rathe ziehen, die er zu Vergleichung der Jahre der He giere mit den christlichen Jahren erfunden hat.
Auch in den chronologischen Tafeln des Hr. Abts Lenglot kan man eine derglei chen Berechnung finden.
Geschichte
der Araber
unter
der Regierung der Califen.
[↔] Jch unternehme es von einem berühm ten Volke zu reden, welches uns un sre Vorurtheile zu kennen bisher ver hindert haben. In der falschen Mei nung, daß die Araber nichts als Barbaren seyn könnten, haben wir geglaubt, daß ihre Ge schichte weder nützlich noch angenehm seyn werde, und haben uns daher wenig Mühe ge geben, unsre Untersuchungen über das, was sie angeht, anzustellen.
[↔] Gleichwohl ist, seit dem Verfalle des römi schen Reichs, vielleicht kein einziges Volk wür diger, bekannt zu seyn; sowohl in Betrachtung der grossen Männer, die unter ihm aufgestan den sind, als in Ansehung des wunderbaren Fortgangs, welchen die Künste und Wissen schaften in Arabien, verschiedene Jahrhunderte hindurch, gehabt haben.
[↔] Ich will nicht bis zu dem ersten Ursprunge dieser Nation zurück gehen. Er ist mit allzu dichten Finsternissen bedeckt, als daß man ver nünftig hoffen könne, ein glückliches Licht dar inne anzuzünden.
[↔] Uebrigens haben sich auch die Araber nicht eher in allen Stücken berühmt gemacht, als nur da sie unter eine Regierungsform gebracht waren. Bey dieser Epoche will ich also den An fang meiner Geschichte fest sezen. Ich werde von den entferntern Zeiten nur in so weit re den, als es nöthig ist, dem Leser einen sehr kur zen Begrif von dem Lande, und den Völkern, die es bewohnten, zu machen.
[↔] Hierauf will ich einen Auszug aus dem Leben des berühmten Mahomets, des Stifters ihrer Monarchie, mittheilen. Man wird sehen, wie er unter ihnen gebohren wird; wie er den ver wegnen Vorsatz faßt, sein Vaterland sich unter würfig zu machen, und dessen Grenzen zu er weitern; wie er sich zum Haupte einer neuen Religion macht; wie er die unumschränkte Oberherrschaft fest setzt, und sie seinen Nach folgern hinterläßt; und wie er allen seinen Fortgang niemanden zu danken hat, als der
Schwärmerey und seinem Degen.
[↔]
[↔]
[↔] Arabien, eines von den grossen Reichen Asiens, bildet eine Halbinsel, welche auf der nordwestlichen Seite von Syrien und Palesti na, auf der nordostlichen von dem persischen Meerbusen, auf der südostlichen von dem indi schen Meere, und auf der südwestlichen von dem rothen Meere umgrenzt wird.
[↔] Die Erdbeschreiber theilen es gemeiniglich in drey grosse Theile, welche das glückliche Arabien, das wüste Arabien, und das steinigte Ara bien sind.
[↔] Das glückliche Arabien, welches die Araber
Hiemen nennen, erstreckt sich von den Gebir gen, die es von den zwey andern Theilen tren nen, bis an den Ocean.
[↔] Das wüste Arabien ist dem festen Lande nä her. Man theilt es in drey Provinzen, welche
Thahamah, Jemamath gegen die Mitte des Landes, und Hegiaz heissen. Unter diesen ist die letztere die berühmteste geworden, weil die Städte Mecca und Medina darinne liegen.
[↔] Das steinigte Arabien, welchem die Araber den Namen Hagia oder Hagiar, das ist,
Stein, gegeben haben, wird gegen Abend von dem rothen Meere und Aegypten, von Palesti na und Syrien gegen Norden, von dem wüsten Arabien gegen Morgen, und gegen Mittag von einer Kette Berge, welche es von dem glücklichen Arabien trennen, umgrenzet. Hier ist es, wo die Berge Sinai und Oreb, die in der Schrift so berühmt sind, liegen.
[↔] Jede von diesen verschiedenen Provinzen hat ihre Regenten gehabt. Die ansehnlichsten da von waren die Regenten des Landes Hiemen, welche unter den Namen der Hiemaritischen Könige regieret haben. Ihr Thron hat bey nahe ganzer zwey tausend Jahre fest gestanden; endlich ward er von den Aethiopern umgestürzt, welche Hiemen unter sich brachten und die Dynastie der Hiemariten vertilgten.
[↔] Unter den Regenten der übrigen Provinzen, dergleichen Hegiaz, Hendah, Hirah, Gassan sind, waren verschiedne, welche sich durch ihre Siege hervor thaten. Die Regenten von Hi rah, zum Exempel, erweiterten ihre Staaten bis über die Grenzen von Arabien; und dieses Land wurde hernach das arabische Irack, oder das von den Arabern eroberte Hirah genennt. Diese Gegend war vor diesem ein Theil von Chaldäa; der übrige Theil, welcher den Köni gen von Persien blieb, hieß das
persische Irak, als die Muselmänner ihre Eroberun gen gegen Morgen ausdehnten.
[↔] Einige Prinze, die aus dem Geblüte eines dieser Könige von Irak waren, zogen mit einer grossen Menge Araber aus, um sich in Syrien niederzulassen. Sie schlugen daher ihre Woh
nung in einer sehr bequemen Gegend auf, Namens Gassan, von welcher sie hernach Gas saniden genennet wurden. Sie hatten auch ihren Namen von Hareth, woraus die Grie chen und Lateiner den Namen Areta gemacht haben. In dem zweyten Briefe des heiligen Paulus an die Corinther wird eines von diesen Königen gedacht, welchen die Juden um Er laubniß baten, an den Thoren von Damascus wachen zu dürfen, damit der heilige Paulus nicht entfliehen möge.
[↔] Dieser König Aretas war auf Befehl des Augustus, dem Tyrannen Silläus in der Re gierung gefolgt, welcher sich des arabischen Thrones bemächtigte, indem er den Abodas umbrachte, der die Herrschaft über die Araber durch den Todeines andern Aretas geerbt hat te, welcher für einen Tribut, den er den Rö mern zahlte, in dem ruhigen Besitze Arabiens geblieben war.
[↔] Die arabischen Regenten waren schon durch die Kriege berühmt, die sie vor dem wider die Aegypter, Perser, und die Könige von Assyrien, und selbst wider den grossen Alexander geführt hatten, welcher sie endlich doch unter sich brachte. Während des Krieges aber, den die Nachfolger dieses Monarchen unter einander führten, hatten sie Gelegenheit wieder aufzu kommen.
[↔] Nach der Zeit wurden sie von den Römern angegriffen, welche ziemlich glücklich gegen sie waren; und ob die Römer sie gleich nicht gänz lich unterdrücken konnten, so hielten sie sie doch lange Zeit in einer Abhängigkeit, welche von der Knechtschaft nicht viel unterschieden war. Dabey aber erfuhren sie von Seiten der Ara ber allen Widerstand, den man nur von dem al lerfestesten Muthe erwarten kan.
[↔] Unterdessen litt ihre Regierung sehr viel dabey. Sie hatten zwar beständig ihre Könige; diese aber waren mehr Häupter der Stämme, als wahrhafte Regenten, wenigstens in Ansehung des Umfangs ihrer Herrschaft. Die natürliche Tapferkeit dieser Völker gab ihnen oft die Waf fen in die Hand, um das Joch, unter welchem sie von den Römern, und hernach von den ori entalischen Kaysern, gehalten wurden, abzu schütteln; so daß Vortheil und Verlust bey ih nen beständig abwechselte, bis endlich, in dem siebenden Jahrhunderte nach Christi Geburth, Mahomet die verschiednen Stämme, welche eben so viel Regierungen ausmachten, vertilgte, und diese Bölcker von aller fremden Bothmäs sigkeit zu befreyen, und sie allein der seinigen zu unterwerfen das Glück hatte. Ihre Ge setze, ihre Gebräuche, so gar ihre Religion wurde abgeschaft, einer neuen Regierung und einem neuen Gottesdienste Plaz zu machen. Dieses wird man in dem Leben dieses berühm ten Gesetzgebers, welches ich kürzlich entwerfen will, mit mehrern sehen.
Kurzer Begrif von Arabien und
[↔]
den Völkern, die es vor dem
Ma homet bewohnet.
[↔] Arabien, eines von den grossen Reichen Asiens, bildet eine Halbinsel, welche auf der nordwestlichen Seite von Syrien und Palesti na, auf der nordostlichen von dem persischen Meerbusen, auf der südostlichen von dem indi schen Meere, und auf der südwestlichen von dem rothen Meere umgrenzt wird.
[↔] Die Erdbeschreiber theilen es gemeiniglich in drey grosse Theile, welche das glückliche Arabien, das wüste Arabien, und das steinigte Ara bien sind.
[↔] Das glückliche Arabien, welches die Araber
Hiemen nennen, erstreckt sich von den Gebir gen, die es von den zwey andern Theilen tren nen, bis an den Ocean.
[↔] Das wüste Arabien ist dem festen Lande nä her. Man theilt es in drey Provinzen, welche
Thahamah, Jemamath gegen die Mitte des Landes, und Hegiaz heissen. Unter diesen ist die letztere die berühmteste geworden, weil die Städte Mecca und Medina darinne liegen.
[↔] Das steinigte Arabien, welchem die Araber den Namen Hagia oder Hagiar, das ist,
Stein, gegeben haben, wird gegen Abend von dem rothen Meere und Aegypten, von Palesti na und Syrien gegen Norden, von dem wüsten Arabien gegen Morgen, und gegen Mittag von einer Kette Berge, welche es von dem glücklichen Arabien trennen, umgrenzet. Hier ist es, wo die Berge Sinai und Oreb, die in der Schrift so berühmt sind, liegen.
[↔] Jede von diesen verschiedenen Provinzen hat ihre Regenten gehabt. Die ansehnlichsten da von waren die Regenten des Landes Hiemen, welche unter den Namen der Hiemaritischen Könige regieret haben. Ihr Thron hat bey nahe ganzer zwey tausend Jahre fest gestanden; endlich ward er von den Aethiopern umgestürzt, welche Hiemen unter sich brachten und die Dynastie der Hiemariten vertilgten.
[↔] Unter den Regenten der übrigen Provinzen, dergleichen Hegiaz, Hendah, Hirah, Gassan sind, waren verschiedne, welche sich durch ihre Siege hervor thaten. Die Regenten von Hi rah, zum Exempel, erweiterten ihre Staaten bis über die Grenzen von Arabien; und dieses Land wurde hernach das arabische Irack, oder das von den Arabern eroberte Hirah genennt. Diese Gegend war vor diesem ein Theil von Chaldäa; der übrige Theil, welcher den Köni gen von Persien blieb, hieß das
persische Irak, als die Muselmänner ihre Eroberun gen gegen Morgen ausdehnten.
[↔] Einige Prinze, die aus dem Geblüte eines dieser Könige von Irak waren, zogen mit einer grossen Menge Araber aus, um sich in Syrien niederzulassen. Sie schlugen daher ihre Woh
nung in einer sehr bequemen Gegend auf, Namens Gassan, von welcher sie hernach Gas saniden genennet wurden. Sie hatten auch ihren Namen von Hareth, woraus die Grie chen und Lateiner den Namen Areta gemacht haben. In dem zweyten Briefe des heiligen Paulus an die Corinther wird eines von diesen Königen gedacht, welchen die Juden um Er laubniß baten, an den Thoren von Damascus wachen zu dürfen, damit der heilige Paulus nicht entfliehen möge.
[↔] Dieser König Aretas war auf Befehl des Augustus, dem Tyrannen Silläus in der Re gierung gefolgt, welcher sich des arabischen Thrones bemächtigte, indem er den Abodas umbrachte, der die Herrschaft über die Araber durch den Todeines andern Aretas geerbt hat te, welcher für einen Tribut, den er den Rö mern zahlte, in dem ruhigen Besitze Arabiens geblieben war.
[↔] Die arabischen Regenten waren schon durch die Kriege berühmt, die sie vor dem wider die Aegypter, Perser, und die Könige von Assyrien, und selbst wider den grossen Alexander geführt hatten, welcher sie endlich doch unter sich brachte. Während des Krieges aber, den die Nachfolger dieses Monarchen unter einander führten, hatten sie Gelegenheit wieder aufzu kommen.
[↔] Nach der Zeit wurden sie von den Römern angegriffen, welche ziemlich glücklich gegen sie waren; und ob die Römer sie gleich nicht gänz lich unterdrücken konnten, so hielten sie sie doch lange Zeit in einer Abhängigkeit, welche von der Knechtschaft nicht viel unterschieden war. Dabey aber erfuhren sie von Seiten der Ara ber allen Widerstand, den man nur von dem al lerfestesten Muthe erwarten kan.
[↔] Unterdessen litt ihre Regierung sehr viel dabey. Sie hatten zwar beständig ihre Könige; diese aber waren mehr Häupter der Stämme, als wahrhafte Regenten, wenigstens in Ansehung des Umfangs ihrer Herrschaft. Die natürliche Tapferkeit dieser Völker gab ihnen oft die Waf fen in die Hand, um das Joch, unter welchem sie von den Römern, und hernach von den ori entalischen Kaysern, gehalten wurden, abzu schütteln; so daß Vortheil und Verlust bey ih nen beständig abwechselte, bis endlich, in dem siebenden Jahrhunderte nach Christi Geburth, Mahomet die verschiednen Stämme, welche eben so viel Regierungen ausmachten, vertilgte, und diese Bölcker von aller fremden Bothmäs sigkeit zu befreyen, und sie allein der seinigen zu unterwerfen das Glück hatte. Ihre Ge setze, ihre Gebräuche, so gar ihre Religion wurde abgeschaft, einer neuen Regierung und einem neuen Gottesdienste Plaz zu machen. Dieses wird man in dem Leben dieses berühm ten Gesetzgebers, welches ich kürzlich entwerfen will, mit mehrern sehen.
[↔]
[↔]
[↔] Mahomet, oder wie ihn die Araber ausspre chen, Mohamed, ward zu Mecca gegen das Ende des sechzehenden Jahrhunderts gebohren. Sein Vater
war ein Heide, und seine Mutter eine Jüdin; beyde waren von dem Stamme der Coreischiten. Dieser Stamm war unter den andern allen, wegen des Amts, das er seit langer Zeit verwaltete, der ansehnlichste.
[↔] Ihm nehmlich gehörte die Bewachung und die Aufsicht über einen berühmten Tempel zu, welcher Caabah, das ist, das viereckigte Haus genennet wurde. Dieses Gebäude, wenn man dem Alkorane glauben darf, war zu Ehren des wahren GOttes von dem Abraham und Ismael aufgeführet worden; nach der Zeit aber, da sich das Heidenthum unter den Ara bern einschlich, war es dem Götzendienste ge weyhet gewesen. Dieser Ort, welcher vordem wegen der andächtigen Reisen der heidnischen Araber berühmt war, ist es noch jetzt wegen der Wallfahrten der Mahometaner.
[↔] Die Aufsicht über diesen Tempel hatte vor mals den Khosaiten zugehört, einem vornehmen Stamme unter den Arabern; sie war ihnen aber schon vor geraumer Zeit von dem Kossa, einem der Vorfahren des Mahomets und da maligen Haupte des Stammes der Coreischi
ten, genommen worden. Dieser wußte sein Ansehen so feste zu gründen, daß er ein unum schränkter Herr über die Caabah blieb. Er hin terließ seinen Nachkommen nicht nur die Auf sicht darüber, sondern auch die oberste Gewalt in Mecca, welche gleichsam mit jenem Amte verbunden war.
[↔] Derjenige von seinen Nachfolgern, der sie damals führte, als Mahomet zur Welt kam, hieß Abdal=Mutaleb. Unter der grossen Anzahl Kinder, die er hatte, waren Abdallah, Al Abbas und
Abutaleb die berühmtesten.
[↔] Abdallah, welches der erstgebohrne war, war der Vater des Mahomets. Er starb kurze Zeit nach der Geburth seines Sohnes, welchen er unter der Vormundschaft seiner Mutter ließ. Auch diese starb einige Jahre hernach, und der junge Mahomet ward ohngefehr im achten Jahre seines Alters eine Wayse, ohne das ge ringste Vermögen.
[↔] (Die ersten
Jahre des
Mahomets.)
[↔] Abutaleb, seines Vaters Bruder, übernahm die Sorge seiner Erziehung, und behielt ihn bis in das zwanzigste Jahr bey sich; worauf er ihn zu einer Wittwe, mit Namen Cadhige, brachte, welche eines sehr beträchtlichen Vermögens, das ihr Mann durch den Handel erworben hat te, genoß, und noch selbst den Handel mit gu tem Glücke fortsetzte.
[↔] Der junge Mahomet ward anfangs zu den allergeringsten Verrichtungen gebraucht, bis man ihm bald hernach die Aufsicht über alles, was die Kameele betraf, anvertrauete. Dieses Amt gab ihm Gelegenheit sich mit mehrern zu beschäftigen, wobey er allezeit so viel Sorgfalt und Geschicklichkeit bewies, das Cadhige län ger nicht anstand, ihm die Aufsicht über ihren Handel zu geben, und ihn also zum Herrn von ihrem Glücke zu machen.
[↔] Mahomet that dem Vertrauen der Cadhige [↔] (Cadhige
heyrathet
den
Maho met.) vollkommene Gnüge. Der Handel ging unter seinen Händen wohl von statten, das Vermö gen wuchs sehr stark, und alles, was er unter nahm, gelang. Cadhige ward von Dankbarkeit durchdrungen, und glaubte, ihn wegen seines Eyfers und seiner Treue nicht besser belohnen zu können, als durch das Geschenke ihrer Hand. Sie beyrathete ihn.
[↔] Er setzte den Handel hierauf noch einige Jah [↔] (Mahomet
denkt auf ei ne neue Re ligion.) re fort, bis er endlich, da er sich im Besitze un endlicher Reichthümer sahe, den allerkühnsten Entschluß faßte, den nur immer eine Privat person fassen kan. Diesen nehmlich, eine neue Religion zu erdenken, und alle nöthige Maaß regeln zu ihrer Feststellung und Ausbreitung zu nehmen.
[↔] Die ersten Gedanken zu dieser schwärmeri [↔] (Was ihn
auf diese Ge
danken ge bracht.)
schen Unternehmung, waren ihm in den letzten Jahren seines Handels eingekommen. Die öf tern Reisen, die er nach Syrien, nach Judäa und in andre Länder thun mußte, hatten ihm Gelegenheit gegeben, sich von den Sitten, von der Lehre und dem Gottesdienste der Völker, welche diese Länder bewohnten, zu unterrichten. Das Christenthum hatte vordem in aller seiner Reinigkeit daselbst geblüht; nunmehr aber war es durch die Ketzereyen von aller Art so ver stellt worden, daß es kaum mehr kenntlich war. Man sahe da fast gar keine catholische Christen mehr; die Einwohner dieser verschiedenen Ge genden waren entweder Arrianer, oder Nesto rianer, oder Manichäer, und jede von diesen Secten hatte ihre Lehrer und Theologen. Ma homet machte sowohl mit den einen, als mit den andern Freundschaft. Er machte sich das Ver gnügen, sich mit ihnen oft zu unterhalten, und bekam ihre Lehrsätze und ihre Gründe, warum sie sich von den Katholicken trennten, vollkom men inne. Alles dieses brachte ihn ganz un vermerkt auf ein neues Lehrgebäude der Reli gion, dem er sich ganz und gar überließ, nach dem er seinen Handel anfgegeben<aufgegeben> hatte.
[↔] Die Kenntniß, die er von dem Genie seiner Nation hatte, versprach ihm bey der Ausfüh rung seines Unternehmens einen glücklichen Fortgang. Er wußte, daß die Araber von Na tur lebhaft und für alle Neuigkeiten eingenom men wären. Ueber dieses machte sie der hitzige Himmelsstreich, unter welchem sie wohnten, ge schickt, die Täuschungen der Schwärmerey
leicht anzunehmen. Er hatte den Beweis davon an den verschiednen Secten vor den Augen, die sich unter diesen Völkern eingeschlichen hatten, bey welchen man eine närrische Vermischung von Juden und Christen aller Arten wahrnahm, die aber gleichwohl nur eine sehr geringe Zahl, in Vergleichung mit dem Heidenthume ausmach ten, welches damals die herrschende Religion zu seyn schien.
[↔] Nachdem Mahomet die vornehmsten Pun [↔] (Mahomet
giebt Einge bungen vor.)
cte des Gottesdienstes, den er einführen wollte, genau überdacht hatte, so machte er die Probe seiner Sendung in seiner eignen Familie; und weil er wußte, daß keine Religion für wahr gehalten würde, wenn sie sich nicht auf Einge bungen gründete, so fing er damit an, daß er es seiner Frau überredete, er habe sehr genaue Verbindungen mit dem Himmel.
[↔] Sie desto leichter davon zu überzeugen, machte er sich auf eine geschickte Weise einen Zufall, dem er unterworffen war, zu Nutze. Dieser Zufall war die Epilepsie. Er suchte seine Frau gleich anfangs deswegen einzunehmen, indem er ihr sagte, sie solle sich nicht von den Verzuckungen, in welchen er sich befände, irre machen lassen; es wäre nichts weniger als eine Krankheit, es sey vielmehr eine von den aus nehmendsten Gunstbezeugungen des Himmels; es sey die Wirkung der Gegenwart des Engels Gabriel und der Eingebungen, deren ihn der Allmächtigste durch diesen Engel, würdigte. Mahomet theilte es allezeit seiner Frau mit, was er in diesen vorgegebnen Offenbarungen wollte gelernt haben, und erklärte ihr beyläuf fig die vornehmsten Lehrsätze seiner neuen Reli gion, nach welcher, wie er sagte, GOtt nun mehr unter den Menschen verehrt und bedient seyn wollte.
[↔] (Erster Fort gang der Leh re des Ma homets.)
[↔] Cadhige, welche entweder betrogen war, oder sich stellte, als ob sie es wäre, streute überall aus, ihr Mann habe Eingebungen, und sey ein Prophet. Eine so besondre Neuigkeit fand anfangs nur in seinem Hause, und unter Leu ten von der niedrigsten Sorte, Glauben. Die sen machte die Freygebigkeit des Mahomets Muth; sie wurden also gar bald die eyfrigsten Jünger dieses neuen Apostels. Ihre erhitzte
Einbildungskraft, machte, daß sie alles glaub len<glaubten>, was sie gehört hatten; die Gemeinschaft des
Mahomets mit dem Himmel ward unter ih nen zur unwidersprechlichen Wahrheit, und seine epileptischen Anfälle wurden als die of fenbarsten Beweise seiner Eingebungen ange sehn. Es währte nicht lange, so eignete man ihm gar Wunder zu. Der unwissende Pöbel, welcher allezeit für das Wunderbare und Neue eingenommen ist, nahm alles, was man ihm ausserordentliches erzehlte, mit der größten Be gierde auf, und endlich wuchs die Anzahl der Schüler des Mahomets unmerklicher Weise so sehr, daß die Obrigkeit in Mecca sich mit ihrem Ansehen darein zu legen beschloß, um der Schwärmerey zu steuern.
[↔] Der Rath fand, nach einer reiffen Ueberle [↔] (Wie die
Obrigkeit zu
Mecca ihren
Fortgang zu
hindern ge sucht.)
gung, kein besser Mittel, als sich des neuen Lehrers zu versichern; ihn wegen seiner Lehre zu befragen, und ihn, im Falle er sie gestehen sollte, zur Wiederruffung zu zwingen, wo nicht, ihn Zeit Lebens in Verwahrung zu behalten.
[↔] Der Entschluß der Obrigkeit konnte nicht so heimlich gehalten werden, daß er nicht vor den Mahomet kommen sollte. Da unter der Anzahl seiner Anhänger, sich verschiedne Personen von Stande befanden, die mit den vornehmsten obrigkeitlichen Personen verbunden waren, so kam die Berathschlagung des Magistrats aus, und der neue Gesetzgeber kam durch eine schlei nige Flucht ihrer Ausführung zuvor.
[↔] Er flohe in der Nacht aus Mecca, und ward [↔] (Mahomet
flieht.) von verschiednen seiner Schüler, besonders von dem Abubeker, welcher einer der vornehmsten darunter war, begleitet. Als die Obrigkeit von seiner Flucht Nachricht erhielt, ließ sie ihn so gleich verfolgen; Mahomet aber fand gleich wohl das Mittel zu entkommen, indem er nur bey Nacht reisete und sich des Tags in den Höhlen verkroch.
[↔] Die Verfolgung, welche gleichsam dazu be [↔] (Er bestä tiget seine
Jünger in
seiner Lehre.)
stimmt ist, einen jeden Glauben zu bestätigen, wachte, daß dieser flüchtige Hauffe nunmehr mit weit grösserm Eyfer die Schwärmerey des neuen Propheten aufnahm. Der geschickte Ge setzgeber, welcher sich alle Umstände zu Nutze zu machen wußte, bediente sich auch dieses Aufenthalts in den Höhlen, (*) seine Jünger in seiner Lehre fester zu setzen. Da er von Na tur eine nachdrückliche Beredsamkeit besaß, so hielt er ihnen die allernachdrücklichsten Reden über die Hindernisse, welche die List des bösen Geistes der Ausbreitung der Lehren in Weg legte, die der Allmächtige ihm durch seinen En gel offenbaret habe.
[↔] Das Feuer seiner Worte brachte die er hitzten Einbildungen vollends in Gluth, da sie ohne dem schon durch die Stille und Dunkel heit der Höhlen, in welche sie ihr vermeinter Religionseyfer zu fliehen nöthigte, in Bewe gung gebracht waren. Sie weyhten sich alle seinem Willen, und schwuren einen feyerlichen Eyd, sich gänzlich für ihn und seine Lehre auf zuopfern.
[↔] (Mahomet
begiebt sich
nach Medi na.)
[↔] Da Mahomet durch den Fortgang seiner ersten Unternehmungen Muth bekommen hat te, so brachte er glücklich seine Reise zu Ende, und begab sich mit seinem ganzen Gefolge in eine Stadt des wüsten Arabiens, welche 7
damals Yatreb hieß, deren Namen man aber hernach in Medina al=Nabi, das ist,
die Stadt des Propheten, verwandelte. Man nennt sie auch schlecht weg Medina, das ist, die Stadt, gleich als ob sie diesen Namen einzig und allein verdiene, weil sie dem neuen Gesetzgeber zur Zuflucht gedient habe.
[↔] Diese Zeit ist es, nach welcher die Anhänger(Anfang der
Hegire.) des Mahomets ihre berühmte Epoche festge setzt haben, welche sie Hegire, das ist, die Flucht, nennen. Nach diesem Zeitpuncte, welcher in das Jahr 622. nach Christi Geburth fällt, rechnen sie ihre Jahre. Man muß aber wohl merken, daß ihre Jahre Mondenjahre, und daher um eilf Tage kürzer als die Sonnen jahre sind. Diese eilf Tage machen, nach ei ner Zeit von 33. Jahren, ein ganzes Sonnen jahr aus; daß also das 33ste Jahr der Hegire erst das 32ste Sonnenjahr nach der Hegire ist.
[↔] Als Mahomet in Medina ankam, fand er eine grosse Anzahl Proselyten, welche ihm seine Apostel gemacht hatten. Seine Gegenwart gab seiner Lehre, die er schon daselbst hatte ver kündigen lassen, einen neuen Nachdruck. Die Heftigkeit seiner Weissagungen, und der ver führerische und prophetische Ton dieses neuen Bekehrers, zogen ihm gar bald eine so unglaub liche Menge Schüler zu, daß er sich in kur zen in den Stand gesetzt sahe, Trupen unter seinem Gebothe zu haben.
[↔] (Mahomet
macht sich
gefaßt, Mec ca zu über fallen.)
[↔] Sogleich dachte er darauf die Einwohner von Mecca zu bestraffen, weil sie seine Lehre verachtet und ihn gezwungen hätten seinen Ge burthsort so schimpflich zu verlassen. Er be deckte seine Rache mit dem Mantel der Reli gion; und dieses war das Mittel, sie desto grau samer auszuüben. Er erklärte sich also gegen seine Schüler, daß er von dem Himmel beson ders zur Bekehrung der Araber gesendet sey; da nun diese Völker grösten Theils in die Fin sternisse der Abgötterey versenkt wären, so müs se man sie ie eher ie lieber daraus reissen, wel ches nicht besser geschehen könnte, als wenn man, die Waffen in der Hand, gegen sie los zöge.
[↔] Der Vortrag des Propheten fand Beyfall, und er sahe gar bald eine Menge Schüler bey seiner Fahne, welche bereit waren, überall, wohin er sie senden würde, mit Feuer und Schwerdt zu dringen.
[↔] Dieser Eifer gefiel dem Mahomet; er woll- te ihn also nicht erkalten lassen. Er versuchte so gleich den Muth seiner Schüler, indem er sie wider eine Parthey aussendete, welche die Obrigkeit in Mecca, seit seiner Flucht, noch immer nach ihm ausschickte. Er gab ihnen ei nen von seinen Vettern, Namens Hamza, zum Anführer, welcher ihm, wegen des Ey fers, den er für seine Lehre bezeigt hatte, seines Vertrauens am würdigsten zu seyn schien. Hamza verband übrigens mit dem allerblinde sten Eyfer, den entschlossensten Muth, der ihn ungemein geschickt machte einen Trup Schwär mer anzuführen. Auf ihn also richtete Maho mer seine Augen, ihn an die Spitze seiner An hänger zu stellen; er übergab ihm in ihrer Ge genwart die Religionsfahne, und nachdem er ihnen befohlen hatte, den Befehlen, welche ih nen Hamza an seiner Statt ertheilen würde, auf das allergenaueste nachzukommen, so ließ er sie gegen den Feind anrücken.
[↔] Dieser Zug schlug nicht glücklich aus; die [↔] (Die von
Mecca be halten die
Oberhand.) von Mecca behielten die Oberhand, und schlu gen die Anhänger des Mahomets
so, daß sie sich kaum in der größten Unordnung nach Me dina zurück ziehen konnten.
[↔] Doch dieser widrige Zufall schlug sie nicht nieder; er ermunterte sie vielmehr, ein ander mal ihre Maaßregeln besser zu nehmen. Man legte sich auf die Kriegszucht, man gab ihnen bequemere Waffen, und als man sie gnugsam im Stande zu seyn glaubte, so führte man sie zum andernmale aus.
[↔] Dieser Zug fiel so glücklich aus, als es Ma [↔] (Die Ma hometaner
plündern
eine Kara vane.)
homet nur immer hoffen konnte. Seine Leu te traffen eine Karavane von Coreischiten an, auf welche sie mit Wuth fielen; sie schlugen die Bedeckung gänzlich, und brachten eine reiche Beute an Gütern und Gefangenen davon. Die Beute wurde unter die Sieger getheilt. Was die Gefangenen anbelangt, so zwang man sie, die Lehre des Mahomets anzunehmen, und die, die sich dessen weigerten, wurden auf der Stel le niedergemacht. Dieser Sieg kostete den Ma hometanern nicht mehr als vierzehn Soldaten. Der Prophet selbst, damit er seinen Jüngern Muth machen möchte, ertheilte denen, die bey dieser Gelegenheit geblieben waren, die größten Lobsprüche, und sie wurden auf die feyerlichste Art für Märtyrer des
Glaubens erklärt. Arti ge Märtyrer, Leute, die ihre Sendung durch Stehlen und Rauben ankündigten, und ihre Leh ren mit dem Schwerdte in der Hand predigten! Wie unterschieden sind sie von den Märtyrern in den ersten schönen Tagen der
Kirche, welche keine andere Waffen, als Predigt, Beyspiel und Ermahnung hatten!
[↔] Der Vortheil, welchen die Anhänger des Ma homets davon trugen, vermehrte seine Parthey um ein grosses. Die Begierde, Beute zu ma chen, zog eine unzählige Menge Räuber herbey, welche ihn so fürchterlich machten, daß sich kei ne Karavane mehr auf den Weg wagte. Auch die Obrigkeit von Mecca hörte nunmehr auf Trupen wider ihn auszuschicken.
[↔] Der Prophet hätte nunmehr die Früchte sei nes Sieges ruhig geniessen können; weil er aber wohl wuste, daß er diese Ruhe nur der Ohn macht seiner Feinde zu danken habe, so beschloß er, sich ihre Schwäche zu Nutze zu machen, und sie unter seine Bothmäßigkeit zu bringen.
[↔] So bald er sich stark genug sahe, stellte er [↔] (Mahomet
erobert Mec ca, und füh ret seine Re ligion da selbst ein.) sich selbst an die Spitze seiner Trupen, und zog auf Mecca los, welches er belagerte. Bey die sem Zuge gieng ihm alles wohl von statten. Die Stadt ward mit Gewalt eingenommen, und die bestürzten Einwohner wurden gar bald gezwungen, alles anzunehmen, was dem Ma homet, ihnen aufzulegen, gefallen würde.
[↔] Mahomet befahl die öffentliche Ausübung seiner Religion. Er suchte unter seinen Schü lern diejenigen aus, welche die meiste Einsicht und die meiste Treue besassen, und befahl ihnen die Gebothe und Gebräuche seines Gesetzes zu predigen, und über deren Ausübung ein wach sam Auge zu haben.
[↔] Die Eroberung der Stadt Mecca hätte die Eitelkeit des Mahomets genugsam sättigen, und ihn wegen des ihm angethanen Schimpfs, da sie ihm die Flucht zu ergreiffen zwangen, völlig rächen können; allein sein Ehrgeitz ging mit sei nen Absichten viel weiter. Als Herr von zwey beträchtlichen Plätzen, wo alles seinen Gesetzen und seiner Lehre unterworffen war, glaubte er nur den ersten Schritt in seinem Vorhaben ge than zu haben, wenn er das übrige Arabien nicht auch unter sein Joch bringen könnte. Er durchstreifte also ihr ganzes Reich mit den Waf fen in der Hand, und als er in der Ebene bey Beder auf einen Theil ihrer Trupen stieß, so both er ihm das Treffen an, und trug einen voll kommnen Sieg davon.
[↔] Dieser neue Vortheil machte ihn noch küh ner; er kehrte seine Waffen gegen die arabischen Juden, und beschloß sie gänzlich auszurotten; allein er ward in dem Lauffe seiner Siege durch den ansehnlichen Verlust, den er in der Schlacht bey Ohod litt, aufgehalten.
[↔] (Mahomet
verliert die
Schlacht an
dem Gebir ge Ohod.)
[↔] Abu=Sofian, sein ganz besondrer Feind, stellte sich an die Spitze der Coreischiten, rückte gegen Medina an, und bemächtigte sich des Gebir ges Ohod, welches kaum vier Meilen davon entfernet ist. Mahomet, den seine vorigen Siege kühn machten, zog sogleich wider ihn aus, um ihn von diesem Posten zu vertreiben. Anfangs erhielt er einigen Vortheil; weil er aber das Unglück hatte, in dem Treffen verwundet zu werden, so ward er genöthiget sich zurück zu machen. Da seine Leute sahen, daß er nicht mehr an ihrer Spitze war, verloren sie den Muth, und liessen den Feind in sich eindringen, welcher sie auf eine entsetzliche Art niedermetzel te. Unterdessen entkamen dem Sieger doch noch sehr viele, die nach Medina flohen, ohne verfolgt zu werden. Die Coreischiten, anstatt sich den Sieg zu Nutze zu machen, liessen die Flüchtigen entkommen, und beschäftigten sich mit einer eben so unnützen als viehischen Rache an den Körpern der in der Schlacht gebliebenen Mahometaner.
[↔] (Grausam keit der ara bischen Wei ber.)
[↔] Die Weiber selbst thaten sich bey dieser Ge legenheit durch die ihrem Geschlechte schimpflich
sten Ausschweiffungen hervor. Hendah, des Abu - Sofian Frau, nebst ihrem gantzen Gefol ge, (*) waren die ersten, die das Beyspiel einer recht blinden Wuth gaben. Man versichert, daß unter andern Hendah, als sie den Körper des Hamza auf dem Schlachtfelde gefunden, ihn mit eignen Händen den Leib aufgerissen, und die Leber daraus mit den Zähnen zerfleischt habe.
[↔] Ein so blutiger Verlust, war für den Pro pheten ein grausamer Zufall: Weit schmertzli cher aber fielen ihm die Vorwürffe derjenigen, die ihre Aeltern oder Freunde in dem Treffen eingebüßt hatten. Dieses Murren, welches allezeit gefährlich ist, besonders einer erst an wachsenden Gewalt, machte ihn eine zeitlang weit unruhiger, als ihn selbst die Folgen seines Verlusts machten: Jedoch seine Einbildungs kraft, die immer an Ausflüchten fruchtbar war, gab ihm gar bald Mittel an die Hand, die Kla gen der aufgebrachten Menge zu stillen.
[↔] Er legte ihnen die Lehre vor Augen, die er [↔] (Lehre des
Mahomets
wegen der
Vorherbe stimmung.) ihnen so oftmals wegen des unveränderlichen Geschicks, welches einen von seinen vornehm sten Glaubensartickeln ausmachte, gegeben hat te; und schloß endlich daraus, daß diejenigen, welche in der Schlacht geblieben wären, ihr Le ben auf diejenige Art beschlossen hätten, welche 8
von den ewigen Rathschlüssen ihnen von Ewig keit her wäre bestimmt gewesen. Das Ende unsere Tage, fügte er hinzu, ist gesetzt; wir kommen durch Kranckheiten, in der Schlacht, und durch andre unglückliche Zufälle um, welche das menschliche Le ben durchkreutzen; unser Tod wird uns alle Augenblicke gedroht, und niemand kan seine Tage über das ihm bestimmte Ziel hinaus verlängern. Der Wille des Himmels wird in Ansehung dieses Ziels erfüllt; was liegt daran, auf was für Art, an welchem Orte, und unter wel chen Umständen es geschicht?
[↔] Der Ton und das Aeusserliche des Mahomets, welche noch weit mehr als seine Worte sagten, brachten bey den Mißvergnügten alle Wirkung hervor, die er sich nur davon versprechen konn te. Weit gefehlt, daß sie länger die in der Schlacht gebliebnen hätten beweinen sollen; sie betrachteten sie vielmehr als die wahren Mär tyrer des
Glaubens, und schienen nunmehr weit geneigter als jemals, der Lehre ihres Pro pheten alles aufzuopfern.
[↔] (Mahomet
vertilgt ver schiedne
Stämme, die
sich
wider
ihn verbun den hatten.)
[↔] Sie beweisen es auch in der That, auf eine ausnehmende Art, bey verschiednen Gelegen heiten, als Mahomet von einigen Stämmen, die sich wider ihn verbunden hatten, angefallen wurde. Sie wurden in unterschiednen Schlach ten gänzlich geschlagen, und damit man allen Bewegungen, die sie etwa noch hernach hätten machen mögen, zuvor kommen möchte, so rot tete man sie beynahe ganz und gar aus, das ist, man machte alle Mannspersonen davon nieder; die Weiber und Kinder stieß man in die Knechtschaft.
[↔] Während der Zeit, da Mahomet die Araber, sei [↔] (Seine Völ ker nehmen
Madian ein.)
ne Landsleute, unter seine Bothmäßigkeit brach te, hatte er Feldherren, welche in entfernten Ländern Eroberungen in seinem Namen mach ten: und auf diese Art bemächtigte er sich der Stadt Madian, und verschiedener anderer Plä tze, welche an den syrischen Grenzen lagen.
[↔] Der schleinige Fortgang seiner Waffen setzte [↔] (Mahomet
macht einen
Stillstand
mit den Co reischiten.) ganz Arabien in Schrecken. Die meisten Stäm me kamen, ihm zu huldigen, ausgenommen die Coreischiten, welche noch immer Schwierigkei ten machten, sich ihm zu unterwerffen. End lich aber beschlossen sie doch die Waffen nieder zulegen, und einen Stillestand mit ihm einzuge hen. Mahomet willigte darein, und er ward auf zehn Jahr geschlossen. Man wird sich ohne Zweifel wundern, daß er, da er mitten in sei nen Siegen war, und alle erforderliche Kräfte hatte, nicht das äusserste wagte, die einzige Par they unter sich zu bringen, die sich seinem Ge setze zu unterwerffen weigerte; es ist aber sehr wahrscheinlich, daß er lieber Zeit und Gelegen heit hat abwarten wollen. Da er übrigens selbst aus diesem Stamme war, so wollte er viel
leicht mit Fleiß säuberlich mit ihm verfahren, weil er auf diese Art eher zu seinem Zwecke zu kommen glaubte, als wenn er alles durch die Waffen zwingen müste.
[↔] (Er legt die
Wallfahrt
nach Mecca
an.)
[↔] Er machte sich übrigens diesen Stillestand zur Ausführung eines Vorhabens zu Nutze, mit welchem er schon längst umgegangen war, nehmlich eine Wallfahrt nach dem berühmten Tempel in Mecca, Caabah, anzulegen. Er ließ derohalben an allen Orten seiner Bothmäs sigkeit bekandt machen, daß diejenigen, die seine Lehre angenommen hätten, nach Mecca reisen könnten, ihre Andacht daselbst zu halten. Er setzte die Zeit feste, die zu dieser Reise am be quemsten sey, und schrieb die Gebräuche vor, die man dabey beobachten solle. Damit er a ber den Coreischiten, mit welchen er einen Stil lestand geschlossen hatte, keinen Verdacht geben möchte, so befahl er, daß diejenigen, welche nach der Caabah wallfahrten würden, ohne Waffen kommen, und sich zu Mecca nicht län ger als drey Tage aufhalten sollten.
[↔] So bald der Ruf ausgebreitet war, daß sich Mahomet mit seinen grausamsten Feinden ver tragen habe, so sahe man eine grosse Anzahl sei ner Schüler anlangen, die während der Verfol gung, die sich wider den Propheten erhoben hat te, nach Aethiopien geflohen waren.
[↔] Dieser Vertrag geschahe in dem siebenden Jahre der Hegire, das ist, wie ich schon gesagt habe, sieben Jahr hernach, als Mahomet aus Mecca nach Medina flüchten muste.
[↔] Als der Prophet nicht mehr mit den Arabern, [↔] (Mahomet
unterwirft
sich die Ju den.) seinen Landsleuten, kriegte, so ergriff er wieder die Waffen gegen die Juden, und verfolgte sie mit grosser Heftigkeit. Er nahm verschiedene ihrer Plätze weg, und unter andern Kaibar, welcher einer von den festesten war. Hier war es, wo er bey einer von seinen schönsten Ero berungen beynahe das Leben eingebüßt hätte. Er hatte seine Wohnung in dem Hause eines [↔] (Er wird
vergiftet.) der Vornehmsten der Stadt, Namens Hareth, genommen: Bey der Mahlzeit, die man ihm auftrug, war eine vergiftete Schöpskeule, von welcher der
Prophet aß, und sich sehr übel dar nach befand. Unterdessen brachte man ihn doch wieder zurechte; ob man schon den Ein druck nicht gänzlich vertilgen konnte, welchen das Gift in ihm gemacht hatte, und wovon er die ganzen drey Jahr durch, welche er noch lebte, die Empfindung behielt.
[↔] Nach seinem Tode erfuhr man, von wem dieses Gift gekommen war. Zainab, die Toch ter des Hareth, bey welchem Mahomet wohn te, gestand es, sie habe die Schöpskeule vergif tet, in der Gesinnung, daß, wenn Mahomet wircklich ein Prophete sey, so würde es ihm nichts schaden, wäre er es aber nicht, so wür de er unfehlbar daran sterben, und sie würde ihr Vaterland von einem Tyrannen befreyt ha ben, der es verwüstete.
[↔] (Anfang des
Krieges zwi schen den
Mahome tanern und
Griechen.)
[↔] Die Unpäßlichkeit, welche Mahomet, unge achtet der Mittel, die man wider das Gift ge braucht hatte, behielt, hinderte ihn nicht, die Waffen wieder zu ergreiffen, und seine blutige Sendung glücklich fortzusetzen. Er zog wider die Griechen aus, und zündete die ersten Fun ken des schrecklichen Krieges an, welchen seine Anhänger mit so vielem Feuer, sieben bis acht Jahrhunderte hindurch, fortgesetzt haben.
[↔] Die Meinungen wegen der Ursache dieses
Kriegs, sind getheilt. Einige behaupten, Ma homet habe ihn bloß unternommen, sich an dem Käyser
Heraclius, wegen der Untereue eines sei ner Stadthalter, welcher einen mahometani schen Abgesanden hatte umbringen lassen, zu rächen.
[↔] Andre sagen, daß Heraclius in dem Kriege, welchen er gegen die Perser führte, viel Araber in seinen Diensten gehabt habe. Diese moch ten vielleicht dem Kriegsschatzmeister, des Gel des wegen, sehr grob begegnet seyn, so daß ih nen dieser antwortete, es sey keines da, und wann welches da wäre, so würde er es lieber den Christen, als den arabischen Hunden ge ben. Kaum hatte Mahomet diese Antwort er fahren, als er sich deswegen zu rächen, und mit seinen Waffen bis in den Schooß des griechi schen Reichs zu dringen, beschloß.
[↔] Die Ursache dieses Krieges mag nun seyn, welche es will, so ist doch gewiß, daß er mit aller Wuth angefangen wurde, deren nur die Ra che und Schwärmerey fähig sind. Mahomet war bey diesem Feldzuge nicht persönlich zuge gen, sondern vertrauete die Anführung seiner Völker einem Generale, dessen unerschrockene Tapferkeit bekannt war.
[↔] Er hieß Khaled - ebn - Walid, (*) und war [↔] (Khaled
wird Gene ral der ma hometani schen Armee.) aus dem Stamme der Coreischiten, für wel chen er lange Zeit die Waffen gegen den
Ma homet geführt hatte. Er hatte so gar einen Flügel ihres Heeres in der berühmten Schlacht bey Ohod, wo die Völker des Propheten in die Flucht geschlagen wurden, commandiret. Kurz darauf hatte er seinen Stamm verlassen, und war ein Schüler des Mahomets geworden, des sen Lehren er hernach am allereyfrigsten mit ver theidigte. Er machte sich durch seine Tapfer keit und Einsicht in das Kriegswesen so fürch terlich, daß ihm Mahomet den Zunamen Sai stallah, das ist, Degen Gottes beylegte.
[↔] Dieses war der General, welchen Mahomet [↔] (Er schlägt
die griechi sche Armee.) wider die
Griechen ausschickte. Er erschien bloß an der Spitze von drey tausend Mann, und hatte gleichwohl die Kühnheit mit einer Armee zu schlagen, welche zwanzig tausend stark war. Das Treffen fiel bey Muta in Syrien vor. 9
Beyde Theile stiessen mit einer gleichen Wuth zusammen; die ungleiche Anzahl aber schien den Mahometanern anfangs verderblich zu seyn. Der größte Theil der Anführer wurde getödtet, und die Trupen, die ihren Muth sinken liessen, fin gen an zu weichen, als Khaled die Religions fahne ergriff, muthig an ihre Spitze trat und sie durch seine Worte und sein Beyspiel auf munterte. Er ermahnte sie, sich mitten unter die Griechen zu werffen, um ihnen entweder den Sieg zn<zu> entreissen, oder die Martyrerkrone we nigstens zu erlangen.
[↔] Dieses entweder oder, welches für Schwär mer gleich verführerisch ist, machte den Maho metanern Muth. Der tapfere Khaled warf sich am ersten unter die Feinde, worauf alle sei ne Völker mit einer solchen Wuth auf die Grie chen loß stürzten, daß sie sogleich durchbrachen, alles über den Hauffen warffen, und ein grau sames Gemetzle unter ihnen anfingen.
[↔] Khaled kehrte als Sieger zu dem Mahomet nach Medina zurück; und da die Ehre eines so rühmlichen Feldzuges gröstentheils auf den Pro pheten fiel, so wollte er derselben in dem Ange sichte seiner heimlichen Feinde, die er zu Mecca hatte, geniessen. Er begab sich also mit einer unzählbaren Menge Muselmänner in diese Stadt, und verrichtete mit ihnen seine erste Wallfahrt nach der Caabah.
[↔] (Erste Wall fahrt des)
[↔] Hier übte er die Gebräuche aus, die er für diese Feyer bestimmt hatte, und die hernach(Mahomets
nach Mecca.) von allen Mahometanern bey ihren Wallfahr ten sehr genau sind beobachtet worden. Er ging in den Tempel, und küßte daselbst den schwarzen Stein. (*) Nach dieser Andachtsbe zeigung ging er wieder hinaus, und ging sieben mal um die Caabah herum. Diese Ceremonie, welche an und für sich selbst sehr besonders ist, ist es noch weit mehr, in Ansehung der Art, mit welcher sie verrichtet wird. Dieses Her umgehen muß durch Sätze und Sprünge ge schehen, wovon die ersten drey ausnehmend schnell, die übrigen vier aber ganz gelassen sind. Mahomet verrichtete alle Ceremonien bey die ser Gelegenheit auf das genaueste, und kehrte kurz darauf mit seinem ganzen Gefolge wieder nach Medina zurück.
[↔] Der prächtige Aufzug des Mahomet bey sei [↔] (Die vor nehmsten Co reischiten
nehmen die
Religion des
Mahomets
an.)
ner Reise nach Mecca, und die abergläubische Sorgfalt, mit welcher er die Caabah besucht hatte, machte bey den Einwohnern der Stadt, und besonders bey den Coreischiten, einen so starcken Eindruck, daß eine grosse Anzahl der= 10
selben sich zu ihm nach Medina begaben, seine Religion anzunehmen, und unter ihm zu strei ten. Was ihm bey dieser Gelegenheit am mei sten schmeichelte, war dieses, daß er unter der Zahl seiner neuen Anhänger die Vornehmsten des Stammes sahe, der ihm am meisten zuwi der gewesen war. Ausser dem tapfern Kha led, der schon seit einiger Zeit zu ihm getreten war, sahe er auch den
Amru - ebn - al - As, ei nen berühmten Heerführer, und den Othman ebn - Telhah, einen vornehmen Mann, welcher damals die Aufsicht über die Caabah hatte, an kommen. Ich werde Gelegenheit haben, bey der mit mehrern zu gedencken, wenn ich die Ge schichte der ersten Califen beschreiben werde.
[↔] (Verschie dene Männer
erregen einen
Aufstand und
werden ge schlagen.)
[↔] Das Beyspiel dieser berühmten Männer, welche alle dreye aus dem Stamme der Corei schiten waren, war dennoch nicht fähig, die ü brigen aus dem Stamme zu einem gleichen zu bewegen, oder auch nur zu machen, daß sie ru hig geblieben wären. Sie machten eine Par they, und nachdem sie eine beträchtliche An zahl ihrer Landsleute darein verwickelt hatten, zogen sie aus Mecca aus, und kamen, dem Ma homet das Treffen anzubieten. Dieses Unter nehmen, anstatt, daß es so hätte ausschlagen sol len, wie sie es hofften, ward vielmehr das un glückliche Ende ihrer Freyheit.
[↔] Der Prophete ging ihnen mit zehen tausend Mann entgegen. Der Anfall ward hefftig; endlich aber mußten die von Mecca dennoch unterliegen, und wurden in die Flucht geschla gen. Mahomet, welchen ihr Aufstand aufge bracht, und ihre Kühnheit, den beschwornen Stillstand zu brechen, in Wuth gesetzt hatte, verfolgte die Flüchtigen bis nach Mecca, und nahm die Stadt ein.
[↔] Diesesmal verfuhr er gegen die Einwohner nicht so gelinde, als er es bey der ersten Erobe rung gethan hatte. Er ließ alle umbringen, von welchen er wuste, daß sie seine offenbaren Feinde wären: Den übrigen, welche bloß, von dem Strohme dahingerissen, die Waffen wider ihn ergriffen hatten, stellte er es frey, ob sie seine Religion, oder den Tod wehlen wollten. Die, welche seine Religion annahmen, brach ten ihr Leben davon; die aber, welche sie aus schlugen, oder sich lange bedencken wollten, wur den auf der Stelle niedergemacht.
[↔] Nach diesem grausamen Siege, zog er tri [↔] (Mahomet
läßt sich zum
Herrn von
Mecca
er klären.)
umphirend in Mecca ein, und ließ sich zum un umschränkten Herrn, sowohl in geistlichen als weltlichen Dingen, erklären; es war auch keine Seele in Mecca so kühn, die sich dem Willen des Siegers widersetzt hätte.
[↔] Zu Anfange des folgenden Jahres aber, wel [↔] (Er bringt
die Araber
vollends un ter sich.)
ches das achte der Hegire war, machte ein Rest von Rebellen, welche dem Schwerdte des Propheten entkommen waren, heimlich eine ansehnliche Parthey; und sobald sie sich stark genug sahen, machten sie sich zu Felde, und verwü steten die meisten Gegenden, die er sich unter würffig gemacht hatte. Mahomet ward durch das tollkühne Unternehmen dieser Aufrührer in Wuth gebracht, und ging an der Spitze seiner Trupen, wider sie los. Als sich die zwey Ar meen, bey einem Orte, welcher Honaim hieß, fanden, so kam es zu einem so blutigen Treffen, daß die Mahometaner, ob sie gleich an der An zahl weit stärker waren, anfangs geschlagen und beynahe in die Flucht getrieben wurden. Ma homet, der über diesen Zufall erstaunte, that rechte Wunder der Tapferkeit, die Wuth der Feinde aufzuhalten. Während der Zeit, da ein Theil seiner besten Trupen den Anfallenden widerstand, lief er zu denen, die schon zurück gewichen waren, machte ihnen durch sein Zu reden und sein Beyspiel frischen Muth, spotte te über sie, führte sie an den Feind von neuem an, und trug endlich einen vollkommnen Sieg davon.
[↔] Diese Schlacht war für die Araber das Ziel ihrer Freyheit. Mahomet ließ sich zum unum schränkten Herrn über dieses ganze weite Reich erklären; und nachdem er überall die Götzen bilder und die übrigen Monumenta des
Heiden thums hatte vernichten lassen, so führte er seine neue Religion ein, und machte sie zu der einzi gen, die man in Arabien üben durfte.
[↔] (Zweyte
Wallfahrt)
[↔] Mahomet that hierauf, aus Dankbarkeit für
diesen Sieg, welcher das Siegel auf seine ober
(des Maho mets) ste Gewalt drückte, eine zweyte Wallfahrt nach Mecca, welche weit feyerlicher war, als die er ste. Er besuchte die Caabah, und beobachtete alle Ceremonien mit vieler Andacht.
[↔] Er befand sich noch in dem Tempel, als ein [↔] (Großmuth
des Maho mets gegen
den Dichter
Caab.) Dichter, Namens Caab, vor ihm gelassen zu werden verlangte, um ihm ein Gedicht zu sei nem Lobe vorzulesen. Ob nun schon der Pro phet Ursach hatte auf den Dichter erzürnt zu seyn, weil er ihn vorher in einigen seiner Saty ren durchgezogen hatte, so glaubte er doch, daß es seinem Ansehen gemässer wäre, die Beleidi gung zu vergessen, für die man ihm Gnugthu ung zu geben kam. Er ließ also den Dichter vor sich, und gab ihm Gehör.
[↔] Caab fing damit an, daß er ihn um Ver zeihung seiner Verwegenheit, wider ihn geschrie ben zu haben, bat. Die Heiterkeit, welche auf dem Gesichte des
Propheten herrschte, versicher te ihn von der erhaltenen
Gnade, worauf er so gleich ein Stück in so nachdrücklichen und rüh renden Versen hersagte, daß ihm Mahomet nicht nur alles vergab, sondern ihm auch noch ein Geschenke machte, welches das Andenken dieses Dichters unter den Arabern verewigt hat. Mahomet nahm den Mantel, (*) welchen er 11
auf seinen Schultern trug, ab, und hing ihn selbst um die Schultern seines Panegyristen.
[↔] Er begab sich hierauf aus dem Tempel, und nachdem er siebenmal um denselben herum ge
gangen war, und alle Pflichten seiner Religion beobachtet hatte, so zeigte er sich auch als einen Ausüber der obersten Gewalt. Er legte Rich terstühle an, die Gerechtigkeit zu handhaben, und ernennte diejenigen, welche verschiedenen Aemtern vorstehen sollten. Er erklärte zu gleich einen zum Iman, das ist, zum Priester, welcher das Volk unterrichten sollte. Alle diese Einrichtungen machte er als ein Regente und ruhiger Besitzer seiner Staaten: Er war nicht mehr der fürchterliche Eroberer, welcher beständig das Schwerdt in den Händen trug, die Völcker unter sein Joch zu bringen; überall sahe man nichts als die Spuren des Friedens und der Ruhe. Die Araber, welche so tapfer für ihre Freyheit und Religion gefochten hatten, folgten nunmehr den Lehren des Mahomets mit vieler Bereitwilligkeit; sie vergassen ihren alten Gottesdienst gar bald, und fanden endlich eben so viel Freyheit unter einem Monarchen, als sie unter den Häuptern der Stämme gehabt hatten, deren allzu viele waren, als daß sie nicht oft traurige Streitigkeiten, die dem gemei nen Volke verderblich wurden, hätten verursa chen sollen.
[↔] Die Provinzen an den Grenzen Arabiens, folgten dem Exempel der Hauptstadt des Reichs. Die Fürsten von Yemamah kamen, sich dem Mahomet zu unterwerffen, und von ihm Ge setze und Religion
anzunehmen. Diesen folgte kurz darauf Mossellamah, Fürst von Hagerah, welcher gleichfalls dem Propheten Gehorsam zu schwören kam. Was die übrigen Provin zen Arabiens anbelangte, deren Häupter nicht selbst in Person erscheinen konnten, diese liessen ihre Unterthänigkeit durch Gesandten den Ma homet
versichern.
[↔] Damals genoß Mahomet die Früchte seiner Tapferkeit und Schwärmerey am ruhigsten. Als unumschränkter Herr über die Geister und Herzen seiner Völker, hörte er weder von
Be wegungen noch Aufständen auf Seiten der Araber mehr reden. Diese glücklichen Umstän de machte er sich zu Nutze, ein ansehnliches Heer auf die Beine zu bringen, welches er selbst abrichtete, und zu Zucht und Gehorsam ge wöhnte; zwey Eigenschaften, welche bey einem Soldaten vielleicht nöthiger als Tapferkeit und Unerschrockenheit sind.
[↔] Diese Vorsicht war nicht unnütze angewandt. Die Griechen, welche den Schimpf nicht ver dauen konnten, den sie in der Schlacht bey Muta davon getragen hatten, beschlossen sich zu rächen, in der Meinung diesesmal ihre Maaß regeln schon besser zu nehmen, um Trupen über legen zu seyn, von welchen sie nicht glaubten daß sie eingerichtet wären, und die sie für geschick ter hielten, mit blinder Wuth einen Einfall zu wagen, als sich in einem regelmäßigen Treffen vorsichtig aufzuführen.
[↔] (Mahomet
zieht wider)
[↔] In dieser gewissen Zuversicht näherten sich die Griechen also Balka, einer ziemlich ansehn
[↔] (die Griechen
aus.) lichen Stadt, an den syrischen Grenzen. So bald Mahomet ihren Anzug vernahm, stellte er seine Befehle aus, und in kurzem war alles im Stande, dem Feinde entgegen zu gehen. Weil er bey seinem Auszuge vermuthete, der Feldzug werde vielleicht lange dauren, so ent schloß er sich, das Regiment sichern Händen anzuvertrauen, welche die gute Ordnung, die er in den Provinzen seiner Botmäßigkeit einge führt hatte, zu erhalten, geschickt wären. Ali, einer von seinen Vettern, schien ihm zu dieser wichtigen Stelle der fähigste zu seyn, er legte also sein Ansehen bey ihm nieder, und ernennte ihn, während seiner Abwesenheit zum Regenten des Staats. Hierauf zog er an der Spitze von 30000 Mann aus, und rückte bis nach Ta buk, wo er auf den Feind länger als einen Mo nat wartete.
[↔] Doch umsonst: Die Griechen, welche ohne [↔] (Die Grie chen ziehen
sich zurück.) Zweifel Nachricht bekommen hatten, was für ein starkes Heer wider sie auszöge, und daß es Mahomet selbst anführe, hielten es für gut, den Weg wieder zurück zu nehmen, und getrauten sich nicht, den arabischen Boden zu betreten.
[↔] Mahomet kehrte also nach Medina zurück, wo er, bey seiner Ankunft, Abgesandte von ver schiednen benachbarten Fürsten antraf, die im Namen ihrer Herren, ihm den Empfehl zu ma chen, und sich seine
Freundschaft auszubitten, gekommen waren. Als sie wieder weg waren, so beschäftigte sich Mahomet den übrigen Theil dieses Jahres hindurch, welches das zehende der Hegire war, damit, daß er aufs neue die Anordnungen untersuchte, die er so wohl in bür gerlichen Angelegenheiten, als in dem Soldaten wesen gemacht hatte.
[↔] (Nochmali ge Wallfahrt
des Maho mets nach
Mecca.)
[↔] Er hielt für nöthig ein gleiches in Mecca zu thun, welches ihn bewog eine nochmalige Wall fahrt nach dieser Stadt zu unternehmen. Die se Reise, welches seine letzte nach der Caabah war, übertraf die vorigen sehr weit, in Anse hung des prächtigen Gefolges, welches mit ihm zog. Eine unzählbare Menge Volks, an des sen Spitze sich die Vornehmsten unter den Ara bern befanden, begleitete ihn. Auch seine Weiber waren bey dieser letzten Wallfahrt, wel che in prächtigen Sänften, die von Kameelen getragen wurden, die Reise thaten, und von einer grossen Anzahl Personen, die in ihren Diensten waren, begleitet wurden.
[↔] (Er verwal tet daselbst
das Amt ei nes Priesters.)
[↔] Auf diese Art hielt Mahomet, bey seiner letz ten Reise, den Einzug in Mecca. Um dem Volke nun desto mehr Ehrfurcht für seine Re ligion beyzubringen, und zugleich zu zeigen, daß er ein unumschränkter Herr, so wohl in geistli chen als weltlichen Sachen sey, verrichtete er selbst das Amt eines Priesters: er predigte in dem Tempel, und schloß seinen Unterricht durch neue Anordnungen, die er, wegen der Ceremo
nien und der Ausübung seiner neuen Religion, bekannt machen ließ.
[↔] Das merkwürdigste in Ansehung seiner Reli
[↔] (Opfer der
Kameele.) gion war dieses, daß
Mahomet verschiedne Kameele opfern ließ. Es sollte beynahe schei nen, er habe die Absicht gehabt, den Gebrauch der Opfer, welche das mosaische Gesetz vor schreibt, beyzubehalten: unterdessen findet man doch nicht, daß ihm die eyfrigsten Nachfolger in seiner Lehre, in diesem Puncte nachgeahmet haben; wenigstens hat dieser Gebrauch nicht lan ge gedauert, weil wir in keinem von ihren Ge schichtbüchern finden, daß man ihn jemals aus geübt habe.
[↔] Dieses Fest ward mit dem Abschiede beschlos sen, welchen der Prophet von dem Volke nahm. Er sahe, daß es mit seiner Gesundheit immer schlechter und schlechter wurde: Das Gift, welches er einige Jahre vorher bekommen hatte, ließ ihn seinen gemachten verderblichen Eindruck heftiger, als sonst, empfinden. Er merkte hieraus, daß sein Ende nicht mehr ferne seyn könne, und daß er von Mecca wegreisen würde, ohne jemals wieder hin zu kommen; er nahm also von dem Volke, in den letzten Reden, die er an dasselbe hielt, Abschied, und eben daher hat diese Reise den Namen der Abschieds Wallfahrt be kommen.
[↔] Als Mahomet nach Medina zurück kam, er
[↔] (Zwey ara bische Für sten geben) fuhr er mit Verdruß, daß sich zwey arabische (sich für
Pro pheten aus.) Fürsten als Propheten aufgeworffen hätten, und daß sie in verschiedenen Provinzen Arabiens grosse Unruhen anrichteten. Doch diese
Be wegungen dauerten nicht lange; die verschiede nen Partheyen fanden von selbst ihr Ende, bald nach ihrem Anfange.
[↔] (Tod des
Mahomets)
[↔] Der Prophet genoß nicht lange mehr das Vergnügen, die Ruhe in seinen Staaten wieder hergestellt zu sehn. Er ward recht gefährlich krank, als er sich eben bey einer von seinen Weibern, Namens Zainab, befand: Denn er hatte die Gewohnheit alle Tage seine Wohnung zu verändern, und wohnte nach der Reihe bey jeder von seinen Weibern in ihrem eignen Hause.
[↔] Eine davon, Namens Aiesha, war die Lieb lingin des Propheten. Sobald er sich so stark angegriffen fühlte, daß er nicht wieder aufzu kommen hoffen konnte, ließ er sich zu ihr tragen, damit er seine Tage bey ihr beschliessen möge. Hier starb er auch in der That, in dem 63 Jah re seines Alters.
[↔] (Man zwei selt an sei nem Tode.)
[↔] Die Schwärmerey einiger von seinen Anhän gern ging so weit, daß sie behaupten wollten, der Prophet sey nicht gestorben, ja gar, er könne nicht sterben. Omar, einer von seinen eyfrig sten Schülern, zeigte sich für dieses
Vorurtheil weit eingenommner, als alle andre, und drohte so gar, den ersten den besten nieder zu hauen, welcher sagen würde, Mahomet sey tod.
[↔] Es entstanden über diese Materie sehr hefti
ge Streitigkeiten, welche sehr üble Folgen hätten haben können, wenn der kluge Abubeker
nicht Sorge getragen hätte sie zu endigen. Er kam also in die Versammlung, und nachdem er zu reden verlangt hatte, legte die Achtung welche er sich unter den Muselmännern erworben hat te, auch den allerunruhigsten, und selbst dem Omar das Stillschweigen auf. Abubeker hielt hierauf eine sehr starke und durchdringende Re de, in welcher er den Verlust, den jezt al le Rechtgläubige gelitten hätten, beweinte, und mit überzeugenden Gründen, ja gar mit Be weisen aus dem Korane darthat, daß Maho met wie ein andrer Mensch sterblich gewesen sey, und auch wirklich gestorben wäre.
[↔] Als diese Streitigkeit beygelegt war, erhob [↔] (Trennun gen wegen
des Orts, sei ner Beerdi gung.) sich eine andre, wegen der Beerdigung des Pro pheten. Die Mohajerin (*) verlangten, er sollte zu Mecca begraben werden, weil es sein Geburthsort sey; die Ansaren, (**) zu Me dina, weil er seine Wohnung daselbst aufgeschla gen gehabt; andre endlich zu Jerusalem, wel ches die wahre Stadt der
Propheten wäre.
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13
[↔] Auch diese neue Streitigkeiten legte Abube ker bey, indem er einen Ausspruch wiederhohl te, den er von dem Mahomet selbst gehört zu haben, vorgab: Diesen nehmlich, daß ein je der Prophete an dem Orte müsse begraben wer den, wo er gestorben sey. Dieser Entscheidung des Abubekers fielen alle bey; und so gleich ward in dem Hause der Aiesha, unter eben dem Bette, worinnen der Prophet gestorben war, ein Grab gemacht, in welchem sein Körper be erdiget wurde.
[↔] Sein Grab ist also nicht zu Mecca, wie die gemeine Meinung einiger Christen ist, welche vorgeben, der Körper des Mahomets sey in ei nen eisern Sarg gelegt worden, welcher vermit telst grosser in dem Gewölbe der Moschee be festigter Magnete, schwebend in der Luft gehal ten würde. Dieses ist ein Mährchen, das man zum Zeitvertreibe erfunden hat, und welches nur unter Unwissenden Beyfall finden kan.
[↔] Was ich bisher gesagt habe, kann, sollte ich meinen, zureichend seyn, einen Begrif von dem Erobrer und Propheten, dem Stifter der neu en Monarchie, zu machen, deren Geschichte der Gegenstand dieses Werks ist. Ehe ich aber hierauf komme, wird es, glaub ich, nicht un dienlich seyn, etwas von der Person des Ma homets selbst, und von seiner Lehre zu sagen.
[↔] Mahomet war von einer mittlern Statur, aber wohl gebaut. Seine braune und zugleich lebhafte Gesichtsfarbe verrieth eine starke Na tur, die ihn bis zu dem höchsten Alter vielleicht würde gebracht haben, wenn das Gift nicht sei ne Tage verkürzt hätte. Niemand war ge schickter, mit einer wunderswürdigen Stand haftigkeit, alle Nothdürftigkeiten des Lebens, und die beschwerlichsten Arbeiten länger auszu halten, als er.
[↔] Er besaß einen Geist, welcher zu den größ ten Unternehmungen geschickt war; und eine Standhaftigkeit, die sich durch keine Hindernis se wankend machen ließ. Dem, was er sich einmahl vorgenommen hatte, ging er unermüdet nach, und fand in sich selbst eine unerschöpfliche Qvelle von Mittel, darinne glücklich zu seyn. Sein biegsamer, lebhafter und durchdringen der Geist regierte ihn in der Wahl dieser Mittel, und er konnte, in Ansehung der Geschicklichkeit, mit welcher er sich der Zeit, der Umstände und besonders des Genies seines Volks zu bedienen wußte, fast allezeit wegen des Ausganges ge wiß seyn.
[↔] Mahomet, nach der gemeinen Meinung, konnte weder lesen noch schreiben. Es kommen Stellen in dem
Korane vor, die es glaublich machen; und überdieses schien er es selbst nicht in Abrede zu seyn, indem er sagte, er wäre
Ommi, das ist, ein einfältiger, unwissender Mensch, ohne die geringsten Wissenschaften.
[↔] Unterdessen redete doch niemand in seinem Volke besser als er. Er schien sich auf seine Sprache ganz besonders gelegt zu haben; er kannte allen ihren Nachdruck, Stärke, Reich thum und Reinigkeit. Er war von Natur be redt; seine Schreibart war stark und eindrin gend; seine Wendungen waren zierlich und sei ne Ausdrücke ungemein lebhaft. Diese Leich tigkeit in der Rede war die Wirkung einer fruchtbaren und feurigen Einbildungskraft, die ihm, nach Gelegenheit, alle die Ideen eingab, die ihn zu seinem Zwecke zu bringen die geschick testen waren.
[↔] (Von dem
Korane.)
[↔] Nichts kan mein Vorgeben mehr beweisen, als das berüchtigte Buch, das in der ganzen Welt unter dem Namen des Koran
bekannt ist, welches so viel sagen will als, das Buch, eben so wie wir Christen die Bibel vorzüglicher Weise also nennen. Hier nun, in den Kora ne sieht man, daß Mahomet, ohngeachtet der wunderlichen Vermischung abgeschmackter Fa beln und grosser Wahrheiten, beständig seine Absicht zu erreichen geschickt war. Er wußte wohl, daß in jeder andrer Gegend dieser Misch masch wenig Fortgang haben, und er Gegen theils bey allen gesetzten Leuten von Ueberlegung für einen Betrieger gelten würde; er war aber derjenigen allzu gewiß, unter welchen er lehr te. Er hatte ihre Einbildungskraft
erschüt tert und eingenommen, und also schien ihnen alles an ihm gut zu seyn, und seine Ausschweif fungen selbst wurden von diesen Schwärmern mit Ehrfurcht betrachtet. Es waren zwar wich tige Dinge genug darunter, die es wohl verdien ten, daß man sich darüber ärgerte; doch der Prophet wußte dem Uebel bald abzuhelffen: er fügte ein neues Kapitel zu dem Korane hinzu, und auf einmal verschwand das Aergerniß, und seine Verbrechen wurden zu Tugenden. Die ses wird man deutlich an zwey Beyspielen sehn, die ich eben anführen will.
[↔] Zaid, einer der vornehmsten Officiers des [↔] (Mahomets
Neigung zu
den
Weibern,
und wie er
sie rechtferti get.) Mahomet, hatte eine sehr artige Frau gehey rathet, Namens Zainab. Weil nun der Pro phet sich heftig in sie verliebt hatte, so wurden die Sachen so eingerichtet, das Zaid seiner Frau den Scheidebrief gab, worauf sie Mahomet al so bald heyrathete.
[↔] Diese Heyrath nun mit einer Frau, deren Mann noch lebte, verursachte um so viel mehr Aergerniß, weil Mahomet den Zaid an Soh nes Statt angenommen hatte; weßwegen man ihm ganz laut vorwarf, er habe die Frau seines Sohnes geheyrathet. Doch alle diese Vorwürf fe wurden vermittelst eine Offenbarung, geho ben, die man im 33. Kapitel v. 36. des Korans folgender Gestalt ausgedrückt findet: Nach dem nun Zaid in Ansehung seiner Frau, das, was er beschlossen hatte, vollzogen, so haben wir sie mit dir verbunden, um deine Gattin zu seyn. - - Der Prophet hat keinen Fehler begangen, indem er
dasjenige gethan, was ihm Gott befoh len hat.
[↔] Und damit zugleich aller Vorwand des Aer gernisses, in Ansehung der Annehmung zum Sohne, wegfallen möge, so erklärt eben diese Offenbarung, daß Zaid Mahomets Sohn nicht mehr seyn könne, und fügt hinzu: Mahomet soll nicht mehr der Vater eines einzigen unter euch seyn, sondern er soll der Apo stel Gottes und das Siegel der Prophe ten heissen.
[↔] Ein Jahr nachher, trug sich eine andre Be gebenheit zu, welche gleichfalls eine neue Of fenbarung
verursachte. Makawcas, Fürst von Alexandrien und Aegypten, machte dem Pro pheten reiche Geschenke, worunter sich auch zwey schöne Mägdchen befanden, wovon die ei ne, Namens Maria, einen so lebhaften Ein druck auf sein Herz machte, daß er sie zu sei ner Beyschläfferin zu machen beschloß. Gleich wohl bemühte er sich eine Zeitlang diesen Ein fall zu bestreiten, weil die Hurerey ausdrüklich in dem Korane verbothen ist, wann es heißt: [↔] (Koran Kap. 17. v. 38.) Ihr sollt euch nicht der Hurerey nahen, denn sie ist ein greuliches Verbrechen und ein häßlicher Weg, und Gott hat ihr schwere Straffen bereitet.
[↔] Endlich, als er müde war sich selbst zu be kämpfen, erdachte er eine Offenbarung, die ihm seiner Neigung nachzuhängen erlaubte, wel
che Erlaubniß er sich auch zu Nutze machte, ob er es gleich ganz heimlich that, um das Aer gerniß zu vermeiden. Zum Unglücke aber mußte ihn eine von seinen Weibern entdecken, welche ein grosses Geschrey daraus machte, und der er, um sie zu befriedigen, so gleich schwor, niemals wieder mit der Maria etwas zu thun zu haben. Doch weil es ihm sehr schwer wür de geworden seyn, diesen Schwur zu halten, so wurde er gar bald von dem Engel Gabriel dessel ben erlassen, welcher ihm diesen Vorwürf zu machen kam: O Prophet, warum enthälst du dich, bloß deinen Weibern zu gefal len alles dessen, was dir
Gott erlaubt hat? Gott erklärt, fügte er hinzu, daß du deines Eides los seyn sollst et cetera
et cetera
[↔] Mahomet bekam also die Erlaubniß, an dem Artikel in dem Korane, welcher die Hurerey ver bietet, sich nicht binden zu dürffen; und die Leh rer seiner Religion haben diese Freyheit allezeit als einen persönlichen Vorzug und als ein beson dres Privilegium angesehen, welches er damals, mit Ausschliessung aller andern, genossen habe.
[↔] Aus diesen angeführten Beyspielen kan man sehen, wie viel von einem Buche zu halten sey, das auf eine so besondre Art, als der Koran, ent standen ist. In der That, man wird weder Grundsätze, noch Verbindung, noch Lehrgebäu de, dem er etwa gefolgt wäre, darinne antreffen. Die meisten Vorschriften die er enthält, sind, so zu reden, nur von einem Tage zum andern gemacht worden, wie es Zeit und Umstände er fordert haben.
[↔] Mitten unter den kindischen Erzehlungen aber, mitten unter den fabelhaften Wundern und schwärmerischen Erscheinungen, womit dieses Buch angefüllt ist, entdeckt man doch zugleich erhabne
Wahrheiten, die mit einem erstau nungswürdigen Nachdrucke vorgetragen wer den. Was das göttliche
Wesen und seine Ei genschaften anbelangt, das ist darinne auf eine eben so edle als genaue Art abgehandelt: des gleichen auch die Liebe des Nechsten und ver schiedne moralische Tugenden, wovon die Be griffe und Erklärungen mit vieler Einsicht und Genauigkeit aus einander gesetzt sind.
[↔] Mahomet brachte mehr als 20 Jahre zu, die se wunderliche Sammlung zusammen zu schrei ben, welche wirklich an sich selbst ein beständi ges Galimathias, ohne Ordnung, ohne Me thode, ohne Verbindung ist. Der meiste Theil der Lehrsätze sind
Ketzereyen, die er von dem Arius, Nestorius, Sabellius und andern ge borgt hat. Dieses war die Frucht des Umgan ges, den Mahomet, wie ich schon gesagt ha be, mit den Lehrern der verschiednen Secten, die damals in den Morgenländern zerstreut waren, gehabt hatte.
[↔] Anfangs hatte er bey dieser Unternehmung einen Juden zum Mitarbeiter, und hernach ließ er sich von einem christlichen Mönche helf fen, den die orientalischen Schriftsteller Bahi ra, und die occidentalischen
Sergius nennen. Auch wurden noch einige andre Lehrer zu dieser Arbeit genommen, um ihrer Sorgfalt, ohne Zweifel hat Mahomet die vornehmsten Züge der Theologie und Moral, die in dem Korane
ent halten sind, zu danken.
[↔] Die zwey Grundartikel aber, auf welchen die
[↔] (Grundarti ckel der Leh re des Ma homets.) ses Buch und die ganze Mahometische Lehre ru het, sind diese. Erstlich, alles was geschicht, ist dermaassen in den ewigen Ideen fest gesetzt, daß es unmöglich durch etwas hintertrieben werden kan. Zweytens, die Mahometanische Religion
soll ohne Wunderwerke ausgebreitet, und ohne Streit und Widerspruch angenom men werden: folglich ist es erlaubt einen jeden zu tödten, der sich sie anzunehmen weigert, und man macht sich des Paradieses würdig, wenn man die Ungläubigen umbringt; eben wie man die Martyrerkrone verdient, wenn man den Waffen der Feinde der Mahometanischen Lehre unterliegen muß.
[↔] Und diese Grundsätze waren es, vermittelst welcher es ihm in seinen Kriegen, die er mit den Feinden seiner Religion zu führen hatte, so wohl gelang; wie denn auch eben diese Lehre eine von den vornehmsten Ursachen war, daß die Nach folger des Mahomets sich so bald einen beträcht lichen Theil unsrer Halbkugel, welchen die Ma
hometaner noch bis jezt besitzen, zu unterwerf fen das Glück hatten.
[↔] Es würde aber ganz vergebens gewesen seyn, wann sich der neue Prophete vermittelst seiner Lehre einen Anhang hätte machen wollen. Wenn man sie auch für noch so verführerisch annimt, so würde sie ihm doch nur sehr wenig geholffen haben, wann er nicht vor allen Dingen die selt ne Gabe besessen hätte, welche Häuptern einer Parthey so unentbehrlich ist, nehmlich die erha bene Kunst, die Gemüther zu lenken. Dieser aber muß er wohl in einem sehr vollkommenen Grade mächtig gewesen seyn, da er sich, ohnge achtet des Aergernisses, welches seine unordent liche Leidenschaft für das Frauenzimmer verur sachen mußte, gleichwohl eine so beträchtliche Menge Anhänger verschafft hat.
[↔] (Charakter
des Maho mets.)
[↔] Zwar ist es wahr, daß dieses Laster einiger maassen durch die grossen Eigenschaften, die man an dem Propheten bemerkte, ersetzt wurde. Aus ser einem glücklichen Gedächtnisse, einer lebhaf ten Fassungskraft und einem glücklichen Natu relle, besaß er einen aufgeräumten Geist und eine sich stets gleiche Gemüthsart. Er ließ sich zu den niedrigsten Leuten herab, er that gegen die Edeln gemein, er hörte alle, die sich zu ihm wendeten, gütig an, und erfüllte jedes Verspre chen, das er that, auf das gewissenhafteste. Die Armen fanden an ihm einen zärtlichen Vater, der gegen ihr Elend empfindlich und ungemein freygebig war. Wenn wir dem Abulfeda glau ben dürffen, so verband er mit diesen Eigenschaf ten auch eine nicht gemeine Enthaltung und Mäßigkeit.
[↔] Diese Arten von Tugend wurden durch die regellose Neigung, welche er für das Frauen zimmer hatte, entsetzlich verstellet; unterdessen aber war er doch geschickt genug, es so einzurich ten, daß dieses Laster seiner Lehre nicht nachthei lig wurde: er wußte sich vielmehr ein Verdienst daraus zu machen, indem er vorgab, es ermun tere zur Andacht. Dieses Mittel scheinet ohne Zweifel sehr besonders, und ich gedenke dessel ben auch nur zu Folge eines ihrer Geschicht schreiber, des Anas - ben - Malek, welcher ihn folgender Gestalt reden läßt: Es sind zwey Sachen in der Welt, die mir sehr ange nehm sind, sagte der Prophete, die Weiber und der Weyhrauch; denn diese Sa chen erquicken das Auge, und erwecken meinen Eyfer im Gebete.
[↔] Die Geschichtschreiber sind wegen der Zahl [↔] (Wieviel
Mahomet
Weiber ge habt.) der Weiber des Mahomets nicht einig. Ein arabischer Schriftsteller zählt derer siebzehn, oh ne die Beyschläfferinnen. Gentius, ein christ licher Schriftsteller, läßt ihre Anzahl bis auf sechs und zwanzig steigen. So viel wenigstens ist gewiß, daß der Prophet deren weit mehrere gehabt hat, als es nach seinem eignem Korane erlaubt war, welcher den Muselmännern nicht mehr als vier Weiber zugleich verstattet. Al lein der Prophet hatte Freyheiten, die sich auf die Offenbarung selbst gründeten, und eben der Koran, welcher den gemeinen Arabern etwas verbot, nahm den Gesetzgeber davon aus.
[↔] Die berühmtesten unter diesen Weibern, und zugleich die, die er am meisten liebte, waren Cadhige, Aiesha und Hafsa. Der erstern ha be ich in dem vorhergehenden gedacht: Sie starb zu Mecca, drey Jahr vor der Hegire, im 65sten Jahre ihres Alters.
[↔] Aiesha lebte noch lange nach dem Maho met: Sie war damals, als sie verheyrathet wurde, nicht älter als sieben Jahr. Weil sie die einzige von seinen Weibern war, die er als Jungfer heyrathete, so nahm ihr Vater, welcher Adolph hieß, auf Befehl des Propheten, den Namen Abubeker, das ist, Vater der Jung frau, an. Ihn und seine Tochter wird man bald eine grosse Rolle in dieser Geschichte spie len sehen. Aiesha starb in dem 58sten Jahre der Hegire, und in dem 67sten ihres Alters.
[↔] Hafsa war eine Tochter des Omars. Der
Prophet heyrathete sie im 30sten Jahre der He gire. Sie war es, bey welcher, nach dem To de des Mahomets, der Koran niedergelegt wur de. Sie starb in dem 45sten Jahre der Hegire, in einem Alter von 60 Jahren.
[↔] (Kinder des
Mahomets.)
[↔] Mahomet hatte acht Kinder von der Cadhi ge; vier Söhne, und vier Töchter. Sie stur=
ben aber alle noch vor ihrem Vater, ausgenom men eine Tochter, Namens Fatime, welche ihn einige Monate überlebte. Sie hatte ihren Vet ter, den Ali, geheyrathet. Die übrigen Wei ber des Propheten, so viel derer auch waren, brachten ihm keine Kinder. Denn der eine Sohn, Namens Jbrahim, welchen er mit der Maria, einer von seinen Beyschläfferinnen, er zeugte, und der gleichfalls vor seinem Vater starb, ist nicht zu rechnen.
[↔] Man muß sich sehr wundern, daß der Pro phet, da er keinen männlichen Erben hinterließ, nicht daran gedacht hat, einen Nachfolger zu ernennen. Sollte er denn nicht die traurigen Folgen voraus gesehen haben, die ein Interre gnum, besonders in einem Reiche, das erst ent standen war, nach sich ziehen könnte?
[↔] Es standen auch in der That, so bald als er [↔] (Es entste hen verschie dene Parthey en wegen ei nes Nachfol gers.) todt war, verschiedene Partheyen auf, wovon je de ein ausschliessendes Recht, ihm einen Nach folger zu ernennen, zu haben glaubte. Die ansehnlichsten darunter waren die Ansaren und Mohajerin, die kurz vorher über die Ehre, den Propheten in ihrer Stadt zu begraben, gestritten hatten. Sie fanden sich bey der Versammlung, die man wegen der Wahl beruffen hatte, ein. Ein jeder behauptete seine Ansprüche mit einem Feuer und einer Heftigkeit, welche mehr als ein mal fürchten ließ, es werde zum Handgemenge kommen.
[↔] Dem Zustande nach, in welchem sich damals die Gemüther befanden, würde es schwer, ja gar gefährlich gewesen seyn, die Ursachen, welche ein jeder anführte, lange zu untersuchen. Man kam also auf den Einfall, um den Partheyen ein Gnüge zu thun, ihnen vorzuschlagen, man solle den Staat in zwey Theile theilen, und zwey Häupter erwehlen. Wann dieser Vor schlag statt gefunden hätte, so wäre es um das muselmannische Reich gethan gewesen. Jeder von diesen Häuptern würde an der Spi tze seiner Parthey nicht ermangelt haben, den andern zu bekriegen, um sich der ganzen Ge walt zu bemächtigen und die reiche Verlassen schaft des Mahomets an einen Besitzer zu brin gen. Die Mohajerin merkten so gleich diese üble Folge, und verwarffen also den Vorschlag.
[↔] Abubeker, welcher sich bey allen Umständen als einen Freund des Friedens erwieß, glaubte ein Mittel zu finden, alle Unruhen beyzulegen, wann er die Augen der Versammlung auf zwey Personen richten könnte, unter welchen er sie zu wehlen bat. Er schlug ihnen den Omar und Abu - Obeid vor. Doch auch dieses fand nicht statt; die Ansaren erklärten sich sämtlich für den einen; und der andre hatte alle Stimmen der Mohajerin, so, daß es folglich zu keiner Entscheidung kommen konnte, und der Streit weit hitziger wurde, als er gewesen war.
[↔] (Abubeker
wird zum)
[↔] Je länger diese Angelegenheit verzogen wur
de, je mehr hatte man sich für die hitzigen Köp
(Nachfolger
des
Maho mets erweh let.) fe zu fürchten, welche nichts mehr zu wünschen schienen, als daß es zum Handgemenge kommen möchte. Omar, welchen seine Klugheit und Weis heit ungemein ehrwürdig machte, that endlich einen Schritt, der alle Schwierigkeiten auf ein mal hob. Er stand von seinem Platze auf, nahte sich dem Abubeker, ergriff ihn bey der Hand, küßte sie, erkannte ihn laut für seinen Herrn, und schwor ihm in dieser Würde Treue und Gehorsam. Dieses besondre Verfahren machte anfangs alle stutzig, und endlich alle ei nig. Ein jeder folgte dem Beyspiel des Omars, und Abubeker nahm die Huldigung von der ganzen Versammlung an.
[↔] Auf diese Art opferte der großmüthige Omar seinen eignen Vortheil dem gemeinen Besten auf, um den Staat und die Religion von einem gänzlichen Untergange zu erretten. Weil aber das, was er gethan hatte, zu einem gefährli chen Beyspiele werden, und schlimme Folgen künftig nach sich ziehen konnte, so erklärte er selbst, daß, wann künftig ihn jemand hierinne
nachahmen sollte, so würde nichts anders zu thun seyn, als ihn, so wohl als den, welcher sei ne Huldigung angenommen, auf seine Seite zu bringen.
[↔] Wann übrigens Abubeker seine Würde der Gegenwart des Geistes und der Uneigennützig keit des Omars zu danken hatte, so ist zu ver
muthen, daß die Hoffnung, welche dieser hatte, dennoch einmal zur Oberherrschafft zu gelangen, auch das ihrige dazu beytrug. Indem Omar den Abubeker ernannte, welcher schon bey Jah ren war, so lief er bloß Gefahr, noch ein wenig zu warten, wann er ihm in der Regierung fol gen wollte; dahingegen alles für ihn verlohren war, wann die oberste Gewalt unter diejeni gen, welche Anspruch darauf machten, wäre getheilt worden, weil sie alsdann ganz und gar nicht mehr vorhanden gewesen wäre.
Kurze Lebensbeschreibung des
[↔]
Mahomets.
[↔] Mahomet, oder wie ihn die Araber ausspre chen, Mohamed, ward zu Mecca gegen das Ende des sechzehenden Jahrhunderts gebohren. Sein Vater
war ein Heide, und seine Mutter eine Jüdin; beyde waren von dem Stamme der Coreischiten. Dieser Stamm war unter den andern allen, wegen des Amts, das er seit langer Zeit verwaltete, der ansehnlichste.
[↔] Ihm nehmlich gehörte die Bewachung und die Aufsicht über einen berühmten Tempel zu, welcher Caabah, das ist, das viereckigte Haus genennet wurde. Dieses Gebäude, wenn man dem Alkorane glauben darf, war zu Ehren des wahren GOttes von dem Abraham und Ismael aufgeführet worden; nach der Zeit aber, da sich das Heidenthum unter den Ara bern einschlich, war es dem Götzendienste ge weyhet gewesen. Dieser Ort, welcher vordem wegen der andächtigen Reisen der heidnischen Araber berühmt war, ist es noch jetzt wegen der Wallfahrten der Mahometaner.
[↔] Die Aufsicht über diesen Tempel hatte vor mals den Khosaiten zugehört, einem vornehmen Stamme unter den Arabern; sie war ihnen aber schon vor geraumer Zeit von dem Kossa, einem der Vorfahren des Mahomets und da maligen Haupte des Stammes der Coreischi
ten, genommen worden. Dieser wußte sein Ansehen so feste zu gründen, daß er ein unum schränkter Herr über die Caabah blieb. Er hin terließ seinen Nachkommen nicht nur die Auf sicht darüber, sondern auch die oberste Gewalt in Mecca, welche gleichsam mit jenem Amte verbunden war.
[↔] Derjenige von seinen Nachfolgern, der sie damals führte, als Mahomet zur Welt kam, hieß Abdal=Mutaleb. Unter der grossen Anzahl Kinder, die er hatte, waren Abdallah, Al Abbas und
Abutaleb die berühmtesten.
[↔] Abdallah, welches der erstgebohrne war, war der Vater des Mahomets. Er starb kurze Zeit nach der Geburth seines Sohnes, welchen er unter der Vormundschaft seiner Mutter ließ. Auch diese starb einige Jahre hernach, und der junge Mahomet ward ohngefehr im achten Jahre seines Alters eine Wayse, ohne das ge ringste Vermögen.
[↔] (Die ersten
Jahre des
Mahomets.)
[↔] Abutaleb, seines Vaters Bruder, übernahm die Sorge seiner Erziehung, und behielt ihn bis in das zwanzigste Jahr bey sich; worauf er ihn zu einer Wittwe, mit Namen Cadhige, brachte, welche eines sehr beträchtlichen Vermögens, das ihr Mann durch den Handel erworben hat te, genoß, und noch selbst den Handel mit gu tem Glücke fortsetzte.
[↔] Der junge Mahomet ward anfangs zu den allergeringsten Verrichtungen gebraucht, bis man ihm bald hernach die Aufsicht über alles, was die Kameele betraf, anvertrauete. Dieses Amt gab ihm Gelegenheit sich mit mehrern zu beschäftigen, wobey er allezeit so viel Sorgfalt und Geschicklichkeit bewies, das Cadhige län ger nicht anstand, ihm die Aufsicht über ihren Handel zu geben, und ihn also zum Herrn von ihrem Glücke zu machen.
[↔] Mahomet that dem Vertrauen der Cadhige [↔] (Cadhige
heyrathet
den
Maho met.) vollkommene Gnüge. Der Handel ging unter seinen Händen wohl von statten, das Vermö gen wuchs sehr stark, und alles, was er unter nahm, gelang. Cadhige ward von Dankbarkeit durchdrungen, und glaubte, ihn wegen seines Eyfers und seiner Treue nicht besser belohnen zu können, als durch das Geschenke ihrer Hand. Sie beyrathete ihn.
[↔] Er setzte den Handel hierauf noch einige Jah [↔] (Mahomet
denkt auf ei ne neue Re ligion.) re fort, bis er endlich, da er sich im Besitze un endlicher Reichthümer sahe, den allerkühnsten Entschluß faßte, den nur immer eine Privat person fassen kan. Diesen nehmlich, eine neue Religion zu erdenken, und alle nöthige Maaß regeln zu ihrer Feststellung und Ausbreitung zu nehmen.
[↔] Die ersten Gedanken zu dieser schwärmeri [↔] (Was ihn
auf diese Ge
danken ge bracht.)
schen Unternehmung, waren ihm in den letzten Jahren seines Handels eingekommen. Die öf tern Reisen, die er nach Syrien, nach Judäa und in andre Länder thun mußte, hatten ihm Gelegenheit gegeben, sich von den Sitten, von der Lehre und dem Gottesdienste der Völker, welche diese Länder bewohnten, zu unterrichten. Das Christenthum hatte vordem in aller seiner Reinigkeit daselbst geblüht; nunmehr aber war es durch die Ketzereyen von aller Art so ver stellt worden, daß es kaum mehr kenntlich war. Man sahe da fast gar keine catholische Christen mehr; die Einwohner dieser verschiedenen Ge genden waren entweder Arrianer, oder Nesto rianer, oder Manichäer, und jede von diesen Secten hatte ihre Lehrer und Theologen. Ma homet machte sowohl mit den einen, als mit den andern Freundschaft. Er machte sich das Ver gnügen, sich mit ihnen oft zu unterhalten, und bekam ihre Lehrsätze und ihre Gründe, warum sie sich von den Katholicken trennten, vollkom men inne. Alles dieses brachte ihn ganz un vermerkt auf ein neues Lehrgebäude der Reli gion, dem er sich ganz und gar überließ, nach dem er seinen Handel anfgegeben<aufgegeben> hatte.
[↔] Die Kenntniß, die er von dem Genie seiner Nation hatte, versprach ihm bey der Ausfüh rung seines Unternehmens einen glücklichen Fortgang. Er wußte, daß die Araber von Na tur lebhaft und für alle Neuigkeiten eingenom men wären. Ueber dieses machte sie der hitzige Himmelsstreich, unter welchem sie wohnten, ge schickt, die Täuschungen der Schwärmerey
leicht anzunehmen. Er hatte den Beweis davon an den verschiednen Secten vor den Augen, die sich unter diesen Völkern eingeschlichen hatten, bey welchen man eine närrische Vermischung von Juden und Christen aller Arten wahrnahm, die aber gleichwohl nur eine sehr geringe Zahl, in Vergleichung mit dem Heidenthume ausmach ten, welches damals die herrschende Religion zu seyn schien.
[↔] Nachdem Mahomet die vornehmsten Pun [↔] (Mahomet
giebt Einge bungen vor.)
cte des Gottesdienstes, den er einführen wollte, genau überdacht hatte, so machte er die Probe seiner Sendung in seiner eignen Familie; und weil er wußte, daß keine Religion für wahr gehalten würde, wenn sie sich nicht auf Einge bungen gründete, so fing er damit an, daß er es seiner Frau überredete, er habe sehr genaue Verbindungen mit dem Himmel.
[↔] Sie desto leichter davon zu überzeugen, machte er sich auf eine geschickte Weise einen Zufall, dem er unterworffen war, zu Nutze. Dieser Zufall war die Epilepsie. Er suchte seine Frau gleich anfangs deswegen einzunehmen, indem er ihr sagte, sie solle sich nicht von den Verzuckungen, in welchen er sich befände, irre machen lassen; es wäre nichts weniger als eine Krankheit, es sey vielmehr eine von den aus nehmendsten Gunstbezeugungen des Himmels; es sey die Wirkung der Gegenwart des Engels Gabriel und der Eingebungen, deren ihn der Allmächtigste durch diesen Engel, würdigte. Mahomet theilte es allezeit seiner Frau mit, was er in diesen vorgegebnen Offenbarungen wollte gelernt haben, und erklärte ihr beyläuf fig die vornehmsten Lehrsätze seiner neuen Reli gion, nach welcher, wie er sagte, GOtt nun mehr unter den Menschen verehrt und bedient seyn wollte.
[↔] (Erster Fort gang der Leh re des Ma homets.)
[↔] Cadhige, welche entweder betrogen war, oder sich stellte, als ob sie es wäre, streute überall aus, ihr Mann habe Eingebungen, und sey ein Prophet. Eine so besondre Neuigkeit fand anfangs nur in seinem Hause, und unter Leu ten von der niedrigsten Sorte, Glauben. Die sen machte die Freygebigkeit des Mahomets Muth; sie wurden also gar bald die eyfrigsten Jünger dieses neuen Apostels. Ihre erhitzte
Einbildungskraft, machte, daß sie alles glaub len<glaubten>, was sie gehört hatten; die Gemeinschaft des
Mahomets mit dem Himmel ward unter ih nen zur unwidersprechlichen Wahrheit, und seine epileptischen Anfälle wurden als die of fenbarsten Beweise seiner Eingebungen ange sehn. Es währte nicht lange, so eignete man ihm gar Wunder zu. Der unwissende Pöbel, welcher allezeit für das Wunderbare und Neue eingenommen ist, nahm alles, was man ihm ausserordentliches erzehlte, mit der größten Be gierde auf, und endlich wuchs die Anzahl der Schüler des Mahomets unmerklicher Weise so sehr, daß die Obrigkeit in Mecca sich mit ihrem Ansehen darein zu legen beschloß, um der Schwärmerey zu steuern.
[↔] Der Rath fand, nach einer reiffen Ueberle [↔] (Wie die
Obrigkeit zu
Mecca ihren
Fortgang zu
hindern ge sucht.)
gung, kein besser Mittel, als sich des neuen Lehrers zu versichern; ihn wegen seiner Lehre zu befragen, und ihn, im Falle er sie gestehen sollte, zur Wiederruffung zu zwingen, wo nicht, ihn Zeit Lebens in Verwahrung zu behalten.
[↔] Der Entschluß der Obrigkeit konnte nicht so heimlich gehalten werden, daß er nicht vor den Mahomet kommen sollte. Da unter der Anzahl seiner Anhänger, sich verschiedne Personen von Stande befanden, die mit den vornehmsten obrigkeitlichen Personen verbunden waren, so kam die Berathschlagung des Magistrats aus, und der neue Gesetzgeber kam durch eine schlei nige Flucht ihrer Ausführung zuvor.
[↔] Er flohe in der Nacht aus Mecca, und ward [↔] (Mahomet
flieht.) von verschiednen seiner Schüler, besonders von dem Abubeker, welcher einer der vornehmsten darunter war, begleitet. Als die Obrigkeit von seiner Flucht Nachricht erhielt, ließ sie ihn so gleich verfolgen; Mahomet aber fand gleich wohl das Mittel zu entkommen, indem er nur bey Nacht reisete und sich des Tags in den Höhlen verkroch.
[↔] Die Verfolgung, welche gleichsam dazu be [↔] (Er bestä tiget seine
Jünger in
seiner Lehre.)
stimmt ist, einen jeden Glauben zu bestätigen, wachte, daß dieser flüchtige Hauffe nunmehr mit weit grösserm Eyfer die Schwärmerey des neuen Propheten aufnahm. Der geschickte Ge setzgeber, welcher sich alle Umstände zu Nutze zu machen wußte, bediente sich auch dieses Aufenthalts in den Höhlen, (*) seine Jünger in seiner Lehre fester zu setzen. Da er von Na tur eine nachdrückliche Beredsamkeit besaß, so hielt er ihnen die allernachdrücklichsten Reden über die Hindernisse, welche die List des bösen Geistes der Ausbreitung der Lehren in Weg legte, die der Allmächtige ihm durch seinen En gel offenbaret habe.
[↔] Das Feuer seiner Worte brachte die er hitzten Einbildungen vollends in Gluth, da sie ohne dem schon durch die Stille und Dunkel heit der Höhlen, in welche sie ihr vermeinter Religionseyfer zu fliehen nöthigte, in Bewe gung gebracht waren. Sie weyhten sich alle seinem Willen, und schwuren einen feyerlichen Eyd, sich gänzlich für ihn und seine Lehre auf zuopfern.
[↔] (Mahomet
begiebt sich
nach Medi na.)
[↔] Da Mahomet durch den Fortgang seiner ersten Unternehmungen Muth bekommen hat te, so brachte er glücklich seine Reise zu Ende, und begab sich mit seinem ganzen Gefolge in eine Stadt des wüsten Arabiens, welche 7
damals Yatreb hieß, deren Namen man aber hernach in Medina al=Nabi, das ist,
die Stadt des Propheten, verwandelte. Man nennt sie auch schlecht weg Medina, das ist, die Stadt, gleich als ob sie diesen Namen einzig und allein verdiene, weil sie dem neuen Gesetzgeber zur Zuflucht gedient habe.
[↔] Diese Zeit ist es, nach welcher die Anhänger(Anfang der
Hegire.) des Mahomets ihre berühmte Epoche festge setzt haben, welche sie Hegire, das ist, die Flucht, nennen. Nach diesem Zeitpuncte, welcher in das Jahr 622. nach Christi Geburth fällt, rechnen sie ihre Jahre. Man muß aber wohl merken, daß ihre Jahre Mondenjahre, und daher um eilf Tage kürzer als die Sonnen jahre sind. Diese eilf Tage machen, nach ei ner Zeit von 33. Jahren, ein ganzes Sonnen jahr aus; daß also das 33ste Jahr der Hegire erst das 32ste Sonnenjahr nach der Hegire ist.
[↔] Als Mahomet in Medina ankam, fand er eine grosse Anzahl Proselyten, welche ihm seine Apostel gemacht hatten. Seine Gegenwart gab seiner Lehre, die er schon daselbst hatte ver kündigen lassen, einen neuen Nachdruck. Die Heftigkeit seiner Weissagungen, und der ver führerische und prophetische Ton dieses neuen Bekehrers, zogen ihm gar bald eine so unglaub liche Menge Schüler zu, daß er sich in kur zen in den Stand gesetzt sahe, Trupen unter seinem Gebothe zu haben.
[↔] (Mahomet
macht sich
gefaßt, Mec ca zu über fallen.)
[↔] Sogleich dachte er darauf die Einwohner von Mecca zu bestraffen, weil sie seine Lehre verachtet und ihn gezwungen hätten seinen Ge burthsort so schimpflich zu verlassen. Er be deckte seine Rache mit dem Mantel der Reli gion; und dieses war das Mittel, sie desto grau samer auszuüben. Er erklärte sich also gegen seine Schüler, daß er von dem Himmel beson ders zur Bekehrung der Araber gesendet sey; da nun diese Völker grösten Theils in die Fin sternisse der Abgötterey versenkt wären, so müs se man sie ie eher ie lieber daraus reissen, wel ches nicht besser geschehen könnte, als wenn man, die Waffen in der Hand, gegen sie los zöge.
[↔] Der Vortrag des Propheten fand Beyfall, und er sahe gar bald eine Menge Schüler bey seiner Fahne, welche bereit waren, überall, wohin er sie senden würde, mit Feuer und Schwerdt zu dringen.
[↔] Dieser Eifer gefiel dem Mahomet; er woll- te ihn also nicht erkalten lassen. Er versuchte so gleich den Muth seiner Schüler, indem er sie wider eine Parthey aussendete, welche die Obrigkeit in Mecca, seit seiner Flucht, noch immer nach ihm ausschickte. Er gab ihnen ei nen von seinen Vettern, Namens Hamza, zum Anführer, welcher ihm, wegen des Ey fers, den er für seine Lehre bezeigt hatte, seines Vertrauens am würdigsten zu seyn schien. Hamza verband übrigens mit dem allerblinde sten Eyfer, den entschlossensten Muth, der ihn ungemein geschickt machte einen Trup Schwär mer anzuführen. Auf ihn also richtete Maho mer seine Augen, ihn an die Spitze seiner An hänger zu stellen; er übergab ihm in ihrer Ge genwart die Religionsfahne, und nachdem er ihnen befohlen hatte, den Befehlen, welche ih nen Hamza an seiner Statt ertheilen würde, auf das allergenaueste nachzukommen, so ließ er sie gegen den Feind anrücken.
[↔] Dieser Zug schlug nicht glücklich aus; die [↔] (Die von
Mecca be halten die
Oberhand.) von Mecca behielten die Oberhand, und schlu gen die Anhänger des Mahomets
so, daß sie sich kaum in der größten Unordnung nach Me dina zurück ziehen konnten.
[↔] Doch dieser widrige Zufall schlug sie nicht nieder; er ermunterte sie vielmehr, ein ander mal ihre Maaßregeln besser zu nehmen. Man legte sich auf die Kriegszucht, man gab ihnen bequemere Waffen, und als man sie gnugsam im Stande zu seyn glaubte, so führte man sie zum andernmale aus.
[↔] Dieser Zug fiel so glücklich aus, als es Ma [↔] (Die Ma hometaner
plündern
eine Kara vane.)
homet nur immer hoffen konnte. Seine Leu te traffen eine Karavane von Coreischiten an, auf welche sie mit Wuth fielen; sie schlugen die Bedeckung gänzlich, und brachten eine reiche Beute an Gütern und Gefangenen davon. Die Beute wurde unter die Sieger getheilt. Was die Gefangenen anbelangt, so zwang man sie, die Lehre des Mahomets anzunehmen, und die, die sich dessen weigerten, wurden auf der Stel le niedergemacht. Dieser Sieg kostete den Ma hometanern nicht mehr als vierzehn Soldaten. Der Prophet selbst, damit er seinen Jüngern Muth machen möchte, ertheilte denen, die bey dieser Gelegenheit geblieben waren, die größten Lobsprüche, und sie wurden auf die feyerlichste Art für Märtyrer des
Glaubens erklärt. Arti ge Märtyrer, Leute, die ihre Sendung durch Stehlen und Rauben ankündigten, und ihre Leh ren mit dem Schwerdte in der Hand predigten! Wie unterschieden sind sie von den Märtyrern in den ersten schönen Tagen der
Kirche, welche keine andere Waffen, als Predigt, Beyspiel und Ermahnung hatten!
[↔] Der Vortheil, welchen die Anhänger des Ma homets davon trugen, vermehrte seine Parthey um ein grosses. Die Begierde, Beute zu ma chen, zog eine unzählige Menge Räuber herbey, welche ihn so fürchterlich machten, daß sich kei ne Karavane mehr auf den Weg wagte. Auch die Obrigkeit von Mecca hörte nunmehr auf Trupen wider ihn auszuschicken.
[↔] Der Prophet hätte nunmehr die Früchte sei nes Sieges ruhig geniessen können; weil er aber wohl wuste, daß er diese Ruhe nur der Ohn macht seiner Feinde zu danken habe, so beschloß er, sich ihre Schwäche zu Nutze zu machen, und sie unter seine Bothmäßigkeit zu bringen.
[↔] So bald er sich stark genug sahe, stellte er [↔] (Mahomet
erobert Mec ca, und füh ret seine Re ligion da selbst ein.) sich selbst an die Spitze seiner Trupen, und zog auf Mecca los, welches er belagerte. Bey die sem Zuge gieng ihm alles wohl von statten. Die Stadt ward mit Gewalt eingenommen, und die bestürzten Einwohner wurden gar bald gezwungen, alles anzunehmen, was dem Ma homet, ihnen aufzulegen, gefallen würde.
[↔] Mahomet befahl die öffentliche Ausübung seiner Religion. Er suchte unter seinen Schü lern diejenigen aus, welche die meiste Einsicht und die meiste Treue besassen, und befahl ihnen die Gebothe und Gebräuche seines Gesetzes zu predigen, und über deren Ausübung ein wach sam Auge zu haben.
[↔] Die Eroberung der Stadt Mecca hätte die Eitelkeit des Mahomets genugsam sättigen, und ihn wegen des ihm angethanen Schimpfs, da sie ihm die Flucht zu ergreiffen zwangen, völlig rächen können; allein sein Ehrgeitz ging mit sei nen Absichten viel weiter. Als Herr von zwey beträchtlichen Plätzen, wo alles seinen Gesetzen und seiner Lehre unterworffen war, glaubte er nur den ersten Schritt in seinem Vorhaben ge than zu haben, wenn er das übrige Arabien nicht auch unter sein Joch bringen könnte. Er durchstreifte also ihr ganzes Reich mit den Waf fen in der Hand, und als er in der Ebene bey Beder auf einen Theil ihrer Trupen stieß, so both er ihm das Treffen an, und trug einen voll kommnen Sieg davon.
[↔] Dieser neue Vortheil machte ihn noch küh ner; er kehrte seine Waffen gegen die arabischen Juden, und beschloß sie gänzlich auszurotten; allein er ward in dem Lauffe seiner Siege durch den ansehnlichen Verlust, den er in der Schlacht bey Ohod litt, aufgehalten.
[↔] (Mahomet
verliert die
Schlacht an
dem Gebir ge Ohod.)
[↔] Abu=Sofian, sein ganz besondrer Feind, stellte sich an die Spitze der Coreischiten, rückte gegen Medina an, und bemächtigte sich des Gebir ges Ohod, welches kaum vier Meilen davon entfernet ist. Mahomet, den seine vorigen Siege kühn machten, zog sogleich wider ihn aus, um ihn von diesem Posten zu vertreiben. Anfangs erhielt er einigen Vortheil; weil er aber das Unglück hatte, in dem Treffen verwundet zu werden, so ward er genöthiget sich zurück zu machen. Da seine Leute sahen, daß er nicht mehr an ihrer Spitze war, verloren sie den Muth, und liessen den Feind in sich eindringen, welcher sie auf eine entsetzliche Art niedermetzel te. Unterdessen entkamen dem Sieger doch noch sehr viele, die nach Medina flohen, ohne verfolgt zu werden. Die Coreischiten, anstatt sich den Sieg zu Nutze zu machen, liessen die Flüchtigen entkommen, und beschäftigten sich mit einer eben so unnützen als viehischen Rache an den Körpern der in der Schlacht gebliebenen Mahometaner.
[↔] (Grausam keit der ara bischen Wei ber.)
[↔] Die Weiber selbst thaten sich bey dieser Ge legenheit durch die ihrem Geschlechte schimpflich
sten Ausschweiffungen hervor. Hendah, des Abu - Sofian Frau, nebst ihrem gantzen Gefol ge, (*) waren die ersten, die das Beyspiel einer recht blinden Wuth gaben. Man versichert, daß unter andern Hendah, als sie den Körper des Hamza auf dem Schlachtfelde gefunden, ihn mit eignen Händen den Leib aufgerissen, und die Leber daraus mit den Zähnen zerfleischt habe.
[↔] Ein so blutiger Verlust, war für den Pro pheten ein grausamer Zufall: Weit schmertzli cher aber fielen ihm die Vorwürffe derjenigen, die ihre Aeltern oder Freunde in dem Treffen eingebüßt hatten. Dieses Murren, welches allezeit gefährlich ist, besonders einer erst an wachsenden Gewalt, machte ihn eine zeitlang weit unruhiger, als ihn selbst die Folgen seines Verlusts machten: Jedoch seine Einbildungs kraft, die immer an Ausflüchten fruchtbar war, gab ihm gar bald Mittel an die Hand, die Kla gen der aufgebrachten Menge zu stillen.
[↔] Er legte ihnen die Lehre vor Augen, die er [↔] (Lehre des
Mahomets
wegen der
Vorherbe stimmung.) ihnen so oftmals wegen des unveränderlichen Geschicks, welches einen von seinen vornehm sten Glaubensartickeln ausmachte, gegeben hat te; und schloß endlich daraus, daß diejenigen, welche in der Schlacht geblieben wären, ihr Le ben auf diejenige Art beschlossen hätten, welche 8
von den ewigen Rathschlüssen ihnen von Ewig keit her wäre bestimmt gewesen. Das Ende unsere Tage, fügte er hinzu, ist gesetzt; wir kommen durch Kranckheiten, in der Schlacht, und durch andre unglückliche Zufälle um, welche das menschliche Le ben durchkreutzen; unser Tod wird uns alle Augenblicke gedroht, und niemand kan seine Tage über das ihm bestimmte Ziel hinaus verlängern. Der Wille des Himmels wird in Ansehung dieses Ziels erfüllt; was liegt daran, auf was für Art, an welchem Orte, und unter wel chen Umständen es geschicht?
[↔] Der Ton und das Aeusserliche des Mahomets, welche noch weit mehr als seine Worte sagten, brachten bey den Mißvergnügten alle Wirkung hervor, die er sich nur davon versprechen konn te. Weit gefehlt, daß sie länger die in der Schlacht gebliebnen hätten beweinen sollen; sie betrachteten sie vielmehr als die wahren Mär tyrer des
Glaubens, und schienen nunmehr weit geneigter als jemals, der Lehre ihres Pro pheten alles aufzuopfern.
[↔] (Mahomet
vertilgt ver schiedne
Stämme, die
sich
wider
ihn verbun den hatten.)
[↔] Sie beweisen es auch in der That, auf eine ausnehmende Art, bey verschiednen Gelegen heiten, als Mahomet von einigen Stämmen, die sich wider ihn verbunden hatten, angefallen wurde. Sie wurden in unterschiednen Schlach ten gänzlich geschlagen, und damit man allen Bewegungen, die sie etwa noch hernach hätten machen mögen, zuvor kommen möchte, so rot tete man sie beynahe ganz und gar aus, das ist, man machte alle Mannspersonen davon nieder; die Weiber und Kinder stieß man in die Knechtschaft.
[↔] Während der Zeit, da Mahomet die Araber, sei [↔] (Seine Völ ker nehmen
Madian ein.)
ne Landsleute, unter seine Bothmäßigkeit brach te, hatte er Feldherren, welche in entfernten Ländern Eroberungen in seinem Namen mach ten: und auf diese Art bemächtigte er sich der Stadt Madian, und verschiedener anderer Plä tze, welche an den syrischen Grenzen lagen.
[↔] Der schleinige Fortgang seiner Waffen setzte [↔] (Mahomet
macht einen
Stillstand
mit den Co reischiten.) ganz Arabien in Schrecken. Die meisten Stäm me kamen, ihm zu huldigen, ausgenommen die Coreischiten, welche noch immer Schwierigkei ten machten, sich ihm zu unterwerffen. End lich aber beschlossen sie doch die Waffen nieder zulegen, und einen Stillestand mit ihm einzuge hen. Mahomet willigte darein, und er ward auf zehn Jahr geschlossen. Man wird sich ohne Zweifel wundern, daß er, da er mitten in sei nen Siegen war, und alle erforderliche Kräfte hatte, nicht das äusserste wagte, die einzige Par they unter sich zu bringen, die sich seinem Ge setze zu unterwerffen weigerte; es ist aber sehr wahrscheinlich, daß er lieber Zeit und Gelegen heit hat abwarten wollen. Da er übrigens selbst aus diesem Stamme war, so wollte er viel
leicht mit Fleiß säuberlich mit ihm verfahren, weil er auf diese Art eher zu seinem Zwecke zu kommen glaubte, als wenn er alles durch die Waffen zwingen müste.
[↔] (Er legt die
Wallfahrt
nach Mecca
an.)
[↔] Er machte sich übrigens diesen Stillestand zur Ausführung eines Vorhabens zu Nutze, mit welchem er schon längst umgegangen war, nehmlich eine Wallfahrt nach dem berühmten Tempel in Mecca, Caabah, anzulegen. Er ließ derohalben an allen Orten seiner Bothmäs sigkeit bekandt machen, daß diejenigen, die seine Lehre angenommen hätten, nach Mecca reisen könnten, ihre Andacht daselbst zu halten. Er setzte die Zeit feste, die zu dieser Reise am be quemsten sey, und schrieb die Gebräuche vor, die man dabey beobachten solle. Damit er a ber den Coreischiten, mit welchen er einen Stil lestand geschlossen hatte, keinen Verdacht geben möchte, so befahl er, daß diejenigen, welche nach der Caabah wallfahrten würden, ohne Waffen kommen, und sich zu Mecca nicht län ger als drey Tage aufhalten sollten.
[↔] So bald der Ruf ausgebreitet war, daß sich Mahomet mit seinen grausamsten Feinden ver tragen habe, so sahe man eine grosse Anzahl sei ner Schüler anlangen, die während der Verfol gung, die sich wider den Propheten erhoben hat te, nach Aethiopien geflohen waren.
[↔] Dieser Vertrag geschahe in dem siebenden Jahre der Hegire, das ist, wie ich schon gesagt habe, sieben Jahr hernach, als Mahomet aus Mecca nach Medina flüchten muste.
[↔] Als der Prophet nicht mehr mit den Arabern, [↔] (Mahomet
unterwirft
sich die Ju den.) seinen Landsleuten, kriegte, so ergriff er wieder die Waffen gegen die Juden, und verfolgte sie mit grosser Heftigkeit. Er nahm verschiedene ihrer Plätze weg, und unter andern Kaibar, welcher einer von den festesten war. Hier war es, wo er bey einer von seinen schönsten Ero berungen beynahe das Leben eingebüßt hätte. Er hatte seine Wohnung in dem Hause eines [↔] (Er wird
vergiftet.) der Vornehmsten der Stadt, Namens Hareth, genommen: Bey der Mahlzeit, die man ihm auftrug, war eine vergiftete Schöpskeule, von welcher der
Prophet aß, und sich sehr übel dar nach befand. Unterdessen brachte man ihn doch wieder zurechte; ob man schon den Ein druck nicht gänzlich vertilgen konnte, welchen das Gift in ihm gemacht hatte, und wovon er die ganzen drey Jahr durch, welche er noch lebte, die Empfindung behielt.
[↔] Nach seinem Tode erfuhr man, von wem dieses Gift gekommen war. Zainab, die Toch ter des Hareth, bey welchem Mahomet wohn te, gestand es, sie habe die Schöpskeule vergif tet, in der Gesinnung, daß, wenn Mahomet wircklich ein Prophete sey, so würde es ihm nichts schaden, wäre er es aber nicht, so wür de er unfehlbar daran sterben, und sie würde ihr Vaterland von einem Tyrannen befreyt ha ben, der es verwüstete.
[↔] (Anfang des
Krieges zwi schen den
Mahome tanern und
Griechen.)
[↔] Die Unpäßlichkeit, welche Mahomet, unge achtet der Mittel, die man wider das Gift ge braucht hatte, behielt, hinderte ihn nicht, die Waffen wieder zu ergreiffen, und seine blutige Sendung glücklich fortzusetzen. Er zog wider die Griechen aus, und zündete die ersten Fun ken des schrecklichen Krieges an, welchen seine Anhänger mit so vielem Feuer, sieben bis acht Jahrhunderte hindurch, fortgesetzt haben.
[↔] Die Meinungen wegen der Ursache dieses
Kriegs, sind getheilt. Einige behaupten, Ma homet habe ihn bloß unternommen, sich an dem Käyser
Heraclius, wegen der Untereue eines sei ner Stadthalter, welcher einen mahometani schen Abgesanden hatte umbringen lassen, zu rächen.
[↔] Andre sagen, daß Heraclius in dem Kriege, welchen er gegen die Perser führte, viel Araber in seinen Diensten gehabt habe. Diese moch ten vielleicht dem Kriegsschatzmeister, des Gel des wegen, sehr grob begegnet seyn, so daß ih nen dieser antwortete, es sey keines da, und wann welches da wäre, so würde er es lieber den Christen, als den arabischen Hunden ge ben. Kaum hatte Mahomet diese Antwort er fahren, als er sich deswegen zu rächen, und mit seinen Waffen bis in den Schooß des griechi schen Reichs zu dringen, beschloß.
[↔] Die Ursache dieses Krieges mag nun seyn, welche es will, so ist doch gewiß, daß er mit aller Wuth angefangen wurde, deren nur die Ra che und Schwärmerey fähig sind. Mahomet war bey diesem Feldzuge nicht persönlich zuge gen, sondern vertrauete die Anführung seiner Völker einem Generale, dessen unerschrockene Tapferkeit bekannt war.
[↔] Er hieß Khaled - ebn - Walid, (*) und war [↔] (Khaled
wird Gene ral der ma hometani schen Armee.) aus dem Stamme der Coreischiten, für wel chen er lange Zeit die Waffen gegen den
Ma homet geführt hatte. Er hatte so gar einen Flügel ihres Heeres in der berühmten Schlacht bey Ohod, wo die Völker des Propheten in die Flucht geschlagen wurden, commandiret. Kurz darauf hatte er seinen Stamm verlassen, und war ein Schüler des Mahomets geworden, des sen Lehren er hernach am allereyfrigsten mit ver theidigte. Er machte sich durch seine Tapfer keit und Einsicht in das Kriegswesen so fürch terlich, daß ihm Mahomet den Zunamen Sai stallah, das ist, Degen Gottes beylegte.
[↔] Dieses war der General, welchen Mahomet [↔] (Er schlägt
die griechi sche Armee.) wider die
Griechen ausschickte. Er erschien bloß an der Spitze von drey tausend Mann, und hatte gleichwohl die Kühnheit mit einer Armee zu schlagen, welche zwanzig tausend stark war. Das Treffen fiel bey Muta in Syrien vor. 9
Beyde Theile stiessen mit einer gleichen Wuth zusammen; die ungleiche Anzahl aber schien den Mahometanern anfangs verderblich zu seyn. Der größte Theil der Anführer wurde getödtet, und die Trupen, die ihren Muth sinken liessen, fin gen an zu weichen, als Khaled die Religions fahne ergriff, muthig an ihre Spitze trat und sie durch seine Worte und sein Beyspiel auf munterte. Er ermahnte sie, sich mitten unter die Griechen zu werffen, um ihnen entweder den Sieg zn<zu> entreissen, oder die Martyrerkrone we nigstens zu erlangen.
[↔] Dieses entweder oder, welches für Schwär mer gleich verführerisch ist, machte den Maho metanern Muth. Der tapfere Khaled warf sich am ersten unter die Feinde, worauf alle sei ne Völker mit einer solchen Wuth auf die Grie chen loß stürzten, daß sie sogleich durchbrachen, alles über den Hauffen warffen, und ein grau sames Gemetzle unter ihnen anfingen.
[↔] Khaled kehrte als Sieger zu dem Mahomet nach Medina zurück; und da die Ehre eines so rühmlichen Feldzuges gröstentheils auf den Pro pheten fiel, so wollte er derselben in dem Ange sichte seiner heimlichen Feinde, die er zu Mecca hatte, geniessen. Er begab sich also mit einer unzählbaren Menge Muselmänner in diese Stadt, und verrichtete mit ihnen seine erste Wallfahrt nach der Caabah.
[↔] (Erste Wall fahrt des)
[↔] Hier übte er die Gebräuche aus, die er für diese Feyer bestimmt hatte, und die hernach(Mahomets
nach Mecca.) von allen Mahometanern bey ihren Wallfahr ten sehr genau sind beobachtet worden. Er ging in den Tempel, und küßte daselbst den schwarzen Stein. (*) Nach dieser Andachtsbe zeigung ging er wieder hinaus, und ging sieben mal um die Caabah herum. Diese Ceremonie, welche an und für sich selbst sehr besonders ist, ist es noch weit mehr, in Ansehung der Art, mit welcher sie verrichtet wird. Dieses Her umgehen muß durch Sätze und Sprünge ge schehen, wovon die ersten drey ausnehmend schnell, die übrigen vier aber ganz gelassen sind. Mahomet verrichtete alle Ceremonien bey die ser Gelegenheit auf das genaueste, und kehrte kurz darauf mit seinem ganzen Gefolge wieder nach Medina zurück.
[↔] Der prächtige Aufzug des Mahomet bey sei [↔] (Die vor nehmsten Co reischiten
nehmen die
Religion des
Mahomets
an.)
ner Reise nach Mecca, und die abergläubische Sorgfalt, mit welcher er die Caabah besucht hatte, machte bey den Einwohnern der Stadt, und besonders bey den Coreischiten, einen so starcken Eindruck, daß eine grosse Anzahl der= 10
selben sich zu ihm nach Medina begaben, seine Religion anzunehmen, und unter ihm zu strei ten. Was ihm bey dieser Gelegenheit am mei sten schmeichelte, war dieses, daß er unter der Zahl seiner neuen Anhänger die Vornehmsten des Stammes sahe, der ihm am meisten zuwi der gewesen war. Ausser dem tapfern Kha led, der schon seit einiger Zeit zu ihm getreten war, sahe er auch den
Amru - ebn - al - As, ei nen berühmten Heerführer, und den Othman ebn - Telhah, einen vornehmen Mann, welcher damals die Aufsicht über die Caabah hatte, an kommen. Ich werde Gelegenheit haben, bey der mit mehrern zu gedencken, wenn ich die Ge schichte der ersten Califen beschreiben werde.
[↔] (Verschie dene Männer
erregen einen
Aufstand und
werden ge schlagen.)
[↔] Das Beyspiel dieser berühmten Männer, welche alle dreye aus dem Stamme der Corei schiten waren, war dennoch nicht fähig, die ü brigen aus dem Stamme zu einem gleichen zu bewegen, oder auch nur zu machen, daß sie ru hig geblieben wären. Sie machten eine Par they, und nachdem sie eine beträchtliche An zahl ihrer Landsleute darein verwickelt hatten, zogen sie aus Mecca aus, und kamen, dem Ma homet das Treffen anzubieten. Dieses Unter nehmen, anstatt, daß es so hätte ausschlagen sol len, wie sie es hofften, ward vielmehr das un glückliche Ende ihrer Freyheit.
[↔] Der Prophete ging ihnen mit zehen tausend Mann entgegen. Der Anfall ward hefftig; endlich aber mußten die von Mecca dennoch unterliegen, und wurden in die Flucht geschla gen. Mahomet, welchen ihr Aufstand aufge bracht, und ihre Kühnheit, den beschwornen Stillstand zu brechen, in Wuth gesetzt hatte, verfolgte die Flüchtigen bis nach Mecca, und nahm die Stadt ein.
[↔] Diesesmal verfuhr er gegen die Einwohner nicht so gelinde, als er es bey der ersten Erobe rung gethan hatte. Er ließ alle umbringen, von welchen er wuste, daß sie seine offenbaren Feinde wären: Den übrigen, welche bloß, von dem Strohme dahingerissen, die Waffen wider ihn ergriffen hatten, stellte er es frey, ob sie seine Religion, oder den Tod wehlen wollten. Die, welche seine Religion annahmen, brach ten ihr Leben davon; die aber, welche sie aus schlugen, oder sich lange bedencken wollten, wur den auf der Stelle niedergemacht.
[↔] Nach diesem grausamen Siege, zog er tri [↔] (Mahomet
läßt sich zum
Herrn von
Mecca
er klären.)
umphirend in Mecca ein, und ließ sich zum un umschränkten Herrn, sowohl in geistlichen als weltlichen Dingen, erklären; es war auch keine Seele in Mecca so kühn, die sich dem Willen des Siegers widersetzt hätte.
[↔] Zu Anfange des folgenden Jahres aber, wel [↔] (Er bringt
die Araber
vollends un ter sich.)
ches das achte der Hegire war, machte ein Rest von Rebellen, welche dem Schwerdte des Propheten entkommen waren, heimlich eine ansehnliche Parthey; und sobald sie sich stark genug sahen, machten sie sich zu Felde, und verwü steten die meisten Gegenden, die er sich unter würffig gemacht hatte. Mahomet ward durch das tollkühne Unternehmen dieser Aufrührer in Wuth gebracht, und ging an der Spitze seiner Trupen, wider sie los. Als sich die zwey Ar meen, bey einem Orte, welcher Honaim hieß, fanden, so kam es zu einem so blutigen Treffen, daß die Mahometaner, ob sie gleich an der An zahl weit stärker waren, anfangs geschlagen und beynahe in die Flucht getrieben wurden. Ma homet, der über diesen Zufall erstaunte, that rechte Wunder der Tapferkeit, die Wuth der Feinde aufzuhalten. Während der Zeit, da ein Theil seiner besten Trupen den Anfallenden widerstand, lief er zu denen, die schon zurück gewichen waren, machte ihnen durch sein Zu reden und sein Beyspiel frischen Muth, spotte te über sie, führte sie an den Feind von neuem an, und trug endlich einen vollkommnen Sieg davon.
[↔] Diese Schlacht war für die Araber das Ziel ihrer Freyheit. Mahomet ließ sich zum unum schränkten Herrn über dieses ganze weite Reich erklären; und nachdem er überall die Götzen bilder und die übrigen Monumenta des
Heiden thums hatte vernichten lassen, so führte er seine neue Religion ein, und machte sie zu der einzi gen, die man in Arabien üben durfte.
[↔] (Zweyte
Wallfahrt)
[↔] Mahomet that hierauf, aus Dankbarkeit für
diesen Sieg, welcher das Siegel auf seine ober
(des Maho mets) ste Gewalt drückte, eine zweyte Wallfahrt nach Mecca, welche weit feyerlicher war, als die er ste. Er besuchte die Caabah, und beobachtete alle Ceremonien mit vieler Andacht.
[↔] Er befand sich noch in dem Tempel, als ein [↔] (Großmuth
des Maho mets gegen
den Dichter
Caab.) Dichter, Namens Caab, vor ihm gelassen zu werden verlangte, um ihm ein Gedicht zu sei nem Lobe vorzulesen. Ob nun schon der Pro phet Ursach hatte auf den Dichter erzürnt zu seyn, weil er ihn vorher in einigen seiner Saty ren durchgezogen hatte, so glaubte er doch, daß es seinem Ansehen gemässer wäre, die Beleidi gung zu vergessen, für die man ihm Gnugthu ung zu geben kam. Er ließ also den Dichter vor sich, und gab ihm Gehör.
[↔] Caab fing damit an, daß er ihn um Ver zeihung seiner Verwegenheit, wider ihn geschrie ben zu haben, bat. Die Heiterkeit, welche auf dem Gesichte des
Propheten herrschte, versicher te ihn von der erhaltenen
Gnade, worauf er so gleich ein Stück in so nachdrücklichen und rüh renden Versen hersagte, daß ihm Mahomet nicht nur alles vergab, sondern ihm auch noch ein Geschenke machte, welches das Andenken dieses Dichters unter den Arabern verewigt hat. Mahomet nahm den Mantel, (*) welchen er 11
auf seinen Schultern trug, ab, und hing ihn selbst um die Schultern seines Panegyristen.
[↔] Er begab sich hierauf aus dem Tempel, und nachdem er siebenmal um denselben herum ge
gangen war, und alle Pflichten seiner Religion beobachtet hatte, so zeigte er sich auch als einen Ausüber der obersten Gewalt. Er legte Rich terstühle an, die Gerechtigkeit zu handhaben, und ernennte diejenigen, welche verschiedenen Aemtern vorstehen sollten. Er erklärte zu gleich einen zum Iman, das ist, zum Priester, welcher das Volk unterrichten sollte. Alle diese Einrichtungen machte er als ein Regente und ruhiger Besitzer seiner Staaten: Er war nicht mehr der fürchterliche Eroberer, welcher beständig das Schwerdt in den Händen trug, die Völcker unter sein Joch zu bringen; überall sahe man nichts als die Spuren des Friedens und der Ruhe. Die Araber, welche so tapfer für ihre Freyheit und Religion gefochten hatten, folgten nunmehr den Lehren des Mahomets mit vieler Bereitwilligkeit; sie vergassen ihren alten Gottesdienst gar bald, und fanden endlich eben so viel Freyheit unter einem Monarchen, als sie unter den Häuptern der Stämme gehabt hatten, deren allzu viele waren, als daß sie nicht oft traurige Streitigkeiten, die dem gemei nen Volke verderblich wurden, hätten verursa chen sollen.
[↔] Die Provinzen an den Grenzen Arabiens, folgten dem Exempel der Hauptstadt des Reichs. Die Fürsten von Yemamah kamen, sich dem Mahomet zu unterwerffen, und von ihm Ge setze und Religion
anzunehmen. Diesen folgte kurz darauf Mossellamah, Fürst von Hagerah, welcher gleichfalls dem Propheten Gehorsam zu schwören kam. Was die übrigen Provin zen Arabiens anbelangte, deren Häupter nicht selbst in Person erscheinen konnten, diese liessen ihre Unterthänigkeit durch Gesandten den Ma homet
versichern.
[↔] Damals genoß Mahomet die Früchte seiner Tapferkeit und Schwärmerey am ruhigsten. Als unumschränkter Herr über die Geister und Herzen seiner Völker, hörte er weder von
Be wegungen noch Aufständen auf Seiten der Araber mehr reden. Diese glücklichen Umstän de machte er sich zu Nutze, ein ansehnliches Heer auf die Beine zu bringen, welches er selbst abrichtete, und zu Zucht und Gehorsam ge wöhnte; zwey Eigenschaften, welche bey einem Soldaten vielleicht nöthiger als Tapferkeit und Unerschrockenheit sind.
[↔] Diese Vorsicht war nicht unnütze angewandt. Die Griechen, welche den Schimpf nicht ver dauen konnten, den sie in der Schlacht bey Muta davon getragen hatten, beschlossen sich zu rächen, in der Meinung diesesmal ihre Maaß regeln schon besser zu nehmen, um Trupen über legen zu seyn, von welchen sie nicht glaubten daß sie eingerichtet wären, und die sie für geschick ter hielten, mit blinder Wuth einen Einfall zu wagen, als sich in einem regelmäßigen Treffen vorsichtig aufzuführen.
[↔] (Mahomet
zieht wider)
[↔] In dieser gewissen Zuversicht näherten sich die Griechen also Balka, einer ziemlich ansehn
[↔] (die Griechen
aus.) lichen Stadt, an den syrischen Grenzen. So bald Mahomet ihren Anzug vernahm, stellte er seine Befehle aus, und in kurzem war alles im Stande, dem Feinde entgegen zu gehen. Weil er bey seinem Auszuge vermuthete, der Feldzug werde vielleicht lange dauren, so ent schloß er sich, das Regiment sichern Händen anzuvertrauen, welche die gute Ordnung, die er in den Provinzen seiner Botmäßigkeit einge führt hatte, zu erhalten, geschickt wären. Ali, einer von seinen Vettern, schien ihm zu dieser wichtigen Stelle der fähigste zu seyn, er legte also sein Ansehen bey ihm nieder, und ernennte ihn, während seiner Abwesenheit zum Regenten des Staats. Hierauf zog er an der Spitze von 30000 Mann aus, und rückte bis nach Ta buk, wo er auf den Feind länger als einen Mo nat wartete.
[↔] Doch umsonst: Die Griechen, welche ohne [↔] (Die Grie chen ziehen
sich zurück.) Zweifel Nachricht bekommen hatten, was für ein starkes Heer wider sie auszöge, und daß es Mahomet selbst anführe, hielten es für gut, den Weg wieder zurück zu nehmen, und getrauten sich nicht, den arabischen Boden zu betreten.
[↔] Mahomet kehrte also nach Medina zurück, wo er, bey seiner Ankunft, Abgesandte von ver schiednen benachbarten Fürsten antraf, die im Namen ihrer Herren, ihm den Empfehl zu ma chen, und sich seine
Freundschaft auszubitten, gekommen waren. Als sie wieder weg waren, so beschäftigte sich Mahomet den übrigen Theil dieses Jahres hindurch, welches das zehende der Hegire war, damit, daß er aufs neue die Anordnungen untersuchte, die er so wohl in bür gerlichen Angelegenheiten, als in dem Soldaten wesen gemacht hatte.
[↔] (Nochmali ge Wallfahrt
des Maho mets nach
Mecca.)
[↔] Er hielt für nöthig ein gleiches in Mecca zu thun, welches ihn bewog eine nochmalige Wall fahrt nach dieser Stadt zu unternehmen. Die se Reise, welches seine letzte nach der Caabah war, übertraf die vorigen sehr weit, in Anse hung des prächtigen Gefolges, welches mit ihm zog. Eine unzählbare Menge Volks, an des sen Spitze sich die Vornehmsten unter den Ara bern befanden, begleitete ihn. Auch seine Weiber waren bey dieser letzten Wallfahrt, wel che in prächtigen Sänften, die von Kameelen getragen wurden, die Reise thaten, und von einer grossen Anzahl Personen, die in ihren Diensten waren, begleitet wurden.
[↔] (Er verwal tet daselbst
das Amt ei nes Priesters.)
[↔] Auf diese Art hielt Mahomet, bey seiner letz ten Reise, den Einzug in Mecca. Um dem Volke nun desto mehr Ehrfurcht für seine Re ligion beyzubringen, und zugleich zu zeigen, daß er ein unumschränkter Herr, so wohl in geistli chen als weltlichen Sachen sey, verrichtete er selbst das Amt eines Priesters: er predigte in dem Tempel, und schloß seinen Unterricht durch neue Anordnungen, die er, wegen der Ceremo
nien und der Ausübung seiner neuen Religion, bekannt machen ließ.
[↔] Das merkwürdigste in Ansehung seiner Reli
[↔] (Opfer der
Kameele.) gion war dieses, daß
Mahomet verschiedne Kameele opfern ließ. Es sollte beynahe schei nen, er habe die Absicht gehabt, den Gebrauch der Opfer, welche das mosaische Gesetz vor schreibt, beyzubehalten: unterdessen findet man doch nicht, daß ihm die eyfrigsten Nachfolger in seiner Lehre, in diesem Puncte nachgeahmet haben; wenigstens hat dieser Gebrauch nicht lan ge gedauert, weil wir in keinem von ihren Ge schichtbüchern finden, daß man ihn jemals aus geübt habe.
[↔] Dieses Fest ward mit dem Abschiede beschlos sen, welchen der Prophet von dem Volke nahm. Er sahe, daß es mit seiner Gesundheit immer schlechter und schlechter wurde: Das Gift, welches er einige Jahre vorher bekommen hatte, ließ ihn seinen gemachten verderblichen Eindruck heftiger, als sonst, empfinden. Er merkte hieraus, daß sein Ende nicht mehr ferne seyn könne, und daß er von Mecca wegreisen würde, ohne jemals wieder hin zu kommen; er nahm also von dem Volke, in den letzten Reden, die er an dasselbe hielt, Abschied, und eben daher hat diese Reise den Namen der Abschieds Wallfahrt be kommen.
[↔] Als Mahomet nach Medina zurück kam, er
[↔] (Zwey ara bische Für sten geben) fuhr er mit Verdruß, daß sich zwey arabische (sich für
Pro pheten aus.) Fürsten als Propheten aufgeworffen hätten, und daß sie in verschiedenen Provinzen Arabiens grosse Unruhen anrichteten. Doch diese
Be wegungen dauerten nicht lange; die verschiede nen Partheyen fanden von selbst ihr Ende, bald nach ihrem Anfange.
[↔] (Tod des
Mahomets)
[↔] Der Prophet genoß nicht lange mehr das Vergnügen, die Ruhe in seinen Staaten wieder hergestellt zu sehn. Er ward recht gefährlich krank, als er sich eben bey einer von seinen Weibern, Namens Zainab, befand: Denn er hatte die Gewohnheit alle Tage seine Wohnung zu verändern, und wohnte nach der Reihe bey jeder von seinen Weibern in ihrem eignen Hause.
[↔] Eine davon, Namens Aiesha, war die Lieb lingin des Propheten. Sobald er sich so stark angegriffen fühlte, daß er nicht wieder aufzu kommen hoffen konnte, ließ er sich zu ihr tragen, damit er seine Tage bey ihr beschliessen möge. Hier starb er auch in der That, in dem 63 Jah re seines Alters.
[↔] (Man zwei selt an sei nem Tode.)
[↔] Die Schwärmerey einiger von seinen Anhän gern ging so weit, daß sie behaupten wollten, der Prophet sey nicht gestorben, ja gar, er könne nicht sterben. Omar, einer von seinen eyfrig sten Schülern, zeigte sich für dieses
Vorurtheil weit eingenommner, als alle andre, und drohte so gar, den ersten den besten nieder zu hauen, welcher sagen würde, Mahomet sey tod.
[↔] Es entstanden über diese Materie sehr hefti
ge Streitigkeiten, welche sehr üble Folgen hätten haben können, wenn der kluge Abubeker
nicht Sorge getragen hätte sie zu endigen. Er kam also in die Versammlung, und nachdem er zu reden verlangt hatte, legte die Achtung welche er sich unter den Muselmännern erworben hat te, auch den allerunruhigsten, und selbst dem Omar das Stillschweigen auf. Abubeker hielt hierauf eine sehr starke und durchdringende Re de, in welcher er den Verlust, den jezt al le Rechtgläubige gelitten hätten, beweinte, und mit überzeugenden Gründen, ja gar mit Be weisen aus dem Korane darthat, daß Maho met wie ein andrer Mensch sterblich gewesen sey, und auch wirklich gestorben wäre.
[↔] Als diese Streitigkeit beygelegt war, erhob [↔] (Trennun gen wegen
des Orts, sei ner Beerdi gung.) sich eine andre, wegen der Beerdigung des Pro pheten. Die Mohajerin (*) verlangten, er sollte zu Mecca begraben werden, weil es sein Geburthsort sey; die Ansaren, (**) zu Me dina, weil er seine Wohnung daselbst aufgeschla gen gehabt; andre endlich zu Jerusalem, wel ches die wahre Stadt der
Propheten wäre.
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[↔] Auch diese neue Streitigkeiten legte Abube ker bey, indem er einen Ausspruch wiederhohl te, den er von dem Mahomet selbst gehört zu haben, vorgab: Diesen nehmlich, daß ein je der Prophete an dem Orte müsse begraben wer den, wo er gestorben sey. Dieser Entscheidung des Abubekers fielen alle bey; und so gleich ward in dem Hause der Aiesha, unter eben dem Bette, worinnen der Prophet gestorben war, ein Grab gemacht, in welchem sein Körper be erdiget wurde.
[↔] Sein Grab ist also nicht zu Mecca, wie die gemeine Meinung einiger Christen ist, welche vorgeben, der Körper des Mahomets sey in ei nen eisern Sarg gelegt worden, welcher vermit telst grosser in dem Gewölbe der Moschee be festigter Magnete, schwebend in der Luft gehal ten würde. Dieses ist ein Mährchen, das man zum Zeitvertreibe erfunden hat, und welches nur unter Unwissenden Beyfall finden kan.
[↔] Was ich bisher gesagt habe, kann, sollte ich meinen, zureichend seyn, einen Begrif von dem Erobrer und Propheten, dem Stifter der neu en Monarchie, zu machen, deren Geschichte der Gegenstand dieses Werks ist. Ehe ich aber hierauf komme, wird es, glaub ich, nicht un dienlich seyn, etwas von der Person des Ma homets selbst, und von seiner Lehre zu sagen.
[↔] Mahomet war von einer mittlern Statur, aber wohl gebaut. Seine braune und zugleich lebhafte Gesichtsfarbe verrieth eine starke Na tur, die ihn bis zu dem höchsten Alter vielleicht würde gebracht haben, wenn das Gift nicht sei ne Tage verkürzt hätte. Niemand war ge schickter, mit einer wunderswürdigen Stand haftigkeit, alle Nothdürftigkeiten des Lebens, und die beschwerlichsten Arbeiten länger auszu halten, als er.
[↔] Er besaß einen Geist, welcher zu den größ ten Unternehmungen geschickt war; und eine Standhaftigkeit, die sich durch keine Hindernis se wankend machen ließ. Dem, was er sich einmahl vorgenommen hatte, ging er unermüdet nach, und fand in sich selbst eine unerschöpfliche Qvelle von Mittel, darinne glücklich zu seyn. Sein biegsamer, lebhafter und durchdringen der Geist regierte ihn in der Wahl dieser Mittel, und er konnte, in Ansehung der Geschicklichkeit, mit welcher er sich der Zeit, der Umstände und besonders des Genies seines Volks zu bedienen wußte, fast allezeit wegen des Ausganges ge wiß seyn.
[↔] Mahomet, nach der gemeinen Meinung, konnte weder lesen noch schreiben. Es kommen Stellen in dem
Korane vor, die es glaublich machen; und überdieses schien er es selbst nicht in Abrede zu seyn, indem er sagte, er wäre
Ommi, das ist, ein einfältiger, unwissender Mensch, ohne die geringsten Wissenschaften.
[↔] Unterdessen redete doch niemand in seinem Volke besser als er. Er schien sich auf seine Sprache ganz besonders gelegt zu haben; er kannte allen ihren Nachdruck, Stärke, Reich thum und Reinigkeit. Er war von Natur be redt; seine Schreibart war stark und eindrin gend; seine Wendungen waren zierlich und sei ne Ausdrücke ungemein lebhaft. Diese Leich tigkeit in der Rede war die Wirkung einer fruchtbaren und feurigen Einbildungskraft, die ihm, nach Gelegenheit, alle die Ideen eingab, die ihn zu seinem Zwecke zu bringen die geschick testen waren.
[↔] (Von dem
Korane.)
[↔] Nichts kan mein Vorgeben mehr beweisen, als das berüchtigte Buch, das in der ganzen Welt unter dem Namen des Koran
bekannt ist, welches so viel sagen will als, das Buch, eben so wie wir Christen die Bibel vorzüglicher Weise also nennen. Hier nun, in den Kora ne sieht man, daß Mahomet, ohngeachtet der wunderlichen Vermischung abgeschmackter Fa beln und grosser Wahrheiten, beständig seine Absicht zu erreichen geschickt war. Er wußte wohl, daß in jeder andrer Gegend dieser Misch masch wenig Fortgang haben, und er Gegen theils bey allen gesetzten Leuten von Ueberlegung für einen Betrieger gelten würde; er war aber derjenigen allzu gewiß, unter welchen er lehr te. Er hatte ihre Einbildungskraft
erschüt tert und eingenommen, und also schien ihnen alles an ihm gut zu seyn, und seine Ausschweif fungen selbst wurden von diesen Schwärmern mit Ehrfurcht betrachtet. Es waren zwar wich tige Dinge genug darunter, die es wohl verdien ten, daß man sich darüber ärgerte; doch der Prophet wußte dem Uebel bald abzuhelffen: er fügte ein neues Kapitel zu dem Korane hinzu, und auf einmal verschwand das Aergerniß, und seine Verbrechen wurden zu Tugenden. Die ses wird man deutlich an zwey Beyspielen sehn, die ich eben anführen will.
[↔] Zaid, einer der vornehmsten Officiers des [↔] (Mahomets
Neigung zu
den
Weibern,
und wie er
sie rechtferti get.) Mahomet, hatte eine sehr artige Frau gehey rathet, Namens Zainab. Weil nun der Pro phet sich heftig in sie verliebt hatte, so wurden die Sachen so eingerichtet, das Zaid seiner Frau den Scheidebrief gab, worauf sie Mahomet al so bald heyrathete.
[↔] Diese Heyrath nun mit einer Frau, deren Mann noch lebte, verursachte um so viel mehr Aergerniß, weil Mahomet den Zaid an Soh nes Statt angenommen hatte; weßwegen man ihm ganz laut vorwarf, er habe die Frau seines Sohnes geheyrathet. Doch alle diese Vorwürf fe wurden vermittelst eine Offenbarung, geho ben, die man im 33. Kapitel v. 36. des Korans folgender Gestalt ausgedrückt findet: Nach dem nun Zaid in Ansehung seiner Frau, das, was er beschlossen hatte, vollzogen, so haben wir sie mit dir verbunden, um deine Gattin zu seyn. - - Der Prophet hat keinen Fehler begangen, indem er
dasjenige gethan, was ihm Gott befoh len hat.
[↔] Und damit zugleich aller Vorwand des Aer gernisses, in Ansehung der Annehmung zum Sohne, wegfallen möge, so erklärt eben diese Offenbarung, daß Zaid Mahomets Sohn nicht mehr seyn könne, und fügt hinzu: Mahomet soll nicht mehr der Vater eines einzigen unter euch seyn, sondern er soll der Apo stel Gottes und das Siegel der Prophe ten heissen.
[↔] Ein Jahr nachher, trug sich eine andre Be gebenheit zu, welche gleichfalls eine neue Of fenbarung
verursachte. Makawcas, Fürst von Alexandrien und Aegypten, machte dem Pro pheten reiche Geschenke, worunter sich auch zwey schöne Mägdchen befanden, wovon die ei ne, Namens Maria, einen so lebhaften Ein druck auf sein Herz machte, daß er sie zu sei ner Beyschläfferin zu machen beschloß. Gleich wohl bemühte er sich eine Zeitlang diesen Ein fall zu bestreiten, weil die Hurerey ausdrüklich in dem Korane verbothen ist, wann es heißt: [↔] (Koran Kap. 17. v. 38.) Ihr sollt euch nicht der Hurerey nahen, denn sie ist ein greuliches Verbrechen und ein häßlicher Weg, und Gott hat ihr schwere Straffen bereitet.
[↔] Endlich, als er müde war sich selbst zu be kämpfen, erdachte er eine Offenbarung, die ihm seiner Neigung nachzuhängen erlaubte, wel
che Erlaubniß er sich auch zu Nutze machte, ob er es gleich ganz heimlich that, um das Aer gerniß zu vermeiden. Zum Unglücke aber mußte ihn eine von seinen Weibern entdecken, welche ein grosses Geschrey daraus machte, und der er, um sie zu befriedigen, so gleich schwor, niemals wieder mit der Maria etwas zu thun zu haben. Doch weil es ihm sehr schwer wür de geworden seyn, diesen Schwur zu halten, so wurde er gar bald von dem Engel Gabriel dessel ben erlassen, welcher ihm diesen Vorwürf zu machen kam: O Prophet, warum enthälst du dich, bloß deinen Weibern zu gefal len alles dessen, was dir
Gott erlaubt hat? Gott erklärt, fügte er hinzu, daß du deines Eides los seyn sollst et cetera
et cetera
[↔] Mahomet bekam also die Erlaubniß, an dem Artikel in dem Korane, welcher die Hurerey ver bietet, sich nicht binden zu dürffen; und die Leh rer seiner Religion haben diese Freyheit allezeit als einen persönlichen Vorzug und als ein beson dres Privilegium angesehen, welches er damals, mit Ausschliessung aller andern, genossen habe.
[↔] Aus diesen angeführten Beyspielen kan man sehen, wie viel von einem Buche zu halten sey, das auf eine so besondre Art, als der Koran, ent standen ist. In der That, man wird weder Grundsätze, noch Verbindung, noch Lehrgebäu de, dem er etwa gefolgt wäre, darinne antreffen. Die meisten Vorschriften die er enthält, sind, so zu reden, nur von einem Tage zum andern gemacht worden, wie es Zeit und Umstände er fordert haben.
[↔] Mitten unter den kindischen Erzehlungen aber, mitten unter den fabelhaften Wundern und schwärmerischen Erscheinungen, womit dieses Buch angefüllt ist, entdeckt man doch zugleich erhabne
Wahrheiten, die mit einem erstau nungswürdigen Nachdrucke vorgetragen wer den. Was das göttliche
Wesen und seine Ei genschaften anbelangt, das ist darinne auf eine eben so edle als genaue Art abgehandelt: des gleichen auch die Liebe des Nechsten und ver schiedne moralische Tugenden, wovon die Be griffe und Erklärungen mit vieler Einsicht und Genauigkeit aus einander gesetzt sind.
[↔] Mahomet brachte mehr als 20 Jahre zu, die se wunderliche Sammlung zusammen zu schrei ben, welche wirklich an sich selbst ein beständi ges Galimathias, ohne Ordnung, ohne Me thode, ohne Verbindung ist. Der meiste Theil der Lehrsätze sind
Ketzereyen, die er von dem Arius, Nestorius, Sabellius und andern ge borgt hat. Dieses war die Frucht des Umgan ges, den Mahomet, wie ich schon gesagt ha be, mit den Lehrern der verschiednen Secten, die damals in den Morgenländern zerstreut waren, gehabt hatte.
[↔] Anfangs hatte er bey dieser Unternehmung einen Juden zum Mitarbeiter, und hernach ließ er sich von einem christlichen Mönche helf fen, den die orientalischen Schriftsteller Bahi ra, und die occidentalischen
Sergius nennen. Auch wurden noch einige andre Lehrer zu dieser Arbeit genommen, um ihrer Sorgfalt, ohne Zweifel hat Mahomet die vornehmsten Züge der Theologie und Moral, die in dem Korane
ent halten sind, zu danken.
[↔] Die zwey Grundartikel aber, auf welchen die
[↔] (Grundarti ckel der Leh re des Ma homets.) ses Buch und die ganze Mahometische Lehre ru het, sind diese. Erstlich, alles was geschicht, ist dermaassen in den ewigen Ideen fest gesetzt, daß es unmöglich durch etwas hintertrieben werden kan. Zweytens, die Mahometanische Religion
soll ohne Wunderwerke ausgebreitet, und ohne Streit und Widerspruch angenom men werden: folglich ist es erlaubt einen jeden zu tödten, der sich sie anzunehmen weigert, und man macht sich des Paradieses würdig, wenn man die Ungläubigen umbringt; eben wie man die Martyrerkrone verdient, wenn man den Waffen der Feinde der Mahometanischen Lehre unterliegen muß.
[↔] Und diese Grundsätze waren es, vermittelst welcher es ihm in seinen Kriegen, die er mit den Feinden seiner Religion zu führen hatte, so wohl gelang; wie denn auch eben diese Lehre eine von den vornehmsten Ursachen war, daß die Nach folger des Mahomets sich so bald einen beträcht lichen Theil unsrer Halbkugel, welchen die Ma
hometaner noch bis jezt besitzen, zu unterwerf fen das Glück hatten.
[↔] Es würde aber ganz vergebens gewesen seyn, wann sich der neue Prophete vermittelst seiner Lehre einen Anhang hätte machen wollen. Wenn man sie auch für noch so verführerisch annimt, so würde sie ihm doch nur sehr wenig geholffen haben, wann er nicht vor allen Dingen die selt ne Gabe besessen hätte, welche Häuptern einer Parthey so unentbehrlich ist, nehmlich die erha bene Kunst, die Gemüther zu lenken. Dieser aber muß er wohl in einem sehr vollkommenen Grade mächtig gewesen seyn, da er sich, ohnge achtet des Aergernisses, welches seine unordent liche Leidenschaft für das Frauenzimmer verur sachen mußte, gleichwohl eine so beträchtliche Menge Anhänger verschafft hat.
[↔] (Charakter
des Maho mets.)
[↔] Zwar ist es wahr, daß dieses Laster einiger maassen durch die grossen Eigenschaften, die man an dem Propheten bemerkte, ersetzt wurde. Aus ser einem glücklichen Gedächtnisse, einer lebhaf ten Fassungskraft und einem glücklichen Natu relle, besaß er einen aufgeräumten Geist und eine sich stets gleiche Gemüthsart. Er ließ sich zu den niedrigsten Leuten herab, er that gegen die Edeln gemein, er hörte alle, die sich zu ihm wendeten, gütig an, und erfüllte jedes Verspre chen, das er that, auf das gewissenhafteste. Die Armen fanden an ihm einen zärtlichen Vater, der gegen ihr Elend empfindlich und ungemein freygebig war. Wenn wir dem Abulfeda glau ben dürffen, so verband er mit diesen Eigenschaf ten auch eine nicht gemeine Enthaltung und Mäßigkeit.
[↔] Diese Arten von Tugend wurden durch die regellose Neigung, welche er für das Frauen zimmer hatte, entsetzlich verstellet; unterdessen aber war er doch geschickt genug, es so einzurich ten, daß dieses Laster seiner Lehre nicht nachthei lig wurde: er wußte sich vielmehr ein Verdienst daraus zu machen, indem er vorgab, es ermun tere zur Andacht. Dieses Mittel scheinet ohne Zweifel sehr besonders, und ich gedenke dessel ben auch nur zu Folge eines ihrer Geschicht schreiber, des Anas - ben - Malek, welcher ihn folgender Gestalt reden läßt: Es sind zwey Sachen in der Welt, die mir sehr ange nehm sind, sagte der Prophete, die Weiber und der Weyhrauch; denn diese Sa chen erquicken das Auge, und erwecken meinen Eyfer im Gebete.
[↔] Die Geschichtschreiber sind wegen der Zahl [↔] (Wieviel
Mahomet
Weiber ge habt.) der Weiber des Mahomets nicht einig. Ein arabischer Schriftsteller zählt derer siebzehn, oh ne die Beyschläfferinnen. Gentius, ein christ licher Schriftsteller, läßt ihre Anzahl bis auf sechs und zwanzig steigen. So viel wenigstens ist gewiß, daß der Prophet deren weit mehrere gehabt hat, als es nach seinem eignem Korane erlaubt war, welcher den Muselmännern nicht mehr als vier Weiber zugleich verstattet. Al lein der Prophet hatte Freyheiten, die sich auf die Offenbarung selbst gründeten, und eben der Koran, welcher den gemeinen Arabern etwas verbot, nahm den Gesetzgeber davon aus.
[↔] Die berühmtesten unter diesen Weibern, und zugleich die, die er am meisten liebte, waren Cadhige, Aiesha und Hafsa. Der erstern ha be ich in dem vorhergehenden gedacht: Sie starb zu Mecca, drey Jahr vor der Hegire, im 65sten Jahre ihres Alters.
[↔] Aiesha lebte noch lange nach dem Maho met: Sie war damals, als sie verheyrathet wurde, nicht älter als sieben Jahr. Weil sie die einzige von seinen Weibern war, die er als Jungfer heyrathete, so nahm ihr Vater, welcher Adolph hieß, auf Befehl des Propheten, den Namen Abubeker, das ist, Vater der Jung frau, an. Ihn und seine Tochter wird man bald eine grosse Rolle in dieser Geschichte spie len sehen. Aiesha starb in dem 58sten Jahre der Hegire, und in dem 67sten ihres Alters.
[↔] Hafsa war eine Tochter des Omars. Der
Prophet heyrathete sie im 30sten Jahre der He gire. Sie war es, bey welcher, nach dem To de des Mahomets, der Koran niedergelegt wur de. Sie starb in dem 45sten Jahre der Hegire, in einem Alter von 60 Jahren.
[↔] (Kinder des
Mahomets.)
[↔] Mahomet hatte acht Kinder von der Cadhi ge; vier Söhne, und vier Töchter. Sie stur=
ben aber alle noch vor ihrem Vater, ausgenom men eine Tochter, Namens Fatime, welche ihn einige Monate überlebte. Sie hatte ihren Vet ter, den Ali, geheyrathet. Die übrigen Wei ber des Propheten, so viel derer auch waren, brachten ihm keine Kinder. Denn der eine Sohn, Namens Jbrahim, welchen er mit der Maria, einer von seinen Beyschläfferinnen, er zeugte, und der gleichfalls vor seinem Vater starb, ist nicht zu rechnen.
[↔] Man muß sich sehr wundern, daß der Pro phet, da er keinen männlichen Erben hinterließ, nicht daran gedacht hat, einen Nachfolger zu ernennen. Sollte er denn nicht die traurigen Folgen voraus gesehen haben, die ein Interre gnum, besonders in einem Reiche, das erst ent standen war, nach sich ziehen könnte?
[↔] Es standen auch in der That, so bald als er [↔] (Es entste hen verschie dene Parthey en wegen ei nes Nachfol gers.) todt war, verschiedene Partheyen auf, wovon je de ein ausschliessendes Recht, ihm einen Nach folger zu ernennen, zu haben glaubte. Die ansehnlichsten darunter waren die Ansaren und Mohajerin, die kurz vorher über die Ehre, den Propheten in ihrer Stadt zu begraben, gestritten hatten. Sie fanden sich bey der Versammlung, die man wegen der Wahl beruffen hatte, ein. Ein jeder behauptete seine Ansprüche mit einem Feuer und einer Heftigkeit, welche mehr als ein mal fürchten ließ, es werde zum Handgemenge kommen.
[↔] Dem Zustande nach, in welchem sich damals die Gemüther befanden, würde es schwer, ja gar gefährlich gewesen seyn, die Ursachen, welche ein jeder anführte, lange zu untersuchen. Man kam also auf den Einfall, um den Partheyen ein Gnüge zu thun, ihnen vorzuschlagen, man solle den Staat in zwey Theile theilen, und zwey Häupter erwehlen. Wann dieser Vor schlag statt gefunden hätte, so wäre es um das muselmannische Reich gethan gewesen. Jeder von diesen Häuptern würde an der Spi tze seiner Parthey nicht ermangelt haben, den andern zu bekriegen, um sich der ganzen Ge walt zu bemächtigen und die reiche Verlassen schaft des Mahomets an einen Besitzer zu brin gen. Die Mohajerin merkten so gleich diese üble Folge, und verwarffen also den Vorschlag.
[↔] Abubeker, welcher sich bey allen Umständen als einen Freund des Friedens erwieß, glaubte ein Mittel zu finden, alle Unruhen beyzulegen, wann er die Augen der Versammlung auf zwey Personen richten könnte, unter welchen er sie zu wehlen bat. Er schlug ihnen den Omar und Abu - Obeid vor. Doch auch dieses fand nicht statt; die Ansaren erklärten sich sämtlich für den einen; und der andre hatte alle Stimmen der Mohajerin, so, daß es folglich zu keiner Entscheidung kommen konnte, und der Streit weit hitziger wurde, als er gewesen war.
[↔] (Abubeker
wird zum)
[↔] Je länger diese Angelegenheit verzogen wur
de, je mehr hatte man sich für die hitzigen Köp
(Nachfolger
des
Maho mets erweh let.) fe zu fürchten, welche nichts mehr zu wünschen schienen, als daß es zum Handgemenge kommen möchte. Omar, welchen seine Klugheit und Weis heit ungemein ehrwürdig machte, that endlich einen Schritt, der alle Schwierigkeiten auf ein mal hob. Er stand von seinem Platze auf, nahte sich dem Abubeker, ergriff ihn bey der Hand, küßte sie, erkannte ihn laut für seinen Herrn, und schwor ihm in dieser Würde Treue und Gehorsam. Dieses besondre Verfahren machte anfangs alle stutzig, und endlich alle ei nig. Ein jeder folgte dem Beyspiel des Omars, und Abubeker nahm die Huldigung von der ganzen Versammlung an.
[↔] Auf diese Art opferte der großmüthige Omar seinen eignen Vortheil dem gemeinen Besten auf, um den Staat und die Religion von einem gänzlichen Untergange zu erretten. Weil aber das, was er gethan hatte, zu einem gefährli chen Beyspiele werden, und schlimme Folgen künftig nach sich ziehen konnte, so erklärte er selbst, daß, wann künftig ihn jemand hierinne
nachahmen sollte, so würde nichts anders zu thun seyn, als ihn, so wohl als den, welcher sei ne Huldigung angenommen, auf seine Seite zu bringen.
[↔] Wann übrigens Abubeker seine Würde der Gegenwart des Geistes und der Uneigennützig keit des Omars zu danken hatte, so ist zu ver
muthen, daß die Hoffnung, welche dieser hatte, dennoch einmal zur Oberherrschafft zu gelangen, auch das ihrige dazu beytrug. Indem Omar den Abubeker ernannte, welcher schon bey Jah ren war, so lief er bloß Gefahr, noch ein wenig zu warten, wann er ihm in der Regierung fol gen wollte; dahingegen alles für ihn verlohren war, wann die oberste Gewalt unter diejeni gen, welche Anspruch darauf machten, wäre getheilt worden, weil sie alsdann ganz und gar nicht mehr vorhanden gewesen wäre.
Abubeker.
I. Calife.
[↔] (Abubeker.
Hegire 11.
n. Chr. Geb. 632.)
[↔] Als Abubeker auf den arabischen Thron stieg, wollte er weder den Titel eines Kö nigs, noch eines Fürstens, noch eine andre stol ze Benennung annehmen. Der schmeichelhaf teste Titel war derjenige, welcher beständig das Andenken des Propheten, als des Stifters des Reichs, erneuern könne, und dieses brachte ihn auf den Entschluß, sich den Namen eines Calife beyzulegen, welches in der arabischen Sprache so viel heißt, als ein Nachfolger, ein Ver walter. Dieser Name ist hernach auf alle fortgepflanzet worden, welche über die Araber regiert haben.
[↔] Die Wahl des Abubeker, war nicht so gar(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) einmüthig gewesen, daß es nicht einige Mißver gnügte gegeben hätte. Sie sagten zwar in der Versammlung nichts, weil sie der Mehrheit der [↔] (Mißver gnügen der
Anhänger
des Ali.) Stimmen nachgeben mußten; doch bald darauf fing man an zu murren, ob gleich nicht eigent lich wider den Calif, dessen Verdienste durch gängig bekandt waren; es wollten bloß einige behaupten, die Nachfolge gehöre dem
Ali, wel cher die Ehre hatte ein Vetter und Schwie gersohn des Mahomets zu seyn, und niemand könne ein rechtmäßiger Besitzer der Oberherr schaft seyn, wenn er nicht aus der Familie des Propheten wäre.
[↔] Diejenigen, welche diese Klagen führten, waren einigermassen durch die Art dazu berech tiget, mit welcher Ali die Wahl des Abubekers aufgenommen hatte. Er war bey der Ver sammlung nicht zugegen gewesen, in welcher diese grosse Angelegenheit war entschieden wor den, und als man ihm den Ausschlag derselben berichtete, so konnte er sich nicht enthalten, zu bezeigen, wie wenig er damit zufrieden sey.
[↔] Sobald Abubeker von den Gesinnungen des Ali
Nachricht erhielt, entschloß er sich, alles zu versuchen, um ihn auf seine Seite zu bringen, weil er befürchtete, das Murren einer Person von seinem Stande möchte einen allzunachthei ligen Eindruck auf die
Gemüther machen. Er trug es also dem Omar auf, zu ihm zu gehen, (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) uud alle Mittel anzuwenden, um ihn zu be sänftigen.
[↔] (Omar nö thiget den
Ali den Abu beker zu er kennen.)
[↔] Omar ging sogleich zur Fatime, wo er wu ste, daß Ali mit einer grossen Gesellschaft von Anverwandten und Freunden war. Er erklär te ihnen die Ursache, warum er gekommen sey, und wendete alles an, den Ali zu bewegen, ei ner Wahl beyzutreten, welche nach allen Re geln und mit Einstimmung der ganzen Nation geschehen war. Ali, welcher den Vorstellun gen wenig Gehör gab, die ihn bewegen sollten, ein Recht fahren lassen, von welchem er glaub te, daß es ihm zukomme, antwortete bloß mit neuen Klagen, welche es allzu deutlich zeigten, daß man in gutem nichts von ihm erhalten würde. Omar nahm hierauf den ernsthaften Ton an, dessen er sich so wohl zu bedienen wu ste, und sagte zu dem Ali, daß er nothwendig gehorchen müsse. Er kehrte sich zugleich gegen die Anwesenden, die mit ihm, dem Ali, bey der Fa time waren, und erklärte ihnen, daß er sogleich das Haus wolle in Brand stecken lassen, wann man sich noch länger weigerte, den Califen zu erkennen.
[↔] Ali, welcher wohl wuste, daß Omar ein Mann von Wort sey, hielt es nicht für rath sam, es darauf ankommen zu lassen, er schickte sich vielmehr in Zeit und Umstände, und ging sogleich hin, dem Abubeker zu huldigen.
[↔] (Abubeker
und Ali
un terreden sich.)
[↔] Er hatte hierauf eine sehr lange Unterre
dung mit dem Califen, in welcher er seine Ver
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) wunderung nicht bergen konnte, daß Abube ker das Regiment angenommen habe, ohne ihm vorher das geringste davon zu sagen. Dieser wuste nur allzuwohl, daß die Klagen des Ali gegründet wären, und bemühte sich also ihn zu besänftigen, indem er ihm mit vieler Sanft muth zuredete. Er machte ihm eine rührende Beschreibung von den traurigen Umständen, in welchen sich die Wahlversammlung befunden, weil die Partheyen die Sachen auf das äusser ste getrieben hätten. Er erzehlte ihm, wie er sie mehr als einmal im Begriffe gesehen habe, sich unter einander zu ermorden, und wie der Tumult nach seiner Ernennung sogleich aufge höret habe, so daß er es für durchaus nö thig halten müste, sich, bey so gestalten Sa chen, den einmüthigen Gesinnungen der Ver sammlung zu überlassen, aus Furcht, eine ab schlägliche Antwort, oder nur ein Aufschub von seiner Seite, möchte das Feuer der Zwietracht wieder anflammen, und Unruhen erwecken, wel che ohnfehlbar einen noch nicht befestigten Staat über den Hauffen werffen könnten.
[↔] Als Ali diesen Ursachen nachzugeben schien, fügte der Calife hinzu, daß, da er die oberste Gewalt bloß zum Besten des Staats übernom men habe, er sie so gleich wieder niederlegen wolle, so bald man ihm eine andre Person vor stellen würde, welche ein Freund des Volks sey, und die Ruhe unter ihnen zu erhalten ge
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) schickt wäre. Es sey nun, daß Abubeker auf richtig redte, oder daß er bloß die Absicht hat te, den Ali durch Vorstellung seiner Uneigennü tzigkeit zu gewinnen; genung, dieser Kunstgriff gelang ihm. Anstatt daß sich Ali länger hätte beklagen sollen, brach er in Lobsprüche der groß müthigen Gesinnungen des Califen aus. Er bestätigte die Huldigung, die er ihm kurz vor her geleistet hatte, (*) und ersuchte ihn an die Niederlegung eines Ansehens nicht zu gedenken, zu welchem ihm, sowohl sein eigenes Verdienst, als die Wahl der Nation bestimme.
[↔] (Verschied ne arabische
Stämme ma chen einen
Aufstand.)
[↔] Als diese Angelegenheit also glücklich beyge leget war, so that sich eine andere hervor, wel che dem Abubeker viel Unruhe verursachte. Ei ne ziemliche Anzahl Araber, welche von unru higen Köpfen (**)
angeführet wurden, die sich, 14 15
eben so wie Mahomet, einen Namen vermit
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) telst der Religion machen wollten, war ent schlossen, das Joch des Nachfolgers des Pro pheten abzuschütteln, und nach Gutdünken eine neue Regierungsform einzuführen.
[↔] Ihre Trennung zeigte sich zuerst dadurch, daß sie sich, den gewöhnlichen Zoll sowohl, als den Dezen und die Beysteuern, zu bezahlen wei gerten, welche der Prophet vorgeschrieben hatte. Umsonst ermahnte man sie, zu ihrer Schuldig keit zurück zu kehren, und das Ansehen des Ca lifen zu erkennen: sie ergriffen die Waffen, und machten sich fertig ihren Aufstand zu ver theidigen. Man erfuhr so gar kurz darauf, daß sie im Anzug wären, und sich der Stadt Medina näherten.
[↔] Diese Nachricht machte alles in der Stadt [↔] (Maaßre geln, die man
wider die
Aufrührer
nimmt.) unruhig Die erschrocknen Einwohner glaub ten den Feind schon an ihren Thoren zu sehen, und waren in der größten Bestürzung. Abube ker stellte so gleich seine Befehle aus, und brach te in aller Eil Trupen auf die Beine. Weil (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) man aber befürchtete, daß der Feind während diesen Anstalten, sich die Gelegenheit zu Nutze machen und einen Ueberfall wagen möchte; so ließ der Calife die Weiber, Kinder und Alten; kurtz alle, welche nicht im Stande waren, die Waffen zu führen, in Sicherheit bringen. Als diese Maaßregeln genommen waren, und die Trupen sich fertig befanden, übergab Abubeker die Anführung derselben dem Khaled, einem be rühmten Krieger, welcher schon unter dem Ma homet mit Ehren gedienet hatte.
[↔] (Sie
wer den geschla gen.)
[↔] Khaled bestätigte bey dieser Gelegenheit den Ruhm, den er sich zu Lebzeiten des Propheten erworben hatte; er ging kühn, bloß an der Spi tze von fünftausend Mann, dem Feinde entge gen, und trug einen vollkommnen Sieg davon. Man tödtete eine grosse Anzahl, und eine ziem liche Menge machte man zu Gefangnen, unter welchen sich fast alle vornehme Officiers befan den, wovon das Haupt des Aufruhrs,
Malek ebn - Novairah, der vornehmste war.
[↔] Malek war unter den Arabern eine angese hene Person. Er verband mit einer hohen Ge burth eine nicht gemeine Tapferkeit, und hatte sich übrigens bey seinem Volke durch eine be wundernswürdige Gabe zur Poesie
hervorge than. Der Calife, welcher eine besondre Hoch achtung für diesen Heerführer hatte, wollte es anfangs versuchen, ihn im guten wieder zum Gehorsam zu bringen; und weil man Grund zu muthmassen hatte, daß er mehr die Waffen(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) ergriffen, um sich zum Haupte einer Parthey zu machen, als um sich der Religion des Ma homets zu entschlagen, so trug er dem Khaled auf, sich mit dem Malek zu unterreden, und seine Gesinnungen in Ansehung der Lehre des
Propheten zu untersuchen.
[↔] Malek verstellte gleich anfangs seine Den
[↔] (Malek und
Khaled un terreden sich.) kungsart in Ansehung der Religion nicht, und erklärte, er glaube, daß das Gebet seiner An hänger eben so gut, und Gott eben so angenehm sey, als das Gebet der Muselmänner, welche den
Zegat bezahlen. (Dieses war eine Auflage, die nach dem Gesetze des Mahomets befohlen war.)
Khaled antwortete ihm, daß das Gebet von den Almosen müsse begleitet werden, und daß es weder den Zehnden, noch andre Auflagen, die da zu bestimmt wären, erlassen könnte. Und dieses, antwortete Malek, sagt und ver langt euer Herr? Auf dieses Wort, wel ches nur allzuwohl zu verstehen gab, daß sich der Gefangne für keinen Unterthanen des Califen halte, erwiederte
Khaled wüthend:
Wie? ist mein Herr nicht auch der dei nige? und, ohne ihm Zeit zur Antwort zu las sen, drohte er ihm den Tod. Malek aber ließ sich dadurch nicht irre machen, und sagte ganz ruhig: Ist das der Befehl, den euch eu er Herr gegeben hat? Khaled kam hierauf ganz ausser sich, und sagte bloß: Was? im mer eben dieselbe Verachtung gegen den
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) Regenten? und sogleich befahl er seinen Leu ten ihn zu greiffen und zu tödten.
(Khaled
wird getöd tet.)
[↔] Einige Kriegsobersten, welche mit dem Kha led gekommen waren, thaten alles, was ihnen möglich war, daß er seinen gegebenen Befehl zurückziehen sollte: allein er war unerbittlich. Der unglückliche Malek, als er sahe, daß er zum Tode verdammt sey, konnte sich nicht ein bilden, daß man mit ihm, als einem Musel manne, welcher von den andern nur in eini gen gesetzlichen Gebräuchen unterschieden sey, so grausam verfahren könne. Er glaubte, die Schönheit seines Weibes, welche zugegen war, und die man ohne Zweifel zugleich gefangen ge nommen hatte, sey an seinem Verderben Schuld. Dieses Weib, schrie er, als die Leu te des Khaled sich seiner bemächtigten, ist die einzige Ursache meines Todes. Nein, versetzte Khaled, nicht sie verursacht deinen
Tod, sondern Gott allein, dessen Re ligion du verlassen hast. Nein, erwieder te Malek, denn ich bekenne sie. Mehr konnte er nicht sagen, weil in dem Augenblicke die Leute des Khaled ihm den Kopf vor die Füs se legten.
[↔] Abubeker kam für Zorn ganz ausser sich, als er die Nachricht davon erfuhr. Er schätzte den Malek
hoch; seine Absicht war ihn mit Güte zu gewinnen, und die Strenge nur im äusser sten Nothfalle anzuwenden, allein der übertrie
bne Eyfer des Khaled war keiner Behutsam
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) keit fähig. Es fehlte wenig, so hätte er seine Kühnheit theuer bezahlen müssen. Der Calife wollte ihn mit aller Gewalt deßwegen bestraf fen, und durch seinen Tod den Tod eines be rühmten Heerführers rächen, welcher es nicht verdient hatte, so grausam mißgehandelt zu werden. Zu Khaleds
Glücke, schlug sich Omar für ihn ins Mittel, und redete dem Califen so nachdrücklich zu, daß er ihn endlich besänftigte, und die Gnade des Schuldigen erhielt.
[↔] Die Niederlage des Malek und seiner An hänger stellte die Ruhe in Medina wieder her. Es waren zwar noch verschiedene Feinde zu bestreiten; denn nach dem Tode des Maho mets hatten sich nicht wenig kleine Propheten aufgeworffen, die um die Wette das Volk zu verführen und sich Anhänger zu machen, be müht waren: allein sie waren nicht sehr zu fürchten. So viel ihrer auch waren, so wa ren sie doch durch keine besondern Vortheile mit einander verbunden, und man wuste wohl, daß keiner dem andern beystehen würde; so daß man mit Grunde hoffen konnte, sie mit leichter Mühe einzeln zu unterdrücken.
[↔] Unter diesen verschiednen Partheyen war [↔] (Mosseila mah
wirft
sich zum Pro pheten auf.) diejenige die fürchterlichste, welche einen berühm ten Kriegsmann, Namens Mosseilamah, einen Mann, der seinen Kopf so wohl als seine Faust zu gebrauchen wußte, zum Haupte hatte. Er (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) war anfangs einer von den ersten Anhängern des Mahomets gewesen, hatte sich aber gar bald, noch bey Lebszeiten des Propheten, unterstanden, seine Lehren zu verbessern, und einen neuen Koran bekannt zu machen. Es wurde ihm sehr schwer, sich in einiges Ansehen zu setzen, so lange
Ma homet die oberste Gewalt in Händen hatte; so bald er aber todt war, hatte Mosseilamah mehr Glück; er brachte mit vielen Vorbereitungen seine Lehre unter das Volk, und verschaffte sich eine sehr beträchtliche Anzahl Schüler. End lich griff er in der Provinz Yemamat so weit um sich, daß der Calife
schlüßig ward, die Waf fen gegen ihn zu kehren.
[↔] Anfangs ließ Abubeker den Akramah und
Sergiabil, zwey erfahrne Krieger, wider ihn mit einem ganz zahlreichen Heere ausziehen, welches hernach durch neue Trupen, die der Calife unter Anführung des Khaled dazu stossen ließ, vermehrt wurde. Diese Armee nun, wel che ohngefehr vierzig tausend Mann stark war, schlug ihr Lager bey einem Orte, Namens Akre bah, auf.
[↔] (Der Tod
des
Mosseila mah wendet
den Sieg zu
den Musel männern.)
[↔] Hier hatte Mosseilamah, ob er gleich weit schwächer war, dennoch die Kühnheit, die Mu selmänner aufzusuchen, und ihnen eine Schlacht zu liefern. Beynahe hätte dieses verwegene Unternehmen den schönsten Ausgang gehabt. Die Muselmänner wurden geschlagen, und bey dem ersten Anfalle getrennt; die meisten woll
ten so gar schon die Flucht ergreiffen: doch al
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) les ward durch die geschäftige Tapferkeit der Anführer bald wieder gut gemacht; es gelang ihnen, die Flüchtigen von neuen zusammen zu bringen, und ihnen frischen Muth zu machen, so daß sie voll Wuth gegen den Feind zurück kehrten, und fest entschlossen waren, die Schan de ihres Verlusts auszulöschen. Dieser neue Angriff war auf beyden Seiten sehr feurig, so daß der Sieg lange Zeit unentschieden blieb; doch als Mosseilamah in dem dichtesten Treffen getödtet wurde, so zog sein Tod den Verlust der Schlacht nach sich. Die Muselmänner ver doppelten ihre Kräfte, trieben die Araber zu rück, und brachten sie gänzlich in Unordnung. Sie wurden auf eine entsetzliche Art niederge metzelt; zehn tausend Mann blieben auf dem Platze; eine grosse Anzahl der Flüchtigen wur de von den Trupen, die man ihnen nachgeschickt hatte, niedergehauen, und diejenigen, die dem Schwerdte des Siegers entkamen, konnten ihr Leben nicht anders retten, als damit, daß sie sich von neuen der Religion des Mahomets un terwarffen.
[↔] Kaum war man hiemit fertig, als man dar
[↔] (Die Pro vinz Bar heim wird
wieder zum
Gehorsam
gebracht.) auf bedacht seyn muste, die Unruhen, die sich in der Landschaft Barheim, einer Provinz Ara biens an dem persischen Meerbusen, geäussert hatten, beyzulegen. Die Bewohner dieser Ge gend hatten ihre alte Religion wieder angenom men, und weigerten sich die Auflagen, welche (Abubeker.
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n. C. G.
632.) das Gesetz des Mahomets verordnet hatte, zu bezahlen. Abubeker schickte sogleich Mann schaft aus, diese Aufrührer zum Gehorsam zu bringen. Doch hierzu war der blosse An marsch der Trupen genug. Das Beyspiel des Mosseilamah, dessen Niederlage ganz Arabien in Schrecken setzte, hatte sie furchtsam gemacht; sie kehrten in den Schooß der Mahometischen Religion zurück, und man hörte lange Zeit un ter ihnen von keinem Aufstande mehr.
[↔] Nachdem der Calife die Unruhen beygelegt, die Aufrührer überwunden, und ganz Arabien seiner Macht und Religion unterworffen hatte, so nahm er sich vor die christlichen Staaten mit Krieg zu überziehen, und sie zu nöthigen, entweder Muselmänner zu werden, oder den Mahometanern Tribut zu bezahlen. Uebrigens mochte Abubeker wohl voraussehen, das aller sicherste Mittel des Aufruhrs entübrigt zu seyn, welchen die unruhigen Köpfe in seinen Provin zen anfangen könnten, sey dieses, wenn er sie auswärts beschäftigte, und ihnen einen gemei nen Feind gäbe, dessen Reichthümer sie begie rig machte, da er indessen seiner Schwärmerey, dem Mahometanischen Glauben Proselyten zu machen, genug thun könne. Doch dem sey wie ihm wolle; der Vorschlag des Califen ward von seinem Rathe einmüthig angenommen, und man beschloß, daß man alle Christen, die sich ei nes von beyden weigern würden, ohne Verscho nung niedermachen wolle.
[↔] Da dieser Krieg die Ausbreitung der ma
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) hometischen
Religion zum Grunde hatte, so nennten ihn die Muselmänner den heiligen Krieg. Mit eben diesem Titel haben sie alle Feldzüge beehret, die sie in folgenden Zeiten, aus gleicher Absicht, unternahmen.
[↔] Der Calife schickte sogleich, dem Schlusse seines Raths zu Folge, ein Umlaufschreiben an alle arabische Fürsten und Befehlshaber der Pläze, um ihnen zu befehlen, schleinig Trupen auf die Beine zu bringen. Der Brief war folgender maassen abgefaßt:
[↔] Im Namen GOttes des Erbarmers! [↔] (Schreiben
des
Califen
wegen
Zu sammenberuf fung der Tru pen.)
Abdallah=Ebn=Abu Kohaphas (*)
allen wahren Gläubigen Glück und See gen. Die Barmherzigkeit und der Schutz Gottes sey mit euch. Ich prei se den allerweisesten Gott und bitte für seinen Propheten. (**)
[↔] Dieses dient, euch zu berichten, daß ich entschlossen bin, die wahren Gläubi gen nach Syrien zu senden, und dieses 16 17
(Abubeker.
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n. C. G.
632.) Land den Ungläubigen aus den Händen zu reissen. Ich will euch dabey erin nern, daß ihr Gott gehorchet, wenn ihr für die Religion kämpfet.
[↔] Sobald als dieser Brief bekannt wurde, sahe man von allen Seiten, eine unglaubliche Men ge Muselmänner anlangen, welche unter den Fahnen der Religion fechten wollten. Nach dem die Trupen also in den Provinzen auf das schleunigste zusammen gebracht waren, so sties sen sie bey Medina zusammen, wo sie ihr La ger aufschlugen. Ihrem Eyfer ein Genüge zu thun, mußte man bald Befehl zum Aufbruche geben; und nachdem der Tag dazu fest gesetzt war, stellte sie Yezid - ebn - Abi - Sofian, ein berühmter General, welchem Mahomet das Commando dieser Trupen anvertrauet hatte, nicht weit von der Stadt in Schlachtordnung.
[↔] (Abubeker
betet für das
Glück seiner
Waffen.)
[↔] Abubeker war über die Bereitwilligkeit sei ner Unterthanen sehr vergnügt, und ging aus der Stadt, die Trupen zu besehen. Den präch tigen Anblick aber einer in Schlachtordnung ge stellten Armee recht zu geniessen, stieg er mit ei nigen seiner Lieblinge auf die Höhe eines Hü gels, von welchem er alles übersehen konnte. Diese schöne Aussicht rührte ihn so sehr, daß er sogleich zu beten anfing, und Gott anruffte, er wolle seinen Soldaten Muth verleihen, und nicht zugeben, daß Völker, die sich, so großmü thiger weise, der Ehre seines Namens weihten, ein Raub der Ungläubigen würden.
[↔] Nach diesem Gebete stieg der Calife von(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) dem Hügel herab, stellte sich an die Spitze der Armee, und befahl aufzubrechen. Weil er zu Fusse war, so stiegen die Anführer von ihren Pferden, um ihn zu begleiten;
Abubeker aber befahl ihnen, wieder aufzusteigen, indem er sag te, er seines Theils habe besondere Ursachen zu Fusse zu gehen, weil er die ersten Schritte, die er an der Spitze einer so schönen Armee thue, Gott opfern wolle, und weil er glaube, daß es ihm Gott vergelten werde.
[↔] Solchergestalt ging der Calife bis auf eine [↔] (Er mah nung, welche
Abubeker
dem Yezid
giebt.) gewisse Weite zu Fusse mit fort, und nahm als denn von seinen Trupen Abschied, nachdem er ihnen allen glücklichen Fortgang gewünscht hat te. Zuletzt kehrte er sich gegen den
Yezid, und ermahnte ihn, mit den Trupen gelinde zu ver fahren; nichts besondres zu thun, ohne die vor nehmsten Officiers vorher um Rath zu fragen; sich niemals von der Gerechtigkeit und Billig keit zu entfernen; den Soldaten Muth und Unerschrockenheit beyzubringen; sich der Vor theile, die er etwa davon tragen würde, nicht zu überheben, und wenn er siegen sollte, die Gesetze der Menschlichkeit beständig vor Augen zu haben; vor allen Dingen ermahnte er ihn, die Ermordung der Kinder, der Weiber und der
Alten zu verhindern. Eine gleiche Gelin digkeit aber rieth er ihm nicht gegen die Die ner und Lehrer des Christenthums, von welchen er aber dennoch die Mönche ausnahm. Las
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) set, sagte er, die Geistlichen in Ruhe (*), welche in ihren Klöstern ein eingezoge nes Leben führen. Den andern aber, welche geschorne Platten haben, und zu des Satans Schule gehören, erzeiget keine Gnade, wenn sie nicht Mahometa ner werden, oder Tribut bezahlen wol len.
[↔] (Die Musel männer mar schiren nach
Syrien.)
[↔] Nach dieser Rede nahm Abubeker auch von den Heerführern Abschied, und kehrte nach Me dina zurück. Die Armee ihres Theils setzte ih ren Marsch fort, und zog gegen Syrien zu.
[↔] Diese Provinz befand sich damals ohne die geringste Bedeckung. Der Käyser Heraclius glaubte eben nicht, daß er viel von einem Rei che zu befürchten habe, welches erst entstehe, und durch innerliche Unruhen zertheilt sey. Ue brigens schienen ihm die Eroberungen, die er gegen ein so furchtbares Volk, als die Perser waren, gemacht hatte, zu versprechen, daß 18
schwerlich eine Nation so kühn seyn würde, ihn(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) in seinen eigenen Staaten anzufallen. Diese unglückliche Sicherheit war Ursache, daß er alle Anstallten hinten ansetzte, die ihm die Klugheit zu machen hätte rathen können; so daß sich sei ne Grenzen, besonders auf der Seite gegen Sy rien, wo nicht der geringste feste Ort war, ohne alle Vertheidigung befanden.
[↔] Er war zwar ein wenig bestürzt, als er ver
[↔] (Sie schla gen die Tru pen, welche
der griechi sche Käyser
gegen sie aus schickt.) nahm, daß die Araber im Anzuge wären, und Syrien zu überfallen gedächten: doch sein letzt gehabter Fortgang beruhigte ihn gar bald wie der, daß er ihr Unternehmen für höchst unüber legt hielt. Er begnügte sich also damit, den Arabern einige Trupen entgegen zu schicken, welche ihnen den Weg verlegen, und sie zum Rückzuge nöthigen sollten.
[↔] Der General, welchem der Käyser das Com mando über diese Trupen gegeben hatte, ging den Arabern kühn entgegen, und lieferte ihnen ein Treffen, so bald er sie antraf; doch es fehl te sehr viel, als daß der Ausgang mit seiner Hoffnung überein gekommen wäre. Die Grie chen wurden geschlagen; der General bemühte sich umsonst, die Flüchtigen wieder zurück zu bringen, er blieb auf der Wahlstatt, und sein Tod machte die Niederlage seiner Armee voll ständig.
[↔] Die Nachricht von diesem Siege ward dem Califen, nebst den Fahnen und andrer Beute (Abubeker.
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632.) der Christen, sogleich überschickt. Abubeker ließ sie öffentlich aussetzen, und hielt denen eine weitläuftige Lobrede, die an diesem Siege, wel cher eine so schmeichelhafte Hoffnung machte, Theil gehabt. Die Muselmänner wurden durch die Siegszeichen ihrer Landsleute und durch die Lobeserhebungen ihrer Tapferkeit so sehr aufge muntert, daß sie das
Schicksal derjenigen zu beneiden schienen, welche einer so rühmlichen Ausführung beygewohnt hatten. Der
Calife ward erfreut, diese ihre Gesinnungen wahrzu nehmen, und fuhr fort mit noch weit grösserm Nachdrucke zu reden, damit er das Volk völlig bewegen, und zu seinem Zwecke lenken möge.
[↔] (Der Calife
sendet neue
Trupen nach
Syrien.)
[↔] Nachdem er die Verdienste der Heerführer und der Soldaten, die ihrer Nation so viel Eh re gemacht, genugsam erhoben hatte, so fragte er, ob es nicht wohl gethan sey, wenn man die se erhaltene Vortheile verfolgte, und ob sich das Volk wohl weigern wollte, ihren tapfern Lands leuten beyzutreten, und mit vereinten Kräften an der Eroberung Syriens arbeiten zu helffen.
[↔] Hierauf erhob sich eine allgemeine Bewe gung unter dem Volke; jeder wollte an der Ehre eines solchen Unternehmens Theil nehmen; so daß Abubeker in kurzer Zeit eine starke Armee auf den Beinen hatte, welche weiter auf nichts als auf den Befehl zum Aufbruche wartete.
[↔] (Omar
bringt den)
[↔] Der Calife machte sich die glückliche Bereit willigkeit zu Nutze, ertheilte so gleich die nöthi
ge Befehle zum Abmarsche der Trupen, und(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) vertraute einem von seinen liebsten Generalen, dem Saed, des Commando darüber an. Doch die Wahl dieses Generals ward von dem Omar [↔] (Saed um
das Comman do.) hintertrieben, welcher sehr heftig anhielt, daß man einen andern erwehlen solle. Die Ge schichtschreiber melden die Ursachen nicht, war um er sich dieser Wahl so sehr widersetzte. Abu beker ward darüber sehr verlegen, weil er we der den Saed durch die Wiederabnehmung des Commandos beleidigen, noch auch den
Omar sich zum Feinde machen wollte. In dieser Unge wißheit fragte er seine Tochter, die Aiesha, die Wittwe des Mahomets, um Rath. Weil die ses
Frauenzimmer die Geliebteste des Prophe ten gewesen war, so hatten die Muselmänner ei ne ganz besondre Hochachtung für sie; man nennte sie die Mutter der Gläubigen; sie war gleichsam die Königin über die andern Weiber des Mahomets; man glaubte, sie sey von seinem Geiste ganz erfüllet, und also sehr geschickt, alle vorkommende Schwierigkeiten zu entscheiden; man fragte sie auch allezeit bey den wichtigsten Angelegenheiten um Rath.
[↔] Aiesha antwortete den Absichten des Abu bekers
nicht gemäß; denn anstatt die Wahl des Saed zu billigen, erklärte sie sich für die Mei nung des Omars, welcher, wie sie sagte, dieses mal keine andre Absicht, als das gemeine Be ste, habe.
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.)
[↔] Die Aufführung des Saed, als er die Ent scheidung der Aiesha hörte, war ein neuer Be= [↔] (Uneigen nützigkeit
des Saed.) weis, in was für Hochachtung diese Weibsper son bey den Muselmännern stand. Er murre te im geringsten nicht, sondern lieferte die Fah ne, welche ihm der Calife, zum Zeichen der ihm anvertrauten Gewalt, gegeben hatte, so gleich aus. Er fügte hinzu, daß er eben so bereitwil lig sey unter einem andern zu fechten, als wenn man ihm das Commando gelassen hätte.
[↔] (Amru wird
General der
neuen Tru pen.)
[↔] Eben damals, als Saed eine so uneigennützi ge Aufführung beobachtete, fand sich ein an drer Befehlshaber, Namens Amru - ebn - al - As, welcher sich sehr viel Mühe gab, zum Genera le ernennt zu werden. Er wandte sich an den
Omar, um durch dessen Vermittlung diese Würde zu erlangen. Omar hatte zwar in der That Ansehen genug, sie ihm zu verschaffen, allein er war zu gewissenhaft, einen zu dem Comman do zu verhelffen, welcher so begierig darnach zu seyn schien. Er schlug ihm also seine Vermitte lung bey dem Califen ab.
[↔] Weil aber doch Amru, nach dem Saed, der geschickteste zum Heerführer war, so ernennte ihn
Abubeker von selbst; und Omar, ob er gleich nicht für ihn hatte sprechen wollen, ließ den noch diese Ernennung gelten, ohne etwas dar wider einzuwenden.
[↔] Als nun also die Trupen marschfertig waren, so kam Amru, die Befehle des Califen anzuneh
men, welcher ihm sehr weise Vorschriften er
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) theilte, wie er sich bey der ihm anvertrauten Würde verhalten solle. Er befahl ihm hierauf, seinen Zug durch Palestina zu nehmen, und von da aus dem Yezid seine Ankunft wissen zu las sen, damit er sich entweder, wenn seine Hülfe nöthig seyn sollte, mit diesem Generale verbin den, oder andre Befehle erwarten könne. Abu beker ernannte zugleich einen obersten Befehls haber über die Armeen in Syrien, und ertheil te diese Würde dem Abu - Obeidah. Dieser [↔] (Das Ober commando
bekömmt
Abu - Obei dah.) reißte mit dem Amru fort, verließ ihn aber in Palestina, um sich je eher je lieber nach Sy rien zu begeben.
[↔] Hier fand er die Sachen sehr verändert. Die Muselmänner waren nicht mehr die siegenden Trupen, deren Tapferkeit man in Medina so sehr erhoben hatte. Die
Griechen hatten sie zu verschiednen malen geschlagen, und sich so fürchterlich gemacht, daß sich die Araber nicht mehr im offnen Felde zu zeigen wagten. Selbst Obeidah ließ sich von dem allgemeinen Schre cken einnehmen; anstatt daß er die Vortheile, welche die Muselmänner über die Griechen vor her davon getragen hatten, wieder zu erlangen, sich hätte bestreben sollen, blieb er in völliger Unthätigkeit, und war auf nichts, als seine Vertheidigung bedacht.
[↔] Kaum hatte Abubeker hiervon Nachricht er [↔] (Khaled
kömmt an die
Stelle des
Obeidah.) halten, als er sogleich den Obeidah zurück rief, (Abubeker.
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632.) und den Khaled an seine Stelle ernennt. Die ser Genelal befand sich damals in der Provinz Yrak, wo er sehr viel Glück hatte: er hatte die Hauptstadt eingenommen, und wollte eben die ses ganze Land unterwürffig machen, als er die Befehle des Califen erhielt.
[↔] Er zog sogleich nach Syrien, allwo seine Ge genwart den Sachen gar bald eine andere Gestalt gab. Sein Ansehen machte den Trupen fri schen Muth, welche unter Anführung eines sol chen Generals nichts zu befürchten zu haben glaubten. Die vorgegebene Klugheit des Obei dah, welcher von Natur sanft, stille und lang sam in seinem Unternehmen war, hatte die Sol daten ganz furchtsam gemacht, welchen das ungestüme Feuer des Khaled weit lieber war. Unterdessen schonte doch dieser General die Tru pen nicht; er stellte sie oft der Gefahr dar: al lein er schloß sich niemals selbst davon aus; und ob seine Unternehmungen gleich sehr verwegen waren, so war er doch auch tapfer und glücklich, und kam immer sehr gut davon.
[↔] (Die Musel männer bela gern Bostra.)
[↔] Als er, das Commando über die Trupen zu übernehmen, anlangte, war Sergiabil, auf Befehl des Obeidah, bis vor Bostra (*) ge 19
rückt; denn weil sich dieser durch eine gänz
(Abubeker.
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632.) liche Unthätigkeit nicht beschimpfen wollte, so hatte er ihn mit einiger Mannschaft, die Bela gerung dieses Platzes zu unternehmen, ausge schickt. Sergiabil hatte anfangs, aus der Auf führung des Befehlhabers daselbst, geschlossen, daß er bald damit zu Stande kommen werde. Dieser nemlich hatte sich, bey Annäherung der Muselmänner, zu ihm begeben, und ihn gefragt, was sein Begehren sey; Sergiabil hatte ihm hier auf geantwortet, die Stadt zu nöthigen, entwe der den Mahometischen Glauben anzunehmen, oder Tribut zu bezahlen. Bey dieser Antwort hatte es der niederträchtige Befehlshaber bewen den lassen, war wieder in die Stadt zurück ge kommen, und hatte die Einwohner zur Ueberga be bewegen wollen.
[↔] Diese aber waren weit entfernt ihrem Befehls
[↔] (Sie wer den zurück
geschlagen.) haber zu gehorchen; sie beschlossen sich zu ver theidigen, und rückten sogar aus der Stadt, den Belagern ein Treffen anzubieten. Sergiabil nahm es an; ehe er es aber anfieng, betete er folgender Gestalt zu Gott: O Gott, der du die Eroberung dieses Landes deinem Pro pheten Mahomet versprochen hast! gros ser Gott! herrlicher Gott! stehe uns bey wider diejenigen, welche deine Einig keit verwerffen. Dieses Gebet ward nicht erhört; die Muselmänner wurden geschlagen und in größter Unordnung zurück getrieben. Man schickte in aller Eil zu dem Generale, ihm von (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) dem schlechten Fortgange dieser Unternehmung Nachricht zu geben; allein man fand den nicht mehr, der sie befohlen hatte. Obeidah war eben fortgereiset, und Khaled
hatte an seiner Statt das Commando übernommen.
[↔] (Khaled
kommt den
Belagerern
zu Hülffe.)
[↔] Dieser General zog auf das eiligste den Trupen des Sergiabil zu Hülffe, und da er bey seiner Ankunft sahe, wie wenig Leute dieser Heerführer bey sich hatte, so machte er ihm sehr hefftige Vorwürffe, daß er sich unterstanden habe, ei nen Ort, wie Bastra, mit so geringer Macht zu belagern, und so gar das Treffen anzunehmen. Sergiabil entschuldigte sich damit, daß er nichts aus eignem Gutdünken übernommen, sondern bloß den Befehlen des
Obeidah, dem er unter geben gewesen sey, gehorcht habe. Ich habe also, erwiederte Khaled mit vieler Heftigkeit,
nichts weiter gegen dich zu sagen; Obei dah ist ein vollkommen ehrlicher Mann; aber wahrhaftig von der
Kriegskunst versteht er sehr wenig.
[↔] Man mußte also neue Maaßregeln ergreif fen, und zusehen, wodurch man am leichtsten ei nen Platz gewinnen könne, dessen Einwohner sich aufs beste zu vertheidigen, entschlossen zu seyn schienen. Khaled erlaubte den Trupen, die er mit sich gebracht hatte, nur einen einzigen Rasttag, welchen er dazu anwandte, daß er in eigner Person den Platz in genauen Augen schein nahm, und Befehl ertheilte, das Lager weit mehr zu befestigen. Er wollte hierauf(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) den Trupen zwar noch einen Tag auszuruhen geben, weil er aber von seinen Spionen die Nachricht bekam, daß man auf Seiten der Stadt eine Bewegung wahrnehme, so stellte er sogleich seine Armee in Schlachtordnung. Die noch übrige Zeit wandte er zu den von dem Mahomet
befohlnen Reinigungen an, die er durch ein öffentliches Gebet, welches er an der Spitze seiner Armee verrichtete, beschloß.
[↔] Nunmehr sahe man die Belagerten, unter Anführung ihres Befehlshabers, einen Ausfall thun.
Khaled, welcher alle Anstallten gemacht hatte, sie wohl zu empfangen, ließ seine Tru pen anrücken, und gab sogleich das Zeichen zur Schlacht. Mittlerweile aber, da alles eines von den blutigsten Treffen zu verkündigen schien, schickte der Befehlshaber der Stadt einen von seinen Officiers zu dem Khaled, eine Unterre dung von ihm zu erbitten.
[↔] Als Khaled sie verwilliget hatte, traten die [↔] (Unterre dung des
Khaled und
des Befehl habers von
Bostra.) beyden Generals auf dem Platze, welcher die beyden Armeen absonderte, zusammen. Der Befehlshaber sagte dem Muselmanne, daß er überaus geneigt sey, seine Religion anzuneh men; daß er verschiedne Versuche gewagt habe, die Einwohner von Bostra zu bewegen, seinem Exempel zu folgen, daß aber bißher alle seine Bemühungen vergebens gewesen wären. Un terdessen hoffe er doch noch in diesem Stücke (Abubeker.
Hegire 11.
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632.) glücklich zu seyn; vorher aber wolle er sich ge gen alle Zufälle aufs beste vorsehen; weßwe gen er denn verlange, daß man ihm für sein Le ben, sein Vermögen, und überhaupt für seine ganze Familie alle Sicherheit zukommen lasse.
[↔] Der niederträchtige Befehlshaber wurde durch die Antwort, die ihm Khaled gab, ziem lich stutzig. Du bist, sagte er zu ihm, deinen Trupen durch den Vorschlag, den du ih nen schon gethan hast, und durch die Un terredung, die du eben jetzt mit mir hältst, verdächtig geworden. Man wird dich wegen Untreue anklagen, und dir ein Verständniß mit den Gläubigen Schuld geben; deine Bürger werden al so wenig geneigt seyn, dir zu folgen, und könnten dich vielleicht gar mißhandeln. Ich weiß nicht mehr als ein einziges Mittel, dir ihr Vertrauen wieder zu er werben, dieses nehmlich, zu thun, als wollten wir beyde untereinander den ge meinen Streit ausmachen. Du must dich also den Augenblick mit mir schlagen.
[↔] Romanus, so hieß der Befehlshaber, ward über diesen Vorschlag bestürzt, und hätte den Zweykampf allzu gerne ausgeschlagen; allein in Ansehung der Art, wie ihn Khaled von ihm ver langte, war es nicht möglich. Die Armeen auf beyden Seiten wurden gleich stutzig, als sie sa hen, daß ihre Generals handgemein wurden. Weil aber die Befehle sogleich gegeben wurden,(Abubeker.
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n. C. G. 632.) daß beyderseitige Trupen keine Bewegung ma chen sollten, so erwarteten sie ruhig den Aus gang.
[↔] Dieser Zweykampf, welcher ein blosses Spielgefechte, die Einwohner von Bostra zu betriegen, seyn sollte, schien dem Befehlsha ber sehr ernstlich; er fragte also den Khaled, welcher ohne Vorsicht auf ihn loßging, ob er ihn tödten wolle? Khaled, der sich ein Ver gnügen daraus machte, die Angst seines furcht samen Gegners zu sehen, antwortete ihm läch lend, daß er nichts böses willens wäre; daß es aber ihrer Ehre wegen, und zur Vermeidung alles Argwohns, nothwendig sey, den Zuschau ern zu zeigen, als ob sie in allem Ernste zusam men gekommen wären.
[↔] Der Kampf dauerte also noch eine Zeitlang, zum grösten Verdrusse des Befehlshabers, wel cher, als er sich verwundet und von verschiede nen Hieben zerfetzt fühlte, die Wahlstatt ver ließ, und zu den Seinigen zurück floh. Er kehrte hierauf mit ihnen in die Stadt, und wag te neue Vorstellungen, sie zu bewegen, daß sie sich den Muselmännern unterwerffen möchten. Die Einwohner, welche jetzt gegen ihren Be fehlshaber weit aufgebrachter als jemals wa ren, machten ihm die heftigsten Vorwürffe, daß er noch Verrätherey zu der Niederträchtigkeit fügen wolle, welche er in dem Zweykamfe mit (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) dem Khaled erwiesen habe. Sie faßten zu gleich den Entschluß, ihn ausser Stand zu se tzen, sie nicht mehr, weder durch seine Hand lungen, noch Rathschläge, beschimfen zu kön nen; sie schlossen ihn in seinem eigenen Hause [↔] (Die Ein wohner neh men ihm das
Commando.) ein, und setzten eine gute Wache davor. Sei ne Stelle wurde einmüthiglich dem Generale der Hülfsvölker, die ihnen Heraclius zugeschickt hatte, gegeben: sie verlangten aber auch zu gleich von ihm, daß er sich mit dem Khaled in einen Zweykampf einlassen solle.
[↔] (Zweykampf
zwischen dem
Abdarrah man, und
dem neuen
Befehls haber.)
[↔] Dieser General ließ sich den Vorschlag ge fallen, und schickte sogleich dem Khaled eine Ausfoderung. Als man sie brachte, war Ab darrahman, der Sohn des Abubekers, gleich zugegen. Dieser junge Mensch brannte recht für Begierde sich hervorzuthun, und lag dem Khaled so lange bittend an, bis er die Erlaub niß erhielt, sich an seiner Statt schlagen zu dürffen.
[↔] Abdarrahman, welcher wohl beritten, und wohl bewaffnet war, ritt dem griechischen Ge nerale entgegen, der sich gleichfalls seiner Seits den halben Weg näherte. Beyde Armeen wa ren gegenwärtig, und vor ihren Augen wollten nunmehro die zwey Ritter sich die Ehre des Sieges streitig machen; doch auch diesesmal war aller Vortheil auf der Seite der Musel männer. Der Griechische General ließ sich durch das stolze und zuversichtliche Bezeigen des jungen Arabers, und durch die wunderbare Ge
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) schicklichkeit, mit welcher er die Lanze zu führen wuste, ganz betäuben. Dieser Anblick machte einen so heftigen Eindruck auf ihn, daß er es gar bald zu merken anfing, er habe sich in An sehung seines Muths betrogen, indem er in das Verlangen der Griechen gewilliget hätte.
[↔] Unterdessen that dieser General doch sein äusserstes, und wagte den Anfall auf seinen Ge gner; allein gleich bey der ersten Wunde, die er bekam, entfiel ihm der Muth ganz und gar, und er glaubte seinen Kopf nur deßwegen noch behalten zu haben, damit er sich schleinig aus den Händen seines Feindes retten möge. Er machte eine falsche Wendung mit seinem Pfer de, und sprengte mit verhängtem Zügel nach der Stadt zu.
[↔] Abdarrahman verfolgte ihn sogleich; doch das griechische Pferd, welches von einer ganz ausserordentlichen Geschwindigkeit war, rettete den General aus den Händen des Muselman nes. Dieser, welcher durch den Zorn über eine solche Niederträchtigkeit ganz ausser sich gekom men war, hatte die Kühnheit, sich ganz allein bis an die griechische Armee zu wagen, wo er Rechts und Links, alles was ihm unter die Hän de kam, niedermachte. Khaled, welcher über die Gefahr, in die sich Abdarrahman stürzte, ausserordentlich erschrack, gab sogleich das Zei chen, worauf die Muselmänner mit einer un= (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) aussprechlichen Wuth in die Griechen einbra chen, um den Sohn des Califen zu retten.
[↔] (Die Mu selmänner
behalten die
Oberhand
über die von
Bostra.)
[↔] Die Verwegenheit dieses jungen Kriegsober sten verursachte also ein allgemeines Treffen. Die Muselmänner wurden durch die Gefahr, in der er sich befand, ermuntert, und schlugen sich mit einer solchen Heftigkeit, daß die Grie chen auf allen Seiten getrennet, und in gänzli che Unordnung gebracht wurden. Ein freudi ges Siegsgeschrey ließ sich überall in der Ar mee der Muselmänner vernehmen; indessen da auf Seiten der Christen die wenigen, die dem Schwerdte des Siegers entronnen waren, auf nichts als auf die Flucht bedacht waren, und sich in den festen Platz zurück zogen, wo sie es noch für das gröste Glück zu halten hatten, daß sie in aller Geschwindigkeit die Thore hinter sich zuschliessen konnten, damit der Feind nicht mit den Flüchtigen zugleich eindringen möchte.
[↔] Diejenigen von den Christen, die ihres Standes, ihres Geschlechts, oder anderer Ursa chen halben, bey diesem Ausfalle nicht hatten seyn können, waren wenigstens von den Mau ern Zeugen desselben gewesen, und hatten das Treffen und die Niederlage ihrer Trupen mit angesehen. Diese unglückliche Einwohner nun liessen den Himmel von ihrem Seufzen, Schrey en und Beten wiederschallen: sie hatten mit ih ren Augen ihre Aeltern, Freunde oder Lands leute ermorden, oder in die Sclaverey bringen gesehen: sie selbst sahen nach diesem Verluste(Abubeker.
Hegire
11.
n. C. G. 632.) allzudeutlich, daß sie ohne ein Wunderwerk ih rem Feinde nicht entkommen könnten, und daß ihre Weiber, ihre Kinder und ihr Vermögen, dem Sieger zur Beute werden würde.
[↔] Gleichwohl muste man bey der Unordnung, worinne sich die Sachen befanden, die äusser sten Kräfte noch anwenden, einen so wichtigen Platz, als Bostra, zu retten. Der Rath fand bey diesen Umständen kein ander Mittel, als schleinig an den Kayser zu schreiben, ihm von dem Elende, worein sie gebracht wären, Nach richt zu geben, und um augenblickliche Hülffe zu bitten. Uebrigens stellte man alle Befehle aus, über die Sicherheit des Platzes zu wachen, und sich wenigstens so lange, bloß vertheidi gungs weise, zu halten, bis die Antwort von dem Käyser ankäme.
[↔] Doch mittlerweile, als diese unglücklichen [↔] (Romanus
überliefert
den Musel
männern
die Stadt.) Christen um eine Hülffe baten, deren Entfer nung sie zur Verzweiflung brachte, frohlockte der verrätherische Befehlshaber, Romanus, welchen sie in seinem Hause eingeschlossen hiel ten, über das gemeine Unglück, und war eben bemüht sein niederträchtiges Verfahren auf das äusserste zu treiben.
[↔] Das Haus dieses Verräthers lag an einem Ende der Stadt, so daß die Mauern der Stadt Bostra seinen Garten umschlossen. Durch die se Mauern nun ließ er mit Hülffe seiner Söh= (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) ne und Haußgenossen ein Loch brechen, durch welches ein Mann geräumlich durchkommen konnte. Er selbst begab sich lange vor Tage durch dieses Loch aus der Stadt, und war wil lens sich in das Lager der Araber zu begeben, als er von einem Mahometanischen Officier auf gehalten wurde, welcher mit gesenkter Lanze auf ihn zusprengte.
[↔] Es war Abdarrahman, der Sohn des Ca lifen, welcher diese Nacht die Wache hatte. Romanus erinnerte sich, daß er ihn bey dem Khaled gesehen habe, gab sich ihm sogleich zu erkennen, und bat, ihn alsobald zu dem Gene rale zu führen, dem er etwas sehr wichtiges mitzutheilen habe. Khaled konnte sich des Lä chelns nicht enthalten, als er den Romanus ankommen sahe. Die wunderlichen Gebehr den, die er bey ihrem gehabten Zweykampffe gemacht hatte, kamen ihm wieder in den Sinn, worauf er sich mit einer verächtlichen Art nach seinem Wohlseyn erkundigte.
[↔] Romanus ließ eine so empfindliche Frage, über die er nothwendig erröthen muste, unbe antwortet vorbey, und da ihm nichts so sehr am Herzen lag, als seine Verrätherey zu vollzie hen, so meldete er sogleich dem Khaled die Ur sache seines Besuchs. Er erzehlte ihm, wie sehr ihn die Einwohner von Bostra mißgehan delt hätten, und entdeckte ihm die Art, wie er sich zu rächen gedächte. Gieb mir, sagte der Verräther, zweyhundert Mann, und ei
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) nen von deinen Tapfersten zum Anfüh rer; ich stehe dir davor, noch ehe der Tag anbricht, soll der Platz in deinen Händen seyn. Er erklärte ihm hierauf mit wenigen Worten, wie er aus der Stadt gekom men sey, und zeigte ihm, daß nichts leichter sey, als durch eben diesen Weg seine Leute hin ein zu bringen.
[↔] Khaled hielt die Sache für genehm; er ließ sogleich zweyhundert auserlesene Mann sich aufmachen, und schickte sie unter Anführung des
Abdarrahman nach Bostra. Romanus diente diesem Hauffen zum Wegweiser, und nachdem er sie bis an die Oefnung gebracht, die er in seine Gartenmauer, ohne daß jemand das geringste gemerkt, gemacht hatte, so ließ er sie insgesamt hinein. Er gab ihnen hierauf griechische Kleider, damit sie sich in der Stadt ausbreiten könnten, ohne den Einwohnern Ver dacht zu machen.
[↔] Abdarrahman theilte sogleich die Helfte sei ner Trupen in vier Hauffen, jeden von 25 Mann, damit sie sich aller vier Thor von Bo stra zu gleicher Zeit bemachtigen sollten. Die übrige Helfte wurde gleichfalls in verschiedent Hauffen getheilt, die auf dem grossen Markte beysammen bleiben, und sich von da aus in die verschiedenen Theile der Stadt zerstreuen soll ten, so bald sie das Zeichen dazu gehört hätten.
(Abubeker.
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n. C. G. 632.)
[↔] Alle diese Maaßregeln giengen zum Unglü cke der Griechen nur allzuwohl von statten. So bald der Anführer der Hauffen das Zeichen gegeben hatte, so vertheilte sich die Helfte, die auf dem Markte wartete, auf alle Seiten der Stadt, und schrie einhällig: Allah - achar, das ist, Gott ist sehr groß. Auf dieses Geschrey machten die Soldaten, die nach den vier Tho ren ausgeschickt waren, die Posten nieder, und erwürgten alles in den Wachhäusern. So gleich wurden die Thore aufgemacht, die Mu selmänner, welche diesen Augenblick mit Unge dult erwarteten, drungen in die Stadt, und er mordeten alles, was ihnen in die Hände fiel. Man schonte weder Alter noch Geschlecht. Der wüthende Soldate, welcher an dem Morden sei ne Lust fand, wollte eben das Blutvergiessen fortsetzen, als eine Menge Einwohner, die theils aus den Kirchen, theils aus andern Häusern heraus kamen, mit grossem Geschrey um Quar tier baten.
[↔] Khaled, welcher zu ihrem Glücke in der Nä he war, daß er dieses Geschrey hören konnte, ließ sogleich das Niedermetzeln aufhören. Der Soldate gehorchte den Augenblick; und weil die Barmherzigkeit des Khaled, besonders gegen die Christen, ganz übel angebracht zu seyn schien, so führte dieser General, seine Aufführung zu rechtfertigen, an, daß Mahomet gewohnt gewe sen wäre, zu sagen: Wann es geschicht, daß einer getödtet wird, nachdem er um Ge
nade geschrien hat, so will ich keine(Abubeker.
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n. C. G. 632.) Schuld haben. Die Befehle des Khaled wurden gar bald bis in die entlegenste Theile der Stadt ausgebreitet, und das Morden ließ auf allen Seiten nach.
[↔] Auf diese Art fiel Bostra, eine so reiche(Romanus
wird ein Ma hometaner.) und blühende Stadt, in die Hände der Musel männer, durch die Niederträchtigkeit nehmlich und Untreue eines Verräthers, welcher bald dar auf dem
Christenthume öffentlich absagte, und die Religion des
Mahomets vor aller Welt be kannte. Er zog hierauf, unter einer Bede ckung, die ihm Khaled gab, von Bostra weg, und begab sich in das Gebiete der Muselmän ner, wohin ihn die Verwünschungen eines Volks folgten, welches er auf eine so unwürdige Art ver rathen hatte.
[↔] Khaled gab dem Abubeker auf das schleunig ste von seinem glücklichen Fortgange Nachricht, und meldete ihm zu gleicher Zeit seinen Vorsatz, sobald als möglich, vor Damascus zu rücken, und die Belagerung dieses Platzes zu unter nehmen. Er schrieb zugleich an den Obeidah,(Die Mu selmänner
machen sich
gefaßt, Da mascus zu be lagern.) und bat ihn, geschwind mit seinen Trupen zu ihm zu stossen. Denn ob man gleich dem Obeidah das Generalat, wie ich in dem vor hergehenden gesagt habe, genommen hatte, so war er doch nicht ganz und gar in Ungnade gefallen; und weil man glaubte, daß er zu klei nen Ausführungen geschickter sey, als zu dem (Abubeker.
Hegire 11.
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632.) obersten Commando, so hatte man ihn unter dessen mit einem zahlreichen Heere an die Gren zen geschickt, mit dem Befehle, sich, sobald es die Noth erfordre, zum Aufbruche fertig zu halten.
[↔] So bald er den Brief des Khaled erhalten hatte, machte er sich mit seinen Völkern auf, und zog nach Bostra. Diese Zusammenstossung machte die Abreise gewiß. Khaled ließ in die sem Platze eine starke Besatzung, und marschir te hernach vor Damascus.
[↔] (Der Käy ser schickt
Hülffe da hin.)
[↔] Der griechische Käyser hatte sich, auf erhal tene Nachricht von den Unternehmungen seiner Feinde, nach Antiochien begeben, wo er Tru pen versammeln ließ und sie der Stadt Da mascus zu Hülffe sendete. Unterdessen ließ er doch nicht mehr als fünftausend Mann aufbre chen, weil er glaubte, daß diese Anzahl hinrei chend seyn würde, einen Ort zu vertheidigen, welcher sehr wohl befestiget war, und eine un glaubliche Menge Einwohner hatte, welche Waffen führen konnten.
[↔] (Uneinigkeit
zwischen dem
Befehls ha ber und dem
Heerführer
der Hülfs völker.)
[↔] Ein Kriegsoberster, Namens Calous, erhielt von dem Heraclius das Commando über diese Trupen, welcher sogleich aufbrach und in kur zer Zeit zu Damascus eintraf. Seine An kunft war anfangs den Einwohnern sehr ange nehm, weil er Hülffsvölcker mit sich brachte; sie ward aber gar bald eine Ursache des Streits und der Verwirrung, wegen verschiedener Fo
Foderungen, die er machte. Die Briefe, wo(Abubeker.
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n. C. G. 632 .)
mit ihn der Käyser nach Damascus geschickt hatte, waren ohne Zweifel ein wenig zwey deutig, so daß dieser General sie weiter ausdeh nen konnte, als es eigentlich erlaubt war. Er verlangte, daß er einzig und allein in der Stadt befehlen müste, und daß man den bisherigen Befehlshaber fortschicken solle.
[↔] Uber dieses Verlangen wurden die Einwoh ner von Damascus sehr stutzig. Sie liebten ihren Befehlshaber, und betrachteten ihn, als einen tapfern Officier, der ihres Vertrauens würdig, und in einer Stadt, vor welcher man den Feind alle Tage erwarten müsse, weit nöthiger als je mals wäre.
[↔] Das Lob, welches sie ihrem Befehlshaber gaben, diente zu nichts, als die Eyfersucht des Calous rege zu machen. Er wurde weit hart näckigker in seinem Verlangen, und versicherte nimmermehr davon abzustehen. Und nunmehr kam die Zwietracht unter die Einwohner, und je der trat entweder diesem oder jenem bey, so wie es seine Absicht, sein Vortheil, oder sein Eigen sinn verlangte. Es schien, als wenn man recht mit Gewalt in das Verderben rennen wollte, so uneinig waren sowohl die Häupter, als die Bürger.
[↔] Während diesen Uneinigkeiten sahe man end
[↔] (Belagerung
der Stadt
Damascus.) lich den Feind anlangen, für welchem man sich schon so lange
gefürchtet hatte. Khaled erschien (Abubeker.
Hegire 11.
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632.) an der Spitze von vierzigtausend Mann. Die Einwohner wurden genöthiget ihre Uneinigkeit zu verschieben, und jezt auf ihre Vertheidigung bedacht zu seyn, damit sie den Feind nicht all zu weit lossen möchten. Sie liessen daher ei nigen Trupen einen Ausfall thun, welche ihm verhindern sollten, der Stadt näher zu kommen.
[↔] Khaled hielt es nicht für gut, auf diese Tru pen sogleich loszubrechen, und befahl bloß ihnen durch kleine Scharmützel auf den Zahn zu füh len. Er trug diese Verrichtung dem Derar auf, einem Officier, den er sehr hoch schätzte, und befahl ihm, einige Reuterey zu sich zu neh men, und mit seiner gewöhnlichen Tapferkeit den Feind auf die Probe zu stellen. Derar brach sogleich auf, und legte in der That sehr grosse Beweise seiner Tapferkeit ab, weil ihm aber der Feind an Anzahl weit überlegen war, so wurde er zurück getrieben, und zog sich wie der zur Armee zurück. Abdarrahman wollte gleichfalls die Ehre haben den Feind zu necken; er war aber nichts glücklicher als Derar; er muste der Menge weichen und sich zurücke zie hen. Unterdessen entzog man doch weder dem einen, noch dem andern, das Lob, welches ihre Tapferkeit verdiente.
[↔] Der General wollte gleichfalls einen Anfall wagen, und weil er glaubte, daß seine Würde etwas besonders erfordere, so wollte er von kei nem einzigen begleitet seyn. Er ritt ganz alleine so nahe heran, daß er von dem Feinde konnte(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) verstanden werden, und forderte einen jeden auf, welcher sich mit ihm in einen Zweykampf wa gen wollte.
Der Befehlshaber, welchen Calous hatte [↔] (Zweykampf
des Calous
und Khaled.) verdrengen wollen, machte sich diese Ausforde rung zu Nutze, ihm seinen Ehrgeitz rege zu machen. Er stellte ihm vor, weil er ganz allein in der Stadt habe befehlen wollen, so käme es ihm vor allen andern zu, sich mit dem Genera le der Muselmänner einzulassen.
[↔] Calous war dieser Meinung so recht nicht, gleichwohl mußte er Ehren halber die Ausforde rung annehmen, besonders da alle Einwohner, die sie mit angehöret hatten, ein gleiches verlangten. Er ritt also mit dem größten Widerwillen fort, und weil er vielmehr die Absicht hatte, mit dem Feinde Unterhandlung zu pflegen, als sich mit ihm zu schlagen, so vergaß er nicht, einen Doll metscher mit zu nehmen, weil er selbst nicht ara bisch konnte.
[↔] Auf dem Wege schlug Calous, der immer
furchtsamer ward, je näher er dem Muselmanne kam, dem Dollmetscher vor, ihm beyzustehen, wann ihm der Feind etwa allzustarck zusetzen sollte. Der Dollmetscher, welcher zu nichts weniger Lust hatte, als sich zu schlagen, bat den Calous, sich hierinne nicht auf ihn zu verlassen: er ver sicherte ihn, daß er ihm in seinem Gewerke al le möglichen Diensten leisten, und alles treulich (Abubeker.
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632.) übersetzen wolle, was er ihn, dem Muselmanne, zu sagen heissen würde; was aber die thätliche Hülffe anbelangte, so habe er sich nicht das ge ringste von ihm zu versprechen, als wornach er seine Sache, so wie er es für gut befinden wür de, einrichten könne.
[↔] Eine so trockne Antwort war für den furcht samen Calous ein rechter Donnerschlag; unter dessen setzte er doch seinen Weg fort, und traf auf den Khaled. Der Dollmetscher nahm hierauf das Wort, und hielt dem Muselman ne eine Rede, die er mit dieser Fabel anfing.
Ein Mann hatte eine Heerde Schaafe; diese vertraute er einem nachläßigen Schäfer, und die wilden Thiere frassen sie. Der Eigenthümer ward über diesen Ver lust zornig, jagte den Schäfer weg, und nahm einen andern, welcher wachsamer war, und den Wolf das erstemal, als er wieder kam, tödtete. Dieses, fügte der Dol metscher hinzu, könnte gar recht das Bild deiner Nation seyn. Es war ein verächt liches Volk, welches an allen Mangel hatte; und nur jezt hat es sich in diesem köstlichen Lande aufgemästet. Allein der Käyser hat einen tapfern und klugen Geneneral, mit vielem Volke, geschickt, welcher die Heerde, die ihm der Käyser anvertrauet hat, gewiß vertheidigen wird.
[↔] Dieses Volk, antwortete Khaled, wel
(Abubeker.
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n. C. G. 632.) chem man seine Armuth vorzuwerffen sich unterstehet, ist aus seinem Lande ge kommen, euch eure Reichthümer, eure Felder und eure Städte wegzunehmen. Ich habe es schon in den benachbarten Provinzen gezeigt, wie groß die Macht und Tapferkeit der Araber sey, und ich will es auch in dieser Provinz zeigen. Wann dein General der Vertheidiger des griechischen Reichs ist, so bin ich der Vertheidiger meiner Religion. Nicht also weiter viel Redens; unsre Streitig keit muß durch die Waffen ausgemacht werden.
[↔] Obgleich Calous die Worte des Khaled nicht verstand, so war doch schon der Ton seiner Re de und die Wildheit seines Betragens hinläng lich genug, ihm Schrecken einzujagen. Er be fahl also seinem Dollmetscher, dem Khaled den Vorschlag zu thun, daß sie den Zweykamf bis auf morgen verschieben wollten. Allein der Muselmann, dem es ein viel zu grosses Ver gnügen war, sich zu schlagen, als daß er es soll te verzögert sehen, wollte diesen Vorschlag durch aus nicht annehmen, da er sich ohnedem, aus der Verwirrung seines Gegners zu schliessen, einen gewissen Sieg versprechen konnte. Aus Furcht also, daß ihm der Feind nicht entfliehen möchte, machte er mit seinem Pferde eine Wen= (Abubeker.
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632.) dung, und stellte sich zwischen den Calous und die griechische Armee.
[↔] Der Dollmetscher, als er sahe, daß die Sa che ernstlich zu werden anfing, und seine Dien ste nunmehr sehr unnöthig seyn würden, ließ die Ritter ihren Streit ausmachen, und spreng te mit verhangenem Zügel wieder nach Dama scus.
[↔] (Calous
wird zum Ge
fangenen
gemacht.)
Da sich Calous also gezwungen sahe, hand gemein zu werden, so faßte er wieder ein wenig Muth, und schlug sich anfangs ziemlich tapfer. Doch gegen einen so starken Feind, als Khaled war, konnte er nicht lange aushalten, und er fing gar bald an, sich bloß ganz schwach zu ver theidigen. Khaled wollte sich hierauf nicht ein mal die Mühe nehmen, noch mehr in ihn zu setzen, sondern ritt ihm ganz nahe auf den Leib, schwung seinen Speer geschwind aus der Rech ten in die Linke, ergriff seinen Feind, und warff ihn aus dem Sattel zu Boden. Sogleich erhob die ganze arabische Armee ein lautes Freuden geschrey, welches unter die Christen ein allge meines Schrecken brachte.
[↔] Khaled kehrte nach erhaltenem Siege mit seinem Gefangenen zu den Muselmännern zu rück. Und eben machte er sich gefaßt, wieder vor die Stadt zu reiten, als ihn Calous um Ge hör auf einige Augenblicke bitten ließ. Der Ge neral gestand es ihm zu, und der niederträchtige Befehlshaber von Bostra,
Romanus, vertrat bey dieser Unterredung die Stelle eines Dolmet
(Abubeker.
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n. C. G. 632.) metschers.
[↔] Calous, welcher ohngeachtet des Verdrus ses und der Schaam, von welcher er ganz ein genommen seyn muste, dennoch seinen Haß ge gen den alten Befehlshaber in Damascus bey behielt, sagte dem Khaled, daß er mit diesem fechten müsse, und daß es mit Damascus gesche hen wäre, wann er so glücklich seyn könnte, ihn zu tödten, oder wenigstens gefangen zu neh men.
[↔] Khaled schickte hierauf schleinig dem Befehls
[↔] (Khaled
schickt dem
Befehlsha ber in Da mascus eine
Ausforde rung, wel cher sie auch
annimmt.) haber eine Ausforderung, welcher sie auch an nahm, und sich sogleich auf dem Platze einfand. Als sich der Muselmann ihm genahet hatte, fragte er ihn zuerst nach seinem Namen. Er antwortete ihm, er heisse Israil. Hier muß man merken, daß dieses bey den Arabern der Name desjenigen Engels ist, welcher Sorge für die abgeschiedenen Seelen trägt. Khaled konn te sich des Lachens nicht enthalten, als er diesen Namen hörte. Gut, sagte er ganz hastig,
desto besser für dich, der Engel Israil wird sich, in Ansehung deines Namens, deiner Seele schon annehmen, und sie in die Hölle bringen.
Israil, dem es an Stand haftigkeit nicht mangelte, ließ sich durch das Compliment des Khaled nicht irre machen; weil er sich aber einbildete, dieser habe ihm dadurch wollen zu verstehen geben, daß er dem Calous (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) schlecht mitgespielt habe, so fragte er ihn, was er mit ihm gemacht habe? Khaled antwortete, er habe ihn binden lassen. Warum, versetzte Israil, hast du ihn nicht getödtet? Weil ich, erwiederte der Muselmann, gesonnen bin, euch beyde mit einander zu tödten.
[↔] Weiter ging dieses Gespräch nicht. Die zwey Ritter giengen nunmehr einer auf den an dern los, und beyde zeigten sehr viel Geschick lichkeit und Stärke. Als Khaled mit Vergnü gen wahrnahm, daß er endlich einen würdigen Gegner gefunden habe, so nahm er alle seine Tapferkeit zusammen, den Vortheil auf seine Seite zu bringen, worinne es ihm auch, nach dem er noch eine Zeitlang gefochten hatte, ge lang. Als
Israil sahe, daß sich der Sieg für den Khaled
erklärte, so kehrte er den Rücken, und flohe davon. Der Muselmann verfolgte ihn anfangs sehr hitzig; der Grieche aber war besser beritten, und entkam. Gleichwohl aber hielt er in einer gewissen Entfernung stille, und als er sahe, daß das Pferd des Khaled ungemein matt sey, so kehrte er wieder zurücke, den Mu selmann aufs neue anzugreiffen. Dieser stieg sogleich ab, und eben als Israil auf ihn los stür zen wollte, hatte er die Geschicklichkeit, dem Pferde die Schenkel wegzuhauen, und sich auf diese Art des Reuters zu bemächtigen. Er ü berlieferte ihn sogleich seinen Leuten, mit Be fehl, ihn nebst dem Calous in Banden zu legen.
[↔] Kurz darauf kam er selbst, sie beyde zu be
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) suchen, und ließ ihnen die Wahl, ob sie den Glauben des Mahomets
annehmen, oder ster ben wollten. So uneinig aber vorher diese [↔] (Israil
und
Calous wer den getödtet.) zwey Anführer aus Eyfersucht, Herrschbegier de und Haß waren, so einig wurden sie nunmehr auf einmal, an ihren Herzen und in ihren Ge sinnungen. Ein Strahl jenes
göttlichen Lichts, welches Stärke und Muth einem jeden geben kan, wenn es will, hatte sie durchdrungen; sie opferten ihr Glück und Leben Christo großmü thig auf, und starben als Märtyrer ihres Glau bens. Khaled ließ beyden den Kopf abschla gen, und befahl ihre Häupter über die Mauern der Stadt Damascus zu werffen damit die Ein wohner das Schicksal ihr Generale er führen.
[↔] Dieses ohngefehr ist alles, was sich merk
[↔] (Betrach tung über
den arabi schen
Ge schichtschrei ber.) würdiges bey der Belagerung von Damascus zutrug; oder vielmehr Alvakedi, ein arabischer Geschichtschreiber, aus welchem ich diese Erzeh lung genommen habe, hat uns von dieser wich tigen Begebenheit nichts mehrers zu melden für gut befunden. Es wird ohne Zweifel et was ausserordentliches zu seyn scheinen, daß ei ne zahlreiche Armee Muselmänner, welche al les mit Feuer und Schwerdt verwüsten woll ten, vor einem festen Platz, in der Absicht, ihn auf das heftigste zu beängstigen, gerückt sey, und gleichwohl alles auf blosse Zweykämpfe hinaus lauffe, welche nicht mehr als zwey oder drey (Abubeker.
Hegire 11.
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632.) Mann hinraften, und also zur Hauptsache gar nichts beytrugen. Es ist daher zu vermuthen, daß der romanenhafte Geschmak, welcher beynahe in allen arabischen Werken herrscht, den Alvakedi verführt habe, sich bey Beschreibung der Zwey kämpfe, und anderer Waffenübungen, die ihm etwas
wunderbares zu seyn schienen, aufzuhal ten, anstatt uns, als ein getreuer Geschichtschrei ber, von allen Begebenheiten umständliche Nach richt zu geben, die sich bey so critischen Umstän den nothwendig ereignen mußten.
[↔] Es scheint also, diesem Schriftsteller zu Fol ge, daß nach dem Tode des Calous und Israil, alles, was bey der Belagerung von Damascus vorging, nicht erzehlt zu werden verdienet. Er sagt zwar, daß verschiedne Treffen vorgefallen wären, in welchen allen die Christen den kür zern gezogen hätten; mehr aber sagt er auch nicht davon. Da ich derowegen bloß ihn zum Füh rer habe, so sehe ich mich genöthiget, dasjenige nur summarisch zu melden, was sonst weit um ständlicher hätte sollen erzehlt werden.
[↔] Die Griechen waren also in allen Treffen, die sie den Muselmännern lieferten, unglücklich. Da ihre Mannschaft sehr merklich dadurch ver ringert wurde, so wagten sie weiter keine Aus fälle. Sie schlossen sich in ihre Stadt ein, und dachten auf weiter nichts, als sie auf das beste zu vertheidigen, bis ihnen der Käyser
Hülffe schicken würde.
[↔] Der Käyser, welcher wohl wußte, wie viel(Abubeker.
Hegire
11.
n. C. G. 632.) daran gelegen sey, eine so wichtige Stadt, als Damascus, zu enrsetzen, ließ sogleich in verschied nen Provinzen seiner Staaten Trupen werben, [↔] (Anstalten
des Käysers,
Damasc. zu
entsetzen.) und bracht endlich beynahe ein Heer von hun derttausend Mann auf die Beine. Zum Un glück aber, war diese entsetzliche Menge zu nichts nütze, als zum Ansehen; die Soldaten, woraus sie bestand, waren ohne Zucht und Erfahrung; es waren in Eil zusammengeraffte Völker, wo von die meisten gezwungen marschirten, und an dre, auf die Nachrichten, die ihnen von den Arabern bekannt wurden, mit Zittern ihnen ent gegen zogen. Eine solche Armee konnte nicht viel Glück versprechen, wie denn auch alles gar bald in einen sehr mißlichen Zustand gerieth.
[↔] Indem der griechische Käyser alle diese Maaßregeln nahm, hielt Khaled Damascus im mer in
Furcht. Er hatte es einigemal verge bens versucht, mit dem oder jenen Christen eine Lanze zu brechen, welcher seine Ausforderung annehmen wollte; allein es wollte sich immer niemand stellen. Der Muselmann, welcher von Natur feurig und unruhig war, konnte es kaum aushalten, länger in dieser Unthätigkeit zu schmachten; unterdessen entschloß er sich doch die Belagerung bis auf das äusserste fortzusetzen. Nachdem er von allen Seiten die Stadt um schlossen hatte, nahm er seinen Stand auf der Morgenseite, und stellte den Obeidah auf die Westliche.
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.)
[↔] Während der Zeit, als Khaled in einer Ru he schmachtete, welche seinem Charakter so we nig gemäß war, erhielt er die Nachricht, daß [↔] (Die arabi schen Gene tale berath schlagē, ob sie
die Besa tzung aufhe ben sollen.) Heraclius Anstalt mache, der Stadt Hülffe zu senden, und bald darauf erfuhr er, daß die grie chische Armee schon im Anzuge sey. Er ver sammlete sogleich seinen Kriegsrath, und berath schlagte, was nunmehr zu thun sey. Seine Meinung war, die Ankunft der
Griechen nicht zu erwarten, sondern ihnen sogleich entgegen zu ziehen, in der gewissen Hoffnung, daß sie diese Hülffe zurück schlagen würden, weil sich das ganze Heer, wegen Bequemlichkeit des Mar sches, getheilet hätte, und es also nicht schwer fallen könne, diese einzeln Theile zu schlagen, da ihnen sonst eine so zahlreiche Armee, wenn sie nicht stückweise aufgerieben würde, viel zu schaffen machen möchte.
[↔] Obeidah war der gegenseitigen Meinung. Er stellte vor, wie wichtig es sey, sich nicht von Damascus zu entfernen, weil die Stadt durch den Mangel der Lebensmittel auf das äusserste gebracht wäre, und sich in wenig Tagen gewiß ergeben müßte; wann man hingegen die Be satzung aufhübe, so würden die Einwohner al les, was ihnen nöthig wäre, hinein bringen, und das, was man bisher gethan habe, würde umsonst gethan seyn. Unterdessen gab er es zu, daß es ein grosser Vortheil seyn würde, wenn man die Trupen schlagen könnte, welche der
Käyser nach Syrien schickte; allein er fügte hin
zu, daß, wenn man auch an einem völligen Sie
(Abubeker.
Hegire 11.
n. G. C.
632.) ge ganz und gar nicht zu zweifeln hätte, woran doch allerdings noch zu zweifeln wäre, man dennoch wieder vor Damascus kommen müste, welches, wann es Zeit gehabt hätte sich zu verpro viantiren, im Stande seyn würde, einen sehr langen Widerstand zu thun. Endlich, sagte er, solle man bedenken, daß die Hülffe noch nicht angekommen sey, und daß es also besser wäre, wenn man die Belagerung zu Stande zu brin gen suchte; hätte man sich einmal des Orts be mächtiget, so würde es leichte seyn, sich darinne zu halten, und er würde sogar den Muselmän nern zu einer Brustwehr dienen.
[↔] Diese Meinung schien so vernünftig zu seyn, daß sie gar bald in dem Rathe einmüthig angenom men, und von dem Khaled endlich selbst gebilliget wurde. Die Damascener ihres Theils waren beständig in der größten Angst, einen so furchte baren Feind vor ihren Mauern zu sehen. Die Hülffe übrigens, die ihnen Heraclius zuschickte, marschirte sehr langsam, und es stand zu befürch ten, daß die Lebensmittel, welche schon sehr ab genommen hatten, mittlerweile ganz und gar fehlen würden, da sie denn entweder vor Hun ger und Elend umkommen, oder sich dem Joche der Muselmänner unterwerffen müßten.
[↔] Der schreckliche Gedanke von einem so trau
[↔] (Die Dama scener thun
Vorschläge,
welche ver worffen wer den.) rigen Ausgange, machte, daß sie auf verschied ne Mittel bedacht waren, sich aus den betrüb= (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) ten Umständen, worinne sie sich befanden, zu reissen. Sie fielen unter andern darauf, den Khaled zu bestechen, damit er die Belage rung aufheben möchte. Sie liessen also mit ihm reden, und boten ihm beträchtliche Sum men und sehr reiche Geschenke an, wann er sich von ihren Mauern entfernen wollte. Khaled aber war gar kein Mann dergleichen Vorschläge anzunehmen, und antwortete ganz trocken, daß hier nicht mehr als zwey Wege wären, entwe der die Religion des Mahomets anzunehmen, oder sich zinßbar zu machen; wann ihnen die se Bedingungen nicht anstünden, so könnte ihr Streit nicht anders als durch die Waffen aus gemacht werden.
[↔] Die Damascener wurden über die Stand haftigkeit des Khaled ganz bestürzt, und beschlos sen, weit mehr als jemals auf ihrer Hut zu seyn, und einen Entsatz zu erwarten, welcher von Tag zu Tage länger ausblieb. Nachdem sie einige Wochen in beständiger Unruhe so zugebracht hatten, so bekamen sie endlich Nachricht, daß die so lange erwartete Hülfe im Anmarsche sey. Diese Neuigkeit setzte die ganze Stadt in Freu den, so daß das laute Frohlocken der Einwoh ner bis in das Lager der Araber erscholl, welche muthmaßten, daß nothwendig etwas ganz aus serordentliches bey ihnen müßte vorgefallen seyn.
[↔] Man erfuhr es gar bald, woher dieses Jauchzen gekommen sey. Die Spione, welche(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.)
Khaled ausgesendet hatte, kamen, und verkün digten ihm, daß die griechische Armee im Anzuge sey, und im kurzen bey Damascus eintreffen würde. Man hielt hierauf eine neue Berath schlagung, in welcher Khaled seine erste Mei nung wieder vortrug, und durchaus diesen Tru pen entgegen gehen wollte, um sie zu zerstreuen, ehe sie noch Damascus zu Gesichte bekämen. Obeidah blieb gleichfalls bey der Meinung, die er in der ersten Berathschlagung vorgetragen hatte, und drang auf die Fortsetzung der Bela gerung.
[↔] Nachdem man diese verschiednen Meinun gen in dem Rathe überlegt hatte, so fand man, daß beyde von so starken Gründen unterstützt waren, daß man sowohl der einen als der an dern zu folgen beschloß. Man hielt also Da mascus noch immer von der Hauptarmee um setzt, und nahm nur einige auserlesene Mann schaft davon, welche die ankommenden Hülfs völker auf ihrem Marsche beunruhigen sollte.
[↔] Khaled stellte einen tapfern Mann, Namens [↔] (Einige ara bische Mann schaft wird
den Griechen
entgegen ge schickt.)
Derar, an die Spitze dieser Mannschaft. Die ser Anführer war wegen seines Muths und sei ner Unerschrockenheit schon so bekandt, daß es nöthiger war seine Tapferkeit im Zaume zu hal ten, als sie anzuspornen. Khaled befahl ihm auch daher bey seinem Auf bruche, nicht allzu verwegen zu seyn, sondern sich vielmehr ohne (Abubeker
Hegire 11.
n. C. G.
632.) Schwierigkeit in die Umstände zu schicken, und zu der Hauptarmee zurück zu kommen, wenn es allzugefährlich seyn sollte, etwas zu unter nehmen.
[↔] Derar brach sogleich mit seiner Mannschaft auf, und brannte recht für Verlangen, sich ge gen die
Christen hervor zu thun. Es währte nicht lange, so entdekte er sie. Bey dem An blicke einer so entsetzlichen Menge wurden seine Trupen ein wenig stutzig; doch Derar machte ihnen bald, durch die Art, mit welcher er von dem Feinde sprach, wieder Muth. Er erin nerte sie an die Siege, welche die Muselmänner davon getragen hätten, ob sie gleich, der An zahl nach, allezeit schwächer gewesen wären; und wahrhaftig, setzte er hinzu, eine Hand voll tapfrer Leute ist vermögend eine grosse Armee in Verwirrung zu bringen.
[↔] (Tapferkeit
des Derar.)
[↔] Hierauf gab dieser unerschrockene Anführer selbst ein Beyspiel der allerentschlossensten Tap ferkeit, indem er auf den Feind loß sprengte, und sich mit aller Gewalt mit dem griechischen Feldherrn schlagen wollte. Seine Leute unter stützten ihn, und das Treffen nahm seinen An fang. Mitten unter diesen Bewegungen war Derar bis zu dem Fähndrich hindurch gedrun gen, welchen er angriff, und mit seiner Hand niedermachte: er rief zugleich seinen Leuten zu, sich der Fahne nur zu bemächtigen, er wolle sie schon gegen die Christen vertheidigen. Er schlug sich auch in der That mit einer so un
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) glaublichen Wuth herum, daß er alle zurück trieb, die auf seine Soldaten fallen wollten, und also die Fahne wirklich erobert wurde.
[↔] Während der Zeit, als man so an einander [↔] (Die griechi sche Armee
erhält eine
Verstärkung.) gekommen war, hatten die Griechen eine neue Verstärkung erhalten.
Werdan, so hieß der griechische General, hatte einen Sohn, welcher Befehlshaber von Hemes, einer Stadt in Sy rien, zwischen Aleppo und Damascus gelegen, war. Er stieß mit einem Heere von zehn tau send Mann zu seinem Vater, und langte eben an, als sich Derar mit solcher Heftigkeit her um schlug. Dieser junge Krieger wurde von der wunderbaren Tapferkeit des Muselmanns gerührt, und suchte die Griechen von einem so fürchterlichen Feinde zu befreyen: er warf also mit einem Wurffspiesse nach ihm, allein er ver fehlte ihn, das ist, an statt ihn zu tödten, wie er es hoffte verwundete er ihn bloß an dem linken Arme. Derar wandte sich in voller Wuth, und versetzte seinem jungen Gegner mit der Lanze einen so heftigen Stoß, daß er ihn auf der Stelle tödtete, und das Eisen von der Lanze in den Beinen stecken blieb.
[↔] Der Tod dieses jungen Kriegers erhitzte die(Derar wird
zum Gefan genen ge macht.) Griechen zur Rache; sie umringten den Derar auf allen Seiten, sich seiner zu bemächtigen. Der Muselmann that hierauf rechte Wunder der Tapferkeit, um sich aus dem Gewirre zu (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) ziehen; doch endlich muste er der Anzahl nach geben, und er ward zum Gefangenen gemacht.
[↔] (Rafi macht
den Arabern
wieder Muth.)
[↔] Da die Araber ihren Anführer in der Ge walt der Christen sahen, so wandten sie alle ih re Kräfte, aber vergeblich, an, ihn zu retten. Die Christen hielten ihren Anfall mit aller mög lichen Tapferkeit aus, und machten, daß die Mu selmänner den Muth verlohren. Es waren so gar einige darunter, welche entschlossen zu seyn schienen, sich aus dem Treffen fortzumachen, als Rafi - ebn - Omeirah, welcher es merkte, sie wieder an den Feind führte, indem er sie an die Grundsätze der
Religion ihres Propheten Ma homets errinnerte. Wißt ihr nicht, sagte er,
daß diejenigen, welche ihrem Feinde den Rücken kehren, Gott und den Propheten beleidigen; daß das Paradies nur denje nigen offen steht, welche bis an den Tod, oder bis zum Siege kämpfen? Was liegt endlich daran, ob Derar getödtet, oder zum Gefangnen gemacht wird? Auf! laßt uns seinen Tod entweder rächen, oder ihn befreyen, folgt mir, ich will euer Vor gänger seyn. Sogleich stürzte Rafi auf die Griechen, und seine Leute folgten ihm mit un beschreiblicher Hitze.
[↔] Da Khaled gleich bey diesen Umständen da zu gekommen war, so war seine Gegenwart dem wieder wachsenden Muthe der Muselmän ner ein neuer Sporn. Er hatte von der Ge
fangennehmung des Derar Nachricht bekom
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) men, und hatte sich sogleich aufgemacht, ihm zu Hülffe zu eilen. Dieser General fiel die Christen mit einer Wuth an, worüber sie er schracken. Er hieb sich zu verschiednen malen durch ihre Geschwader, und drang allezeit da hin, wo er die meisten Fahnen und Standarten sah, in Hoffnung, daß er daselbst den Derar antreffen würde. Allein vergebens; Derar war schon weit fortgebracht.
[↔] Nachdem Khaled also verschiedne Anfälle ge wagt hatte, ohne das geringste zu entdecken, so erfuhr er endlich das Schicksal des Derar von einigen christlichen Ueberläuffern, welche ihm berichteten, der griechische General habe ihn, unter einer Bedeckung von hundert Reutern, nach Hemes geschickt, und seine Absicht sey, ihm dem Käyser als ein Geschencke zu senden, so bald der Feldzug zu Ende wäre.
[↔] Khaled war froh, daß er nunmehr gewisse Nachricht von diesem Gefangnen hatte, und befahl, daß
Rafi sogleich hundert auserlesene Mann zu Pferde mit sich nehmen und auf das geschwindeste sich gegen Hemes zu begeben sol le, um den Derar, es möge auch kosten, was es wolle, wieder frey zu machen.
[↔] Rafi, welcher nichts mehr wünschte, als al
[↔] (Rafi befrey et den
Derar.) les zu wagen, um den Derar aus den Händen der Griechen zu reissen, kam dem Befehle des Khaled auf das genaueste nach. Er brach so= (Abubeker.
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632.) gleich auf, und da er seinen Weg auf daß schlei nigste verfolgte, so hohlte er bey Zeiten die Mann schaft ein, welche den Derar fortführte.
[↔] Diese Trupen, welche nichts weniger glaub ten, als daß sie auf ihrem Marsche den Feind antreffen würden, wurden in nicht geringes Schrecken gesetzt, als sie den stürmischen Rafi mit seinem ganzen Gefolge auf sie einbrechen sahen. Die Griechen thaten einen nur sehr schwachen Widerstand; die meisten sprengten mit verhangenem Zügel davon, und diejenigen, welche Stand halten wollten, wurden in Stü cken gehauen.
Derar sahe sich also glücklich wieder befreyet, und kam auf das eiligste mit dem Rafi zurück, dem Khaled von seiner glück lichen Erlösung Nachricht zu geben.
[↔] Sie kamen gleich zu rechte, diesem Genera le zu den Vortheilen Glück zu wünschen, die er während der kurzen Zeit, da man den Derar frey machte, davon getragen hatte. Khaled war nicht müde geworden, die Griechen unter dessen zu beunruhigen, und hatte seine Sachen mit solcher Geschicklichkeit gemacht, daß, nach dem er die verschiedenen Hauffen der Christen, einen nach dem andern, geschlagen, die ganze Armee nicht länger im Stande war, sich zu vertheidigen. Auch diejenigen, welche nicht ge schlagen waren, und sich dem Feinde noch hät ten zeigen können, liessen sich durch die über triebene Erzehlung von dem immer neuen Mu
the der Muselmänner furchtsam machen. Sie(Abubeker.
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n. C. G. 632.) glaubten, er müsse nothwendig die Frucht neuer Trupen, wie sie immer nach einander anrück ten, seyn; und wahrscheinlicher weise habe sich die ganze Macht der Muselmänner vereinet, sie zu bestreiten. Dieser schreckliche Gedanke machte die Flucht unter den Griechen allgemein. Auf diese Art wurde, zur Schande des christli chen Namens, eine Hülffe von hundert tausend Mann durch die Tapferkeit eines unerschrocke nen Anführers aufgerieben, welcher dadurch, daß er seinen Trupen den schwärmerischen Muth, von welchem er selbst belebet wurde, beyzubringen wuste, fast immer, auch in den verwegensten Unternehmungen, glücklich war.
[↔] Damit endlich die Niederlage dieses beträcht lichen Heers recht vollständig seyn möge, so schickte Khaled Trupen, zu Verfolgung der Flüchtigen, aus. Diese unglückliche Christen, welche in der grösten Unordnung flohen, wur den nunmehr grausam ermordet, ohne daß sie sich vertheidigen konnten, ja es nicht einmal zu thun wagten. Diejenigen, welche das Gerä the, den Schatz und andere Nothwendigkeiten begleiteten, überliessen alles dem Sieger, und so gar ihre Waffen, damit sie desto geschwinder fliehen könnten. Endlich hörten die des Nie dermetzelns müden und auf die Beute begieri gen Muselmänner auf, die Griechen zu verfol gen, und legten sich einzig auf das plündern. Sie machten bey dieser Gelegenheit unermäß= (Abubeker.
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632.) liche Beute an Silber, an Waffen, an Pfer den, und kehrten triumphirend zur Belagerung der Stadt Damascus zurück.
[↔] Die Bestürzung der unglücklichen Dama scener über die Nachricht einer so schrecklichen Niederlage, ist leichter zu empfinden, als zu be schreiben. Unterdessen thaten die Befehlsha ber, der allgemeinen Niedergeschlagenheit ohn geachtet, alles mögliche, ihnen wieder Muth zu machen, um sie zur Vertheidigung eines Platzes anzufrischen, welcher sich nunmehr auf nichts als ihre Unachtsamkeit und Thätigkeit verlassen konnte. Sie hofften in der That zwar neue Hülffe von dem Käyser; unterdessen aber mu sten sie doch beständig auf ihrer Hut seyn, um alle Ueberraschung zu vermeiden.
[↔] (Der Käy ser schickt ei ne neue Ar mee gegen
die Araber.)
[↔] Heraclius, welcher durch die bedrängten Umstände der Stadt, und durch die Niederlage seiner ausgeschickten Hülfsvölker gleich stark
ge rührt war, wandte nochmals alle Kräfte an, diesen Platz zu retten. Er ließ neue Werbun gen anstellen, und brachte mit dem Reste der geschlagenen Armee ein Heer von siebenzig tau send Mann auf die Beine, welches er seinem Generale, dem Werdan, der nach Ainadin in Syrien geflohen war, zuschickte. Er befahl ihm nichts zu versäumen, um Damascus zu ent setzen, und so gar eine Schlacht zu liefern, wenn es nicht anders geschehen könnte.
[↔] Als Khaled von diesen Anstalten Nachricht erhielt, glaubte er, daß er nun noch mehr Sorg
(Abubeker.
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n. C. G. 632.) falt anzuwenden habe, als vordem. Diese neue Hülffe war in der That zwar so stark nicht, als die vorige; sie konnte aber gleichwohl desto fürchterlicher seyn, es sey nun, daß sie aus tapfferern Leuten bestunde, oder daß die Gene rals durch die Fehler, welche ihre letzte Nieder lage verursacht hatten, klüger geworden waren, und also bessere Maaßregeln ergriffen, welche der ganzen Sache ein anderes Ansehen schaff ten.
[↔] Obeidah, welchen Khaled bey dieser Gele
[↔] (Die Ara ber versamm=
len alle ihre
Völker.) genheit zu Rathe zog, kam mit den Absichten des Generals überein, und war der Meynung, man solle an die vornehmsten Anführer, welche in den verschiedenen Gegenden zerstreuet wa ren, schreiben, daß sie so gleich mit den Trupen, die sie unter ihrer Aussicht hätten, auf brechen und zu der Hauptarmee stossen sollten.
[↔] Diesem Entschlusse zu Folge schrieb Khaled ein Umlaufschreiben, welches folgendergestalt abgefaßt war:
Eure Brüder, die Musel männer, stehen in grosser Gefahr, von einer neuen griechischen Armee angefal len zu werden. Kommt ihnen daher ei lig zu Hülffe, und findet euch mit euren Trupen bey Ainadin ein, wo ihr uns an treffen werdet.
[↔] Man schickte sogleich Läuffer ab, welche auf das schleunigste den Generalen, die in den ver= (Abubeker.
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n. C. G.
632.) schiedenen Gegenden des arabischen Gebietes vertheilet waren, diese Befehle überbringen musten. Die vornehmsten davon waren Ye zid, Sergiabil, Meag, Noman und
Amru. Der erste commandirte in Balka, einem Gebie te an den Syrischen Grenzen Sergiabil in Pa lestina; Mead in Harran; Noman zu Tadmar, oder Palmyra; und
Amru in Irack. So bald sie den Befehl erhielten, brach ein jeder zur Vertheidigung der gemeinen Sache auf.
[↔] (Die Ara ber heben die
Belagerung
von Dama scus auf.)
[↔] Nachdem Khaled auch seiner Seits alle An stallten zum Aufbruche gemacht hatte, so hoben die Muselmänner endlich die Belagerung der Stadt Damascus auf, und zogen mit Waffen und Geräth den Griechen entgegen.
[↔] Die aufgehabne Belagerung setzte die Da mascener in ungemeine Freude: ihr durch so manchen Verlust niedergeschlagener Muth schien sich wieder zu erheben, und sie wollten so gar Beweise davon ablegen, indem sie den Muselmännern nachsetzten. Dieses kühne Un ternehmen war eine Folge der Vorstellungen zweyer Brüder, die sich bey den Griechen, durch ihre Tapferkeit und Einsicht in das Kriegswe sen, in grosse Achtung gesetzt hatten. So bald sie sahen, daß die Araber Bewegungen zum Ab marsche machten, so schlugen sie vor, sie woll ten es selbst auf sich nehmen, den Feind zu be unruhigen, und verlangten deßwegen sechs tau send Mann zu Pferde, und zehn tausend Mann zu Fuß. Paulus, so hieß der eine Bruder,(Abubeker.
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n. C. G. 632.) stellte sich an die Spitze der Reuterey, und der andre Bruder,
Petrus, führte das Fußvolck an.
[↔] Sobald sie also den Feind auf dem Mar
[↔] (Die Dama scener verfol gen sie.) sche sahen, so thaten sie einen Ausfall, und fie len mit grosser Heftigkeit auf das Hintertreffen der Muselmänner, bey welchem sich das Ge räthe, ihre Reichthümer, ihre Weiber, ja so gar ihre Kinder befanden. Khaled hatte anfangs den Obeidah das Vordertreffen wollen anführen lassen, um diesen Theil der Armee, welchen das jenige, was er enthielt, so kostbar machte, selbst zu commandiren; da ihm aber Obeidah vorstellte, daß es anständiger wäre, wann er, als Gene ral, an der Spitze bliebe, und daß er gerne das Hintertreffen führen wolle, so wollte ihm Kha led hierinne nicht zuwider seyn.
[↔] Doch diese Höflichkeit reuete dem Generale [↔] (Sie schla gen das Hin tertreffen der
Araber.) gar bald. Paulus
fiel, an der Spitze seiner Reuterey, auf den Obeidah, und fing ein sehr ernstliches Treffen an. Petrus unterdessen warf sich mit seinem Fußvolke auf das Geräthe, und führte die Weiber, die Kinder, den Schatz, und alle die Beute, welche die Araber von den Griechen gemacht hatten, davon.
[↔] Da Petrus so grosse Reichthümer in seiner Gewalt sahe, so dachte er darauf, sie in Sicherheit zu bringen; er nahm also eine gute Bedeckung zu sich, mit welcher er den Weg nach Dama scus verfolgte, seinen Raub dahin zu bringen, (Abubeker.
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632.) und ließ seinen Bruder mit den übrigen Tru pen das Gefechte wider die Muselmänner fort setzen. Dieser blieb beständig in seiner ersten Hitze, und that solche Wunder der Tapferkeit, daß es ihm endlich gelang, das Hintertreffen der Muselmänner gänzlich zu schlagen. Pau lus
ließ sich mit diesem Vortheile begnügen, und zog sich in guter Ordnung zurück, um wieder zu seinem Bruder zu stossen.
[↔] Khaled erhielt von diesem Verluste nicht eher Nachricht, als bis es zu späte war, ihn zu verhindern. Er wußte es sich nunmehr sehr wenig Danck, daß er auf den Obeidah so viel Vertrauen gesetzt hatte; unterdessen besänftigte er sich doch, und ob er gleich ungemein zornig war, so sagte er gleichwohl nichts mehr, als:
Der Wille Gottes geschehe; ich habe das Hintertreffen selbst anführen wollen, al lein
Obeidah hat nicht gewollt; nun seht ihr, was daraus erfolgt ist.
[↔] Damit er aber unterdessen den Christen nicht die
Ehre lassen möge, die Muselmänner geschlagen zu haben, so schickte er so gleich eini ge Geschwader nach, welchen er befahl, ihr mög lichstes zu thun, den Feind noch vor Damascus einzuhohlen. Kais=ebn=Obeirah, Abdarrhaman, Derar und andre auserlesene Officiere wurden an die Spitzen dieser Geschwader gestellt, und Khaled selbst begab sich kurz darauf, mit einem guten Theile seiner Armee, auf den Marsch.
[↔] Dem Derar war besonders sehr viel daran(Abubeker.
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n. C. G. 632.) gelegen, die Christen auf das schleunigste einzu hohlen. Seine Schwester war mit unter den Gefangenen, die man weggeführet hatte, und er liebte sie allzusehr, als daß er ihre Befreyung hätte verschieben sollen. Er langte auch in der That zuerst an, und überfiel den Paulus in seinem Rückzuge. Der Muselmann kämpfte mit ei ner solchen Wuth, daß er gar bald alle vor sich weggeschlagen hatte, die sich um den christli chen General befanden. Er fiel ihn eben selbst an, und wollte ihn mit seiner Lanze durchrennen, als Paulus ihm zuschrie: Haltet! haltet! wann ihr mich verschonet, so rettet ihr euern Weibern und Kindern, die wir nach Damascus führen, das Leben.
[↔] Derar hielt in der That inne, damit er den Christen keine Gelegenheit geben wollte, an den Gefangenen, die sie in Händen hatten, gleiches mit gleichen zu vergelten. Er gab den Gene ral einigen von seinen Soldaten zur Bewah rung, und sprengte sogleich weiter, seine Schwe ster und die andern Gefangnen frey zu machen.
[↔] Der Muselmann würde vergebens so geei
[↔] (Unvorsich tigket des Ge neral
Peters.) let haben, wenn Petrus auf seinem Marsche eben die Klugheit und Vorsichtigkeit gehabt hät te, die er in der That erwies, als er sich zurück zog. Der Streit, welchen Paulus fortgesetzt hatte, hätte ihm Zeit genug lassen können, nach Damascus zu gelangen. Allein eine unglück= (Abubeker.
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n. C. G.
632.) liche Neugierigkeit machte, daß er sich in eini ger Entfernung von der Stadt, auf einer sehr anmuthigen Ebene, verweilte.
[↔] Es ist wahr, seine Trupen, die sich unge mein ermüdet hatten, war eine kurtze Rast sehr nöthig; doch anstatt, daß er nur von Zeit zu Zeit, um sie zu Athem kommen zu lassen, hätte stille halten sollen, so verweilte er sich an diesem Orte allzulange, und schlug so gar ein Lager auf. Während der Zeit, da man die Zelter aufrichte te, wollte er die reiche Beute, die er den Ara bern abgenommen hatte, etwas genauer besehen: Die vornehmste Absicht aber war wohl, seiner Neugierigkeit, in Ansehung der Muselmännin, die er zu Gefangenen gemacht, ein Gnüge zu thun. Man hatte ihm so viel Ungemeines von der Schönheit der meisten unter ihnen gesagt, daß es ihm unmöglich war, bis nach Damascus zu reisen, ohne sie vorher gesehen zu haben.
[↔] Er mußte aber diese unglückliche Neugierde, die so sehr zur unrechten Zeit angebracht, und ei nem christlichen Generale, welcher für die Reli gion stritt, so unanständig war, sehr theuer be zahlen. Unter diesen Frauenspersonen fand sich eine, die von einer recht bezaubernden Schön heit war: Der General ward von ihr einge nommen, und in der Heftigkeit seiner Leiden schaft erklärte er sich, daß er den andern Raub herzlich gerne wollte fahren lassen, wann er nur diese Person besitzen könnte. Die übrigen Wei
ber wurden verschiedenen Officiers zu Theile,(Abubeker.
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n. C. G. 632.) welche zugleich den andern Raub unter sich theilten.
[↔] Als diese Eintheilungen gemacht waren, so begaben sich die Officiers unter ihre Zelte, um einige Erfrischung zu sich zu nehmen. Dieses alles ging so ruhig zu, als ob man nicht das geringste von einem Feinde zu befürchten habe, welcher doch gar nicht weit entfernt war.
[↔] Während dieser Zeit berathschlagten sich die [↔] (Tapfre Ent
schlüssung
der gefang nen musel männischen
Weiber.) gefangnen Weiber, die man alle auf einen Hauf fen gebracht hatte, über die wunderliche Thei lung, die man in ihrer Gegenwart vorgenom men hatte. Eine von den vornehmsten, Na mens Caulah fing also an zu reden: Habt ihr wohl die unverschämte Verwegen heit der Sieger wahrgenommen, die uns als eine Beute, welche ihnen nicht entwischen könnte, in Augenschein zu nehmen kamen? Was sagt ihr zu dem schrecklichen Schicksale, welches uns dro het? Sollten wir uns wohl den Ungläu bigen so überliefern lassen, um ihre Lü ste zu stillen? Warum sollten wir nicht lieber sterben, als Sclavinnen von die sen Abgöttern werden wollen? Wann ihr meinem Exempel folgen wollt, so bin ich gewiß versichert, daß wir uns aus ih ren Händen reissen, oder wenigstens un ser Leben auf eine rühmliche Art be schliessen werden.
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.)
[↔] Die Gleichgültigkeit, mit welcher wir dieses unser Unglück zu ertragen scheinen, antwortete eine von den gefangnen Weibern, Namens Offeirah, ist bloß die Folge der Nothwendigkeit, und nicht des mangeln den Muths. Aber, ach! was können wir thun? Wir sind ganz und gar ohne Vertheidigung, und haben nicht einmal die nöthigen Waffen in unserer Gewalt.
[↔] Wie, antwortete die tapfre Caulah heftig?
Was hindert uns, in Ermanglung an drer Waffen, uns der Zeltstangen zu be dienen, und die Ungläubigen damit zu rück zu treiben? Auf, laßt uns eiligst diese einzigen Waffen, die wir vorietzo haben können, ergreiffen: Laßt uns feste an einander schliessen, und in einen Kreys stellen, damit wir auf allen Seiten ge faßt stehen. Vielleicht, daß uns der Himmel beysteht, unsre Feinde schlagen zu können; und wenn dieser Wunsch nicht erhört wird, so wollen wir wenigstens mit Ehren sterben.
[↔] Dieser tapfere Entschluß entstand nicht aus einem ohnmächtigen Zorne. Die meisten von diesen
Weibern waren gut soldatisch, besonders die aus dem Stamme Himiar, oder der Home riten. Man lehrte sie sehr früh reiten, den Bogen und die Lanze führen, und mit dem Wurfspiesse umgehen. Sie waren in ihrer Wuth beynahe eben so fürchterlich, als die al
(Abubeker.
Hegire
11.
n. C. G. 632.) leraufgebrachtesten Soldaten; und man darf sich also nicht wundern, daß diese, bey so criti schen Umständen, einen so verzweifelten End schluß faßten.
[↔] Der Vorsatz der Caulah ward von allen ge fangenen Weibern einmüthig gebilliget. Sie rissen auf das geschwindeste die Zeltstangen aus, und machten sich fertig, jeden, welcher sich sie anzugreiffen unterstehen würde, auf das ge waltsamste zurück zu treiben.
[↔] Ein griechischer Soldate war der erste, welcher ihre Wuth empfand. Weil er sich nicht einbilden konnte, daß sich die Weiber im Ernste zu einer thätlichen Gegenwehr gefaßt machten, so wollte er über diese besondre Kriegs zurüstnng seinen Scherz treiben; zu seinem Un glücke aber hatte er sich allzunahe hinzu gemacht, daß ihm Caulah mit ihrer Stange den Kopf einschlug.
[↔] Einige Kameraden von diesem erstern woll ten seinen Tod rächen, und kamen mit blossem Degen auf die Weiber los. Diese tapfern Amazoninnen wehrten sich mit so ausserordent licher Hitze, daß sie den Soldaten die Degen zer schlugen und verschiedne auf der Stelle töd teten.
[↔] Auf dieses Lermen kamen Petrus und die vornehmsten Officirer aus den Zeltern, und stiegen schleinig zu Pferde, weil sie nicht wußten, (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) was es eigentlich sey. Sie wurden nicht we nig stutzig, als sie diese Weiber in Schlachtord nung fanden, welche jeden, der sich ihnen nahen würde, zu erschlagen drohten. Petrus bemüh te sich umsonst, sie zu besänftigen, indem er der Caulah zuredete, einen so wunderlichen Ent schluß fahren zu lassen: Dieses Weib begegne te ihm auf das verächtlichste, und versicherte, ihm selbst eines zu versetzen, sobald sie ihn errei chen könnte.
[↔] Der General ward ein wenig unentschlüßig, glaubte aber doch, daß er mit diesen Weibern gar bald zu Stande kommen wolle, wann er sie umringen liesse. Er befahl daher, daß einige Reuterey einen blinden Anfall auf sie thun soll te, um sie furchtsam zu machen; allein gleich die ersten, welche anrückten, wurden das Opfer der Wuth dieser Weiber; sie versetzten den Pfer den heftige Schläge unter die Beine, so daß die meisten entweder stürzten, oder sich bäumten, und ihre Reuter herab warffen, welche unter den Händen dieser Kriegerinnen elendiglich um kamen.
[↔] Da Petrus sahe, daß sich diese Weiber mit so vielem Nachdrucke verheidigten, so überließ er sich einem recht blinden Zorne; er befahl sei nen Leuten, daß sie absteigen und mit blossem Se bel auf sie einbrechen sollten. Er wollte ihnen selbst mit seinem Exempel vorgehen, stieg ab, und rückte mit dem Degen in der Hand an, die ersten Hiebe anzubringen. Sie hielten diesen(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) Anfall mit dem Muthe der allerunerschrocken sten Soldaten aus. Die Griechen schähmten sich, daß sie zurück getrieben waren, und woll ten eben noch einmal auf sie los gehen, als man plötzlich auf dem Felde ein grosses Lermen ver nahm. Indem Petrus mit dem Kampfe so gleich inne halten ließ, um zu wissen, was es ei gentlich sey, sahe man von ferne eine entsetzliche Wolke von Staub aufsteigen, welche von Reu
[↔] (Die Ara ber kommen
den gefange nen Weibern
zu Hülffe.) terey verursacht wurde, die man in größtem Ga lop herzu sprengen hörte. Es waren die Ara ber, welche herbey eilten, sich der Gefangnen und der Beute wieder zu bemächtigen: und so gleich stiegen Petrus und sein ganzes Gefolge wieder zu Pferde.
[↔] Die unvermuthete Ankunft der Muselmän ner setzte die Griechen in das äusserste Schre cken; der General selbst, ob er gleich tapfer ge nung war, wurde über diesen Zufall bestürzt: noch mehr aber wurde er es, als er an der Spi tze der Muselmänner den fürchterlichen Khaled mit dem Derar, dem Bruder der
Caulah, an kommen sahe. Er konnte es im voraus mer ken, daß man ihm schlecht begegnen würde; gleichwohl aber wollte er sich noch, mit einer Art von Großmuth, aus diesem gefährlichen Handel ziehen. Er sprach mit der Caulah, und sagte ihr, daß sie frey seyn sollte. Er hof te durch dieses Mittel sich um sie verdient zu machen, und sie zu bewegen, daß sie bey den (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) arabischen Heerführern für ihn spräche; doch die ser Anschlag gelang ihm sehr übel. Die stolze Araberin antwortete ihm mit nichts als Verach tung und Schimpfworten.
[↔] (Petrus
wird
getödtet.)
[↔] Endlich langte Derar mit dem Khaled an. Der griechische General zwang sich, so viel ihm möglich war, ganz gelassen zu thun, indem er ihn ziemlich vertraut anredete, er hoffte, es würde ihm nicht unangenehm seyn, wann er ihm seine Schwester wieder gäbe. Der Mu selmann sahe den
Griechen mit Verachtung an, dankte ihm und sagte: ich bin dir für ein so kostbares Geschenke verbunden; es thut mir aber leid, daß ich dir zur Dank barkeit nichts als die Spitze meiner Lan ze darbieten kan.
[↔] Als Caulah ihren Bruder dieses reden hörte, so wollte sie ihm zuvorkommen, und an der Rache Theil nehmen. Sie versetzte dem Pferde des Peters einen so heftigen Schmiß un ter die Beine, daß sie ihn herab brachte. De rar durchrennte ihn sogleich mit der Lanze, stieg hierauf ab, und hieb ihm den Kopf ab.
[↔] (Die Grie chen werden
niedergehau en.)
Diese That war, so zu reden, das Zeichen zur Niedermetzlung der Griechen. Die Ara ber fielen auf sie los, und hieben alle erbärmlich nieder, welche nicht geschwind genug waren die Flucht zu ergreiffen. Nachdem die Muselmän ner also ihre tapfern Weibespersonen befreyet und alle Beute wieder bekommen hatten, so kehr
ten sie auf das eiligste zurück, sich wieder mit(Abubeker.
Hegire 11.
n. G. C. 632.) dem Obeidah zu verbinden. Dieser hatte in der That zwar Sorge getragen, sich in dem La ger, wohin er sich nach seinem Verluste gezogen hatte, wohl zu verschanzen; es war aber doch noch immer zu befürchten, Werdan, welcher an der Spitze der neuen Hülfsvölker war, die der Käyser den Griechen schickte, möchte in Abwe senheit des Khaled und der übrigen vornehm sten Officierer, die ihm gefolgt waren, einigen Versuch wagen, das Lager zu erobern.
[↔] Zum Glücke für die Araber hatte Werdan [↔] (Werdan
versäumt die
Gelegenheit,
die Araber
anzugreiffen.) nicht einmal daran gedacht, etwas zu unterneh men. Er hatte sich in einiger Entfernung von den Muselmännern gelagert, und ließ die Hülfs völker, die er bekommen hatte, rasten. Der Verlust der erstern machte ihn vorsichtig, damit diese nicht ein gleiches Schicksal haben möchten; er wollte daher nicht eher an den Feind rücken, als bis sich seine Trupen hinlänglich von ihren aus gestandenen Beschwerlichkeiten erhohlet hätten. Er würde unterdessen die Gelegenheit, die Ara ber anzugreiffen, gewiß nicht versäumt haben, wann er gute Spione gehabt hätte, um von den verschiednen Bewegungen der Feinde Nachricht zu haben; nichts war leichter, als die Armee der Muselmänner, während der Zeit, da ein Theil derselben den Griechen die Beute und die Ge fangenen wieder abjagte, zu ruiniren: allein es schien, als ob eine unsichtbare Hand den un= (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G.
632.) glücklichen Christen bey allen Vorfällen schwer fiel, die zu ihrem Vortheile hätten gereichen könne.
[↔] Khaled vernahm also bey seiner Ankunft mit Vergnügen, daß während seiner Abwesen heit nichts vorgefallen sey; und es schien nicht einmal, daß die Christen nur die geringste Be wegung gemacht hätten, etwas zu unternehmen. Der General der Muselmänner machte sich die sen Zwischenraum zu Nutze, seine Trupen ein wenig ausruhen zu lassen. Nunmehr zeigte alles in dem Lager der Araber von nichts als von Freude. Diejenigen, welche mit dem Kha led und Derar die Christen verfolgt hatten, erzehlten ihren Kamaraden die
wunderbaren Thaten der tapfern Weiber, wie sie sich mit so vielem Muthe vertheidiget hätten. Der Ruhm dieser Heldinnen erschall durch das gan ze Lager, sowohl die Officierer, als die Soldaten wurden durch die Erzehlung so rühmlicher und erstaunenswürdiger Handlungen ganz entzuckt, und fühlten sich von einem neuen Muthe belebt, welcher sie nach einer Gelegenheit, sich gleich falls wider die Christen hervorzuthun, recht ungedultig seufzen ließ.
[↔] (Paulus will
kein Maho metaner wer den, u. wird
geköpft.)
[↔] Paulus, dieser tapfre griechische Heerfüh rer, welcher zum Gefangnen gemacht worden war, nachdem er bey der Niederlage des ara bischen Hintertreffens Proben von einer recht heldenmäßigen Tapferkeit abgelegt hatte, erhielt von dem Glücke seiner Feinde und von dem Schicksale seines Bruders gar bald Nachricht.(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.)
Khaled kündigte ihm diese traurige Neuigkeit selbst an. Er ließ ihn vor sich kommen, und sagte ihm, daß er entweder sogleich ein Maho metaner werden müsse, oder ein gleiches Schick sal mit seinem Bruder erwarten könne.
[↔] Paulus wurde über diese Rede bestürzt, und fragte den General, was seinem Bruder begegnet sey. Er ist todt, antwortete Kha led, und siehe hier seinen Kopf. Man zeigte zu gleicher Zeit diesem unglücklichen Grie chen das Haupt seines Bruders: Derar hatte es auf der Spitze seiner Lanze mitgebracht, und war mit diesem blutigen Siegszeichen in das Lager gekommen.
[↔] Ein so rührender Anblick machte einen sehr schmerzhaften Eindruck auf den Paulus; er konnte sich der Thränen bey dem Verluste ei nes Bruders, den er allezeit zärtlich geliebt hatte, nicht enthalten. Doch er nahm gar bald seinen Muth wieder zusammen, und ant wortete dem Khaled ganz trotzig, daß er weder ein Mahometaner werden, noch seinen Bruder überleben wolle. Sogleich ward Befehl er theilt, und es wurde ihm der Kopf abgeschla gen.
[↔] Alles dieses trug sich, so zu sagen, im An gesichte einer Hülffe von siebenzig tausend Mann zu, von welcher es schiene, als ob sie Werdan selbst durch die
Vorsicht, sich ihrer (Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 632.) mit rechtem Vortheile zu bedienen, unnütze ma chen wollte. Dieses Uebel war nicht das ein zige, welches er den Griechen, durch seine so [↔] (Die Ara ber bekommen
Verstärkung.) übel angebrachte Langsamkeit, zuzog. Die Verstärkung, die Khaled von allen Seiten ver schrieben hatte, konnte gemächlich anlangen, und diese Vermehrung der Völker setzte die Muselmänner in den Stand, alles gegen die Christen zu unternehmen. Das wunderbarste hierbey war dieses, daß diese verschiedenen Hülfsvölker, welche gleichwohl nicht von einem Orte kamen, sondern ziemlich weit von einan der entfernt waren, dennoch alle zugleich an einem Tage in Ainadin eintraffen. Die Ara ber machten aus diesem Zufalle ein
Wunder werk; und der Gedanke, den sie nunmehr be kamen, daß sich der Himmel auf eine so offen bare Weise für sie erklärte, trug noch ein vie les zu Vermehrung ihres Muths und ihrer
Schwärmerey bey.
(Hegire 12.
n. C. G.
633.)
[↔] Khaled wollte sich diese Hitze zu Nutze ma chen, um mit den Christen anzubinden, und schickte deßwegen vorher Spione aus. Der tapfre Derar, welchen seine Faust schon so be rühmt gemacht hatte, wollte sich mit dieser Verrichtung selbst abgeben. Khaled
willigte darein; er befahl ihm aber, ja nichts weiter zu thun, als den Feind zu beobachten, und sich durchaus keiner Gefahr auszusetzen.
[↔] (Ausser ordentliche
Herzhaftig)
[↔] Derar machte sich also den Augenblick auf, und umstrich das Lager, um gewisse Nachrich
ten von den Umständen der Christen einzuziehen.(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.)
Werdan hatte ihn wahrgenommen, und schickte dreyßig Reuter auf ihn, welchen er befahl, sich seiner zu bemächtigen, und ihn zu ihm zu brin
(keit des De rar.) gen. Als Derar
sie kommen sahe, so that er, als ob er flöhe, in Hoffnung, daß sie ihn wohl verfolgen würden. Die griechischen Reuter setzten ihm auch in der That hitzig nach. Der Muselmann, welcher mit verhangenem Zügel auszureissen schien, wandte sich auf einmal, senkte seine Lanze, und durchrannte den ersten Reuter, welcher ihm vor die Hand kam. Auf diesen ersten Stoß folgte ein andrer, welcher eben so ausfiel; kurz, er schlug sich mitten un ter diesem Hauffen, welcher ihn zu umringen suchte, mit folcher Wuth herum, daß er sieb zehn tödtete, oder doch aus dem Sattel warf. Die übrigen erschracken über einen so ausser ordentlichen Widerstand dermassen, daß sie es nicht mehr wagten, sich einem so furchtbaren Feinde zu nahen. Derar, welcher sich seiner Seits ganz ermüdet fühlte, dachte klüglich auf seinen Rückmarsch, und kam wieder zum Kha led.
[↔] Ich muß es gestehen, daß es in der That(Anmerkung
über diese
That.) sehr schwer zu begreiffen steht, wie ein einziger Mann, wenn man ihn auch noch so tapfer an nimmt, dreyßig Reutern Widerstand thun, sieb zehn darvon tödten, und dennoch glücklich ohne die geringste Wunde aus einem so erstaunlichen (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) Streite kommen könne. Eine solche That, und einige andre, die ich gleichfalls erzehlt ha be, würden, solte ich denken, in einem Roma ne weit besser stehen, als in einer Historie. Doch dieses ist der Charackter der arabischen Schriftsteller; sie überlassen sich blindlings der Hitze ihrer Einbildungskraft, und weil sie von Natur bessre Dichter als Geschichtschreiber sind, so bringen sie überall das ausserordentliche an, und scheinen sich mit dem Wunderbaren weit lieber zu beschäftigen, als mit dem einfachen, welches die Wahrheit haben will. Ich habe diese That nach dem Alvakedi
erzehlt, welches einer von den vornehmsten arabischen Geschicht schreibern ist. Ich hätte sie unterdrücken kön nen, wie ich es in Ansehung verschiedner an drer von gleichem Schlage gethan habe; ich glaubte aber doch, daß es gut seyn würde, sie nicht alle zu übergehen, damit man wenigstens den Charackter des Geschichtschreibers daraus erkennen möge.
[↔] Doch dem sey wie ihm wolle. Als Derar zurück gekommen war, so gab er dem Khaled von allem Nachricht, was er sowohl in Anse hung der Zahl, der Stellung und der Gesin nung des Feindes hatte entdecken können; er versicherte ihm, daß alles den Muselmännern einen unfehlbaren Sieg zu versprechen scheine.
[↔] (Die ara bische und
christliche Ar)
[↔] Khaled beschloß folglich, den Feind anzu greiffen. Er stellte seine Armee in Schlacht
ordnung, und wieß den vornehmsten Officierern(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) ihre Plätze an. Mead und Noman bekamen den rechten Flügel zu commandiren; Saed und Sergiabil den linken, und die Bedeckung [↔] (mee machen
sich zum Tref fen gefaßt.) des Geräths, der Weiber und Kinder, ward dem Yezid
anvertrauet.
[↔] Dieser General bediente sich auch der tap fern
Weiber, die sich in dem Kampffe wider die Griechen so sehr hervor gethan hatten. Er machte zwey Hauffen daraus, wovon er den ei nen der Caulah, den andern der Offeirah anzu führen gab.
[↔] Khaled durchrennte hierauf alle Glieder, um seine Soldaten aufzumuntern, daß sie alle ihre Tapferkeit nunmehr, da ihr Glück entschie den werden müßte, zusammen nehmen sollten. Er hielt sich auch einige Augenblicke bey den Hauffen der arabischen Weiber auf; er wie derhohlte die Lobsprüche, die er ihnen wegen ih rer bewiesenen Tapferkeit schon gegeben hatte; er sagte, daß er sich in Ansehung des Ausgan ges der Schlacht sehr auf sie verlasse; er be fahl ihnen besonders auf die Fehler seiner Tru pen Acht zu geben, und den ersten auf der Stel le niederzumachen, welcher dem Feinde den Rücken kehren würde.
[↔] Nachdem nun der General auf diese Weise alle Vorsicht gebraucht hatte, so stellte er sich selbst vor das Haupttreffen, und behielt den Am ru, Abdarrahman, Kais, Rafi, und verschiede= (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) ne andere vornehme Officirer, in die er Ver trauen setzte, und auf deren Genauigkeit und Einsicht er in Ausführung seiner Befehle Rech nung machen konnte, bey sich.
[↔] Werdan seines Theils nahm gleichfalls alle Maaßregeln, sich mit Vortheile zu schlagen. Er stellte seine Trupen in Schlachtordnung, und redete hernach gegen seine Soldaten, welchen er vorstellte, wie wichtig es sey, ja nicht bey einer Gelegenheit feige zu werden, welche von dem Schicksale Syriens den Ausschlag geben sollte. Er sagte ihnen alles, was er am fähigsten zu seyn hielt, ihren Muth zu stärken, und schloß endlich damit, daß er ihnen zeigte, mit was für Zuversicht sie fechten könnten, da sie dem Fein de an der Anzahl weit überlegen wären, und also nur ein wenig Tapferkeit und Standhaftig keit bezeigen dürften, einen gewissen Sieg da von zu tragen.
[↔] (Unterre dung des
Khaled mit
einem Abge schickten von
der christli chen Armee.)
[↔] Da die zwey Armeen einander also gegenüber standen, so erwartete man nun weiter nichts, als das Zeichen zum Treffen, als man aus den Glie dern der griechischen Armee einen ehrwürdigen Greis hervortreten sahe, welcher sich den Ara bern nahete, und mit ihrem Generale zu reden verlangte. Man stellte ihn sogleich dem Kha led vor, zu welchem er sagte: Bist du der Ge neral von dieser Armee? Ja, antwortete Khaled, dafür hält man mich, so lange ich Gott, den Gesetzen und der Lehre des
Propheten treu bleiben werde; so lange(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) ich meiner Schuldigkeit nachleben und meinen Eyfer für mein Volk beweisen werde; ausserdem habe ich keine Gewalt über sie.
[↔] Du bist gekommen, erwiederte der Alte,
die Christen auzufallen, ihre Länder zu verwüsten, auch dich von ihrer Beute zu bereichern, ohne daß sie dich durch die geringste feindselige
Handlung beleidiget haben. Sey auf dein gehabtes Glück nicht so stolz; die Armee, mit welcher du streiten mußt, ist weit zahlreicher, und vielleicht von besserer Zucht, als deine. Was braucht es einer Schlacht zu wa gen, welche den Arabern und Griechen so viel Blut kosten wird? Du kanst, wann du dich zurück ziehen wilst, dem Unglü cke, welches beyden drohet, zu vor kommen. Wann du dich dazu ent schliessest, so habe ich Befehl dir, zur Dankbarkeit, beträchtliche Geschenke an zubieten, nicht allein dir, sondern auch dem Califen, deinem Herrn, allen deinen Officierern, und sogar jedem von deinen Soldaten.
[↔] Es ist kein Friede zu hoffen, versetzte Khaled trozig, wann die Griechen nicht entweder die Lehre des Mahomets an nehmen, oder Tribut zahlen wollen.
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) Was die reichen Geschenke anbelangt, de ren du erwähnt hast, so sey versichert, daß wir in kurzen Herren davon seyn werden.
[↔] (Die Ar meen werden
handgemein.)
[↔] Der Alte nahm seinen Abschied und brach te dem Feldherrn der Griechen die Antwort, wel cher sich folglich die Schlacht zu wagen ent schloß. Das Treffen fing sich mit den Arme nischen Bogenschützen an, welche, nachdem sie sich den Muselmännern schußweit genähert hat ten, nicht wenige von ihnen tödteten, oder ver wundeten.
Khaled, welcher seine Absichten hatte, hielt diesen Anfall geruhig aus, und be fahl so gar den Arabern, keine Bewegung
zu machen.
[↔] Doch der stürmische Derar, welcher vor Un gedult, mit dem Feinde handgemein zu werden, brannte, nahte sich dem Generale, und lag ihm auf das inständigste an, ihn wider die Bogen schützen anrücken zu lassen. Sobald Khaled seinem Ansuchen Gehör gegeben hatte, so fiel Derar an der Spitze mit einiger Reuterey mit solcher Wuth auf die Armenier, daß sie eben weichen wollten, als sie von neuen Trupen un terstützt wurden, deren Tapferkeit ihrem Mu the wieder aufhalf. Weil der General der Mu selmänner gleichfalls einige Trupen dem Derar zu Hülffe hatte anrücken lassen, so ward der An fall sehr mörderisch. Es blieben auf beyden Seiten zwar sehr viele, doch war der größte Ver lust auf Seiten der Christen.
[↔] Khaled wollte gleich den Rest seiner Trupen(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) anrücken lassen, und die Schlacht sollte auf al len Seiten angehen, als der griechische General befürchtete, es möchte endlich alles zu seinem [↔] (Werdan
verlangt ei ne Unterre dung, um
den Khaled
zu berücken.) Nachtheile ausschlagen, und deswegen beschloß, eine niederträchtige Kriegslist anzuwenden, die er seit einiger Zeit mit seinen vornehmsten Kriegs räthen überlegt hatte. Er schickte zu dem Kha led, und bat um einen Waffenstillestand, und zu gleich um eine Unterredung, weil er ihn etwas sehr wichtiges zu melden habe. Khaled verwil ligte die Bitte, so daß man, zum größten Er staunen der Officirer, und so gar der gemeinen arabischen Soldaten, zum Rückzuge blasen ließ, gleich zu einer Zeit, als alles einen gewissen Sieg über die
Griechen zu versprechen schien.
[↔] Werdan ward über den Fortgang seiner Un terhandlung sehr froh, und glaubte schon, daß ihn sein unwürdiger Entwurf gelingen mürde<würde>; doch der treulose General wußte nicht, daß sein Geheimniß ausgekommen war, und daß Khaled nur deswegen seiner Bitte so leicht Gehör gege ben hatte, damit das schändliche Verfahren der Griechen desto besser an den Tag käme, und er sich hernach auf eine recht ausnehmende Art rä chen könne.
[↔] Werdan hatte die Absicht, den Khaled um bringen zu lassen. Dieser tapfre Muselmann war die Geissel der Christen, und Mahomet hat te ihm nicht ohne Grund den Namen
Schwerdt
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) Gottes gegeben. Weil es aber nichts leichtes war, diesen General durch Tapferkeit aus den Wege zu schaffen, so unternahm Werdan, es durch Verrätherey zu thun. Er hatte sich nehm lich vorgenommen, so bald Khaled sein Wort zur Unterredung, welche auf den folgenden Tag fest gesetzt war, würde gegeben haben, zehn Reuter nicht weit von dem Orte, wo die Un terhaltung vor sich gehen sollte, des Nachts in Hinterhalt zu legen, welche während dieser vor gegebnen Unterredung, auf das erste festgesetzte Zeichen, den Khaled ermorden sollten. Dieses nannten die Griechen eine Kriegslist, als ob diese Benennung der niederträchtigsten Verrä therey, die man sich nur einbilden kan, zukomme.
[↔] Khaled aber erfuhr alles von einem Grie chen, Namens David, welches eben der war, dem es Werdan aufgetragen hatte, diese Unter redung auszuwirken. Khaled schickte ihn zu seinem Herrn zurück, mit dem Befehl, ihm zu sagen, daß er am bestimmten Orte erscheinen werde.
[↔] Der General erzehlte die ganzen Umstände seinen vornehmsten Officieren, da sie nach an gekündigten Waffenstillestande hauffenweise her zukamen, die Ursache von ihm zu erfahren, warum er mitten auf dem Wege zum Siege stille gestanden sey. Jedermann wurde wider das schändliche Verfahren der Griechen auf gebracht, und jeder schlug verschiedne Mittel zur Rache vor. Khaled aber sagte, eine so(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) unwürdige Niederträchtigkeit wäre es nicht werth, viele Maaßregeln darwider zu nehmen; er wolle ganz allein an den bestimmten Ort ge hen, und indem er sich stark genug glaube, die Köpfe aller im Hinterhalt gelegten Reuter mit bringen.
[↔] Die Officierer setzten sich sehr hitzig wider dieses Vorhaben; sie stellten ihrem Generale vor, daß sie ihn in der That zwar für fähig ge nug hielten, ein solches Unternehmen auszufüh ren, daß es aber der Klugheit gemäß sey, sich der Gefahr nicht allzusehr auszusetzen; und wann er sich also ja durchaus auf dem bestim ten Platze einfinden wollte, so solle er wenig stens eine Bedeckung mit sich nehmen, wann sie auch aus nicht mehrern Personen, als der Hinterhalt, bestehen sollte.
[↔] Derar widersetzte sich gleichfalls dem Vor haben des Khaled; er war aber nicht der Mei nung, daß man bis morgen warten solle, wider diesen Hinterhalte zu streiten, und bat den General, ihm zu erlauben, daß er, wann die Nacht einbrechen würde, diese Gegend aus kundschaften dürffe. Nachdem Khaled darein gewilliget hatte, so nahm Derar des Abends zehn Soldaten zu sich, auf deren Tapferkeit er sich verlassen konnte, und ging nach dem Hinterhalte zu. Er ließ seine Leute nicht weit von dem Orte zurück, und nachdem er seine (Abubeker
Hegire 12.
n. C. G.
633.) Kleider ausgezogen, und nichts als das Schwerdt behalten hatte, so kroch er ganz sachte auf der Erde hin, damit man ihn nicht merken möge. Als er sich auf diese Art ohne Geräusche genä hert hatte, so hörte er Leute, welche schnarchten, und endlich, da er noch näher gekommen war, ward er, so viel es die Nacht leiden wollte, zehn Männer gewahr, welche in tieffen Schlaf fe lagen. Sie hatten sich auf die Erde ge streckt, und die Waffen unter den Kopf gelegt.
[↔] Er hatte anfangs Lust, sich die Gelegenheit zu Nutze zu machen, und ganz alleine den ganzen Hauffen zu erwürgen; weil er aber überlegte, daß, indem er den einen umbrächte, die andern aufwachen könnten, so kehrte er zu rück, und hohlte seine Leute, welchen er befahl, ihm so viel möglich, ohn alles Geräusche, zu folgen. Als sie ankamen, nahm jeder seinen Mann vor sich, und in einem Augenblicke war der ganze Hinterhalt hingerichtet.
[↔] (Zehn Ara ber legen sich
anstatt der
Griechen in
Hinterhalt.)
[↔] Derar kam sogleich auf den Einfall, die er mitgebracht hatte, an diesem Orte zu las sen, und damit sie durch ihre Kleidung nicht möchten verrathen werden, wenn etwa Wer dan einen Spion hinschickte, so ließ er sie die Kleider der Ermordeten anziehen. Er schickte sogleich zu dem Generale, ihm von allem, was vorgegangen sey, und zugleich von den Maaß regeln Nachricht zu geben, die er in Anse hung der auf morgen festgesetzten Unterredung, genommen habe. Khaled billigte diese Anschlä
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) ge, und erwartete den Tag mit Ungedult, um sich an dem bestimmten Orte einzufinden.
[↔] Unterdessen stellte doch Khaled mit Anbruch des Tages seine Armee in Schlachtordnung. Als Werdan mit Bestürzung sahe, daß man dem eingegangenen Waffenstillestande so zuwi der handle, so schickte er sogleich einen Officier, welcher sich beklagen mußte, daß man ihm so schlecht Wort halte. Khaled aber ließ ihm antworten, er solle sich keine Gedancken ma chen; er wisse nicht einmal, was das sey, sein Wort nicht halten, und er wolle den Augenblick erscheinen.
[↔] Er machte sich auch in der That so gleich auf, [↔] (Unterre dung des
Werdan und
Khaled.) und langte mit dem griechischen Generale fast zu gleicher Zeit an. Sie stiegen beyde ab, und nachdem sie sich einander gegenüber gesetzt hat ten, fing Khaled die Unterredung an, indem er den Werdan fragte, was er ihn für Vorschläge zu thun habe? Mache uns, antwortete ihm Werdan, billige Bedingungen, so wollen wir sie eingehen. Wir sind keine Feinde von deinem Volke, und da wir wohl wissen, daß es ein armes Volk ist, so wol len wir ihm gerne gutes erzeigen.
[↔] Armseliger Christe, antwortete Khaled trotzig, so weit hat uns Gott nicht verstos sen, daß wir von der Gnade der Grie chen leben müßten. Er hat vielmehr un
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) sern Waffen eure Weiber, eure Kinder und Länder übergeben. Was brauchen wir eurer Geschenke, da alles unser ist? Ihr Griechen müßt, setzte er hinzu, indem er hitzig aufstand, entweder Muselmänner, oder zinsbar werden. Das sind die Vor schläge alle, die ich dir thun kan; wann sie ausgeschlagen werden, so müssen die Waffen unsern Streit entscheiden. Er sagte hierauf zu dem Werdan, er wolle nicht glauben, daß er diese Unterredung nur deswegen verlangt habe, damit er schon so oft verworffene Vorschläge wieder thun könne; seine Absicht würde ohne Zweifel gewesen seyn, sich mit ihm allein zu finden, um unter einander die Entschei dung des Streis anzufangen.
[↔] Sogleich entblößte Khaled den Sebel. Der griechische General, welcher bis jezt sitzen geblie ben war, stand schleinig auf, und sahe, anstatt sich zur Gegenwehr gefaßt zu machen, auf al len Seiten herum, indem er die Ankunft seiner Leute erwartete. Diese Niederträchtigkeit ver droß den Khaled, er faßte ihn also bey dem Kleide, und schüttelte ihn auf eine verächtliche Art. Werdan schrie um Hülfe, und glaubte nunmehr aus aller Gefahr zu seyn, indem er griechisch gekleidete Soldaten ankommen sahe. Doch sein Irrthum verlohr sich gar bald, als er den Derar mit dem Sebel in der Hand wahrnahm. Dieser wollte ihn sogleich erwür
gen, da er aber von dem Khaled daran verhin
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) dert wurde, so begnügte er sich damit, den Grie chen die allerschimpflichsten Vorwürffe zu ma men. Du Elender, sagte er, was ist nun aus deinem Hinterhalte geworden, durch welchen du den General der Gläubigen aus dem Wege räumen wolltest?
[↔] Werdan war für Schaam und Furcht ganz ausser sich, warf sich dem Khaled zu Füssen, und bat um
Gnade. Du sprachst also von Frie den, erwiederte der Muselmann, um Gele genheit zu haben, mich zu verrathen, und zu erwürgen? Einem Treulosen kan kei ne Gnade wiederfahren. Auf diese Worte legte Derar dem griechischen Generale mit ei nem Hiebe den Kopf vor die Füsse. Man steckte ihn auf eine Lanze, und trug ihn trium phirend zur Armee der Muselmänner.
[↔] Die Araber wurden durch den Anblick die
[↔] (Die grie chische Armee
wird geschla gen.) ses blutigen Siegszeichens
ermuntert, und ver langten inständigst, daß man sie wider die Un gläubigen, deren Haupt seine Straffe bekom men habe, anführen möge. Khaled hielt für gut, sich ihrer Hitze zu bedienen, und ließ sie den Au genblick gegen den Feind anrücken. Nunmehr hub sich ein Treffen, oder vielmehr ein entsetzli ches Nieder metzeln an, welches bis an den Abend dauerte. Die Griechen waren über den Tod ihres Anführers erschrocken, und hatten gänz lich allen Muth verlohren, als sie die Araber (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) mit solcher Unerschrockenheit auf sie los kommen sahen. Sie bemühten sich nicht einmal, ihnen den Sieg streitig zu machen; denn gleich bey dem ersten Anfalle war die ganze christliche Armee schon in einer unbeschreiblichen Unord nung. Die Flüchtigen waren einer dem an dern im Wege, fielen also dem Feinde in die Hände und wurden grausamlich umgebracht. Die Muselmänner machten bey dieser Gelegen heit beträchtliche Beute, welche aber Khaled nicht eher, als bis sie Damascus würden ein genommen haben, theilen wolte; denn seine Ab sicht war, auf das geschwindeste wieder vor die sen Platz zu rücken, um sich das Entsetzen der Einwohner zu Nutze zu machen, und sie zur Uebergabe zu zwingen. Nachdem er also seinen Trupen nur eine sehr kurze Rast verstattet hat te, ertheilte er Befehl zum Aufbruche. Ehe er sich aber auf den Marsch begab, schickte er ei nen Bothen an den Califen, um ihm von dem glücklichen Fortgange seiner Waffen Nachricht zu bringen. Der Brief, den er ihm deswegen schrieb, war folgender:
[↔] Im Namen Gottes des Erbarmers. Der Diener Gottes Khaled=ebn=Walid dem Nachfolger des Gesandten Gottes. Ich bete den einigen Gott an, und bitte für seinen Propheten Mahomet, auf welchem der göttliche Seegen ruhe. Ich dancke Gott unaufhörlich, daß er die wahren Gläubigen errettet, die Götzen
diener vertilgt, und das Licht derer, die(Abubeker.
Hegir 12.
n. C. G. 633.) im Irrthume waren, ausgelöscht hat.
[↔] Ich melde dir, Haupt der Gläubi gen, daß wir die griechische Armee bey Ainadin, unter Anführung des Wer dans, Befehlshabers von Hemes, ange troffen, und unsre Feinde überwunden haben. Mehr als funfzigtausend Mann sind in zwey Schlachten umgekommen; und wir haben nicht mehr als vierhun dert und zwey und siebzig Muselmänner verlohren. Jetzt kehren wir vor Da mascus zurück. Bitte Gott, daß er uns Glück gebe.
[↔] Diesen Brief nach Medina zu bringen, und den Ruhm der Muselmänner zu verkündigen, ward
Abdarrahman, der Sohn des Califen, ausersehen. Abubeker, welcher vor Freuden ganz ausser sich kam, als er eine so schmeichel hafte Nachricht, durch einen jungen Kriegsheld, den er so zärtlich liebte, erhielt, warf er sich zur Erde, und dankte GOtt für den glücklichen Fort gang seiner Waffen. Er machte den Brief, den ihm der General geschrieben hatte, bekannt. Man stellte zu Medina grosse Freudenfeste an, welche gar bald auch in andern Provinzen Ara biens, in welchen diese Neuigkeit schleunig aus gebreitet wurde, erfolgten.
[↔] Eine grosse Menge Araber, welche nach(Die arabi schen Völker
verlangen n.
Syrien zu
gehen.) Ehre, weit mehr aber nach Beute, begierig wa= (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) ren, reiseten von Mecca aus, und kamen zu dem
Califen, ihn inständigst um Erlaubniß zu ersuchen, nach Syrien zur Armee gehen zu dürf fen.
Abubeker schien willig genug zu seyn, ihre Bitte, die sie mit so viel Eyfer zu thun schienen, Statt finden zu lassen; Omar
aber, den er deß wegen zu Rathe zog, war anderer Meinung.
[↔] (Omar setzt
fich darwi der.)
[↔] Er ließ den Califen überlegen, daß die mei sten von denen, welche so viel Begierde, nach Syrien zu ziehen, bezeigten, eben diejenigen wären, welche kurz vorher die Waffen wider die Schüler des Propheten so lange geführt hät ten, als sie stark genung, ihnen die Spitze zu bieten, und ihre Religion zu unterdrücken, ge wesen wären: ietzo sey weder das Verlangen dem Staate, noch der Religion zu dienen, die Ursache warum sie um Erlaubniß anhielten, zur Armee gehen zu können, bloß die Beute reitze sie an, und die Hoffnung, nach der Eroberung von Damascus den Raub mit theilen zu können: Ihre Ankunft würde ganz gewiß Unruhe bey der Armee verursachen, weil es billig sey, daß man diejenigen, welche schon in den Waffen wären, die Früchte ihrer Siege ruhig geniessen liesse, be sonders bey gegenwärtigen Umständen, da sie starck genug wären, ihre Eroberungen, ohne neue Hülffe nöthig zu haben, zu vollziehen.
[↔] (Ihre Ge genvorstel lungen.)
[↔] Abubeker ward von den Ursachen, die ihm Omar anführte, gerühret, trat seiner Meinung bey, und schlug ihnen die Erlaubniß, um die sie so eyfrig anhielten, ab. Diese abschlägliche Ant
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) wort machte viel Mißvergnügte. Unter an dern machten die Einwohner von Mecca, und besonders der Stamm der Coreischiten, Ge genvorstellungen, und gaben dem Califen zu bedenken, daß man sie unter dem Vorwan de, weil sie das Unglück gehabt hätten, die Schüler des Gesandten Gottes zu verfol gen, ganz mit Unrecht abhalte, die Waf fen für die Religion zu führen; daß man ihnen die unseligen Tage nicht vorwerffen dürffe, da sie in den Schatten der Unwissenheit vergraben gewesen wären, und geglaubt hätten, der Wahr heit zu dienen, indem sie wider sie gestritten; daß sie nunmehr unter einer Religion, und un ter einem Glauben an Herze und Geist verei net wären, und man sie also als Brüder anse hen müsse, da sie ohnedem, ausser der Glaubens vereinigung, größten Theils unter einander durch die Banden des Bluts vereinet wären, daß zwar in der That die Einwohner von Me dina die wahre Religion eher bekannt hätten, und in Ansehung dessen den Vorzug vor andern Muselmännern verlangen könnten, daß sie aber deßwegen kein Recht hätten, diejenigen von dem Dienste auszuschliessen, welche erst nach ihnen die Lehre des Propheten ergriffen hätten, gleich wohl aber sich rühmten, eben so viel Eifer als sie für die Ausbreitung der Religion zu haben.
[↔] Der Calife hörte diese Gegenvorstellungen(Der Calife
gewährt ih nen ihre Bit te.) gütig an; er berathschlagte sich mit dem Ali und (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) Omar darüber, und sie beschlossen endlich, daß man die Bitte der Coreischiten müsse Statt fin den lassen. Es ward ihnen also erlaubt zur Armee aufzubrechen. Abubeker nahm es auf sich, sie bey dem
Khaled in dem Briefe, durch welchen er ihm zu seinem gehabten Fortgange Glück wünschen wollte, anzumelden.
Abdar rahman, welchen der Calife während der Zeit bey sich behalten hatte, muste die Antwort dem General überbringen. Er fand ihn auf dem Zuge nach Damascus, wovon er sich in kur tzen Herr zu machen hoffte.
[↔] Die Damascener ihres Theils, ob sie gleich durch die traurige Nachricht von der Niederlage der käyserlichen Trupen sehr niedergeschlagen waren, beschlossen gleichwohl, dem Feinde noch zu widerstehen. Sie hatten sich die Ab wesenheit der Muselmänner zu Nutze gemacht, ihre Stadt mit Lebensmitteln zu versehen: die meisten Einwohner der benachbarten Flecken, waren in diesen Platz geflüchtet, und hatten alle ihre Habseligkeiten mitgebracht, um sie dem Feinde, dessen Ankunft man alle Tage erwarte te, zu entreissen. Es befanden sich also damals eine sehr grosse Menge Menschen in Damascus, wovon aber die wenigsten Soldaten waren, so daß man gleich im voraus befürchten mußte, es werde sehr schwer halten, sich wider kriegerische Trupen zu vertheidigen, deren Muth und Hoff nung täglich durch den Fortgang, den sie hatten, verstärket wurde.
[↔] Khaled erschien endlich vor diesem Platze.(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) Er wieß seinen vornehmsten Heerführern ihre Posten an, und sich selbst ließ er vor dem Morgen thore nieder. Die Bewachung des Lagers ver
[↔] (Khaled nimmt
die Belage
rung der
Stadt Da mascus wie der vor.) traute er dem Derar, und gab ihm in dieser Ab sicht zehntausend Mann zu Pferde, mit welchen er ihm das Lager sorgfältig zu umreiten befahl, damit sie von den Griechen nicht möchten über fallen werden.
[↔] Man nahete sich hierauf den Aussenwerken der Stadt, welche anfangs von den Belagerten sehr muthig vertheidiget wurden. Sie erlegten eine grosse Menge Muselmänner mit Pfeilen, und noch weit mehrere mit
Maschienen, die sie auf die Mauren gestellt hatten, und durch die sie einen Hagel von Steinen, welcher die Bela gerer zerschmetterte, herabfallen liessen. In den Ausfällen aber, welche die Damascener wagten, hatten sie nicht gleiches Glück. Die Muselmänner behielten allezeit die Oberhand, so daß sich die armen Einwohner kaum ausser ih rer Stadt mehr zeigen durften. Da sie nun endlich sahen, daß sie auf das äusserste ge bracht waren, so fingen sie an, an die Ueber gabe zu denken; sie beschlossen so gar, sie zu be schleinigen, damit der Feind durch einen län gern Verschub wegen der Bedingungen nicht schwieriger werden möchte.
[↔] Man versammlete sich, wegen dieser Sa
[↔] (Thomas ü berredet die
Damascener
zu einem
Ausfalle.) che zu Rathe zu gehen. Alle schienen darinnen (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) übereinzukommen, daß man sich ergeben müsse, als ein Mann von dem vornehmsten Range in Damascus, der aber keine Bedienung hatte, sich heftig wider diese Meinung setzte. Dieser Mann war Thomas, ein Eydam des Käysers Heraclius. Er gab sich lange Zeit alle Mühe, den Damascenern Muth zu machen, doch es war umsonst; die Unerschrockenheit der Araber hatte sie so niedergeschlagen gemacht, daß sie kei ne andre Zuflucht sahen, als sich mit dem Fein de zu vergleichen.
[↔] Thomas that endlich den Vorschlag, sich selbst aufzumachen und an ihre Spitze zu treten, wenn sie noch einen Ausfall wagen wollten. Dieser Vorschlag that seine Wirkung; die Da mascener wurden durch das Beyspiel eines so verehrungswürdigen Anführers aufgemuntert, versprachen unter ihm zu streiten; und machten sich sogleich bereit auf den Feind los zu gehen. Die Mahometaner ihres Theils machten sich eben gefaßt, einen neuen Sturm zu wagen, als sie die Damascener in Schlachtordnung anrü cken sahen.
[↔] Die Araber würden ihnen vielleicht nicht Zeit gelassen haben, diesen Ausfall mit Ordnung zu thun, wann die Damascener nicht zugleich ihre Kriegsmaschienen hätten spielen lassen, wel che den Feind genugsam verhinderten sich zu nä hern. Als Thomas seine Trupen gestellt hatte, so gab er das Zeichen zum Treffen, indem er
einen Pfeil gegen den Feind losschoß. So
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) gleich ward man auf verschiedenen Seiten hand gemein, und der Anfall war anfangs auf beyden Theilen gleich blutig.
[↔] Mitten im Streite sahen die Damascener, zu ihrem Erstaunen, eine wohlbewaffnete Wei besperson, welche sich bis in die ersten Glieder der Araber hervor drang, daselbst zu sechten. Mit dem ersten Pfeile, welchen sie abdrückte, verwundete sie die Hand desjenigen, welcher die feindliche Fahne trug. Als diese Fahne fiel, so brachen die Araber mit Wuth auf dieser Seite ein, um sich derselben zu bemächtigen; sie er oberten sie auch in der That, und warffen sie aus einer Hand in die andere, um sie in die hin tersten Glieder in Sicherheit zu bringen.
[↔] Thomas, welcher es gesehen hatte, wie die Araber sich der Fahne bemächtiget, brach mit seinem Gefolge so hitzig in ihre Glieder ein, daß er sich bis zu dem
Sergiabil hindurch drang, in dessen Händen sich die Fahne befand. Der Streit ward an diesem Orte sehr heftig. Der christliche General schlug sich mit einer Tapferkeit, von welcher es schien, daß sie die schönsten Folgen nach sich ziehen müsse, als er plötzlich durch einen Pfeil, welcher ihm das Au ge traf, ausser Stand gesetzt wurde, weiter zu kämpfen. Der Schmertz machte ihn wan kend; seine Leute unterstützten ihn, und alles, was man nunmehr thun konnte, war die Fahne (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) und die Vortheile, die man beynahe erlangt hat te, im Stiche zu lassen, um den General auf das schleinigste nach Damascus zu bringen.
[↔] Dieser den Damascenern so verderbliche Schuß kam von eben der arabischen Weibes person, welche bereits den Fähndrich durchschos sen hatte. Sie war mit der ersten That we nig zufrieden, und suchte keinen geringern, als den General, zu tödten, weil sie einzig diesen als den Mörder ihres Mannes betrachtete. In der That hatte auch der erste Pfeil, welchen
Thomas abschoß, das Zeichen zum Treffen da mit zu geben, einen Officier durchbohrt, wel cher dieses Weib vorkurzen geheyrathet hat te, und was noch an Seiten des christlichen Generals das schändlichste darbey war, so war der Pfeil vergiftet gewesen, und zwar war der Gift so fein, daß der Officier, welcher davon ge troffen wurde, fast auf der Stelle blieb, ob die Wunde gleich vor sich selbst nicht tödtlich war.
[↔] Die junge Wittwe, anstatt sich der Traurig keit und den Thränen zu überlassen, hatte bloß ihrer Rache Gehör gegeben; und so bald als sie erfahren hatte, daß der Schuß, durch welchen ihr Mann geblieben, von dem christlichen Gene rale gekommen sey, hatte sie den großmüthigen Entschluß gefaßt, ihm das Leben zu nehmen, oder auf der Wahlstatt zu bleiben.
[↔] Ihrer Rache aber ward nur zum Theil Ge nüge gethan. Der General ward verwundet, man erfuhr aber, daß er sich gar bald wür
(Abubeker.
Hegire
12.
n. C. G. 633.) de wieder zeigen können. Und in der That, sobald er verbunden war, befand er sich auch besser, und wollte sogleich wieder zurück kehren, um die noch immer mit Hitze wider die Musel männer streitenden Christen durch seine Gegen genwart aufzumuntern. Die Einwohner von Damascus aber lagen ihm so heftig an, sich sei ner Hitze nicht zu überlassen, daß er endlich dar ein willigte, sich nicht an die Spitze der Tru pen zu stellen; dennoch aber wollte er an dem Thore der Stadt bleiben, vor welchem das Tref fen vorfiel, damit er, was vorgehe, sehen und seine Befehle darnach ertheilen könne.
[↔] Er hatte Ursache mit der Tapferkeit der Damascener zufrieden zu seyn. Wann sie schon keine grossen Vortheile über den Feind davon trugen, so verhinderten sie wenigstens, daß die Araber über sie keine erhielten. Das Treffen ward auf beyden Theilen sehr hitzig fortgesetzt, und man ließ nicht eher von einander ab, als bis sie die Nacht an den Rückzug zu denken nöthigte.
[↔] Thomas wollte sich den Muth seiner Tru pen zu Nutze machen, und unternahm es, gleich in der darauf folgenden Nacht, ein Vorhaben auszuführen, welches er seit seiner Verwundung ausgedacht hatte. Dieses bestand darinne, durch die verschiedenen Stadtthore, einen all gemeinen Ausfall zu wagen, und plötzlich das Lager der Araber zu überfallen. Er glaubte, (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) sie, besonders nach einem so blutigen Tage, ge wiß zu überraschen.
[↔] (Die Dama scener wagen
einen zwey ten Ausfall.)
[↔] Die Damascener stimmten dem Vorhaben des Generals um die Wette bey, und machten sich gesaßt, es mit aller Tapferkeit, die bey der gleichen Umständen nothwendig war, auszufüh ren. So bald sie den Schall einer Klocke ver nahmen, welches das abgeredete Zeichen war, so fielen sie durch die verschiedenen Stadtthore aus, und stürzten sich auf die feindlichen Quar tiere, die diesen Thoren gegenüber standen.
[↔] Dieser plötzliche Ausfall war den Damasce nern anfangs sehr vortheilhaft. Sie ermorde ten ohne Mühe eine grosse Anzahl Araber, welche an nichts weniger als an ein solches Un ternehmen dachten; sobald man aber anfing Ler men zu blasen, bekamen die Sachen ein ganz ander Ansehen.
[↔] Khaled ertheilte auf das schleinigste Befehl, und alle Trupen von seinem Quartiere waren gar bald im Stande den Christen die Spitze zu bieten. Er begab sich in Person nach dem Quar tiere des Sergiabil, wo es die höchste Zeit war. Thomas hatte daselbst alles in Unordnung ge bracht. Die junge arabische Wittwe, welche daselbst bey den Trupen geblieben war, hatte sich mit aller Tapferkeit des unerschrockensten Soldaten herumgeschlagen; endlich aber war sie doch zum Kriegsgefangenen gemacht wor den, nachdem sie verschiedene griechische Solda
ten, die sich ihrer bemächtigen wollten, mit ei
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) gner Hand umgebracht hatte. Sergiabil hatte sich gleichfalls mit vieler Unerschrockenheit ge gen den Thomas selbst vertheidiget, welcher eben bey dem zweyten Angriffe ihn entweder tödten oder zum Gefangenen machen wollte, als Kha led, von dem Abdarrahman und andern Offi ciers unterstützt, zur rechten Zeit anlangte, ihn frey zu machen: auch die junge Wittwe ward durch dieses Mittel in Freyheit gesetzt, und der griechische General, welcher sich von allen Sei ten angefallen sahe, mußte es noch vor ein Glück schätzen, daß er eiligst davon und in seine Stadt kommen konnte.
[↔] Der Einbruch der Damascener ward ih
[↔] (Die christli che Armee
wird in Stü cken gehau en.) nen, auf der Seite, wo Obeidah commandirte, weit nachtheiliger. Dieser General ließ den ersten Ausfall durch einen Hauffen auserlesener Soldaten aushalten, und während daß man sie durch einen tapsern Widerstand beschäftigte, ließ er einen andern Hauffen aufbrechen, wel cher in möglichster Eil einen Umschweif nehmen, und den Christen in den Rücken fallen mußte, wodurch sie denn auf allen Seiten umringt wurden.
[↔] Diese Anordnung verursachte auf dieser Seite die Niederlage der Damascener. Sie wandten zwar alle ihre Kräfte an, und schlugen sich mit aller Tapferkeit, welche Wuth und Ver zweiflung nur geben kan; doch der Sieg erklärte (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) sich für die Araber. Die Christen wurden auf das grausamste niedergemacht, und es kam nicht ein einziger von denen, die bey diesem An griffe gewesen waren, davon. Die, welche durch die andern Thore ausgefallen waren, wur den gleichfalls sehr mißgehandelt, so daß die Da mascener, diesem unglücklichen Ausfalle zu Fol ge, mit aller Gewalt zu kapituliren beschlossen. Umsonst bath Thomas um einigen Aufschub, da mit er an den Käyser um Hülffe schreiben kön ne; die Einwohner wollten ihn nicht mehr hö ren, und dachten nunmehr desto eifriger auf ei ne schleinige Uebergabe, als sie erfuhren, daß Khaled in den Waffenstillestand nicht habe wil ligen wollen, um welchen ihn ihr General ge beten hatte.
[↔] (Der ver schiedene
Charakter
des Khaleds
u. Obeidah.)
[↔] Die Damascener waren sehr unschlüßig, wie sie diese Unterhandlung angreiffen sollten. Khaled wurde für einen unerbittlichen Mann gehalten, welcher keine andre Absicht habe, als den Platz mit Gewalt zu erobern, und ihn mit Schwerdt und Feuer zu verwüsten. Obeidah war weit mäßiger, er war nicht nach Christen blute begierig, seine einzige Absicht war, sie zu nöthigen, entweder Mahometaner zu werden, oder Tribut zu bezahlen. An ihn also beschlos sen die Damascener sich zu wenden. Unterdes sen war dieses doch sehr viel gewagt; denn da Khaled General war, so konnten nun mit ihm die Unterhandlungen sicher gepflogen werden. Weil aber die rauhe Gemüthsart dieses stoltzen Arabers auf seiner Seite wenig Hoffnung zu ei
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) nem Vergleiche machte, so beschloß man, es möge nun daraus erfolgen was da wolle, die Sa che mit dem Obeidah
zu unternehmen.
[↔] Anfangs ließ man seine Gesinnung durch [↔] (Die Dama scener fangē
mit dem
Obeidah ei ne Unter handlung
an.) Abgeordnete ausforschen, welche man bey Nacht zeit zu dem Thore, welches seinem Quartiere ge genüber war, hinaus ließ. Man erhielt gar bald eine sehr vortheilhafte Antwort. Obeidah ließ den Damascenern wissen, daß sie der Un terhandlung wegen vollkommen sicher zu ihn kommen könnten; er schickte sogar einen von sei nen vornehmsten Hauptleuten, den Abu=Obei rah, zu ihnen, um die Unterhändler, die man zu ihm schicken wollte, mit zu bringen.
[↔] Die Damascener wurden über einen so glücklichen Anfang erfreut, und liessen sogleich verschiedene von den vornehmsten Einwohnern abgehen, welchen sie ihre Entschliessungen an vertrauten. Die Höfligkeit und Leutseligkeit des Obeidah, machte den Unterhändlern die schönste Hofnung. Sie wurden mit Achtung empfangen, und als sie ihre Vergleichungspun cte vortrugen, so fanden sie einen General, wel cher ihnen beynahe alles einzugehen bereit war. Der vornehmste Punct, worauf sie bestanden, betraf die Kirchen, um deren Erhaltung sie ba ten. Obeidah
machte anfangs Schwierigkeiten, endlich aber willigte er mit einigen Einschrän kungen in ihr Verlangen: er machte ihnen sieben (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) Kirchen aus, in welchen sie die freye Ausü bung ihre Religion sollten geniessen können. Da man also der verschiedenen Artikel wegen einig geworden war, so gab Obeidah sie ihnen schriftlich. Was aber die Ausführung anbe langte, so müßte man sich auf sein Wort ver lassen; denn da er nicht der oberste Feldherr war, so konnte er diesen Tractat nicht unterzeichnen. Unterdessen foderte er doch, daß man ihn von dem Augenblicke an die Stadt solle in Besitz nehmen lassen, in die er mit nicht mehr als hundert Leuten einziehen wolle. Er verlangte seiner Sicherheit wegen auch Geissel, und so bald er sie empfangen hatte, zog er in die Stadt ein.
[↔] Von diesem allen bekam Khaled nicht das geringste zu erfahren. Er sann damals gleich auf einen neuen Sturm, welcher auf der Morgen seite, wo sein Quartier war, vor sich gehen sollte. Während daß er die nöthigen Anstalten zu die sem Unternehmen machte, ward er von einem griechischen Priester, Namens Josias, angere det, welcher Gelegenheit gefunden hatte, aus Damascus zu entkommen, und bis in sein Quar tier zu gelangen. Er erbot sich, den Khaled in die Stadt zu führen, ohne daß es ihm einen neuen Sturm kosten solle, und bat dafür zur Belohlung, ihm und seinen Anverwandten alle Sicherheit zuverschaffen, und sie in dem Be sitze der Güter, welche sie in dem Gebiete von Damascus hatten, zu erhalten.
[↔] Nachdem der Vorschlag angenommen wor
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) den, so schickte
Khaled unter Anführung des Jo sias einen Hauffen von hundert Mann, welchen er befahl, sich des Morgenthores zu bemächti gen, die Ketten zu zersprengen, und Alla=achar zu ruffen, sobald sie es inne haben würden. Der Verräther Josias hielt sein Wort; die Araber wurden in die Stadt gebracht, und gaben bald dadurch das abgeredete Zeichen.
[↔] So gleich drang Khaled an der Spitze sei ner Trupen herein, und fing an alle Einwohner, die ihm unter die Hände kamen, auf das grau samste nieder machen zu lassen. Durch lau ter Morden gelangte er bis an den Platz vor der Hauptkirche. Aber wie erstaunte er nicht, als er sahe, daß Obeidah davon im Besitze war! Er schien mitten in dem Lerm, welchen die An kunft des Khaled in der Stadt erregt hatte, ru hig zu seyn; er war so wohl als seine Officiers entwaffnet, und man sahe eine grosse Menge Männer und Weiber um ihn versammlet, wel che unter dem Schutze dieses Heerführers sicher zu seyn glaubten.
[↔] Obeidah merkte in den Augen des Khaled [↔] (Streitig keit zwischen
Khaled und
Obeidah, we gen der Ein wohner von
Damascus.) seine Verwirrung und sein Mißvergnügen, ging dem Generale entgegen, und sagte, um ihn zu besänftigen, Gott habe aus
Barmherzigkeit das Blut der Mahometaner sparen wollen, und ihnen deswegen die Mühe sich zu schlagen be nommen, indem sich die Stadt gutwillig über= (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) geben habe. Und ich, ich habe sie mit Gewalt erobert, antwortete Khaled wüthend;
keine Gnade also für die Einwohner.
[↔] Diese schrecklichen Worte setzten die Da mascener in die äusserste Bestürtzung. Obei dah
wollte beständig den General zur Güte bringen, indem er ihm vorstellte, daß eine Ka pitulation da sey, daß er sie mit eigener Hand geschrieben habe, und daß sie ihm die Einwoh ner, wann er es erlaubte, zeigen wollten. Ey, versetzte Khaled, wie hat es dir einkommen können, eine Uebergabe zu verwilligen, ohne mich deswegen zu befragen? Bin ich nicht General, und kan man ohne mich das geringste schlüssen? Damit ich es al so zeige, daß ich Herr bin, so will ich al le Einwohner über die Klinge springen lassen?
[↔] Obeidah, welcher es wohl einsahe, daß der Generahl Recht habe, und daß er in der That nicht gehalten sey, einen Vergleich nachzukommen, welchen man ohne seine Einwilligung geschlos sen habe, versuchte ihn durch die Grundsätze sei ner Religion zu bewegen. Er stellte ihm vor, daß die Uebergabe im Namen
Gottes und des Propheten sey gemacht worden; daß alle Mu selmänner, welche damals bey ihm gewesen wä ren, sie gebilliget hätten; und daß er übrigens nicht geglaubt habe, in einer Sache, welche ihrem Volke so viel Ehre mache, auf seiner Seite eine so besondre Widersetzung anzutreffen.
[↔] Eine grosse Anzahl vornehmer Muselmän
(Abubeker.
Hegire 11.
n. C. G. 633.) ner trat hierauf des Obeidah Meinung bey, und that dem Khaled
die äussersten Vorstellun gen, ihn zu bewegen. Unterdessen aber setzten die Araber, welche dem Generale gefolgt waren, doch noch immer das Morden fort, und so gar verschiedene, die bey ihm waren, verliessen ihn, und gingen der Plündrung, wie die andern, nach. Als Obeidah von dieser Unordnung Nachricht er hielt, so stieg er zu Pferde, verließ den Khaled auf einen Augenblick, und sprengte durch die ver schiedene Theile der Stadt, wo die nach Beute und Blut begierigen Soldaten ihre Wuth aus übten. Er befahl ihnen im Namen des Pro pheten, mit dem Plündern so lange inne zu hal ten, bis der Streit, welchen er mit Khaled ha be, zur Richtigkeit gebracht sey.
[↔] Im Namen des Mahomets ließ das Lermen allmählig nach. Obeidah kehrte zu dem Kha led
zurück, welchen er noch immer entschlossen fand, von seiner einmal gefaßten Gesinnung nicht im geringsten abzugehen. Unterdessen schien er doch durch einige Vorstellungen gerührt zu seyn, die man ihm wegen der Wichtigkeit that, von der es in der Folge seyn könne, wenn er sich iezt zur Güte geneigt finden liesse. Man stellte ihm vor, daß noch eine grosse Anzahl Plä tze zu erobern wären; daß, wenn man die Da mascener nach einer, ob gleich mangelhafften, Kapitulation, so sehr mißhandeln wollte, die Mahometaner sich verhaßt machen würden; (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) und daß andre Städte, welche die Umstände nicht so genau wüßten, sie als Leute ohne Treu und Glauben ansehen, und also den Entschluß fassen würden, sich bis auf das äusserste zu ver theidigen, welches alsdann der ganzen Nation sehr viel Blut kosten müsse?
[↔] (Khaled be stätiget
die
den Dama scenern ver willigte Ue bergabe.)
[↔] Diese letztern Vorstellungen machten bey dem Khaled Eindruck, daß er endlich den Tra ctat, welchen Obeidah mit den Damascenern ge macht hatte, genehm hielt; er wollte aber doch vorher, daß man ihm ihren General Thomas, und noch einen andern vornehmen Officier, Na mens Herbis, welchen er durchaus keine
Gna de wollte wiederfahren lassen, ausliefern sollte. Unterdessen ließ er doch die neuen Vorstellun gen, die ihm Obeidah, in Ansehung dieser zwey Officiers, that, Statt finden. Er sagte ihm, daß sie in der Kapitulation nahmentlich begriffen wären, und daß er ihnen also die Gnade, die er den übrigen Einwohnern wiederfahren liesse, gleichfalls müsse wiederfahren lassen.
[↔] Die Damascener wurden also sämtlich in den Tractat, vermittelst welchen die Muselmän ner sie Vergleichsweise übernahmen, eingeschlos sen, und man machte sogleich durch die ganze Stadt bekannt, daß die Einwohner unter dem Schutze der Araber in Damascus bleiben, oder sich einen andern Ort zu ihrem Aufenthalt aus ersehen könnten, im Falle sie die Stadt zu verlas sen für gut befinden sollten.
[↔] Die Christen, welche zu Damascus bleiben(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) wollten, erhielten vermittelst eines Tributs, wel chen sie dem Sieger zu bezahlen versprachen, ihre freye Religionsübung. Es fand sich aber doch eine grosse Anzahl, die den Entschluß faß ten, dem Thomas, ihrem Generale, zu folgen, welcher sich mit den vornehmsten Einwohnern der Stadt Damascus nach Antiochia begeben wollte.
[↔] Thomas hielt hierzu um eine Bedeckung [↔] (Die den
aus Dama scus ziehen den Christen
verwilligte
Bedingungē.) an, und als Khaled Schwierigkeiten machte, ihm eine so starke, als er verlangte, zu verwilli gen, so bat der Damascenische General bloß, ihm drey oder vier Tage hindurch, welches ohngefehr so lange war, als sein Marsch währen konnte, alle Sicherheit zu versprechen. Khaled willig te darein, er fügte aber die Bedingung hinzu, daß die Damascener nichts mit sich wegnehmen sollten, als die Lebensmittel, welche sie die kur ze Zeit über nöthig haben könnten.
[↔] Obeidah war in der Kapitulation, die er ver williget hatte, weit gütiger gewesen; denn es befand sich ein Artikel darinne, welcher den Damascenern ausdrücklich erlaubte, ihre Hab seligkeiten und Gelder mit fort zu nehmen. Sie wandten sich also abermals an diesen General, und baten ihn, sein Ansehen bey dem Khaled zu gebrauchen, damit man sie die wenigen Vor theile, die ihnen in der Kapitulation verstattet wären, ganz geniessen liesse. Obeidah, welcher (Abubeker.
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n. G. C.
633.) nach seiner Gemüthsart so gar von dem Unglü cke seiner Feinde auf das heftigste gerührt ward, brachte endlich den Khaled dahin, auch in die sem Puncte nachzugeben.
[↔] Zu gleicher Zeit aber zeigte sich eine neue Schwierigkeit. Der General der Mahometa ner, welcher nur mit dem größten Widerstreben in dasjenige willigte, was den Christen etwa angenehm seyn konnte, verlangte wenigstens, daß alle diejenigen, welche fortzögen, unbewaff net seyn sollten. Es kostete neue Vorstellun gen, hierbey einige Linderung auszuwircken; und dieses war abermals das Werk des Obeidah, welcher dem Khaled zu überlegen gab, daß, da man den Damascenern alle Sicherheit ver sprochen habe, so sey es auch nothwendig, sie in den Stand zu setzen, daß sie auf ihrer Reise, so wohl von Seiten der das Land durchstreif fenden Partheyen, als von Seiten der wilden Thiere, die sie etwa anfallen könnten, nichts zu befürchten haben dürften. Nach vielen Schwierigkeiten erhielt man endlich Waffen für die Christen; allein es wurde ausgemacht, daß ein jeder nicht mehr als eine Art davon haben soll te, so daß derjenige z. E. welcher einen Degen ha be, weder Bogen, noch Lanze, und derjenige, welcher einen Bogen habe, weder Lanze noch Degen füh ren solle. Dieses war alles, was man von dem General der Muselmänner erlangen konnte.
[↔] (Die
Chri sten begeben
sich unter)
[↔] Nach diesen verschiedenen Vorbereitungen, machte man sich endlich auf den Weg. Es war ein sehr rührender Anblick, die vornehmen(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) Damascener, in Begleitung alles dessen, was sie beträchtliches hatten, diese angenehme Stadt, wo sie waren erzogen worden, und diese präch
[↔] (Anführung
des Thomas
und
Herbis
auf den Weg.) tigen Palläste verlassen zu sehen, wo sie so lan ge ein so angenehmes Leben geführet hatten. Sie hatten ihre Weiber und Kinder bey sich, deren natürliche Schwachheit sich durch alle die Bequemlichkeiten, die sie in dem Schoosse der Wollust und des Ueberflusses genossen hatten, um vieles vergrössert befand. Sie sahen sich genöthiget, eine mühselige Reise anzutreten, mitten durch abscheuliche Wüsten, unbebaute Wälder, und über rauhe Berge, wo sie viel leicht an dem allernothwendigsten würden Man gel leiden müssen.
[↔] Thomas, der Schwiegersohn des Kaysers Heraclius , stellte sich an die Spitze dieser un glücklichen Flüchtlinge; und Herbis, ein Offi cier von dem vornehmsten Range, theilte mit ihm die Sorge und Verwirrung, die sie bey Ein richtung dieses Zuges fanden. Man bemüh te sich, alles so anzuordnen, daß die Weiber und Kinder, und das Geräthe, welches uner meßlich war, wider die Anfälle der Räuber, die das Land durchstreiften, gesichert wären. Man machte also verschiedene Hauffen Reute rey, welche diese unglückliche Vertriebene wider das, was ihnen etwa begegnen könnte, beschü tzen sollten.
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.)
[↔] Der Unwille, welchen Khaled gegen die Da mascener, bey Schlüssung des Tractats, den [↔] (Khaled
will
den Christen
nachsetzen.) Obeidah mit ihnen gemacht, bezeigt hatte, schien noch weit heftiger zu werden, als sie fort gezogen waren. Er konnte es nicht ohne Aer gerniß ansehen, daß sie ihm so entgehen sollten. Der Verdruß, den er darüber hatte, brachte ihn auf einen Einfall, welcher seiner Grausam keit und Ungerechtigkeit würdig war. Er be stand darinne, diesen unglücklichen Christen nachzusetzen, sie gänzlich auszurotten, und sich der Reichthümer, die sie mitgenommen, zu be mächtigen.
[↔] Unterdessen da die Beobachtung der Frie densschlüsse ein Punct ist, welcher in dem Gese tze des Mahomets ausdrücklich gebothen ist, so machte er sich einiges Bedenken, welches er a ber gar bald zu unterdrücken wuste. Er hatte den Damascenern zwar in der That alle Si cherheit auf ihrem Wege versprochen, es war aber auch ausgemacht worden, daß diese Si cherheit nicht länger als drey Tage dauern solle. Diese Zeit also ließ er verstreichen, und bediente sich derselben unterdessen, die nöthigen Befeh le an viertausend auserlesene Mann zu stellen, um sich fertig zu halten, Tag und Nacht die Christen zu verfolgen, sobald die drey Tage um seyn würden.
[↔] (Streit zwi schen dem
Khaled und)
[↔] In diesem Zwischenraume erhob sich ein Streit wegen des Getreides, welches sich zu Damascus befand. Khaled behauptete, daß es(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) den Muselmännern, vermöge des Rechts der Er oberung gehöre. Auf der andern Seite aber stellten diejenigen Damascener, welche lieber [↔] (Obeidah we gen des Ge treides, wel ches zu Da mascus war.) zinsbar werden, als sich fortmachen wollten, vor, daß dieses Getreide ihnen bleiben müste, und daß auch dieses noch ein Punct der Kapi tulation sey? Der General der Muselmän ner, welcher schon die übrigen mit größtem Wi derwillen eingegangen war, stritt wider diesen ungemein heftig; umsonst nahmen Obeidah so wohl, als verschiedene andere arabische Officiers, die Vertheidigung der Damascener über sich; Khaled kam bis zur Wuth ausser sich, und man konnte ihn nicht eher besänftigen, als bis man ihm vorschlug, die Entscheidung dieses Streits an den Califen
gelangen zu lassen. Der Gene ral willigte darein, und sogleich ward ein Cu rier nach Medina abgeschickt, dem
Abubeker von allem, was bisher vorgegangen, Nachricht zu geben.
[↔] Diese Streitigkeit hätte bald gemacht, daß Khaled seinen Entschluß wegen des Nachsetzens vergessen hätte. Die Damascener waren schon vier Tage unterwegens, und es war zu vermu then, daß sie in dieser Zeit einen Zufluchtsort würden gefunden haben.
[↔] Weil aber Khaled die Beschwerlichkeit des Weges, die Menge der Alten, der Weiber und Kinder, welche unter diesen Flüchtigen waren, (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) und das üble Wetter, das sie seit ihrer Abreise gehabt hatten, überlegte, so bildete er sich ein, daß sie vielleicht würden seyn aufgehalten wor den, und er sie wohl noch einhohlen könne.
[↔] (Begeben heit eines
Christen, Na mens Jonas.)
[↔] Gleichwohl war er noch zweifelhaft, was er thun solle; doch das heftige Anliegen eines christlichen Renegaten bewegte ihn endlich, sei nen Vorsatz auszuführen. Dieser Renegate hieß Jonas. Es war ein junger Mensch von Stande, welcher eine junge Damascenerin aus einer vornehmen Familie geheyrathet hatte. Als die Heyrath geschlossen war, hatten die Ael tern des jungen Frauenzimmers plötzlich ihre Gesinnungen geändert, und als Jonas seine Frau verlangt hatte, sie in sein Haus zu füh ren, so hatte man sie ihm abgeschlagen, und hat te ihm sogar verbothen, zu ihr zu kommen. Weil die Araber damals vor Damascus gekom men waren, so muste man an etwas anders, als an die Ausführung dieser Angelegenheit, denken. Jonas, welcher seinen Gegenstand nicht aus den Augen ließ, machte sich den Ler men, welchen die Belagerung verursachte, zu Nutze, sich eine Unterredung mit seiner jungen Frau zu verschaffen; sie wurden mit einander einig, aus Damascus zu fliehen. Sie machten sich auch in der That beyde gefaßt, bey Nacht zeit fortzugehen, und vermittelst etwas Geldes, welches sie unter die Wachen vertheilten, ge lang es ihnen, aus Damascus zu entkommen.
[↔] Jonas, welcher voran ging, ward gar bald(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) von den Arabern angehalten, die das Umreiten hatten. Die junge Frau, welche alles hörte, was vorging, hatte Zeit ihren Weg wieder zu rück zu nehmen, und nach Damascus zu kom men, wo man sie wieder einließ. Jonas wur de von dem Officier, welcher ihn angehalten hatte, befragt, und erzehlte seine ganze Ge schichte. Man schmeichelte ihn mit der Hoff nung, daß er seine Frau bald wieder solle zu sehen bekommen, weil die Stadt in kurzen wer de eingenommen werden; man fügte aber als eine Bedingung hinzu, daß er den Augenblick ein Mahometaner werden müsse, oder daß man ihn widrigen Falls umbringen wolle.
[↔] Diese schreckliche Drohung machte bey die sem unglücklichen Christen einen solchen Ein druck, daß er den Augenblick die Mahometa nische Religion anzunehmen bewilligte. Da dieser erste Schritt gethan war, so kostete ihm das übrige alles wenig, oder nichts. Indem er seine Religion vergaß, vergaß er auch sein Vaterland; er nahm Dienste bey den Maho metanern, und gab sich bey der Eroberung von Damascus viel Mühe, in Hoffnung den Ge genstand, welcher ihn bezauberte, daselbst wie der anzutreffen.
[↔] Seine erste Sorge war auch in der That, so bald die Araber die Stadt überkommen hat ten, sich nach seiner jungen Frau zu erkundi= (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) gen. Als er vernahm, daß sie in ein Klo ster geflüchtet sey, so ging er hin, sie zu suchen. Seine Freude, sie wieder zu sehen, war unbe schreiblich. Er erzehlte ihr endlich, was er für Gefahr ihrentwegen ausgestanden, und zu was er sich habe entschliessen müssen, dem Unglücke vorzukommen, auf ewig von ihr getrennt zu werden.
[↔] Die Geschichte seines Abfalls verursachte in dem
Gemüthe dieses jungen Frauenzim mers eine sehr plötzliche Veränderung. Die Liebe für die Religion erhielt die Oberhand über die Neigung, welche sie zu den Jonas gehabt hatte; sie begegnete ihm mit der äussersten Ver achtung, sie entfernte sich, und versicherte ihn, daß sie nimmermehr mit einem Menschen, wel cher die Schwachheit gehabt habe, das Chri stenthum abzuschwören, etwas wolle zu thun haben; und als die Damascener endlich die Er laubniß erhalten hatten, die Stadt zu verlas sen, so begab sie sich mit der Tochter des Hera clius und andern Frauenzimmer weg, um sich nach Antiochia zu wenden.
[↔] Jonas, welcher mit den meisten mahome tanischen Hauptleuten, und besonders mit dem Khaled, Freundschaft gemacht hatte, hielt bey diesem Generale inständigst an, daß er sein An sehen brauchen und seine Frau zurück halten möge. Khaled aber, welcher schon wegen der Kapitulation überhaupt Streit gehabt hatte,
wollte sich, einer einzeln Person wegen, kei
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) nen neuen machen, so daß er ihm also seine Bitte gänzlich abschlug.
[↔] Weil sein Anliegen nichts gefruchtet, so [↔] (Jonas be wegt den
Khaled, die
Christen zu
verfolgen.) machte er sich den Anschlag zu Nutze, wel chen Khaled, die Damascener zu verfolgen ge macht hatte, und erbot sich sogar bey diesem unseligen Unternehmen zum Wegweiser zu die nen. Weil der Mahometanische General, wie ich gesagt habe, bald darauf alles dieses ver gessen zu haben schien; so lag Jonas, welcher bis zur Verzweiflung getrieben ward, daß ihm das einzige Mittel, seine Frau wieder zu se hen, entgehen sollte, dem Khaled so inständigst an, daß er ihn endlich bewegte, seinen fast vergessenen Anschlag wieder vorzunehmen. Auf diese Art machte also dieser unwürdige Abtrün nige, in dem Vorsatze seiner Neigung Genüge zu thun, keine Schwierigkeit, sich zum Werk zeuge brauchen zu lassen, um eine unzählige Menge seiner Landsleute, welche durch die Mühseligkeiten einer langen Belagerung, und noch mehr durch die Beschwerlichkeiten der Rei se, entkräftet waren, der Grausamkeit der Ara ber zu überliefern.
[↔] Khaled nahm also, auf Anhalten dieses Re negaten, seinen Anschlag wieder vor. Er brach mit vier tausend Mann auf, die er ausgelesen und auf griechische Weise, nach dem Rathe des Jonas, gekleidet hatte, um die Damascener (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) desto leichter zu betriegen, welche vielleicht ein Mittel hätten finden können, sich in Sicherheit zu setzen, wann sie gehört hätten, daß eine so beträchtliche Menge Araber ihnen nachsetze.
[↔] Der General der Muselmänner that seinen Marsch so eilig, daß er gar bald im Stande war, die Damascener zu erreichen. Es schien übrigens alles ihr Unglück zu wollen. Wann es nur darauf angekommen wäre, sich nach An tiochia, wie man es anfangs vorhatte, zu bege ben, so hätten sie leicht vor Ankunft der Araber diesen Ort erreichen können; weil aber der Käy ser von ihrem Vorhaben Nachricht erhielt, so schickte er ihnen schleinig einen Bothen entge gen, welcher ihnen in seinem Namen befehlen mußte, sich nach Constantinopel zu wenden. Heraclius
befürchtete mit Grund, daß die An kunft der Damascener in Antiochia, diese Stadt in die größte Bestürzung setzen würde, und daß die Erzehlung von den Thaten der Araber die Einwohner vielleicht so furchtsam machen kön ne, daß sie den Ort gänzlich verliessen.
[↔] Diese Veränderung verursachte den Ver lust der Damascener, welche sonst ganz leicht sicher nach Antiochia hätten kommen können. Allein die Nothwendigkeit, welche ihnen der Käyser auflegte, einen so weiten Zufluchtsort zu suchen, brachte sie den Arabern in die Hän de. Dieses aber geschah doch erst nach einem Marsche von etlichen Tagen; der Umweg, wel
chen sie genommen hatten, um auf den Weg(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) nach Constantinopel zu kommen, machte, daß das Nachsetzen der Araber ein wenig nachließ; weil aber eine so grosse Menge nirgends durch ziehen konnte, ohne Spuren von sich zu hin terlassen, so kostete es den Arabern wenig Mü he sie anzutreffen. Sie entdeckten sie in einer Ebene, wo sie sich ein wenig auszuruhen, nie dergelassen hatten.
[↔] Dieser für die Damascener so unglückliche Tag, war übrigens der hellste und schönste, den sie auf ihrer Reise gehabt hatten. Es war be ständig sehr stürmisches Wetter gewesen, und noch den Tag vor der schrecklichen Einholung der Araber, hatte es unaufhörlich, bis die Nacht hindurch, geregnet.
[↔] Als den Morgen darauf die Sonne aufge gangen war, hattte das Wetter den schönsten Tag zu versprechen geschienen. Sie hielten da her auf einer anmuthigen Wiese stille, um nur ein wenig auszuruhen, und auf dem Grase ei nen Theil ihres Geräths und ihrer Kleider aus zubreiten und zu trocknen.
[↔] Als sie Khaled in dieser Stellung von wei
[↔] (Khaled
hohlt die
Christen ein,
fällt sie an,
und hauet sie
in Stücken.) ten sahe, merkte er wohl, daß es ihm nicht viel Mühe kosten würde, sich dieser ganzen Menge zu bemächtigen, welche durch die Beschwerlich keiten des Weges entkräftet, und nicht einmal mit den nöthigen Waffen versehen war, einen nur ein wenig hitzigen Anfall auszuhalten. Er (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) theilte seine Leute sogleich in vier Hauffen. Ei nen wollte er selbst anführen, und die übrigen gab er dreyen von seinen vornehmsten Haupt leuten, dem Derar,
Rafi und Abdarrahman.
[↔] Da der Anfall, nach der Einrichtung des Generals, nur nach und nach von diesen ver schiedenen Hauffen geschehen sollte, so behielt es sich Khaled vor, zuerst anzurücken. Er fiel die Christen sehr hitzig an, allein er fand mehr Widerstand, als er geglaubt hatte. Thomas hatte ihn von weiten kommen sehen, und hatte sich gefaßt gemacht ihn zu empfangen, obschon nicht als einen Feind, weil dieser General und seine Araber, wie ich schon gesagt habe, grie chisch gekleidet waren, und er also eben nichts gefährliches vermuthen konnte; unterdessen hat te er doch seine Maaßregeln auf allen Fall ge nommen, und alle zu sich geruffen, die im Stande waren, sich einigermaassen zu verthei digen.
[↔] (Thomas
bleibt.)
[↔] Er blieb nicht lange in der Ungewißheit, mit wem er zu thun habe; er erkannte den
Khaled, und hielt seinen Anfall mit vieler Tap ferkeit aus; da aber die Anführer der andern Hauffen dazu kamen, so war es ihm nicht mög lich, länger zu widerstehen. Die Araber, wel che vortheilhafter bewaffnet waren, machten die unglücklichen Christen auf das grausamste nieder. Thomas selbst war unter denen, wel che zuerst umkamen. Nachdem er durch einen gewaltsamen Hieb war zu Boden gestürzt wor
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) den, hieb ihm Abdarrahman den Kopf ab, steck te ihn auf die Spitze der Creutzfahne, die er von den Damascenern erobert hatte, und schrie:
Wehe euch, ihr Christenhunde; sehet da, das Haupt eures Anführers:
[↔] Dieser schreckliche Anblick beschleinigte die [↔] (Herbis hat
gleiches
Schicksal.) Flucht der unglücklichen Damascener. Bald darauf kam auch Herbis, einer von ihren vor nehmsten Generalen durch das Schwerdt der Muselmänner um. Nun war auf Seiten der Christen kein Widerstand mehr, sie liessen sich todt machen, ohne sich im geringsten zu ver theidigen.
[↔] Während des Treffens stritt Jonas zwar [↔] (Des Jonas
Frau tödtet
sich selbst.) auch, allein auf eine ganz andere Art. Er freuete sich, daß die Damascener gnugsam mit den Arabern zu thun hatten, und war bis an den Ort eingedrungen, wo sich die Weiber be fanden, um sich seiner Frau zu bemächtigen. Er fand sie auch endlich, und wollte sie er greiffen; allein diese großmüthige Christin ver theidigte sich mit einer erstaunlichen Herzhaftig keit. Unterdessen gelang es ihm doch, sie ge fangen zu nehmen; indem er aber glaubte, sie in seiner völligen Gewalt zu haben, zog sie, ohne daß er es merkte, ein Messer heraus, womit sie sich die Brust durchstieß, und todt zu seinen Füssen fiel.
[↔] Es ist nicht zu beschreiben, wie groß der (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) Schmerz des Jonas bey einem so grausamen Zufalle war. Er wollte sich in seiner Ver zweiflung selbst umbringen; allein er ward von einigen Offcieren daran verhindert, welche eben zu rechter Zeit dazu kamen. Die Heftigkeit seines Schmerzes wich endlich den Vorstellungen, die ihm die Generale der Muselmänner machten. Sie brauchten die Lehre des Propheten dazu, vor welche dieser Abtrünnige allezeit sehr viel Achtung bezeiget hatte, und stellten ihm vor, daß dieser sich ietzt ereignete Zufall von Ewigkeit her in der Ord nung der Dinge fest bestimmt sey, daß es das ewige
Schicksal nicht vor gut befunden, ihn mit dieser Frau jemals leben zu lassen, und daß es ihn vielleicht zu einer bessern Verbindung auf behalte.
[↔] (Die Toch ter des
He raclius wird
dem Thomas
gegeben.)
[↔] Beynahe hätte auch nicht viel gefehlt, so wäre die Wittwe des Thomas, die Tochter des Käysers Heraclius, diesem Renegaten überlas sen worden, um ihn wegen des Verlusts seiner Frau zu trösten. Rafi, einer von den maho metanischen Generalen, in dessen Gewalt diese Prinzeßin gekommen war, machte diesem Nichts würdigen ein Geschenke damit, und dieser hat te auch die Unverschämtheit sie anzunehmen, ohne viel zu überlegen, daß der Vater dieser Prinzeßin sein gebietender Herr gewesen sey. Khaled selbst bewilligte eine so schimpfliche Ue berlassung, er fügte aber doch die Bedingung hinzu, daß sie Jonas nicht anders, als in dem(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) Falle, wenn sie der Käyser nicht frey kauffen wollte, in Besitz nehmen sollte.
[↔] Hierauf verweilte dieser General nicht län
[↔] (Khaled
kehrt nach
Damascus
zurück.) ger, sich wieder auf den Rückweg nach Dama scus zu begeben: er war wegen der Folgen, die dieses letzte Unternehmen haben könnte, und zwar mit Recht, unruhig. Er konnte sich leicht einbilden, daß es nicht so heimlich habe können gehalten werden, daß der Ruf davon nicht bis an den käyserlichen Hof sollte gekommen seyn. Es war zu befürchten, dieser Monarch möchte von den wenigen Trupen Nachricht bekommen ha ben, mit welchen er den Damascenern nachge setzt, und folglich schleinige Maaßregeln neh men, ihm den Weg nach Damascus abzu schneiden, und sich wegen der Grausamkeit, die er an den elenden Einwohnern dieser Stadt ausgeübt, zu rächen.
[↔] Khaled zog sich also, mit den wenigen Ge fangenen, welche dem Niedermetzeln entgangen waren, schleinig zurück, und ließ alles Geräthe, welches er bey diesem Unternehmen erbeutet hatte, nach Damascus bringen. Mitten auf dem Marsche brachte man ihm die Nachricht, daß man eine grosse Wolke von Staub aufstei gen sehe, welche die Annäherung einer grossen Mannschafft zu verkündigen schiene. Der Mu selmann war anfangs ein wenig besorgt, was (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) es wohl seyn könne, doch seine Furcht verlohr sich, als ihm die Reuter, die er darnach aus geschickt hatte, die wahre Beschaffenheit zu melden kamen.
[↔] (Der Käy ser bittet um
die Freyheit
seiner Toch ter, und er hält sie.)
[↔] Man sagte ihm, es sey ein Bischof, wel chen eine grosse Menge Christen begleiteten; er komme bey ihn, um Gehör zu bitten. Als Khaled hierauf sogleich Halte machte, so kam der Bischof heran, und bat ihn im Namen des Käysers, ihme die Wittwe des Thomas, die Tochter dieses Monarchen, auszuliefern. Der General machte keine Schwierigkeit die Prin zeßin frey zu geben, er wandte sich aber auch zugleich mit folgenden Worten an den Bischof:
Sage deinem Herrn, daß zwischen mir und ihm niemals Friede werden wird; und daß, wenn ich ihm heute seine Toch ter wieder gegeben, es nur in der Hoff nung geschehen sey, ihn selbst bald ge fangen zu bekommen.
[↔] Nachdem sich der Bischof mit dieser Ant wort zurück begeben, setzte Khaled seinen Weg nach Damascus fort, allwo seine Ankunft die Trupen, die er daselbst gelassen hatte, in gros se Freude setzte: denn man fing allmälig an, seines Schicksals wegen besorgt zu seyn, und die meisten befürchteten, die verwegene Tapfer keit dieses Generals werde den Verlust seiner ganzen Mannschaft verursacht haben.
[↔] (Man theilt
die Beute.)
[↔] Gleich nach seiner Ankunft ließ er alles theilen, was man den Damascenern abgenom
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) men hatte. Man theilte alles in fünf Theile, wovon vier unter die Anführer und Soldaten vertheilt, der fünfte aber aufbehalten wurde, um in den öffentlichen Schatz gethan zu wer den. Khaled schickte ihn mit einem Briefe an den Califen, worinne er ihm alles umständ lich meldete, was bey der Eroberung von Da mascus vorgefallen war. Er bestand besonders auf die Entscheidung der Streitigkeiten, die er mit dem Obeidah gehabt, und beschloß endlich seinen Brief mit der Erzehlung, wie er den wegziehenden Damascenern nachgesetzt habe.
[↔] Abubeker erhielt diesen Brief nicht; eben [↔] (Tod des
CalifenAbu beker
.) so wenig als er den vorhergehenden erhalten hatte, in welchem man ihn um Beilegung des Streits, der sich zu Damascus wegen des Ge treides erhoben hatte, bat. Er hatte nicht ein mal die Nachricht von Eroberung dieser Stadt be kommen können; denn er war eben an dem Ta ge gestorben, als sich Khaled
derselben bemächti get hatte. Die arabischen
Schriftsteller sind we gen der Umstände seines Todes nicht einig. Ei nige versichern, er sey von den Juden
vergiftet worden. Andre behaupten, er habe sich an ei nem sehr kalten Tage gebadet, worauf er von ei nem hitzigen Fieber überfallen worden, welches ihn in vierzehn Tagen ins Grab gebracht: auf diese Art erzehlt es Aiesha, seine Tochter, in den Uberlieferungen, die unter ihrem Namen herum gehen.
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.)
[↔] Als Abubeker krank ward, so trug er dem Omar auf, an seiner Statt das öffentliche Ge bet zu verrichten; und als seine Krankheit ge= (Abubeker
ernennt den
Omar zum
Nachfolger.) fährlicher ward, so ließ er seinen geheimen Schreiber ruffen, welchem er folgendes, als eine Art eines Testaments, vorsagte.
[↔] Im Namen Gottes des Er barmers. Abubeker=ebn=Ali=Co hofa
machte sein Testament, da er be reit war aus der Welt zu gehen, in dem Augenblicke, da die Ungläubigen glau ben, da die Gottlosen keine Zweifel mehr haben, und die Lügner die Wahrheit reden. Ich ernenne den
Omar=ebn Al=Khetab
zum Regenten nach mir, weil ich weiß, daß er rechtschaffen ist. Ich hoffe, daß er der Gerechtigkeit ge mäß regieren wird; wann er aber an ders thut, so wird ihm nach seinen Wer ken vergolten werden; ich habe mein möglichstes gethan, allein die geheime Gedanken kan ich nicht wissen; das ist gewiß, daß die, welche Uebels thun, da für werden bestraft werden. Lebet wohl; Die Barmherzigkeit und der Seegen des Himmels sey über euch.
[↔] (Omarschlägt
die Nachfol ge aus.)
[↔] Omar erfuhr das, was der Calife zu seinem Besten verordnet habe, mit vieler Gleichgültig keit. Er war zwar gegen die Freundschaft des
Abubekers, und das Vertrauen, welches er in ihn gesetzt hatte, nicht unempfindlich; allein er(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) begnügte sich ein Privatleben zu führen, und bekümmerte sich wenig um hohe Ehrenstellen, welche allezeit ihre Verwirrungen und Unan nehmlichkeiten haben. Er hatte deswegen mit dem Califen eine lange Unterredung. Er that sein möglichstes, ihn dahin zu bringen, daß er seinen Entschluß ändere, und bat ihn zu überle gen, daß er bey seiner Denkungsart keine Wür den nöthig habe, glücklich und zufrieden zu le ben.
[↔] Abubeker antwortete ihm verbindlicher wei se, daß aber die Würde seiner benöthigt sey; daß es kein Geschenke sey, welches er einzig als ein
Zeichen seiner Freundschaft ansehen müsse, es sey vielmehr der letzte Beweis seines Eyfers und seiner Zärtlichkeit für das Volk. Omar unterstand sich nicht, mehr Schwierigkeiten zu machen. Die übrige Unterredung bestand aus guten Lehren, die ihm Abubeker, wegen der Re gierung des Staats, zu ertheilen für nöthig er achtete.
[↔] Als die Unterredung aus war, begab sich [↔] (Gebet des
Abubeker.) Omar weg. Sogleich hob Abubeker Augen und Hände gen Himmel, und betete mit vieler Innbrunst. O Gott, schrie er, du siehest, daß ich nichts als das Wohl der Völker vor Augen habe; gieb, daß Omar wohl re giere; breite die Lehre des Propheten un ter seiner Regierung aus; gieb aber auch,
(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) daß seine Anhänger rechtschaffne Leute seyn mögen. Er starb kurze Zeit darauf, und ward von allen seinen Unterthanen unge mein beklagt. Seine Regierung hatte nicht länger als zehn Jahr, drey Monate und zehn Tage gedauert. (*)
[↔] (Charakter
des
Abube ker.)
[↔] So war das Ende des ersten Califen der Araber; eines Regenten, der in der That we gen seiner Keuschheit, Mäßigkeit, Bescheiden heit und Nüchternheit viel Lob verdiente. Er lebte beständig in einer bewundernswürdigen Entsagung aller Güter, aller Ehren, und alles dessen, was hiernieden die Glückseligkeit der Menschen ausmacht. Sogar die oberste Ge walt hatte für ihn wenig Reitze, und man hat gesehen, daß die Liebe für das gemeine Beste und die Ruhe des Staats der einzige Bewe gungsgrund war, den Thron zu besteigen, wel chen er allezeit wieder zu verlassen bereit war, wenn es das gemeine Beste erfordern sollte.
[↔] Er trug seiner Tochter, der Aiesha, auf, al les unter die Armen auszutheilen, was er seit seiner Regierung könnte erworben haben. Er war allezeit sehr aufmerksam gewesen, den Un glücklichen unter die Armen zu greiffen, und besonders Leuten von Verdienst, welche sich in Dürftigkeit befanden. Alle Wochen theilte er 20
das Geld aus, welches sich in dem gemeinen(Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G. 633.) Schatze befand. Einen Theil davon gab er den Kriegsleuten, und das übrige theilte er unter rechtschaffne Leute, von welchen er wußte, daß sie Noth litten. Diese Austheilung geschah al le Freytage Abends. Es geschahe sehr selten, daß er etwas für sich behielt. Er begnügte sich mit dem, was er von seinen Vorältern geerbt hatte, und lebte allezeit von seinem Eigenthu me; so daß er die zwey Jahre seiner Regierung nicht mehr als drey Drachmen aus dem Scha tze nahm, welche er, wie er sagte, als die Be lohnung seiner Dienste betrachtete.
[↔] Man erzehlt bey dieser Gelegenheit, daß Omar, als er den Abubeker wegen seiner be wundernswürdigen Uneigennützigkeit hatte lo ben hören, solle gesagt haben, dieser Calife habe seinen Nachfolgern ein Muster hinterlas sen, welchem sehr schwer zu folgen sey.
[↔] Die arabischen Geschichtschreiber, welche diesen grossen Mann geschildert haben, haben ihm eine ansehnliche Gestalt beygelegt; etwas hager, von sehr lebhafter Farbe, mit einem lichten Baarte, welchen er, nach orientalischer Gewohnheit, schmünckte und mahlte.
[↔] Es behaupten einige, er sey es gewesen, welcher die verschiednen Hauptstücke des Korans, welche zu Zeiten des Mahomets auf einzeln Blättern enthalten waren, in einen Band ge= (Abubeker.
Hegire 12.
n. C. G.
633.) sammlet habe. Dieser Band wurde der Haf sah, einer Tochter des Omars, welche eine von den Weibern des Propheten
gewesen war, aufzuheben gegeben.
Omar.
zweyter Calife.
(Omar.
Hegire 13.
n. C. G. 634.)
[↔] Omar ward ohne dem geringsten Wider spruch als Calife erkannt. Die Sorgfalt, welche Abubeker gehabt hatte, ihn zu sei= [↔] (Omar
wird
Calife.) nem Nachfolger zu ernennen, kam allen Un ordnungen zuvor, welche deswegen hätten ent stehen können; so daß Ali, welcher bey der Wahl des ersten Califen einigen Anspruch auf diese Würde gemacht hatte, bey dieser Erweh lung nicht die geringste Bewegung machte.
[↔] Man gab ihm Anfangs den Titel eines Califen des Califen des Apostels Gottes, das ist, eines Nachfolgers des Nachfolgers des Mahomets. Da aber Omar der Versamm lung vorstellte, daß in den folgenden Zeiten das Wort Calife, eine Wiederhohlung leiden würde, welche mit der Nachfolge bis in das Unendliche hinaus gehen müßte, (*) so nahm 21
Mogairah - ebn - Schaad das Wort, und schlug(Omar.
Hegire 13.
n. C. G.
634.) ein Mittel vor, dieser Unbequemlichkeit vorzu kommen. Herr, sagte er, du bist unser
Emir; (das ist, Befehlshaber) wir, durch Gottes Gnade, sind alle
Mumenins; (das ist, Gläubige) nimm also den Titel an, welchen wir dir geben, Emir=al=Mu menin. Die ganze Versammlung bezeigte wegen deß, was Mogairah gesagt hatte, ihre Freude; und Omar war also der erste Calife, welcher den Beynamen: Haupt der Gläubigen, der hernach auf seine Nachfolger gekommen ist, erhalten hat.
[↔] Sobald Omar zum Regenten war erklärt worden, begab er sich in die Moschee, wo er auf die Canzel stieg, und zu dem Volke redete. Er gab ihnen zu verstehen, er habe die Regie rung bloß in der guten Meinung von ihrer Un terthänigkeit, Treue und Liebe gegen das Va terland, und besonders von ihrem Eyfer gegen die Mahometanische Religion, übernommen; und schloß mit einigen moralischen Ermahnun gen. Auf diese Art endigten sich die Ceremo nien seiner Besteigung des Thrones.
(Omar.
Hegire 13.
n. C. G. 634.)
[↔] Da also der neue Calife sich die Regie rungs - Geschäfte aufgetragen sahe, so nahm er solche Maaßregeln, welche er für das ge meine Beste, und für die Beförderung der Re ligionssache am dienlichsten zu seyn erachtete.
(Omar giebt
dem Obeidah
das oberste
Commando.)
[↔] Weil der Brief, welcher die Eroberung der Stat Damascus meldete, erst einige Zeit nach dem Absterben des Abubekers nach Medina ge kommen war, so ward er dem Omar überlie fert, und sobald er ihn gelesen hatte, beschloß er, dem Khaled das Commando der Trupen zu nehmen und es dem Obeidah zu geben. Diese Veränderung konnte ohne Widerspruch von Seiten der Muselmänner nicht geschehen. Kha led hatte in Medina einen beträchtlichen An hang, der ihn für den allergrößten General hielt; so daß Omar
kaum sein Vorhaben in der Versammlung entdeckt hatte, als sich ein Mur ren erhob, welches nur allzuwohl zeigte, daß nicht jedermann wie der Calife denke.
[↔] Ein junger Muselmann nahm im Namen aller, die für den Khaled waren, das Wort, und stellte sehr lebhaft vor, daß dieser Gene ral das Werkzeug gewesen sey, dessen sich der Himmel bedient habe, die Eroberungen der Nation zu erweitern, und die Religion auszu breiten und ehrwürdig zu machen; daß man ihm also das Commando nicht nehmen könne, ohne sich vor Gott des Nachtheils schuldig zu machen, welches diese Veränderung dem Staa
te überhaupt, und der Mahometanischen Reli
(Omar.
Hegire 13.
n. C. G.
634.) gion insbesondre, unfehlbar bringen werde.
[↔] Diese Vorstellungen, welche in der That gegründet genug waren, machten bey dem Ca lifen
einigen Eindruck; gleichwohl aber hinder ten sie ihn nicht, sein Vorhaben auszuführen. Statt aller Gründe führte er an, Obeidah sey von einer sanften, gemäßigten und gegen die Soldaten mitleidigen Gemüthsart; Khaled hin gegen sey auffahrend, und gebe bloß seiner Wuth Gehör, so daß der Fortgang vielmehr ein Werck seines guten Glücks, als seiner Klug heit sey.
[↔] Omar folgte also seinem Vorsatze; er ant wortete auf das Schreiben, worinne ihm die Er oberung von Damascus berichtet wurde, und richtete diesen Brief an den
Obeidah, dem er den Tod des Abubeker, seine Erwehlung zum Nachfolger, und den Entschluß meldete, daß er künftig anstatt des Khaleds das oberste Com mando führen solle.
[↔] Obeidah erhielt diesen Brief, gleich als(Verwir rung des
Obeidah
we gē seiner Be förderung.)
Khaled den Damascenern nachsetzte. Er ward nicht wenig über alle die Neuigkeiten stutzig, die er enthielt, am meisten aber über das ihm auf getragene oberste Commando. Die Beschei denheit, welche ihm eigen war, und sein weni ger Ehrgeitz machten ihn gegen hohe Stellen sehr gleichgültig, und übrigens fiel es ihm höchst schmerzlich, den Khaled von der Würde, die er (Omar.
Hegire 13.
n. C. G.
634.) besaß, zu verdringen. Er war also sehr be kümmert, wie er den Brief, den er erhalten hat te, gebrauchen solle. Da ihm die Abwesenheit des Generals Zeit genug zur Ueberlegung ließ, so faßte er den Entschluß, von dem Briefe des Califen nichts zu erwähnen. Da Khaled also wieder zurück gekommen war, so ließ ihn Obeidah nochmals nach Medina schreiben, um seine letzten Thaten zu melden; und da von der Verände rung des Califen unter den Trupen noch nichts ausgekommen war, so ward der Brief an den Abubeker gerichtet.
[↔] Als Omar diesen Brief erhielt, so erstaun te er sehr, daß man die vorgefallene Staatsver änderung in Syrien noch nicht wisse. Das Stillschweigen des Obeidah schien ihm übrigens ein so viel seltsamer Geheimniß, da er vermit telst des Briefes, welcher ihn zum obersten Feldherrn ernennte, alle mit dem Khaled ge habten Streitigkeiten, um deren Entscheidung dieser nachmals bat, leichtlich hätte beylegen kön nen.
[↔] (Der neue
Calife
mel det der Ar mee seine Er hebung.)
Omar antwortete so gleich auf diesen Brief, und richtete die Antwort wiederum an den Obei dah. Damit es aber dieser General, entweder aus Bescheidenheit, oder aus andern Ursachen, mit diesem zweyten Briefe nicht wie mit dem ersten machen möge, so mußte ihn ein vornehmer Kriegsbedienter, Namens Schaddad=ebn=Aus, nach Damascus bringen, ihn in Gegenwart der Muselmänner ablesen, und den Omar unter den Trupen zum Califen ausruffen lassen.
[↔] Nachdem Schaddad eiligst nach Damascus(Omar.
Hegire
13.
n. C. G. 634.) gekommen war, ging er gleich gleich anfangs zu dem Khaled, welchem er den Tod des Abubekers und die Erwehlung des Omars meldete. Er sagte ihm hierauf, daß er einen Brief von dem neuen
Califen an den Obeidah habe, daß ihm aber befohlen sey, ihn in Gegenwart der Gläu bigen abzulesen. Khaled, welcher bey dem Omar nicht wohl stand, konnte leichte vermuthen, daß, da dieser Brief nicht an ihn gerichtet sey, er Be fehle enthalten müsse, die ihm nicht günstig seyn würden: Er erfuhr sein Schicksal
auch gar bald von dem Abgeschickten des Califen selbst, welcher ihm aus der Veränderung, die ihm persönlich anging, kein Geheimniß machte.
[↔] Sobald der Brief verlesen war, schien man [↔] (Die Armee
bezeugt ih=
ren Schmerz
über den Tod
des Abube kers.) auf nichts weiter gemerkt zu haben, als auf die Nachricht von dem Tode des Abubekers. Die ser Verlust setzte die ganze Armee in Betrübniß: Der verstorbne Calife war in der That von al len seinen Unterthanen geliebt und verehrt wor den. Man wußte, daß er seiner Seits sie alle als seine Kinder betrachtet; er ward daher auch von den Muselmännern so beklagt, als wenn ein jeder von ihnen seinen Vater verlohren habe.
[↔] Was den Khaled anbelangt, so hatten ihn [↔] (Khaled em pfängt die
Nachricht
von seiner
Absetzung
mit Gelassen heit.) seine Thaten und kriegerischen Eigenschaften nie mals so groß gezeigt, als ihn die Aufführung, die er bey dieser Gelegenheit beobachtete, zeig te. Er hätte den Unwillen, welchen seine Ab= (Omar.
Hegire 13.
n. C. G.
634.) setzung bey vielen Officieren und Soldaten zu erwecken schien, mit Wohlgefallen bemerken können; allein er ließ nichts als viel Beschei denheit, viel Mäßigung und eine grosse Unter würfigkeit gegen die Befehle des Califen blicken.
[↔] Er ließ ihn zu Damascus ausruffen, und legte nach dieser feyerlichen Handlung das Com mando in die Hände des Obeidah nieder. Die ser neue General befand sich bey diesen Um ständen in grosser Verwirrung. Er wußte, wie nöthig ihm ein Oberster, wie Khaled, zu ei nem glücklichen Fortgange seiner Waffen sey, und fürchtete mit Grund, daß dieser tapfere Muselmann, aus Verdruß, sich mitten in sei nen Eroberungen abgesetzt zu sehen, des Dien stes überdrüßig werden, und die Armee ganz und gar verlassen möge; doch Khaled beruhigte ihn gar bald.
[↔] Ich wuste wohl, sagte er, daß mir Omar nicht günstig sey; doch er ist un ser Calif, und ich unterwerffe mich sei nen Befehlen. Man soll meinen Eyfer nicht erkalten sehen, und ich will ihn bey aller Gelegenheit, wo man mich brauchen wird, beweisen.
[↔] Eine so bewundernswürdige Unterwürffig keit, konnte aus nichts anders, als aus einer wahrhaftig grossen Seele entstehen, und brach te dem
Khaled mehr Ehre, als ihm der schön ste Sieg würde gebracht haben. Obeidah sei
ner Seits, welcher es wohl einsahe, was ein(Omar.
Hegire 13.
n. C. G. 634.) so heldenmüthiges Beyspiel für Nutzen stiften müsse, erneuerte seine Hochachtung gegen die sen General, und glaubte nicht besser thun zu können, als wenn er sein ganzes Vertrauen auf einen Mann von so edler Denkungsart setze.
[↔] Sobald Obeidah das Commando der Tru
(Die Ara ber überfal len ein Klo ster, wo ein
ansehnlicher
Markt gehal ten wird.) pen übernommen hatte, dachte er auf Erobe rungen. Er überlegte eben, wo er seine Waf fen hinwenden solle, als ein Christe, welcher mit den Arabern im Verständnisse war, ihm zu melden kam, daß das den Christen so feyerliche Osterfest eine schöne Gelegenheit darbiete, den Griechen eine reiche Beute abzunehmen. Er berichtete ihm, daß einige Meilen von Dama scus ein berühmtes Kloster sey, wo alle Jahre um die Osterzeit ein ansehnlicher Markt gehal ten würde; daß man gemeiniglich unermeßli che Reichthümer an Waaren von aller Art da hin bringe; und daß es ihm so viel leichter wer den müsse, sich derselben zu bemächtigen, da man fast niemals eine Bedeckung, oder wenig stens nur eine sehr schwache, dabey habe.
[↔] Obeidah beschloß sogleich einige Mannschaft zu diesem Unternehmen aufbrechen zu lassen, und fragte verschiedne von seinen Hauptleuten, die um ihn waren, welcher von ihnen das Com mando über sich nehmen wolle. Er warf zu gleich einen Blick auf den Khaled, welcher zu= (Omar.
Hegire 13.
n. C. G.
634.) gegen war, allein er unterstand sich nicht ihn förmlich darum zu bitten: Khaled seiner Seits, war auch nicht mit Anbietung seiner Dienste allzugeschwind, so daß dem Abdallah=ebn=Gia far, welcher sich antrug, diese Ausführung auf getragen ward, wozu ihm fünfhundert Reuter zugegeben wurden. Der Christe, welcher die sen Vorschlag gethan hatte, trieb seine Verrä therey auf das äusserste, indem er dieser Mann schaft zum Wegweiser diente. Er führte sie bis zu einiger Entfernung von dem Kloster, und hieß den Abdallah mit seinen Trupen stille hal ten, bis er ausgekundschaftet habe, wie es mit dem Orte stehe.
[↔] Die Sachen fanden sich in einem ganz an dern Zustande, als er sie zu finden geglaubt hatte. Niemals war so viel Volck auf diesem Markte gewesen. Was den Zulauf um ein grosses vermehrt hatte, war dieses, daß der Befehlshaber von Tripoli mit seiner Tochter, welche vor kurzem mit einem vornehmen Herrn war verheyrathet worden, in dem Kloster ange kommen war. Er hatte sich von einem zahl reichen Gefolge begleiten lassen, und man rech nete auf fünf tausend wohlbewaffnete Mann, die er bey sich hatte.
[↔] Die Ursache zur Reise des Befehlshabers war, einen ehrwürdigen Alten, welcher in die sem Kloster wohnte, zu bitten, den Seegen ü ber die jüngst vollzogene Heyrath seiner Tochter zu sprechen. Dieser Alte war ein Mönch, wel
(Omar.
Hegire 13.
n. C. G.
634.) cher wegen seiner Heiligkeit und strengen Le bensart in grossem Ruhme war. Er hatte sich einen solchen Namen gemacht, daß man von allen Orten herzu kam, ihn um den Beystand seines Gebets zu bitten, und es wurde keine nur etwas beträchtliche Heyrath geschlossen, daß ihn die Neuverehlichten nicht um seinen See gen angesprochen hätten.
[↔] Nachdem der Christe alles wohl ausgekund schaftet hatte, so kam er, dem Abdallah Bericht davon abzustatten, und er war der erste, der es sagte, daß in Gegenwart einer so grossen Menge Menschen nichts anzufangen sey. Die Officier waren gleichfalls dieser Meinung, und sagten zu ihrem Anführer, es würde das sicher ste seyn, wann sie zurück kehrten; Doch Ab dallah antwortete auf eine unerschrockne Art:
Ich wenigstens will gewiß nicht, ohne gefochten zu haben, zurück gehen; es folge mir, wer will; ich will es den an dern, was sie thun wollen, nicht ver wehren.
[↔] Die Araber wurden durch diese Rede auf gemuntert, und versicherten ihrem Anführer, daß sie bereit wären ihm zu folgen, um mit ihm Gefahr und Ruhm bey diesem Unterneh men zu theilen. Als der Christ sahe, daß der Anfall beschlossen sey, rieth er dem Anführer, sich nicht zu übereilen; sondern bis auf den (Omar.
Hegire 13.
n. C. G.
634.) Morgen des andern Tages zu warten, wann die Waaren würden ausgelegt seyn.
[↔] Abdallah folgte diesem Rathe, und machte sich die Zeit, die er noch vor sich hatte, zu Nu tze, um alle nöthige Maaßregeln, in seinem Unternehmen glücklich zu seyn, zu ergreiffen. Er theilte seine Leute in fünf Hauffen, und be fahl ihnen, nicht an das Plündern zu denken, sondern bloß alles niederzumachen, was ihnen vorkommen würde.
[↔] Den Morgen drauf, als Abdallah das Zei chen gegeben hatte, fielen seine Leute an fünf verschiedenen Orten auf die Marktleute. Eine ziemliche Zeitlang richteten die Araber ein ent setzliches Blutbad an, ohne den geringsten Wi derstand zu finden; doch nachdem sich die Sol daten, welche der Befehlshaber mitgebracht, versammlet hatten, so rückten sie in Schlacht Ordnung wider die Araber an, und machten sich fertig, sie zu umringen.
[↔] Ein Officier von den Muselmännern er rieth diese Absicht, und sahe sogleich voraus, daß die ganze arabische Mannschaft in tausend Stücke würde zerhauen werden, wenn sie nicht schleinige Hülffe bekomme. Er faßte also den Entschluß zu entwischen, und sprengte auf das eiligste zu dem Obeidah, ihm von der äussersten Gefahr seiner Trupen Nachricht zu geben.
[↔] (Khaled eilt
den Arabern)
[↔] Weil die Umstände sehr dringend waren, so glaubte Obeidah nicht besser thun zu können,(Omar.
Hegire
13.
n. C. G. 634.) als sich an den Khaled zu wenden: um Got tes Willen, sagte er, entstehe mir ietzo nicht, und eile unsern Brüdern zu Hülf
[↔] (zu Hülffe und
schlägt die
Trupen, wel che das Klo ster verthei digen.) fe. Khaled gehorchte so gleich. Er nahm den Derar und einige andre Hauptleute mit sich, de ren Tapferkeit ihm bekannt war, und nachdem er sich an die Spitze einer anserlesenen Mann schaft gestellt, so begab er sich mit ausnehmen der Eilfertigkeit an den Ort, wo man handge mein war.
[↔] Es war hohe Zeit, daß er zu Hülffe kam. Die Araber waren durch den anhaltenden Kampf ganz entkräftet, und eben entschlossen sich zu ergeben, als Khaled mit seiner gewöhn lichen Wuth auf die
Griechen stürzte, durch die Umringung, die sie um die Muselmänner ge macht hatten, brach, und sich endlich mit diesen vereinigte. Seine Gegenwart hatte eine er staunliche Würkung: Die Araber schöpften neuen Muth, und indem sie durch die Hülffe, welche Khaled mitbrachte, unterstützt wurden, so trieben sie die Griechen zurück, und schlugen sie endlich in die Flucht. Es blieben eine sehr beträchtliche Menge Christen auf dem Platze, unter welchen sich der Befehlshaber von Tripo li befand, welchen Derar niedergemacht hatte.
[↔] Man bemächtigte sich hierauf des Klosters, [↔] (Die Ara ber bemächti gen sich des
Klosters.) wo man unermeßliche Reichthümer, die man wegen des Markts dahin gebracht hatte, erbeu= (Omar.
Hegire 13.
n. C. G.
634.) tete. Die Anzahl der Gefangenen war gleich falls sehr ansehnlich, worunter sich unter an dern die junge Ehefrau, und vierzig Weiber von ihrem Gefolge, befanden, welche Khaled nach Damascus bringen ließ. Ehe er aber abreisete, ließ er noch den ehrwürdigen Mönch, das syri sche Orakel, dessen Gebete man sich, wie ich schon gesagt habe, von allen Orten zu empfeh len kam, vor sich bringen. Er wollte ihn ver schiedenes fragen; doch alles, was der Alte zu ihm sagte, war, daß er ihm seine Grausamkeit vorwarf, und ihm die Rache des Himmels dro hete. Warum sollte ich die fürchten, sag te Khaled, da es Gott seinem Propheten befohlen hat, die Christen zu bekriegen? Ich würde dich selbst eben so wenig wie die andern verschont haben, wenn uns der Apostel GOttes nicht Leute deines gleichen zufrieden zu lassen befohlen hät te. Nach diesen wenigen Worten ließ ihn Kha led vonsich, und verwilligte ihm die Freyheit in dem Kloster zu bleiben.
[↔] (Man theilt
die den Chri sten abge nommene Beu te.)
[↔] Die Araber kehrten sogleich, mit allen den Reichthümern, die sie den Griechen abgenom men hatten, nach Damascus zurück. Man theilte sie unter die Soldaten, nachdem man den fünften Theil für den öffentlichen Schatz davon genommen hatte. Man theilte auch die Gefan genen, und weil Abdallah um die Tochter des Befehlshabers von Tripoli bat, so ward sie ihm überlassen; doch geschahe es nicht eher, als bis
man die Einwilligung des Califen dazu erhalten(Omar.
Hegire 13.
n. C. G. 634.) hatte.
[↔] Die umständliche Beschreibung von dieser [↔] (Brief des
Obeidah
an
den Califen.) Ausführung ward ohne Zeitverlust nach Medi na geschickt. Obeidah vergaß nicht, den Ab dallah heraus zu streichen, welcher dieses Un ternehmen angefangen, eben so wohl als den Khaled, dessen Thätigkeit man alles zu danken hatte. Er bestand auf der Verbindlichkeit, die man gegen diesen letztern habe, vornemlich, und bat den Califen, an diesen tapfern Kriegs mann ins besondre zu schreiben, und ihm den Wohlgefallen über seine Dienste zu erkennen zu geben. Er fragte ihn zugleich um seine Meinung, was er mit verschiedenen Muselmän nern machen solle, welche bey dieser Ausfüh rung das Gesetz des
Propheten übertreten, und Wein getrunken hätten.
(*)
Schlüßlich bat 22
(Omar.
Hegire 13.
n. C. G.
634.) er ihn um Rath, wie er sich ferner in diesem Feld zuge verhalten, und ob er die Eroberung An tiochiens, oder Jerusalems, unternehmen solle.
[↔] Omar antwortete auf alle Puncte dieses Briefs, ausgenommen auf den, welcher den Khaled betraf; Nichts war vermögend, ihn we gen dieses Kriegsbedienten auf bessere Gedan ken zu bringen, über den man doch nicht sa gen kan, daß er Ursache sich zu beklagen gehabt habe. Wegen der Uebertretung des Gesetzes, befahl der Calif, daß die, welche Wein getrun ken hätten, mit zwanzig Stockschlägen auf die Fußsohlen sollten bestraft werden. Diesem(Omar.
Hegire 13.
n. C. G. 634.) ward nachgekommen, und es fanden sich so gar einige, die, ob sie gleich nicht angegeben wa ren, dennoch sich selbst, aus Religionseyfer, an klagten, und sich dieser harten Strafe gutwillig unterzogen. Was die Kriegsunternehmungen anbelange, darinne wollte er nichts entscheiden, sondern ließ dem Generale die Freyheit, seine Waffen hinzuwenden, wohin er es für das dienlichste erachte.
[↔] Obeidah versammlete sogleich den Kriegs rath, und es ward beschlossen, daß man als bald vor Aleppo rücken, und alsdenn die Bela gerung von Antiochia unternehmen wolle. Er gab dem Khaled eine beträchtliche Mannschaft, und hieß ihn damit voraus ziehen. Er folgte ihm kurz darauf, und ließ in Damascus eine Besatzung von fünfhundert Reutern. Als er wieder zu dem Khaled gestossen war, trug er ihm auf, das Gebiete von Hemes und Ken nesrin zu durchstreiffen, während dessen er selbst Baalbec, eine sonst unter dem Namen Helio polis bekannte Stadt, angreiffen wolle.
[↔] Doch da er eben auf dem Marsche begriffen [↔] (Der Calife
befiehlt He mes zu bela gern.) war, erhielt er einen Curier, welcher ihm einen Befehl von dem Califen brachte, die Eroberun gen mit der Stadt Hemes anzufangen. Die Ursachen, warum Omar diesen Entschluß faßte, waren in dem Briefe, welchen er dem Obeidah schickte, angeführt. Nach der gewöhnlichen (Omar.
Hegire 13.
n. C. G.
634.) Formel: im Namen Gottes des Erbar mers et cetera las man folgendes:
[↔] Giabalah - ebn - Aihan, aus dem Stamm Gassan, kam vor einiger Zeit, mit seinen Anverwandten und andern Vornehmen des Stammes, uns zu be suchen; ich empfing sie mit Höflichkeit, und sie verrichteten mit mir die Wall fahrt nach Mecca, wo sie alle gewöhn liche Gebräuche beobachteten, und sie benmal um den Tempel herum gingen. Fezarah, welcher hinter ihm war, trat von ohngefehr auf sein Oberkleid, und machte, daß es ihm von der Schulter fiel; er versicherte aber gleich, daß es ihm leid thue, und daß er es nicht gerne gethan habe. Giabalah, ohne auf die se Entschuldigung zu achten, versetzte ihm einen so gewaltigen Schlag mit der Faust, daß er ihm die Nase einschlug, und vier Zähne einschmiß. Fezarah kam sogleich zu mir. Ich nahm seine Kla gen an, und ließ folglich den Giabalah zu mir fordern, und fragte ihn, warum er einem Muselmanne, der sich entschul digt habe, so übel begegnet? Er ant wortete mir, wann er nicht vor dem Tempel Scheu getragen hätte, so würde er den Fezarah
getödtet haben, weil er ihm die Schulter entblößt, indem er auf sein Kleid getreten. Du zeugest also wi
der dich selbst, sagte ich zu ihm, und(Omar.
Hegire 13.
n. C. G. 634.) wann dir der Beleidigte nicht vergeben will, so werde ich genöthiget seyn, dich nach dem Rechte der gleichen Vergel tung (*) zu bestraffen. Bedenke, ant wortete er, daß ich König bin, und der andre nichts als ein Bauer. Dieses thut nichts, sagte ich, zwey Muselmän ner sind dem Stande nach vor Gott, welchen sie anbeten, gleich. Er bat mich die Genugthuung, die man von ihm fordre, bis auf Morgen zu verschieben, und ich hatte schon die Einwilligung des Beleidigten erhalten; doch in der Nacht hat sich Giabalah mit seinen Freunden davon gemacht, und ich höre, daß sie nach Hemes geflüchtet sind. Gehe also, und belagre diesen Ort, um ihn wegen seines Ungehorsams zu bestraffen.
[↔] Obeidah zog also gleich auf Hemes zu, und ließ dem Khaled, welcher in der Gegend daher um streifte, sagen, sogleich die Belagerung die ses Orts vorzunehmen. Die Umstände waren dabey so vortheilhaft, als man sie nur wünschen konnte. Auf das Gerüchte, die Araber wären 23
(Omar.
Hegire 13.
n. C. G.
634.) vor Baalbec gerückt, hatten die Einwohner von Hemes ihre Stadt zu befestigen unterlassen, weil sie glaubten, der Feind werde sobald noch nicht zu ihnen kommen. Uebrigens starb der Befehlshaber gleich an eben dem Tage, als Khaled sich vor seinen Mauern niedergelassen hatte, und es war niemand im Stande, bey so gefährlichen Umständen, seine Stelle zu vertre ten. Man kam daher auf den Anschlag, den Ort der Gefahr, die ihm drohete, zu entreis sen; anstatt sich zu vertheidigen, nahmen die Einwohner von Hemes ihre Zuflucht zur Un terhandlung, und dieses Mittel ging von Stat ten.
[↔] Es war ohne Zweifel Giabalah, welcher ih nen diesen Rath gab; und in der That war ihm mehr, als allen andern daran gelegen, daß der Ort nicht mit Gewalt von dem Feinde ein genommen würde. Da er den sanftmüthigen und gemäßigten Charakter des Obeidah kannte, und also einen Vergleich hoffen konnte, so ist es wahrscheinlich, daß er die Hemeßiner bere det, mit diesem Generale eine Unterhandlung zu pflegen.
[↔] Zu allem Glücke langte er kurz nach dem
Khaled an; denn wenn dieser noch eine Zeit lang länger Herr alleine geblieben wäre, so wä re es um die Stadt Hemes geschehen gewesen: die Ungestümmigkeit dieses Generals machte ihn zu einem Feinde aller Unterhandlungen. Obeidah empfing also die Abgeordneten der He
(Omar.
Hegire 13.
n. C. G. 634.) meßiner; er hörte ihre Vorschläge gütig an, und auf das Anerbieten eines beträchtlichen Tributs, verwilligte er ihnen endlich einen Waffenstille stand auf ein Jahr.
[↔] Dieser General legte bey einer Begeben
[↔] (Leutselig keit des O beidah.) heit, die sich damals ereignete, einen neuen Be weis seiner Leutseligkeit ab. Ein Officier von den Muselmännern war mit einer Mannschaft das Land zu durchstreiffen ausgegangen, und brachte eine unermeßliche Beute mit, so wohl an Vieh als an Gelde, besonders aber an Ge fangenen, deren Anzahl sich bis auf vierhun dert belief. Das Heulen und Schreyen dieser Unglücklichen, als sie in dem Lager der Araber ankamen, machte bey dem Obeidah einen sol chen Eindruck, daß er ihnen ihre Freyheit wie der zu geben beschloß; doch wollte er es nicht auf seine eigne Rechnung nehmen, sondern zog die vornehmsten Kriegs - Bedienten zu Rathe. Diese konnten es gleich zum voraus merken, daß sie dem Generale einen Gefallen erweisen würden, wann sie sich zur Güte geneigt zeig ten, und waren also der Meinung, die Gefan genen, vermittelst eines Tributs von vier Gold stücken, die sie für jeden Kopf zu bezahlen ver sprachen, frey zu lassen. Man nahm die nö thigen Versichrungen wegen dieser Zahlung, und Obeidah ließ folglich die Gefangnen fortzie hen, und befahl sogar ihnen alles, was man ihnen abgenommen hatte, wiederzugeben.
(Omar.
Hegire 13.
n. C. G. 634.)
[↔] Dieses gütige Betragen brachte die Angele genheiten der Muselmänner weiter, als sie ein strengres Bezeigen würde gebracht haben. Die [↔] (Die Leutse ligkeit des
Obeidah be wegt ver schiedene
Städte sich
zu unterwerf fen.) Härte des Khaleds hatte die Muselmänner ver haßt gemacht; und dieses war vielleicht das, was den Califen wider ihn aufgebracht hatte. Obeidah Gegentheils wußte sich alle Gemüther durch seine Gelindigkeit und Mäßigung zu ver binden. Es fanden sich sogar verschiedne Städ te, die sich von selbst der Herrschaft der Mu selmänner zu unterwerffen kamen, und es für ein Glück hielten, sich ihrer Freyheit und der ungestörten Ausübung ihrer Religion vermit telst eines Tributs versichern zu können.
[↔] Diese neue Schutzverwandten waren den Muselmännern sehr nützlich, und halffen ihnen oft mit ihren Rathschlägen, wann Christen zu verrathen waren. Diesen Fortgang hatte die Sanftmuth und
Weißheit, oder vielmehr, wenn man will, die Staatskunst des Obeidah, dessen Plan darinne bestand, alle Einwohner der ero berten Plätze sich zu verbinden und zu erhalten.
[↔] (Der Be fehlshaber v.
Kennesrin
läßt einen
Stillstand
vorschlagen.)
[↔] Kennesrin, eine Stadt in Syrien, welche nicht weit von Aleppo lag, war eine von denen, die sich mit denen Arabern vertrugen. Dieser Ort war befestiget genug, und im Stande ei nen langen Widerstand zu thun; doch die Ein wohner, welche sich einzig und allein mit dem Handel beschäftigten, wollten sich gegen den Einbruch der Araber lieber durch einen Ver
trag, als durch den Weg der Waffen in Si
(Omar.
Hegire 13.
n. C. G. 634.) cherheit setzen. Der Befehlshaber war dieser Meinung nicht; unterdessen da er sahe, daß die Einwohner durchaus dazu entschlossen waren, trat er ihren Gesinnungen bey, und schickte zu dem Feinde, um einen Waffenstillstand zu er bitten, er machte aber dabey aus, daß er nicht länger dauern sollte, als bis die Hülffe, welche der Käyser zu schicken versprochen habe, ange kommen sey.
[↔] Diese Verrichtung ward dem Astackhar, ei nem gelehrten griechischen Priester, welcher die arabische Sprache
sehr wohl redete, aufgetra gen. Er ging also nach Hemes zu dem Obei dah, und nachdem er die Stärke der Stadt Kennesrin und die Tapferkeit ihres Befehlsha bers nur mehr als zu sehr heraus gestrichen hatte, sagte er ihm, daß man gleichwohl einen Stillestand auf ein Jahr von ihm bitte, zugleich aber wünsche, daß man die Grenzen fest setze, über welche es den Arabern, in das Gebiete dieses Orts zu kommen, nicht erlaubt seyn solle. Er fügte noch hinzu, der Befehlshaber würde es gerne sehen, wann diese Unterhandlung ge heim gehalten würde, damit er sich nicht den Unwillen des Kaysers, welcher ihm schleinige Hülffe versprochen habe, zuziehen möge.
[↔] Obeidah, welcher diesen Abgeordneten mit [↔] (Vorstellun gen des Cha leds hierü ber.) seiner gewöhnlichen Leutseligkeit empfangen hat te, war geneigt genug ihm seine Bitte, ohne (Omar.
Hegire
13.
n. C. G. 634.) die geringste Einschränkung, zu verwilligen; allein Khaled war über das, was der Abgesand te von der Stärke der Stadt Kennesrin, und von der Tapferkeit ihres Befehlshabers gesagt hatte, empfindlich geworden, und stellte dem
Obeidah vor, daß man sich mit den Christen vorzusehen habe; daß sie nichts als zu betriegen und aufzuhalten suchten, bis sie gewiß versi chert seyn könnten, den Vortheil auf ihrer Sei te zu haben; daß man hier nichts anders thun könne, als sogleich wider sie auszuziehen; daß er in Ansehung des Widerstandes, welchen sie sich thun zu können, berühmten, sich schmeichle das Gegentheil thätlich zu erweisen; und daß, wenn man es ihm erlaubte, er es auf sich neh men wollte, sich der Stadt zu bemächtigen, und ein Beyspiel an ihr zu verüben, welches alle er schrecken sollte, die an einen Widerstand gedäch ten.
[↔] Der Abgeordnete ward über die Härte des Khaled stutzig, und machte ihn deswegen Vor würffe: Ich komme, sagte er, euch Frieden anzubieten, und du verwirfst die Vor schläge, die ich thue? So hat man uns also betrogen, wenn man gesagt, die A raber wären gegen die voller Leutselig keit, die sich ihrem Schutze unterwürf fen? Khaled
antwortete ihm hierauf ganz tro tzig, er liebe die Leute nicht, die nur zu hinter gehen suchten. Er würde mehr gesagt haben, allein Obeidah fiel ihm ins Wort, und stellte
ihm mit vieler Sanftmuth vor, daß da er de
(Omar.
Hegire 13.
n. C. G. 634.) nen, die seine Gnade anfleheten, günstig seyn wolle, so müsse man auch ihren Abgeordne ten eine Antwort ertheilen, die sie zufrieden stellte, ohne dem Besten der Muselmänner nachtheilig zu seyn.
[↔] Nachdem sie sich noch eine Zeitlang mitein
[↔] (Man bewil liget den Ein wohnern von
Kennesrin
einen Stille stand.) ander besprochen hatten, so verwilligte man end lich den Einwohnern von Kennesrin einen Stil lestand auf ein Jahr; man versprach ihnen auch, ihr Gebiete nach Maaßgebung der Grenzen, die sie ehstens fest setzen wollten, zu schonen; man machte aber dabey aus, daß wenn der Kayser Trupen wider die Araber schicken sollte, die Einwohner sich nicht mit ihnen verbinden, sondern in ihrer Stadt eingeschlossen bleiben müßten, ohne das geringste wider die Musel männer zu unternehmen.
[↔] Nachdem diese Bedingungen angenommen waren, so kam es nur noch darauf an, die Grenzen fest zu setzen. Anstatt daß die Ein wohner sie durch gezogene Graben hätten be merken sollen, so richteten sie bloß an dem En de ihres Gebietes eine Bildseule des Heraclius auf, welche diesen Kayser auf dem Throne si tzend vorstellte.
[↔] Diese Bildseule verursachte zwischen den [↔] (Durch ei nen Zufall
wäre bey na he der Stille stand gebro chen worden.) Einwohnern und Arabern neue Streitigkeiten. Zwey muselmännische Ritter, die mit einander das Feld durchstreiften, hielten bey den Gren= (Omar.
Hegire 13.
n. C. G.
634.) zen von Kennesrin stille, und machten gegen einander ihre Uebungen mit der Lanze. Einer von ihnen versetzte entweder von ohngefehr, o der vielleicht mit Fleiß, der Bildseule einen Stoß, und verletzte sie an dem Auge. Die Griechen machten hierüber ein grosses Lermen. Sie gaben vor, man habe den Kayser selbst da mit beschimpfen wollen, und schickten endlich ei nen Abgeordneten an den Obeidah, welcher ihnen Gnugthuung deßwegen verschaffen sollte.
[↔] Dieser kluge General hatte die Gefälligkeit, sich bey ihnen wegen dieses Zufalles entschuldi gen zu lassen. Er versicherte, daß er Erkundi gung davon eingezogen habe, und daß derjeni ge, welcher den Stoß gethan, es ihm zuge schworen habe, daß es ein blosser Zufall gewe sen sey, und daß er nicht die geringste Absicht gehabt habe, die Bildseule des Kaysers zu tref fen.
[↔] Die Sanftmuth, womit Obeidah den Ab geordneten antwortete, machte sie trotzig; sie fingen an, sich ungemessener auszudrücken, als sie anfangs gethan hatten; so daß sie, als ih nen der General alle Gnugthuung, die sie nur wünschen könnten, deßwegen zu geben ver sprach, die Anwendung des Vergeltungsrechts zu fordern sich unterstanden, und in allem Ernste begehrten, daß man dem Califen ein Auge ausstossen solle.
[↔] Diese lächerliche Forderung, setzte die Araber in eine solche Wuth, daß sie die Abgeordneten(Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) zu Opfern derselben würden gemacht haben, wann Obeidah nicht Sorge getragen hätte, sei ne Leute zu besänftigen. Er hatte aber allzu viel Gegenwart des Geistes, als daß er aus dem seltsamen Verlangen der Abgeordneten nicht hätte einen Scherz machen sollen, so daß er die Nothwendigkeit, sich hier des Vergeltungs rechts zu bedienen, zugab, und ihnen also rieth eine Bildseule des Califen machen zu lassen, und gleichfalls an ihr ein Auge zu verderben, wie man es an der Bildseule des Käysers gethan habe. Mit dieser Antwort kehrten die Abge ordneten zurück, und es kam mit der ganzen Sache nicht weiter.
[↔] Während daß Obeidah vor Hemes liegen [↔] (Dem Obei dah wird sei ne Unthätig keit vorge worffen.) blieb, schrieb der Calif, welcher eine Zeitlang nichts von kriegerischen Verrichtungen gehört hatte, an ihn, sich über sein Stillschweigen und seine Unthätigkeit zu beklagen.
Obeidah ward über diese Vorwürffe empfindlich, und es ver droß ihn einigermaaßen, daß er den Griechen so leicht den Waffenstillestand zugestanden habe. Da er aber gleichwohl sein Wort nicht brechen wollte, so ließ er die Einwohner von Hemes, und der übrigen Oerter, mit welchen er einen Vergleich gemacht hatte, in Ruhe, und kehrte seine Waffen gegen eine andre Gegend. Gleich wohl ließ er einige Mannschaft vor Hemes, um diesen Ort, während des Stillestandes, in Furcht zu erhalten.
(Omar.
Hegire 14.
n. C. G. 635.)
[↔] Die Armee der Muselmänner brach also auf, und nahm den Weg nach Aleppo; sie zog bey Arrestan vorbey, und begab sich von dan nen nach Hamah, einem Orte, welcher in den folgenden Zeiten der Sitz des
Abulfeda wurde, eines Mannes, der in seiner Person den Für sten, und den geschickten Schriftsteller in der Geschichte und Erdbeschreibung sehr wohl zu verbinden wußte.
[↔] (Der Be fehlshaber v.
Kennesrin
bricht den
Stillestand.)
[↔] Von Hamah nahm man den Weg nach Schaizar, wo Obeidah, auf erhaltne Nachricht, daß der Befehlshaber von Kennesrin den Käy ser
inständigst um Hülffe ersucht habe, und die ser auch ohne Zeitverlust ein ansehnliches Heer, unter Anführung des Giabalah, werde auf brechen lassen, stille hielt. Dieser Giabalah war eben derjenige, dessenwegen der Calife He mes zu belagern befohlen hatte, woraus er sich aber sogleich fortgemacht, zu dem Käyser gekom men war, und ihm seine Dienste wider die Mu selmänner angetragen hatte.
[↔] (Er wird
an der Spi tze seiner Tru pen nieder gemacht.)
[↔] Da Obeidah zugleich Nachricht bekam, daß der Befehlshaber von Kennesrin Anstalt mache, dieser Hülffe entgegen zu gehen, so beschloß er sogleich, keinen einzigen mehr zu schonen, wel cher so offenbar wider den bewilligten Stille stand handeln würde. Er trug dem Khaled auf, wider ihn aufzubrechen, und ihm den Weg abzuschneiden. Dieser tapfre Krieger richtete die ihm aufgetragne Verrichtung voll
kommen wohl aus. Nachdem er den Befehls
(Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) haber auf dem Marsche angetroffen, griff er ihn an, schlug seine Leute in die Flucht, und tödtete ihm mit eigner Hand.
[↔] Der Tod dieses Anführers entscheidete das [↔] (Die Ein wohner von
Kennesrin
werden zins bar.)
Schicksal von Kennesrin; die Einwohner tha ten länger keinen Widerstand, sie unterwarf fen sich den Arabern, und verwilligten Tribut zu bezahlen. Nachdem Obeidah diese Neuig keit dem Califen gemeldet, so antwortete ihm Omar alsbald, um ihm Glück zu wünschen, und befahl zugleich, daß man, dem Tribute un beschadet, von einem jeden Einwohner vier Ducaten ohne Unterscheid fordern solle.
[↔] Nach dieser Eroberung ward es dem Kha(Obeidah
plündert ei ne Caravan ne.)
led aufgetragen, Hemes mit einem Theile der Armee anzugreiffen. Obeidah mit den übrigen Trupen nahm den Weg nach Baalbec, um diesen Ort zu belagern. Er stieß während des Marsches auf eine Caravanne, deren er sich bemächtigte. Da die Kaufleute, aus welchen sie bestand, den General um Erlaubniß baten, sich los kauffen zu dürffen, so verwilligte er es, und gab ihnen, nachdem er ansehnliche Sum men erhalten hatte, ihre Freyheit wieder.
[↔] Weil einige noch von ihnen nach Baalbec geflüchtet waren, so ertheilten sie dem Befehls haber von dem Zufalle, welcher der Caravan ne zugestossen, Nachricht; und da an diesem Orte die Vertheilung der muselmännischen Tru= (Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) pen nicht unbekandt war, so glaubte Herbis (so hieß der Befehlshaber) starck genug zu seyn, den Theil der Armee, welchen Obeidah führte, anzugreiffen. Er beschloß also dieses Unternehmen zu beschleinigen, in Hoffnung, die reiche Beute wieder zu bekommen, die sie der Caravanne abgenommen hatten: allein es fehl te sehr viel, daß der Ausgang mit seiner Hof nung überein gekommen wäre. Er wurde gänzlich geschlagen; ein grosser Theil seiner Trupen ward niedergehauen: er selbst konnte nicht anders als mit größter Noth entkommen, nachdem er verschiedne beträchtliche Wunden be kommen hatte.
[↔] (Belage rung von
Baalbec.)
[↔] Obeidah verfolgte sein Glück, und belagerte Baalbec; ehe er aber den Angriff that, schrieb er an die Einwohner, um sie zu bewegen, sich in der Güte zu ergeben. Er hoffte, der letzte Zufall werde bey ihnen Eindruck gemacht ha ben, so, daß wenn ein fürchterlicher Feind vor ihren Mauern erschiene, sie mit Freuden einen Vertrag bewilligen würden: Doch die Bela gerten liessen ganz andre Gesinnungen blicken, als Obeidah vermuthet hatte. Unterdessen laß man doch den Brief ab; allein der Befehlsha ber schickte den, welcher ihn gebracht hatte, oh ne Antwort wieder zurück.
[↔] Dieses schimpfliche Verfahren verdroß den arabischen General; er beschloß sich deswegen zu rächen, und grif den Platz mit aller mögli
chen Gewalt an. Diese Belagerung wurde(Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) den Muselmännern ausserordentlich sauer. Das Wetter, welches damals sehr rauh war, mußte die Trupen weit härter angreiffen, die unter Zeltern gelagert waren, und übrigens an allem Mangel litten, was sie wider diese ausserordent liche Kälte hätte verwahren können. Unter dessen setzten sie den Angrif doch mit einer er staunenswürdigen Hitze fort; und die Belager ten vertheidigten sich mit einer Tapferkeit, die alle Anfälle der Stürmenden zu nichte machte.
[↔] Der Befehlshaber war in kurzem von den [↔] (Die Bela gerten thun
einen Aus fall, der ih nen gelingt.) Wunden wieder geheilt worden, die er bey dem Angriffe der Araber vor ihrer Ankunft bey Baal bec bekommen hatte, und beschloß einen Ausfall zu wagen. Er hoffte ihn mit desto grösserm Glücke thun zu können, da der General der Muselmänner, welcher nur einen Theil der Tru pen mit sich führte, auch diesen noch in ver schiedene Hauffen getrennet hatte, um die Kräf te der Belagerten zu schwächen, wann er sie dieselben zu theilen nöthigte.
[↔] Herbis, welcher den Stand der feindlichen Trupen wohl bemerkt hatte, nahm sich vor, sie bloß von einer Seite anzugreiffen, und den Aus fall durch das Thor zu thun, welches dem Quar tiere des Obeidah entgegen stand. Er wehlte zu diesem Unternehmen einen Morgen; und der Ausfall geschahe gleich zu der Zeit, als die Mu selmänner, auf Befehl ihres Generals, mit ih= (Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) rer Mahlzeit beschäftigt waren. Obeidah, wel cher ohne Zweifel diesen Tag etwas vorzuneh men entschlossen war, hatte befohlen, daß ein jeder, sogleich nach dem Gebete, etwas Nah rung zu sich zu nehmen bedacht seyn solle.
[↔] Dieses Unternehmen fiel für die Araber un glücklich aus. Die Einwohner von Baalbec überfielen sie zu einer Zeit, da sie es am wenig sten vermutheten, und richteten ein entsetzlich Blutbad unter ihnen an; worauf sie sich eiligst wieder in die Stadt zogen, und sehr viel Gefan gene mit sich fort führten.
[↔] Dem Obeidah ging dieser Verlust unge mein nahe; er nahm daher die nöthigen Maaß regeln, künftig dergleichen Ueberfällen vorzu beugen. Er glaubte, er habe sich allzunahe an den Mauern niedergelassen, und diese Nähe wäre ihm nachtheilig gewesen, weil man in der That in Gefahr stehe, den Feind alle Augen blicke auf dem Nacken zu haben. Es war noch eine andere Unbequemlichkeit dabey, welche dar inne bestand, daß seine Reuterey nicht Platz genug hatte, sich thätig zu erzeigen.
[↔] (Zweyter
Ausfall derer
von Baalbec.)
[↔] Die von Baalbec bekamen durch den Vor theil, welchen sie davon getragen hatten, Muth, und beschlossen den Tag darauf einen zweyten Ausfall zu wagen. Der Befehlshaber trat an ihre Spitze, und fiel mit aller Hitze auf das Quartier des Obeidah, wo er beynahe eben so glücklich war, als den Tag vorher. Sie warf
fen alles über den Hauffen, was sich ihnen ent
(Omar.
Hegire 14.
n. C. G. 635.) gegen stellte, und trieben den Muselmann sehr weit zurück. Doch die Belagerten vergassen bey ihrer Hitze, daß sie sich allzusehr von ihrem Orte entfernten, sie gingen immer weiter vor wärts, und wären beynahe so glücklich gewesen, das ganze Quartire des
Obeidah völlig in die Flucht zu schlagen, als ein Araber durch seine Gegenwart des Geistes in kurzen den Sachen ein ander Ansehen gab.
[↔] Sohaid=ebn=Sabah, welcher gleich zu An fange dieses Ausfalls war verwundet worden, hatte sich zu allem Glücke von dem Schlacht felde fortgemacht, und hatte mit Mühe und Noth die Höhe eines Hügels erreicht, welcher über das Lager der Araber hing, und von wel chem er leicht die Bewegungen beyder Armeen bemerken konnte.
[↔] Als er sahe, daß das Quartier des Obeidah zurück wich, so kam er von selbst auf den Ein fall, einen gewissen Hauffen Holtz, welchen er auf diesem Hügel fand, anzuzünden; und erreg te durch dieses Mittel einen grossen Rauch, wel ches das gewöhnliche Zeichen war, dessen sich die Araber bedienen, wenn sie während des Tages ihre Truven
versammlen wollten, so wie sie des Nachts das Feuer dazu brauchten.
[↔] Als Derar und Said, welche auf ihren Po [↔] (Obeidah
bekömmt
Hülffe.)
sten ruhig waren, diesen Rauch bemerkten, so vermutheten sie sogleich, daß etwas wichtiges (Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635) in dem Quartiere des Obeidah vorgehen und er schleinige Hülffe nöthig haben müsse. Sie brachen also mit ihren Leuten sogleich auf, und langten zu gelegner Zeit an, auf die Griechen, welche einen vollständigen Sieg schon gewiß in Händen zu haben glaubten, loszufallen.
[↔] Indem Derar und Saiddie Griechen an fielen, so stellten sie sich zwischen sie und die Stadt, so daß sie ihnen den Weg zum Rückzu ge abschnitten. Als
Herbis sahe, daß man ihm so scharf zusetze, und den Rückweg nach Baal bec verlegt habe, stellte er sogleich seine Tru pen in ein Viereck, und schlug sich, alles Wi derstandes der Araber ohngeachtet, mit einer erstaunenswürdigen Tapferkeit durch. Er er reichte in aller Eil eine Anhöhe, wo er die Rui nen eines alten Klosters fand; er zog sich hin ein, und setzte sich sogleich in wehrhaften Stand.
[↔] Obeidah, welcher es noch nicht wuste, daß man ihm zu Hülffe gekommen war, glaubte das schleinige zurückziehen der Griechen, zu ei ner Zeit, da sie allen Vortheil zu haben schie nen, sey eine List, um die Muselmänner an ei nen Hinterhalt zu locken. Er verbot daher sei nen Leuten, sie zu verfolgen.
[↔] Doch Said, welcher die Befehle des Gene rals nicht wissen konnte, fuhr beständig fort, die Griechen zu beunruhigen, und verfolgte sie bis auf die Höhe, wo er die Zugänge mit Tru pen besetzte. Er selbst stieg mit einigen zwan
zig Mann wieder hinab, und brachte dem Ge
(Omar.
Hegire 14.
n. C. G. 635.) nerale von dem Stande der Feinde Nachricht.
[↔] Obeidah erstaunte, den Said mit so wenig Volke bey sich zu sehen, und befürchtete an fangs, man möchte auch ihn in seinem Quar tiere überfallen haben, so daß die Soldaten, die er bey sich habe, der ganze Rest von seiner Niederlage wären: er fragte ihn also ganz un ruhig, wo seine Trupen hingekommen wären. Nachdem ihm Said geantwortet, daß er sie auf dem Hügel, wo er die Griechen belagert halte, postirt habe, so fragte ihn Obeidah, was er hier mache, und warum er seinen Posten verlassen habe. Said berichtete ihm hierauf von dem gege benen Zeichen, welches er als einen Befehl an gesehen habe, ihm schleunig zu Hülffe zu kom men.
[↔] Der General gestand, daß er bey den ge fährlichen Umständen, in welchen er sich befun den, allerdings gewünscht habe, ein Zeichen ge ben zu können; daß es ihm aber nicht möglich gewesen wäre. Uebrigens danckte er dem De rar und Said
wegen der Hülffe, die sie ihm ge leistet; doch wollte er aber auch wissen, wer derjenige sey, der das Zeichen gegeben, und ließ in dem Lager kund machen, daß sich derjenige, dem man diese Verbindlichkeit zu danken habe, zeigen solle. Sohaid erschien hierauf und gestand, was er gethan habe. Obeidah lobte seinen geschwin den Entschluß; gleichwohl aber verbot er aus= (Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) drücklich, daß sich künftig niemand mehr unter stehen solle, dergleichen ohne ausdrücklichen Befehl des Generals zu thun. In der That konnte es auch sehr üble Folgen habe.
[↔] Indem Said mit dem Obeidah in Unterre dung war, so kam man, Verstärkung zu for dern, um die Griechen, die man auf dem Hü gel umringt hatte, zurück zu halten. Herbis hatte es an der Spitze seiner Leute unternom men, sich wieder nach Baalbec zu ziehen, und war schon auf die Araber losgefallen, sich eine Oefnung durch sie zu machen. Man stritt auf beyden Theilen, ohne zu weichen; gleichwohl stellte man dem Generale vor, daß alles zu be fürchten stehe, wann er nicht mehr Trupen an rücken liesse.
[↔] Obeidah befahl dem Said, sich alsbald wie der zu seinen Leuten zu begeben; er gab ihm ei nige Mannschaft zur Begleitung mit, und ver sprach, ihm sogleich neue Verstärkung, unter Anführung des Derars, nachzuschicken.
(Der Be fehlshaber v.
Baalbec
fängt an Un terhandlung
zu pflegen.)
[↔] Die Ankunft dieser Trupen schlug die Hitze der Griechen nieder; sie machten sich aus dem Treffen zurück, und zogen sich in die verfallnen Mauern ihres Klosters. Die Araber schlossen sie so genau ein, daß Herbis kein Mittel vor sich sahe durchzukommen, und also den Entschluß faßte, mit dem Feinde Unterhandlung zu pfle gen. Er unterredete sich mit dem Said über die Bedingungen, welche er verlangte, ihm, sei
nen Leuten, und der ganzen Stadt Baalbec alle(Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) Sicherheit wiederfahren zu lassen.
[↔] Said antwortete ihm, er vor sich könne mit der Unterhandlung nicht weiter gehen, als so weit sie die Person des Befehlshabers und seine Begleiter betreffe; in so weit verlange er von ihm, daß entweder er und alle seine Leute Muselmänner werden, oder sich wenigstens an heischig machen sollten, niemals wieder gegen die Araber Waffen zu führen. Was die Ein wohner von Baalbec betreffe, fügte er hinzu, das gehöre für den General, und wann er mit diesem Unterhandlung pflegen wolle, so wolle er ihn dem Obeidah vorstellen.
[↔] Als Herbis darein gewilliget hatte, führte ihn Said zu dem Generale. Indem er durch das Lager der Araber ging, erstaunte er nicht wenig, daß die Trupen nicht so zahlreich wä ren, als er es sich eingebildet. Er konnte sich nicht enthalten, seine Verwunderung, als er den Obeidah anredete, darüber zu bezeigen. Der General antwortete ihm, daß sich die Chri sten deßwegen doch immer betrügen würden, weil die Engel dieser geringen Anzahl von Gläu bigen allezeit zu Hülffe kämen, so wie es in der Schlacht bey Beber (*) und in allen Feldzü gen des Propheten geschehen sey?
24
(Omar.
Hegire 14.
n. C. G. 635.)
[↔] Der Befehlshaber war vorjetzo in den Um ständen nicht einer Erscheinung von dieser Art sicher widersprechen zu können, und schritt zu den Vergleichspuncten. Er bot im Namen der Einwohner des Orts eine beträchtliche Summe, und eine Menge kostbarer Kleider an. Der Muselmann fiel ihm ins Wort, ihm zu sa gen, daß man die Summe und die Geschenke verdoppeln müsse. Er fügte alsdenn die Be dingung hinzu, daß sich die Einwohner zinsbar machen, daß sie alle Waffen, die sie etwa ha ben könnten, ausliefern, daß sie niemals die Araber weder mittelbar, noch unmittelbar, an
(Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) greiffen, daß sie keine Dienste wider sie bey dem Kayser nehmen, und endlich, daß sie we der Kirchen noch Klöster bauen sollten.
[↔] Herbis fand diese Bedingungen ein wenig harte, doch da der General nicht geneigt zu seyn schien, nur das geringste nachzugeben, so muste er sich denselben unterwerffen. Alles was der General noch als eine Gefälligkeit erhalten konn te, war dieses, daß der, welcher den Tribut einzufordern würde ernennt werden, nicht in die Stadt kommen, sondern sich ausserhalb dersel ben aufhalten solle. Man erwähnte dieses Puncts ausdrücklich in dem Tractate, und der Befehlshaber begab sich sogleich in die Stadt, von den Einwohnern die Genehmhaltung des selben zu bewirken.
[↔] Dieser Tractat verursachte in der Stadt grosses Lermen. Man fand, daß man dem Feinde zu viel eingeräumt; und niemand wollte seine Einwilligung dazu geben. Gleichwohl zo gen die Einwohner gelindre Saiten auf, als ih nen der Befehlshaber zu verstehen gab, daß sie anders nicht ihr Leben und ihre Freyheit ret ten könnten; und daß sie, wenn sie sich weiger ten, Feuer und Schwerdt über ihre Stadt brin gen würden, weil dieser fürchterliche Feind doch, über lang oder kurz, seinen Anschlag ausführen werde. Er fügte hinzu, in Ansehung der Summe, welche man den Arabern bezahlen (Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) solle, wolle er sich nicht weigern, ihnen eine Er leichterung zu machen, und den vierten Theil davon auf sich zu nehmen. Dieser Vorschlag brachte alle und jede auf gute Wege, uu{!D}d der Tractat ward angenommen.
[↔] Herbis kehrte zu dem Obeidah zurück, ihm von allem, was vorgegangen war, Nachricht zu geben, und bat wegen Bezahlung des Gel des um einige Tage Nachsicht, damit er es zu sammen bringen könne. Der General verwil ligte sie, und trug dem Befehlshaber auf, die sen Tribut selbst einzutreiben; die Griechen aber, welche ihn begleiteten, behielt er unter dessen zu Geisseln. Herbis
kam zu bestimmter Zeit wieder, und überbrachte die verwilligten Summen, worauf ihm die Geisseln zurückge geben wurden, mit welchen er wieder nach der Stadt kehrte.
[↔] (Rafi
wird
Befehlsha ber v. Baal bec.)
[↔] Obeidah brach, sogleich auf, sich nach He mes zu wenden; vorher aber machte er den
Rafi - ebn - Adallah, einen von seinen besten Kriegsobersten, zum Befehlshaber von Baal bec. Unterdessen, damit er nicht wider den dem Herbis verwilligten Punct handeln möge, be fahl er dem Rafi, nicht in die Stadt hinein zu gehen, sondern bloß ein wachsames Auge auf alles, was in dem Gebiete derselben vorgehen würde, zu haben; vornehmlich befahl er ihm, daß die Trupen, welche statt der Besatzung die nen sollten, in der umliegenden Gegend keinen Schaden thun sollten. In Ansehung der übri
(Omar.
Hegire 14.
n. C. G. 635.) gen Plätze, welche mit den Muselmännern noch in keinen Vergleich getreten waren, gab er ihm alle Freyheit, sie zu verheeren, wie er wolle.
[↔] Rafi kam diesen Befehlen mit aller Treue nach. Da die Einwohner von Baalbec sahen, daß sie unter einem solchen Kriegsobersten nichts zu befürchten hätten, so kamen sie, ihm in sei nem Lager ihre Aufwartung zu machen, und man sahe damals die Araber und
Griechen in dem vollkommensten Verständnisse miteinander leben. Sie erwiesen einander sehr grosse Dien ste; denn die Araber, welche das Land durch streisten, kamen oft mit sehr ansehnlicher Beu te zurück, deren größter Theil ihnen manchmal nichts nütze war. Sie fanden alsdenn Mittel, durch die Gemeinschaft, die sie mit den Ein wohnern unterhielten, desselben los zu werden; diese kauften ihnen das, was sie zuviel hatten, ab, und dieser Handel ward endlich für beyde Theile sehr vortheilhaft.
[↔] Da Herbis den ansehnlichen Gewinst, wel
[↔] (Herbis wird
in einem
Aufstande
getödtet.) cher den Einwohnern zufiel, sahe, wollte er gleichfalls in Betracht dessen, daß er sich fast für sie aufgeopffert, und ganz allein ein Vier theil des Tributs bezahlet hatte, Theil daran nehmen. Er stellte ihnen vor, daß sie ihm Eh renhalber, und aus Dankbarkeit, den zehnten Theil ihres Gewinstes müsten zukommen lassen. Die Einwohner bewilligten es einmüthig. Doch (Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) als der Befehlshaber sahe, wie leicht seine Bit te Statt gefunden habe, und zugleich überleg te, daß er sobald nicht zu seinem vorgeschosse nen Gelde kommen möchte, so ging er weiter, und verlangte, an statt des zehnten Theils, den vierdten. Die Einwohner verwarffen diese Forderung. Herbis erzürnte sich; die Gemü ther wurden aufgebracht, und endlich entstand ein Aufruhr, in welchem der Befehlshaber um gebracht wurde.
[↔] (Die Ein wohner von
Baalbee neh men die Ein nehmer in ih re Stadt
auf.)
Der Aufstand, welchen dieser Handel in der Stadt verursachte, war so groß, daß man ihn in dem Lager der Araber hörte. Rafi schickte schleinigst hinein, um zu vernehmen, was vor gehe, und trug seinem Abgeschickten zugleich auf, seine Vermittelung anzubieten, wann sie von einigem Nutzen seyn könne. Die Einwoh ner liessen ihm von der Aufführung ihres Be fehlshabers Nachricht geben: sie sprachen von ihm, als von einem Tyrannen, den sie sich glück lich vom Halse geschafft hätten, und boten es dem Rafi an, ihn in ihre Stadt aufzunehmen, und, wann er wollte, an die Stelle des Be fehlshabers einzusetzen.
[↔] Dem Rafi war die Ehre, die sie ihm erzeig ten, sehr schmeichelhaft; er ließ ihnen aber sa gen, daß er ihr Anerbieten nicht anders als mit Verwilligung seines Generals annehmen kön ne. Er schickte sogleich an den Obeidah, ihm von diesem Vorfalle Nachricht zu geben. Die Antwort fiel dem Verlangen der Einwohner(Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) vollkommen gemäß aus; der General erlaubte dem Rafi die Würde eines Befehlshabers von Baalbec anzunehmen, und lobte seine kluge Auf führung, welche so viel Eindruck bey den Grie chen gemacht hätte, daß sie unter der Herrschaft der Muselmänner zu leben wünschten.
[↔] Der General war damals vor Hemes, und(Belage rung von
Hemes.) fing die Belagerung, sobald als der Stillestand aus war, an. Er ließ sie vorher auffordern, entweder die Religion des Mahomets anzuneh men, oder Tribut zu bezahlen, oder auch ihren Streit durch eine Schlacht auszumachen. Da alle diese Vorschläge verworffen wurden, so fing man mit aller Hitze an, die Stadt zu bestür men; Doch die Belagerten vertheidigten sich mit einer Tapferkeit, welche die Muselmänner ganz verwirrt machte, es geschahen sogar einige Ausfälle, welche alle für die Hemeßiner glück lich ausschlugen.
[↔] Dieser hartnäckige Widerstand zeigte im voraus an, daß die Belagerung lange und blu tig werden würde. Obeidah hätte deßwegen gerne gewünscht, daß er nicht so bald an dieses Unternehmen gedacht hätte. Als ihn einer von seinen Hauptleuten in dieser Bekümmerniß sahe, so rieth er ihm, sich einer Kriegslist zu bedienen, die ihm vielleicht sehr nützlich seyn könte. Sie bestand darinne, den Einwohnern vorzuschlagen, er wolle die Belagerung aufhe= (Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) ben, wenn sie seiner Armee Lebensmittel für ei nen Marsch von fünf bis sechs Tagen, die er zu seinem Rückzuge nöthig zu haben glaubte, liefern wollten. Nachdem Obeidah diesen Rath für genehm gehalten, so ließ er mit den Hemes sinern reden, und versprach ihnen, vermittelst dieser Bedingung, sogleich abzuziehen, und sich nach andern Eroberungen umzuthun.
[↔] Die Hemeßiner, welche nichts mehr wünsch ten, als die Muselmänner los zu seyn, nahmen diesen Vorschlag willig an, und schickten sogleich allen Vorrath, welchen man nur verlangen konnte. Als dieses geschehen war, ließ ihnen Obeidah
sagen, daß, da der Marsch, welchen er zu thun habe, vielleicht länger, als er iezt glaubte, dauern könnte, er ihnen auch gerne noch ihre übrigen Lebensmittel abkauffen wolle, wann sie ihm dieselben zu lassen geneigt wären. Die Hemeßiner liessen sich auch in diese Falle ziehen, und verkauften alles, was sie an Vor rathe hatten. Der General handelte nicht lan ge um den Preiß, sondern gab ihnen, was sie verlangten.
[↔] (Die Ara ber nehmen
Arestan durch
eine Kriegs list weg.)
[↔] Er zog auch in der That, wie er es verspro chen hatte, ab, und marschirte auf Arestan los, welchen Ort er auffordern ließ. Weil diese Aufforderung verworffen wurde, so that Obei dah, als ob er sich voriezo mit Belagerung die ses Platzes nicht aufhalten wollte, und ließ bloß den Befehlshaber ersuchen, zu erlauben, daß er etwas von seinem grossen Geräthe, welches ihm(Omar.
Hegire 14.
n. C. G. 635.) auf dem Marsche allzu beschwerlich seyn möch te, bey ihm einsetzen dürffe. Dieser Vorschlag ward mit Vergnügen angenommen. Obeidah ließ sogleich zwanzig Kisten hinein schaffen, in welchen zwanzig auserlesene Mann verschlossen waren. Diese Kisten schienen von aussen mit starken Schlössern wohl verwahrt zu seyn; inn wendig aber waren sie so zubereitet, daß die, welche darinne verschlossen waren, leichtlich her aus kommen konnten.
[↔] Obeidah zog mit seinen Trupen sogleich fort; in einiger Entfernung von der Stadt aber ließ er den Khaled mit einiger Mannschaft, auf die man sich bey dem Fortgange der Kriegslist, welche man anwenden wolte, verlassen konnte, im Hinterhalte. Der Befehlshaber und die Ein wohner wurden über die Entfernung der Araber höchst erfreut, und gingen in die Kirche, dem Höchsten wegen der Erlösung von einem so fürchterlichen Feinde zu danken. Doch da sie eben mit dem Gebete beschäftiget waren, mach ten sich die zwanzig verschlossenen Soldaten her aus, bemächtigten sich der Gemahlin des Be fehlshabers, welche zu Hause geblieben war, und zwangen sie, ihnen die Schlüssel zu der Festung zu geben. Sie lieffen hierauf schleinig zu dem Thore, welches dem Hinterhalte gegen über lag, schlossen es auf, und schrien insgesammt Alla achar. Auf dieses Geschrey kam Khaled mit seinen Leuten herbey, und machten sich gefaßt, (Omar.
Hegire 14.
n. C. G.
635.) alles niederzusebeln, was ihnen etwa widerste hen wollte; doch die Bestürzung, welche ein sol cher
Zufall verursachte, war so groß, daß nie mand daran gedachte, die Waffen zu ergreiffen.
[↔] (Die Stadt
Schaizar er giebt sich.)
[↔] Diese Unthätigkeit befreyte die Einwohner von einem Blutbade. Man bemächtigte sich bloß des Orts, ohne einige Gewaltsamkeit aus zuüben. Obeidah ließ eine Besatzung von zwey tausend Mann darinne, und zog sich hernach vor Schaizar, die Belagerung dieses Orts vor zunehmen. Die Muselmänner wurden der Mühe überhoben, ihn anzugreiffen, weil er sich von selbst ergab. Der Befehlshaber hatte sich zwar vertheidigen wollen, und hatte sogar sein Ansehen sehr ernstlich gebraucht, sie zu Er greiffung der Waffen zu nöthigen; allein sein gewaltsames Verfahren machte ihn nur den Einwohnern verhaßt. Sie warffen sich auf ihn, machten ihn mit einigen von seinen Anhän gern nieder, und öfneten hernach dem Obeidah die Thore.
[↔] Diesem Generale gefiel ihre Unterwürfig keit so wohl, daß er erklärte, keinen zu An nehmung der Mahometanischen Religion zwin gen zu wollen. Gleichwohl aber fügte er hin zu, daß die, welche ihr dennoch beytreten wür den, auf zwey Jahr tributfrey seyn sollten; die aber, welche bey dem
Christenthume verharre ten, sollten diese Freyheit nicht länger als ein Jahr geniessen.
[↔] Nach diesen Eroberungen glaubte Obeidah(Omar.
Hegire
15.
n. C. G. 636.) wieder vor Hemes rücken zu können. Er hat te sich davon zu entfernen versprochen, und hat te es auch gethan; er glaubte also sein Wort [↔] (Die Ara ber kommen
wieder vor
Hemes.) nicht zu verletzen, wann er nunmehr wieder vor diesem Orte erschiene. So aber dachte der Be fehlshaber nicht, und machte daher dem Mu selmanne die heftigsten Vorwürffe, daß er seine Tractaten so schlecht beobachte. Er schickte die sertwegen eine Gesandtschaft an ihn, welcher aber Obeidah zu seiner Rechtfertigung antwor tete, daß er zwar sich von Hemes zu entfernen, aber im geringsten nicht, niemals wieder davor zu erscheinen, versprochen habe.
[↔] Der Befehlshaber merkte nunmehr, was [↔] (Sie wer den bey ei nem Ausfal le geschlagen.) er für einen Fehler begangen, da er die Lebens mittel, die er zu Vertheidigung des Orts ge sammlet hatte, verkauft habe; weil es aber sehr thöricht gewesen wäre, die Zeit mit unnützen Bereuungen zu verlieren, so beschloß er, sich mit aller möglichen Tapferkeit zu vertheidigen. Er wollte sogar sein Glück auf offnem Felde versuchen. Seine erste Unternehmungen fie len ungemein glücklich aus. Ob er gleich nur mit fünf tausend Mann aus der Stadt brach, so fiel er doch die Araber, welche ihm an An zahl weit überlegen waren, kühnlich an. Er warff die ersten Glieder über den Hauffen, und setzte die übrigen alle in Schrecken. Es kam eine beträchtliche Menge Muselmänner durch das Schwerdt der Hemeßiner um, und (Omar.
Hegire 15.
n. C. G.
636.) ihre Armee würde gänzlich seyn in die Flucht geschlagen worden, wann sich nicht Khaled auf eine so erstaunliche Art gehalten hätte. Er brachte die Flüchtigen wieder zusammen, und machte bey dieser wichtigen Gelegenheit so klu ge Anordnungen, daß er den Feind glücklich zu rücke hielt, und ihn weiter zu kommen verhin derte.
[↔] Dieser tapfre Anführer kam mehr als ein mal dabey in die größte Gefahr. Er ward unter andern von einem griechischen Ritter an gefallen, gegen welchen er sich sehr muthig ver theidigte. Er legte sogar bey dieser Gelegen heit einen ausnehmenden Beweis von seiner Ge schicklichkeit und Stärke ab. Sein Schwerdt war in dem Kampffe zerbrochen, und gleich wohl wuste er mit vieler Fertigkeit den Strei chen seines Gegners auszuweichen; endlich er faßte er ihn, und drückte ihn mit solcher Ge walt an sich, daß er ihn erstickte, und todt zu Boden warff.
[↔] Die Hemeßiner, ob sie gleich Sieger blie ben, befanden sich durch einen so hitzigen An griff so entkräftet, daß sie sich in die Stadt mit dem festen Entschlusse zurücke zogen, ihren Sieg, sobald die Trupen ausgeruhet hätten, weiter zu verfolgen. Sie erschienen auch in der That des Tages drauf, und boten den Mu selmännern eine zweyte Schlacht an, welche aber ganz anders ausfiel.
[↔] Obeidah hatte sich mit dem Khaled weit
(Omar.
Hegire
15.
n. C. G. 636.) läuftig von den Mitteln unterredet, die Schan de des vorigen Tages auszulöschen; denn man konnte leicht voraus sehen, daß der Feind, wel
[↔] (Zweyter
Ausfall, bey
welchem die
Hemeßiner
geschlagen
werden.) cher durch einen Sieg aufgemuntert worden, die erste beste Gelegenheit, einen zweyten davon zu tragen, ergreiffen würde. Nachdem man alles wohl überlegt hatte, fiel die Meinung des Khaled dahin aus, daß Obeidah den Feind sol le anrücken lassen; daß er bey seiner Annähe rung thun solle, als ob er weiche, und die Flucht ergreiffen wolle; daß der General seine Tru pen auf ein gegebenes Zeichen schnell gegen den Feind wieder solle umkehren lassen; und daß Khaled auf eben dieses gegebene Zeichen, wann die Hemeßiner von vorne beschäftiget wären, sich mit seiner zurückbehaltenen Mannschaft zwischen die Stadt und den Feind stellen, den Hemeßinern in Rücken fallen, und sie also aus ser Stand setzen solle, länger zu widerstehen.
[↔] Diese Kriegslist gelang vollkommen. Die Hemeßiner wagten ihren Ausfall, und hat ten ihren Befehlshaber an der Spitze, welcher sich diesen Tag durch seine reichen Kleider, noch mehr aber durch sein zuversichtliches Ansehen, das ihm der Gedanke von einem Siege gab, den er schon für ganz gewiß hielt, vor allen andern merklich machte. Es währte nicht lange, so ging der Streit an. Obeidah
ließ seine Trupen, nach einem kleinen Widerstande, sachte und sachte zurück weichen. (Omar.
Hegire 15.
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636.) Die Hemeßiner stürzten, weit hitziger als vor her, auf sie; in dem Augenblicke aber fiel ihnen Khaled in den Rücken, und nöthigte sie, sich auf allen Seiten zu vertheidigen. Die Hemes siner hielten diesen Anfall mit vieler Unerschro ckenheit aus; doch als ihr Befehlshaber und viel andre tapffere Anführer gefallen, oder wehr los gemacht waren, verlohren die Trupen gänz lich allen Muth, und liessen sich fast ohne dem geringsten Widerstand todt machen.
[↔] Das Blutbad würde noch lange gewährt haben, wenn nicht noch einige Mannschaft ei nen Ausfall gethan hätte, und ihren Landsleu ten zu Hülffe gekommen wäre. Die Musel männer wurden dadurch genöthigt, sich wieder zu verbinden, um diesen neuen Trupen wider stehen zu können. Doch diese wollten keinen Anfall thun, und begnügten sich bloß eine Zeit lang festen Fuß zu halten, die Flüchtigen wie der zusammen zu bringen, und die, welche dem Schwerdte des Feindes entkommen waren, aufzunehmen.
[↔] (Die He meßiner ka pituliren.)
[↔] Dieser Verlust machte die Hemeßiner so verwirrt, daß sie an keine längere Vertheidi gung gedachten. Sie beschlossen vielmehr ein müthig, mit dem Feinde in Unterhandlung zu treten. Sie erhielten die vortheilhaftesten Be dingungen. Es war dem Obeidah genug, daß sie sich zinsbar machten; er ließ ihnen übrigens alle Freyheit, und ihnen zu zeigen, wie groß
sein Vertrauen auf ihr Wort sey, wollte er we
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.) der sich in die Stadt begeben, noch auch einige Besatzung darinne lassen.
[↔] Es ist wahr, er hatte Ursache genug, keine(Der grie chische Kay ser schickt ei ne Armee
wider die A raber.) darinne zu lassen, ja nicht einmal mit Besitz nehmung derselben die Zeit zu verlieren. Die Nachricht kam, daß der Kayser eine zahlreiche Armee wider die Muselmänner ausschicke, und daß man eine Schlacht zu erwarten habe, die den völligen Ausschlag geben könne. Es war also sehr nöthig, sich nicht von Trupen zu ent blössen, und sie beständig in Bereitschaft zu er halten, einem Feinde sich entgegen zu stellen, welcher, wie man sagte, sein äusserstes gethan habe, ein Heer zusammen zu bringen, welches alle vorhergehende übertreffe. Heraclius hatte das Commando einem Manne gegeben, wel chen die arabischen Geschichtschreiber Mahan nennen. Wenn man aber aus den Umständen der Zeit schliessen darf, so kan es fast kein an drer seyn, als der, welchen die Griechen Ma nuel nennen, einer von den größten Feldher ren seiner Zeit.
[↔] Diese Armee ward auf ihrem Marsche von Trupen verstärkt, die Giabalah mitbrachte, welches eben der war, der, wie ich oben erzehlt habe, in die Ungnade des Omars fiel. Mahan stellte diese Trupen an die Spitze der seinigen. Er hofte, daß sie ihm um so viel nützlicher seyn würden, da die Soldaten, aus welchen diese (Omar.
Hegire 15.
n. C. G.
636.) Verstärkung bestand, gebohrne Araber, und also aus einem Lande mit den Muselmännern waren, deren Art zu streiten sie am besten ken nen mußten. Diese Araber waren Christen, und bekannten einerley Religion mit den kay serlichen Trupen.
[↔] Doch diese Armee, welche die Christen zu schützen und sie von der Unterdrückung der Mu selmänner zu befreyen ankam, machte das Elend der Provinzen, durch welche sie zog, vollends vollkommen. Die Soldaten plünderten und mißhandelten die Einwohner, und ihre unge zähmte Frechheit ward so unerträglich, daß sich das Volk genöthiget sahe, die Herrschaft der Mahometaner vorzuziehen. Und das war es auch, was diesen ihre Eroberungen um ein gros ses erleichterte.
[↔] (Die Araber
berathschla gen sich, was
sie thun sol len.)
[↔] Unterdessen waren die Muselmänner doch anfangs, wegen Annäherung der kayserlichen Armee, besorgt. Es fanden sich einige, welche vorschlugen, sich nach Arabien zurück zu begeben, und ihre Trupen daselbst zu ergänzen. Dieses war beynahe auch die Meynung des Obeidah; doch die Furcht, von dem
Califen übel angese hen zu werden, verhinderte ihn, diese Gesin nung zu unterstützen. Uebrigens wollte der größte Theil der Muselmänner bleiben, wo er war, und den Angriff erwarten. Sie konnten sich nicht entschliessen Syrien, eine so reiche und sruchtbare Provinz, welche auf allen Seiten mit prächtigen Städten bebauet war, deren(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.) größten Theil sie mit der Spitze ihres Degens erobert hätten, zu verlassen, um in ein armes und wüstes Land zurück zu kehren, welches un ter einem brennenden Himmelsstriche und in einer dürren Gegend lag.
[↔] Nachdem man diese verschiedenen Meinun gen in einer Versammlung erwogen hatte, ging Khaled einen Mittelweg, welcher von allen ge billiget wurde. Nachdem er vorgestellt, daß es sehr unanständig seyn würde, sich als Flüch tige wieder nach Arabien zu wenden, zeigte er, daß es nur allzugefährlich seyn werde, an dem Orte, wo sie sich voriezo befänden, zu bleiben, weil des Kaysers Sohn Constantinus, welcher sich damals zu Cäsarea, an der Spitze von vier zigtausend Mann, befand, allzu nahe sey; daß Mahan mit der Kayserlichen Armee zu diesem Prinzen zu stossen bereit sey, indem auf der an dern Seite
Giabalah sich gleichfalls mit den Kayserlichen verbinden wolle; daß es also das beste seyn würde, wenn sie sich nach Yermuk (*) zögen, wo sie sich alsdann in einem Lande, das ihnen zugehöre, und nicht weit von Arabien be fänden, von wannen sie die Hülfsvölker, die man ihnen schicken wolle, leicht erhalten, oder wohin sie sich gar zurück ziehen könnten, wenn ihnen das Schicksal der Waffen zuwider seyn sollte.
25
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.)
[↔] Dieser Rath ward so weise befunden, daß sich alle Stimmen für ihn erklärten. Die Be fehle wurden sogleich ausgestellt, und die musel männische Armee begab sich auf den Marsch nach Yermuk, wohin sie sich so ruhig zog, als wenn sie im geringsten keinen Feind zu besorgen hätte.
[↔] Kaum hatte Constantinus den Rückzug der Araber vernommen, als er dem Kayserlichen Generale Vorwürffe machen ließ, daß er sie nicht auf ihrem Zuge angegriffen habe. Er erstaunte aber sehr, als ihm Mahan wissen ließ, daß er hierinne den Befehlen des Kaysers nach gekommen sey, vermöge welcher er nichts gegen die Muselmänner unternehmen dürffte, ohne vorher alles mögliche, mit ihnen Friede zu ma chen, versucht zu haben.
[↔] Dieser General fing auch in der That mit dem
Obeidah eine Unterhandlung an, und ließ ihm verschiedne Vorschläge thun, welche alle verworffen wurden. Die Muselmänner ihrer Seits wollten sich gleichfalls mit dem Giabalah vergleichen, oder ihn wenigstens neutral zu blei ben, bewegen; doch dieser wollte durchaus von keinem Vergleiche etwas wissen.
[↔] (Khaled
schlägt die
Trupen des
Giabalah.)
Khaled ward zornig, einen Araber wider seine Landsleute so aufgebracht zu sehen, und rieth dem Obeidah, ihn schleinig angreiffen zu lassen, ehe er sich mit der kayserlichen Armee verbinden könne. Er nahm dieses Unterneh
men selbst auf sich, und verlangte bloß eine(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.) kleine Mannschaft zu desselben Ausführung. Sobald
Obeidah seine Einwilligung ertheilt, gieng Khaled den Giabalah
aufzusuchen, und nachdem er mit seiner gewöhnlichen Unerschro ckenheit auf ihn gestürzt, schmieß er seine Tru pen über den Hauffen, und zwang ihn die Flucht zu ergreiffen. Doch geschahe es nicht eher, als nach einem tapfern Widerstande, wel cher den Muselmännern sehr theuer zu stehen kam; denn ausser den tapfern Soldaten, welche bey dieser Gelegenheit blieben, machte man auch viele Gefangene, unter welchen sich Yesid, Rafi und Derar befanden, alles Leute von Ver dienst, die man als den Kern der Officirer be trachten konnte.
[↔] Die Niederlage des Giabalah war eine für den Califen zu wichtige Neuigkeit, als daß man sie ihm hätte lange verschweigen sollen. Obeidah schrieb sogleich an den Omar, ihm von seinem Glücke Nachricht zu geben, und bat ihn zugleich um schleinige Hülffe wider die christliche Armee.
[↔] Omar ließ sogleich acht tausend Mann auf
[↔] (Der Calife
schickt eine
Verstärkung,
welche eine
griechis. Par they schlägt.) brechen, welche er dem Said=ebn=Amir anzu führen gab. Dieser Feldherr wandte seinen erhaltenen Befehlen gemäß, alles an, in möglichster Eil zu dem Obeidah zu stossen; weil er sich aber auf seinem Zuge verirret hatte, stieß er auf eine griechische Parthey, welche von dem Befehlshaber von Amman angeführt wur=
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G.
636.) de. Dieser Zufall hielt seinen Marsch einige Zeit auf, so viel er nemlich ein Treffen zu hal ten brauchte, in welchem das ganze griechische Fußvolk in Stücken gehauen wurde. Der Be fehlshaber war dem Blutbade mit seiner Reu terey zwar entkommen, doch kurz darauf ward er von einer arabischen Parthey, welche um zu plündern das Land durchstreifte, angegriffen. Hier fiel eine neue Schlacht vor, in welcher der Befehlshaber und der gröste Theil seiner Reu terey auf dem Platze blieben.
[↔] Said und seine Leute, welche die Flüchti gen verfolgten, wurden über eine Begegnung gedoppelt entzückt, welche nicht allein ihren Sieg vollständig machte, sondern ihnen auch Gelegenheit gab, sich nach dem nächsten We ge zu der Hauptarmee zu erkundigen. Ehe sie sich aber wieder auf den Marsch begaben, hie ben sie einer grossen Menge Reutern, die in dem Treffen geblieben waren, die Köpffe ab, welchen sie die Haut abzogen, und sie auf ihre Lanzen steckten. Mit diesen schrecklichen Siegs zeichen
kamen sie in dem Lager an.
[↔] Die Ankunft dieser Verstärkung, und die Vortheile, welche die Muselmänner eben jetzt davon getragen hatten, machten dem griechi schen Generale vielerley Gedanken. So frucht los seine erste Unterhandlung auch abgelauffen war, so beschloß er doch, noch eine zweyte zu versuchen, und ließ den Obeidah bitten, einen von seinen Vertrauten zu ihm zu schicken, sich(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.) mit ihm zu besprechen.
[↔] Weil sich Khaled hierzu selbst anbot, und
Obeidah mit Vergnügen darein willigte, so be gab er sich mit einigen angesehenen Hauptleu ten in das griechische Lager. Mahan empfing sie in seinem Zelte, wo er auf einer Art von Throne saß, neben welchem er Stühle für den Khaled und sein Gefolge hatte setzen lassen; doch diese stiessen die Stühle weg, und setzten sich auf die Erde. Der griechische General wunderte sich, daß sie die Sitze, die er ihnen bestimmt hatte, verschmäheten, Khaled aber sagte ihm, daß der Gebrauch der Muselmänner in diesem Stücke weit edler sey, als der Ge brauch der Christen; daß die Erde der Stuhl sey, welchen Gott seinem Propheten, dem Ma homet, bestimmt, und der Prophet den Musel männern, seinen Schülern, hinterlassen habe.
[↔] Der arabische Geschichtschreiber, welcher uns diesen und andre Umstände erzehlt, die alle gleich wenig wichtig sind, sagt uns von dem vornehmsten Gegenstande dieser Unterredung nichts. Aus seiner Erzehlung erhellet nur so viel, daß die Unterhaltung dieser beyden Heer führer mit Höflichkeiten und Scheltworten ab wechselte, welche mit der Sache, die sie hätten vorhaben sollen, nicht die geringste Verwandt schaft hatten.
[↔] Mahan sagte anfangs dem Khaled viel ver= (Omar.
Hegire 15.
n. C. G.
636.) bindliches. Nachdem er ihn einige Zeit hatte reden hören, so sagte er ihm, daß er biß iezt die Araber als ein rauhes und ungesittetes Volk betrachtet habe; daß aber die Unterredung, die er eben iezt mit ihm habe, dieses Vorurtheil gänzlich niederschlage, und ihm einen ganz an dern Begrif von ihnen mache, als die Grie chen sonst zu haben pflegten.
[↔] Khaled gab es in der That zu, daß man die Araber allezeit vor grob gehalten habe, und daß sie es auch damals noch gewesen wären, als Mahomet unter ihnen aufgestanden; daß aber, seit dem der Prophet sie mit dem himmlischen Lichte erleuchtet, um sie den Weg des Lebens und der Wahrheit
zu führen, die Sachen ein ganz ander Ansehen bekommen hätten.
[↔] Doch er zeigte es gar bald selbst, daß die se vorgegebene Veränderung so gar gegründet nicht sey, als er behauptet. Denn da die Un terredung ein wenig hitzig geworden war, sagte Khaled ohne Umstände zu dem griechischen Ge nerale, daß er ihn noch einmal mit dem Stri cke um den Hals vor den Omar wolle geführt sehen, um in Gegenwart des Califen enthauptet zu werden. Es ist zu vermuthen, daß Khaled zu dieser Heftigkeit bloß durch die verschiedenen Ar tikel verleitet wurde, welche der Gegenstand die ser Unterredung waren. Der arabische Schrift steller giebt bey dieser Sache kein Licht, welche doch allerdings Aufmerksamkeit verdienete.
[↔] Mahan ward mit Recht über die Reden(Omar.
Hegire
15.
n. C. G. 636.) des Khaled unwillig, und antwortete ihm im Zor ne, daß wenn er das Völkerrecht nicht in seiner Person scheuete, er ihn diese unverschämte Re de mit dem Kopfe wollte bezahlen lassen; weil er sich aber an ihm, in Ansehung seiner gesandt schaftlichen Würde, nicht rächen möge, so wol le er es an den Gefangenen thun, die er in sei nen Händen habe; und sogleich gab er Befehl, sie ihm her zu bringen.
[↔] Ueberlege es ja wohl, was du thun willst, versetzte der Muselmann voller Wuth,
denn ich schwöre dir bey dem Mahomet, daß, wenn du das thust, was du gesagt hast, ich dich mit eigner Hand umbrin gen will. Hiermit zog er mit einem drohen den Blicke den Sebel, und die Araber, welche bey ihm waren, thaten ein gleiches.
[↔] Mahan hielt nicht für dienlich, die Sache weiter zu treiben. Er besänftigte sich vielmehr gänzlich, und setzte die Unterredung so ruhig fort, als ob er keine Ursache zum Verdrusse ge habt hätte. Sie beschlossen so gar die Unter haltung mit verbindlichen Worten und beyder seitigen Geschenken. Khaled hatte bemerkt, daß dem Mahan ein Zelt von Scharlach, wel ches er in dem griechischen Lager für sich hatte aufschlagen lassen, gefallen; er schenkte es ihm also auf eine sehr verbindliche Art. Der grie chische General nahm es an, und schenkte ihm (Omar.
Hegire
15.
n. C. G. 636.) dafür die Gefangenen, welchen er kurz vorher die Köpfe hatte wollen abschlagen lassen. Er wollte noch andere Geschenke hinzufügen, doch Khaled schlug sie aus. Er war zufrieden gnug, die Gefangenen, die man ihm geschenkt hatte, wieder erhalten zu haben. Es waren eben die selben, welche Giabalah
gemacht, und sogleich in das käyserliche Lager geschickt hatte.
[↔] Der arabische Schriftsteller, welcher sich mit Kleinigkeiten abgiebt, hat es nicht für werth geachtet, uns etwas von dem wesentlichen die ser Unterhandlung zu melden. So viel ist ge wiß, daß kein Vergleich statt fand, und daß man auf beyden Theilen Anstalt machte, den Streit durch die berühmte Schlacht bey Yer muk, welche kurz darauf vorfiel, zu entschei den.
[↔] (Obeidah
tritt dem
Khaled das
Commando
der Armee
ab.)
[↔] Obeidah legte bey dieser Gelegenheit einen unwidersprechlichen Beweis von seiner Groß muth und seinem Eyfer für das gemeine Beste ab. Er verstand zwar die Anordnung eines Marsches, und eines Lagers, und die Stellung einer Armee; übrigens aber war er derjenige nicht, welcher sich in der Schlacht selbst hätte sonderlich hervor thun können. Dieses kam nicht daher, als ob es ihm ganz und gar am Muthe gefehlt hätte; allein ein andrer konnte leichtlich mehr haben als er; und was ihm von andern, die ihm etwa gleich seyn konnten, gänzlich unterschied, war dieses, daß er sich in diesem Stücke Gerechtigkeit wiederfahren ließ.
[↔] Da er also sahe, daß die instehende Schlacht(Omar.
Hegire 15.
n. C. G.
636.) von dem Schicksaale Syriens den Ausschlag ge ben müsse, erkannte er öffentlich, daß ihm Kha led an Muthe weit überlegen sey, indem er ihm das Commando der Armee abtrat. Er selbst stellte sich vor das Hintertreffen, unter die gel be Fahne, die ihm Abubeker bey seiner Abreise nach Syrien gegeben hatte, und welches eben dieselbe war, unter welcher Mahomet in seinem Kriege wider die syrischen Juden gestritten hatte.
[↔] Uebrigens war es sehr nothwendig, daß sich ein Anführer in dem Hintertreffen befände, der durch sein Ansehen die Araber zurückhal ten und ihre Flucht verhindern könne; denn in den letztern Treffen, welche zwischen ihnen und den Griechen vorgefallen waren, hatte man be merkt, daß die ersten Anfälle sehr schwer auszu halten wären.
[↔] Eben dieses geschah auch in der Schlacht(Die Araber
gewinnen die
Schlacht bey
Yermuk.) vor Yermuk. Der rechte Flügel der musel männischen Reuterey ward über den Hauffen geworffen; die meisten ergriffen die Flucht, man zwang sie aber gar bald, wieder in das Treffen zurück zu kehren. Die arabischen Wei ber, die sich in dem Hintertreffen befanden, hielten die Flüchtigen auf. Sie mißhandelten einige sogar auf eine grausame Art, welche durch sie durchzudringen versucht hatten. Sie sahen dabey keine Person an, und Sofian
selbst, (Omar.
Hegire 15.
n. C. G.
636.) einer von den tapfersten Hauptleuten, welche die Muselmänner unter sich hatten, und der der Gewalt zu weichen war genöthiget worden, daß er sich auf eine Art zurückziehen muste, die der Flucht sehr ähnlich war, wurde von diesen tapfern Kriegerinnen eben so wenig als ein an drer verschonet. Eine von ihnen hatte gleich keine Waffen bey der Hand, und ergriff also eine Zeltstange, mit welcher sie ihm einen so ge waltigen Schlag versetzte, daß er weiter zu flie hen vergaß.
[↔] Die Muselmänner hatten an diesem ersten Tage (denn man schlug sich verschiedene Tage hintereinander)
vielen Verlust; Doch die fol genden Tage faßten sie neuen Muth; und nach verschiednen blutigen Treffen, in welchen sich die Griechen mit aller Wuth, welche die Ver zweiflung einflössen kann, herumschlugen, mu sten sie doch endlich der Tapferkeit der Araber weichen, welche sich schämten, daß sie bey den ersten Anfällen des Feindes zurückgewichen wa ren, und also in der Folge die Fehler, die sie etwa zu Anfange des Treffens begangen hatten, wieder gut machten.
[↔] Obeidah, welcher bey diesen Umständen gleich anfangs die Sorgfalt gehabt hatte, alle militarische Anordnungen dem Khaled zu über lassen, that bey allen diesen auf einander fol genden Schlachten ein gleiches. Er vor sich trug Sorge, das Gebet in dem Lager unausge
setzt zu verrichten, und die Verwundeten zu be
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.) suchen, von welchen er einige so gar mit eige nen Händen verband. Uebrigens mischte er sich in nichts, was die Verrichtungen eines o bersten Feldherrn betraff; als welche Würde ihm in der That nichts mehr anging, weil er sie klüg lich einem andern abgetreten hatte.
[↔] Da also die Griechen gänzlich in die Flucht geschlagen waren, blieben die Muselmänner Herren von der Wahlstatt, und glaubten wei ter keine Hindernisse anzutreffen, die sie in dem Besitze der reichen Provinzen Syriens stören könnten. Obeidah übernahm nunmehr das Commando der Trupen wieder, und nachdem er sie einige Zeit in Yermuk hatte ausrasten lassen, führte er sie nach Damascus, von wannen er an den Califen schrieb, ihm das Glücke der Musel männer zu benachrichten.
[↔] Nach der ausführlichen Beschreibung die [↔] (Brief des
Obeidah an
den Califen.)
ses Briefes zu urtheilen, so war es nicht zu ver wundern, daß die Araber völlig von dem gan zen Syrien Herren blieben. Nach der schrek lichen Niederlage der Griechen, konnten keine Trupen, es zu vertheidigen, mehr übrig seyn. Die Zahl der Todten belief sich ihrer Seits auf funfzigtausend Mann, und vierzigtausend Mann machte man von ihnen zu Gefangenen, unter welchen sich auch ihr General Mahan, welcher kurz darauf zu Damascus ermordet wurde, be fand. Von Seiten der Muselmänner blieben (Omar.
Hegire 15.
n. C. G.
636.) nicht mehr als viertausend und dreyßig Mann auf dem Platze.
[↔] Ausser der entsetzlichen Anzahl Griechen, welche auf dem Schlachtfelde geblieben waren, machten die Muselmänner auch alles auf dem Lande nieder, was sie in ihren Eroberungen hätte beunruhigen können. Wir haben, sagt Obeidah zu dem Califen,
diejenigen gänz lich aufgerieben, welche auf die Berge und in die Wüsten geflüchtet waren. Wir haben alle Zugänge verschlossen, und Gott hat uns zu Herren über die Christen, über ihre Reichthümer und Kinder gemacht. Der Brief schloß sich al so: Geschrieben zu Damascus, wohin wir uns nach unserm Siege gewendet haben, und wo ich deine Befehle wegen Thei lung der Beute erwarte.
[↔] So wichtige Nachrichten konnten den Ein wohnern von Medina, und insbesondre dem Califen, welcher sogleich an den Obeidah, ihm wegen seines Sieges Glück zu wünschen, schrieb, nicht anders als höchst erfreulich seyn. Der Calife trug ihm auf, allen Muselmännern von seiner Armee zu erkennen zu geben, wie erkennt lich er gegen die Dienste, die sie dem Vaterlan de geleistet hätten, wäre; schlüßlich rieth er dem Generale, seine Trupen bis zu Erhaltung neu er Befehle, zu Damascus ausruhen zu lassen. Wegen der Beute schrieb er gar nichts.
[↔] Obeidah nahm es auf sich, die Theilung der
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.) selben mit der müglichsten Billigkeit zu verrich ten; und er hatte das Vergnügen, den Beyfall des Califen zu erhalten, als er ihm seine gemach te Einrichtung meldete. Nachdem er ungefehr einen Monat seine Trupen hatte ausruhen lassen, schrieb er an den Califen um Vorhal tungsbefehle zu seinen künftigen Unternehmun gen.
[↔] Die Antwort kam unverzüglich zurück.(Die Ara ber belagern
Jerusalem.) Omar befahl, mit Beystimmung seines Raths, die Belagerung Jerusalems, eines Ortes, wo von die Araber schon vorlängst gerne Besitzer gewesen wären, weil eine grosse Anzahl Pro pheten daselbst begraben lagen, und Mahomet allezeit gewünscht hatte, daß man sich dieses Orts bemächtigen könne.
[↔] Obeidah ließ sogleich seine Trupen nach der Gegend Jerusalems nach und nach aufbrechen. Die erste Abtheilung, welche sich auf den Weg begab, bestand aus fünftausend Mann, welche der Feldherr dem Abu=Sofian
anzuführen gab, und dem er bald darauf verschiedene andere Ab theilungen des Heers folgen ließ, welche alle bey den Mauern dieser Stadt zusammen stossen sollten. Sofian ließ anfangs den Platz auffor dern, und that sogar verschiedene Vorschläge, welche alle verworffen wurden. Er beschloß also den Angriff vorzunehmen, und bestürmte auch in der That die Stadt ganzer zehn Tage (Omar.
Hegire 15.
n. C. G.
636.) hinter einander. Doch die Belagerten verthei digten sich so tapfer, daß die Muselmänner kei nen Vortheil davon tragen konnten.
[↔] Obeidah, welcher während der Zeit mit den übrigen Trupen angekommen war, bildete sich anfangs ein, daß der Anblick eines so zahlrei chen Heeres bey den Belagerten Eindruck ma chen würde, daß sie sich zu einem Vergleiche williger bezeigten. Er entschloß sich daher, einen Brief an sie zu schreiben, in welchem er sich, nach den gewöhnlichen Anfangs Worten, folgender maassen ausdrückte:
[↔] Wir fordern von euch, zu bekennen, daß nur ein Gott, und Mahomet sein Prophete ist; daß ein Gerichte seyn wird, und daß Gott die Todten aus ihren Grä bern wird hervor gehen lassen.
[↔] Sobald ihr dieses Bekenntniß wer det gethan haben, wird es uns nicht er laubt seyn euer Blut zu vergiessen, noch eure Güter und Kinder wegzuführen. Wann ihr es euch aber zu thun weigert, so werdet zinsbar; wo nicht, so will ich Leute wider euch ausschicken, die den
Tod mehr lieben, als ihr das Trinken des Weins, und das Essen des Schwei nefleisches; (*) und will euch nicht eher 26
verlassen, als bis ich, wenn es Gott ge
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.) fällt, euch und eure Kinder in die Knecht schaft gestossen, und alle ausgerottet ha be, welche für euch streiten.
[↔] Dieser Brief hatte zur Aufschrift: Den vornehmsten Einwohnern zu Aelia. So nennte man Jerusalem, seit dem es der Käyser Aelius Hadrianus hatte wieder aufbauen lassen.
[↔] Die Drohungen des muselmännischen Ge nerals waren nicht vermögend, die Einwohner zu Jerusalem furchtsam zu machen. Sie fuh ren fort, den allertapfersten Widerstand zu thun; welches sie ganzer vier Monate aushiel ten, während welcher Zeit verschiedene sehr hi tzige Treffen vorfielen, die die Belagerten end lich ungemein schwächten. Die Muselmänner ihres Theils erschienen beständig mit gleicher Hitze, und es schien so gar, als wann sie durch die Schwierigkeiten nur vermehrt würde. Aus ser den beständigen Ausfällen, wider die sie sich in Acht zu nehmen hatten, hatten sie noch die scharfe Witterung, welche beynahe uner träglich geworden war, auszuhalten. Der Winter war dieses Jahr sehr hart, und beson ders für Leute, welche sich im Lager befanden. Doch alle diese Beschwerlichkeiten hinderten sie nicht, sich allezeit mit gleicher Unerschrockenheit zu zeigen, in dem festen Entschlusse, entweder sich des Orts zu bemächtigen, oder vor seinen Mauern umzukommen.
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.)
[↔] Eine so anhaltende Hartnäckigkeit verur sachte bey den Einwohnern traurige Gedan ken. Sie sahen voraus, daß die Araber über kurz oder lang zu sie eindringen, und, wann die Stadt mit Sturm sollte erobert werden, sich wegen der Beschwerlichkeiten und Strapa zen, die sie ausstehen müsten, rächen würden. Diese schreckliche Gedanken machten bey den vornehmsten Einwohnern einen solchen Ein druck, daß sie sich endlich entschlossen, Vor schläge zu thun.
[↔] (Unterre dung zwischē
dem Obeidah
und Patriar
chen von Je rusalem.)
Sophronius, Patriarch von Jerusalem, ein wegen seines Alters, seiner Würde und sei ner persönlichen Verdienste ehrwürdiger Präla te, ward ersucht, sich zu dem Obeidah zu bege ben, und mit ihm Unterhandlung zu pflegen. Der Patriarch nahm diese Verrichtung willig über sich, und hatte mit dem Generale der Mu selmänner eine lange Unterredung. Nach ver schiednen Vorschlägen stellte er ihm vor, daß Jerusalem die heilige Stadt sey, und daß der Himmel demjenigen seinen Zorn drohe, welcher sich unterstehen würde, als Feind hinein zu kommen.
[↔] Wir wissen es wohl, versetzte Obeidah,
daß in Jerusalem eine grosse Menge Propheten gebohren worden, und da selbst begraben liegen. In dieser be rühmten Stadt war es, wo Maho=
met (*) unser Prophete, zur Nachtzeit,(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.) bis in den Himmel entzückt wurde, und sich dem Herrn bis auf zwey Bogen 27
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G.
636.) schüsse nahete. Wir sind seine Schüler, und also würdiger als ihr, sie zu besitzen. Wir werden die Belagerung nicht eher
aufheben, bis es Gott gefallen wird,(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.) uns die Stadt in unsere Hände zu geben, wie er es mit so vielen andern Städten gethan hat.
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.)
[↔] Der Patriarch, welcher Macht hatte den Vergleich zu schliessen, es möge auch kosten was es wolle, verwilligte endlich die Uebergabe der Stadt, und nun kam es nur darauf an, so viel möglich, die besten Bedingungen zu erlan gen. Nachdem er mit dem Obeidah wegen der vornehmsten Puncte der Kapitulation einig ge worden war, so verlangte er, daß man ihm, eines so beträchtlichen Platzes zu Ehren, noch eine Bedingung eingehen möge, diese nemlich, daß der Calife selbst ihn in Besitz zu nehmen, kommen solle.
[↔] Auch dieser Punct ward von dem Obeidah verwilligt, das ist, er versprach dem Patriar chen
schleinigst einen Curier nach Medina zu schicken, welcher dem
Califen von dieser ver langten Bedingung Nachricht geben solle.
[↔] (Obeidah
ladet den O mar ein, Be sitz von Je rusalem zu
nehmen.)
[↔] Obeidah schrieb auch in der That sogleich an den Califen, ihm die wichtige Neuigkeit von der Uebergabe Jerusalems zu melden; er bat ihn zugleich, ihm seine Gesinnungen, we
gen des letzten Puncts, auf welchem man zu(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.) bestehen scheine, zu entdecken.
[↔] Omar berief sogleich seinen Rath, um zu [↔] (Omar hält
deswegen
Rath.) überlegen, was hier für ein Entschluß zu fassen sey. Othman, einer von den vornehmsten des Raths, welchen wir bald auf dem Throne der Muselmänner sehen werden, war der Meinung, daß der Calife diese Reise nicht thun solle. Er stellte vor, daß dieses eine Gelegenheit sey, den Christen zu zeigen, wie sehr man sie verachte, indem man sie der Gegenwart des Califen nicht würdig schätze.
[↔] Ali, welcher nach diesem seine Meinung sagte, ergriff die gegenseitige Meinung. Er behauptete, wenn man den Christen diese Ehre abschlüge, welche sie einzig und allein, sich gänzlich zu unterwerffen, erwarteten, so wür de man sie den Krieg fortzusetzen zwingen, und die Stürme würden den Gläubigen noch viel Blut kosten. Uebrigens stellte er vor, daß die Gegenwart des Califen seinen Trupen ein un endliches Vergnügen machen werde, und daß dieses der einzige Trost wäre, den sie, nach so vielen bey dieser langen Belagerung ausgestan denen Beschwerlichkeiten, haben könnten. End lich gründete er sich auf die Würde Jerusa lems, eines Ortes, welcher sowohl von den Christen, als Muselmännern, verehret würde, weßwegen er es denn für ganz zuträglich hielte, wenn der
Calife einige Proben seiner Achtung für ihn geben wollte.
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.)
[↔] Nachdem diese Meinung im Rathe die O berhand behalten, so ward die Reise beschlossen. [↔] (Omar
trägt
dem Ali das
Regiment
auf, u. reißt
nach Jerusa lem.) Omar trug dem Ali das Regiment in seiner Ab wesenheit auf, und begab sich mit einem sehr kleinen Gefolge, und mit einer Ausrüstung, welche im geringsten nichts ähnliches mit dem prächtigen Stolze der alten Asiater hatte, wel che in der Geschichte
wegen ihrer Schwelgerey und Weichlichkeit so bekannt sind, auf den Weg.
[↔] Der Calif ritt auf einem rothen Kameele, auf welches zwey Säcke gepackt waren; in dem einen war Weitzen, Reiß und ausgehülsete Gerste; der andre war mit Früchten angefüllt. Zugleich nahm er einen Schlauch voll Wasser mit sich, und eine grosse Schaale, welche von blossem Holze war. Wann er stille hielt, ein wenig auszuruhen, oder etwas Nahrung zu sich zu nehmen, so war die Mahlzeit gar bald fer tig: der Calif
ließ seine Mundkost, die er bey sich hatte, hervorlangen, und seine Reisegefehr ten assen mit ihm aus einer Schüssel. Unter ei nem so einfältigen Aufzuge würde es, nach un sern Sitten, sehr schwer gewesen seyn, den Regenten eines der größten Reiche, und den Ueberwinder der Griechen zu erkennen. Doch die damaligen Muselmänner machten sich aus dem nichtigen Schimmer eines prächtigen Pu tzes wenig, und erkannten ihre Anführer bloß an ihrer Tapferkeit, Tugend und Liebe für das gemeine Beste.
[↔] Der schlechte Aufzug des Omars erweckte(Omar.
Hegire
15.
n. C. G. 636.) ihm in allen Gegenden, wo er durchzog, Hoch achtung. Man bat ihn sogar an mehr als ei nem Orte, sich zu verweilen, um verschiedene Sachen zu entscheiden, welche entweder die Po licey, oder die guten Sitten betraffen.
[↔] Unter andern klagte man bey ihm einen [↔] (Der Calif
fället auf sei ner Reise ver schiedene bil lige Urtheile.) Mann an, welcher zwey Schwestern geheyra thet hatte. Eine solche Ehe war seit langer Zeit unter den Arabern sehr gebräuchlich gewe sen, allein der Prophet
hatte sie in seinem Ko rane ausdrücklich verbothen. Nachdem der Calif den Schuldigen vor sich gefodert, befahl er ihm, dem Gesetze des Mahomets gemäß, ei ne von seinen Weibern zu verlassen. Dieser Ausspruch verursachte bey dem, welchen er an ging, sehr bittere Klagen; er murrete unge scheut wider die muselmännische Religion, und sagte sogar, es ärgere ihn bis zur Verzweife lung, daß er sie angenommen habe. Der Ca lif ward darüber unwillig, schlug ihn mit seinem Stocke auf den Kopf, und sagte: Wie? du unterstehest dich Islam zu verachten, welches die Religion Gottes, seiner En gel, und seiner Apostel ist? Wisse, daß es dem den Kopf kostet, der ihrer ent saget.
[↔] Da das Murren bey dieser Drohung nach ließ, so kam es nur noch darauf an, dem Cali fen zu gehorchen, und eine von den zwey Wei= (Omar.
Hegire
15.
n. C. G. 636.) bern zu wählen. Da aber der Beklagte so wohl die eine als die andre zärtlich liebte, so fiel ihm die Entschliessung sehr schwer. Omar hob die Schwierigkeit vermittelst des Loses, und da die ses dreymal auf eben dieselbe Frau fiel, so ward diese behalten, und die andere bekam ihren Ab schied.
[↔] Als der Calif seinen Weg verfolgte, traf er verschiedene Unglückliche an, welche an Bäume gebunden, und den Sonnenstrahlen ausgestellet waren; eine Strafe, die in diesen hitzigen Ge genden sehr schrecklich ist. Da er sich bey ih nen nach der Ursache dieser harten Züchtigung erkundigte, so antworteten sie ihm, daß sie ar me Schuldner wären, welche kein Mittel wüß ten, ihre Schulden abzutragen, weßwegen sie denn von ihren Herren so mißgehandelt würden. Der Calif ließ sie sogleich losbinden, forderte ih re Gläubiger vor sich, und sagte zu ihnen: Las set diese arme Leute zufrieden, und fodert nicht mehr von ihnen, als sie geben kön nen: Denn ich habe den Propheten oft sagen hören: Plaget die Menschen nicht; denn die, welche sie in dieser Welt pla gen, werden in der Hölle dafür gestraft werden.
[↔] Kurz darauf fällte er noch ein ander Urtheil über einen alten Mann, welcher eine junge Frau geheyrathet hatte, und einem jungen Menschen, der in seinen Diensten war, erlaubte, mit ihr Gemeinschaft zu haben, so daß beyde wechsels
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.) weise einen Tag um den andern sie besassen. Nachdem ihm der
Calif vorgestellt, daß ein sol cher Umgang an und vor sich selbst etwas schändliches sey, und daß er in dem Korane ausdrücklich untersagt werde, so befahl er dem jungen Menschen, dieser Frauen gänzlich zu entsagen, und fügte sogar die Drohung hinzu, ihm den Kopf vor die Füsse legen zu lassen, wann er erfahren sollte, daß er seinen Befehl übertrete.
[↔] Nach verschiedenen andern Anordnungen, [↔] (Der Calif
langt in dem
Lager der
Araber an,
wo er ver schiedene
Mißbräuche
abschaft.) die er auf dieser Reise zu machen Gelegenheit fand, langte er endlich an den Grenzen Syri ens an, und fand sich kurz darauf in dem La ger der Araber ein. Den Tag nach seiner An kunft verrichtete er des Morgens das öffentli che Gebet, auf welches eine Ermahnung folgte. Hierauf besah er das Lager, und schafte verschie dene Mißbräuche ab, die unter den Trupen ein gerissen waren. Er bemerkte unter andern, daß sehr viele reiche seidene Kleider trugen, wel che sie von den Christen erbeutet hatten. Die ser Uebermuth mißfiel ihm so sehr, daß er den Augenblick den Schuldigen eine harte Strafe auflegte, und ihre Kleider in Stücken zerreissen ließ. Er befürchtete mit Grund, dieser Ge schmack an Pracht möchte sich nach und nach vermehren, die Einfalt und Bescheidenheit der Muselmänner verderben, und den Eyfer für die Religion erkälten.
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.)
[↔] Sobald als man zu Jerusalem von der An kunft des Califen Nachricht bekam, schickte man ihm Abgeordnete entgegen, ihn zu bewill kommen, und zugleich die Puncte der Ueberga be abzureden. Nach einigen Unterredungen setzte Omar folgende Schrift selbst auf, welche, so zu reden, bey andern den Christen von den Muselmännern verwilligten Kapitulationen, zum Muster gedient hat.
[↔] (Die den
Einwohnern
von Jerusa lem verwil ligte Kapitu lation.)
[↔] Die Christen sollen keine neue
Kirchen weder in der Stadt, noch in ihrem Gebiete bauen. Sie sollen den Muselmännern nicht verwehren in ihre Kirchen zu ge hen, es sey bey Tage, oder bey Nacht. Die Thüren derselben sollen allen Frem den und Reisenden offen stehen. Wann ein Muselmann durch ihre Stadt reiset, und sich daselbst aufhält, sollen sie ver bunden seyn, ihn drey Tage nach seiner Ankunft frey zu halten.
[↔] Sie sollen ihre Kinder den Koran nicht lehren. Sie sollen von ihrer Re ligion nicht öffentlich reden. Sie sollen niemanden dazu bereden, noch ihre An verwandte abhalten, Mahometaner zu werden.
[↔] Sie sollen nicht wie die Muselmän ner gekleidet seyn; sie sollen keine Turba ne und Beinkleider, wie ihre sind, tragen; sie sollen ihre Haare nicht nach ihrer Art
scheideln. Sie sollen die arabische Spra
(Omar.
Hegire 15.
n. C. G. 636.) che nicht reden, und nicht einerley Na men mit ihnen führen.
[↔] Sie sollen vor den Muselmännern aus Ehrerbietung aufstehen, und sich nicht eher setzen, bis sie sich niedergesetzt haben. Sie sollen sich zu Pferde keiner Sattel bedienen, und keine Waffen tra gen. Sie sollen keinen Wein schenken, und Gürtel um ihren Leib tragen. Sie sollen auf ihre Kirchen keine Kreutze setzen, noch sie in den Gassen der Muselmän ner herum tragen. Sie sollen ihre Glo cken nicht lauten, sondern nur anschlagen. Sie sollen keinen Knecht haben, welcher vordem bey einem Muselmanne gedient.
[↔] Nachdem diese verschiedne Puncte von bey
[↔] (Der Calif
zieht zu Je rusalem ein,
und besucht
die Kirchen.) den Theilen waren unterzeichnet worden, so zog der Calif mit einem zahlreichen Gefolge in die Stadt hinein. Der Patriarch war ihm entge gen gegangen, und Omar fragte ihn verschied nes wegen der Alterthümer dieser Stadt, und verlangte die schönsten Kirchen zu besehen. In der ersten, in welche er kam, fragte er, ob er nicht sein Gebet darinne verrichten könne. Als ihm aber der Patriarch hierauf antwortete, daß er Herr sey, und thun könne, was ihm beliebe, so begab sich der Calif den Augenblick, ohne zu beten, hinaus. Eben so machte er es mit den andern Kirchen, die man ihm sehen ließ, und (Omar.
Hegire 15.
n. C. G.
636.) bloß in der Constantinuskirche hielt er sich et was auf. Nachdem er die Schönheit dieses Gebäudes genau betrachtet, kniete er auf den Stuffen des Morgenthores nieder, und verblieb einige Zeit daselbst im Gebete.
[↔] Als er fertig war, stand er auf, und sagte zu dem Patriarchen: Ihr denkt vielleicht, daß ich mich aus Eigensinn so bezeigt ha be; allein ihr müßt wissen, daß ich die se Aufführung bloß in Ansehung eurer, beobachtet habe; um euch nemlich in dem ungestörten Besitze aller eurer Kirchen zu lassen; denn wenn ich in einer mein Ge bet verrichtet hätte, so würde es nicht mehr in meiner Gewalt gestanden haben, euch solche zu erhalten: Die Muselmän ner würden sie euch streitig gemacht und sich derselben, bemächtiget haben, weil sie berechtiget sind, eben daselbst beten zu können, wo der Calif gebetet hat.
[↔] (Ein Arti kel, welcher
wegen der
Kirchen noch
zur Capitula tion hinzuge füget wird.)
[↔] Gleichwohl aber sahe Omar voraus, daß folglich die Araber ihr Gebet, wenn es ihnen ge fiele, auf den Stuffen der Constantinuskirche, wo er sich aufgehalten habe, würden verrich ten wollen; er ließ sich also die Kapitulation wie dergeben, und fügte den Punct mit seiner ei genen Hand hinzu, daß die Muselmänner, wann sie auf den Stuffen der christlichen Kirchen be ten wollten, es nicht anders, als einer nach dem andern thun sollten; auch sollten sich die Muez
zin, das ist, die öffentlichen Ruffer, welche das(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) Volck zum Gebete ruffen, niemals daselbst auf halten.
[↔] Nachdem er die vornehmsten Orte der Stadt in Augenschein genommen hatte, so ver langte Omar, daß man ihm den Platz zeigen solle, auf welchem ehedem Salomon einen Tem pel dem HErrn aufgerichtet habe. Diesen Platz erwählte er, eine prächtige Moschee dar auf bauen zu lassen, in welcher sich die Musel männer, zu Ausübung ihrer Religion, versamm len könnten.
[↔] Alle Geschichtschreiber erzehlen einmüthig [↔] (Besondere
Hochachtung
der Musel männer gegen
die Patriar chen. 1. B. M. 28, 11. 12.) eine besondere That des Califen, da man ihm den Stein gezeiget, auf welchem Jacob einge schlafen, als er die geheimnißvolle Leiter gesehen. Dieser Ort war von den Christen gänzlich ver nachläßiget worden, und so gar mit so viel Un reinigkeiten beschüttet, daß man den Stein fast gar nicht sehen konnte. Omar ärgerte sich ü ber die wenige Achtung, die man gegen ein so ehrwürdiges Denkmahl hatte, und wollte die sen Ort selbst reinigen; er nahm also in den Zi pfel seines Kleides so viel Unreinigkeiten, als er fassen konnte, und trug sie weit davon weg. Die Muselmänner, welche ihn begleiteten, mach ten sich eine Ehre daraus, ihm nachzuahmen, so daß der Stein und der Platz daherum in kur zen gesäubert waren, und besucht werden konn ten. Der
Calif befahl seinen Leuten, diesen (Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) Stein zu waschen; er selbst kniete dabey nieder, und verrichtete sein Gebet. Man sieht hier ein sehr merkwürdiges Beyspiel von der Hochach tung, welche die ersten Muselmänner gegen das Andenken der alten Patriarchen hatten.
[↔] (Omar theilt
die Verwal tung der syri schen Pro vinzen aus.)
[↔] Omar blieb einige Zeit zu Jerusalem. Er hielt daselbst verschiedene Berathschlagungen, und beschäftigte sich während dieses Aufenthalts mit den Staatsgeschäften, sowohl was die Ein richtung dieses Orts, als auch des Reichs der Muselmänner überhaupt, und insbesondere der uneroberten Länder betraf. Dem Abu - Obei dah gab er die Regierung des mitternächtlichen Syriens, in welchem die Städte Aleppo, Haw ran et cetera
lagen. Abu - Sofian bekam die Ver waltung des mittäglichen Theils, in welchem sich Palestina und andere Provinzen an dem Meere befinden. Weil Aegypten von den Muselmän nern noch nicht war angegriffen worden, so ward es dem Amru - ebn - Alas aufgetragen, dieses Land zu erobern.
[↔] Während der Zeit, als sich der Calif zu Je rusalem aufhielt, kam ein Jude, Namens Caab zu ihm, um sich wegen der Mahometanischen Religion, die er, wie er sagte, annehmen woll te, mit ihm zu besprechen, weil er seinen Vater, welches ein in dem Gesetze Mosis wohlerfahr ner Rabbi gewesen war, oft habe sagen hören, daß Mahomet der letzte unter den Propheten seyn würde. Er bat also den Omar, ihm eini
gen Unterricht von der Mahometanischen Reli
(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) gion zu geben.
[↔] Der Calif that es mit Vergnügen, und führte ihm verschiedne Stellen aus dem Kora ne an, welche einem in dem Judenthume erzo genen Menschen schmeichelhaft seyn mußten. Er sagte, daß Abraham diese Religion seinen Kindern empfohlen habe, und daß Jacob ein gleiches gethan; daß Abraham weder ein Jude noch ein Christe gewesen sey, sondern ein recht gläubiger Muselmann, und nicht aus der Zahl derer, welche Gott Gefehrten zugeben. Er führte ihm endlich an, was Mahomet seinen Schülern oft wiederhohlt habe. Eure Reli gion, sagte dieser Prophete, ist keine andre, als die Religion eures Vaters, des Abra hams; und er ist es, welcher euch den Namen Muselmänner gegeben hat. Ihr glaubt einen einigen
Gott; die Christen glauben deren drey, den Vater, den Sohn und den H. Geist; das heißt Gott Gefehrten geben, und verschiedne Göt ter glauben: Rühmt euch, daß ihr nur einen Gott glaubt, und gebet keinen mehr zu, so wie euer Vater Abraham.
[↔] Der Jude wollte mit diesen Beweisen zu frieden seyn, und bekehrte sich sogleich zu der Mahometanischen Religion, und legte bey dem Califen sein Glaubensbekenntniß ab. Diese Bekehrung machte bey dem
Omar einen unge= (Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) meinen Eindruck; er sagte unverhohlen, daß ihm dieser Proselyte eben so viel Vergnügen, als die Eroberung von Jerusalem, mache. Um diesen neuen Muselmann immer mehr und mehr in seinem Glauben zu bestärken, schlug er ihm vor, die Reise nach Medina mit ihm zu thun, und das Grab des Propheten zu besu chen.
[↔] (Omarkehrt
nach Medina
zurück.)
[↔] Omar begab sich auch in der That ohne Zeitverlust wieder nach Medina, wo man ihn mit so viel grösserer Freude empfing, weil man befürchtet hatte, er möchte seinen Sitz ganz und gar zu Jerusalem aufschlagen. Man wu ste, daß er diese Stadt unendlich hochschätze, und übrigens ließ die Schönheit des Landes, die Fruchtbarkeit der umliegenden Gegend, die gesunde und angenehme Luft, mit Recht besor gen, der Calif möchte diesen Aufenthalt einem jeden andern vorziehen. Doch Omar war ge gen das, was bloß das Vergnügen der Sinne betraf, wenig empfindlich, und stand nicht ei nen Augenblick an, wieder nach Medina zurück zu kehren, welchen Ort er für die Wiege des Mahometanischen Glaubens und für den Mit telpunct der
Religion hielt.
[↔] (Obeidah be mächtiget
sich verschie dener Plätze.)
[↔] Obeidah begab sich gleichfalls, kurz nach dem Omar, von Jerusalem weg, und zog in die Provinz, die ihm der Calif anvertrauet hatte. Seine erste Sorge war, verschiedene Plätze unterwürffig zu machen, welche die Chri
sten noch inne hatten. Gleich anfangs bekam(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) er die Städte Kennesrin und Alhadir durch Uebergabe, und zog sehr ansehnliche Summen daraus. Hierauf beschloß er, sich Aleppo zu nähern, um diese Stadt ein gleiches Schicksal wiederfahren zu lassen.
[↔] Die Stadt war schon in der grösten Be stürzung. Die meisten Einwohner, welche un endliche Reichthümer besassen, die sie durch den Handel gewonnen hatten, waren geneigt genug, sich mit dem Feinde zu vertragen, um einer schrecklichen Belagerung vorzubeugen, welche ihre Stadt und ihr Glück ruiniren könnte. Sie theilten verschiednen Hauptleuten von der Be satzung des Schlosses ihren Anschlag mit; doch die Stimmen waren getheilt, und endlich be schloß man, sich zu vertheidigen.
[↔] Dieses Schloß, welches einer von den [↔] (Uneinigkeit
zwischen den
zweyen Be fehlshabern
in dieser
Stadt.) festesten Plätzen in Syrien war, hatte einen von den vornehmsten Kriegsobersten des Käy sers Haraclius, welcher ihm zugleich die Ver waltung des ganzen zwischen Aleppo und dem Euphrat gelegenen Landes anvertrauet hatte, zum Befehlshaber gehabt. Dieser Kriegsober ste war vor kurzem gestorben, und hatte zwey Söhne hinterlassen, die sich in dem Dienste schon hervorgethan hatten. Der eine hieß Yu kinna, und der andre Johann. Sie hatten beyde ihren Sitz auf dem Schlosse, und waren auch beyde zugleich die Befehlshaber davon; (Omar.
Hegire
16.
n. C. G. 637.) doch Yukinna hatte den vornehmsten Antheil an den Angelegenheiten, denn sein Bruder Jo hann lebte sehr eingezogen, und seine vornehm ste Beschäftigung war beten und lesen; übri gens gab er sich mit den Geschäften, die ihm als Befehlshaber zugekommen wären, wenig ab.
[↔] Gleichwohl, da er die Einnahme der Stadt Kennesrin erfuhr, und hörte, daß die Musel männer ihre Eroberungen weiter verfolgen woll ten, war er der erste, welcher seine Meinung, dem Anschlage der Einwohner zu Aleppo ge mäß, eröffnete. Weil man sich vermittelst des Geldes gegen die Araber in Sicherheit setzen könne, so behauptete er, daß es die Klugheit erfordere, sich mit ihnen zu vergleichen, um so gut davon zu kommen, als es möglich sey.
[↔] Yukinna, welcher von einer sehr kriegri schen
Gemüthsverfassung war, ward über den Vorschlag seines Bruders unwillig. Er warff ihm seine Schwäche, und seinen Mangel an Muthe vor, und fügte hinzu, um seine Lebens art zu verspotten, nur ein Mönch könne solche Reden führen; er wenigstens werde nimmer mehr an einen Vergleich denken, und sey ent schlossen, sich bis auf das äusserste zu vertheidi gen.
[↔] (Yukinna
thut einen
Ausfall, wel cher ihm ge linget.)
[↔] Er ließ hierauf alle seine Leute zusammen kommen. Er fand sogar eine mächtige Hülffe unter den christlichen Arabern, welche ihm sehr ansehnliche Verstärkungen zuschickten. So bald er sich bey Kräften sahe, beschloß er, et
(Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) was zu wagen, und den Muselmännern auf das schleinigste entgegen zu gehen, um sie anzu greiffen. Was ihn zu diesem Entschlusse be wog, war dieses, weil er erfahren hatte, daß die Feinde ihre Trupen in drey Hauffen ver theilet hatten, und er also hoffen könnte, einen von diesen Hauffen, wenn er den Anfall wag te, zu schlagen.
[↔] Dieser Anschlag gelang ihm ziemlich wohl. Bey seinem ersten Ausfalle stieß er auf tausend Mann, welche Obeidah voraus geschickt hatte, um die Stellung der Christen auszukundschaf ten. Yukinna fiel mit voller Wuth auf die Muselmänner, welche sich anfangs mit ihrer gewöhnlichen Tapferkeit vertheidigten; doch der Befehlshaber, welcher ihnen an Kräften weit überlegen war, fand gar bald Mittel, den Sieg auf seine Seite zu lenken. Die Muselmänner wurden über den Hauffen geworffen; ein gros ser Theil ward in Stücken zerhauen, und viel leicht würde kein einziger davon gekommen seyn, wann nicht die Nacht eingebrochen wäre, und den Streit geendet hätte.
[↔] Yukinna, welcher auf seinen Sieg stolz war, hätte ihn gerne durch Verfolgung der Flüchtigen vollkommen gemacht; allein die Furcht, in einen Hinterhalt zu fallen, hielt ihn zurück. Er ließ seine Leute sogleich zurück ruffen, und verschanzte sich in der Eil auf eben (Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) dem Platze, wo er sich befand. Sein Vorsatz war, sich mit anbrechendem Tage auf den Weg zu begeben, um vollends den Rest dieses feind lichen Hauffens aufzureiben.
[↔] Man hätte glauben sollen, eine so muthige That würde den Einwohnern von Aleppo Muth gemacht haben, daß sie auf keine Unterhand lung ferner gedacht hätten; doch eben zu der Zeit, da sie wußten, daß er sich die Musel männer zu schlagen bemühete, fiengen die furcht samen Einwohner an, einen Vergleich mit ih nen zu treffen.
[↔] (Die Ein wohner von
Aleppo pfle gen mit dem
Obeidah Un terhandlung.)
[↔] Dreyßig von den Vornehmsten der Stadt wurden an den Obeidah, nach Kennesrin, wo er sich seit einiger Zeit aufhielt, abgeschickt. Als diese Abgeordnete in dem Lager der Araber anlangten, baten sie gleich anfangs um Gnade, als wann sie schon unter der feindlichen Gewalt gewesen wären. Man hohlte sie an der Spitze des Lagers ab, um sie zu dem General zu füh ren, und sie erstaunten nicht wenig über die Ruhe, die sie unter den Muselmännern herr schen sahen; einige waren im Gebete begriffen; andre schwatzten miteinander. Die Einwoh ner von Aleppo wurden darüber so stutzig, daß sie sich einbildeten, der Hauffe, wider welchen Yukinna ausgezogen sey, müsse gesiegt haben. Es fand sich so gar einer, welcher es dem an dern in Vertrauen sagen wollte, allein er rede te so laut, daß es ein Muselmann hörte, wel
cher sogleich zu dem Obeidah lief, ihm davon(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) vorher Nachricht zu geben.
[↔] Der General, welcher seiner Seits von der geschlagnen Mannschaft nichts erfahren hatte, ward über die Nachricht, die man ihm brachte, anfangs ein wenig unruhig. Unterdes sen gab er den Abgeordneten gleichwohl Gehör, welche ihm im Namen aller Einwohner von A leppo sagten, daß sie für die Stadt insbesondre Unterhandlung zu pflegen kämen, und daß sie dieses wider Willen des Yukinna, ihres Be fehlshabers, thäten, welcher sich als einen un erträglichen Tyrannen gegen sie bezeigte. Sie hätten ihm zwar vorgeschlagen, sich mit den Muselmännern zu vertragen, allein er habe diesen Vorschlag gänzlich verworffen, und es vielmehr für seine Schuldigkeit gehalten, wider sie auszuziehen.
[↔] Obeidah ward immer unruhiger, und weil er sich
einbildete, daß seine Trupen vielleicht wä ren geschlagen worden, so wollte er anfangs sich mit den Abgeordneten nicht einlassen. Er ward in seiner abschläglichen Antwort durch die An merkung bestärkt, die ihm einer von seinen vor nehmsten Hauptleuten machen ließ, daß nem lich das Schloß und die Stadt Aleppo nahe ge nug beysammen lägen, daß die Einwohner ganz wohl wissen könnten, was vorgegangen sey; daß ihre vorgegebene Unwissenheit nichts als ein Fallstrick sey, in welchen sie die Muselmän= (Omar.
Hegire
16.
n. C. G. 637.) ner locken wollten; daß diese Abgeordneten nicht aufrichtig zu Werke gingen, und daß man sei nen Trupen ganz gewiß übel mitgespielet habe.
[↔] Die Abgeordneten von Aleppo hielten so in ständig an, und schienen so offenherzig zu ver fahren, daß Obeidah, welcher von Natur war, endlich beschloß, sie zu vergnü gen. Er sahe übrigens, daß, wenn er diesen Entschluß faßte, die Muselmänner grosse Vor theile davon haben, und Lebensmittel in Men ge daselbst finden würden. Er sagte daher zu seinen Hauptleuten, welche noch immer über zeugt zu seyn schienen, daß die Abgeordneten sie nur zu hintergehen suchten: Macht euch doch von Gott einen edlern Begriff, wel cher uns gewiß nicht betriegen, noch die Herrschaft über die Muselmänner, den Christen geben wird.
[↔] (Die
den
Einwohnern
von Aleppo
verwilligten
Bedingungē.)
[↔] Endlich trat man der Meinung des Obei dah bey, und fing an mit den Abgeordneten ei nen Vergleich zu treffen. Es wurde ihnen ei ne gewisse Summe aufgelegt, wozu man noch dieses hinzu fügte, den Muselmännern Lebens mittel zu schaffen, ihnen alles zu entdecken, was ihnen nachtheilig seyn könne, und dem
Yukin na die Rückkehr in sein Schloß zu verhindern.
[↔] Die Abgeordneten nahmen diese Bedin gungen an, ausgenommen die letzte. Sie stell ten vor, daß sie sich dazu unmöglich anheischig machen könnten, weil der Befehlshaber von ansehnlichen und tapfern Trupen unterstützt(Omar.
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n. C. G. 637.) würde, und sie also nicht stark genug wären, etwas wider ihn zu unternehmen. Obeidah drang weiter auf diesen Punct nicht; er ließ sie bloß die Beobachtung der übrigen beschwören, und gab ihnen hierauf ihren Abschied.
[↔] Als sie nach Aleppo zurück kamen, fanden sie die ganze Stadt, wegen der Drohungen des Befehlshabers, in gröster Unruhe. Eben da er sich fertig gemacht hatte, neue Vortheile ü ber die Muselmänner davon zu tragen, bekam er von dem Verfahren der Stadt Nachricht. Diese Neuigkeit machte, daß er seinen Ent schluß fahren ließ, und sich schleinig in das Schloß zog, weil er befürchtete, man möchte ihm den Weg dahin abschneiden. Als er aber die Artikel, worüber die Abgeordneten einig ge worden waren, umständlich erfuhr, gerieth er in solche Wuth, daß er sogleich beschloß, einen Versuch zu thun, die Einwohner zum Bruche dieses Vergleichs zu bewegen.
[↔] Er begab sich an der Spitze seiner Trupen [↔] (Yukinna
will die Ein wohner nö thigen, ih ren Vergleich
zu brechen.) aus dem Schlosse, und nachdem er in die Stadt gekommen war, stellte er sie in Schlachtord nung, und drohte alles mit Feuer und Schwerdt zu verwüsten, wenn man sich seinem Verlan gen nicht gemäß bezeigen wolle. Vor allen Dingen verlangte er, daß man ihm denjenigen ausliefern solle, welcher es ihnen zuerst einge geben, sich mit dem Feinde zu vergleichen, und (Omar.
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637.) hernach wollte er, die Einwohner sollten sich verbinden, unter seiner Anführung wider die Muselmänner zu streiten.
[↔] (Er tödtet
seinen Bru der.)
[↔] Da diese Forderungen sehr übel aufgenom men wurden, so kostete es beynahe dreyhun dert Mißvergnügten, welche Yukinna auf dem Platze erwürgen ließ, das Leben. Johann, sein Bruder, versuchte es vergebens, diesen Rasen den zu besänftigen; er ward selbst das Opfer seiner Vermittelung. Yukinna schlug ihm auf einem Hieb mit dem Sebel den Kopf herun ter. Das Niedermetzeln würde noch weiter ge gangen seyn, wenn die Einwohner nicht auf das schleinigste an den Obeidah geschickt hät ten, ihn bey solchen Umständen um Hülffe zu bitten.
[↔] Der General der Muselmänner schickte ih nen sogleich den tapfern Khaled, welcher sich schleinig in die Stadt verfügte, aber Yukinna war nicht mehr da. Der Verdacht, den er aus einigen Bewegungen von Seiten der Ara ber geschöpft, hatte ihn bewogen, sich wieder in das Schloß zu ziehen, damit er nicht in ei nem Platze von den Muselmännern eingeschlos sen würde, wo jeder von den Einwohnern nun mehr sein persönlicher Feind geworden war.
[↔] Weil ihn Khaled nicht mehr in der Stadt antraf, so beschloß er, ihn sogleich in dem Schlosse zu belagern; allein er fand mehr Wi derstand, als er sich
eingebildet hatte. Der un
erschrockne Yukinna that Wunder der Tapfer
(Omar.
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n. C. G. 637.) keit. Khaled, welcher durch eine so hitzige Ver theidigung nur immer aufgebrachter wurde, ü berließ sich gänzlich seinem ungestümen Muthe, und auf beyden Seiten fielen die heldenmäßig sten Thaten vor. Diese zwey Anführer erlang ten bey diesen Anfällen unendlichen Ruhm. Es währte lange Zeit, eh einer dem andern einigen Vortheil abgewinnen konnte; endlich aber er hielt Yukinna unvermerkt die Oberhand, und Khaled ward gezwungen mit den hitzigen Be stürmungen innezuhalten, damit sich seine Tru pen ein wenig erhohlen könnten.
[↔] Der Befehlshaber bekam bey Erblickung ei
[↔] (Er wagt
verschiedene
Ausfälle.) nes Feindes, welcher ihn zu fürchten schien, im mer mehr Muth, und wagte es, sein Glück zu verfolgen, und ihn in seinen Verschanzungen anzugreiffen. Dieser Anschlag gelang. Er that des Nachts einen Ausfall, an der Spitze seiner Tapfersten, stürzte auf ein Theil des La gers, wo er erfahren hatte, daß die Wache ein wenig schwach sey, machte auf sechzig Musel männer todt, und eben so viele zu Gefangenen, die er mit sich in das Schloß schleppte. Um dem Khaled zu zeigen, wie wenig er sich fürch te, ließ er den Tag darauf die Gefangenen auf die Wälle führen, und ihnen vor den Augen der Muselmänner die Köpffe abschlagen.
[↔] Kurz darauf wagte der Befehlshaber aber mals eine sehr kühne That. Er hatte von sei= (Omar.
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637.) nen Kundschaftern erfahren, daß eine grosse An zahl Muselmänner, an einem von dem Schlosse ziemlich entlegenen Orte, auf Lebensmittel aus wären, und sogleich brach er mit den Auserle sensten von seinen Trupen auf, und fiel diese Proviantsammler an. Er tödtete ohngefehr hundert und dreyßig davon, zerstreute die übri gen, bemächtigte sich ihrer besten Lastthiere, ließ den andern die Kniekehlen zerschneiden, und zog sich in das Gebürge zurück, um die Nacht daselbst zu erwarten, und im Dunkeln sich wieder in sein Schloß zu werffen.
[↔] (Khaled
schneidet ihm
den Weg ab,
und
schlägt
ihn.)
[↔] Khaled hatte nicht zeitig gnug Nachricht bekommen, diesem Uebel abzuhelffen, und be schloß also, es wenigstens einiger maassen wie der gut zu machen, indem er den Feind in dem Gebürge, wohin er sich gezogen hatte, einschloß. Er machte sich die Nachrichten zu Nutze, die ihm einige Christen aus dasiger Gegend, welche den Yukinna verabscheuten, gaben. Diese Ver räther hatten ihm den engen Weg gezeigt, wel ches der einzige war, den der Befehlshaber zu seiner Rückkehr nehmen konnte. Auf diesem Wege überraschte ihn Khaled, und der Ueber fall war einer von den blutigsten, weil beyde Theile gleiche Proben von der allerentschlossen sten Tapferkeit ablegten. Yukinna
überstieg endlich alle Hindernisse, und hatte das Glück, wieder in sein Schloß zu kommen; doch dieses Glück war mit einem beträchtlichen Verluste verbunden, welcher von einer Niederlage we
(Omar.
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n. C. G. 637.) nig unterschieden war. Ein Theil seiner tapfer sten Soldaten blieben auf der Wahlstatt. Die Muselmänner machten über dieses dreyhundert Gefangene, welche Khaled vor den Augen des Befehlshabers ermorden ließ.
[↔] Die Muselmänner nahmen hierauf die Be
[↔] (Khaled
nimmt die
Belagerung
des
Schlos ses wieder
vor.) stürmung des Schlosses wieder vor; doch das, was von den Trupen noch übrig war, war hinlänglich genug, alle Anfälle der Belagerer zunichte zu machen.
Khaled sahe mit Ver druß, daß er mit Gewalt wenig ausrichten wür de, und wollte also eine Kriegslist versuchen. Er ließ seine Trupen auf brechen und entfernte sie von dem Schlosse, als ob er Lust hätte die Belagerung aufzuheben. Er legte zugleich starke Hinterhalte an, in Hoffnung, den Feind darein zu locken. Er hoffte, der Befehlshaber würde mit seinen Trnpen hervorkommen, um auf die Muselmänner zu stürzen, und sie in ih rem Rückzuge zu beunruhigen; doch Yukinna fiel in diese Falle nicht. Er hielt sich weißlich in seinen Wällen eingeschlossen, und bediente sich der Entfernung des Feindes dazu, daß er seine Befestigungswerke wieder in Stand brin gen ließ.
[↔] Die Muselmänner erstaunten über die Be hutsamkeit, welche der Befehlshaber bey dieser Gelegenheit beobachtete, und kamen auf den Einfall, es müsse eine verborgene Verrätherey (Omar.
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637.) dahinter stecken, welche alle Mittel, die sie den Feind zu überraschen anwendeten, fruchtlos mache. Dieser Argwohn ward Schuld, daß man sehr genaue Untersuchungen anstellte, und endlich einen Christen einzog, welcher nach vie len Ausflüchten endlich gestand, daß er es wäre, welcher dem Befehlshaber von dem, was bey den Muselmännern vorgehe, Nachricht gege ben. Sein Urtheil ward gar bald gesprochen, und man verdammte ihn zum Tode: Unterdes sen weil er ein Christe war, so bot man ihm sei ne Gnade an, wann er die Mahometanische Re ligion annehmen wolle. Dieser Unglückselige ward den Augenblick, ohne sich lange zu besin nen, ein Muselmann, und rettete sein Leben.
[↔] Man merkte dem Yukinna den Verlust die ses Kundschafters eben nicht an. Dieser ta pfre Befehlshaber fuhr fort, sich mit einer sol chen Tapferkeit zu vertheidigen, daß der unge duldige Khaled, welcher einen so hartnäckigen Widerstand nicht gewohnt war, gleichwohl bey nahe fünf Monate vor dem Schlosse liegen mu ste, ohne sich desselben bemächtigen zu können.
[↔] (Omar be zeigt sein
Mißfallen ü ber das Still schweigē des
Obeidah.)
[↔] Die Hoffnung, die man von Tag zu Tage hatte, diesen Platz zu erobern, hatte den Obei dah abgehalten, an den Califen zu schreiben.
Omar ward unruhig, daß er so lange Zeit keine Nachricht bekommen hatte, und schrieb an den General, ihm auf das baldigste zu melden, wie es mit den Angelegenheiten der Muselmänner stehe.
[↔] Obeidah antwortete dem Califen sogleich,(Omar.
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n. C. G. 637.) und entschuldigte sein Stillschweigen damit, daß er sich zwar ohne Mühe der Städte Kennesrin, Alhadir und Aleppo bemächtiget hätte, jezt aber durch ein blosses Schloß in seinen Eroberungen aufgehalten würde, welches sich bisher so wohl vertheidiget habe, daß man wahrscheinlicher Weise genöthiget werden würde, die Belage rung aufzuheben. Er fügte hinzu, seine Absicht sey, alsdenn sogleich auf Antiochia los zu gehen, und bat ihn, wegen dieses Anschlages, um seine Meinung.
[↔] Omar erhielt diesen Brief gleich zu der Zeit, [↔] (Er schickt
dem Obeidah
eine Verstär kung.) als verschiedne arabische Stämme nach Medina gekommen waren, und um Dienste wider die Christen gebeten hatten. Die Nachrichten, die er erhielt, machten, daß er ihren Antrag an nahm; er ließ sie sogleich zur Armee aufbre chen, und gab ihnen einen Brief an den Obei dah mit. Er schrieb diesem Heerführer, daß er über den Fortgang seiner Waffen, in Anse hung der unterwürffig gemachten Städte, sehr vergnügt sey, daß er aber diese Vortheile durch die Eroberung des Schlosses krönen müsse, des sen Belagerung er ihm fortzusetzen befahl, bis es der Vorsicht gefallen würde, den Ausschlag zu geben.
[↔] Kaum hatte Obeidah diesen Brief erhalten, als er neue Befehle gab, die Belagerung, wel che man unterbrochen hatte, wieder vorzuneh= (Omar.
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n. C. G.
637.) men. Er wandte die Hülfsvölcker, die man ihm geschickt hatte, dazu an, und jeder Musel mann bezeigte dabey einen Eifer und eine Tapfer keit, welche sich mehr als einmal die Lobsprüche des Generals erwarben. Dem ohngeachtet blie ben die Sachen beynahe immer in einerley Um ständen, und die Belagerten liessen sich nicht den geringsten Vortheil abgewinnen.
[↔] (Die Ara ber über fallen das
Schloß.)
[↔] Auf diese Art verflossen fast zwey Monate, ohne daß man weiter kam, als sich ein Musel mann aufwarf, welcher dem Generale ver sprach, das Schloß in seine Hände zu liefern, wenn man gänzlich dem Plane, den er sich aus gedacht habe, folgen wolle. Dieser Musel mann hieß Dames, es war ein Mann, welchen sowohl seine riesenmäßige Gestalt, als seine Tapferkeit und Unerschrockenheit merkwürdig machte. Er hatte mit dem Obeidah eine Un terredung, in welcher er ihm die erstaunlichen Thaten, die er in Arabien verrichtet, erzehlte, und in Ansehung des Schlosses, das man bis her vergebens belagert hatte, es auf sich nahm, sich desselben in kurzen zu bemächtigen, wel ches Unternehmen auszuführen, er nicht mehr als dreyßig Mann verlangte.
[↔] Obeidah beschloß diese Erfahrung zu ma chen. Er gab dem Dames die Leute, die er verlangt hatte; und dieser, ehe er etwas un ternahm, bewegte den General, die Belagerung aufzuheben, und sich eine ganze Meile von dem Schlosse zu entfernen. Er selbst hielt sich mit(Omar.
Hegire 16.
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637.) seinen Leuten an einem Orte, der dazu sehr ge legen war, verborgen. Die Sorgfalt, die er vorher anwendete, den Platz genau zu erfor schen, und die Nachrichten, die er von einem Griechen erhielt, den man an eben dem Tage gefangen genommen hatte, setzten ihn in den Stand, seinen Anschlag schleinig auszuführen, und weil er voraus sahe, daß sein Unternehmen noch in derselben Nacht gelingen könne, so schickte er zu dem Obeidah, und ließ ihn bitten, einige Reuterey an einen Ort, den er ihm an wieß, anrücken zu lassen. Er ersuchte ihn, nur solche Leute zu senden, auf deren Tapferkeit und Treue man Rechnung machen könne, und fügte hinzu, daß sich diese Mannschaft fertig halten müsse, bey anbrechendem Tage die nöthige Hülf fe zu leisten, zu welcher Zeit er ihr ein gewisses Zeichen, welches er ihm sagte, geben wolle.
[↔] Als es nun ein wenig späte in der Nacht war, verhüllete sich Dames in ein Kleid, wel ches von einer Ziegenhaut verfertiget war. Er machte sich aus dem Orte, wo er sich verbor gen gehalten hatte, hervor, kroch auf den Hän den und Füssen, und gelangte ohne Geräusch an den Fuß der Mauer, wo er wuste, daß sie am schwächsten besetzt und am leichtesten zu er steigen war. Seine Leute folgten ihm, dem erhaltenen Befehle gemäß, einer nach dem an dern, und brauchten eben die Vorsichtigkeit, die ihr Anführer gebraucht hatte.
(Omar.
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n. C. G. 637.)
[↔] So bald sie alle wieder beysammen waren, setzte sich Dames an dem Fusse der Mauer nie der, und ließ einen auf seine Schultern steigen; der zweyte stieg auf diesen, und endlich gelang es ihnen, die Höhe der Mauer zu erreichen. Nachdem der oberste eine Zeitlang gehorcht, und an diesem Orte nicht die geringste Bewe gung gehört hatte, sprang er auf der andern Seite der Mauer herab, wo er eine eingeschla fene Wache fand, welche er ermordete und über die Mauer hinüber warf.
[↔] Als der Muselmann sich nunmehr im Stan de befand, ungehinderter zu Werke zu gehen, so warf man ihm ein starkes Seil zu, welches er an die Zinnen der Mauer befestigte. Die übrigen Soldaten bedienten sich dieses Seils, die Mauer zu erklettern, und Dames stieg zu allerletzt hinan. Ein wenig weiter von dem Or te, wo sie sich befanden, entdeckten sie zwey andre Wachen, welche betrunken oder einge schlafen waren; sie bemächtigten sich ihrer, in dem sie sie durchbohrten, und über die Mauer hinüber warffen.
[↔] Nach dieser That befahl Dames seinen Leu ten, ruhig an ihrem Orte zu bleiben, während dessen er sich selbst so nahe, als möglich, heran machen und sehen wolle, wie es in dem Schlos se stehe. Er entdeckte fast überall eine grosse Stille, ausgenommen in der Wohnung des Befehlshabers. Yukinna war in zahlreicher Gesellschaft seiner Hauptleute bey Tische, wo(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) sie sich mit einander erfreuten, daß die Musel männer endlich die Belagerung aufzuheben wä ren genöthiget worden. Gleich nach dem Ab zuge dieser Trupen hatte der Befehlshaber den Soldaten Wein geben lassen, und da sich die meisten besoffen, so war diese Unordnung Ur sache, daß man die Wachen vernachläßigte.
[↔] Dames kam zu seinen Leuten zurück, ihnen von dem, was er entdeckt hatte, Nachricht zu geben. Er befahl ihnen noch ferner an ihrem Orte zu bleiben, und sagte, er wolle selbst an das Thor, welches dem Orte des Hinterhalts gegen über liege, zu kommen suchen, und wenn auch da die Wachen so schlecht bestellt wären, als überall, so hoffte er, sich ganz allein dieses Posten bemächtigen zu können.
[↔] Er begab sich in der That dahin, und fand alles in dem Stande, wie er es wünschte. Er durchbohrte einige Soldaten, die dieses Thor bewachten, und kam eiligst zu seinen Leuten zurück, ihnen den guten Fortgang seines Unter nehmens zu melden. Endlich brach der Tag an, und Dames ward von einer Wache be merkt, welche Lermen machte. Der Befehls haber bekam sogleich von dem, was man arg wohnte, Nachricht, und ging selbst, an der Spitze einiger Trupen, sich davon zu versichern. Sobald die Wache Lermen gemacht, hatte Da mes mit seinen Leuten das Thor, dessen er sich (Omar.
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n. C. G.
637.) vorher bemächtiget, zu erreichen gesucht. Noch kam er zeitig genug dahin, daß er der Hülffe, die er erwartete, das Zeichen geben konnte. Doch ehe sie noch ankam, traf Yukinna den Dames und seine dreyßig Leute an, und stürzte mit unbeschreiblicher Wuth auf sie los. Die Muselmänner thaten ihrer Seits den allertap fersten Widerstand, doch da sie von der Men ge überwältiget wurden, so hätten sie endlich den Christen unterliegen müssen, wenn die Hülffe nicht eben angekommen wäre.
[↔] (Yukinna
nimmt die
Mahomet>a nische Reli gion an.)
[↔] Khaled war an der Spitze derselben. Sei ne Gegenwart, und die zahlreiche Mannschaft, die er anführte, erretteten den Dames von dem Blutbade, welches ihm drohte, und machten, daß die Christen die Waffen niederlegen mu sten. Als Yukinna seinen Platz offen, und die Thore von den Muselmännern besetzt sahe, so glaubte er, daß die übrige Armee nicht weit seyn müsse: er hielt es also nicht für dienlich einen längern Widerstand zu thun; er bat um Gnade, und erhielt sie auch, vermittelst seines Anerbietens, den Mahometanischen Glauben anzunehmen. Khaled ward entzückt, daß ein so vornehmer Christe den ersten Schritt zur Veränderung seiner Religion that, und gab da her auf das schleinigste Befehl, nichts anzurüh ren, was ihm etwa angehören könne. Die Schwachheit dieses Abtrünnigen, und die Auf merksamkeit, welche Khaled
für ihn bezeigte, machte bey den meisten dieser unglückseligen(Omar.
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n. C. G. 637.) Christen einen erstaunlichen Eindruck. Sie folgten dem Exempel des Yukinna, und opfer ten ihre Religion auf, für deren Erhaltung sie bis jetzt, mit der grösten Unerschrockenheit, ge stritten zu haben schienen.
[↔] Obeidah, welcher eben mit der übrigen Ar mee anlangte, ward von dieser, seiner Religion so zuträglichen Veränderung, ungemein gerührt; er wollte sogleich seine Dankbarkeit dafür be zeigen, indem er allen Proselyten, die sich un ter den Kriegsgefangenen befanden, ihre Frey heit wiedergab.
[↔] Was den Dames anbelangt, so ertheilte ihm
Obeidah die grösten Lobsprüche, und ver sprach, ihn mit nächsten zu den obersten Kriegs stuffen steigen zu lassen. Er hatte zugleich die Gefälligkeit, seine Armee da, wo sie sich be fand, so lange stille liegen zu lassen, bis dieser Anführer und seine tapferen Gefährten vollkom men von den Wunden geheilet waren, die sie bey dem heftigen Anfalle, vor Khaleds An kunft, bekommen hatten.
[↔] So bald sie wieder genesen waren, zog Obei dah
auf Antiochia los, die Belagerung dieses Orts zu unternehmen. Die Eroberung dessel ben war um so viel wichtiger, weil es einer von den vornehmsten Städten Syriens war, und der Kayser seinen gewöhnlichen Sitz daselbst hatte. Der Marsch der Muselmänner ward (Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) durch eine Anmerkung unterbrochen, welche Yukinna
machen ließ. Dieser Abtrünnige war jetzt wider die Christen eben so heftig eingenom men, als er es, vor seinem Abfalle, für diesel ben gewesen war, und schlug also dem Obeidah vor, nicht eher weiter zu gehen, als bis er sich eines Schlosses, welches Aazaz hieß, bemächti get habe. Der Platz war an sich selbst feste, und es war zu befürchten, die Einwohner möch ten durch häufige Ausfälle die Muselmänner auf ihrem Marsche beunruhigen.
[↔] (Die Ara ber suchen
sich von Aa zaz Meister
zu machen.)
[↔] Weil Yukinna diese ganze Gegend vollkom men wohl kannte, so glaubte Obeidah, daß er seinem Rathe folgen müsse, und that es um so viel williger, weil es dieser Abtrünnige selbst über sich nahm, das Schloß zu überrumpeln. Er verlangte nicht mehr als hundert Mann, nach griechischer Art gekleidet, welchen ein Geschwader von tausend Reutern allmälig fol gen sollte.
[↔] Vermittelst dieser Einrichtung glaubte er ei nes glücklichen Ausganges bey seinem Unterneh men gewiß zu seyn. Da der Befehlshaber von Aazaz einer von seinen nächsten Anver wandten war, so schmeichelte er sich, sein Zu trauen leichtlich zu gewinnen, und ihn ohne Mühe zu überreden, daß er die Mahometanische Religion nur aus Zwang angenommen, und also beständig eine günstige Gelegenheit erwar tet habe, den Händen der Muselmänner zu ent=
kommen; daß sie sich jetzo glücklich darbiete,(Omar.
Hegire
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n. C. G. 637.) und daß er sogar Mittel gefunden habe, ein hundert Griechen, welche die Muselmänner zu Gefangenen gemacht, mit sich fort zubringen. Er fügte hinzu, daß man ihn ohne Zweifel in das Schloß aufnehmen werde, und daß er sich alsdann die Nachtzeit zu Nutze machen, und sich der Wachen und Thore bemächtigen wolle, bis die tausend Reuter ihm, auf das erste gege bene Zeichen, zu Hülffe kommen könnten.
[↔] Khaled, den man wegen dieses Anschlags befragte, wollte ihn anfangs nicht billigen. Er war zwar mit dem Obeidah
darinne einig, daß es ein sehr glücklicher Streich seyn würde, wenn man dieses Schloß überrumpeln könnte; allein er wisse nicht, ob man dem Yukinna trauen dürffe, welcher sich vielleicht diese Gelegenheit zu Nutze machen, und die Mahometaner ver rathen wolle, um sich wieder mit den Christen auszusöhnen. Dieses war es, was den Kha led zurück hielt; endlich aber gab er doch der Meinung der vornehmsten Kriegsbedienten nach, welche behaupteten, daß es Yukinna al lerdings redlich meyne, und daß man dieses Un ternehmen doch immer versuchen müsse, es mö ge nun ausschlagen, wie es wolle.
[↔] Yukinna brach also mit einem Hauffen von hundert Mann, wie er es verlangt hatte, auf. Kurz darauf ließ ihm Obeidah ein Geschwader von tausend Reutern folgen, welches er dem (Omar.
Hegire
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n. C. G. 637.) Malek - Alaschtari anzuführen gab, mit dem Befehle, in einem nicht weit von Aazaz entle genem Flecken stille zu halten, und die Nacht über daselbst verborgen zu bleiben. Als Ma lek in diesen Flecken rückte, traf er einen christ lichen Araber an, welchen er von seinen Leuten greiffen ließ, und nachdem er ihn ausgefragt, erfuhr er, daß man in Aazaz den Anschlag des Yukinna wisse; daß dieses Geheimniß von ei nem Kundschafter sey entdeckt worden, welchen die Christen bey der arabischen Armee hätten; daß der Besehlshaber zu Aazaz diese Neuigkeit durch einen Brief erfahren habe, welchen der Christe unter die Flügel einer Taube (*) ge= 28
bunden; und daß er selbst, dieser Nachricht zu(Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) Folge, an den Befehlshaber von Arrawendan sey geschickt worden, ihn im Namen des Theo dors, so hieß der Befehlshaber von Aazaz, um Hülffe zu bitten.
[↔] Zum Unglücke für den Yukinna, war es dem Malek unmöglich, ihm von dem, was er erfah ren, Nachricht zu geben. Da er also in den Platz hinein kam, und Theodor ihm, gleichsam Ehren halber, entgegen gieng, so ließ ihn dieser von seinen Leuten umringen, und nahm ihn mit seinem ganzen Gefolge gefangen. Er warff ihm seine Untreue auf das empfindlichste vor, und drohete ihm mit nichts geringern, als ihn an den Käyser zu schicken, damit ihn dieser we gen seiner vorgehabten niederträchtigen Verrä therey zur Strafe ziehen könne.
[↔] Eben als sich die Griechen Glück wünsch ten, daß sie den Anschlag ihrer Feinde zunichte gemacht, erlitten sie einen Verlust, dessen Fol gen den Verlust des Platzes nach sich zogen. Der Befehlshaber von Arrawendan, welcher, so bald er die Nachricht bekommen hatte, aufge brochen war, dem Theodor zu Hülffe zu kom= (Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) men, ward von dem Malek während der Nacht überfallen, und mit seiner ganzen Mannschaft zu Gefangenen gemacht.
[↔] Die Sieger zogen, auf Befehl ihres An führers, die Kleider derer, die sie gefangen ge nommen hatten, an. Die Absicht, welche Ma lek bey Verkleidung seiner Leute hatte, war, die Einwohner zu Aazaz zu verführen, daß sie glau ben sollten, es wären die Trupen, die ihnen der Befehlshaber von Arrawendan schicke, und damit er sie desto besser betrügen möge, so be diente er sich eben desselben Kundschafters, wel cher diese Hülffe hatte herbey hohlen müssen.
[↔] Dieser Kundschafter hatte lange Zeit in der ma hometanischen Religion gelebt; bey dem oben er wähnten Aufruhre des Giabalah aber, war er ihm als ein Anhänger gefolgt, und hatte nach seinem Beyspiele die christliche Religion angenommen. Weil er aber von den Muselmännern nunmeh ro war gefangen genommen worden, so befürch tete er sehr ängstlich, man möchte das Gesetze des Mahomets an ihm vollstrecken, welches de nen die Todesstrafe bestimmt, die von der Re ligion abfallen würden. Er entdeckte seine Un ruhe dem Malek, und fragte ihn, ob ihm eine ernstliche Reue nicht das Leben retten könne.
[↔] Malek, welchem es sehr lieb war, daß er sich bey dieser Gelegenheit die Furcht des Kund schafters zu Nutze machen konnte, antwortete ihm, daß er nur ein einziges sicheres Mittel habe, seine Gnade zu verdienen, und daß diese(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) von einem Dienste abhangen würde, um wel chen er ihn ersuche. Der Kundschafter that die schönsten Versprechungen, und machte sich verbindlich, alles, was man von ihm verlan gen würde, getreulich zu erfüllen. Malek ließ ihn hierauf ein neues Glaubensbekenntniß ab legen, und sagte ihm, daß er nunmehr gleich zu dem Befehlshaber von Aazaz gehen, und ihm die Ankunft der von Arrawendan erwar teten Hülfsvölker melden müsse. Der Kund schafter nahm diese Verrichtung mit Vergnü gen auf sich, und machte sich sogleich auf, sie ins Werk zu stellen.
[↔] Doch diese Kriegslist war unnöthig. Alles [↔] (Der
Be fehlshaber
von Aazaz
wird von
zweyen sei ner Söhne
getödtet.) hatte in Aazaz ein ander Ansehen gewonnen. Der Befehlshaber war von seinen Söhnen ge tödtet worden, welche dem Yukinna und seinem Gefolge sogleich die Freyheit wiedergegeben hat ten. Die Ursache zu dieser That war mit we nig Worten folgende: Der Befehlshaber hat te zwey Söhne, wovon der eine Leon, und der andere Lucas
hieß. Der erste ward seit langer Zeit in die Tochter des Yukinna verliebt; er hatte sie so gar zur Ehe begehrt; allein bis jetzt hatte er die Einwilligung des Vaters von die sem Frauenzimmer nicht erlangen können. Weil es seit der letzten Begebenheit wahrschein lich war, daß nunmehr die gröste Widersetzung vielmehr auf Seiten des Theodors, als des Yu= (Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) kinna, seyn würde, so beschloß er, zuerst mit dem letzten eins zu werden.
[↔] Die Sache war um soviel leichter, da man ihm selbst die Bewachung des Yukinna und seiner Leute, nachdem man sie gefangen genom men, aufgetragen hatte; er konnte sich also so oft mit ihm unterhalten, als er nur wollte. Er erneuerte also seine Bitte, und versprach dem Yukinna, wenn er seine Tochter zur Ehe be kommen sollte, ihn sogleich in Freyheit zu se tzen, und hernach die Mahometanische Religion anzunehmen.
Yukinna, welcher nach seinem Abfalle ei ner von den eifrigsten Muselmännern geworden war, ward über den letzten Vorschlag so erfreut, daß er mit Vergnügen in das Verlangen des jungen Menschen willigte. Ehe aber noch et was geschlossen wurde, wollte sich dieser gegen den Zorn seines Vaters in Sicherheit setzen, und faßte also, seine Schandthaten auf das höchste zu treiben, den entsetzlichen Entschluß, ihn umzubringen: Doch als er eben die That zu begehen kam, fand er, daß ihm Lucas schon zuvor gekommen war. Er war von eben den Bewegungsgründen getrieben worden, als Leo, und hatte damit angefangen, daß er die einzige Hindernisse, die er bey Erlangung seiner Absicht zu finden glaubte, aus dem Wege räumte.
[↔] Dieser erschreckliche Vatermord brachte in Aazaz alles in Bewegung. Yukinna mit sei
nen Leuten, und den zwey Brüdern, welche ei
(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) nen starken Anhang hatten, fielen mit dem Se bel in der Faust auf diejenigen von den Grie chen, die sich den Muselmännern zu unterwerf fen weigerten. Die Griechen vertheidigten sich sehr tapfer, und man befand sich in einem sehr hitzigen Handgemenge, als der Kundschaf ter anlangte, dem Theodor, welcher nicht mehr da war, die falsche Nachricht von der Ankunft der Hülffsvölker zu bringen.
[↔] Der Kundschafter kehrte auf das schleinig
[↔] (Die Ara ber machen
sich Meister
von Aazaz.) ste zu dem Malek zurück, ihm zu sagen, daß es nunmehr Zeit sey, anzurücken, und daß er sich des Platzes gewiß bemächtigen würde, wenn er geschwind genug wäre, den Yukinna und seinen Anhang zu unterstützen. Malek brach sogleich mit seinen Leuten auf, und kam noch zu rechter Zeit an, den Sieg auf die Sei te der Muselmänner zu lenken. Auf diese Art ward Aazaz erobert. Malek wollte sich bey dem Yukinna, wegen des glücklichen Ausgan ges, weitläufig bedanken; doch dieser stellte ihm seinen Anverwandten, den Leon, vor, und sagte zu dem Anführer, daß man nur ihm die größte Verbindlichkeit schuldig sey, worauf er alles, was vorgegangen war, umständlich erzehlte. Malek konnte anfangs den Eindruck nicht ver bergen, welchen ein so häßliches Bezeigen zweyer Söhne gegen ihren Vater, bey ihm machte; doch als er endlich von ihnen selbst (Omar.
Hegire 16 n. C. G.
637.) hörte, daß die Liebe zur Mahometanischen Re ligion die vornehmste Triebfeder ihrer Auffüh rung gewesen sey, so dankte dieser Schwärmer dem Himmel dafür, und schrie in der Hitze seines Eyfers: Wann Gott will, daß et was geschehen soll, so bereitet er selbst die Mittel dazu.
[↔] Nach der Eroberung von Aazaz wollte Ma lek
wieder zu der Hauptarmee stossen; er ver ordnete also den
Said - ebn - Amer zum Be fehlshaber dieses Platzes, und gab ihm eine gute Besatzung zu. Er machte sich hierauf fertig mit einer grossen Anzahl von Gefangnen und einer reiche Beute, die er denen, die sich nicht unterwerffen wollten, abgenommen hatte, fort zuziehen.
[↔] Den Augenblick als er aufbrechen wollte, fiel etwas vor, welches den Marsch, obgleich nur auf sehr kurze Zeit, aufhielt. Man war zu dem Malek gekommen und hatte ihm ge meldet, daß man eine grosse Wolke von Staub aufsteigen sehe, welche die Ankunft einer star ken Mannschaft zu verkundigen scheine. Er glaubte anfangs, daß es vielleicht Trupen wä ren, welche der Käyser dem Schlosse zu Hülffe schicke, und sendete daher, sich davon zu versi chern, einige Reuter darnach aus. Diese ka men sogleich wieder, und meldeten ihm, daß es eine Schaar Muselmänner wäre, welche das Gebiete von Membege geplündert hätten, und mit einer reichen Beute zu der Armee des(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.)
Obeidah zurückkehrten; Alfadi - ebn - Abbas sey ihr Anführer.
[↔] Malek erwartete ihn auf dem Wege, und [↔] (Yukinna
nimmt sich
vor, die Chri sten zu ver rathen.) nach abgelegtem Glückwunsche, erzehlte er ihm alles, was zu Aazaz vorgegangen war, und schlug ihm endlich vor, zusammen zu dem Obei dah zurückzukehren. Als es Alfadi
verwilligt, so wollten sie den Yukinna bereden, gleichfalls diesen Weg mit ihnen zu nehmen; doch dieser Abtrünnige, welchen es hefftig verdroß, daß die Eroberung von Aazaz nicht, wie er gehoft, so recht zu seiner Ehre ausgeschlagen war, sag te zu ihnen, daß er nicht eher zu der Armee der Muselmänner zurückkehren wolle, als bis er sich durch eine recht merkwürdige That würde hervor gethan haben. Er fügte hinzu, daß er in dem Sitze des Käysers selbst etwas vorzuneh men Willens sey; daß er nach Antiochia gehen wolle, und daß er zu Ausführung seines An schlages keine andre Hülffe, als zweyhundert Abtrünnige von seiner Bekanntschaft, die er unter den Truyen des Alfadi bemerkt hatte, verlange.
[↔] Dieser und Malek gingen über den Anschlag des Yukinna zu Rathe, und fanden keine Schwierigkeit, ihm das, was er wünschte, zu verwilligen; der Handel ward also gar bald ge schlossen. Sie verliessen ihn mit Anerwün schung eines glücklichen Ausganges, und sties sen darauf gleich zu dem Obeidah.
(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.)
[↔] Yukinna seines Theils nahm mit seinem Ge folge den Weg nach Antiochia. Als er nicht weit mehr davon entfernt war, hielt er stille, und überlegte mit einigen von seinen Freun den, auf was Weise sie nunmehr ihren An schlag ausführen müßten. Sie hielten es für dienlich, nicht mit allen ihren Gefehrten nach Antiochia zu kommen, sondern Yukinna befahl den zwey hundert Abtrünnigen, immer auf der Heerstrasse, welche die Karavannen zu ziehen pflegten, voraus zu gehen, und wenn sie nach Antiochia kämen, sich für flüchtige Christen auszugeben, welche die Muselmänner ver folgten.
[↔] (Yukinna
wird ange halten, und
zu dem Käy ser geführt.)
[↔] Er selbst nahm mit vier Freunden einen Nebenweg, und reisete lange Zeit, ohne einige Hinderung anzutreffen; endlich aber wurden diese fünf Ritter von einigen kayserlichen Tru pen bemerkt, von ihnen angehalten, und befragt, wer sie wären. Nachdem sie Yukinna als den alten Befehlshaber von Aleppo entdeckt, so be mächtigte man sich seiner und seiner Freunde, und schickte sie unter einer guten Bedeckung von Reutern nach Antiochia.
[↔] (Er kömmt
bey dem
Käyser wie der in Gna den.)
[↔] Weil man an dem Hofe meistentheils al les wußte, was dem Yukinna begegnet war, so wollte ihn der Kayser sehen: So bald er ihn er blickte, konnte er sich nicht enthalten, die Unruhe auf eine rührende Art an den Tag zu legen, welche ihm seine Veränderung der Religion ver
ursachte: doch Yukinna, welcher viel Geist und(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) noch mehr Verschlagenheit und Untreue besaß, sprach mit dem Kayser auf eine so verführerische Art, daß er ihn gänzlich für sich einnahm. Er sagte zu dem Heraclius, daß man nicht nach dem Scheine urtheilen müste, ja daß, wenn man sich auch an den Schein halten wolle, er völlig für ihn seyn werde; er wolle keinen an dern Beweis anführen, als die Art, womit er die Belagerung des Schlosses von Aleppo aus gehalten, und die Standhaftigkeit, mit welcher er sich allezeit dem Entschlusse der Einwohner, den Mahometanern zinsbar zu werden, wider setzt habe. Er fügte hinzu, daß er freylich der Gewalt habe weichen müssen, und daß die Ver änderung, die man ihm vorwerffe, eine Folge von dieser Gewalt sey; daß es ihm niemals ein Ernst gewesen wäre, die Mahometanische Reli gion anzunehmen, und daß er durch diese Ver stellung bloß ein Leben zu erhalten gesucht ha be, welches er, die christliche Religion zu ver theidigen, und dem Käyser minder zweydeutige Beweise seines Eyfers und seiner Treue zu ge ben, aufopfern wolle.
[↔] Der Käyser ward durch die Rede des Yu kinna so gerührt, daß er ihm weiter keine Vor würffe zu machen wagte; er nahm ihn viel mehr an seinen Hof, und gab ihm gar bald Merkmahle eines ganz besondern Zutrauens. Er wollte ihm so gar ein kleines Heer geben, (Omar
Hegire 16.
n. C. G.
637.) welches unter ihm streiten sollte, und fing damit an, daß er ihn den zweyhundert Abtrünnigen, die vor kurzen angelangt waren, und sich, so wie ihnen Yukinna
befohlen, für flüchtige Chri sten, welche unter den käyserlichen Trupen Dienste nehmen wollten, ausgegeben hatten, als Anführer vorsetzte.
[↔] (Der Käy ser
trägt ihm
die Bede ckung sei ner
Tochter
auf.)
[↔] Es währte nicht lange, so ward Yukinna auch gebraucht. Die jüngste Tochter des He raclius war Willens, nach Antiochia zu dem Kayser ihren Vater zu kommen, und ließ ihn also um eine Bedeckung ersuchen. Heraclius glaubte nicht, daß er das, was ihm das liebste sey, bessern Händen anvertrauen können, als den Händen des Yukinna; er ward daher beor dert, und brach mit seinen Leuten sogleich auf, die Princeßin abzuhohlen, und nach Antiochia zu bringen.
[↔] Er führte diese aufgetragene Verrichtung mit ziemlicher Treue aus. Gleichwohl aber fiel unter Wegens etwas vor, welches seine schänd liche Verrätherey hätte entdecken können, wann bloß die zwey hundert Abtrünnige, die von sei ner Rotte waren, die Bedeckung ausgemacht hätten; doch es befanden sich weit mehr christ liche Soldaten und getreue Anführer dabey, die ihn auf diesem Marsche nicht wenig zurück hielten.
[↔] Als die Prinzeßin unter Wegens eine Nacht über stille halten ließ, damit sich ihre Bedeckung ein wenig erhohlen könne, so liessen die Wachen,(Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) welche Yukinna in der umliegenden Gegend ausgestellet hatte, ihm melden, daß sich nicht weit davon einige Mahometanische Trupen be fänden, welche wenig auf ihrer Hut wären, so daß sie so gar ihre Pferde verlassen hätten, und auf den Wiesen weiden liessen.
[↔] Die Officire, welche mit dem Yukinna wa ren, hielten dafür, daß man sich diese Gelegen heit zu Nutze machen müsse; sie riethen ihm daher, die Prinzeßin unter einem Theile der Be deckung in Sicherheit bringen zu lassen, und mit dem übrigen Theile auf die Muselmänner zu fallen, mit welchen man, der erhaltenen Nachricht zu folge, bald fertig werden könne.
[↔] Yukinna wollte sich anfangs diesem An schlage widersetzen; als er aber sahe, daß man seine angeführte Gründe verwarf, so war er der erste, welcher seine Leute aufmunterte, und zum Angriffe alles bereit machte. Damit er aber doch den Muselmännern alle Dienste leisten mö ge, die bey diesen Umständen in seinem Vermö gen stünden, so befahl er, wann es möglich sey, nicht einen einzigen von ihnen zu tödten. Er gebot, daß man sich bloß bemühen solle, sie zu umringen und gefangen zu nehmen, damit man sie hernach, wie er sagte, mit christlichen Ge fangenen auswechseln könne. Diese Ursache bewog die käyserlichen Officier seiner Meynung beyzutreten.
(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.)
[↔] Doch alle diese Vorsicht ward durch die Entdeckung, die man eben, als der Angriff ge schehen sollte, machte, unnütze. Yukinna hat te einige von seinen Leuten ausgeschickt, die Stellung des Feindes nochmals auszukund schaften, und diese kamen mit der Nachricht zu rück, daß es ein Hauffe arabischer
Christen wäre. Da diese Nachricht gar bald bestärkt wurde, so dachte man weiter an kein Schlagen; man sprach mit ihnen, und wünschte sich un tereinander wegen dieser glücklichen Begegnung Glück.
[↔] Diese Trupen, wider welche man sich fer tig gehalten hatte, waren schon vor einiger Zeit aus Antiochia gerückt, das Land zu durchstreif fen. Ihr Anführer war Haim, ein Sohn des Giabalah, welcher in käyserlichen Diensten war, seit dem sich sein Vater mit dem Omar, wie ich oben erzehlt habe, überworffen hatte. Haim wollte eben nach Antiochia zurückkehren, nachdem er mit einer Mannschaft zusammen gekommen war, welche Obeidah, den mitter nächtlichen Theil Syriens zu verwüsten, aus geschickt hatte. Die Muselmänner waren ge schlagen worden, und Haim brachte eine be trächtliche Beute und sehr viel Gefangene mit sich, unter welchen sich auch der beruffene De rar befand, den er dem Käyser als einen Raub vorstellen wollte, welcher alleine einen Sieg werth sey.
[↔] Dem Yukinna ging der Verlust, welchen die(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) Muselmänner erlitten hatten, sehr nahe; un terdessen hatte er doch die Geschicklichkeit sich zu verstellen, und war sogar einer, welcher sich am eyfrigsten bezeigte, dem Haim
wegen sei nes Sieges Glück zu wünschen. Sie zogen bald darauf mit ihrem ganzen Gefolge wieder fort, und kamen mit einander nach Antiochia.
[↔] Die glückliche Ankunft der Prinzeßin verur sachte dem Käyser sehr viel Freude. Das Ver gnügen breitete sich in der ganzen Stadt aus, und man wollte sogar aus dieser Begebenheit eine glückliche Vorbedeutung ziehen, weil die Prinzeßin unter Begleitung des Sieges ange kommen sey.
[↔] Heraclius empfing den Haim, so wie es [↔] (Der Käy ser
unterhält
sich mit den
arabischen
Gefangenen.) sein gehabtes Glück verdiente; er lobte seine Tapferkeit und Unerschrockenheit, und als ihm Haim den Derar vorstellte, so empfing diesen der
Käyser mit vieler Achtung, und bezeigte sich auch sogar gegen die andern Muselmänner, die mit ihm waren gefangen genommen worden, sehr gnädig. Er unterhielt sich lange Zeit mit ihnen, ihres Propheten Mahomets, seiner Re ligion und seiner Wunder wegen; er sprach her nach mit ihnen von dem Omar ins besondere, und that verschiedene Fragen, wegen seines Pri vatlebens an sie.
[↔] Von dieser Unterredung nach dem zu ur theilen, was Alvakedi davon erzehlt, so war in (Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) den Fragen eben so wenig Geschmack und ge sunder Verstand, als in den Antworten. (*) 29
Uebrigens konnte nichts so sehr zur Unzeit seyn,(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) als eine solche Unterredung, besonders da man alle Tage die Ankunft des Feindes befürchten muste.
[↔] Eben als Heraclius seine Zeit mit Anhö
[↔] (Die Ara ber bemäch tigen sich ei nes wichti gen Postens.) rung der Mahometanischen Träume zubrachte, kam die Nachricht, daß die Muselmänner sich eines sehr wichtigen Postens, welchen man die eiserne Brücke nennte, bemächtiget hätten, so daß sie nun nichts mehr aufhalten könne, gra den Weges vor Antiochia zu rücken. Die gan ze Hülffe des Käysers
bestand damals in weiter nichts, als in der Armee, welche er bey sich hatte. Nun war sie zwar sehr schöne, zahl reich und im Stande, dem Feinde die Spitze zu bieten; weßwegen man auch beschloß, auf das eheste eine Schlacht zu wagen, von wel cher das Schicksal
Antiochiens abhangen müsse.
[↔] Indem man sich also gefaßt machte, das [↔] (Giabalah
giebt den An schlag, den
Califen er morden
zu
lassen.) letzte Mittel zu ergreiffen, um eine von den vor nehmsten Städten Syriens zu retten, kam Gia balah zu dem Käyser, ihm einen Vorschlag zu thun, welcher nicht allein, nach seiner Mei nung, Antiochia retten, sondern es auch sehr leicht machen würde, den Muselmännern alles, was man bisher verlohren habe, wieder abzu nehmen. Sein Entwurff war dieser, die Mu selmänner so lange in Furcht zu halten, bis man einen Mann, auf den man sich verlassen könne, nach Medina abgeschickt habe, welcher den Ca= (Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) lifen ermorden solle. Giabalah behauptete, daß der Tod dieses Regenten ohnfehlbar den ganzen Staat
trennen und in Unruhe setzen müsse, so daß man würde genöthiget seyn, die auswerts zerstreueten Trupen in den Mittel punct des Reichs zurück zu ziehen, und den Griechen Zeit zu lassen, ihre Sachen wieder in guten Stand zu setzen, ehe der Feind wieder ins Feld rücken könne. Er fügte hinzu, daß er einen Mann habe, welcher zu diesem Unter nehmen völlig bereit sey, und den Augenblick abreisen wolle, wenn es der Käyser erlaube.
[↔] Der Käyser hatte die Schwachheit, in die sen niederträchtigen Anschlag zu willigen, und sogleich ward Vathek=eben=Mossafer, welcher des Giabalah Vertrauter war, eiligst nach Me dina geschickt, um die gelegene Zeit abzupassen, den Califen aus dem Wege zu räumen.
[↔] Dieser Anschlag gelang nicht, und zwar, wie
Alvakedi meldet, durch ein Wunderwerk. Vathek wuste, daß der Calif gemeiniglich nach dem Morgengebete auszugehen pflege, und daß er ganz allein ausser der Stadt spatzieren gehe; er erwartete ihn also an dem Orte, wo er sei nen Spatziergang zu thun gewohnt war, und damit er nicht möge gemerkt werden, so stieg er auf einen sehr dichten Baum, und verbarg sich zwischen den Aesten.
[↔] (Der Mör der verfehlt
die Gelegen)
[↔] Bald darauf sahe er den Califen ankom men, welcher eine Zeitlang auf und nieder ging, sich endlich nicht weit von diesem Baume auf(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) die Erde legte, und einschlief. Vathek wollte sich sogleich eine so schöne Gelegenheit zu Nutze machen, doch eben als er herab stieg, ward er [↔] (heit, den O mar zu töd ten.) einen Löwen gewahr. Er erstaunte über diesen Anblick, stieg auf das schleinigste wieder hin auf, um den Ausgang mit anzusehen.
[↔] Er erstaunte nicht wenig, als er dieses wil de Thier ganz ruhig um den Califen herum ge hen sahe, gleich als ob es ihn bewache; es leckte ihm sogar die Beine, und entfernte sich nicht eher, als bis der Calif wieder aufgewacht war. Vathek ward von der Ehrerbietigkeit gegen einen Regenten, welchen der Himmel, auf eine so of fenbare Art, beschützte, durchdrungen, stieg schleinig herab, und warff sich zu den Füssen des
Califen. Er entdeckte ihm das häßliche Unternehmen, das man ihm aufgetragen, be zeigte seine Reue, bat um Gnade, und versi cherte, daß er den Augenblick ein Muselmann werden wolle. Auf diese Art ward Omar, nach der Erzehlung des arabischen Geschicht schreibers, von dem Unglücke, welches ihm die verrätherischen Griechen gedroht hatten, be freyet.
[↔] Unterdessen da man versucht hatte, den Ca lifen
aus dem Wege zu räumen, hatte man, dem Rathe des
Giabalah gemäß, die Sachen in die Länge verschoben, und alle mögliche Maaßregeln ergriffen, die Schlacht auszuschla= (Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) gen. Doch als Obeidah endlich mit allen sei nen Trupen vor Antiochia angelangt war, so erschienen die Griechen
gleichfalls, und die bey den Heere stellten sich einander gegenüber in Schlachtordnung.
[↔] (Zweykampf
zwischen dem
Nestorius u.
verschiede nen Arabern.)
[↔] Nachdem die christliche Armee dem Feinde näher gerückt war, trat der Feldherr aus den Gliedern, und bot demjenigen von den Musel männern einen Zweykampf an, welcher ihn an nehmen wollte. Dieser Anführer, welchen die Geschichtschreiber Nestorius
nennen, verband mit einer sehr vortheilhaften äusserlichen Ge stalt, eine nicht gemeine Unerschrockenheit und Tapferkeit. Seine Gesichtsbildung kündigte von selbst seine grosse Eigenschaften an; so daß man ihm keinen Gegner geben durfte, auf den man sich nicht verlassen konnte. Dames, die ser tapfre Soldate, welcher sich bey der Ein nahme des Schlosses von Aleppo so sehr hervor gethan hatte, und nunmehr höher gestiegen war, bat, daß er den Zweykampf des christli chen Feldherrn annehmen dürffe, und erhielt die Erlaubniß.
[↔] (Dames
wird zum
Gefangenen
gemacht.)
[↔] Die zwey Ritter kamen auf einander los, und schlugen sich lange Zeit mit solcher Stärke und Geschicklichkeit herum, daß man nicht vor aussehen konnte, auf welche Seite sich der Sieg lenken würde. Doch eben da sie am hi tzigsten waren, stolperte das Pferd des Dames, und Nestorius machte sich diesen Augenblick mit solcher Schnelligkeit zu Nutze, daß er sich sei
(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) nes Gegners bemächtigte und ihn zum Gefang nen machte. Er führte ihn selbst in das Lager, und befahl seinen Leuten, ihn in seinem Zelte zu binden.
[↔] Nestorius erschien hierauf wieder, und schlug dem Feinde einen zweyten Zweykampf vor, welcher von einem Muselmanne, Namens Dehak, der unter den Arabern in grossem An sehen stand, angenommen wurde. Er behaup tete seinen Ruhm bey dieser Gelegenheit vor treflich: er trug zwar keinen Vortheil über den Nestorius davon; allein auch das war schon genug, daß er sich gegen einen so fürchterlichen Feind erhalten konnte. Dieser Kampf währte ausserordentlich lange, und endlich wurden bey de Ritter, weil sie gleich entkräftet waren, eins, sich beyderseits zurück zu ziehen.
[↔] Diese Art eines Turniers, war für beyde Armeen ein sehr anzüglicher Anblick gewesen, und hatte bey den Christen einige Unordnung verursacht. Die meisten verliessen ihre Glie der, um dem Kampfe desto besser zusehen zu können. Die Bewegungen, welche ein jeder näher zu kommen machte, theilten sich weiter und weiter mit, so daß das Zelt, in welchem Dames bewacht wurde, gar bald umgeschmis sen ward. Die Neugierde war Ursache gewe sen, daß die Bedienten des Feldherrn das Zelt verlassen hatten, und nicht mehr als deren drey (Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) zugegen waren, welche auf den Dames Acht gaben; doch auch diese drey waren hinlänglich, weil man die Vorsicht gebraucht hatte, den Dames zu binden.
[↔] (Er setzt sich
in Freyheit.)
[↔] Die Bedienten konnten das Zelt des Feld herrn nicht sogleich wieder aufrichten, als sie gerne wollten, weil sie sich für der Strafe fürch teten, daß sie dieser Unordnung nicht vorgebeugt hätten; sie thaten also dem Dames den Vor schlag, ihnen zu helffen. Er schien ihnen mit Vergnügen willfahren zu wollen, und sogleich banden sie ihn los. Kaum aber sahe er sich in Freyheit, als er seine erstaunliche Stärke ge gen diese unglücklichen Bedienten anwendete, und alle drey ermordete: er nahm hierauf ein griechisches Kleid von den Kleidern des Nesto rius, stieg auf eines von den Pferden dieses Feldherrn, und flohe zu den Muselmännern.
[↔] Die Entkommung dieses Gefangenen ver ursachte unter den Griechen ein grosses Lermen. Der Käyser
selbst ward darüber so erzürnt, daß er Befehl gab, dem Derar und den übrigen Gefangnen die Köpfe abschlagen zu lassen. Zu ihrem Glücke that Yukinna, welcher sich bey dem Käyser immer mehr und mehr eingeschmei chelt hatte, eine so kräftige Vorbitte für sie, daß er endlich ihre Gnade erlangte. Er stell te dem Käyser vor, daß es für Christen
eine unvergebliche Grausamkeit seyn würde, wenn man so strenge gegen unglückliche Gefangene verfahren wollte, welche doch unschuldig wä
(Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) ren; daß ein solches Bezeigen die Muselmän ner in Wuth setzen müßte, so, daß sie keinem Christen mehr Quartier geben würden.
[↔] Diese Vorstellungen thaten ihre Würckung.
Heraclius schenkte den Gefangenen nicht nur das Leben, sondern er bezeigte sich auch, auf die Empfehlung des Yukinna, weit gütiger ge gen sie, als sie es hoffen konnten. Sie hatten beynahe eine gänzliche Freyheit, obschon unter Aufsicht des Yukinna, welchem der Käyser auf sie Acht zu haben befahl. Auf diese Art be schleinigte dieser unvorsichtige Regente sein Ver derben, indem er sein gröstes Vertrauen auf einen Verräther setzte, welcher nur eine günsti ge Gelegenheit erwartete, seine Tücke auszu führen.
[↔] Die Gemeinschaft, welche dieser Abtrün nige insgeheim mit der Armee der Muselmän ner unterhielt, war ohne Zweifel die Ursa che, daß Obeidah
an der Spitze seiner Trupen ruhig blieb, ohne etwas weiter zu unternehmen, als alle Tage einen Theil seines Heers auszu schicken, welches die Gegend um Antiochia ver wüsten mußte. Die meisten von den Land leuten, welche ausgeplündert waren, flohen in die Stadt, wo sie durch die Erzehlung von der Grausamkeit der Muselmänner, überall das Schrecken ausbreiteten.
[↔] Diese traurige Nachrichten setzten den Käy [↔] (Der Käyser
wird
durch)
(Omar.
Hegire 16.
n. C. G.
637.) ser in eine tödtliche Angst, welche der Verrä ther Yukinna auf eine listige Weise unterhielt, um ihm den Muth gänzlich zu rauben und den [↔] (einen Traum
erschreckt, u.
wendet sich
nach
Con stantinopel.) Ausschlag einer Schlacht fürchterlich zu ma chen. Zum grösten Unglücke hatte Heraclius, welcher ganz ausser sich war, noch einen Traum, welcher ihn vollends um alle Ueberlegung brach te. Es träumte ihm, als ob seine Krone auf die Erde fiel, und ihn ein Mann von dem Thro ne stiesse. Mehr brauchte er nicht, den ver zweifelten Entschluß zu ergreiffen, Antiochia zu verlassen, und nach Constantinopel zu fliehen. Alles dieses ward den Tag darauf ins Werk ge stellet; er begab sich in der Stille in einen nicht weit von Antiochia gelegenen Hafen, wo er sich einschiffte, und mit vollen Segeln davon ging.
[↔] Diese schleinige Abreise vermehrte die Be stürzung um ein grosses. Die vornehmsten Kriegsbedienten bemüheten sich umsonst, dem Volke Muth zu machen; man sahe Antiochia als verlohren an, weil selbst der Käyser nicht geglaubt hatte, sicher darinne zu seyn. Die, welchen die Regierung aufgetragen war, tha ten unterdessen ihr möglichstes, die niederge schlagenen Gemüther aufzurichten, und als endlich die Trupen wieder aufgemuntert waren, so beschloß man eine Schlacht zu wagen.
[↔] Des Verfalls der christlichen Angelegen heiten ohngeachtet, hätte man noch einige Hoff nung auf die Trupen setzen können, welche ihr äusserstes thun zu wollen schienen, um ihre Re
(Omar.
Hegire 16.
n. C. G. 637.) ligion und Freyheit zu retten, und den wichtig sten Platz, welchen der Käyser in dieser Pro vinz hatte, zu erhalten: doch eben als der An griff geschahe, und die Christen mit aller Wuth stritten, deren die Tapferkeit fähig ist, wenn sie von der Verzweiflung getrieben wird, lenkte Yukinna den Sieg auf die Seite der Musel männer.
[↔] Dieser Verräther, welchem es von dem Käy
[↔] (Yukinna
verräth die
Christen.) ser aufgetragen war, die Gefangenen zu bewa chen, ließ ihnen heimlich Waffen geben, und befahl dem Derar, mit ihnen einen Ausfall zu thun, wann jene mit den Muselmännern hand gemein seyn würden; er versicherte ihn, daß ihm eine grosse Anzahl Vornehmer, welche die Mahometanische Religion anzunehmen gesonnen wären, sobald er erscheinen würde, beystehen wollten.
[↔] Alles dieses ward während des Treffens [↔] (Antiochia
ergiebt sich.) ins Werk gestellet. Alle angewandte Kräfte der Christen waren vergebens: Sie wurden(Hegire 17.
n. C. G. 638.) von hinten angefallen, da sie mit dem Feinde von vorne zu thun hatten, und sahen eine gros se Menge ihrer Anführer sich niederträchtiger weise ergeben. Nunmehr dachten sie an kei nen weitern Widerstand, und die Einwohner von Antiochia, welche von den Flüchtigen die Nachricht von der verlohrnen Schlacht erhiel ten, faßten sogleich den Entschluß, sich nicht (Omar.
Hegire 17.
n. C. G.
638.) belagern zu lassen. Sie schickten auf das schlei nigste Abgeordnete an den Obeidah, um sich we gen der Uebergabe mit ihm zu besprechen. Nach dem die Artickel geschlossen waren, so zog der Feldherr der Muselmänner, an der Spitze sei ner Trupen, den 21. August im 17ten Jahr der Hegire, oder im 638sten nach Christi Ge burth, triumphirend in Antiochia ein. Auf solche Weise fiel diese alte, berühmte Stadt, welche unter den Persern, unter den Seleuci den, unter den Römern, und unter der Re gierung der Griechen so schön, so reich, so blü hend gewesen war, in die Hände der Musel männer.
[↔] (Obeidah
zieht seine
Trupen aus
Antiochia.)
[↔] So bald Obeidah die Stadt in Besitz ge nommen hatte, ließ er seine Trupen wieder auf brechen. Die Ueberlegung, welche dieser weise Feldherr machte, daß ein so verführerischer Auf enthalt den Muselmännern gefährlich sey, war Ursache, daß er sie auf das schleinigste heraus zog. In der That konnte auch die angenehme Lage von Antiochia, die süsse Luft, die man da schöpfte, die wollüstigen Sitten der Einwoh ner, ihre Ausschweiffungen, ihre Schwelgerey, nicht anders als den Muth schwächen, und den Geist der Bescheidenheit, der Einfalt, der Un eigennützigkeit unterdrücken, welcher ehedem der vornehmste Charakter der Muselmänner gewesen war, und seit ihrer Ankunft in Syrien schon nach und nach abgenommen hatte. Sie waren auf ihre Vortheile stolz geworden; sie fanden einen Geschmack an den reichen Klei
(Omar.
Hegire 17.
n. C. G.
638.) dern, die sie von den Griechen erbeutet hatten; und es war zu befürchten, sie möchten sich durch den Umgang mit fremden Weibern, noch mehr aber durch das schändliche Beyspiel der Grie chen, ganz und gar verderben.
[↔] Diese unglückliche Christen, deren Geist eben so schlecht beschaffen war, als das Herz, hatten seit langer Zeit alle Liebe und alle Ehr furcht für die
Religion verlohren. Das Chri stenthum, womit sie sich noch schmückten, war für sie nichts mehr als ein leerer Name. Sie waren von ihren unseligen Gewohnheiten, wel che sie in eine unempfindliche Dummheit stürz ten, so verblendet, daß sie über ihre Ausschweif fungen nicht mehr erstaunten, und zum Aer gernisse der Muselmänner recht aufbehalten zu seyn schienen.
[↔] Obeidah ließ also seine Trupen aus einem [↔] (Obeidah
fragt den O mar verschie dener Sachen
wegen um
Rath.) so gefährlichen Orte auf das schleinigste ziehen, und gab Befehl, daß sie ihr Lager weit davon aufschlagen sollten. Er schrieb hierauf an den Califen, ihm die Eroberung, und die Maaßre geln zu melden, welche er habe anwenden müs sen, um die Muselmänner zurückzuhalten, wel che sich in Syrien niederzulassen geneigt gewe sen wären, und sogar um Erlaubniß gebeten hätten, fremde Weiber zu heyrathen. Schlüß lich bat er um weitere Verhaltungsbefehle bey Fortsetzung dieses Feldzuges.
(Omar.
Hegire 17.
n. C. G. 638.)
[↔] Omar erhielt diese Nachricht, gleich da er mit den Weibern des Propheten sich von Me dina aufmachen, und eine Wallfahrt nach Mec ca thun wollte. Er verzog so gleich, und eröff nete den Brief des
Obeidah. So bald er ihn gelesen hatte, warf er sich auf die Erde, und dankte Gott für die Gnade, welche er den Mu selmännern erwiesen habe. Er antwortete dem Obeidah gleich darauf, und nachdem er ihn we gen seiner Verrichtungen Glück gewünscht, so erklärte er sich über die Aufführung, die er ge gen die Muselmänner beobachtet, indem er sie von Antiochia entfernet habe.
[↔] (Antwort
des Califen.)
[↔] Es scheint, als ob sich der Calife in diesem Stücke nicht mehr errinnerte, was er im vori gen Jahre selbst gethan hatte, indem er die seidenen Röcke zerreissen lassen, womit sich die Muselmänner zur Zeit der Belagerung Jeru salems bekleideten. Er schrieb dem Obeidah aus einem ganz anderm Tone; er mißbilligte die Strenge dieses Feldherrn, und behauptete, daß er die Muselmänner einige Zeit in Antio chia hätte lassen sollen, um ihnen ihre Beschwer lichkeiten zu vergelten. Er fügte hinzu, daß der Gebrauch der Güter dieser Welt den Gläu bigen nicht verboten sey, und daß er es denen, welche in Arabien keine Güter hätten, erlaube, sich in Syrien niederzulassen, sich zu verheyra then, und so viel Sclavinnen zu Weibern zu nehmen, als sie nach ihren Mitteln haben könnten. Schlüßlich befahl er ihm, seine Ero
berungen in den Gebirgen des Landes weiter(Omar.
Hegire 17.
n. C. G. 638.) fortzusetzen.
[↔] Obeidah ward ein wenig stutzig, als er sahe, [↔] (Die Musel männer las sen in ihrem
ersten Eyfer
nach.) daß der strenge Omar Nachsichten billige, wel che mit der Zeit die
Sitten verzärteln, und die Kriegszucht nach und nach verderben würden. Dieser Feldherr fing so gar an, bey seinen Tru pen eine Verminderung ihres Eyfers zu spü ren, und bekam einen abermaligen Beweis da von, als er, dem Befehle des Califen gemäß, neue Eroberungen in dem Gebirge machen soll te. Damit Obeidah die Gemüthsart der Mu selmänner noch besser möge einsehen lernen, so wollte er diejenigen, die er zu diesem Zuge für geschickt hielt, nicht selbst ernennen. Er schlug dieses Unternehmen nur überhaupt vor, und fragte seine Kriegsobersten, welcher es von ih nen übernehmen wolle.
[↔] Der Ausgang rechtfertigte es, was Obei dah von diesem angenehmen Orte Syriens be fürchtet hatte. Weil die Araber gehört, daß diese Gebirge zwar nicht weit entfernt, aber sehr schwer, wegen des Eises und Schnees, womit sie fast das ganze Jahr hindurch bedeckt lägen, zu ersteigen wären, so wollte niemand auf die Einladung des Generals antworten. Er wiederhohlte diesen Antrag nochmals, al lein auch sogar die Tapfersten machten nicht die geringste Bewegung. Endlich aber fand er doch einen, welcher sich nebst dem Dames zu (Omar.
Hegire
17.
n. C. G. 638.) dieser Ausführung anbot. Er hieß
Meissarah ebn - Mesru. Obeidah nahm seinen Antrag mit vielem Danke an; er lobte seinen Eyfer öffentlich, und vertraute ihm sogleich die Reli gionsfahne, auf welcher dieser Sinnspruch stand: Es ist kein Gott, ausser Gott, und Mahomet ist sein Apostel.
[↔] (Obeidah
schickt Tru pen in das
Gebirge.)
[↔] Der Feldherr gab ihm eine zahlreiche Mannschaft zu, und Dames, welcher ihn be gleitete, hatte tausend schwarze Sklaven unter seinem Befehle. Diese Trupen hatten nicht wenig auszustehen, sobald sie in dem Gebirge angelangt waren. Und in der That hieß dieses auch von einem Aeussersten auf das andere kommen; der Himmel in dem ebenen Lande war warm und angenehm, auf den Gebirgen hingegen war es ausserordentlich kalt. Gleich wohl drungen sie mit vieler Tapferkeit durch die Zugänge hindurch, und fanden übrigens keine Hindernisse, als die rauhe Witterung und sehr beschwerliche Wege. Die wenigen Dörfer, welche sie auf ihrem Wege antraffen, waren gänzlich verlassen. Die Bauern, welche von ihrer Annäherung Wind bekommen hatten, waren weiter hinein geflüchtet, und sie fanden nicht mehr als einen einzigen, welchen sie an hielten, um ihn zu fragen, ob sie in der umlie genden Gegend nichts zu fürchten hätten.
[↔] Diese Begegnung war für die Araber sehr glücklich: sie erhielten von diesem Gefangenen Nachrichten, ohne welche sie ohne Zweifel wür
(Omar.
Hegire 17.
n. C. G. 638.) den in Stücken seyn gehauen worden. Sie er fuhren, daß nicht weit davon eine feindliche Ar mee, von dreyßig tausend Mann stehe. Der Gefangene fügte hinzu, daß sie nicht besser thun könnten, als wenn sie da blieben, wo sie wären; denn wenn sie noch ein wenig weiter rückten, so würden sie gar zu bloß stehen, und also nicht im Stande seyn sich gegen eine so zahlreiche Mannschaft zu vertheidigen; dahingegen der Po sten, wo sie sich iezt befänden, der vortheilhafte ste sey, den sie nur wünschen könnten; sie dürff ten zwar nicht hoffen, daß sie den geringsten Vortheil davon tragen würden, wann sie soll ten angegriffen werden, doch würde man aber auch ihnen keinen abgewinnen können.
[↔] Dieser unglückliche Christe ward für seine gute Nachricht schlecht belohnt. Die Araber wollten ihn, nach ihrer Gewohnheit, zwingen, die Mahometanische Religion anzunehmen; al lein er hatte die Herzhaftigkeit, ihren Zumu thungen zu widerstehen. Die Furcht
vor dem Tode war nicht einmal vermögend, ihn zur Verstellung zu bewegen, so daß die Muselmän ner über seine Beständigkeit unwillig wurden, und den grausamen Entschluß faßten, ihn zu ermorden.
[↔] Meissarah hielt sich also, der Nachricht des [↔] (Die Araber
werden um ringt.) Christen gemäß, in dem Gebirge versteckt, und war bloß bedacht, sich zu vertheidigen. Er (Omar.
Hegire 17.
n. C. G.
638.) schickte zu gleicher Zeit einen Bothen an den
Obeidah, ihm seinen Stand melden zu lassen, und um schleinige Hülffe zu bitten. Während dieser Zeit hatten die Griechen Nachricht be kommen, daß sich eine feindliche Mannschaft in der Nähe befinde, sie rückten daher näher an, und es gelang ihnen, sie einzuschliessen; weiter aber konnten sie keinen Vortheil erlangen, weil die Muselmänner immer in ihren Verschanzun gen blieben. Gleichwohl fielen verschiedene hi tzige Scharmützel vor, in welchen die Griechen viele Gefangene machten, worunter sich auch ein vertrauter Freund des Califen, Namens Abdallah - ebn - Hodafah befand, welcher nicht allein wegen seiner persönlichen Verdienste in besonderer Achtung stand, sondern auch die Eh re hatte, ein leiblicher Vetter des
Mahomets zu seyn.
[↔] (Vortheile
der Musel männer jen seit des Eu phrats.)
[↔] Die Muselmänner, welche auf diese Weise von einem beträchtlichen Heere eingeschlossen waren, würden sich ohnfehlbar haben ergeben müssen, entweder durch Aushungerung, oder auf eine andere Art, wenn ihnen Obeidah nicht schleinige Hülffe geschickt hätte. Eben als der Feldherr diesen Brief des Meissarah bekam, langte der beruffene Khaled an, welcher mit un ermeßlicher Beute, die er in den Plätzen jenseit des Euphrats, wohin er war geschickt worden, gemacht hatte, zurück kam. Nachdem er einen Theil dieses Landes erobert, hatte er starke Be satzungen eingelegt, und war selbst gekommen, seinen Sieg zu verkündigen, und seine Dienste(Omar.
Hegire 17.
n. C. G. 638.) zu andern Eroberungen anzubieten.
[↔] Die Ankunft dieses tapfern Muselmanns [↔] (Khaled
kömmt den
eingeschlosse nen Arabern
zu Hülffe.) setzte das ganze Lager in Freuden. Obeidah ward entzückt, daß er ihn als Sieger wieder kommen sahe, und ersuchte ihn, zu seinem Tri umphe noch die
Ehre hinzuzufügen, seine Brü der, welche von dem Feinde in dem Gebirge eingeschlossen wären, zu erretten. Der uner müdete Khaled brach sogleich mit einer Mann schaft von drey tausend Mann auf, welchen bald darauf andre zehn tausend Mann folg ten, die den Aiad - ebn - Ganam an ihrer Spitze hatten.
[↔] Die Griechen bekamen gar bald von der [↔] (Die Grie chen ziehen
sich zurück.) anrückenden Hülffe Nachricht; und es sey nun daß sie diese Hülffe für stärker hielten, als sie in der That war, oder daß der blosse Name des Khaled, welcher den Christen so schrecklich war, seinen Eindruck machte, genug, die Musel männer, die bisher von dem Feinde so enge eingeschlossen gewesen waren, fanden an einem Morgen, zu ihrem größten Erstaunen, daß sich die Griechen in der Nacht mit einer Eilfer tigkeit zurück gezogen hatten, welche einer Flucht sehr ähnlich war; so daß sie so gar ihre Zelte und einen guten Theil ihres Geräths zu rückgelassen hatten.
[↔] Khaled ärgerte sich über diesen Abzug nicht [↔] (Die Ara ber stossen
wieder zur) wenig: er hatte gehofft, sich in diesem Zuge be= (Omar.
Hegire 17.
n. C. G.
638.) sonders hervorzuthun, und wenigstens die Ge fangenen wieder zu bekommen, die sie den Mu selmännern abgenommen hatten. Er wollte [↔] (Armee des
Obeidah.) so gar dem Feind auf das schleinigste nachsetzen, und ihn auf seinem Rückzuge beunruhigen; doch Meissarah und andre vornehme Kriegsbe diente, welche Zeit gehabt hatten, die Gegend, wo sie sich befanden, kennen zu lernen, stell ten dem
Khaled vor, daß er sich der offenbar sten Gefahr aussetzen würde, wenn er weiter rücken wollte, und daß es das beste sey, vor jetzo ein Unternehmen bey Seite zu setzen, wel ches beynahe so üble Folgen gehabt hätte. Kha led war also genöthiget, der allgemeinen Mei nung nachzugeben, welche dahinaus lief, daß man sich in guter Ordnung zurückziehen, und wieder zu der Armee des Obeidah stossen solle.
[↔] Der Feldherr schrieb hierauf an den Cali fen, ihm das, was vorgegangen war, und die wenige
Wahrscheinlichkeit zu melden, daß man alle die Schwierigkeiten wegen der Zugänge in das Gebirge, werde übersteigen können. Er nennte ihm zugleich die Gefangenen, und unter andern den Abdallah, welchen man durch aus nicht lange in den Händen der Christen lassen müsse, die sich dieses Raubes als eine grosse Eroberung gerühmt, und deßwegen den Muselmann auf das schleinigste nach Constan tinopel geschickt hätten, damit sie ihn nicht wieder verlieren möchten.
[↔] So bald der Calif diese Nachricht erhielt,(Omar.
Hegire
17.
n. C. G. 638.) schrieb er geschwind an den
Heraclius, diesen Gefangnen wieder zu fordern. Sein Brief war folgender:
[↔] Im Namen Gottes des Erbarmers.(Brief des
Omars an
den Heracli us.) Preis sey Gott, dem Herrn dieser und der zukünftigen Welt, ihm, der weder Gefehrten, noch Frau, noch Kinder hat. (*) Sein Seegen ruhe auf seinem Apostel. Der Knecht Gottes Omar, dem
Heraclius, griechischen Käyser. Sobald du diesen meinen Brief bekömmst, so schicke mir den Gefangenen zurück, wel chen du bey dir hast, Namens Abdal lah - ebn - Hodafah. Wann du es thun wirst, so will ich hoffen, daß dich Gott noch den rechten Weg leiten wird: wann du dich dessen aber weigerst, so will ich Leute schicken, welche die Kaufmann schaft und das Gewerbe nicht verhindert, an Gott zu denken. Gesundheit und Glück sey mit dem, welcher den rechten Weg wandelt.
[↔] Der stolze Ton dieses Briefes muß dem
Käyser sehr empfindlich gewesen seyn. Unter dessen beklagte er sich gar nicht darüber, son= 30
(Omar.
Hegire 17.
n. C. G.
638.) dern suchte bloß dem Verlangen des Califen zu willfahren; er schickte ihm nicht nur den Ge fangnen zurück, sondern schenkte auch dem O mar einen sehr kostbaren Diamant. Der Ca life schätzte dieses Geschenke nicht werth, es zu behalten, sondern ließ es verkauffen und das Geld dafür in die öffentliche Schatzkammer bringen. Er hatte mit dem Gefangnen eine lange Unterredung, den käyserlichen Hof be treffend. Abdallah erzehlte ihm hierauf, wie sehr man ihm zugesetzt, seine Religion zu ver ändern; doch weder Versprechungen noch Dro hungen wären vermögend gewesen, seine Stand haftigkeit wankend zu machen. Er fügte hin zu, daß ihn der
Käyser sogar habe einschliessen lassen, ohne ihm andre Speisen zu geben, als Wein und Schweinefleisch, welches beydes nach dem Gesetze des Mahomets verboten ist; allein er habe nichts angerührt, und nachdem er drey Tage, ohne das geringste zu sich zu neh men, so zugebracht, sey Heraclius über seine Beständigkeit erstaunt, und habe ihm weiter nichts zugemuthet.
[↔] Der Calife hatte zugleich mit dem Briefe an den
Käyser, wegen Befreyung des Gefan genen, an den
Obeidah geschrieben, um ihm zu befehlen, die Eroberungen der Muselmänner weiter fortzusetzen. Er bestand nicht länger darauf, das Gebirge anzugreiffen, wovon man ihm die Schwierigkeiten vorgestellt hatte; son dern drang nur in den General, auf das schlei
nigste die nöthigen Befehle auszustellen, um(Omar.
Hegire 17.
n. C. G. 638.) auch den übrigen Theil Syriens unterwürffig zu machen.
[↔] Da Obeidah also Vollmacht von dem Cali fen
bekommen hatte, so beschloß er, seine Tru pen ein wenig ausruhen zu lassen, weil sie aus serordentlich entkräftet waren. Damit aber doch die Eroberungen der Muselmänner nicht ins Stecken kommen möchten, so schickte er ei nen Bothen an den Amru - ebn - Alas, ihm zu befehlen, mit der Armee, die er führte, weiter fortzurücken.
[↔] Amru war damals in Palästina, wo er ver
[↔] (Eroberung
der Araber in
Palästina.) schiedene Plätze unter die Bothmäßigkeit der Muselmänner gebracht hatte. So bald er die Befehle des Obeidah erhalten hatte, brach er auf, und ging auf Cäsarea los, wo man sagte, daß Constantinus, des Heraclius Sohn, mit einer beträchtlichen Armee stehe. Als er aber in diese Gegend einrückte, fand er sie so wohl bedeckt, daß er nicht weiter kommen konnte, ohne eine Schlacht zu wagen. Constantin hat te sich ungemein wohl verschanzt, und schien ge sonnen zu seyn, ihm den Weg streitig zu ma chen. Amru schlug sein Lager gleichfalls nicht weit von dem Lager des Prinzen auf, und mach te Anstalten, den Feind auf das baldigste anzu greiffen.
[↔] Man merkte gar bald, daß Constantinus, des guten Standes ohngeachtet, welchen er zu (Omar.
Hegire 17.
n. C. G.
638.) halten schien, nicht gesonnen sey, es zur Schlacht kommen zu lassen. Er suchte anfangs die Mu selmänner zu überraschen. Er schickte deßwegen einen christlichen Araber aus, Kundschaft von der Stärke und der Stellung des Feindes einzuzie hen. Dieser Araber wuste sich so wohl zu verklei den, daß er sich in das Lager einschliche, und ver schiedene Tage hindurch, alles, was daselbst vorging, in Augenschein nahm. Da aber ei ner von ungefehr auf sein Kleid trat, so daß er beynahe gefallen wäre, so entfuhr ihm, ohne daß er daran dachte, der Schwur bey Chri sto! Die Muselmänner merkten so gleich, daß er ein christlicher Spion sey, und hieben ihn auf der Stelle nieder.
[↔] Als Amru dieses erfuhr, so ward er über dieses übereilte Verfahren mit dem Kundschaf ter sehr unwillig. Er machte den Officiers, die dabey zugegen gewesen waren, heftige Vorwürf fe, weil sie sich dadurch eines Mittels beraubet, welches ihnen die Vorsicht, die Umstände der Christen zu erfahren, angeboten. Er ließ hier auf durch das ganze Lager bekannt machen, daß man alle Kundschafter, die man etwa entdecken würde, vorher zu ihm bringen solle.
[↔] Kurz darauf sahe man einen griechischen Priester anlangen, welcher mit dem Heerfüh rer, in Namen des Constantinus, zu sprechen verlangte. Er ward sogleich zu dem Amru ge führt, welchem er sagte, daß der Prinz geneigt sey, sich mit ihm zu vergleichen, daß er ihm al
(Omar.
Hegire 17.
n. C. G.
638.) so einen Vertrauten schicken möge, mit welchem er deßwegen Abrede nehmen könne. Amru entschloß sich, selbst zu ihm zu gehen, damit die Sache desto geschwinder zum Schlusse kommen möge.
[↔] Der griechische Prinz empfing den Musel mann auf das ehrwürdigste. Nach den ersten Ehrenbezeigungen ließ er ihm einen Stuhl se tzen, doch Amru schlug ihn aus, und setzte sich nach Gewohnheit der Muselmänner mit über einander geschlagenen Beinen auf die Erde, mit dem Sebel an der Seite, und die Lanze quer vor sich hingelegt. Er hatte hierauf eine sehr son derbare Unterredung mit dem Constantinus, wann sie anders so gewesen ist, als sie der ara bische
Geschichtschreiber erzehlt.
[↔] Constantinus fing damit an, daß er dem [↔] (Unterredung
des Amru
und Constan tinus.) Amru vorstellte, die Araber und Griechen thä ten sehr übel, daß sie mit einander Krieg füh reten, weil sie Brüder wären. Wie sollten sie Brüder seyn, versetzte Amru, da sie von einer so verschiedenen Religion sind? Und welches sind denn die Beweise der Ver wandtschaft zwischen den Coreischiten und den Griechen. Der Prinz glaubte es zu beweisen, indem er in einer langen Rede ih re gemeinschaftliche Abstammung von dem Adam herrechnete.
[↔] Amru antwortete ihm, es sey zwar wahr, (Omar.
Hegire 17.
n. C. G.
638.) daß die Araber und Griechen von dem Abra ham und Noah abstammten; daß Noah das Land unter seine drey Söhne getheilet habe; daß Sem Syrien, nebst den benachbarten Län dern bekommen, und also die Araber, welche von dem Sem abstammeten, seine Nachfolger seyn müßten. Uebrigens, fügte er hinzu, ge hört die Erde Gott, und er giebt sie zum Erbtheile, wem er will; wir sind seine Diener; er schenkt sie unsern Waffen; und wir nehmen nur unser altes Erbe wieder in Besitz, welches uns weit eher gehört als euch. Wir haben unsre un fruchtbaren und heissen Wüsten lange ge nug bewohnt; wir wollen daher dieses angenehme Land geniessen, und es uns vollends unterwerffen. Es ist billig, daß wir es endlich auch einmal besitzen.
[↔] Der Muselmann wandte sich hierauf zu den Griechen, welche gegenwärtig waren, und sagte ihnen, das einzige Mittel, sich in dem Be sitze dieses Landes zu erhalten, sey, den mahome tanischen Glauben anzunehmen, oder den Schü lern des Mahomets zinsbar zu werden, oder auch den Streit mit den Waffen auszumachen.
Ich habe euch die Mittel, fügte er schlüß lich hinzu, euch zu erretten, gezeigt; ihr aber seyd so wiederspenstig als euer Va ter Esau. Ihr sagt, wir wären eure Anverwandte; allein wir mögen mit euch keine Gemeinschaft haben, so lange ihr
in dem Unglauben verharret: Wir(Omar.
Hegire 17.
n. C. G. 638.) stammen von dem Ismael ab, und unser Prophet Mahomet hat Eingebungen von dem Engel Gabriel gehabt, um uns das Licht der heiligen Wahrheit, durch Ausübung der Lehre, die ihn GOtt selbst gelehret hat, mitzutheilen.
[↔] Nach dieser Rede stand Amru auf, und so endigte sich diese Unterredung, ohne die gering ste Hoffnung eines Vergleichs. Man machte sich nunmehr auf beyden Theilen gefaßt, es auf ein entscheidendes Treffen ankommen zu lassen.
[↔] Wann die Geschichte zwey zahlreiche in Schlachtordnung gestellte Armeen zeigt, so hoft der Leser, daß man ihm von den guten oder schlechten Anstalten etwas sagen werde, welche die Anführer auf beyden Theilen gemacht, er erwartet, gleich als auf einer Karte, die ver schiednen Bewegungen dieser wieder einander aufgebrachten Heere zu sehen, und endlich den Ausschlag zu erfahren, welchen der Sieg zwi schen beyden Theilen gegeben habe. Von die sem allen findet man bey den arabischen Ge schichtschreibern nichts; wenigstens hat es Al vakedi, den ich in meiner Erzehlung bisher ge folgt bin, nicht werth geachtet, die geringste Erleuterung deswegen zu geben. Alles läuft auf einen Zweykampf, oder vielmehr ein Lanzen brechen zweyer oder dreyer Ritter hinaus, wor auf die Entlauffung oder Flucht unter die Chri= (Omar.
Hegire 17.
n. C. G.
638.) sten kömmt, daß sie ihr Lager und Geräthe im Stiche lassen. Beyspiele von solcher Art hat man in dieser Geschichte schon gesehen. Man wird sich also nicht wundern, wenn man auch bey den jetzigen Umständen ein gleiches gesche hen siehet.
[↔] (Zweykampf
zwischen ei nem Christen
und verschie denen Ara bern.)
[↔] Nachdem sich also beyde Armeen einander gegen über in Schlachtordnung gestellt hatten, näherte sich ein Officier von dem Heere des Constantinus den Muselmännern, und fragte, wer von ihnen einen Zweykampf annehmen wolle. Verschiedene Muselmänner hielten hier auf inständigst um den Vorzug an, welcher aber einem jungen Araber gegeben wurde, der einen recht feurigen Eifer für die Mahometanische Re ligion hatte, und nach Syrien Kriegsdienste zu nehmen gekommen war, in Absicht, entweder Proselyten zu machen, oder die Märtyrerkrone zu erlangen. Doch er war noch viel zu jung, einen so heftigen Anfall, als dieser war, aus zuhalten, und seine Kräfte kamen weder seinem Muthe, noch seinem Eyfer gleich; der griechische Officier fertigte ihn bald ab, und versetzte ihm einen Hieb, der ihn todt zur Erde streckte.
[↔] Hierauf stellten sich noch zwey oder drey an dre Muselmänner, welche einer nach dem an dern gleiches Schicksal hatten. Endlich erschien Sergiabil, und mit ihm endigte sich der Kampf. Anfangs schien es, als ob er für den Musel mann sehr schlecht ausfallen würde: weil er ausserordentlich andächtig, und einer von den(Omar.
Hegire 17.
n. C. G. 638.) strengsten Beobachtern seiner Religion war, so hatten ihn die Fasten und das Wachen so aus gezehrt, daß es nicht das Ansehen hatte, daß er dem Christen lange würde Stand halten kön nen. In der That warf ihn auch dieser bey dem ersten Anfalle zu Boden, sprang von seinem Pferde, und wollte ihn eben ermorden, als ein Reuter von der griechischen Armee aus dem Gliede hervor kam, mit verhangenem Zügel her zu sprengte, und noch zeitig genug anlangte, dem christlichen Officiere den Kopf abzuschla gen; er flohe hierauf zur muselmännischen Ar mee, wo er den Sergiabil mit hin nahm. Er gab sich nunmehr für einem von denen zu er kennen, welche sich ehedem wider den Maho met zu empören unterstanden hatten. (*) Er gestand, daß ihn die Furcht, nachdrücklich dieses Verbrechens wegen gestraft zu werden, bewo= 31
(Omar.
Hegire 17.
n. C. G.
638.) gen habe, bey den Christen Dienste zu nehmen, wo er schon lange eine günstige Gelegenheit er wartet hätte, sich mit den Muselmännern wie der auszusöhnen.
[↔] Der Verlust des griechischen Officiers brach te das Schrecken und die Bestürzung unter die Trupen des Constantinus. Es fand sich eine grosse Menge, welche durchzugehen beschlossen hatte, und viele von ihren Kammeraden mit nahm. Die, welche noch Muth genug hatten zu bleiben, hatten dennoch nicht Muth genug, dem Feinde Gegenstand zu halten. Sie be haupteten, es sey unmöglich, den Muselmän nern die Spitze zu bieten, deren Kräffte mit je dem Augenblicke wüchsen, und faßten also von selbst den Entschluß, sich in ihr Lager zu zie hen und wohl zu verschanzen.
[↔] (Constanti nus
wendet
sich nach Cä sarea.)
[↔] Unterdessen blieben sie auch da nicht lange. Nachdem Constantinus sich in folgender Nacht aufgemacht hatte, nach Cäsarea zu fliehen; so zog das Beyspiel des Feldherrn die Menge nach sich, und die Griechen verliessen gleich den Tag darauf das Lager, um ihrem Prinzen nachzueilen.
[↔] Da Amru dem Obeidah sogleich von dem, was vorgegangen war, Nachricht gab, so befahl ihm der Feldherr, ohne Verzug nach Cäsarea aufzubrechen, allwo er mit ehestem zu ihm stos sen wolle, um alsdann gemeinschaftlich die Be lagerung von Tripoli, Acre und Tyrus vorzu nehmen.
[↔] Doch eben als Obeidah diese Befehle aus
(Omar.
Hegire
17.
n. C. G. 638.) stellte, erfuhr er, daß ihm Yukinna einer grossen Arbeit überhoben habe, indem er sich der Stadt [↔] (Yukinna
nimmt Tri poli für die
Muselmän ner ein.) Tripoli bemächtiget. Der Feldherr ward über diese Nachricht ungemein erfreut, und schickte sogleich den Khaled mit einigen Trupen zu ihm, weil er sich leicht einbilden konnte, daß er Hülffe vonnöthen haben würde, um sich in dem Platze zu erhalten.
[↔] Khaled kam zu gelegner Zeit an. Kaum fing
Yukinna an, das Vergnügen über seine Eroberung zu geniessen, als er Schiffe in dem Hafen ankommen sahe, welche für die Armee des Constantinus, deren schimpfliche Flucht noch unbekant war, Lebensmittel und Waffen brachte. Yukinna befand sich bey dem Aus schiffen, und empfing den Obersten und die Of ficiers, als ob er von ihrer Parthey sey. Un terdessen war er doch wegen der Folgen dieser Begebenheit, welche sich nothwendig gar bald aufklären mußte, sehr unruhig; zu seinem Glü cke aber erfuhr er die Ankunft des Khaled. Diese Verstärkung befreyte ihn von aller Un ruhe. Er nahm die Officiers auf den Schiffen gefangen, und nachdem er den größten Theil der Lebensmittel in die Stadt hatte bringen lassen, so bat er den
Khaled, die Stadt zu besetzen, mittlerweile er eben diesen Anschlag, welcher ihm mit Tripoli geglückt sey, auch mit Tyrus ausführen wolle.
(Omar.
Hegire 17.
n. C. G. 638.)
[↔] Yukinna machte sich also gleich auf, und kam auf den Schiffen, deren er sich bemächti get hatte, nach Tyrus; und als er in dem Ha= [↔] (Yukinna
will sich der
Stadt Ty rus bemäch tigen, und
wird
ent decket.) fen angelangt war, ließ er dem Befehlshaber sagen, daß er für seine und des Constantinus Trupen Erfrischungen bringe. Man empfing ihn folglich auf das allerfreundlichste, und legte ihn mit seinen neunhundert bey sich habenden Soldaten in die Stadt. Doch endlich erkannte ein christlicher Officier den Yukinna, und steckte es schleinig dem Befehlshaber, damit er auf seiner Hut seyn solle. Dieser nahm auch so gute Maaßregeln, daß er, ohne das geringste Lermen, sich durch die Besatzung des Yukinna und seines Gefolges bemächtigte, und sie in Ketten werffen ließ. Diejenigen, die auf dem Schiffe geblieben waren, ließ er vorjetzo zufrie den, und hoffte ihnen gar bald eben so zu be gegnen, als ihrem Anführer. Doch plötzlich sahe man, während dieser Zeit, eine Schaar Araber vor Tyrus erscheinen, welche der Stadt zu dro hen schienen. Nachdem der Befehlshaber, die ser Trupen wegen, Kundschast hatte einziehen lassen, erfuhr er, daß es eine Parthey Araber sey, welche von dem Yesid - ebn - Abi - Sofian, einem der besten Feldherren der Muselmänner, angeführt würde.
[↔] Da der Befehlshaber sahe, daß die feindli che Parthey eben nicht sehr stark sey, beschloß er einen Anfall zu wagen, um sich von ihr zu befreyen, ehe neue Hülffe anlangte; vorher aber ließ er den Yukinna und die übrigen Gefan
(Omar.
Hegire 17.
n. C. G.
638.) genen auf das Schloß bringen, dessen Bewa chung er einem Griechen, Namens Basilius, anvertraute.
[↔] Dieser Grieche war ein Verräther, welcher schon lange Willens war, zu den Muselmän nern über zu gehen. Allein er wollte seinen Uebergang mit einer wichtigen That begleiten, damit er sich sogleich in das beste Ansehen setzen möge. Der gegenwärtige Vorfall schien ihm darzu sehr günstig zu seyn; er theilte also dem Yukinna seine Absicht mit, und gab ihm, so wohl als seinem ganzen Gefolge, zum ersten Beweise seines Eifers für die Mahometanische Religion, die Freyheit.
[↔] So bald sich Yukinna aus den Ketten sahe, [↔] (Tyrus muß
sich ergeben.) ließ er seinen Leuten, welche auf dem Schiffe geblieben waren, von seiner Befreyung schlei nige Nachricht geben, und ertheilte Befehl, daß sie sich an einem bestimmten Orte bey ihm einfinden sollten; eben dieses ließ er hernach dem Yesid sagen, welcher eben mit dem Befehlsha ber handgemein war. Diese Nachricht machte den Muselmännern neuen Muth: sie hielten den Anfall der Tyrer mit der größten Tapfer keit aus, und endlich lenkte sich der Sieg, durch eine Bewegung, welche Yukinna machte, gänz lich auf ihre Seite. Er brach aus der Stadt, und fiel den Tyrern in Rücken, indem sie vor sich mit den Arabern zu thun hatten; und durch (Omar.
Hegire 17.
n. C. G.
638.) diesen Ueberfall wurden die Trupen des Befehls habers fast gänzlich in Stücken gehauen. Die Sieger begaben sich hierauf in die Stadt und machten anfangs alles nieder, was ihnen ent gegen kam; doch endlich ließ ihre Wuth nach, und man erzeigte denjenigen Gnade, welche die Mahometanische Religion anzunehmen ver sprachen.
[↔] (Constanti nus flieht
nach Con stantinopel.)
[↔] Die Einnahme von Tyrus setzte die Ein wohner zu Cäsarea, welche sich von den Mu selmännern schon belagert sahen, in die gröste Bestürzung. Unterdessen nahmen sie doch ei nige Maaßregeln, ihren Platz gegen einen so fürchterlichen Feind zu vertheidigen; doch ein neuer Zufall machte alle ihre Anstallten zunich te. Der furchtsame Constantinus kam über den Verlust der Stadt Tyrus ausser sich, und glaubte den Feind schon als Meister von Cäsa rea zu sehen, so daß er, ohne die Stärke seines Platzes, die Anzahl seiner Trupen, und die Wirckung, welche seine Gegenwart bey solchen Umständen haben müsse, zu überlegen, auf nichts, als sich in Sicherheit zu setzen, bedacht war. Er begab sich also verstohlner weise, mit seiner Familie aus der Stadt, erlangte schleinig den Hafen, und schifte sich nach Constantinopel ein.
[↔] (Cäsarea er giebt sich den
Arabern.)
[↔] Die schimpfliche Entfliehung des Constanti nus entschied das Schicksal der Stadt Cäsarea. Die Einwohner hatten wenig Lust, sich einem Prinzen zu gefallen aufzuopfern, welcher sie so(Omar.
Hegire 17.
n. C. G. 638.) schändlich verlassen hatte, und beschlossen ein müthig, sich zu ergeben. Sie liessen also dem Amru
wissen, daß sie ihm die Stadt überlie fern und zugleich alles geben wollten, was dem Constantinus daselbst eigenthümlich zugehöre. Uebrigens aber verlangten sie alle Sicherheit für sich, und erhielten sie auch, vermittelst einer Summe von zwey hundert tausend Stück Sil ber. Amru begab sich unverzüglich in die Stadt, und nahm sie, im Namen des Califen in Besitz.
[↔] Nach dieser Begebenheit war keine einzige Stadt mehr, welche sich, den Muselmännern die Thore zu öffnen, geweigert hätte: sie beka men also gar bald Ramlah, Acrah, Joppe, A scalon, Gaza, Sichem und Tiberias in Palä stina, und Brirut, Sidon, Jabalah und Lao dicea in dem am Meere gelegenen Theile Syri ens, unter ihre Bothmäßigkeit. Diese Erobe rung geschahe so schleinig, daß sie eher einer Reise als einem Kriegszuge ähnlich sahe.
[↔] Auf alle diese Vortheile folgte kurz darauf [↔] (Tod ver schiedener
mahome tanischen
Kriegsober sten.) eine grausame Landplage, welche diese ganze Provinz und die umliegende Gegend verwüste te. Die Pest verheerete beynahe das ganze Syrien, und raffte so viel Menschen weg, daß(Hegire 18.
n. C. G. 639.) man dieses Jahr, das Jahr der Vertil gung nennte.
Obeidah, Sergiabil, Yesid, und verschiedene andre vornehme Mahometani= (Omar.
Hegire 18.
n. C. G.
639.) sche Kriegsoberste sturben an dieser Kranckheit. Der beruffne Khaled hatte das Glück, dem ge meinen Umfalle zu entrinnen; daher überlebte er die tapfern Officiere, die er vor seinen Au gen hatte umkommen sehen, auch nur sehr kur ze Zeit. Er starb ohngefehr drey Jahr darauf. Die Geschichtschreiber haben uns nichts weder von der Art, noch dem Orte seines Todes etwa gemeldet.
[↔] (Amru über nimmt das
Commando
der Armee.)
[↔] Gleich nach dem Tode des Obeidah, über nahm Amru das oberste Commando über die Truppen, und schrieb zugleich an den Califen, ihm die Verheerung zu melden, welche die Pest unter den Trupen angerichtet habe: und weil es allzugefährlich gewesen wäre, seine Befehle in Syrien zu erwarten, so meldete er dem Omar, daß er sich, seiner ersten Bestimmung nach, immer auf den Marsch nach Aegypten begeben wolle, und daß er ihm, dieser Unternehmung wegen, seine Gesinnungen auf das schleinigste melden möge.
[↔] (Othman
will den
Omar bewe gen, den Am ru das Com mando zu
nehmen.)
[↔] Omar ward durch den Verlust, welchen der muselmännische Staat, durch den Tod so viel tapferer Anführer, erlitten, auf das empfindlich ste gerührt. Nachdem er ihrem Andencken die verdienten Lobsprüche ertheilt, überlegte er mit den Vornehmsten seines Raths den Feldzug nach Aegypten. Hierinne kamen alle Meinun gen überein, daß man das Unternehmen fortse tzen müsse; allein wegen des Feldherrn trenne
ten sie sich. Es sey nun, daß die Thaten des(Omar.
Hegire 18.
n. C. G. 639.)
Amru ihm Neider erweckt hatten, oder daß man ihn in der That für unfähig hielt, dieses Unter nehmen auszuführen; genug, Othmann, wel cher alles bey dem
Omar vermochte, wollte ihn bereden, das Commando der Trupen dem Amru nicht zu lassen.
[↔] Der Calif unterdessen war dieser Meinung [↔] (Wie sich
der Calif da bey bezeigt.) nicht; damit er aber doch den Othmann nicht unwillig machen möge, so gebrauchte er eine Wendung, welche ihm gelang. Er schrieb an den Amru, nicht eben ausdrücklich ihm das Commando zu nehmen, sondern ihm bloß zu befehlen, mit seinen Trupen wieder zurück zu kommen, im Fall er noch in Syrien sey, wann er diesen Brief erhalte; und weil zu vermuthen stand, dieser Feldherr würde unterdessen Zeit genug gehabt haben, wenigstens an die Grenzen von Aegypten zu gelangen, so fügte Omar hinzu, daß er in diesem Falle seinen Marsch fortsetzen könne.
[↔] Die Ausdrücke des Califen waren folgende:
Wann du diesen Brief bekömmst, ehe du nach Aegypten gelangt bist, so kehre zurück; bist du aber schon in Aegypten, wann ihn dir der Bothe einhändiget, so setze deinen Weg unter dem Segen Got tes fort; und sey versichert, daß ich dir Verstärkung schicken wil, so bald du sie nöthig haben wirst.
(Omar.
Hegire 18.
n. C. G. 639.)
[↔] Es ist sehr wahrscheinlich, daß der Calife dem Amru, indem er ihm diesen Brief geschickt, zugleich habe stecken lassen, wie er sich verhal ten solle, damit alles nach beyder Wunsche aus schlage. Und in der That, als der Brief an kam, war Amru noch auf dem syrischen Ge biete. Er sagte daher zu dem Bothen, daß er jetzo nicht Zeit habe seine Briefe zu lesen; und daß er ihm nur folgen solle, damit er ihn abfer tigen könne, wann er mehr Zeit haben werde. Amru ließ sogleich seine Trupen ihren Marsch verdoppeln, und rückte an die Grenzen von Aegypten. Sobald er angekommen war, ließ er stille halten, und nachdem er seine vornehm sten Hauptleute um sich versammlet, eröffnete er das Schreiben des Califen, und las es öf fentlich vor. Hierauf ließ er, alß ob er es nicht gewußt hätte, wo er sich befände, einige Einwohner kommen, und fragte sie, zu welcher Provinz der Ort, wo er jetzo stehe, gehöre: da ihm die Einwohner antworteten, daß er zu Ae gypten gehöre, so sagte der Feldherr ganz ernst lich: Wann dem so ist, so müssen wir un sern Weg wohl fortsetzen.
[↔] (Eroberun gen der Mu selmänner in
Aegypten.)
[↔] Er setzte ihn auch in der That fort, und langte endlich vor einem Platze an, Namens Pharmah, welchen er belagerte. Er bemäch tigte sich desselben nach Monatsfrist, und ging [↔] (Belagerung
von Mesrah.) hierauf nach Mesrah zu, wovor er beynahe sie ben. Monate liegen mußte. Die Belagerten vertheidigten sich mit erstaunlicher Tapferkeit, so daß Armu einigen Vortheil zu gewinnen ver
(Omar.
Hegire 18.
n. C. G. 639.) zweifelte, wann er nicht mächtig unterstützt würde. Er schrieb daher an den Califen, und bat ihn, um schleinige Verstärkung, so, wie er sie ihm versprochen habe.
[↔] Der Calif ließ schleinig eine zahlreiche Mann schaft aufbrechen, welche gar bald in dem Lager des Amru anlangte, und den Muth und die Hoffnung der Belagerer um ein grosses ver mehrte. Unterdessen würde sich dieser Platz, der Verstärkung ohngeachtet, noch lange gehalten haben, wann der Befehlshaber nicht ein Verrä ther gewesen wäre.
[↔] Er hieß Makaukas, und war von der Secte der Jacobiten (*), und folglich ein Feind der rechtgläubigen Christen. Da er übrigens den Heraclius beleidiget hatte, indem er sich der Ein künfte von Aegypten, deren Einnahme er be sorgte, bemächtiget, und dem Käyser alle Geld hülffe, zu der Zeit, als dessen Angelegenheiten in Syrien ziemlich in Verfall gekommen waren, abgeschlagen, so befürchtete er mit Recht, deß wegen zu harter Strafe gezogen zu werden, wann es den
Griechen gelingen sollte, die Ober hand über die Muselmänner endlich zu erlangen. 32
(Omar.
Hegire
18.
n. C. G. 639.) Er beschloß also sich die Zeit zu Nutze zu ma chen, den Käyser um diesen Platz zu bringen, und ihn den Muselmännern, unter ihm vortheil haften Bedingungen zu überliefern.
[↔] Die Ankunft der Verstärkung, welche Am ru erhalten hatte, gab dem Makaukas eine gün stige Gelegenheit, die Stärcke der Belagerer zu vergrössern. Er stellte den Griechen die Un möglichkeit vor, länger Widerstand zu halten; und daß er nichts bessers thun könne, als das Schloß zu verlassen, und sich auf eine kleine Insel zu ziehen, die sich mitten auf dem Nile, zwischen Mesrah und dem gegenseitigen Ufer, be fand. Er war der erste, welcher sich dahin begab; alle Cophten (*) folgten ihm, deßgleichen auch eine Anzahl Griechen, von welchen aber gleich= 33
wohl noch viele, in dem festen Vorsatze zurück
(Omar.
Hegire 18.
n. C. G. 639.) blieben, das Schloß aus allen Kräfften zu ver theidigen.
[↔] Noch vermuthete niemand die Verrätherey des Befehlshabers, daß seine Absicht bloß da hin gehe, die Besatzung des Schlosses zu schwä chen, und die Eroberung dadurch zu erleich tern. Er schien so gar, nach seinem Rückzuge, in der Unterhandlung ziemlich redlich zu Wer ke zu gehen. Er schickte Abgeordnete an den Amru, um von ihm zu erfahren, was seine Ab sicht sey, und warum er Leute anzufallen kom me, die ihn niemals im geringsten beleidiget hätten; er ließ ihm vorstellen, daß er bey ei nem solchen Unternehmen sehr viel wage, in dem der Nil mit ehestem austreten, und die Mu selmänner in ihrem Lager überschwemmen wür de, da sie denn nothwendig den Griechen in die Hände müsten. Gleichwohl, fügte er hinzu, sey er bereit, Vergleichungsvorschläge anzuhö ren, wenn ihm der Feldherr einen Abgeordneten mit Vollmacht zuschicken wolle.
[↔] Amru schickte sogleich einen Vertrauten, Na mens Abadah, zu dem Befehlshaber, welcher ihm die Gesinnungen der Muselmänner entde cken mußte. Dieser Abgeordnete that eben die Vorschläge, welche die Muselmänner sonst ih ren Feinden zu thun pflegten; nehmlich entwe der Mahometaner zu werden, oder Tribut zu bezahlen, oder auch ihren Streit mit den Waf fen auszumachen.
(Omar.
Hegire 18.
n. C. G. 639.)
[↔] Makaukas antwortete dem Abgeordneten, daß die Griechen keine von den ersten zwey Be dingungen eingehen würden; was die dritte aber anbelange, nehmlich es zu den Waffen kommen zu lassen, so hielte er sie nicht für stark genug, den Muselmännern zu widerstehen, weil ihnen weder er, noch seine Cophten, beystehen würden, indem er mit seinem Anhange zinsbar zu werden beschlossen habe; übrigens aber be kümmere er sich wenig, wie es den Griechen ergehen würde.
[↔] Als Abadah wieder zurück kam, und von seiner gehabten Unterhandlung Bericht abstat tete, so merkte
Amru die Absicht des Befehls habers gar bald. Der Entschluß, den er ge nommen hatte, sich zurück zu ziehen, und eine grosse Anzahl von seinen Trupen mit fortzufüh ren, und über dieses der wenige Antheil, wel chen er an dem, was die Griechen betreffe, zu nehmen schien, bewogen endlich den Feldherrn der Muselmänner, die Bestürmung des Schlos ses von Mesrah wieder vorzunehmen.
[↔] Die Sache ward bey dem ersten Sturme entschieden. Die Muselmänner waren gewiß, daß der Platz von Trupen erschöpft sey, legten daher Leitern an, und erstiegen die Mauern mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit. Einer von ihnen, Namens Zabeir, war der erste, welcher hinein kam, und nachdem er, wie der Gebrauch war, Alla - achar geschrien, so ka
men die andern häuffig herzu, ihm beyzustehen.(Omar.
Hegire 18.
n. C. G.
639.) Mittlerweile, als dieser Einbruch geschah, be gab sich ein grosser Theil der Griechen, welche in dem Schlosse waren, aus demselben hinaus, um den Nil zu erreichen, wo sie sich in die Käh ne, die sie daselbst fanden, warffen, und auf die Insel flohen. Die, welche in dem Schlosse blieben, wurden entweder ermordet, oder zu Gefangnen gemacht.
[↔] Die Griechen, welche auf die Insel, wo Makaukas
war, geflohen waren, entdeckten nunmehr, aber zu späte, daß sie die Opfer der Verrätherey des Befehlshabers wären. Sie hätten sich sehr gerne rächen mögen, gleichwohl aber unterstunden sie sich nicht, etwas wider ihn zu unternehmen, weil er allzuviel Cophten um sich hatte. Uebrigens durften sie es auch nicht wagen, länger bey ihm zu bleiben, weil sie be fürchten mußten, er möchte seine Verrätherey vollkommen machen, und sie an die Muselmän ner ausliefern. Sie stiegen also wieder in ihre Kähne, machten sich an das andere Ufer, und zogen sich nach Keramol, einem Platze, welcher zwischen Mesrah und Alexandria lag.
[↔] Sie handelten sehr klüglich, daß sie sich so eilig fortbegaben; denn der treulose Makaukas trat mit den Muselmännern kurz darauf, als sie sich des Schlosses bemächtiget hatten, in Ver gleich. Er bedingte sich vors erste für sich und seine Schätze alle Sicherheit, und nahm sich (Omar.
Hegire 18.
n. C. G.
639.) auch hernach der Cophten an, in Ansehung welcher ausgemacht wurde, daß sie jährlich für jeden Kopf zwey Ducaten bezahlen sollten. Ma kaukas
verlangte, daß er in eben diese Taxe, auf dem Fuß wie die andern Cophten einge schlossen, und beständig als ein Glied von ihnen betrachtet werden solle: was aber die Griechen anbelangte, so erklärte er sich, daß er niemals mit ihnen etwas gemein haben wolle, weil er weder aus ihrem Volke, noch von ihrer Reli gion sey. Er gestand, daß er sich aus Furcht lange Zeit habe verstellen müssen; daß er sich aber jetzt, weil sich eine gute Gelegenheit zeige, ein Vergnügen daraus mache, seine Gesinnun gen zu entdecken. Er bat hierauf den Feld herrn der Muselmänner, niemals mit den Grie chen Friede zu machen, sondern sie vielmehr so lange zu verfolgen, bis er sie gänzlich ausgerot tet habe.
[↔] Alle diese Bedingungen wurden von dem Amru
angenommen; allein er fügte noch hinzu, daß die Cophten verbunden seyn sollten, die Mu selmänner, welche bey ihnen durchreisen wür den, drey Tage frey zu halten, die Brücken und öffentlichen Wege auszubessern, die Soldaten bey sich einzunehmen, und die Armee der Mu selmänner mit Lebensmitteln und Kriegsvorrath zu versehen, wofür sie aber bezahlt werden soll ten.
[↔] (Einnahme
von Kera mol.)
[↔] Nachdem diese verschiedenen Artikel auf beyden Seiten festgesetzt waren, brach Amru(Omar.
Hegire 18.
n. C. G. 639.) so gleich auf, den Griechen nachzusetzen. Er kam nach Keramol, sie daselbst anzugreiffen, und fand ganzer drey Tage einen sehr tapfern Wi derstand; endlich aber ward der Platz dennoch er obert, und eine grosse Menge Griechen mußten ihr Leben lassen. Unterdessen waren doch noch viele, welche dem Schwerdte des Siegers entka men. Diese flüchteten nach Alexandria, welchen Ort die Muselmänner ohne Verzug belagerten.
[↔] Diese Belagerung dauerte sehr lange, und [↔] (Belagerung
von Alexan dria.) fiel ungemein blutig aus. Die Griechen em pfingen die Anfälle mit der grösten Unerschro ckenheit, und thaten häufige Ausfälle, in wel chen weder der eine noch der andere Theil eini gen Vortheil erhielt; nur blieb auf beyden Sei ten immer sehr viel Volk. Die Muselmän ner glaubten es sehr weit gebracht zu haben, als sie sich eines von den Hauptthürmen, wel cher die Zugänge zu der Stadt bedeckte, be mächtiget hatten; allein sie wurden nach einem heftigen Kampfe, welcher beynahe sehr unglück liche Folgen gehabt hätte, wieder hinaus ge schlagen.
[↔] Der tapfre Amru, welcher sich nicht we niger als einer von den gemeinen Soldaten der Gefahr aussetzte, war bey dem Angriffe dieses Thurms, und hielt, nachdem er sich des selben bemächtiget hatte, alle Anfälle mit einer bewundernswürdigen Tapferkeit aus. Doch (Omar.
Hegire 18.
n. C. G.
639.) die Griechen trieben ihn so sehr in die Enge, daß er sich nicht wieder durchschlagen konnte: er blieb also mit dem Moslemah - ebn - Makha led, einem von seinen vornehmsten Kriegsober sten, und einem seiner Sklaven, Namens
Wer dan, welcher beständig an der Seite seines Herrn gestritten hatte, gefangen.
[↔] Diese Gefangenen wurden sogleich zu dem Befehlshaber geführt, welcher zu allem Glücke nicht wußte, daß die beyden ersten so vornehme Personen waren. Unterdessen argwohnte er doch etwas, als er fragte, was denn die Absicht der Muselmänner sey, daß sie die Welt so durch streiften, und ihre Nachbarn beunruhigten, und ihm Amru ganz trozig antwortete, ihre Absicht sey, andre Völker zu nöthigen Mahometaner zu werden, oder Tribut zu bezahlen.
[↔] Dieser kühne Ton ließ den Befehlshaber muthmassen, daß der, welcher rede, kein gemeiner Mensch seyn müsse, er rufte daher einen von seinen Leuten, und befahl, ihm den Kopf abzuschlagen. Da dieser Befehl in griechischer Sprache, welche Werdan verstand, war gegeben worden, so hat te dieser Sklave Gegenwart des Geistes ge nug, eine List zu erdenken, welche seinem Herrn das Leben rettete: Er gab dem Amru eine Ohr feige, und sagte ihm ganz zornig, daß er wohl sehr unverschämt seyn müsse, in seiner Gegenwart das Wort zu ergreiffen. Weil Werdan, ohne Zweifel, darnach aussah, was er war, so fiel der Befehlshaber in diese Falle; er glaubte diese(Omar.
Hegire 18.
n. C. G. 639.) Gefangne wären nichts als gemeine Soldaten, wovon der eine vielleicht eine kleine Stelle hö her stehe, als die beyden andern, und sich also sehen lassen wolle. Dieser Irrthum machte, daß der Befehlshaber den Befehl, welchen er gegeben hatte, wiederrufte.
[↔] Moslemah nahm hierauf das Wort, und wandte gleichfalls eine List an, welche vollkom men glücklich ausschlug. Er sagte zu dem Be fehlshaber, daß sein Platz gar bald von den Muselmännern würde befreyet werden; daß er von guter Hand wisse, der Calif
habe an den Ge neral geschrieben, und ihm befohlen, die Belage rung aufzuheben; und daß sich Omar, an statt mit den Waffen in der Hand zu erscheinen, ge faßt mache, ihm eine Gesandtschaft von an sehnlichen Personen zu schicken, mit welchen man die Streitigkeit zwischen beyden Völkern friedlich beylegen könne. Er fügte hinzu, wenn man ihnen die Freyheit wiedergeben, oder erlau ben wolle, daß sie dem Feldherrn von dem gü tigen Bezeigen der Griechen gegen die Gefan genen Nachricht geben dürften, so getraue er sich, zu versichern, daß der Vergleich weit geschwinder, auf eine den Christen sehr vortheil hafte Art, zu Stande kommen werde.
[↔] Der Befehlshaber, welcher allem Ansehen nach, ein sehr einfältiger Mann war, glaubte ohne Bedenken alles, was ihm Moslemah ge= (Omar.
Hegire 18.
n. C. G.
639.) sagt hatte, und gab ihnen ihre Freyheit. Kaum waren die Gefangenen aus dem Platze, als sie insgesamt Allah achar schrien. Sogleich ließ die ganze muselmännische Armee dieses Freudengeschrey wiederschallen. Die Griechen, welche auf den Mauern waren, merkten aus die ser allgemeinen Freude über die Zurückkunft der drey Gefangenen, nun wohl, daß sich einer von dem ersten Range darunter befinden müsse. Sie erfuhren es auch gar bald, und der Befehlsha ber mußte zu seinem größten Mißvergnügen hö ren, daß er den Feldherrn der Muselmänner in seinen Händen gehabt, und man ihn, auf ei ne recht lächerliche Art, durch ganz unwahr scheinliche Reden betrogen habe, die man wenig stens vorher reiflich hätte überlegen sollen.
[↔] (Alexandria
wird einge nommen.)
[↔] Die Zurückkunft des Feldherrn machte den Muselmännern wieder Muth. Man nahm die Bestürmungen wieder vor, und wieder holte sie so oft, und mit solcher Heftigkeit, daß sich die Christen, deren Trupen von Tag zu Tag abnahmen, endlich ausser Stand sahen, länger einen eben so tapfern Widerstand zu thun. Endlich, nach einer Belagerung von 14 Monaten, welche den Muselmännern bey nahe drey und zwanzig tausend Mann kostete, machten sie sich von Alexandria Meister.
(Hegire 19.
n. C. G.
640.)
[↔] Das Blutbad war bey Eroberung dieses Platzes eben nicht sehr groß, weil die Griechen, welche ihn zu verlassen beschlossen, solche Maaß
regeln genommen hatten, daß sie sicher fliehen(Omar.
Hegire 19.
n. C. G. 640.) konnten. Einige flohen zu Meere, und andere zu Lande, welche sich in Oerter begaben, die ge gen einen plötzlichen Ueberfall feste genug wa ren.
[↔] So bald Amru sich im Besitze von Alexan dria sahe, hielt er für zuträglich, die Flüchtigen zu verfolgen, und so viele, als nur immer mög lich, auszurotten; denn wenn er ihnen Zeit ließ, sich wieder zu setzen, so war zu fürchten, daß sie wider die Muselmänner aufs neue an rücken und sie unaufhörlich beunruhigen möch ten.
[↔] Da der Feldherr die Stadt gänzlich verlas sen sahe, so hielt er es nicht für nöthig, eine starke Besatzung hinein zu legen; er ließ daher nur eine sehr geringe Anzahl Muselmänner dar inne, und setzte mit seinen übrigen Trupen den unglücklichen Christen nach.
[↔] Allein in ihrer Abwesenheit erfuhren die [↔] (Die Grie chen nehmen
Alexandria
wieder ein.) Griechen, welche sich eingeschifft hatten, auf den benachbarten Küsten von Alexandria, daß dieser Platz von allen Trupen gänzlich entblösset sey. Sie kehrten daher sogleich in den Hafen dieser Stadt zurück, stiegen bey finsterer Nacht zeit aus, warffen die Wachen übern Hauffen, gelangten in die Stadt, und liessen alle Musel männer von der Besatzung über die Klinge springen.
[↔] Einige Araber, welche glücklich genug gewe(Sie werden
von den Grie)
(Omar.
Hegire
19.
n. C. G. 640.) sen waren, dem Blutbade zu entkommen, flo hen eiligst zu dem Amru, und erzehlten ihm das (chen aber mals daraus
vertrieben.) ihnen begegnete Unglück. Der Feldherr kehrte den Augenblick zurück, in Hoffnung, den Platz im ersten Anlauffe wieder wegzunehmen; doch die Griechen hatten sich in dem Schlosse festge setzt, und er fand sie so wohl verschanzt, daß er eine neue Belagerung vornehmen mußte. An fangs wurde sie eben so tapfer ausgehalten, als die erste, allein sie dauerte nicht so lange. Nach dem sich die Griechen einige Tage hintereinan der auf eine recht heldenmäßige Art vertheidiget hatten, so zogen sie sich ganz sachte aus dem Schlosse, begaben sich in den Hafen, gingen wieder zu Schiffe, und liessen die Muselmänner Alexandria ruhig besitzen. Amru blieb einige Zeit daselbst, um sich feste zu setzen, und den Griechen alle Lust zum Wiederkommen zu be nehmen.
[↔] (Die Stadt
wird von der
Plünderung
errettet.)
[↔] Was bey der Eroberung von Alexandria am allermerkwürdigsten war, war der strenge Gehorsam, den man dem Feldherrn leistete, welcher die Plünderung verbothen hatte. Die Soldaten rührten nicht das geringste an: sie la gen zwar, als sie das zweytemal diese Stadt ein nahmen, dem Amru heftig an, seinen Befehl zu wiederruffen, und ihnen zu erlauben, daß sie sich die Vortheile, die sie durch ihre Dienste erworben hätten, zu Nutze machen dürften; doch da ihnen der Feldherr befahl, diesertwegen den Willen des Califen, an welchen er gleich nach der Einnahme des Platzes geschrieben ha(Omar.
Hegire 19.
n. C. G. 640.) be, zu erwarten, so machten sie weiter nicht die geringste
Bewegung, und jeder blieb in den Grenzen seiner Schuldigkeit.
[↔] Die Antwort des Califen blieb nicht lange aussen. Nachdem Omar dem Amru alle Er kenntlichkeit für seine Dienste bezeigt, dankte er ihm sehr, daß er bedacht gewesen sey, die Soldaten zurück zu halten, und ihnen das Plün dern zu verwehren. Er bat ihn, seine Sorg falt zu erneuern, damit kein Schade geschehe, und empfohl ihm zugleich, alle Reichthümer, so wohl an Geräthe und Edelsteinen, als an Gold und Silber, fleißig zu sammlen, um sich einen Schatz davon zu machen, dessen er sich bey Ge legenheit zur Nothdurft der Muselmänner, und zu Bestreitung der Kriegsunkosten bedienen könne.
[↔] Die Eroberung von Alexandria entschied das
Schicksal des ganzen Aegyptens. Das ganze weite Land unterwarf sich den Musel männern, welche einen unermeßlichen Tribut daraus zogen. Ein jeder Einwohner, er moch te reich oder arm seyn, ward jährlich auf zwey Ducaten geschätzt. Die, welche Ländereyen oder andere liegende Güter besassen, mußten noch über dieses eine ihren jährlichen Einkünften ge mässe Summe erlegen. Aegypten, welches da mals ausserordentlich bevölkert war, vermehrte also den Schatz der Muselmänner mit erstaun=
(Omar.
Hegire 19.
n. C. G.
640.) lichen Reichthümern, deren Quelle für Leute, welche nach der allerstrengsten Oeconomie leb ten, für unerschöpflich seyn mußte.
[↔] (Sparsam keit der Mu selmänner.)
[↔] Die Muselmänner machten auch in der That, sowohl zu Kriegs als Friedenszeiten, sehr wenig Aufwand. Sie lebten beständig mit der grösten Sparsamkeit. Der Gebrauch des Weines war unter ihnen eben so unbekandt, als die ausgesuchten Leckerspeisen; ihr gewöhn licher Tranck war Wasser. In Ansehung der Speisen assen sie nichts, als was am gemein sten war, und ihre liebste Nahrung war oft nichts, als Milch, Reis und Früchte. Der Aufwand, welchen sie in Kleidern machten, be lief sich gleichfalls auf etwas sehr weniges; so daß sich der Schatz täglich, so gar während des Krieges, vermehrte, weil die Summen, die man aus den neueroberten Ländern zog, mehr als hin länglich waren, die Trupen zu unterhalten.
[↔] (Sie
ver brennen die
Bibliothek
zu Alexan dria.)
[↔] Unter den Reichthümern, welche sich zu A lexandria befanden, war auch ein sehr kostbarer Schatz, welchen die Muselmänner gleichwohl ih rer Aufmerksamkeit nicht würdig schätzten. Es war nehmlich eine unermeßliche Sammlung von Büchern, welche, beynahe in der ganzen Welt, unter dem Namen der Bibliothek zu Alexandria (*) bekandt ist. Die Araber, 34
welche sich damals den Wissenschaften noch nicht(Omar.
Hegire 19.
n. C. G. 640.) ergeben hatten, überlegten es wenig, zu was man einen so erstaunlichen Hauffen Bücher brau chen könne.
(Omar.
Hegire 19.
n. C. G. 640.)
[↔] Ein eifriger Anhänger des Aristoteles, Na mens Johann, welcher den Zunahmen der
Grammatiker führte, sahe mit Vergnügen, daß man die Bibliothek so gar nichts achte. Die Gleichgültigkeit der Mahometaner brachte ihn daher auf den Einfall, sich dieselbe von dem
Amru, welcher ihn sehr hoch schätzte, schenken zu lassen.
[↔] Dieser General war nicht gelehrt; allein er hatte einen Geist, und einen natürlichen Ge schmack, welcher seine Neugierde zu den Wissen schaften reitzte; so daß er sich ein Vergnügen daraus machte, wenn er geschickte und ihn zu unterrichten fähige Leute antraf, mit ihnen um zugehen, und ihnen mancherley Fragen vorzule gen. Von allen denen, welche zu Alexandria geblieben waren, war Johannes Grammaticus derjenige, mit welchem er sich am meisten abgab; es vergingen wenig Tage, daß er ihn nicht be suchte, und er schien beständig ein neues Ver gnügen, ihn zu hören, mitzubringen.
[↔] Johannes ward durch das Vertrauen, wo mit ihn dieser Feldherr beehrte, aufgemuntert, und wagte es endlich, mit ihm von dieser Biblio thek zu reden, welche der Gegenstand seiner Wünsche sey. Er sagte, er habe die grosse Gleich gültigkeit seines Volkes gegen die Bücher be merkt, die ihm auch in der That nichts nütze seyn könnten, weil man, sie zu verstehen, verschied ne Sprachen, worinne sie geschrieben wären,
vollkommen inne haben müsse; und bäte also sie(Omar.
Hegire 19.
n. C. G. 640.) ihm in Gnaden zu schenken. Er fügte hinzu, daß er niemals so unvorsichtig würde gewesen seyn, eine solche Bitte zu wagen, wann er ge glaubt hätte, daß diese Bibliothek den Musel männern nur im geringsten nützlich seyn könne.
[↔] Amru, welcher diesem Gelehrten in der That wohlwollte, antwortete ihm sehr freundschafft lich, daß er von Grund des Herzens wünsche, über diese Bücher etwas zu sprechen zu haben, um ihm mit dem größten Vergnügen ein Ge schenke damit machen zu können; allein dieses hange unumgänglich einzig von dem Califen ab. Diesertwegen aber, versicherte er ihm, solle er noch nicht verzweifeln, weil er so gleich an den Omar auf eine solche Art deswegen schreiben wolle, daß er gewiß eine geneigte Antwort zu erhalten glaube. Er that es auch in der That, und unterließ nicht die Verdienste des Johannes zu erheben, und vorzustellen, daß ein solches Geschenk vollkommen wohl bey ihm aufgehoben seyn würde.
[↔] Die Vorsicht, welche Amru brauchte, war an dem Untergange dieser reichen Bibliothek Schuld. Omar that den Ausspruch, in seiner Antwort an den Feldherrn, in folgenden Aus drücken: Das, was in den Büchern, de ren du gedenkest, enthalten ist, stimmt entweder mit dem überein, was in dem Buche Gottes (dem Korane) geschrieben
(Omar.
Hegire 19.
n. C. G.
640.) ist, oder es stimmt nicht damit überein: stimmt es damit überein, so ist der Ko ran hinlänglich; stimmt es nicht damit überein, so müssen sie vertilget werden.
[↔] So bald dieser Brief eingehändigt war, ward der Befehl des Califen ausgeführt, und die Bücher wurden zum Feuer verdammt. Die erstaunliche Menge derselben kan man aus der Zeit schliessen, die man zu ihrer Verbrennung brauchte. Nachdem sie Amru in der ganzen Stadt hatte austheilen lassen, die Bäder, deren vier tausend an der Zahl waren, damit zu hei tzen, so brachte man ganzer sechs Monate zu, ehe sie alle verzehrt wurden. Dieses war das zweytemal, daß Alexandria eine unermeßliche Menge gelehrter Reichthümer, deren Verlust hernach selbst von den Arabern bedauert wur de, als sich der Geschmack an den
Wissenschaf ten unter ihnen zeigte, von der Flamme verzeh ren sah.
[↔] (Theurung
in Arabien.)
[↔] Einige Zeit nach dieser traurigen Verbren nung, bekam Amru Briefe, in welchen ihm die grausame Theurung gemeldet wurde, welche Arabien verheerte, und auch schon in Medina, und in den umliegenden Gegenden verspürt wür de. Der Calife befahl ihm daher, so sehr als möglich zu eilen, eine ansehnliche Hülffe an Le bensmitteln dahin zu schicken.
[↔] Da Aegypten ein Land von einer erstaunli chen Fruchtbarkeit ist, so fiel es dem Amru nicht schwer, dem Verlangen des Califen ein Gnüge(Omar.
Hegire 19.
n. C. G. 640.) zu thun. So bald er die Nachricht erhielt, lies er Kameele, mit Korn beladen, abgehen; den Tag darauf gingen deren eben so viele ab, wel ches alle Tage hintereinander fort dauerte; so daß zwischen Alexandria und Medina, welche beynahe hundert Meilen von einander liegen, eine Kette war, wovon das eine äusserste Ende in Medina war, indem sich das andre noch in Alexandria befand.
[↔] Auf diese Art stellte Amru den Ueberfluß in ganz Arabien wieder her. Weil aber der Weg lang und beschwerlich war, so dachte er auf ein Mittel, ihn kürzer und weniger kostbar zu machen. Er hatte gehört, daß ein gewisser römischer Käyser (*)
ehedem einen Kanal bey Mesrah hatte graben lassen, welcher bis in das rothe Meer ging; er unternahm es daher, ihn wieder zu erneuern. Zu dieser grossen Arbeit brauchte er einen Theil seiner Trupen, und in kurzer Zeit ward ein sehr bequemer Kanal fer tig, welchen er durch das Wasser des Nils, das er hinein leitete, schifbar machte. Man nennte ihn Khalige Emir al Mumenin, das ist, den Kanal des Anführers der Gläubigen. Er war so wohl den Aegyptern, als den Arabern, wegen leichter Vertreibung der Lebensmittel, ausserordentlich nützlich. Heut zu Tage ist er nicht mehr vorhanden: man 35
(Omar.
Hegire 19.
n. C. G.
640.) sagt, die Türken hätten ihn verfallen lassen, als sie sich Aegyptens bemächtigten.
(Hegire 21. 22 n. C. G. 641. 642.)
[↔] So bald es die Umstände erlaubten, wende te Amru seine Waffen nach Africa, während der Zeit daß die andern Feldherren Eroberun gen in Asien machten. Beyde Länder wurden beynahe gänzlich dem muselmännischen Joche unterwürffig, und die Mahometanische Religion ward gar bald die Religion dieser weiten Reiche.
(Hegire 23.
n. C. G. 643.)
[↔] Omar genoß das Vergnügen, welches ihm der schleinige Fortgang seiner Waffen machen (Omar
wird
umgebracht.) muste, nicht lange. Er ward unglücklicher weise zu Medina von einem Perser, Namens
Firuz, ermordet. Dieser Elende war bey ei nem Muselmanne Sklave. Sein Herr hatte ihm befohlen, täglich zwey Silberstücken zu er legen, weil er die Mahometanische Religion nicht hatte annehmen wollen; er kam also zu dem Omar, seine Klagen bey ihm anzubringen, und ersuchte ihn, eine seinem Stande so wenig gemässe Auflage zu mindern.
[↔] Der Calif fragte ihn, was er denn arbeiten könne; der Sklave antwortete, daß er in ver schiedenen Profeßionen geschickt sey; daß er ein Zimmermann, ein Bildhauer und zugleich ein Baumeister wäre. Omar antwortete ihm hier auf, daß also seine Auflage nicht übermäßig sey, und daß er genug verdienen könne, sie abzutra gen. Mit dieser Antwort schickte er ihn fort, und sagte ihm bey dem Abschiede, daß er Wil
(Omar.
Hegire 23.
n. C. G.
643.) lens sey, ehestens Windmühlen bauen zu lassen, und daß er ihn zu dieser Arbeit brauchen wolle.
[↔] Der Sklave ward von dem Versprechen des Califen
wenig gerührt, und nur die Aufla ge war ihm
empfindlich, die man ihn seinem Herrn zu bezahlen nöthigte. Er beschloß also, sich an dem Omar
selbst zu rächen, daß er ihm eine so ungünstige Antwort gegeben habe. Als daher der Calife
an einem Morgen sein Gebet in der Moschee verrichtete, so ging er ihm nach, und verwundete ihn mit drey tödtlichen Dolch stichen.
[↔] Die Muselmänner, welche bey dem Omar waren, fielen sogleich auf den Firuz, sich seiner zu bemächtigen. Doch dieser Sklave, welcher jung und stark war, fand Mittel, sich von ih nen los zu reissen; er verwundete deren drey zehn, wovon sieben auf der Stelle blieben. Endlich konnte man diesen Wüthenden nicht e her bändigen, als bis man ihm ein Kleid über den Kopff warff, welches ihn sich zu vertheidi gen hinderte. Man bemächtigte sich seiner, weil man ihn aber nicht zeitig genug entwaff net hatte, so ermordete er sich mit seinem Dol che selbst.
[↔] Omar starb erst drey Tage hernach an sei
[↔] (Omar will
sich keinen
Nach folger
ernennen.) nen Wunden. Während dieser Zeit bat man ihn inständig, sich einen Nachfolger zu ernen nen; allein er gab keine gewisse Antwort dar= (Omar.
Hegire 23.
n. C. G.
643.) auf. Er sagte bloß: wenn Salem noch lebte, so würde ich ihn allen andern vor gezogen haben. Die vornehmsten Muselmän ner wiederhohlten ihre Bitte nochmals, und schlugen ihm verschiedene vor; doch er wollte, unter dem Vorwande verschiedener Fehler, die sie dazu ungeschickt machten, keinen erwählen. Auf diese Art entfernte er den Ali, welcher als ein naher Anverwandter des Mahomets eini ges Recht zur Nachfolge haben konnte. Allein Omar befand ihn zu einer so wichtigen Stelle nicht gesetzt und ernsthaft genug. Auf gleiche Weise ward
Othman - ebn - Affan ausgeschlos sen, weil der Calife bemerkt hatte, daß er sich an seine Anverwandte und Freunde allzusehr ge bunden habe.
[↔] Weil sich niemand darauf besonnen hatte, ihm seinen Sohn zum Nachfolger vorzuschla gen, so bildete man sich ein, daß der Calife viel leicht nur diesen, sich zu entschliessen, erwarte. Doch als man ihm denselben vorschlug, sagte er statt aller Antwort, daß es genug wäre, wenn in einer Familie einer, vor so etwas wichtiges, als die Regierung der Muselmänner sey, Re chenschaft geben müsse.
(Er trägt
die Wahl
desselben, ge wissen Per sonen auf.)
[↔] Nachdem also einige Zeit vergangen war, ohne daß Omar sich zu etwas entschliessen woll te, so erklärte er endlich seinen letzten Willen. Er ernennte sechs Personen, welchen er die Wahl auftrug, und welches folgende waren: Othman - ebn - Affan, Ali - ebn - Abi - Taleb, Tel
(Omar.
Hegire 23.
n. C. G. 643.) lah, Zobeir - ebn - Abdallmotaleb, Abdarrahman ebn - Auf, und
Saed - ebn - Abi - Wakkas. Alle diese waren die vornehmsten aus dem Volke, welche mit dem Propheten gelebt hatten, und seine getreuesten Gefährten gewesen waren.
[↔] Kurz nach diesen Anstalten, verstarb der [↔] (Lobspruch
des Omars.) Calif, in dem drey und sechzigsten Jahre seines Alters, und in dem zehnten seiner Regierung. Er ward von den Muselmännern ungemein be tauert, die er beständig mit besonderer Mäßi gung und Klugheit regieret hatte. Da er sich bey guter Zeit an eine schlechte und einfache Le bensart gewöhnt, so hatte der Glanz des Thro nes seine Lebensart im geringsten nicht verän dert. Seine Kleidung, seine Wohnung, seine Kost, alles war geringe. Wasser, Gersten brod und Reiß waren seine gewöhnliche Nah rung. Nie war ein Muselmann eifriger ge gen der Religion, und freygebiger gegen die Ar men gewesen. Alle Freytage theilte er beträcht liche Summen unter sie aus. Wir haben an gemerkt, daß auch Abubeker diesen Tag zu Austheilung seines Almosens erwählt hatte; allein er war sehr aufmerksam, seine Wohl thaten den Verdiensten derjenigen, welche sie erhielten, gemäß einzurichten. Omar hinge gen gab allen, welche Mangel litten, ohne Un terscheid. Seine Meinung war, daß die Tu gend in jenem Leben hinlänglich werde vergol ten werden; und daß in diesem die Güter zu (Omar.
Hegire 23.
n. C. G.
634.) nichts angewendet werden müßten, als den zeit lichen Bedürfnissen damit vorzukommen.
[↔] Was die äusserlichen Eigenschaften dieses Califen anbelangt, so mahlen ihn die Geschicht schreiber, als einen langen und wohlgestalteten Mann ab. Er war von brauner Farbe, und hatte einen kahlen Kopf. Sein Ansehen war sanft und dabey edel; überhaupt hatte er eine majestätische Gesichtsbildung, welche Furcht und Ehrerbietung erweckte, und ihm die Herzen de rer, welche unter seiner Herrschaft lebten, ge wann.
[↔] (Ursprung
des Namens
der Sarace nen.)
[↔] Unter die Zeiten dieses Califen rechne ich (doch ohne etwas gewisses zu bestimmen) den Ursprung des Namens Saracene, oder viel mehr den gewöhnlichern Gebrauch dieser Be nennung, unter welcher die arabischen Musel männer in der Geschichte bekandt sind.
[↔] Die Meinungen sind, wegen Abstammung dieses Worts, sehr getheilt. Einige Schrift stellen behaupten, die Araber hätten sich so ge nennet, weil sie vorgeben wollen, daß sie von der Sara, der Frau des Abrahams, entsprun gen wären. Doch es ist nicht zu erweisen, daß es diesem Volke jemals in die Gedanken gekommen sey. Sie sagten vielmehr selbst, daß sie von dem Ismael, dem Sohne der Hagar, der Magd dieses Patriarchen, abstammten, und nennten sich daher oft Hagarener, oder Ismae liten.
[↔] Andere haben das Wort Saracene von(Omar.
Hegire 23.
n. C. G. 643.) dem arabischen Zeitworte scharaca, welches aufgehen, oriri, heißt, abgetheilet; weil diese Völ ker gegen Morgen wohnten, und von den abend ländischen Völkern in der That Orientaler ge nennet wurden.
[↔] Noch andere bemerkten, daß das Wort
Sarak im Arabischen einen Räuber bedeutet, und nach dem Hebräischen
Wüste und Ar muth; sie bildeten sich daher ein, daß man vielleicht den Namen
Saracene daraus ge macht, der sich in der That sehr wohl für ein Volk schickte, welches an allem Mangel hatte, und nur von dem leben mußte, was es hier und da raubte.
[↔] Es giebt einige, welche dieser Abstam mung gemäß, versichern, daß diese Völcker ü berhaupt den Namen Araber allezeit behalten haben, und daß der Name Saracenen, nur dem Volke einer gewissen Gegend sey gegeben worden, welches in der That aus nichts, als aus Dieben und Räubern bestand.
[↔] Da sich aber das ganze Volk bey andern Völkern, anfangs durch die Einfälle in das Ge biete ihrer Nachbarn, und durch das Ausplün dern derselben, endlich aber durch die Ueber schwemmung der entlegensten Provinzen und Reiche, fürchterlich machte, so haben die Abend länder diesen Völkern ohne Unterscheid den Na men Saracenen
beygelegt.
(Othman.
Hegire 23.
n. C. G. 643.)
[↔] Ich werde mich künftig dieses Namens of te bedienen, um mich nach der Sprache der Ge schichtschreiber, welche ihn gemeiniglich ge braucht haben, zu richten. Uebrigens ist die se Benennung sehr nützlich, die arabischen Mu selmänner, welchen sie eigentlich zukommt, von den christlichen Arabern zu unterscheiden, wel che mit ihnen beständig Krieg geführet haben.
Othman.
Dritter Calif.
[↔] (Versamm lung einen
Califen zu
wählen.)
[↔] So bald als der Tod des Omars bekandt geworden war, versammleten sich dieje nigen Personen, welche das Recht, den Nachfolger zu wählen, erhalten hatten. In der ersten Versammlung, welche diesertwegen angestellt wurde, that Abdarrahman seinen Ge hülffen zwey Vorschläge. Zuerst verlangte er, daß derjenige, welcher sich seine eigne Stimme geben würde, von der Nachfolge ausgeschlossen seyn sollte. Hierauf schlug er vor, vor sich selbst allen Ansprüchen, die er etwa zu dieser Würde haben könnte, zu entsagen, wenn man ihm die Wahl eines Califen einzig und allein überlassen wollte.
[↔] Diese Vorschläge wurden von allen Wahl gliedern angenommen. Ali war der einzige, welcher der allgemeinen Einwilligung nicht bey
treten wollte, weil er schon zweymal in der Nach
(Othman.
Hegire 23.
n. C. G. 643.) folge übergangen war, und befürchte, daß er durch diese Anstalten nochmals davon ausge schlossen werden möchte. Gleichwohl gab er den übrigen endlich nach, weil er wohl sahe, daß seine Widersetzung bey der Mehrheit der Stim men von keinem Gewichte seyn würde.
[↔] Da also Abdarrahman die Wahl in seine [↔] (Ali schlägt
die Nachfol ge aus.) Gewalt gestellt sahe, so dachte er anfangs auf den Ali. Er besuchte ihn daher, und versprach, ihn zu ernennen, wann er ihm angelobte, daß er nach der in dem Buche Gottes (*) enthal tenem Lehre, regieren, und nichts ohne den Rath der Aeltesten thun wolle.
[↔] So groß nun die Begierde des Ali nach der höchsten Würde seyn mochte, so war er doch offenherzig genug, seine Gesinnungen nicht zu verstellen. Er antwortete, daß er sich in allem nach dem richten würde, was in dem Bu che Gottes geschrieben wäre, daß er aber kei nesweges, seine Regierung nach der Meinung der Aeltesten einzurichten, wolle gehalten seyn. Diese Antwort machte den Abdarrahman schlüs sig, und er gedachte nicht weiter auf den Ali. Othman, welchen er nach diesem besuchte, war(Othman
wird Calif.) bereitwilliger; er unterwarf sich allen Bedin gungen, die man ihm vorlegte, und ward folg lich erwählt.
36
(Othman.
Hegire 23.
n. C. G. 643.)
[↔] Othman fing seine Regierung mit dem Krie ge wider die Perser an, welche hernach gänzlich unterwürfig gemacht und gezwungen wurden, sich der Herrschaft der Muselmänner zu unter werffen.
[↔] (Die Araber
bringen Per sien unter
sich.)
[↔] Dieser Krieg war die Folge desjenigen Krie ges, welcher unter der vorigen Regierung hitzig genug war geführet worden. Als Omar auf den Thron gestiegen war, hatte er in den Theil von Chaldäa, welcher das persische Irack genen net wurde, weil es die Perser noch besassen, Trupen geschickt: Weil nun dieser Calif sich die ses Landes bemächtigen wollte, so brachte er ein zahlreiches Heer auf die Beine, das er unter Anführung des Abu - Obeid, welchem er den Almothana, den Amru und Salit als Unter feldherren beygesellte, aufbrechen ließ.
[↔] Obeidah zog gegen den Euphrat zu, ließ ei ne Brücke darüber werffen, und ging im Ange sichte der Perser, welche nicht die geringste Be wegung, es zu verhindern, machten, hinüber. Sie thaten auch eher nichts, als bis sie seine Ar mee nach dem Uebergange in Schlachtordnung gestellt sahen. Nunmehr fingen sie an, sie ziemlich heftig zu beunruhigen, und tödteten nicht wenige; doch der Feldherr ließ gar bald das Zeichen geben, stürzte voller Wuth auf die Perser, und brachte sie zum weichen. Diese faßten wieder Muth, setzten sich aufs neue, und kehrten gegen die Muselmänner zurück; und nunmehr hatten sie auch das Glück ihren Feind(Othman.
Hegire 23.
n. C. G. 643.) zu schlagen, und völlig in die Flucht zu treiben. Obeid
blieb in dem Treffen; Almathana, der erste von seinen Unterfeldherren, that sein äus serstes sich aus den Händen des Feindes zu reis sen, und endlich gelang es ihm auch, mit einer geringen Anzahl Muselmänner wieder über den Fluß zu kommen. Er ließ sogleich die Brücke abbrechen, um sich sicher zurückziehen zu können, und schlug sein Lager nicht weit von dem Flusse auf, wo er sich auf das sorgfältigste verschanzte, die Hülffe sicher erwarten zu können, um die er den Califen auf das schleinigste bitten ließ.
[↔] Omar unterließ nicht, ansehnliche Hülffs Völker zu schicken, mit welchen man den Feld zug wieder anfing, und das ganze an dem Eu phrat gelegene Irak verwüstete.
[↔] Arzemidokht, welche damals Königin von Persien war, ließ Trupen anrücken, die Araber zurück zu treiben. Die zwey Heere wurden handgemein; und nach einem langen Streite, in welchem das Glück lange zweifelhaft schien, lenkte endlich der Tod des persischen Feldherrn den Sieg auf die Seite der Muselmänner.
[↔] Die Perser gaben ihrer Königin diese Nie derlage Schuld, und setzten sie ab, um die Krone einem jungen Prinzen, Namens Jzdegerd, zu geben, welcher von den Cosroes, den Söhnen des Hormisdas, abstammte. Unter der Regie rung dieses Prinzen hatten sie weit mehr Un= (Othman.
Hegire 23.
n. C. G.
643.) glück auszustehen, als unter der Arzemidokht. Die Armeen, welche er wider die Araber aus schickte, wurden zu verschiedenen malen geschla gen, und er konnte einer gänzlichen Niederla ge nicht anders entkommen, als daß er sich in die festen Plätze legte, welche den Feind aufhal ten konnten.
[↔] Die Eroberungen, welche die Muselmän ner in andern Ländern machten, verhinderten sie, alle ihre Kräfte auf dieser Seite anzuwen den; so daß die Perser einige Jahre ziemlich ru hig gelassen wurden. Doch eben zu der Zeit, als Jerusalem belagert wurde, trug es Omar einem von seinen vornehmsten Kriegsobersten auf, die Feindseligkeiten in Persien wieder anzu fangen, und nunmehr ward die Eroberung die ses Landes ziemlich weit getrieben. Saed - ebn Abi=Vakkas (so hieß der Feldherr, welchen Omar ausschickte) that einen Einfall, welcher so wohl unterstützt ward, daß er bis in die Hauptstadt drang, sich derselben bemächtigte, und alle Schätze und Reichthümer, welche seit der Re gierung der Cosroes daselbst auf behalten wur den, daraus wegnahm.
[↔] Der Feldherr der Muselmänner rückte im mer weiter und weiter; endlich aber ward er von einer zahlreichen Armee aufgehalten, wel che ihm die Schlacht anboth. Auch bey dieser Gelegenheit trugen die Araber allen Vortheil davon; und da der König Jzdegerd den trauri
gen Zustand seines Reiches sahe, so flohe er in(Othman.
Hegire 23.
n. C. G. 643.) einen festen Platz, Namens Ferganah, wo er die letzten Jahre der Regierung des Omars ziemlich ruhig blieb.
[↔] Doch so bald als Othman auf dem Throne war, schickte er eine starke Armee dahin, ver mittelst welcher man alles gar bald wegnahm, was noch etwa zu erobern übrig war. Die Muselmänner nahmen gleich anfangs einige feste Plätze ein, welche den Ort vertheidigten, wohin Jzdegerd geflüchtet war. Da dieser sa he, daß man ihm auf allen Seiten so heftig zusetze, nahm er seine Zuflucht zu einem türki schen Fürsten, Namens Tarkan, welcher an der Spitze einer grossen Armee zu ihm stieß. Der König überwarff sich gar bald mit diesem Fürsten, und beleidigte ihn, weßwegen dieser wieder zurück zog, ohne sich deßwegen rächen zu wollen. Doch ein vornehmer Perser, Na mens Mahua, welcher den Jzdegerd seit langer Zeit haßte, machte sich diese Gelegenheit zu Nutze, die allergrausamste Rache wider ihn auszuüben. Er begab sich zu dem Tarkan, und sprach mit solcher Heftigkeit wider den Kö nig, daß er endlich seinen Zorn rege machte, und ihn bewog, sich mit ihm, zu des Jzdegerds Untergange, zu verbinden.
[↔] Indem also dieser unglückliche König in sei nen eigenen Staaten gleichsam flüchtig war, um sich vor den Arabern, welche sein ganzes Land (Othman.
Hegire 23.
n. C. G.
643.) verheerten, in Sicherheit zu setzen, ward er auch so gar denjenigen eine Beute, auf deren Hülffe er sich hätte verlassen können, wann er sich mit einiger Klugheit aufgeführt hätte.
[↔] Der von dem Mahua aufgebrachte Tarkan kam also wieder nach Persien zurück, fand den König mit einigen Trupen, griff ihn an, und schlug ihn gänzlich in die Flucht. Mahua ver folgte die Flüchtigen, hieb einen Theil davon nieder, und suchte überall den
Jzdegerd, um seine Rache zu vergnügen. Dieser hatte sich glücklich von dem stärksten Hauffen der Flüch tigen entfernt, und war auf eine Mühle zuge flohen, wo er wider die Verfolgung seiner Fein de Zuflucht zu finden hoffte; doch der, welcher die Aufsicht über diese Mühle hatte, wollte zu vor mit dem Könige handeln, ehe er ihn hinein ließ, und verursachte also, daß ihn einige Reu ter des Mahua entdeckten, und auf der Stelle niedermachten. (*)
37
[↔] In der Person dieses Königs nahm das per
(Othman.
Hegire 23.
n. C. G. 643.) sische Reich ein Ende, und alle seine Provinzen wurden gar bald der Bothmäßigkeit der Musel männer unterworffen. Diese grosse Verände rung ereignete sich im 31sten Jahre der Hegi re, im 651sten nach Christi Geburth, und ohn gefehr im siebenden der Regierung des Oth mans. Man sieht, daß ich diese Begebenheit ein wenig voraus weggenommen habe; ich habe mich aber dazu berechtiget gehalten, um die Un terbrechungen zu vermeiden, welche die ver schiednen Absätze dieses Krieges in meiner Er zehlung würden gemacht haben. Aus eben diesem Grunde habe ich auch dasjenige, was diesertwegen unter der Regierung des Omars vorging, zu melden verschoben, damit alles in einer Reihe auf einander folgen könne.
[↔] Zu der Zeit, als der persische Krieg unter [↔] (Eroberun gen der Mu selmänner in
Africa.) dem Othman
wieder vorgenommen wurde, hat ten die Saracenen ihre Eroberungen auf den africanischen Küsten, von Aegypten bis an die Meerenge von Gibraltar, fortgesetzt. Sie wa ren aber zu verschiedenen malen nicht allzu glücklich gewesen, woran der Calif selbst Schuld gewesen war.
[↔] Omar hatte die Gemüthsart des Othmans [↔] (Uebele Auf führung des
Othmans.)
(Othman.
Hegire 23.
n. C. G.
643.) sehr wohl gekannt, da er ihm die Nachfolge deßwegen abgesprochen, weil er seiner Familie allzuergeben sey? Und in der That, die allzu merkliche Zuneigung, die er gegen seine Anver wandten hatte, verursachte in dem Staate nicht wenig Unordnung, welche er endlich selbst aus büssen muste.
[↔] Er beging die Unvorsichtigkeit, den Amru zurück zu ruffen, dessen Tapferkeit man die Ero berungen in Aegypten zu danken hatte; und gab dem Abdallah - ebn - Said, welcher kein an der Verdienst hatte, als daß er sein Halbbru der war, die Verwaltung dieses Landes.
[↔] Diese Veränderung hätte den Saracenen beynahe den grösten Theil Aegyptens gekostet. Amru ward von dem Volke geliebet und hoch geachtet. Er hatte sich nach den Sitten und dem Genie der Aegypter zu richten gewust, und hatte sie so gewonnen, daß er sie, bey den klei nen Unruhen, die sich von Zeit zu Zeit erho ben, immer mehr durch die Liebe, die man zu ihm trug, als durch Furcht, wieder auf den rechten Weg brachte.
(Hegire 24.
n. C. G.
644.)
[↔] Abdallah, welcher weder den Geist noch die Tapferkeit dieses Feldherrn besaß, ward von dem Volke gar bald für das, was er war, er kannt. Man murrete wider diese Verände rung; verschiedene Mißvergnügte machten heimliche Anschläge, und endlich meldete man dem
Käyser, wenn er schleinig einige Trupen schicken wollte, so könnte er sich in kurzem des(Othman.
Hegire 24.
n. C. G. 644.) Landes wieder bemächtigen, und ins besondere Alexandriens, für dessen Einnahme man ihm gut seyn könne.
[↔] Eine so schmeichelhafte Nachricht machte(Die Miß vergnügten
überliefern
dem
Käyser
Alexandria.) den Griechen wieder Muth. Der Käyser ließ eine ansehnliche Flotte ausrüsten, und bald dar auf sahe man auf den Aegyptischen Ufern eine zahlreiche Armee aussteigen, welche graden We ges auf Alexandria los ging. Es kostete nicht viel Mühe, sich dieses Platzes zu bemächtigen. So bald als die Griechische Armee erschien, bra chen diejenigen in der Stadt, welche den Plan zu dieser Empörung gemacht hatten, aus.
Ab dallah, welcher nicht einmal geschickt war, ei nen ruhigen Staat zu regieren, verlohr unter diesen Bewegungen allen Verstand, und der Platz ward eingenommen.
[↔] Die Eroberung Alexandriens setzte ganz [↔] (Amru nimmt
die Stadt
Alexandria
wieder ein,
und schleift
sie.) Medina in Bestürzung. Othmann merkte nunmehr, was er für einen Fehler begangen, indem er den Amru abgesetzt, und glaubte, daß er ihn nicht anders verbessern könne, als wenn er diesen Feldherrn schleinig in die Stadthalter schaft von Aegypten wieder einsetze.
[↔] Amru brach also sogleich mit neuen Trupen(Hegire 25.
n. C. G. 645.) von Medina wieder auf, und marschirte in grö ster Eil. Seine Ankunft war denjenigen Ae gyptern sehr angenehm, welche keinen Theil an der Verschwörung hatten. Sie erklärten sich (Othman.
Hegire 25.
n. C. G.
645.) auch so gleich für ihn, so bald sie ihn nur an kommen sahen.
[↔] Der Neigung aber ohngeachtet, welche das Volk für ihn hatte, brauchte es einige Zeit, A lexandrien wieder einzunehmen. Die Griechen thaten einen tapfern Widerstand, und schlugen sich mit solcher Hartnäckigkeit, daß der sarace nische Feldherr über ihre Vertheidigung erbit tert wurde, und schwur, wann sich der Sieg für ihn erklärte, die Mauern schleiffen zu lassen, und die Stadt auf allen Seiten so offen zu ma chen, daß man ohne Hinderung hinein kommen könne.
(Hegire 26.
n. C. G.
646.)
[↔] Es währte nicht lange, so sahe er sich im Stande, sein Wort halten zu können. Die Saracenen nahmen die Stadt mit Gewalt ein, und richteten anfangs ein solches Blutbad an, daß Amru, mit alle seinem Ansehen, Mühe hatte, es zu stillen. Endlich erlangte er seinen Zweck doch, und rettete einer grossen Menge das Leben. Er gab sogar Befehl, die Flüch tigen nicht allzuhitzig zu verfolgen, wodurch der griechische Feldherr Zeit gewann, mit dem Ue berbleibsel seiner Trupen, die Schiffe zu errei chen, auf welche er sich eiligst einschifte und nach Constantinopel flohe. Auf diese Art kam Alexandria wieder unter die Bothmäßigkeit der Muselmänner, nachdem es ohngefehr ein Jahr in den Händen seiner alten Besitzer gewesen war.
[↔] Amru ließ die Festungswerke der Stadt(Othman.
Hegire 26.
n. C. G. 646.) schleiffen, so wie er es geschworen hatte: und seit der Zeit, ist diese durch Alexandern, ihren Stifter, und durch so viele durchlauchtige Re genten, welche prächtige Denkmähler ihrer Grös se daselbst hinterlassen hatten, so berühmte Stadt, nichts als eine Art eines Fleckens, in welchem man gleichwohl noch leichte Spuren seines alten Glanzes hin und wieder antrift.
[↔] Mittlerweile als man diese prächtige Stadt(Hegire 27.
u. folgende.
n. C. G.
647.
und folg.) einzuäschern beschäftiget war, arbeitete Moavi as, Statthalter von Syrien, an einer See macht, welche die Saracenen in Stand setzte,(Die Sara cenen neh men Cyprus
ein, und wer den wieder
daraus ver trieben.) künftig weit größre Eroberungen zu machen, als sie bisher gemacht hatten. Seinen Ver such machte er mit der Insel Cyprus, welche er einzunehmen das Glück hatte; allein er konn= te sich nicht länger als zwey Jahr darinne er halten, während welcher Zeit die Christen ihn verschiednemal wieder zu vertreiben suchten, und endlich, weil sie nicht nachliessen, ihren Zweck erreichten, die Insel wieder in Besitz nahmen, und die Muselmänner daraus verjag ten.
[↔] Die folgenden Jahre war Moavias glückli
[↔] (Sie
ero bern die In sel Rhodus.) cher. Er suchte den griechischen Käyser, wel cher mit einer zahlreichen Flotte auf dem phöni zischen Meere kreutzte, auf, fiel ihn an, zer streuete seine Schiffe, und nöthigte ihn, die Flucht zu ergreiffen. Dieses geschahe ohnge= (Othman.
Hegire 34.
n. C. G.
654.) fehr im 34sten Jahre der Hegire, oder im 654sten nach Christi Geburth. Das Jahr darauf be mächtigte sich Moavias der Insel Rhodus, und warf die beruffene Bildseule der Sonne, wel che mit unter die Wunderwerke der Welt ge rechnet wurde, um. Er ließ sie in Stücken zerbrechen, und schickte sie nach Alexandria.
[↔] (Allgemei ner Aufstand
wider den
Othman.)
[↔] Das Jahr dieser Eroberung war der Zeit punct der innerlichen Unruhen, welche der Re gierung des Othmans ein Ende machten. Die ser Calif hatte gute Eigenschaften genug; er würde sogar lobenswürdig gewesen seyn, wann er eine blosse Privatperson geblieben wäre; al lein zur Regierung war er gar nicht geschickt. Er beging, es sey nun aus Mangel der Ein sicht, oder aus Eigensinn, verschiedne unvor sichtige Streiche, welche ihm die Verachtung des Volks zuzogen, und welche seinen Feinden Gelegenheit gaben, ihn zu verschreyen, und endlich gar sich öffentlich wider ihn zu verschwö ren.
[↔] Nicht nur in Medina ließ sich das Mur ren vernehmen; eine jede Provinz hatte ver schiedne Ursachen, sich über den Califen zu be klagen. Dieses Feuer breitete sich nach und nach aus; die Gemüther wurden erbittert, und endlich erscholl das ganze Reich der Muselmänner von nichts als Beschwerden, die man über die Ver waltung des Othmans führte.
[↔] Man warf ihm unter andern vor, daß er(Othman.
Hegire 34.
n. C. G. 654.) die Aeltesten nicht zu Rathe zöge, wie er es gleichwohl, vor seiner Ernennung zum Califen, [↔] (Ursachen
dieses Auf standes.) versprochen habe; daß er den Hakam - ebn - Al As nach Medina wieder zurückkommen lassen, welchen doch Mahomet verbannt habe, und den sich die Califen seine Vorfahren nicht zu rückzuruffen unterstanden hätten; daß er dem Said - ebn - Abi - Vakkas, einem von den sechs Wahlgliedern, seine Statthalterschaft genom men, und seine Stelle einem Manne von ei ner ärgerlichen Aufführung gegeben habe; daß er an dem Verluste Aegyptens beynahe Schuld gewesen wäre, indem er den Amru zurück be ruffen, um seinen Halbbruder diese Statthal terschaft geben zu können, welche Veränderung einer beträchtlichen Anzahl Muselmänner, bey der zweyten Belagerung Alexandriens, das Le ben gekostet; daß er die Gelder des gemeinen Schatzes unter seine Anverwandten vertheile; und daß er endlich die Verwegenheit habe, in der Moschee den Sitz des Propheten
einzuneh men, anstatt daß seine Vorfahren, aus Ehrer bietung gegen den Mahomet, sich dieses nie mals unterstanden hätten. Abubeker hatte sich allezeit eine Stuffe niedriger gesetzt, und O mar, welcher noch bescheidener gewesen war, so gar zwey Stuffen.
[↔] Dieses waren die Vorwürffe, welche man [↔] (Othman er bittert die
Gemüther
der Mißver gnügten.) dem Califen ungescheuet machte. Die Maaß regeln, welche er, dieses Murren zu stillen, er= (Othman.
Hegire 35.
n. C. G.
655.) griff, machten ihn bey seinen Unterthanen vol lends verhaßt. Er ließ sich einsmals in der Moschee wegen der Klagen, die man wider ihn führte, und besonders wegen seines Gebrauchs des öffentlichen Schatzes, aus. Er behaupte te als eine ausgemachte Sache, daß der öffent liche Schatz etwas heiliges sey, welches Gott zugehöre, und daß ihn die Würde eines Cali fen berechtige, sich desselben nach Gefallen zu bedienen. Er fügte hinzu, daß er alle diejeni gen mit seinem Fluche belege, welche seine Auf führung mit Murren und Stachelreden anzu greiffen sich unterstünden, und daß er dem, welcher seine Stimme wider ihn erheben wür de, nachdrücklich wolle bestrafen lassen.
[↔] Den Augenblick stand ein Muselmann, wel cher kühn genug war, in der Versammlung auf, und widersprach der willkührlichen Herr schaft, die sich Othman
anmassen wollte. Der Calif befahl, ihn zu straffen, und sein Befehl wurde auf der Stelle vollzogen. Man mißhan delte den Muselmann dermassen, daß man ihn vor todt liegen ließ.
[↔] (Was für
Mittel der
Calife
er greift, sich in
seiner Würde
zu erhalten.)
[↔] Dieses neue Bezeigen war gleichsam das Zeichen zum Aufstande. Die Mißvergnügten versammleten sich, ergriffen die Waffen, und liessen sich nicht weit von Medina nieder, von wannen sie Abgeordnete an den Califen schickten, welche ihm vorschlagen musten, entweder seine Würde niederzulegen, oder sich so aufzuführen, wie sich seine Vorfahren in der Regierung auf
(Othman.
Hegire
35.
n. C. G. 655.) geführet hätten.
[↔] Dieser doppelte Vorschlag betäubte den Ca lifen; er verlohr auf einmal die Entschlossenheit, welche er bey dem ersten Murren gezeigt hatte, und ließ sich zu Entschuldigungen herab, welche ihm die Verachtung seiner meisten Unterthanen zuzogen.
[↔] Er erklärte also feyerlich in der Moschee, daß ihn die Fehler reueten, welche er in der Re gierung begangen habe, und daß er Gott zum Zeugen nehme, wie aufrichtig er gesonnen sey, seine Aufführung ins künftige zu ändern.
[↔] Ein so kriechendes Bezeigen konnte die Ge müther ohnmöglich wieder gewinnen; es erbit terte sie vielmehr noch heftiger, und man hielt einen Mann für unwürdig des Thrones, wel cher sich durch Niederträchtigkeiten darauf er halten wollte.
[↔] Die heimlichen Feinde des Califen gaben(Der Auf stand nimmt
zu.) sich kräftige Mühe, das Volk immer mehr und mehr aufzubringen, und hierinne wurden sie von ihren Ausgeschickten in den Provinzen nach drücklich unterstützt, so, daß das Feuer des Auf standes gar bald in dem ganzen Reiche aus brach. Die Trupen der Mißvergnügten, wel che sich ohnweit Medina niedergelassen hatten, wurden durch die Ankunft neuer Verstärkun gen ungemein vermehrt, und beschlossen endlich (Othman.
Hegire 35.
n. C. G.
655.) in die Stadt zu rücken, und den Califen mit offner Gewalt anzugreiffen.
[↔] Othman wußte nicht, was er für einen Entschluß bey diesen äussersten Verdrüßlichkei ten nehmen sollte, und trug seine Sache dem Mogairah - ebn - Schabah und dem Amru= ebn al - As , welche damals nach Medina zurück gekommen waren, auf. Er bat beyde, sich sei ner bey den Rebellen anzunehmen, und wenig stens so viel zu erhalten, daß man bey dem Pro cesse, welchen man ihm machen wolle, einige Regeln beobachte, und ihn nach den Grundsä tzen des Korans richte.
[↔] Diese Abgeordneten konnten nichts ausrich ten. Die Hitze des Volks war so hoch gestie gen, daß man nicht das geringste von ihm er halten konnte; man wollte so gar die Abgeord neten nicht einmal hören, so daß diese unver richter Sachen wieder zurück kehren mußten.
[↔] (Ali stillet
den Aufruhr.)
[↔] Dem Califen ward immer mehr und mehr bange; er nahm daher seine Zuflucht zu dem Ali, welchen er bat, ihn bey so gefährlichen Umständen nicht zu verlassen. Die Vermitte lung des
Ali hatte mehr Fortgang, als die vori ge. Die Hochachtung, welche man für seine Person, und noch mehr für den Eydam des Mahomets hatte, machte die Gemüther willig, die Vergleichsvorschläge anzunehmen, die er ih nen vorlegen wolle.
[↔] Ali hatte die Vorsicht gebraucht, von dem(Othman.
Hegire 35.
n. C. G. 655.) Othman eine Schrift unterschreiben zu lassen, in welcher er allen Beschwerden, die man bis her wider ihn gehabt, abzuhelffen versprach. Diese Schrift enthielt nichts mehr, als was der Calif selbst in der letzten Versammlung gesagt hatte; weil sie aber sowohl von dem Othman, als Ali
unterzeichnet war, so glaubte man, ei nem so verehrungswürdigen Bürgen einige Nachsicht schuldig zu seyn.
[↔] Man fing also die Unterhandlung an, und alles ward ruhig, als Ali gleich ihr erstes Ver langen bewilligte. Sie wollten, Abdallah sollte zurück gerufft, und die Statthalterschaft von Ae gypten dem Sohne des Abubekers, Mahomet, gegeben werden. Dieser Abdallah war eben derjenige, welcher Alexandria hatte wegnehmen lassen, und welchen man zurück gefordert hatte, um den Amru wieder dahin zu senden. Doch sobald dieser Alexandria wieder eingenommen und die Ruhe in Aegypten wieder hergestellt hatte, bekam er Befehl, nach Medina zu kom men, und der Calif besetzte seine Stelle aber mals mit dem Abdallah.
[↔] Doch diesesmal fiel alle Hoffnung weg, daß er ihn würde in dieser Statthalterschaft erhalten können. Der Calif mußte es so gar noch für ein Glück schätzen, daß er durch dieses Opffer die Gunst seiner Unterthanen wieder erlangen konnte. Er rufte also den Abdallah wieder zu= (Othman.
Hegire 35.
n. C. G.
655.) rück, und setzte den Mahomet an seine Stelle. Diese Bereitwilligkeit stillte den Aufruhr, und jeder begab sich wieder in die Grenzen seiner Schuldigkeit. Weil aber der
Calif viel heimli che Feinde hatte, so war man gleichwohl unter der Hand bemüht, ihn zu verderben, und der unglückliche Othman mußte endlich ein Opfer ihrer Erbitterung werden.
[↔] (Aiesha
un ternimmt, den
Othman
vom Throne
zu stossen.)
[↔] Man wird sich ohne Zweifel verwundern, unter der Zahl der Feinde des Califen die beruf fene Aiesha zu finden, noch viel mehr aber, wenn man ihre Anschläge wider ihn lesen wird. Dieses
Frauenzimmer, welches sich durch ihre Klugheit und ihre Verdienste die größte Hoch achtung unter den Muselmännern erworben hatte, hegte einen unbeschreiblichen Abscheu ge gen den Othman. Die
Geschichtschreiber mel den nicht, worauf er sich gegründet hatte; sie sagen uns bloß, daß sie den Abdallah - ebn - Zo beir gerne auf den Thron habe setzen wollen, und damit sie desto eher zu ihrem Zwecke gelan gen möge, so habe sie ihn beredet, sich den Ca lifen aus dem Wege zu schaffen.
[↔] Es ist sehr schwer, einen so niederträchtigen Anschlag mit den Lobsprüchen zu vergleichen, welche die Geschichtschreiber dieser berühmten Muselmännin ertheilt haben. Was aber das wunderbarste dabey ist, ist dieses, daß, da sie den Entschluß gefaßt hatte, den Califen abzuse tzen, sie nicht vielmehr den Mahomet, den Sohn des Abubekers, und also ihren leiblichen(Othman.
Hegire 35.
n. C. G. 655.) Bruder, zu seinem Nachfolger ausersehen habe, als den
Abdallah, welcher gar kein Anverwand ter von ihr war.
[↔] Die Ränke der Aiesha zogen sehr viele zu [↔] (Othman
wird von sei nem Schrei ber verra then.) ihrer Parthey; gleichwohl aber kam der Unter gang des Califen nicht von dieser Seite her. Er hatte in seinem Hause einen grausamen Feind, welcher um so gefährlicher seyn mußte, weil er sein Vertrauter war, auf den er sich bey Aus führung der meisten Angelegenheiten verließ.
[↔] Mervan - ebn - Hakem (so hieß dieser Ver räther) war geheimer Schreiber bey dem Oth man: alle Briefschaften mußten durch seine Hände gehen; er war es, welcher die Antworten verfertigte: der Calif billigte alles, ohne das geringste von diesem Verräther zu besorgen.
[↔] Als Mervan der Verschwörung beygetre ten war, so machte er sich das Vertrauen, in dessen Besitze er war, zu Nutze, den Califen gänzlich zu verderben. Von allen Ränken, die er, seine Absicht zu erlangen, anwendete, war keiner, welcher eine tödtlichere Wirkung hatte, als ein Brief, den er eben zu der Zeit erdachte, als Ali durch seine Vermittelung die Gemüther wieder zu dem Othman gelenkt zu haben schien.
[↔] Als der Friede durch dieses Mittel ein we nig wieder war hergestellet worden, so hatten die Rebellen die Waffen niedergelegt, und die, welche aus den Provinzen zu ihnen gekommen (Othman.
Hegire 35.
n. C. G.
655.) waren, hatten sich wieder zurück begeben. Ma homet, der Sohn des Abubekers, war gleich fals nach seiner Stadthalterschaft in Aegypten abgereiset, wo er an der Stelle des Abdallah ebn - Said, nach Maaßgebung des Vergleichs, welcher den Frieden veranlaßt hatte, treten soll te. Als Mahomet mit einem zahlreichen Ge folge von Aegypten, die sich bey seiner Abreise zu Medina befunden hatten, unterwegens war, sahe er einen Bothen vorbey gehen, welcher Briefschaften von dem Califen hatte. Der neue Statthalter ließ ihn anhalten, und als er von ihm erfuhr, daß er nach Alexandria gehe, so trieb ihn seine Neugierde an, sich der Brief schaften zu bemächtigen, um den Innhalt da von zu wissen.
[↔] Wie sehr aber ward er bestürzt, als er dar innen sahe, daß der Calif dem Abdallah Befehl ertheilte, ihn, so bald er auf das Gebiete von Aegypten treten würde, ohne Umstände, so wohl als die Officiere von seinem Gefolge, anhalten, an Händen und Füssen verstümmeln, und her nach spiessen zu lassen.
[↔] Dieses waren die Befehle, welche die Brief schaften des Othmans enthielten. Dieser un glückliche Calif wuste nicht das geringste davon. Der untreue Mervan war der einzige Urheber davon; allein man gab sich nicht die Mühe, die geringste Untersuchung deßwegen anzustellen. Die Briefschaften führten den Namen des Ca
lifen, sie waren mit seinem Siegel untersiegelt;(Othman.
Hegire 35.
n. C. G. 655.) mehr brauchte es nicht, das Feuer des Aufstan des in den
Gemüthern wieder anzublasen, wel ches ohnedem nicht recht gelöscht war.
[↔] Mahomet kam in Wuth, kehrte mit sei
[↔] (Der Auf ruhr gehet
wieder an.) nem Gefolge wieder zurück, und zeigte in Me dina die Briefe einem jeden, welcher sie sehen wollte: zugleich ließ er Abschriften in den be nachbarten Provinzen austheilen. Die Erbit terung bemächtigte sich aller Gemüther, und man sprach von nichts, als von der Treulosig keit des Califen, und von der Nothwendigkeit, ihn abzusetzen.
[↔] Othman versicherte umsonst, daß er an die sen grausamen Befehlen, die man unter seinem Namen ausgefertigt, keinen Antheil habe; es war ihm nicht möglich, sich Gehör zu verschaf fen. Er mußte gar bald sein Haus mit gewaff neten Leuten umgeben sehen, welche alles mit Feuer und Schwerdt bedroheten, wenn man ihn ihnen nicht in die Hände liefre.
[↔] Othman nahm, bey diesen grausamen Um ständen, seine Zuflucht abermals zu dem Ali, welcher auf das schleinigste zwey von seinen Söhnen, den Hassan
und Hossein, mit einer Bedeckung abschickte, das Haus des Califen zu vertheidigen. Doch es sey nun, daß sie nicht Leute gnug bey sich hatten, die Anfälle auszu halten, oder daß es ihnen selbst nicht unange nehm war, wann der Thron ledig würde, weil (Othman.
Hegire 35.
n. C. G.
655.) Ali Hoffnung hatte, denselben endlich zu be steigen; kurz, sie thaten nur einen schwachen Widerstand, und die Verschwornen hatten nicht viel Mühe, sich mit Gewalt in das Haus zu dringen.
[↔] (Othman
wird ermor det.)
[↔] Als der Calif sahe, daß es nicht länger mög lich war, durch die Gewalt der Waffen der Ra che seiner Feinde zu entgehen, so glaubte er, daß er wenigstens durch Gründe der Religion ihrer Wuth werde Einhalt thun können. So bald er also die Aufrührer zu sich hinein brechen hör te, ergrif er den Koran, legte ihn auf seinen Schooß, und stellte sich damit denen, die ihn zu ermorden kamen, dar. Er glaubte, dieses berühmte und von den Muselmännern so hoch geachtete Buch würde ihn statt einer Bedeckung dienen, daß er also Zeit gewinnen könne, den Betrug, welcher an allen diesen Verwirrun gen Schuld war, klar an den Tag zu bringen; doch diese Vorsicht war gänzlich vergebens. Weil man bloß an seine Person wollte, so sa he man auch sonst nichts, als ihn, so bald man ihn gewahr wurde. Man bekümmerte sich im geringsten nicht, ob er unter dem Schutze des Korans sey, oder nicht, und brachte ihm mit Schwerdt und Pfeil verschiedene Wunden bey, welche ihn todt zur Erde stürzten.
[↔] Auf diese Art starb der unglückliche Othman, der dritte Calif. Er war damals achtzig Jahr alt, und hatte ohngefehr zwölf Jahr regieret. Die Rache seiner Feinde ward durch diesen(Othman.
Hegire 35.
n. C. G. 655.) grausamen Tod noch nicht gesättiget, sondern man versagte auch noch seinem Körper die Ehre der Beerdigung. Er blieb drey Tage, ohne daß man an ein Begräbniß dachte, und als man sich endlich entschloß, ihm die letzte Eh re zu erzeigen, so geschahe es ohne alle Cere monien, welche sonst bey Personen von sei nem Range gewöhnlich waren, und er ward in eben den Kleidern begraben, in welchen er war ermordet worden.
[↔] Othman war von Person lang, und hatte ein edles Ansehen. Der Farbe nach war er schwarzbraun, und trug einen sehr starken Bart. Was seine Sitten anbelangte, so waren sie un tadelhaft; er hatte übrigens viel Eyfer für seine Religion, und beobachtete alles, was sie vor schrieb, genau; er las und überdachte den Ko ran mit vieler Emsigkeit, und war gegen die Ar men ungemein freygebig.
[↔] Man hat ihm eine allzugrosse Neigung für seine Familie vorgeworffen, welche Schuld war, daß er oft Männer von den größten Verdien sten absetzte, um Leuten ohne Einsicht und Ga be ihre Stellen zu geben.
[↔] Es scheint auch, daß er sich wenig Mühe müsse gegeben haben, die Gemüthsart derjeni gen zu erforschen, welchen er sich vertraute, und daß er sich gar zu leicht auf ihre Redlichkeit verlassen hat, woraus die traurigen Begeben= (Ali.
Hegire
35.
n. C. G. 655.) heiten entsprangen, welche alle seine Untertha nen wider ihn erbitterten, und endlich seinen Untergang verursachten.
Ali.
Vierter Calif.
[↔] Bis hieher hat man gesehen, daß die Ara ber einzig bedacht waren, Eroberun gen zu machen, und ihren Degen zu Ausbreitung ihrer schwärmerischen Lehrsätze in allen Ländern ihrer Bothmäßigkeit, nützlich zu führen: nunmehr aber bekömmt alles ein ganz andres Ansehen.
[↔] Das Feuer des Aufruhrs hatte sich unter der Regierung des unglücklichen Othmans ent zündet; die Unruhe nahm unter seinem Nach folger zu. Die Muselmänner kehrten ihre Waffen gegen sich selbst; und daher entstand eine grausame Spaltung, welche mit der Zeit zunahm, und noch jetzt unter den Anhängern des Mahomets
bestehet.
[↔] Diese innerliche Zwistigkeiten würden hin länglich gewesen seyn, ein noch nicht befestigtes Reich gänzlich umzustürzen; doch jene gewalti ge Hand, welche mit den Kronen schaltet, wie es ihr gefällt, beschützte dieses Volk im Zorne, und bestimmte es zu dem Werkzeuge, womit [↔] (Ali.
Hegire 35.
n. C. G. 655.) sie die Ausschweiffungen der Griechen und das Aergerniß der Christen bestrafen wollte.
[↔] Gleich an dem Sterbetage des Othmans [↔] (Ali
wird
durch Zuruf
zum Califen
ernennet.) war in Medina wegen der Wahl eines Nach folgers nicht mehr als eine Stimme. Man nahm sich keine Zeit zum Ueberlegen; Ali
ward durch allgemeinen Zuruff erwählt.
[↔] Es scheint, daß es diesem berühmten Mu selmanne sehr schmeichelhaft müsse gewesen seyn, endlich einmal zu einer Würde zu gelangen, die er ehedem so heftig zu wünschen geschienen hat te. Gleichwohl machte er viel Schwierigkei ten, sie anzunehmen, und als die Abgeordneten ihm seine Erwählung zu verkündigen kamen, versicherte er, daß er wenig Neigung habe, sich mit der Regierung zu belustigen, und daß es ihm genug seyn würde, wenn man ihm den zweyten Rang einräumen wolle.
[↔] Die Abgeordneten verdoppelten ihr Anhal
[↔] (Ali macht
Schwie rigkeiten,
die
Würde
anzunehmen.) ten, und redeten im Namen des Volks so nachdrücklich, daß endlich
Ali nachzugeben versprach. Er versicherte aber zugleich, daß er es nicht anders, als nach geschehener Be rathschlagung der Wahlglieder, thun wolle; weil es diesen allein zukomme, einen Califen zu ernennen, und eine jede andre Wahl wider die Gesetze sey.
[↔] Ali konnte bey diesen wichtigen Umständen nicht vorsichtig genug seyn, alle nöthige For= [↔] (Ali.
Hegire 35.
n. C. G.
655.) malitäten beobachten zu lassen. Er benahm dadurch seinen Feinden alle Ursache, seine Wahl zu wiederruffen, welches sie gewiß nicht wür den unterlassen haben, wann sich etwas man gelhaftes dabey befunden hätte.
[↔] (Verschiede ne Parthey en wider den
Ali.)
[↔] Ali hatte in der That eine sehr fürchterliche Parthey wieder sich, welche nichts als ihm zu schaden suchte. Besonders hatte ihn seit lan ger Zeit die berühmte Aiesha, die Wittwe des Mahomets, verabscheuet. Sie hatte ihm eine Beleidigung vorzuwerffen, welche eine Frau nimmermehr zu vergeben pflegt, (*) sie gab daher bey aller Gelegenheit ihren Haß gegen ihn zu erkennen, und brachte es allezeit, so oft ein Calif sollte ernennet werden, dahin, daß er ausgeschlossen wurde.
38
[↔] Es war schon nichts geringes, eine Frau [↔] (Ali.
Hegire 35.
n. C. G. 655.) von solchem Ansehen wider sich zu haben; al lein es fand sich auch noch eine andre Parthey, welche sich ausdrücklich wider den
Ali erklärte. Tellah und Zobeir, zwey der Vornehmsten un ter den Muselmännern, machten auf die Nach folge Anspruch, und hatten sich einen sehr zahl reichen Anhang verschaft. Ausser diesen hatte sich noch ein dritter, schon vor dem Tode des letztern Califen, aufgeworffen, welchem es auch an Hoffnung nicht fehlte, glücklich zu seyn, oder wenigstens grausame Unruhen anzufan gen, wenn man ihn ausschliessen sollte. Die ses war der berühmte Moavias, Statthalter von Syrien, welcher vermöge seiner wichtigen Bedienung, und seiner unermeßlichen Reich thümer, grosse Bewegungen machen konnte, wenn man ihn vor den Kopf stieß.
[↔] Ali, welcher vollkommen die Umstände und das Ansehen eines jeden dieser Mitbuhler kannte, hoffte zwar, sich wider sie zu erhalten, wenn er auf den Thron kommen sollte; gleichwohl aber wollte er nur auf dem gewöhnlichen We ge dazu gelangen, damit er ihnen wenigstens den Vorwand, sich wider seine Wahl zu setzen, benehmen möge.
[↔] Dieses war die Ursache, warum er verlang
[↔] (Ali wird
zum Califen
erwählt.) te, daß sich die Wahlglieder versammlen, und gesetzmäßig verfahren sollten. Die Versamm lung geschah auch in der That.
Tellah und Zo= [↔] (Ali.
Hegire
35.
n. C. G. 655.) beir fanden sich als Mitglieder dabey ein, und vereinigten sich mit den übrigen wegen der Er wählung des Ali. Ob sie gleich seine Mitbuh ler waren, so unterstanden sie sich doch nicht, etwas wider die einstimmige Meinung zu unter nehmen, weil sie wohl merkten, daß sie nicht die Stärksten in Medina seyn würden, und daß sich die Einwohner dieser Stadt an ihnen rächen könnten, ehe ihnen ihre Anhänger, wegen ih rer Entfernung, beyzustehen im Stande wären.
[↔] So bald die Wahl geschehen war, begaben sich die Vornehmsten von den Medinern zu dem Ali, ihm den Eid der Treue zu leisten; doch der neue Calif wollte nicht zugeben, daß die ses in seinem Hause geschehen solle. Er sagte, eine so wesentliche Ceremonie müsse öffentlich vollzogen werden, und er werde also ihre Hul digung nirgends anders, als in der Moschee, in Gegenwart des Volks, annehmen.
[↔] Als der Tag zu dieser feyerlichen Handlung angesetzt war, begab sich Ali, in einem lan gen Rocke von dünner Baumwolle, des Mor gens aus seinem Hause in die Moschee; auf dem Haupte hatte er einen groben Turban, in einer Hand hielt er seine Pantoffeln, und mit der andern stützte er sich auf einen Bogen, als auf einen Stab. Die Muselmänner kamen Hauffenweise herzu, ihrem neuen Gebiether zu huldigen; ehe sie aber damit anfingen, bemerkte Ali, daß Tellah und Zobeir, nicht zugegen wä
ren, er schickte also, und ließ sie ersuchen, sich [↔] (Ali.
Hegire 35.
n. C. G.
655.) gleichfalls einzufinden.
[↔] Sie kamen so gleich, und so bald sie Ali ge
[↔] (Ali läßt sich
von den
Häuptern
seiner Gegen parthey hul digen.) wahr ward, fragte er sie, ob sie wider seine Wahl etwas zu erinnern hätten, und ob sie ge sonnen wären, ihm den Eid der Treue zu lei sten: er fügte hinzu, er verlange, daß sie auf richtig reden sollten, weil er an die Würde, mit welcher man ihn beehren wolle, nicht gebun den, sondern bereit sey, derselben sogleich zu entsagen, und bey der geringsten Widersetzung sie demjenigen von ihnen beyden zu überlassen, welcher sie annehmen wolle.
[↔] Sie ward von dem einen sowohl, als von dem andern ausgeschlagen, und jeder versicher te dem Califen, daß sie im geringsten seinen Platz nicht beneideten, sondern daß sie vielmehr alles beytragen wollten, ihn darauf fest zu er halten, weßwegen sie sogleich, mit der grösten Aufrichtigkeit und Unterthänigkeit, ihm den Eid der Treue, welchen Unterthanen ihrem Herrn schuldig sind, abzulegen willens wären.
[↔] Jederman, und Ali selbst, wußten es mehr als zu wohl, was an den Versicherungen dieser zwey Muselmänner wäre; allein man that, als ob man an ihrer Aufrichtigkeit im geringsten nicht zweifle, und ließ die Ablegung des Eides vor sich gehen.
[↔] Während dieser Ceremonie sagte einer in der Versammlung ganz laut einen Einfall, wel= [↔] (Ali.
Hegire
35.
n. C. G. 655.) cher zu erkennen gab, wie wenige Rechnung man sich auf das Versprechen des Tallah zu machen habe. Man muß wissen, daß bey den Arabern der Gebrauch war, demjenigen die Hand zu geben, welchem man den Eid ablegte. Tallah, dessen rechte Hand, wegen einer Wun de, die er in einem Treffen bekommen hatte, etwas verkürzt war, konnte mit seiner Hand nicht so weit reichen, als die andern. Bey dieser Gelegenheit nun, sagte einer von den Zuschauern, daß die Treue dieses Muselmanns eben so verkürzt als sein Arm seyn würde. Es währte nicht lange, so ward diese Art von Pro phezeyung erfüllt.
[↔] Tellah und Zobeir verbanden sich, und be schlossen, den Califen zu verderben: ehe sie aber offenbare Gewalt brauchen wollten, suchten sie ihn in irgend eine Falle zu locken, um ihm seine Anhänger abspenstig zu machen, und diejeni gen, die ihm am ergebensten zu seyn schienen, wider ihn aufzubringen.
[↔] (Tellah u.
Zobeir wol len den
Ali
bereden, den
Tod des
Othmans zu
rächen.)
[↔] Kurz darauf, als er in den Besitz der ober sten Gewalt getreten war, kamen sie zu ihm, ihm ihre Unterthänigkeit zu erneuern und ihre Dienste anzubieten. Nach diesen allgemeinen Unterredungen, liessen sie sich etwas weitläufti ger über dasjenige ein, was sie für nöthig er achteten, wann er sein Regiment dem Volke angenehm machen wollte. Sie schlugen ihm unter andern vor, den Tod des Othmans zu rächen, und versprachen, ihm bey diesem Un
[↔] (Ali.
Hegire 35.
n. C. G.
655.) ternehmen, mit welchem seine Ehre und die Würde seines Amtes verbunden wären, mit dem größten Eifer zu dienen.
[↔] Ali mochte nun seine Antwort drehen, wie er wollte, so konnten sie dennoch hoffen, daß sie sich derselben zu Beschleinigung seines Un terganges würden bedienen können. Antwor tete er nein, so bestärkte er den Argwohn, den man öffentlich von ihm hatte, als habe er an der Ermordung des Califen Antheil gehabt. Gab er aber zur Bestrafung der Mörder und Mitschuldigen seine Einwilligung, so zog er den Haß aller Feinde des
Othmans auf sich, wel che sehr zahlreich, und sehr mächtig, und daher fähig genug waren, dem Califen einen schlech ten Streich zu spielen, um sich seinen Verfol gungen zu entziehen.
[↔] Allein Ali wußte dieser Schwierigkeit auf [↔] (Antwort
des Ali.) eine geschickte Art auszuweichen. Anfangs that er, als ob er sehr geneigt sey, die Mörder des
Othmans zu bestrafen: er sprach von ih rer Verschwörung, als von der allerschändlich sten Lasterthat, welche auf das schärfste gerä chet zu werden verdiene; allein er bestand auf der Schwierigkeit dieser Rache, weil die Anzahl der Mißvergnügten, welche alle diesen Tod gebilli get, ja wohl gar gerathen hatten, allzugroß sey; so daß er nicht allein diejenigen, welche ihre sträflichen Hände an den
Othman gelegt hätten, [↔] (Ali.
Hegire
35.
n. C. G. 655.) sondern auch alle Mitschuldige auf das härteste bestrafen müsse, welches ohnfehlbar grosse Un ruhen, ja wohl gar bürgerliche Kriege, erre gen würde, die den Untergang des Staats ver ursachen könnten.
[↔] Doch, fügte er hinzu, wann sie ihm dieje gen nennen könnten, welche dem Othman die Stiche versetzt, oder wann sie es über sich neh men wollten, dieselben zu entdecken, so wolle er thun, was ihm zukomme, und die Schuldigen be strafen.
[↔] Tellah und Zobeir, welche in eine so wichti ge Sache namentlich nicht vermischt seyn woll ten, hielten es nicht für gut, länger darauf zu bestehen. Sie thaten, als wenn sie mit der klu gen Aufführung des Califen sehr wohl zufrieden wären, und begaben sich weg; in der That aber waren sie ein wenig ärgerlich, daß es ih nen nicht geglückt war, ihn in die Falle zu brin gen, die sie ihm gelegt hatten.
[↔] Nichts konnte klüger gethan seyn, als daß er anfangs die Gemüther zu gewinnen, und al le Ursachen zu Unruhen aus dem Wege zu räu men suchte, besonders zu einer Zeit, da alle Glieder des Staats nur allzusehr geneigt zu seyn schienen, es auf das äusserste ankommen zu lassen. Ali hätte hoffen können hierinne glücklich zu seyn, wann er sich beständig mit e ben der Klugheit aufgeführet hätte, die er bey der wegen der Ermordung des Othmanns ge
gebenen Antwort beobachtete; allein er verleug
[↔] (Ali.
Hegire 35.
n. C. G.
655.) nete sein Betragen gar bald, und so zurückhal tend und aufmerksam er vorher geschienen hat te, die Gemüther mit Güte zu gewinnen, so hurtig war er hernach, alles zu thun, was das Feuer des bürgerlichen Krieges anblasen konnte.
[↔] Er beschloß, allen denen die Stadthalter
[↔] (Ali faßt den
Entschluß,
die Statthal ter in den
Provinzen
abzusetzen.) schaften in den Provinzen zu nehmen, welche seine Vorfahren damit versehen hatten. Er berathschlagte sich deßwegen mit dem Magai rah - ebn - Said, einem von den Vornehmsten unter den Arabern, welcher ihm sogleich mit vieler Lebhaftigkeit vorstellte, daß alles verloh ren gehen würde, wann er diesen Anschlag aus führte; er bat ihn inständig, sich in einer so wichtigen Sache nicht zu übereilen, und we nigstens so lange zu warten, bis sein Ansehen auf festerm Grunde stehen würde.
[↔] Ali nahm diesen Rath ungerne an; unter dessen aber brauchte er doch die Behutsamkeit, daß er seine Befehle nicht so geschwind gab, als er sich es vorgenommen hatte. Als Mogairah einige Tage darauf wiederum bey dem Califen war, so kam eben diese Sache abermals auf das Tapet. Ali schien auf seinem ersten An schlage zu bestehen, und sprach mit dem Mo gairah als von einem Unternehmen davon, wel ches er schleinig ausführen müsse.
[↔] Mogairah, welcher kurz vorher so viel Schwierigkeiten eines Anschlages wegen gemacht [↔] (Ali.
Hegire
35.
n. C. G. 655.) hatte, dessen Folgen dem Staate und dem Ca lifen insbesondre sehr nachtheilig seyn konnten, änderte auf einmal seine Meinung, und sagte zu dem Ali, daß er diese Sache, seitdem sie das er stemal davon geredet, reiflicher überlegt, und al lerdings gefunden habe, daß sein Entschluß, die Bedienungen nur mit solchen Personen zu be setzen, auf die er sich verlassen könne, das beste sey, um sein Ansehen auf einen festen Grund zu setzen, und sich in allen Provinzen des mu selmännischen Reichs Ehrerbietung zu verschaf fen.
[↔] Mittlerweile war Abdallah - ebn - Abbas, ein sehr angesehener Mann, dazu gekommen, weßwegen Mogairah fort ging, ihn mit dem Ca lifen alleine zu lassen. Ali entdeckte dem Ab dallah sein Vorhaben, die Statthalter zu verän dern, und sagte ihm zugleich, Mogairah habe sich anfangs wider diesen Anschlag sehr gesetzt, endlich aber habe er ihn gebilliget, und ihm sei nen Beyfall bey dem eben jetzt abgelegten Be suche entdeckt.
Abdallah erschrack, daß der Calif den Fall strick nicht merckte, welchen ihn dieser Musel mann gelegt hatte, und sagte zu dem Ali, daß er sich bey dem, was er zu thun willens sey, ja wohl versehen solle; daß der erste Rath, welchen ihm Mogairah gegeben, der Rath eines treuen Bürgers sey, der die Ruhe des Staats und des Regenten liebe; daß hingegen die Ueberle
gung, welche ihn in seiner Meinung geändert, [↔] (Ali.
Hegire 53.
n. C. G.
655.) von einem Verräther herkomme, der ohne Zwei fel seinen Nutzen dabey fände, wann er den Staat in Unruhe setzen könnte.
[↔] Er fügte hinzu, was ihn selbst anbelange, so sey seine Meinung, daß man durchaus keine Neuerungen vornehmen müsse; und weil er wußte, daß der Calif besonders sein Absehen auf den Statthalter von Syrien, den
Moavi as hatte, so bestand er darauf, daß man ihn in dieser Statthalterschaft lassen solle, weil man ihn unmöglich würde absetzen können, ohne, daß ganz Syrien, wo dieser Muselmann eine unermeßliche Menge Anhänger hatte, zu den Waffen griffe.
[↔] Abdallah erklärte sich hierauf gegen den Ali auch wegen der Gesinnungen des Tellah und Zobeir. Er warnte ihn, sich für diesen zwey Muselmännern in Acht zu nehmen, weil er ganz sicher wisse, daß sie sehr üble Absichten hegten, und gewiß die ersten seyn würden, die bey entstandener Unruhe die Waffen wider ihn ergriffen. Er beschloß seine Unterredung mit dem Califen mit nochmaligen Vorstellungen we gen des Moavias. Er beschwor den Ali noch mals, sich in nichts zu übereilen, und wenigstens so lange zu warten, bis dieser Statthalter er kläret habe, ob er ihn für den Califen erkennen wolle, oder nicht. Alsdann, setzte er hinzu,
ist es Zeit, wider ihn zu verfahren, und
[↔] (Ali.
Hegire
35.
n. C. G. 655.) ich will es selbst auf mich nehmen, ihn dir, an Händen und Füssen gebunden, zu überliefern, so bald du mir nur einen Wink geben wirst.
[↔] Alle diese Vorstellungen waren nicht ver mögend, den
Ali zu einer klugen Ueberlegung zu bringen: er folgte seinem ersten Anschlage, und veränderte alle Statthalter, durch welche ausserordentliche Veränderung in dem Staa te der Muselmänner die verderblichsten Tu multe entstanden, welche ihn die gantze Zeit seiner Regierung hindurch auf das grausamste beunruhigten.
[↔] Die Statthalter, welche an die Stelle der abgesetzten kamen, waren folgende: Othman ebn - Hanif ward nach Basrah geschickt; Am marah - ebn - Sahal nach Cuffah; Abidallah nach Yemen; Sahel - ebn - Hanif nach Syrien; und Saed - ebn - Kais nach Aegypten.
[↔] (Die neuen
Statthalter
werden nicht
angenommen.)
[↔] Von allen diesen Statthaltern wurde nicht mehr als einer in seiner Provinz angenommen; die übrigen konnten zu keinem Besitze gelangen, oder, wann sie ja endlich dazu gelangten, so war es ihnen gewiß sauer genug geworden. Sahel unter andern traf auf seiner Reise nach Syrien eine Parthey bey Tabuk an, welche ihn anhielt. Der Befehlshaber hatte erfahren, daß er zum Statthalter von Syrien ernennet sey, und entdeckte ihm daher den Zustand dieser Provinz so rund heraus, daß es Sahel
nicht für gut hielt, weiter zu gehen. Wann dich [↔] (Ali.
Hegire
36.
n. C. G. 656.) ein anderer als Othman geschickt hat, sagte ihn der Befehlshaber, so kanst du nur gleich wieder umkehren. Sahel verlangte keine weitre Erklärungen, sondern kehrte sogleich nach Medina zurück.
[↔] Eben diese Bewillkommung liessen die Ae gypter dem Saed machen, und ihm sagen, daß sie den Ali nicht eher erkennen, und die, welche er abschickte, nicht eher annehmen würden, bis er den Tod des Othmans gerächet habe. Eben so begegneten die Gemeinden von Basrah und Cuffah ihren neuen Statthaltern, und woll ten sie durchaus keinen Fuß auf ihr Gebiete se tzen lassen.
[↔] Abidallah war also der einzige, welcher sich in Yemen fest setzte; allein es wäre besser gewe sen, wenn man ihm eben so begegnet hätte, als den übrigen; denn
Yahi, welchen er ablösete, nahm alles Geld, das sich in dem öffentlichen Schatze befand, als er seinen Platz verließ, mit sich, und legte es zu Mecca in die Hände der Aiesha, des Tallah und des Zobeir nieder.
[↔] Diese zwey letztern hatten sich von dem Ho
[↔] (Ali schlägt
dem Tellad
und Zobeir
die Statthal terschaften,
welche sie
verlangen,
ab.) fe des Califen wegbegeben, weil er sie, bey der Veränderung der Statthalterschaften, vor den Kopf gestossen hatte. Der eine hatte wollen nach Cuffah, und der andre nach Basrah ge schickt seyn. Ali
aber, welcher sie allzuwohl kannte, als daß er ihnen einen Platz hätte ver= [↔] (Ali.
Hegire
36.
n. C. G. 656.) trauen sollen, brauchte bey seiner abschläglichen Antwort eine sehr listige Wendung. Er sagte, er sey bey den jetzigen Umständen ihrer Einsicht und ihres Raths ausserordentlich benöthiget, und ersuche sie daher inständigst, bey ihm zu bleiben. Er fügte hinzu, die Zeit solle für sie nicht verlohren seyn, die sie bey ihm zubringen würden, sondern er wolle sie gewiß zur rechten Zeit auf eine Art belohnen, welche ihren Ver diensten gemäß seyn solle.
[↔] Die Versprechungen des Ali machten bey diesen zwey Muselmännern wenig Eindruck. Sie konnten leicht voraus sehen, daß sie der Calif nur bey sich behalten wolle, damit er ih re Aufführung beobachten und sie vielleicht gar zur Rechenschaft ziehen könne, wann sich etwa in Medina einige Unruhen äussern sollten. Un terdessen verstellten sie sich doch eine Zeitlang; und als sie erfuhren, daß sich Aiesha nach Mec ca begeben habe, so baten sie um Erlaubniß, gleichfalls dahin zu reisen, unter dem Vorwan de, einer andächtigen Wallfahrt. Hier nun machten sie gemeinschaftlich mit der Wittwe des Propheten, eine fürchterliche Parthey, gegen die der Calif hernach vergebens alle seine Kräf te anwendete. Das Geld, welches ihnen der Statthalter von Yemen gebracht hatte, that ihnen ungemein grosse Dienste, Verständnisse an al len Orten zu unterhalten; und sie wußten ihre Händel so wohl einzurichten, daß sich der Auf stand in kurzen überall, und besonders in Syri en, spüren ließ.
[↔] Sie verhetzten besonders die Mothazeliten, [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G. 656.) das ist, die Ketzer. Man gab diesen Namen denjenigen, die sich wider die Wahl des Ali er klärt hatten. Diese hatten durch ihre Ausge
[↔] (Sie erregen
einen Auf stand wider
den Ali.) schickte Mittel gefunden, den Othman ausgra ben, und ihm das Hemde ausziehen zu lassen, welches er bey der Ermordung angehabt hatte. Aus diesem Hemde nun machten sie eine Art von Fahnen, womit sie die vornehmsten Städ te Syriens durchzogen, und sie so gar in den Moscheen, wenn sich das Volk versammlet hat te, ausstellten.
[↔] Dieser scheußliche Anblick machte grössern Eindruck, als die allernachdrücklichste Rede würde gemacht haben. Die Syrer, welche Othman mit Wohlthaten überhäuft hatte, lief fen zu den Waffen, den Tod ihres Wohlthäters zu rächen: und es kam nur noch darauf an, daß man ihnen das Opfer zeigte, welches sie seinem Andenken aufopfern sollten.
[↔] Als Ali von dem, was in dieser Provinz [↔] (Ali ersucht
den Moavias
ihn für den
Califen zu
erkennen.) vorging, Nachricht erhielt, so schrieb er an den Moavias auf eine sehr gemäßigte Art. Ohne etwas von den Unruhen zu gedenken, die man in Syrien zu erregen bemüht war, ermahnte er ihn bloß, ein Merkmahl seiner Unterthänigkeit abzulegen, und ihn für den Califen zu erken nen, welche Erkennung, fügte er hinzu, ihm um so viel leichter fallen müsse, da die Wahl nach allen Regeln geschehen sey, und alle Stim men einmüthig für ihn gewesen wären.
[↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G. 656.)
[↔] Moavias, welcher wohl wußte, wie Ali ge gen ihn gesinnet sey, ward von diesem Briefe wenig gerührt: er schrieb die Mäßigung des Califen seinem Unvermögen und seiner Schwach heit zu, und, um ihm zu zeigen, wie wenig er sich aus seinen Vorstellungen mache, so ant wortete er ihm auf die allerempfindlichste Art. Er machte einen Brief zusammen, worinne nicht ein einziges Wort zu lesen war, und setz te statt aller Aufschrift darauf: Moavias dem Ali. Er gab diesen Brief einem von seinen Leuten, welchem seine Absichten nicht unbe kannt waren. Dieser ging mit dem Bothen des Ali ab, und brauchte die Vorsicht, nicht eher nach Medina hinein zu kommen, als nach der Sonnen Untergang. Dieses ist die Zeit, da sich in diesen heissen Gegenden viele Einwohner auf den Gassen befinden, um frische Luft zu schöpfen.
[↔] Als er in die Stadthinein kam, steckte er den Brief des Moavias
auf eine Lanze, damit es jederman wissen könne, daß der Statthalter von Syrien an den Califen geschrieben habe. Die Ankunft dieses Bothen war anfangs allen denen sehr angenehm, welche den Frieden lieb ten: man bildete sich ein, daß er Befehl habe, den Brief solcher Gestalt zu weisen, und daß er ohne Zweifel einen Vorschlag zum Vergleich enthalte, welcher alles Mißverständniß zwi schen dem Moavias und dem Califen aufheben würde.
[↔] Man gab sich also noch demselben Abend al
[↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G. 656.) le Mühe, den Innhalt dieses Briefes zu wis sen. Ali
seiner Seits wünschte nichts mehr, als mit dem Moavias
einen Vergleich zu tref fen, besonders bey den Umständen, da das Feu er des Aufruhrs aller Orten ausbrach; allein er erstaunte nicht wenig, als er diesen Brief er öfnete, und ausser der Aufschrift, nichts darin ne geschrieben fand; er wurde mit Recht wider diese Beschimpfung aufgebracht, und sahe sie als eine unverschämte Ausforderung an, die er auf das schleinigste rächen müsse.
[↔] Unterdessen vermochte der Calif doch so viel über sich, daß er keine allzugrosse Verändrung auf seinem Gesichte blicken ließ; er besprach sich so gar mit dem Bothen, und fragte, ob et was neues in Syrien vorgefallen sey. Der Bothe antwortete ihm, daß alles daselbst in der größten Bewegung wäre, daß schon mehr als sechzigtausend Mann zu den Waffen gegriffen hätten, welche nichts als den Befehl zum Auf bruche erwarteten. Er fügte hinzu, daß diese Unruhen zu Damascus ausgebrochen wären, wo man in der Moschee in Gegenwart des Volks ein blutiges Hemde ausgesetzt, und es für dasjenige ausgegeben habe, welches Oth man, als man ihn ermordet, getragen hätte; und daß dieses Hemde noch ietzt vor dem Lager, anstatt einer Fahne, ausgestellt sey.
[↔] Bey dieser Erzehlung konnte Ali nicht län= [↔] (Ali.
Hegire
36.
n. C. G. 656.) ger an sich halten, sondern sagte ganz hitzig:
Und also wollen diese Leute den Tod des Othman
mir zur Last legen? Ich neh me den Himmel zum Zeugen, daß ich un schuldig bin, und ich hoffe, daß er mir beystehen wird.
[↔] (Aisha stellt
sich an die
Spitze der
Aufrührer.)
[↔] Auf diese erhaltene Erklärungen war nichts anders zu thun, als schleinig die Trupen zu be waffnen, um diese Aufrührer im Zaume zu halten. Doch eben da er sich gegen einen Feind, welcher noch weit entfernt war, in Sicherheit zu setzen bemüht war, entstand in Arabien selbst eine Parthey, welche um so viel mehr zu fürch ten war, da sie die berühmte Aiesha, eine ge schworne Feindin des Califen, an ihrer Spitze hatte. Sie war die Seele und die Triebfeder von allem, was wider den Ali vorgenommen wurde; und bey ihr versammleten sich die Auf rührer, um die nöthigen Maaßregeln zum Fort gange ihres Aufstandes abzureden. Bey ihr fanden sich entweder selbst, oder durch ihre Ab geordnete, alle diejenigen ein, welche zu der Fa milie des Ommiah gehörten, und sich allesamt verschworen hatten, den Tod des Othmans zu rächen, welcher selbst aus diesem Geschlechte war.
[↔] Die Ommiaden schienen berechtiget zu seyn, den Tod ihres Anverwandten an dem Califen zu rächen: sie glaubten in der That, daß Ali desselben Urheber sey, und man hatte nichts un
terlassen, sie in dieser Meinung zu bestärken. [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) Was aber die Aiesha, den Tellah und Zobeir anbelangte, die an der Spitze dieser Verschwö rung waren, so war ihr Betragen bey diesen Umständen eine Folge der allerabscheulichsten Verrätherey.
[↔] Wenn man dem Zeugnisse des Ebn - Athir, eines arabischen
Geschichtschreibers, glauben darf, so waren Aiesha, und ihre zwey Helf fershelffer, die wahren Urheber, oder wenig stens Mitschuldige der Ermordung des Oth mans. Sie allein verdienten eine ihrem Ver brechen gemässe Strafe, doch vermöge einer Abscheulichkeit, wozu vielleicht gemeine Ver brecher unfähig gewesen wären, suchten sie den ganzen Greuel ihrer Schandthat auf den Ali zu welzen, damit sie ihn desto sichrer verderben könnten. Dieses nun ist die tugendhafte Aies ha, welche unter ihrem Volke so berühmt, und in der Geschichte der Muselmänner unter dem Namen der Mutter der Gläubigen so bekannt ist. Vermöge dieses verehrungswürdigen Titels, hätte sie, sollte man glauben, sich aller Klagen gegen irgend einem dieser vorgegebenen Gläubi gen, wann er auch noch so strafbar gewesen wä re, enthalten sollen; allein ein Verbrechen zu be gehen, um es auf einen andern zu welzen, auf den Regenten, und so zu reden auf den ganzen Staat, welchen man dadurch den grausamsten Zwistigkeiten aussetzt, das ist die allerentsetzlich ste Schandthat.
[↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G. 656.)
[↔] Da aber die Verschwörung einmal ange fangen war, so kam es nur noch darauf an, wegen der Mittel, sie zu ihrer Vollkommenheit [↔] (Verschied ne Anschläge
der Aufrüh rer.) zu bringen, zu Rathe zu gehen, und dahin lieffen alle Versammlungen aus, welche bey der Aiesha gehalten wurden. Dieses rachgie rige Weib wollte, daß man geraden Weges auf Medina losgehen solle. Man muß, sagte sie, das Uebel in seiner Quelle angreiffen. An dre hielten davor, daß man sich nach Syrien begeben, und zu den zahlreichen Trupen stossen müsse, die Moavias in dieser Provinz aufge bracht habe.
[↔] Man machte über diese zwey verschiedne Meinungen einige Betrachtungen, und nach dem man sie genau überlegt hatte, so folgte man keiner von beyden. Man gab zu überlegen, daß der Calif beynahe ganz Medina für sich habe, und daß es schwer seyn würde, ihn in ei ner Stadt, die ihm ergeben sey, anzugreiffen. Was die Reise nach Syrien anbelangte, so merkte man an, daß Moavias stark genug sey, sich in seiner Statthalterschaft zu erhalten, und daß man sich wegen Vertheidigung dieser Pro vinz gänzlich auf ihn verlassen könne.
[↔] Man kam auf einen andern Vorschlag; nehmlich auf diesen, den
Krieg an solche Orte zu bringen, wo man leichter damit fortkommen könne, und sich gleich anfangs einiger Plätze zu bemächtigen. Tellah, welcher bey dieser Ver
sammlung zugegen war, schlug sogleich vor, [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) Basrah anzugreiffen, für deren Eroberung er, in Ansehung des Verständnisses, welches er mit dieser Stadt unterhielt, stehen wolle. Dieser Anschlag ward gebilliget, und sogleich gab man den Bundsgenossen, durch folgendes Umlauf Schreiben davon Nachricht.
[↔] Die Mutter der Gläubigen, Tellah und
Zobeir gehen in eigner Person nach Basrah; wer also die
Religion zu ver theidigen, und den Tod des Othmans zu rächen Willens ist, der kan sich stellen. Wem es an den nöthigen Bequemlichkei ten zur Reise fehlt, der soll sie bekom men.
[↔] Als die Trupen gar bald zusammen gekom
[↔] (Ein beson drer Zufall
hält sie auf
ihrem Zuge
auf.) men waren, machte man sich zu dem Aufbru che gefaßt. Aiesha stieg auf ein Kameel, stell te sich an die Spitze der Mißvergnügten, und nahm den Weg nach Basrah. Als man an ei nen Ort, Namens Giuab, gekommen war, hielt man einige Zeit stille, um die Trupen sich erhohlen zu lassen. Dieses Anhalten hätte bey nahe das ganze Unternehmen, welches man ausführen wollte, in Unordnung gebracht. Aies ha war von ihrem Kameele gestiegen, worauf sich eine grosse Menge Hunde, welche in dem Flecken zerstreuet waren, um sie herum versamm= leten, und sie eine lange Zeit ohne Unterlaß an bellten. Dieser Zufall schien ihr eine so üble [↔] (Ali.
Hegire
36.
n. C. G. 656.) Vorbedeutung zu seyn, daß sie durchaus nicht weiter reisen wollte.
[↔] Die Häupter wurden über diesen Entschluß, welcher alles zunichte machte, stutzig, und la gen ihr auf das inständigste an, sie nicht zu ver lassen. Allein je mehr Aiesha diesem wichtigen Anbellen nachdachte, je weniger schien sie ent schlossen, dieses Unternehmen fortzusetzen. Noch ärger aber ward es, als sie nach dem Namen dieses Fleckens fragte, und hörte, daß er
Giuab heisse. Ach! schrie sie, das ist eben der Name, welchen mir der Prophet nenn te, als er mit mir eines Tages von einem Orte sprach, wo eine von seinen Weibern bey ihrer Ankunft von einer Menge bel lender Hunde umgeben werden würde. Er sagte mir, er wisse nicht, welcher von seinen Weibern dieses begegnen werde; allein das wisse er, daß sie alsdann in ei ner offenbaren Gefahr seyn werde, und sich nichts gutes von dem Unternehmen zu versprechen habe, womit sie zu der Zeit umgehe.
[↔] Es war nichts leichtes, ein solches Vorur theil in dem
Gemüthe einer Frau zu vertilgen, welche von ihrer
Kindheit an, in der Schwär merey und in dem
Aberglauben erzogen war: gleichwohl aber erdachten die Häupter dieses Heers, welche die Wichtigkeit eines solchen wi drigen Zufalls nur allzuwohl einsahen, ein Mittel, der Aiesha ihre Furcht zu benehmen. [↔] (Ali.
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n. C. G.
656.) Sie schickten eine Menge Bauern ab, welche um eine Belohnung sagen mußten, daß man sich geirrt habe, und daß ihr Flecken nicht Giu ab heisse, und auch niemals so geheissen habe; sie nennten vielmehr einen andern Namen, wel cher, ohne Zweifel, von einer bessern Vorbe deutung war. Die Häupter kamen sogleich zu der Aiesha zurück, und erzehlten ihr, was sie gehört hätten. Man ließ so gar die Zeugen vor sie kommen, und diese versicherten mit einem Eide alles, was man ihnen eingegeben hatte. Gleichwohl ward es der Aiesha noch sehr schwer sich zu entschliessen, und weil sie, ihrer ersten Furcht zu Folge, beschlossen hatte, die Nacht in diesem Flecken zuzubringen, um den Morgen darauf wieder zurück zu kehren, so wollte sie wenigstens da schlafen, wo sie war, und die Nacht zur Bedenkzeit nehmen.
[↔] Doch einige von den Häuptern, welche ver drüßlich wurden, daß ihr Marsch durch so lä cherliche Schwierigkeiten aufgehalten werden sollte, erdachten ein Mittel, welches gar bald alle Hindernisse aus dem Wege räumte. Sie redeten es mit einigen Reutern ab, welche sich etwas von dem Flecken entfernen, und kurz dar auf mit verhangenem Zügel zurück kommen, und aus allen Kräften schreyen musten: Auf! Auf! Ali mit seinen Trupen ist da.
[↔] Diese List gelang. Bey einer so gegenwär= [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) tigen Gefahr verschwanden alle Prophezeyun gen; jederman eilte, sich davon zu machen, und die
abergläubische Aiesha sprang geschwind auf ihr Kameel, und war gar bald die erste an der Spitze des Zuges. Man marschirte hierauf so geschwind, daß man in kurzer Zeit vor Ba srah anlangte.
[↔] (Die Auf rührer zeigen
sich vor Ba srah.)
[↔] Man glaubte, daß dieser Platz wenig Wi derstand thun würde. Tellah, wie ich schon gesagt habe, hatte ein Verständniß und einen Anhang darinne, welcher den Othman - ebn Hanif sehr schlecht empfangen hatte, als er die von dem Ali ihm gegebene Statthalterschaft in Besitz nehmen und den Statthalter des vorigen Califen ablösen wollte. Othman war also ge nöthiget worden wieder nach Medina zurückzu kehren; weil aber die Einwohner von Basrah uneins unter einander waren, so wuste er sich der Hülffe derjenigen, welche sich für den Ali erklärten, so wohl zu bedienen, daß er endlich in die Stadt zurück geruffen wurde. Er kehrte also wieder nach Basrah, nahm von der Statt halterschaft Besitz, und that sein möglichstes, das Feuer der Zwietracht auszulöschen. Viel leicht hätte er mit der Zeit seine Absicht erreicht, allein die schädlichen Verhetzungen des Tellah unterhielten beständig eine Parthey, welche sich allen Verträgen widersetzte.
[↔] (Die Ein wohner wer den geschla gen.)
[↔] Sobald Aiesha mit ihrer Armee erschien, rückte der Statthalter an der Spitze seiner Tru
pen aus, um ihr die weitere Annäherung zu [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) verwehren. Weil er aber weit schwächer als seine Feinde war, mußte er bey dem ersten An falle unterliegen; die meisten von seinen Leuten blieben auf der Stelle, und er selbst ward zum Gefangnen gemacht. Man mißhandelte ihn auf das allerschimpflichste. Die Araber haben allezeit eine alte Hochachtung für den Bart ge habt, so daß es der ärgste Schimpf war, wenn man denselben einem abschnitt; dieses nun tha ten die Anhänger der Aiesha diesem unglücklichen Statthalter, wozu sie noch eine Art von Mar ter fügten, indem sie ihm denselben Haar vor Haar ausrissen, welches sie auch mit den Au genbraunen thaten. Man behielt ihn noch eine Zeitlang gefangen, worauf man ihm die Frey heit wieder gab, damit er allen denen zum Bey spiele dienen könne, welche etwa Widerstand thun wollten.
[↔] Während der Zeit, als Othmann gefangen [↔] (Ammar
versammlet
die Einwoh ner, um ih re Gesinnun gen zu erfor schen.) war, nahm sein Unterbefehlshaber
Ammar die Vertheidigung des Platzes über sich, und mach te alle Anstalten, dem Feinde die Spitze zu bie ten. Weil ihm aber die Uneinigkeit, welche unter den Einwohnern herrschte, nicht unbe kandt war, so wollte er zuvor ihre Gesinnun gen gegen ihre eigne Landsleute, die sie mit den Waffen in der Hand anzufallen kamen, er forschen.
[↔] Er versammlete also die Einwohner in der [↔] (Ali.
Hegire
36.
n. C. G. 656.) Moschee, um mit ihnen zu Rathe zu gehen, was sie bey diesen Umständen für das thulichste hielten. Einer von ihnen stand auf, und fing also an zu reden: Wann diese Leute, wel che uns zu beunruhigen kommen, den Tod des Othmans rächen wollen, warum wenden sie sich deswegen an uns? Haben wir einigen Antheil daran gehabt? Glaubt mir, Muselmänner, schicket diese Leute zurück; sie haben andre Absichten, als die, welche sie vorgeben.
[↔] Dieser Redner würde sich ohne Zweifel über die Absichten, welche Aiesha und ihre Bunds genossen haben könnten, weiter ausgelassen ha ben; allein die Versammlung ließ ihm keine Zeit dazu. Es entstand ein so unruhiges Gemur re, daß es unmüglich war, einen Schluß zu fassen. Alles, was man schliessen konnte, war dieses, daß die Einwohner selbst untereinander uneins wären.
[↔] (Sie schi cken Abge ordnete an
die Aiesha.)
[↔] Unterdessen als Aiesha und ihr Gefolge der Stadt näher gerückt waren, kamen einige noch von den Ruhigsten zu ihr, um sich nach den Ur sachen zu erkundigen, warum sie solche Unruhen unter ihrem eignem Volke angerichtet habe. Sie wollte gegen sie reden, und redete auch in der That eine Zeit lang; allein es sey nun, daß sie sich nicht deutlich genug ausdrückte, oder daß man bey den Verwirrungen, worinnen sich die Gemüther befanden, nicht geneigt war, sie ordentlich anzuhören; genug, die Meinungen [↔] (Ali.
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n. C. G.
656.) über ihre gehaltene Rede waren getheilt. Eini ge behaupteten, sie habe Recht; andre, sie ha be Unrecht; und endlich ward man gar handge mein. Unterdessen war es doch eben kein ge fährliches Treffen: Die Einwohner liessen es damit gut seyn, daß sie einander Sand und Steine in die Gesichter warffen.
[↔] Als dieser Zank ein wenig wieder beygelegt war, nahte sich einer von ihnen der Aiesha, und redete mit ihr auf eine sehr vernünftige Art von dem unternommenen Handel. Mut ter der Gläubigen, sagte er,
hat dir es der Himmel aufgetragen, den Tod des Othmans zu rächen? Warum verläs sest du dein Haus, und kömmst mit einer Armee zu uns? Du warest von GOtt beschützet und von allen Gläubigen hoch geschätzet; jezo verlierst du diese zwey Vorzüge. Warum nimmst du dich ei nes Zankes an, welcher so viel Unheil anrichtet, und den Muselmännern Blut kosten wird? Wann du dieses Unterneh men angesponnen hast, so laß es fahren, und kehre wieder zurück, dein Beyspiel wird einen jeden zum Frieden geneigt machen. Hat man dich aber dazu ge zwungen, so soll dich unser und aller frommer Muselmänner Beystand sicher wieder heim bringen.
[↔] (Ali.
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n. C. G. 656.)
[↔] Ein andrer Einwohner wollte der Aiesha gleichfalls Vorwürffe machen, weil sie sich, wieder die Schamhaftigkeit ihres Geschlechts, unterstanden habe, sich an die Spitze einer Ar mee zu stellen; er fragte daher den Tellah und Zobeir ganz laut, ob die Häupter und Solda ten gleichfalls ihre Weiber mit in diesen Feld zug genommen hätten.
[↔] Das ganze Gefolge der Aiesha merkte nur allzuwohl, was dieser Vorwurf sagen wolle, und weil man schon über die erste Rede ver drüßlich war, und weder auf die eine noch auf die andre eine gute Antwort zu geben wußte, so kam man zu Scheltworten, und von den Scheltworten zum Sebel. Das Handgemen ge war blutig und es blieben auf beyden Sei ten nicht wenige auf dem Platze. Des Mor gens darauf fing man mit eben so vieler Wuth wieder an. Auch bey diesem zweyten Kampfe kamen verschiedne von den Streitern um, den größten Verlust aber litten die Anhänger der Aiesha.
[↔] Man kan mit Grunde sagen, daß bis jetzt beyde Theile sich geschlagen hätten, ohne eigent lich zu wissen, warum. Endlich verlangten diejenigen Einwohner von Basrah, welche wahrscheinlicher Weise noch das meiste kalte Blut behalten hatten, einen Waffenstillestand bis zur Rückkunft der Abgeordneten, welche sie nach Medina schicken wollten, um von den gegenwärtigen Uneinigkeiten Nachricht einzu
[↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) ziehen.
[↔] Die Anhänger der Aiesha nahmen den [↔] (Die Auf rührer versu chen verge bens, den
Statthalter
von Basrah
zu überra schen.) Vorschlag der Einwohner an; allein der Geist des Aufruhrs, welcher sie belebte, ließ sie nicht lange ruhig. Sie machten den Anschlag, Ba srah zu überraschen, und wollten sich daher, um sicher zu gehen, zuerst des Befehlshabers bemächtigen. Dieses war eben der Othman ebn - Hanif, welchen sie so mißgehandelt hat ten, als er bey dem ersten Kampfe vor Basrah war gefangen genommen worden. Sie hatten ihn bald darauf wieder frey gelassen, und er hatte sich wieder in seinen Platz gezogen, wel chen er auf das beste zu vertheidigen bedacht war.
[↔] Sie schickten also zu ihm, und liessen ihn in das Lager einladen, um sich mit der Aiesha zu besprechen. Man kan sich leicht einbilden, daß er, nach den erlittenen Beschimpfungen, we nig Lust haben konnte, dieser Einladung zu fol gen, welche er als eine neue Verrätherey seiner Feinde ansahe. Unterdessen ließ er in der Ant wort, welche er gab, doch keinen Argwohn spü ren, so daß er die Unterredung, um welche man ihn ersuchte, zwar ausschlug, zur Entschuldi gung aber die Abrede, die man genommen ha be, vorwandte, auf beyden Theilen nichts eher wieder vorzunehmen, bis die Abgeordneten zu rück gekommen wären.
[↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G. 656.)
[↔] Tellah und Zobeir, welche unter dem Vor wande einer Unterredung, sich des Statthalters bemächtigen wollten, waren sehr verdrüßlich, daß ihre List nicht besser ausschlagen wollte. Sie beschlossen daher, sich an der Stadt selbst deßwegen schadlos zu halten, und einen so wich tigen Posten, welcher ihrer Parthey zum Waf fenplatze dienen könnte, zu überraschen.
[↔] (Die Auf rührer be mächtigen
sich der
Stadt Ba srah.)
[↔] Eine sehr stürmische Nacht gab ihnen die erwünschte Gelegenheit dazu an die Hand; sie überrumpelten den Platz, und setzten sich in der Moschee feste. Der Befehlshaber wandte sei ne äussersten Kräfte an, sie wieder hinaus zu jagen; da er aber nicht von genugsamen Tru pen unterstützt wurde, so ward er genöthiget, sich zurück zu ziehen. Die Anhänger der Aies ha
wurden durch dieses erste Glück muthig, und verfolgten ihn mit ausnehmender Heftigkeit. Der Befehlshaber, welcher nur eine Handvoll Volks um sich hatte, vertheidigte sich lange Zeit sehr tapfer; endlich aber ward er von dem Fein de gefangen genommen, nachdem vierzig von seinen Leuten auf der Stelle geblieben waren.
[↔] Man sendete ihn so gleich zu der Aiesha, welche sein Schicksal
entscheiden sollte. Sie befahl den Augenblick, daß man ihm das Leben nehmen solle; doch zum Glücke für den Be fehlshaber waren einige Personen zugegen, wel chen seine Umstände nahe giengen. Sie baten für ihn um Gnade, und wendeten so gar den Namen des Propheten dazu an, bis Aiesha [↔] (Ali.
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n. C. G. 656.) endlich die Todesstrafe in vierzig Stockschläge auf die Fußsohlen verwandelte.
[↔] Hierauf hielt Aiesha mit den zwey vornehm sten Rädelsführern, dem Tellah und Zobeir, den Einzug in ihre neue Eroberung. Nach dem sie von dem Platze Besitz genommen hat ten, so gaben sie sich Mühe die
Gemüther zu gewinnen, und sich die Gunst der Einwohner zu verschaffen, um sie dahin zu vermögen, daß sie sich insgesamt wider den Ali erklärten, dessen Untergang sie beschlossen hatten.
[↔] Der Calif war gleichfals seiner Seits be
[↔] (Aliermahnt
die Einwoh ner von Me dina, seine
Vertheidi gung zu ü bernehmen.) müht, sich die Einwohner von Medina immer mehr und mehr zu verbinden. Auf sie hatte er sich auch am meisten zu verlassen. Seine Erwählung war ihr Werk; es kam also auch ih nen zu, sie zu unterstützen. Ali hielt ihnen die sertwegen in der Moschee, bey allgemeiner Ver sammlung, eine sehr nachdrückliche Rede. Er redete sehr heftig wider die kühnen Unterneh mungen der Rebellen, welche seine Gewalt nicht erkennen wollten, und sich dadurch offenbar das Recht anmaßten, die Krone nach ihrem Gefal len auszutheilen. Er ermahnte sie, eine solche Beschimpfung nicht zu dulden, und versicherte sie, daß sich der Himmel ihrer Sache anneh men würde, wann sie die Waffen zu seiner Ver theidigung ergreiffen wollten.
[↔] Die Rede des Califen hatte die Wirkung [↔] (Ali.
Hegire
36.
n. C. G. 656.) nicht, die man sich von ihr hätte versprechen können. Da er der Zuneigung des Volks ge wiß war, so konnte er auch gewiß glauben, daß man nicht einen Augenblick anstehen würde, sich für ihn zu erklären; gleichwohl aber hielten die Einwohner von Medina gänzlich damit zu rück. Die Furcht vor einem bürgerlichen Krie ge schien sie in ein finsteres Stillschweigen zu stürzen, welches in der That für den Califen ein sehr betrübter Umstand war, indem es bey dem Anfange dieser Unruhen unumgänglich nothwendig war, ein wenig hitzig zu seyn, um dem Fortgange derselben vorzubauen.
[↔] Ziad - ebn - Hontelah, ein Mann, welcher wegen seines Ranges und seiner Tapferkeit in grossem Ansehen stand, ward von der Kaltsin nigkeit der Einwohner von Medina so empfind lich gerührt, daß er hitzig aufstand, und sich dem Califen mit den Worten näherte: Wehe dem, welcher sich weigert die gerechte Sache mit Tapferkeit zu vertheidigen! Ich wenigstens verspreche dir, daß du mich allezeit voller Eyfer dir zu dienen finden sollst.
[↔] Das Verfahren dieses Muselmanns mach te bey allen Gemüthern sehr viel Eindruck. Ein jeder warf sich es heimlich vor, daß er nicht eben so viel Muth als Ziad habe. Nach und nach erhob sich in der Versammlung ein Ge murre, zum Vortheile des Califs; man such
te sich selbst aufzumuntern, seine Vertheidigung [↔] (Ali.
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n. C. G. 656.) zu übernehmen; doch die meisten wurden durch das Gerüchte zurückgehalten, welches Aiesha und ihre Anhänger von dem Tode des letztern Califen ausgebreitet hatten. Sie beschuldig ten den Ali, daß er an dieser Ermordung Theil habe, und diese häßliche Beschuldigung machte ihm die Gemüther abwendig. Zwar waren die meisten weit davon entfernt, den Califen für schuldig zu halten; gleichwohl aber ward es ihnen schwer, sich für einen Mann zu er klären, den man dieses Verbrechens wegen in Verdacht hatte.
[↔] Diese Verwirrung ward bald gehoben. Zwey Mediner, welche als Männer von unta delhaften Sitten, und als Lehrer des muselmän nischen Gesetzes in grosser Hochachtung standen, standen mitten in der Versammlung auf, und erklärten vor allem Volke, daß der Calif wegen der Ermordung mit Unrecht in Verdacht gezo gen würde. Der Herr der zwey Zeugnis se (*), sagten sie, hat an dem Tode des Imans (**) Othman keine Schuld ge habt.
39
40
[↔] (Ali.
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n. C. G. 656.)
[↔] Diese Entscheidung schlug allen Verdacht nieder.
Abu - Kotadad, ein vornehmer Medi ner, zog sogleich sein Schwerd, zeigte es dem Volke, und rufte: Dieses Schwerd habe ich von der Hand des Apostels: es ist Zeit, daß ich mich desselben wider dieje nigen bediene, welche unter den treuen Unterthanen Trennungen stiften, sie verführen, und sie nöthigen, sich unter einander zu ermorden.
[↔] Hierauf war weiter keine Uneinigkeit zwi schen den Einwohnern von Medina, und ein jeder erbot sich, zur Vertheidigung des Califen auszuziehen. Ali ward über diese glückliche Bereitwilligkeit des Volks entzückt, und wollte sich dieselbe sogleich zu Nutze machen, um der Stadt Basrah zu Hülffe zu eilen, damit sich die Aufrührer nicht derselben bemächtigen möch ten. Er brach also auf, und hatte nicht mehr als etwa neunhundert Mann bey sich: weil er aber unter Wegens hörte, daß seine Feinde die Stadt schon eingenommen hätten, so hielt er zu Arrabdah stille, und schrieb von da aus an verschiedne Orte um Hülffe.
[↔] (Der Statt halter von)
[↔] Zugleich ließ er den Mahomet, den Sohn des Abubekers, und den Mahomet, den Sohn [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) des Giaffars, sich aufmachen, und trug ihnen auf, die Einwohner von Cuffah zu einer Ver stärkung seiner Trupen zu bewegen; allein ih
[↔] (Cuffah
schlägt dem
Ali Hülffs völker ab.) re aufgetragne Verrichtung hatte keinen Fort gang. Der Statthalter, welcher zu Anfange der Zwistigkeit an den Ali geschrieben hatte, daß die Cuffahner ihm sehr geneigt zu seyn schie nen, war auf einmal kaltsinnig geworden, nach dem er gehört, daß die Aufrührer Basrah ein genommen hätten. Er empfing die Abgesand ten des Ali ganz nachläßig, und so stark sie ihm auch anlagen, so war es doch nicht möglich, ihn wieder auf die Seite des Califen zu brin gen. Da die Abgesandten durch Güte nichts gewinnen konnten, so suchten sie ihn durch die heftigsten Vorwürffe seiner Undankbarkeit und Ungerechtigkeit zu erschüttern; allein dieses dien te zu nichts weiter, als daß er seine schlechte Gesinnung gegen den Califen nur mehr an Tag legte. Ich versichere mit einem Ei de, sagte er, indem er sie von sich ließ, daß weder ich, noch die Einwohner dieser Stadt sich in diese Streitigkeit mischen werden, sondern daß sie sich alle für verbunden erachten, den Tod des Oth mans zu rächen. Eine andre Antwort er hielten die Abgesandten nicht, und kehrten vol ler Zorn und Unwillen zurück.
[↔] Sie gingen in das Lager bey Arrabdah, und glaubten den Califen noch daselbst zu fin= [↔] (Ali.
Hegire
36.
n. C. G. 656.) den; allein er war aufgebrochen und hatte sich mit der Verstärkung, die ihm der Stamm Thai unter Anführung des Said - ebn - Obeid schick te, der Stadt Basrah genähert. Kurz darauf bekam er unter Wegens noch eine Verstärkung von dem Stamme Assed; welches seine kleine Armee nach und nach so vermehrte, daß er we gen des guten Fortgangs starke Hoffnung ha ben konnte.
[↔] Die Abgesandten, welche von Cuffah zurück kamen, stiessen endlich zu Dulkar wieder zu ihm, wo sie eben zu der Zeit anlangten, als der Statthalter von Basrah den Califen zu begrüs sen kam. Nachdem er in dem Gefängnisse, in welchem man ihn einige Zeit verschlossen gehal ten, viel ausgestanden hatte, war er endlich wieder auf freyen Fuß gesetzt worden, und zu dem Ali
gekommen, ihm von allen, was zu Ba srah vorgegangen, Nachricht zu geben. Der Calif, welcher an seinem Gesichte die Merkmah le der grausamen Beschimpfung, welche ihm die Anhänger der Aiesha angethan hatten, sahe, beklagte sein Unglück, und lobte öffentlich seine Treue und Standhaftigkeit.
[↔] Hierauf vernahm er den Bericht, welchen ihm die Abgesandten, die er nach Cuffah ge schickt hatte, abstatteten. Das, was sie ihm von den Gesinnungen des Statthalters melde ten, machte einen empfindlichen Eindruck bey ihm; gleichwohl aber ließ er sich durch eine so grobe abschlägliche Antwort nicht abschrecken, [↔] (Ali.
Hegire 36.
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656.) sondern schickte andere Gesandten ab, welche a ber eben so wenig ausrichteten. Endlich be schloß er noch einen Versuch zu wagen, und trug seinem ältesten Sohne, dem Hassan, auf, sich mit dem Ammar - ebn - Yasser, welchen er ihm zum Gehülffen mit gab, nach Cuffah zu be geben, mit Befehl, alles mögliche anzuwenden, den Statthalter und die Einwohner dieses Pla tzes auf seine Seite zu bringen.
[↔] Hassan ward zu Cuffah mit vieler Achtung [↔] (Bemühung
des Hassans,
bey den Cuf fahnern
Hülfsvölker
auszuwirken.) empfangen; allein bey dem Statthalter konnte er deßwegen nichts mehr ausrichten; dieser führte mit ihm eben die Sprache, die er mit den vorigen Abgesandten geführet hatte. Un terdessen bekamen die Sachen doch gar bald ein ander Ansehen, und zwar bey Gelegenheit ei ner Versammlung, in welcher man zwey Brie fe ablaß, welche Aiesha, die gegenwärtigen An gelegenheiten betreffend, geschrieben hatte. Zeid ebn - Saukan, welcher sie in Händen hatte, kam in die Versammlung, und sagte zu den Cuf fahnern: Hier ist ein Brief von der Aies ha, welche mir befiehlt, mich in Cuffah ruhig zu halten, oder, wenn ich an die sen Uneinigkeiten Theil nehmen wollte, auf keine andre Seite, als auf die ihre zu treten, und ihr zu Hülffe zu kommen. Hier ist noch einer, fügte er hinzu, wel cher an die Versammlung der Cuffahner
[↔] (Ali.
Hegire
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n. C. G. 656.) gerichtet ist, und welcher eben dieselben Befehle in sich hält.
[↔] Man laß diese zwey Briefe ab, worauf Zeid das Wort nahm, und zu dem Volke sag te: Der Aiesha war befohlen, ruhig in ihrem Hause zu bleiben, uns aber war befohlen, zu streiten, bis kein Aufruhr mehr seyn würde. Nun aber befiehlt uns diese Mutter der Gläubigen das, was sie thun sollte, und thut das, was wir thun sollten.
[↔] Die Freyheit, welche sich Zeid nahm, die Aufführung der
Aiesha zu tadeln, verursachte anfangs unter den Cuffahnern einiges Gemurre, man fing so gar an Scheltworte zu gebrauchen. Doch weil Hassan zu dem Volke reden wollte, so ward es nach und nach stiller, und endlich machte man sich bereit ihn zu hören: Euer Haupt, sagte er, spricht euch um Hülffe an, und so wohl euer Nutzen, als eure Schuldigkeit erfordern es, sie ihm nicht zu versagen. Und warum solltet ihr sie ihm auch versagen? Hat er jemanden Unrecht gethan? Sollte man wohl sa gen, daß er seine Würde erschlichen ha be, oder derselben unwerth sey? Die Re bellen geben beständig vor, den Tod des Othmans zu rächen; und diesertwegen wollen sie die Waffen ergriffen haben; allein, ihr Cuffahner, trauet ihnen nicht;
sie wollen nicht den Othman rächen, [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) sondern den Ali absetzen. Und gleich wohl ist es eben der Ali, welchen man einmüthig zu Medina erwählt hat, und dem Tellah und Zobeir den Eid der Treue geleistet haben, sie, die man jetzt an der Spitze der Rebellen sieht.
[↔] Diese Rede war von größrer Wirkung, als alle Unterhandlungen, die man bisher ver sucht hatte. Die Einwohner von Cuffah schie nen von der Verfolgung, die man dem Califen erweckte, ungemein gerührt zu seyn. Hassan, welcher auf alle Bewegungen, die in der Ver sammlung vorfielen, aufmerksam war, nahm die Gesinnungen der Cuffahner gar bald wahr, und brachte sie endlich, durch die gefällige Auf führung, die er, so lange er in ihrer Stadt blieb, beobachtete, völlig auf seine Seite. Als er Abschied von ihnen nahm, sagte er, daß er sich wieder zu seinem Vater begeben wolle, ihm ihre Denkungsart, in Ansehung seiner, zu mel den und ihm Hoffnung zu machen, daß sie ihm ohne Zeitverlust thätige Merkmahle davon ge ben würden. Da sich nun die Cuffahner er boten; sogleich zur Vertheidigung ihres Haupts aufzubrechen, so bezeigte Hassan, wie empfind lich er gegen ihren guten Willen sey, und ver sicherte, daß diejenigen, die ihm folgen wollten, dem Staate einen wesentlichen Dienst leisten würden, wie er sich denn ein Vergnügen dar= [↔] (Ali.
Hegire
36.
n. C. G. 656.) ausmachen würde, sich an ihrer Spitze zu stellen.
[↔] (Die Cuf fahner ver willigen dem
Califen Tru pen.)
[↔] Die Cuffahner brachten ihre Versprechun gen gar bald in Erfüllung, und fast neun tau send Mann begaben sich auf den Marsch. Hassan, welcher über den glücklichen Fortgang seiner Unterhandlung eben so erstaunt als freu dig war, schickte auf das schleinigste einen Bo then an den Califen, ihm diese schmeichelnde Begebenheit zu melden.
[↔] Diese wichtige Neuigkeit verbreitete die Freude unter allen Anhängern des Ali. Man machte den Cuffahnern wegen ihres Eifers die grösten Lobeserhebungen, der Calif selbst woll te ihnen seine Erkenntlichkeit deßwegen bezei gen, und ging ihnen entgegen. So bald er sie erreicht hatte, redete er sie mit der edeln Bered samkeit, die ihm so natürlich war, an. Nach dem er ihre Tapferkeit gelobt, die sie so oft, und besonders bey den persischen Eroberungen be wiesen hatten, erklärte er sich wegen der jetzigen Angelegenheiten in folgenden Ausdrücken.
[↔] Ich habe euch, ihr tapfern Cuffah ner, sagte er, ruffen lassen, um Zeugen meiner Aufführung gegen unsre Brüder zu Basrah zu seyn. Meine Absicht ist, sie durch Güte dahin zu vermögen, daß sie wieder zu ihrer Schuldigkeit zurück kehren, damit das Blut der Muselmän ner unvergossen bleibe; das ist es alles,
was ich verlange. Ich ersuche diejeni
[↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G. 656.) gen unter euch, welche in diesem Orte et wa einige Verwandtschaft oder einiges Ansehen haben, mit mir gemeinschaftlich an einem Vergleiche zu arbeiten: denn ich will es hiermit öffentlich erklärt ha ben, daß ich den Frieden allen Vorthei len vorziehe, die man von dem glückli chen Fortgange der Waffen erwarten kan. Der Krieg ist den Unterthanen al lezeit verderblich.
[↔] Ueber diese Rede bezeigte jederman seinen Beyfall durch Zuruffungen, welche genugsam zeigten, wie viel der Calife von einem ihm so geneigten Volke zu erwarten habe. Ali begab sich kurz darauf auf den Marsch, die Rebellen aufzusuchen.
[↔] Der Ruf von diesem Marsche, und die Ver
[↔] (Ali kömmt
vor Basrah.) bindung der Cuffahner mit den Medinern, setz ten die Anhänger der Aiesha in grosse Unruhe. Noch bestürzter aber waren sie, als man den Califen mit seinen Trupen vor Basrah erschei nen, und sein Lager unter den Mauern dieser Stadt aufschlagen sahe.
[↔] Nach verschiednen Ueberlegungen, welche die Rebellen auf eine ziemlich lermende Art an stellten, beschlossen Tellah und
Zobeir, sich mit dem Ali zu unterreden, um sich aus diesem ü beln Handel so gut, als möglich, zu ziehen.
[↔] Ali welcher nichts als den Frieden wünsch [↔] (Unterredung
zwischen dem
Ali u. Zobeir.)
[↔] (Ali.
Hegire
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n. C. G. 656.) te, verwilligte eine Unterhandlung mit ihnen sehr gerne. Bey der ersten Zusammenkunft re dete der Calif mit beyden mit vieler Mäßigung; gleichwohl aber mit einer Art, die ihnen ihre Untreue und Ungerechtigkeit, und endlich ihren Aufstand, zu welchem er seines Theils nicht den geringsten Anlaß gegeben habe, ziemlich leb haft vorwarf.
[↔] Erinnere dich, sagte er zu dem Zobeir,
was zwischen dem Propheten, dir und mir vorging, als er dich fragte, ob du seinen werthen Sohn den
Ali liebtest. Du gabst ihm zur Antwort: ja; er aber versetzte sogleich: Dennoch wirst du dich wider ihn empören, und den Muselmän nern grosses Ungemach verursachen.
[↔] (Zobeir faßt
den Ent schluß, die
Waffen wi der dem Ali
nicht länger
zu führen.)
[↔] Zobeir, ward von der Gelindigkeit des Ca lifen, und von dem Vorwurffe, eine Freund schaft gebrochen zu haben, die er ihm, so zu reden, in Gegenwart des Mahomets geschwo ren, gleich stark gerührt, und sagte mit vieler Bewegung: Es ist wahr; ich besinne mich; wann ich mich eher darauf besonnen hät te, so würde ich nimmermehr die Waf fen wider dich ergriffen haben. Er be gab sich hierauf zurück, und beschloß, es möge auch kommen wie es wolle, gegen den Ali die Waffen weiter nicht zu führen.
[↔] Doch die aufrührische Aiesha brauchte so viel Wendungen, daß sie gar bald den Zobeir wieder auf die ersten Gedanken, die sie ihm [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) beygebracht hatte, brachte: und damit sie von diesem Muselmanne weiter nichts möge zu be fürchten habe, so ließ sie ihn keine Zusammen kunft mehr mit dem Califen halten. Weil aber Zobeir immer wegen des Eides unruhig blieb, den er dem Ali, bey seiner Ernennung zum Ca lifen, geleistet hatte; so sprach ihn Aiesha von aller Verbindung los, indem sie ihn einem Skla ven die Freyheit geben ließ. Dieses nehmlich [↔] (Die Art
der Musel männer, sich
von ihrem
Eide loß zu
machen.) war die Art, wie die Muselmänner einen Eid aussöhnten, von welchem sie nicht länger woll ten gebunden seyn. Durch dieses Mittel trat Zobeir wieder auf die Seite der Rebellen, und führte in dem Treffen, welches kurz darauf vor fiel, die Waffen wider den Ali.
[↔] Denn alle Unterhandlungen waren verge bens. Der Calif, welcher die gerechteste Sa che für sich hatte, und dem es übrigens auch an Kräften nicht fehlte, suchte vergebens alle Mit tel hervor, die Gemüther wieder zum guten zu lenken; Aiesha machte alle Maaßregeln, welche man anwenden wollte, zu nichte, und endlich mußte man es nothwendig auf eine entscheiden de Schlacht ankommen lassen.
[↔] Die beyden Kriegsheere stellten sich also in [↔] (Schlacht
zwischen der
Armee des
Ali, und
der Armee
der Rebellen.) Schlachtordnung. Aiesha erschien selbst an der Spitze der Rebellen: sie ritt auf ihrem Kamee le durch alle Glieder, und ermunterte die Sol daten, ihre Schuldigkeit auf das beste zu beob= [↔] (Ali.
Hegire
36.
n. C. G. 656.) achten. So bald man das Zeichen gegeben hatte, gingen beyde Theile mit gleicher Wuth und gleicher Tapferkeit auf einander los. Die ses Handgemenge war sehr schrecklich, und man wußte lange Zeit nicht, auf welche Seite sich das Glück lenken würde. Unterdessen bekamen die Trupen des Ali doch nach und nach, durch den Verlust verschiedner feindlicher Generale, die Oberhand.
[↔] (Tellah wird
getödtet.)
[↔] Tellah, welcher einer von den Vornehmsten war, gab sich unglaubliche Mühe, seine Trupen wieder in Ordnung zu bringen, welche allmä lig anfingen, sich mit weniger Eifer zu schla gen. Mervan Hakem, welcher ihn beobachtete, sagte zu dem Califen, an dessen Seite er sich befand: Siehe da, den Verräther; den Augenblick will ich ihn umbringen. So gleich schoß er einen Pfeil ab, und brachte ihm in dem Schenkel eine tödtliche Wunde bey. Man zog ihn geschwind aus dem Gedrenge, um Mittel zu seiner Rettung anzuwenden, doch alle Sorgfalt war vergebens, und er empfand es gar bald selbst, daß er sterben werde. In diesen seinen letzten Augenblicken ward er einen von den Leuten des Ali gewahr, welcher ohne Zweifel zum Gefangenen war gemacht worden; diesen ruffte er zu sich, und sagte, indem er die Hand in seine Hand legte: Sage deinem Herrn, dem Califen, daß ich hiermit den Eid der Treue, den ich ihm bereits gelei
stet, erneure, und daß es mich reuet, ihn [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) so schändlich gebrochen zu haben. Nach dem er diese letzte Worte gesagt, verschied er.
Als dem Ali dieser Zufall hinterbracht wurde, dankte er Gott dafür. Der HErr, sagte er, hat ihn nicht eher in den Him mel ruffen wollen, als bis er seine Un treue durch diese letzte Bezeugung einer aufrichtigen Reue ausgetilget habe.
[↔] In eben dem Augenblicke erfuhr Ali, daß [↔] (Tod des
Zobeir.) auch Zobeir, das andere Haupt der Rebellen, elendiglich umgekommen sey. Man hat gese hen, wie er sich nach seiner mit dem Califen gehab ten Unterredung, dennoch wieder von der Aies ha verführen lassen, die Waffen gegen den Ali nicht nieder zu legen; doch eben, als man hand gemein werden wollte, hatte er neue Gewissens bisse gefühlt. Weil man ihm berichtete, daß ein angesehener Muselmann, Namens Amar ebn - Yasser, sich unter der Armee des Ali be fände; so erinnerte er sich, wie er den Maho met habe sagen hören, daß dieser Muselmann der Billigkeit und Gerechtigkeit dergestalt erge ben sey, daß er niemals eine andre, als diejeni ge Parthey ergreiffen würde, welche Recht ha be. Dieser Gedanke rührte ihn so lebhaft, daß er sich ganz in der Stille zurück zog. Er nahm seinen Weg in ein Thal, wo er eine Schaar Araber antraf, welche von dem Hanaf ebn - Kais angeführet wurde. Dieser hatte sich [↔] (Ali.
Hegire
36.
n. C. G. 656.) bey der allgemeinen Uneinigkeit auf keine Seite geschlagen, sondern, weil er hörte, daß es ehe stens zum Treffen kommen würde, den Aus gang abwarten wollen, um alsdann der stärk sten Parthey beyzutreten.
[↔] Gleichwohl aber erhellt aus der Erzehlung eines persischen
Geschichtschreibers, des Mir kud, daß dieser Muselmann mehr für den Cali fen, als für seine Gegner eingenommen war: Denn als er den Zobeir, dessen Verrätherey ihm bekandt war, von weiten kommen sahe, so fragte er seine Leute, ob einer von ihnen diesen Mann kenne, und es auf sich nehmen wolle, ihm seinen Kopf zu bringen.
[↔] Amru - ebn - Giarmuz trat so gleich hervor, dieses Geschäfte auf sich zu nehmen, und spreng te auch den Augenblick auf den Zobeir los. Als dieser einen Reuter auf sich zukommen sahe, rief er ihm zu, in einer gewissen Entfernung zu bleiben. Unterdessen machten sie doch gar bald mit einander Bekandtschaft, und stiegen von ih ren Pferden, sich mit einander zu unterreden. Eben als sie mit einander von dem, was bey der Armee des Califen vorgehe, sprachen, kam die Stunde des Gebets. Zobeir kündigte sie an, indem er Salat, das ist: zum Gebete, rief, und warff sich auch so gleich zur Erden. Amru ergriff diese Gelegenheit, und schlug ihm mit einem Streiche den Kopf ab.
[↔] Der Muselmann, an statt seinem Anführer, [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G. 656.) dem erhaltenen Befehle gemäß, dieses Haupt zu bringen, begab sich zur Armee des Cali fen, und kam eben zu der Zeit an, als sich [↔] (Gesinnung
des
Ali we gen des To des des Zo beir.) das Glück für den Ali zu erklären anfing. Am ru glaubte die Vortheile, welche der Calif davon getragen hatte, um ein grosses zu ver mehren, wenn er ihm den Kopf seines Feindes darreichte. Doch Ali war weit entfernt, das geringste Vergnügen darüber zu bezeigen, son dern das Schicksal des Zobeir gieng ihm viel mehr nahe. Er machte dem Amru sehr harte Vorwürffe, und bedrohete ihn so gar mit der
Hölle. Dieser hatte sich auf eine gute Beloh nung gespitzt, und erstaunte also nicht wenig, daß ganz das Gegentheil erfolgte; er konnte sich nicht enthalten, seinen Zorn wider den Califen ausbrechen zu lassen, und sagte ihm unter an dern: Du bist das unglückliche Schicksal der Muselmänner. Wann dich jemand von deinem Feinde befreyet, so drohest du ihm mit der Hölle; und wenn man einen von den deinigen tödtet, so ist man den Augenblick ein Geselle des Teufels.
Der Tod des Tellah und Zobeir, und die gänzliche Flucht der Rebellen, verschaften dem Ali einen vollkommenen Sieg. Er hatte in dem Schooße des Staats keinen Feind mehr zu fürchten; Aiesha war selbst gefangen ge nommen worden; sie hatte vergebens mit den [↔] (Ali.
Hegire
36.
n. C. G. 656.) Flüchtigen davon zu kommen gesucht; ihrem Kameele waren in der Hitze des Treffens die Schenkel abgehauen worden, daß es also noth wendig auf dem Platze bleiben mußte. Hier war es, wo der Calif eine Unterredung mit ihr hatte.
[↔] Die Unterredung fing sich durch beyderseiti ge Vorwürffe an. Doch Ali, welcher sich sei ne Vortheile eben nicht zu Nutze machen woll te, nahm gar bald einen sanftmüthigen Ton an. Er begegnete der Aiesha sehr höflich, und er wieß ihr die Ehre, sie unter Begleitung seiner zwey Söhne, nach Medina zurück zu senden. Ehe er sie verließ, rieth er ihr auf eine höfliche aber doch ernsthafte Art an, sich nicht weiter in Staatsgeschäfte zu mischen, und besonders kei ne Partheyen mehr zu machen, damit man ihr keine solche Unruhen mehr vorzuwerffen habe.
[↔] (Ali theilet
den Raub.)
[↔] Nachdem Aiesha weg war, gab Ali Befehl die Beute zusammen zu bringen, und war dar auf bedacht, sie zu theilen. Er machte bey dieser Gelegenheit eine sehr weise Anordnung, welche ihm die Gemüther seiner Trupen gewin nen mußte; er ließ nehmlich bey der Theilung einen Theil bey Seite legen, welcher unter die vertheilt werden sollte, deren Anverwandte in dem Treffen geblieben waren. Kurz darauf begab er sich von Basrah wieder weg, und ließ den Abdallah - ebn - Abbas als Statthalter da selbst.
[↔] Der Calif erwehlte nunmehr Cuffah zu dem [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G. 656.) Sitze seines Reiches. Er wollte der Stadt durch diesen rühmlichen Vorzug seine Dankbar keit gegen die Dienste bezeugen, welche ihm die [↔] (Ali nimmt
seinen Sitz
zu Cuffah.) Einwohner geleistet hatten, deren Beystande und Tapferkeit er seinen ganzen Sieg zu dan ken hatte.
[↔] Als Ali sein Ansehen wieder ein wenig be
[↔] (Er ersucht
den Moa vias, ihn für
den Califen
zu erkennen.) festiget sahe, so fing er an, die Händel des Moavias etwas weniger zu befürchten. Un terdessen beschloß er doch, nicht mit offenbarer Gewalt wider ihn zu verfahren. Er vergaß also die Beleidigung, die ihm dieser Muselmann, durch die ungeziemende Antwort auf seinen Brief, erwiesen hatte, und beschloß noch einen zweyten Brief an ihn zu schreiben, und ihn zur Unterwürfigkeit anzuhalten.
[↔] Moavias blieb die Antwort lange Zeit [↔] (Amru
nimmt
an dem Auf stande des
Moavias
Theil.) schuldig, weil er nichts unternehmen wollte, bevor er nicht den Amru - ebn - al - As, den be rühmten Eroberer Aegyptens, um Rath ge fragt. Dieser war von dem Omar zum Statt halter dieser Provinz eingesetzt, von dem Oth man
abgesetzt, und wieder eingesetzt, und end lich von dem Ali
zurück beruffen worden. Moa vias hatte nicht unterlassen sich mit einem so vornehmen Mißvergnügten genau zu verbinden, und jeder war darauf bedacht, die Unruhen fort dauren zu lassen, um den Califen nach und nach bey dem Volke verhaßt zu machen. Nach= [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) dem also Moavias den Brief des Ali erhalten hatte, so gab er sogleich dem Amru davon Nach richt, und bat ihn, seine Meinung auf das schleinigste davon zu melden. Uebrigens ver sicherte er ihm, daß sein Wille noch immer sey, den Tod des Othmans zu rächen, daß ganz Syrien eben so gedächte, und daß er alles an wenden würde, das Volk bey diesen Gesinnun gen zu erhalten.
[↔] Amru erhielt den Brief des Moavias in Pa lestina, wo er sich damals befand: er freute sich ungemein, daß dieser Statthalter noch immer gesonnen sey, sich dem Ali zu widersetzen. Er ließ ihm sagen, daß er sich in kurzen mit ihm zu verbinden hoffte, um den Tod des Califen ge meinschaftlich zu rächen.
[↔] Er erinnerte sich nicht mehr, daß Othman ehedem nicht aufgehört habe, ihn zu verschrey en, daß er ihm, als er den Thron bestiegen, die Statthalterschaft Aegyptens genommen, und daß er ihn nur aus Zwang wieder eingesetzt, weil sich ganz Aegypten für ihn erklärt hatte. Ali hatte, bey Antritt seiner Regierung, ihn aufs neue abgesetzt; und dieses war genug, sich wider ihn aufzuwerffen, und mit dem Moavi as in ein verderbliches Bündniß zu treten, wel ches das muselmännische Reich zerriß, und end lich dem Califen Kron und Leben kostete.
[↔] Der Sieg, welchen Ali davon getragen hat te, knüpfte das Band der Freundschaft zwischen dem Amru und Moavias noch immer fester. [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G. 656.) Sie begriffen leicht, daß Ali, da er durch die sen Sieg weit mächtiger geworden wäre, leicht so wohl mit dem einem, als mit dem andern fer tig werden würde, wann sie sich von einander trennten. Wann sie aber ihre Kräfte vereinten, so würde das Unternehmen schwerer, und man könnte so gar hoffen, daß zwey Heerführer, wel che so wohl ihre Eroberungen als ihre Staats klugheit berühmt gemacht hatten, dem Ansehen des Califen das Gleichgewichte halten, und ihn endlich gar zu Grunde richten würden.
[↔] Indem Moavias die Ankunft des Amru er
[↔] (Moavias
bringt die
Syrer auf
seine Seite.) wartete, bemühete er sich die Syrer immer mehr und mehr wider den Ali aufzuhetzen und auf seine Seite zu bringen. Er schrie ihn als den Mörder des Othmans aus, dessen Tod er rächen müste, weil er mit ihm aus dem Ge schlechte des Ommiah herstamme, und grosse Wohlthaten von ihm genossen habe, indem er die Statthalterschaft Syriens, die ihm der neue Ca lif wieder nehmen wollen, von ihm erhalten.
[↔] Man hat gesehen, daß Moavias schon ein be trächtliches Heer auf die Beine gebracht, welches mehr als hinlänglich gewesen wäre, dem Califen, während der ersten Unruhen, die sich in Medi na erhoben, die Spitze zu bieten. Doch seit dem Siege, welchen
Ali über die Rebellen da von getragen, waren seine Kräfte so sehr gewach sen, daß man, ohne vorher die größte Vorsicht [↔] (Ali.
Hegire
36.
n. C. G. 656.) angewandt zu haben, nicht wider ihn ausziehen konnte. Uebrigens war der Anschlag, welchen Moavias hatte, so groß, daß er nothwendig sehr zahlreiche Trupen haben muste, wenn er seine ehrgeitzige Absicht erreichen wollte.
[↔] Er gab sich also jetzt mehr Mühe, als je mahls, die Gemüther des Volks zu gewinnen, und schien, ohne seine heimliche Absichten im geringsten merken zu lassen, keinen andern Zweck zu haben, als den Tod des Othmans zu rächen. Das Volk, welches seine Liebe gegen diesen Califen schon damals, als man sein bluti ges Gewand öffentlich zur Schau gestellt, be zeigt hatte, legte neue Beweise seiner Zärtlich keit ab, als Moavias in der grossen Moschee zu Damascus eine Rede dieserwegen hielt.
[↔] Er beschuldigte den Ali öffentlich, daß er den
Othman seinem Ehrgeitze aufgeopfert habe, um den Thron an sich zu bringen. Er gab vor, daß die Erwählung des neuen Califen von dem Volke nicht sey bestätiget worden; daß er ver schiedne Muselmänner gezwungen habe, ihn zu huldigen; daß er den Zobeir und
Tellah, weil sie sich wider seine Wahl gesetzt, mit den Waf fen verfolgt; daß er, nach erhaltenem Siege über diese großmüthigen Vertheidiger des Oth mannischen Bluts und der Freyheit des Volks, die Wittwe des Propheten beschimpft habe; daß er zwar diese Mutter der Gläubigen bey dem Leben gelassen, daß dieses aber bloß aus Furcht eines allgemeinen Aufstandes geschehen [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G. 656.) sey; und daß endlich dieser triumphirende Ca lif im Anzuge sey, nach Syrien zu kommen, und ihm die Statthalterschaft zu nehmen.
[↔] Diese Rede, welche mit vieler Heftigkeit ab gelegt wurde, machte bey den Gemüthern Ein druck, so daß sich in der Versammlung ein Mur ren erhob, welches ihm einen allgemeinen Bey fall zu versprechen schien. Er machte sich die sen Augenblick zu Nutze, seine Zuhörer noch mehr zu bewegen, und sprach: Solltet ihr wohl, ihr Syrer, mich bey einer so ge rechten Sache verlassen? Wann ich auch, mit Vergiessung meines Bluts, den Tod des Othmans räche, werde ich dadurch nicht euern Gebieter, euren Wohlthäter, euren Vater rächen?
[↔] Das Ende dieser Rede ward durch die An
[↔] (Amru kömmt
nach Dama scus.) kunft des Amru unterbrochen, welcher unver hoft an der Spitze der Hülfsvölker, die er dem Califen zuführte, in Damascus erschien. Man will, daß diese unvermuthete Ankunft von die sen zwey Feldherren auf eine geschickte Art sey verabredet worden, damit das Volk, welches durch die Rede des Moavias schon gerührt wor den, von sich selbst durch seinen Zuruff dasje nige, was nunmehr vorgehen solle, billigen möge.
[↔] So bald man die Ankunft des Amru gemel det hatte, war Moavias von seinem Redner= [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) stuhle gestiegen, und ihm entgegen gegangen. Alle, die in der Moschee waren, begaben sich gleichfalls heraus, und folgten ihrem Statthalter, welcher, indem er dem Amru entgegen ging, zu denen, die um ihn waren, sagte, daß diese An kunft ein Wunder sey, und daß man eine so grosse Geschwindigkeit fast gar nicht glauben könne. Unter diesen Reden war er bis auf den grossen Platz der Moschee gegen über ge kommen, als er den
Amru antraf.
[↔] (Moavias
wird zum Ca lifen erklärt.)
[↔] Das ganze Volk schien vor Erstaunen aus ser sich zu seyn, als es sahe, daß sich dieser dem Moavias zu Füssen warf; das Erstaunen aber ward noch weit grösser, als man den Amru ihm den Eid der Treue leisten und erklären hörte, daß er ihn für seinen Califen erkenne. Die Zu schauer waren allzuwohl vorbereitet, als daß sie diesem Beyspiele nicht hätten folgen sollen. Man ging dabey auf eine recht unsinnige Art zu Wer ke, und ganz Damascus erscholl von dem Freu dengeschreye und den lermenden Zuruffungen des Volks, welches sich für den neuen Califen erklärte. Das Gerüchte von dieser sonderba ren Wahl verbreitete sich gar bald durch alle Städte Syriens, und eine jede beneidete das
Schicksal der Stadt Damascus, welche durch diesen Zufall der Sitz des muselmännischen Reichs werden sollte.
[↔] (Er giebt
dem Ali
von
diesem Zu)
[↔] Es währte nicht lange, so bekam Ali von dieser verdrießlichen Begebenheit Nachricht; was ihm aber dabey am empfindlichsten seyn [↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) mußte, war die beleidigende Art, mit welcher ihm Moavias das vorgegangene berichtete. Dieser Statthalter hatte bis jetzt den Bothen(falle Nach richt.) des Califens bey sich behalten, ohne ihm eine Antwort zu ertheilen; so bald sich aber diese gros se Veränderung ereignet hatte, ließ er ihn vor sich ruffen, und gab ihm den Brief, worinne er seinem Herrn diesen unglücklichen Streich mel dete, welchen man seinem Ansehen beygebracht habe.
[↔] Dieser Aufstand war um so viel mehr zu befürchten, je grösser die Hochachtung war, in welcher Moavias bey dem Volke, welches er re gierte, stand. Ubrigens war Syrien eine sehr grosse Provinz, eben so reich als mächtig, und vermöge der Häfens, welche es an dem mittel ländischen Meer hatte, im Stande, fremde Hülffe zu bekommen.
[↔] Ali versuchte anfangs, auf alle mögliche [↔] (Ali zieht
wider die Re bellen aus.) Art, die Gemüther wieder mit guten auf den rechten Weg zu lenken. Ermahnungen, Ver sprechungen, ein ewiges Vergessen alles vor gegangenen, Vorstellungen; mit einem Worte, alles ward von dem Califen angewandt; aber vergebens. Er mußte also ein ander Mittel ergreiffen, und dasjenige mit Gewalt zu erlan gen suchen, was er durch Güte und Mäßigung nicht erhalten konnte. Er brach von Cuffah an der Spitze von achtzigtausend Mann auf, und zog gegen Syrien los.
[↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G. 656.)
[↔] Als er an den Grenzen dieser Provinz an langte, so hielt er eine Weile daselbst stille, um seine Trupen, welche auf dem Marsche sehr viel Beschwerlichkeiten ausgestanden hatten, sich erhohlen zu lassen. Hier nun war es, wo sich, wie die arabischen Geschichtschreiber erzehlen, eine besondre Begebenheit ereignete, welche die Muselmänner in die größte Verwunderung setz te, und ihre Ergebenheit und Hochachtung ge gen den Califen um ein grosses vermehrte.
[↔] (Er entdeckt
einen Brun nen, welcher
seine Armee
mit Wasser
versorgt.)
[↔] Weil das Wasser in dem Lager des Ali zu fehlen anfieng, so schickte er Leute aus, welche in der Gegend eine Quelle oder Cisterne auf suchen sollten, die seine Völcker versorgen könn te. Man brachte einen alten Einsiedler dasi gen Landes, den man unweit von dem Lager in der Höle gefunden hatte, zu ihm; als dieser Ein siedler von dem Califen gefraget ward, antwor tete er: daß nicht mehr als eine Cisterne in der Gegend befindlich wäre, welche nicht mehr als zwey oder drey Eimer hielte; allein er gab ihm zu erkennen, daß er ein Mittel wisse, weit er giebigere Quellen zu finden. Hierauf sagte ihm der Calif: Es sey ihm nicht unbekannt, daß die alten Patriarchen in dieser Gegend viele Brun nen gegraben hätten; allein es sey sehr schwer, sie zu entdecken.
[↔] Der Einsiedler versetzte: Er habe immer erzehlen hören, daß an dem Orte selbst, wo er sich ietzt befände, eine sehr reiche Quelle seyn solle, deren Zugang aber mit einem ausseror
[↔] (Ali.
Hegire 36.
n. C. G.
656.) dentlich grossen Steine verschlossen wäre; und daß man dieserwegen von undenklichen Zeiten her eine gemeine Sage hätte: als ob nur ein Prophet, oder dessen Anverwandtet, diesen Stein hinweg heben könne.
[↔] Ali ließ so gleich an dem Orte, wo er sich befand, eingraben, und man fand würklich in einer sehr geringen Tiefe diesen ungewöhnlichen grossen Stein, dessen der Einsiedler erwähnet hatte. Der Calif trat herzu, rührete den Stein an, und hub ihn ohne Schwierigkeit in die Höhe. Der Einsiedler ward von einem so erstaunlichen Wunder gerühret, und warf sich dem Ali
zum Füssen; Er erkannte ihn für einen Propheten, und lief, zur Bestätigung dieser dem Califen bey gelegten Würde, auf das schleunigste zu seiner Einsiedlerey, von welcher er den Augenblick wie der zurück kam, und die Beweise seines Vorge bens mitbrachte; diese bestunden in einem al ten Pergamente, welches Simeon - Ben - Sa fa (das ist: Simon, der Sohn des Cephas) ei ner von den Aposteln JEsu Christi, mit eigner Hand solle geschrieben haben, und auf dem man an einer sehr beschädigten Stelle dieses laß: Daß zur Zeit des letzten Propheten der Brunnen entdeckt und der Stein solle aufgehoben werden. Die leichtgläubigen Muselmänner sahen dieses Denkmal als ein glaubwürdiges Document an, wieder das man ohne Ruchlosigkeit nichts ein= [↔] (Ali.
Hegire
37.
n. C. G. 657.) wenden könne, und danketen nebst dem Ali dem Himmel für eine so wunderbare Schickung.
[↔] (Scharmü tzel zwischen
den zwo Ar meen.)
[↔] Nachdem die Trupen eine zeitlang ausge rastet hatten: So begab sich Ali wieder auf den Marsch, und rückete auf Saffein los, wo er wu ste, daß der Feind sich gelagert hatte. Dieser Annäherung ungeachtet fiel doch ein ganzes Jahr hindurch kein sonderliches Treffen vor; ausser einigen Scharmützeln und kleinen Handgemen gen zwischen verschiedenen Geschwadern, die von Zeit zu Zeit das Land durchstreiffeten. Es schien, als ob die Häupter auf beyden Theilen die Entscheidung ihres Schiksals dem Eigensinne des Glücks
nicht gern überlassen wollten.
[↔] Unterdessen raffeten diese verschiedenen Scharmützel in einer gewissen Zeit beynahe eben so viel Leute hin, als ob man eine ordent liche Schlacht geliefert hätte. Ali
verlohr mehr als fünf tausend Mann, unter denen man dreys sig zählete, welche Gefährten des
Mahomets gewesen waren. Der vornehmste unter diesen war Ammar - Ebn - Yasser, welcher die Reute rey des Califen anführete. Er hatte den Pro pheten in verschiednen Schlachten sehr wichti ge Dienste geleistet und sich unter den Musel männern ein sehr grosses Ansehen erworben. Er war ungefehr neunzig Jahr alt, da er um das Leben kam.
[↔] (Moavias
schläget den
Zweykampf
mit dem Ali
aus.)
[↔] Ali hatte versuchet, das Blut seiner Völker zu schonen, indem er dem Moavias vorgeschla
gen ihren Streit durch einen Zweykampf aus
[↔] (Ali.
Hegire 37.
n. C. G.
657.) zumachen: Allein dieser verwarf den Vorschlag, ob ihn gleich Amru Vorstellungen genug that, daß er ihn nothwendig annehmen müsse. Moa vias antwortete ihm: Es sey dem Ali allezeit bey solchen Gelegenheiten geglücket, seinen Mann zu tödten; Er wolle sich also einer glei chen Begegnung nicht aussetzen. Amru be stand mit Gewalt darauf, und ließ ihn überle gen, daß diese abschlägliche Antwort ihn be schimpfen würde.
Moavias gerieth in Zorn, daß man ihm so sehr zusetze, und beschloß die Unterredung damit, daß er zu dem Amru mit einer sehr bittern Art sagete; Er wünsche sei nen Tod vielleicht nur deßwegen, damit er sich selbst hernach zum Califen aufwerffen könne.
[↔] Moavias lies also lieber seine Leute sich schlagen, als daß er sich selbst hätte herumschla gen sollen, und war sehr sorgfältig, bey den häuffigen Scharmützeln, die seit des Ali An kunft vorfielen, sich der Gefahr nicht allzusehr auszusetzen. Sie waren alle für den Moavi as ausserordentlich nachtheilig, so, daß sich sein Verlust, wie die arabischen
Geschichtschreiber melden, bey nahe auf fünf und vierzigtausend Mann belief.
[↔] Ali ward durch die täglich davon getragnen Vortheile angefeuert, und machete sich nächstens auf einen Hauptsieg die Rechnung, wenn ent weder der Feind das Treffen annehmen, oder [↔] (Ali.
Hegire 37.
n. C. G.
657.) sich zum Rückzuge entschlüssen wollte. Doch nachdem Moavias über die Maaßregeln, die man bey so traurigen Umständen ergreiffen müs se, zu Rathe gegangen war: So erdachte man ein Mittel, ihn aus der Verwirrung zu reissen, indem man die Uneinigkeit unter die Trupen des Ali brachte.
[↔] (Kriegslist,
deren sich
Moavias, die
Trupen des
Ali abzuhal ten, bedienet.)
[↔] Man ließ nehmlich an die Piken Korane mit dieser Unterschrift binden: Dieß ist das Buch, welches unsre Streitigkeiten ent scheiden soll, und welches das Blut der Muselmänner, wie jetzt geschieht, ohne Ursache zu vergiessen, verbiethet. Den jenigen, welche diese Piken trugen, war be fohlen, zugleich diese Unterschrift auszuruffen, wenn sie wider den Feind anrücken würden. Moavias, welcher sich von dem guten Fortgan ge dieser Kriegslist viel versprach, bedienete sich derselben in einem Treffen, in welchem seine Trupen, durch die Wuth, mit der man sie ver folgete, beynahe gänzlich in die Pfanne wären gehauen worden. Damals nun ließ er die Soldaten, welche die beschriebnen Piken tru gen, anrücken; und sogleich höreten die Araber aus dem arabischen Irak, die den Kern der Armee des Ali ausmacheten, gänzlich zu strei ten auf, und verlangeten von dem Feldherrn, er solle zum Abzuge blasen lassen. Ali wandte alles mögliche an, seine Soldaten wieder zu recht zu bringen, indem er ihnen vorstellete, daß es nur eine von dem Feinde aus Verzweife
lung erfundne Kriegslist wäre. Alle seine [↔] (Ali.
Hegire 37.
n. C. G.
657.) Vorstellungen wurden nicht angehöret, und man sagte ihm rund heraus: Wann er nicht im Guten zum Abzuge wolle blasen lassen; so würde man die Waffen selbst niederlegen.
[↔] Man muste sich also dem lermenden Ge schreye der aufrührischen Soldaten unterwerf fen, und eben zu einer Zeit zum Abzuge blasen lassen, da man ohne viel Mühe einen vollkom menen Sieg hätte davon tragen können.
[↔] Da der Streit also unterbrochen ward; so fing man an Unterhandlungen zu pflegen, um Mittel ausfindig zu machen, den Streit, den man nicht mit den Waffen schlichten wollte, in der Güte beyzulegen. Man schlug dem Gese tze des Mahomets gemäß vor, die Entscheidung zween Schiedsrichtern zu überlassen, von de nen Moavias den einen, und Ali den andern erwählen sollte.
[↔] Da man diese Einrichtung, ohne den Ali zu [↔] (Man über lässet den
Streit der
Entschei dung zweer
Schiedsrich ter.) Rathe zu ziehen, gemacht hatte; so kam man endlich, und fragte ihn um seinen Beyfall. Er antwortete ganz kaltsinnig: Derjenige, der seine Freyheit nicht hat, kan keinen Rath geben. Diese Antwort, die seinen Widerwil len zur Gnüge entdeckete, war Ursache, daß diejenigen, welche die Unterhandlung mit dem
Moavias angefangen hatten, von selbst darinn fortfuhren, um es zu einem Vergleiche zu brin gen. Sie ernenneten daher, aus eigener Macht, [↔] (Ali.
Hegire
37.
n. C. G. 657.) auf Seiten des Ali, den Abu - Mussa - al - Ascha ri, einen Muselmann, der wegen seiner Red lichkeit sehr berühmt, aber auch sehr leicht zu hintergehen war, zum Schiedsrichter.
[↔] Ali willigte mit Verdrusse in diese Ernen nung ein; Er redete so gar davon mit dem An führer der Soldaten aus Irak, die die Aus führung dieser Angelegenheit übernommen hat ten, und schlug ihm vor, den Mussa
zurück zu ruffen, und den Abdallah - ebn - Abbas an seine Statt zu schicken. Allein man antwortete ihm, daß dieser sein naher Anverwandter sey, und al so bey einer Sache nicht könne gebrauchet wer den, die durchaus unpartheyische Richter ver lange.
Von Seiten des Moavias ernennete man den berühmten Amru= ebn - al - As
zum Schieds richter, der mit Recht für den geschiktesten und spitzfindigsten unter den Arabern gehalten ward. Diesem so wohl, als dem Mussa, gab man eine von dem Ali, von dem Moavias, und von den vornehmsten Anführern beyder Kriegsheere eine unterzeichnete Schrift in die Hände, in der man sich von beyden Theilen anheischig machete, al les, was von den Schiedsrichtern gesprochen würde, treulich in das Werk zu richten.
[↔] Als man über diesen Punct einig war, so machete man einen Entwurff, dessen Ausdrücke beynahe einige Zerrüttung verursachet hätten. Derjenige, welcher ihn aufgesetzet, hatte mit diesen Worten angefangen: Ali, Haupt und [↔] (Ali.
Hegire 37.
n. C. G.
657.) Beherrscher der Muselmänner, verwil liget dem Moavias unter folgenden Be dingungen den Frieden, u. s. w. Als Moa vias diesen Titel gelesen hatte, wollte er durch aus nichts unterzeichnen; weil er den Ali in die ser Würde nie erkannt hätte. Ich müste ein sehr boßhafter Mann seyn, sagete er, wenn ich mit dem Krieg führete, den ich für das Haupt und für den Beherrscher der Muselmänner erkennete. Amru - ebn - al As setzete sich gleichfalls wider diesen Titel, und drang mit Nachdruck auf desselben Ausstrei chung. Auf der andern Seite aber riethen dem Ali seine Anhänger, nicht nachzugeben, und diese ruhmvolle Würde durchaus nicht unter drücken zu lassen.
[↔] Ali war anfangs sehr unentschlossen; doch bequemete er sich endlich, diesen Titel dem Be sten des Friedens aufzuopfern. Er entdeckete die Ursachen seiner Aufführung in einer Unter redung, die er mit dem Hanaf - ebn - Kais, wel cher einer andern Meinung war, dieserwegen hatte.
[↔] Ich erinnere mich, sagte Ali, daß, als ich Schreiber bey dem Mahomet war, der Prophet, mein Swiegervater, sich in dem Friedensschlusse, den er mit dem So hail, welcher sich wider ihn empöret hatte, einen Apostel und Gesandten Gottes nennete. Als Sohail diesen Ti
[↔] (Ali.
Hegire
37.
n. C. G. 657.) tel sah, wollte er den Frieden nicht un terzeichnen, und sagete zu mir: Wenn ich deinen Schwiegervater dafür hielte; so würde ich ihn wahrhaftig nicht be krieget haben. Streiche diese Benen nung also nur so gleich aus!
Mahomet sagete hierauf zu mir: daß dieser Titel von dem Friedensschlusse im geringsten nicht abhienge, daß es auf die Zeit an kommen würde, seine Wahrhaftigkeit zu bestätigen; und daß ich ihn also nur hinweg lassen könnte. Er kehrete sich hierauf zu mir, und sprach; Denke einmal hieran, wenn du dich in gleichen Um ständen befinden wirst. Ali ließ dem
Ha naf also überlegen, daß der Friede diese Auf opferung seiner Würde nothwendig erfordre, und daß er also ganz wohl darein willigen kön ne, da er das verehrungswürdige Beyspiel des Propheten vor sich hätte.
[↔] So bald diese Schwierigkeit gehoben war, unterzeichnete man den Friedensschluß; und gleich darauf begab sich Ali nach Cuffah, und Moavias nach Damascus. Sie liessen ihren Feldherren die Aufsicht über die Trupen, und zu Verwaltung der geistlichen Verrichtungen ernennete sich jeder einen Iman.
[↔] (Wie sich
die
beyden
Schiedsrich ter bey dieser)
[↔] Nachdem den Schiedsrichtern der Ort, an welchem sie ihre gemeinschaftlichen Ueberlegun gen anstellen sollten, angezeiget war, begaben sie sich kurz nach der Abreise des Ali und des Mo
[↔] (Ali.
Hegire 37.
n. C. G.
657.) avias dahin. Amru, welcher die Gemüths art seines Mitgehülfen kannte, überhäufete ihn gleich anfangs mit Höflichkeiten und freund
(Gelegenheit
verhalten.) schaftlichen Versicherungen; und durch dieses Mittel gelang es ihm, denselben zu überreden, das beste, was man bey der Sache thun könne, sey dieses, wenn man alle beyde Califen absetze, und einen neuen erwähle, der dem ganzen Vol ke angenehm sey.
[↔] Nachdem sie sich solcher gestallt mit einan der verabredet, begab sich jeder wieder in sein Lager; und als der Tag der Entscheidung her an kam; rücketen die Armeen des Ali und des Moavias einander näher; worauf man in der Mitte eine Art von Richterstuhl aufrichtete, auf welchem die beyden Schiedsrichter ihre Ent scheidung bekannt machen sollten.
[↔] Gleich anfangs stritten sie mit einander auf das höflichste, welcher von ihnen beyden zuerst das Wort nehmen sollte. Mussa wollte dem Amru diese Ehre lassen; dieser aber, der seine Ursachen hatte, weigerte sich derselben so sehr, daß Mussa endlich nachgeben muste. Er stieg also auf den Richterstuhl, und sagete mit lauter Stimme diese wenigen Worte: Ich setze den Ali und den Moavias von der Regie rung, auf die sie Anspruch machen, ab, und nehme ihnen diese Würde auf eben die Art, wie ich diesen Ring von mei
[↔] (Ali.
Hegire
37.
n. C. G. 657.) nem Finger ziehe. Er zog den Ring auch in der That ab, und stieg sogleich von dem Richter stuhle herunter.
[↔] Als Amru hierauf eben den Platz einnahm, zog er seinen Ring, ehe er noch zu reden an fieng, ab, und sprach zu der Versammlung:
Ihr habt gehöret, daß Abu - Mussa den Ali abgesetzet hat: Ich für mein Theil setze ihn gleichfalls ab, und ertheile dem Moavias die Califenwürde, mit der ich ihn auf eben die Art bekleide, wie ich die sen Ring an meinen Finger stecke. Ich thue dieses mit desto größrem Vergnü gen und Rechte, jemehr er des Oth mans Erbe, und sein Blut zu rächen entschlossen ist.
[↔] Die Anhänger des Ali, welche über den Mussa sehr ungehalten geworden waren, als er ihren Califen abgesetzet hatte, wurden es noch weit mehr über den Amru, welcher die Einfalt seines Mitgehülfen gemißbrauchet hatte, diese Absetzung zu bestätigen und seinen Todfeind an seine Stelle zu setzen. Mussa beklagete sich gleichfalls sehr heftig, daß Amru wider ihre Ab rede gehandelt habe; Allein die Anhänger des Moavias betrachteten diese Sache nichts desto weniger, als geschlichtet, wollten sich daher in keine Untersuchung einlassen, und macheten sich gefaßt, die Gültigkeit ihres Hauptes zu verthei digen.
[↔] Die zwo Partheyen fiengen nunmehr die [↔] (Ali.
Hegire 37.
n. C. G. 657.) unter den Mahometanern so bekannte Tren nung an, indem sie vermittelst einer gewissen Formel, die man mit lauter Stimme aussprach, [↔] (Ursprung
der Tren nung unter
den Musel männern.) so oft in den Moscheen Reden gegen das Volk gehalten wurden, einander beyderseits verfluch ten. Hieraus nun sind die zwo berüchtigten Secten entstanden, von denen die eine Aliden, von dem Califen dieses Namens, und die ande re Ommiaden genennet wurden, weil Othman und Moavias, die Feinde des Ali, aus dem Hau se des Ommiah waren.
[↔] Währender Zeit, als man in Syrien war [↔] (Die Khare giten verlas sen die Par they des Ali.) beschäftiget gewesen, die Ruhe unter den Mu selmännern wieder herzustellen, muste sich Ali mit gröstem Verdrusse von einer Sekte verlassen sehen, welche ihm bisher ziemlich war ergeben gewesen. Man nennete diese Sekte Khare giten. Sie waren die ausgelassensten Schwär mer, welche keine oberste Gewalt erkannten, als so fern sie ihren Nutzen bey der einen Par they mehr, als bey der andern fanden.
[↔] Als sich Ali nach Cuffah gezogen hatte, ka men einige von diesen Sektirern zu ihm, und macheten ihm die heftigsten Vorwürffe, daß er bey einer so wichtigen Sache, als er mit dem Moavias gehabt hätte, seine Einwilligung zu der Wahl der zween Schiedsrichter so leicht ge geben habe.
[↔] Sie stelleten ihm vor, dieses heisse eine Sa= [↔] (Ali.
Hegire
37.
n. C. G. 657.) che muthwillig verlieren wollen, wenn man die Entscheidung, die Gott allein zukäme, zween Menschen überliesse. Sie fügeten hinzu: daß ob er gleich den Friedensschluß, in welchem die Wahl dieser zween Schiedsrichter genehm ge halten werde, unterzeichnet habe, er dennoch nicht gehalten sey, sich ihrem Ausspruche zu unterwerffen: daß es vielmehr das rühmlichste für ihn seyn würde, wenn er sich an die Spitze seiner Trupen stellete, und den Feind ohne Ver schonung verfolgete.
[↔] Ali antwortete auf diese Vorstellungen: Daß es wider seine Ehre seyn würde, ihren An schlägen zu folgen, weil er die Friedensunter handlung unterzeichnet, und sie mit einem Eyde zu halten versprochen habe, wodurch er schlech terdings verbunden sey, sein Wort so zu halten; wie es das göttliche Gesetze gebiethe. Er füge te hinzu, durch sein Verfehen sey es nicht ge schehen, daß die Sache so übel ausgeschlagen wäre, daß an dem ganzen Unglücke die Völker von Irak Schuld hätten, welche die Waffen niederzulegen gedrohet, wenn man das Treffen fortdauern liesse, nachdem der Feind den Ko ran an der Spitze seiner Trupen aufgestellet; daß er sie dazumal für diesem Fallstricke gewar net, daß aber seiner Vorstellungen ungeachtet, die von Irak zu streiten aufgehöret hätten; daß ihn ihre Meutereyen und Drohungen endlich genö thiget hätten, sich dem richterlichen Ausspruche zu unterwerffen, über den sie sich ietzt beschwe
reten, und daß er, diesem Ausspruche zu Folge, [↔] (Ali.
Hegire 37.
n. C. G.
657.) sich ietzt in der That die Hände gebunden habe, und, ohne eydbrüchig zu werden, unmöglich da wider handeln könne.
[↔] Die Entschuldigungen des Califen wollten den Kharegiten nicht in den Kopf; Sie mach ten Einwendungen dagegen, und endlich schlug die Unterredung in einen Streit aus, welcher sich mit einem öffentlichen Aufstande wider den Ali schloß. Sie erwähleten den Abdallah=ebn Vaheb zu ihrem Haupte, der ihnen eine Stadt, Namens Naharvan zu ihrem Versammlungs orte ernennete, in der die Anzahl der Aufrüh rer in kurzer Zeit durch den Beytritt der Miß vergnügten von Cuffah, Basrah und andern arabischen Orten, sehr stark anwuchs.
[↔] Ali war damals mit den Verdrüßlichkeiten, [↔] (Sie predi gen eine neue
Lehre.) die ihm Moavias machete, allzusehr beschäfti get, als daß er auf diese neue Parthey viel Auf merksamkeit hätte wenden können. Er dachte daher nicht eher daran, dieser Unordnung abzu helfen, als bis diese Meuterey schon mehr, als fünf und zwanzigtausend Mann, unter ihren Fahnen hatte. Sie breiteten sich in kurzer Zeit in verschiednen Gegenden Arabiens aus, wo sie mit den Waffen in der Hand eine Lehre predigten, die der Mahometanischen Religion schnurstracks zuwider war.
[↔] Der schleunige Fortgang einer so gefährli
[↔] (Hegire 38.
n. C. G. 658.) chen Sekte bewegete endlich den Califen, es (Ali.
Hegire
38.
n. C. G. 658.) nicht länger zu verschieben, diesem Unheile ab zuhelffen. Nachdem er es vergebens versuchet hatte, sie durch Güte zurecht zu bringen, zog er mit den Waffen in der Faust wider sie aus, und schlug sein Lager unweit dem Orte auf, an dem die Rebellen versammlet waren.
[↔] (Ali zerstreu et die Par they der Kha regiten.)
[↔] Währender Zeit als seine Trupen ausraste ten, ersann er ein Mittel, welches er für fä hig hielt, die Rebellen zu rühren, und sie zu ihrer Schuldigkeit zurück zu bringen, ohne daß er das Blut der Gläubigen dadurch vergiessen dürffe. Er ließ neben der Fahne, die an der Spitze des Lagers stund, eine Pike aufrichten, an der eine Schrift befestiget war, in welcher der Calife allen denen Gnade und Sicherheit versprach, welche sich zu ihm in sein Lager, oder nach Cuffah, wenden wollten.
[↔] Ein gleiches ließ er unter dem Schalle der Trompeten bekannt machen, und sah mit Ver gnügen, daß er sich in seiner Hoffnung nicht be trogen habe. Die rebellischen Trupen zerstreue ten sich in sehr kurzer Zeit, so daß von dieser zahlreichen Parthey nicht mehr, als ungefehr viertausend übrig blieben, mit denen Abdallah ihr Anführer dem Califen die Spitze biethen wollte. Allein, er ward seines kühnen Unter nehmens wegen gar bald bestrafet: Er blieb bey dem ersten Anfalle; und alle seine Völker wurden in die Pfanne gehauen; so, daß nicht mehr, als neun Mann von den viertausenden, die das Treffen angefangen hatten, übrig blie
[↔] (Ali.
Hegire 38.
n. C. G.
658.) ben.
[↔] Dieser Sieg machete, daß sehr viele Araber, welche die Rebellen gegen den Ali erbittert hat ten, wieder zu ihm kamen; und kurz darauf sah er seine Gewalt unter ihnen so befestiget, daß er, nichts befürchten zu dürfen, glaubete. Es war genug, daß er so fürchterliche Feinde, als die Syrer waren, hatte, welche den Moa vias, als ihrem Califen, beständig treu blieben und in ihrem Aufruhre verharreten.
[↔] Ali hatte den Anschlag gefasset, wieder nach [↔] (Ali machet
sich fertig,
wider
den
Moavias
auszuziehen.) Syrien zu kehren, in Hoffnung, sein über die Kharegiten davon getragner Sieg würde die Anhänger des Moavias wankend machen, und ihm den Weg zu grössern Vortheilen eröffnen. Als ihm aber seine Heerführer vorstelleten, daß, da die Trupen der Ruhe benöthiget wären, und der Krieg, den er vorhätte, ohne Zweifel anhaltend seyn würde, es der Klugheit gemäß sey, sich zu den diesfalls erforderlichen Anstal ten, die gehörige Zeit zu nehmen; So gab er endlich nach, und nahm alle Maaßregeln, seine Trupen in den Stand zu setzen, daß sie sich mit Ehren bey dem vorhabenden Unternehmen zeigen könnten. Er versammlete alle seine Trupen bey Nakilah unweit Cuffah. Hier er richtete er ein Lager, in dem sich seine Trupen erhohlen und durch die neue Mannschaft, die er in Arabien werben und in den Kriegsübun gen abrichten lassen, verstärken konnten.
[↔] (Ali.
Hegire 38.
n. C. G. 658.)
[↔] Währender Zeit, da der Calife seine Kräf te wider den Moavias zusammen zog, versäume te dieser fürchterliche Mitbuhler nichts, sich wi der den Ali zu erhalten, und das Volk, das ihm noch ergeben war, abspenstig zu machen. Er unternahm unter andern in Aegypten einen Aufstand zu erwecken, und kam auf eine sehr geschickte Art damit zu Stande.
[↔] Aegypten war dem Ali beständig treu ge blieben. Zwar hatte diese Provinz im Anfan ge seiner Regierung grosse Bewegungen gema chet, und verlanget, daß er den Tod des Oth mans rächen solle. Sie hatte so gar, als er Schwierigkeiten machete, sich in ein so kitzliches Unternehmen einzulassen, den Saad - ebn - Kais, welchen er statt des Amru zum Statthalter eingesetzet hatte, nicht aufnehmen wollen.
[↔] (Saad setzt
sich in Aegy pten für den
Ali feste.)
[↔] Da aber bald darauf die Angelegenheiten ein wenig ruhiger geworden waren, hatte Saad versuchet, wieder nach Aegypten zu keh ren, wo es ihm endlich geglücket war, sich, als Statthalter, festzusetzen. Dieser Muselmann war ein Mann von der vollkommensten Klug heit und der unverbrüchlichsten Treue. Er wu ste in diesem Posten sich so geschickt und vor sichtig aufzuführen, daß er, der grossen An zahl ungeachtet, die dem Moavias durchaus ergeben war, Mittel fand, das Beste des Ali zu besorgen, ohne der gegenseitigen Parthey mißzufallen. Er erwarb sich so gar bey den meisten unter ihr die grösten Lobeserhe
[↔] (Ali.
Hegire 38.
n. C. G.
658.) bungen.
[↔] Als der verschlagne Moavias sahe, daß es [↔] (Moavias
macht ihn
bey dem
Ali
verdächtig.) schwer seyn würde, in diesem Lande einen Auf stand zu erregen, so lange es ein so kluger Mann regierete: so nahm er sich vor, ihn zurück ruf fen zu lassen, wobey er auf folgende Art zu Werke ging. Er sprengete in ganz Syrien aus, daß er von Aegypten nichts zu befürchten habe, weil er gewiß wisse, daß sich diese Pro vinz, so bald es Zeit seyn, für ihn erklären würde; daß Saad einer von seinen eifrigsten Anhängern sey, auf den er sich um so viel mehr verlassen könne, je ungemeiner die Klugheit sey, mit welcher er sich aufführe, so daß man ihn sicher die grösten Geheimnisse anvertrauen könne.
[↔] Dieses Gerüchte, welches mit einer Art von Behutsamkeit ausgebreitet ward, kam gar bald überall herum. Moavias, der heimliche Kund schafter und Anhänger an des Ali
Hofe hatte, fand Mittel, diesen Statthalter verdächtig zu machen. Man übertrieb seine Mäßigung, die er gegen die Feinde des Ali zeigete, und unterließ nichts, ihn auf alle mögliche Art bey dem Cali fen zu verschwärzen.
[↔] Die Stelle, welche Ali bekleidete, war an und für sich selbst glänzend genug, den Neid der Hofleute zu erwecken, und es fanden sich verschiedene darunter, welche dieses Gerüch= [↔] (Ali.
Hegire
38.
n. C. G. 658.) te zu bestätigen sucheten, um den Statthalter zu stürzen, und sein Unglück in ihren Nutzen zu verwandeln. Ali ließ sich durch diese Rän ke überlisten. Man schilderte ihm dem Saad als einen Schuldigen ab. Anfangs zwar wollte er nichts glauben; diejenigen aber, welche ih ren Vortheil darunter sucheten, wusten ihn so oft damit zu übertäuben, daß er ihn endlich zu rück zu ruffen beschloß, und den Mahomet, den Sohn des Abubekers, in seine Stelle einsetzete.
[↔] (Saad wird
zurück geruf fen, und sei ne Statthal terschaft dem
Mahomet
gegeben.)
[↔] Die Aufführung, die dieser neue Statthal ter beobachtete, hatte alle Wirkungen, die sich Moavias von dieser Veränderung versprach. Mahomet glaubete, sich bey dem Ali einzuschmei cheln, wenn er seine Feinde auf das härteste verfolgete, und besonders die Anhänger des Moavias nicht im geringsten verschonete. Die ser unbedachtsame Eifer erbitterte die Aegypter wider den Mahomet; und selbst die, welche dem Ali am ergebensten waren, konnten sich nicht enthalten, die Schärfe, die man wider die Ge genparthey brauchete, zu verdammen. Sie sa hen mit Schmerzen voraus, daß ein solches Verfahren das Ansehen des Califen gänzlich zu Boden werfen, und nach der Ruhe, die man unter dem Saad genossen hatte, nichts als Un ruhen verursachen würde.
[↔] (Uschstut,
welcher
an
seine Stelle
kömmt, wird
vergiftet.)
[↔] Als Ali schleunig von der Gefahr Nachricht bekam, mit welcher sein Ansehen in Aegypten bedrohet würde, wenn er dem Mahomet die Statthalterschaft länger liesse; so ernennete er [↔] (Ali.
Hegire 38.
n. C. G.
658.) den Uschstut - Malek, ihn abzulösen. Dieser Muselmann stund ohne Zweifel in einem allzu grossen Ansehen, als daß Moavias sich für sei ner Ankunft nicht hätte fürchten sollen. Er schickete ihm daher, so bald er seine Ernennung erfuhr, einen Mann entgegen, auf den er sich verlassen konnte, und dem er auftrug, diesen neu en Statthalter zu vergiften. Dieser schändliche Anschlag ward nur allzuwohl ausgeführet, und man erfuhr gar bald, das Malek an einem Or te, an dem er unter Weges Rasttag gehalten hatte, am Gifte gestorben wäre.
[↔] Moavias, der diese Nachricht mit Unge
[↔] (Amru
nimmt
Aegypten für
den
Moavias
ein.) dult erwartete, schickete hiera uf den mru<Amru> = ebn al - As mit sechstausend Reutern aus, sich der Statthalterschaft von Aegypten in seinem Na men zu bemächtigen. Dieser Feldherr legete sei nen Weg in der grösten Geschwindigkeit zurück, und kam in wenig Tagen unweit der Hauptstadt dieses Landes an, wo er den Ben - Scharig, das Haupt der Anhänger des Othmanns, antraf, der nichts, als eine günstige Gelegenheit, erwartete, sich an dem
Mahomet, wegen der Gewaltthä tigkeiten, die er ihm zugefüget hatte, zu rächen. Diese zween Feldherren vereinigten ihre Trupen, und sucheten den Feind gemeinschaftlich auf.
[↔] Mahomet, der in Erwartung desjenigen, der ihn ablösen sollte, noch immer das Amt ei nes Statthalters verwaltete, hatte sich mit Tru= [↔] (Ali.
Hegire 38.
n. C. G.
658.) pen, die Rebellen der Provinz im Zaume zu hal ten, versehen; allein er war nicht stark genug, so beträchtlichen Hülfsvölkern, die Amru und Scharig den Aufrührern zuführeten, die Spi tze zu biethen. Als er daher die beyden Feld herren aufgesuchet, um ihnen eine Schlacht zu liefern, noch ehe sie tiefer in die Statthalter schaft eingedrungen wären: so ward er geschla gen, und was das betrübteste dabey war, so fiel [↔] (Mahomet
wird getöd tet.) er den Feinden in die Hände. Die Anhänger des Othmans bestrafeten ihn nunmehr mit der äusersten Grausamkeit, wegen der üblen Bege gnungen, die sie von ihm hatten erdulden müs sen. Sie ermordeten ihn, nahmen die Einge weide aus einem Esel, stecketen den Körper des Mahomets
hinein, und warffen ihn also in das Feuer.
[↔] Diese neue Veränderung machete bey dem Ali den allertraurigsten Eindruck. Er schickete so gleich nach Basrah, und ließ dem Abdallah = ebn - Abbas, der daselbst Statthalter war, sa gen: daß er schleunigst zu ihm nach Cuffah kom men solle, die bey diesen Umständen nöthigen Maaßregeln berathschlagen zu helffen.
[↔] Das kürzeste Mittel wäre ohne Zweifel die ses gewesen, wenn er sich der zahlreichen Ar mee bedienet hätte, die sich bey Nakilah gela gert hatte, und genugsam ausgerastet haben konnte; und wenn er mit derselben dem unge mein geschäftigen Feind entgegen gezogen wäre, welcher sich alle Augenblicke zu Nutze machete, [↔] (Ali.
Hegire 38.
n. C. G.
658.) und nach der Eroberung Aegyptens ohne Zeit verlust seine Siege weiter ausbreiten wollte. Allein Ali verdarb seine Zeit mit unnöthigen Berathschlagungen; Moavias hingegen mache te sich derselben desto besser zu Nutze, indem er auf das schleunigste zweytausend Reuter unter Anführung Hadrami aufbrechen lies. Dieser [↔] (Hadrami
bemächtiget
sich d. Stadt
Basrah.) Feldherr gieng auf Basrah los, und überra schete die Stadt währender Abwesenheit des Abdallah. Dieser Befehlshaber hatte das Regiment in diesem Platze einem seiner Freun de, Namens Ziad, anvertrauet. Weil die ser nicht stark genug war, sich zu erhalten, so verlies er Basrah bey Ankunft des Feindes, und schickete zugleich an den Ali, ihm von seinen Um ständen Nachricht geben zu lassen, in welchen er schleinige Verstärkung nöthig habe, wenn er sich in freyem Felde sollte zeigen dürfen.
[↔] Der Calife lies den Augenblick eine ansehn
[↔] (Er wird ge schlagen, und
die Stadt
wieder ero bert.) liche Mannschafft aufbrechen, mit welcher Ziad dem Hadrami entgegen zog, und ihn in einem Treffen, welches nicht weit von Basrah vorfiel, gäntzlich schlug. Er kam hierauf wieder in die Stadt, welche sich ohne Schwierigkeit der ober sten Gewalt des Ali wieder unterwarf. Die ser nach so manchem Verluste erstrittene Vor theil beruhigte den Califen wieder ein wenig. Er beurlaubete kurz darauf den Abdallah, der wieder in seine Statthalterschaft zurück kehre te, und seine Stadt in solchen Stand der Ver= [↔] (Ali.
Hegire
39.
n. C. G. 659.) theidigung setzete, daß er dergleichen Ueberra schung nicht mehr besorgen dürfe.
[↔] Mit dieser Begebenheit gieng das acht und dreyßigste Jahr der Hegire und das 658. nach Christi Geburth zu Ende. In dem folgenden Jahre fiel nichts merkwürdiges vor; die Syrer waren durch den Krieg abgemattet, und liessen die Araber in Ruhe, welche ihrer Seits auf nichts, als auf ihre Vertheidigung bedacht wa ren.
[↔] (Hegire 40.
n. C. G.
660.)
[↔] Mit dem Anfange des vierzigsten Jahres [↔] (Moavias
bemächtiget
sich der Pro vinz Hegiaz.) der Hegire that sich Moavias mit neuen Unter nehmungen hervor. Das heimliche Verständ niß, welches er in der Provinz Hegiaz unter halten hatte, brachte ihn auf den Entschluß, Völker dahin zu schicken, um sich der vornehm sten Städte des Landes zu bemächtigen, und sich dadurch den Weg zur Eroberung von Ye men zu bahnen.
[↔] Die Eroberung der Provinz Hegiaz kostete den syrischen Trupen nichts, als eine Reise. Die Araber, welche Zeit genug gehabt hätten, ihre Plätze in wehrhaften Stand zu setzen, und Mannschaft auf die Beine zu bringen, hatten weder an das eine, noch an das andere ge dacht; so daß auf die erste Nachricht von dem Anzuge der Syrer die Befehlshaber der vor nehmsten Städte in Hegiaz ihre Plätze verlies sen. Die Feldherren des
Moavias bemächtig ten sich also derselben ohne Schwierigkeit, und nahmen besonders Medina und Mecca ein, de [↔] (Ali.
Hegire 40.
n. C. G. 660.)
ren Einwohner dem Moavias den Eyd der Treue zu leisten gezwungen wurden.
[↔] Als sich hierauf die syrischen Trupen ge
[↔] (Seine Tru pen verwü sten Yemen.) faßt macheten, ihre Waffen wider Yemen zu richten; so zog ihnen Abidallah, der Statthal ter dieses Landes, bis an die Grenze entgegen, in Hofnung, sie zu schlagen, damit sie nicht tieffer eindringen möchten; allein der Ausgang kam mit seiner Vermuthung gar nicht überein. Er ward geschlagen und völlig in die Flucht ge trieben. Zwey von seinen Kindern, die noch ganz jung waren, fielen in die Hände der Sy rer, und wurden von ihnen auf eine grausame Weise mißgehandelt und endlich getödtet.
[↔] Die arabischen Geschichtschreiber erzehlen, Ali wäre von dem Schicksale dieser zwey un glücklichen Kinder so
gerühret worden, daß er den allerschrecklichsten Fluch wider den Urheber dieser Unmenschlichkeiten ausgesprochen, und Gott gebeten, ihn der Vernunft zu berauben. In der That fügen die Geschichtschreiber hinzu, verlohr auch Arthah, (so hieß der Feldherr des Moavias, der an diesen Grausamkeiten Schuld gehabt hatte,) wenig Jahre darauf den Ber stand<Verstand>, und verfiel in eine Raserey, die in kurzer Zeit ihn um das Leben brachte.
[↔] Währender Zeit als die Syrer in Yemen waren, schickete
Ali verschiedene Geschwader unter Anführung eines Feldherrn, Namens Gia= [↔] (Ali.
Hegire
40.
n. C. G. 660.) riah, in diese Provinz. Diese Hülfe war den Einwohnern des Landes wenig nütze. Als die Syrer hinein gefallen waren, hatten sie sich blos damit beschäftiget, es in der Geschwindigkeit zu verwüsten, und waren hernach in aller Eil wie der zurück gezogen, so daß sie ihr Land schon wieder erreichet hatten, als Giariah nach Yemen kam.
[↔] (Okail tritt
auf die Seite
des
Moavi as.)
[↔] Mitten unter diesen unglücklichen Zufällen bekam Ali noch eine neue Ursache des Verdrus ses, der ihm dadurch so viel empfindlicher war, weil er von seinem eigenen Bruder ihm verur sachet ward. Okail, so nennete sich dieser Mu selmann, hatte die Niederträchtigkeit, den Ali zu verlassen, und sich auf die Seite des Moavias zu schlagen; zur Ursach dieses schimpflichen Ab falles wuste er nichts anders anzuführen, als daß ihm sein Bruder nicht genug gäbe, dem Range, den er unter seinem Volke habe, gemäs zu leben.
[↔] (Es wird ein
Anschlag ge macht, alle
Häupter der
Partheyen
um das Le ben zu brin gen.)
[↔] Zu eben der Zeit entstund eine Verschwö rung, die zur Absicht hatte, alle Häupter der Partheyen zugleich aus dem Wege zu räumen. Dieser Anschlag ward von drey Kharegiten ge machet, die in Mecca waren, und sich über die Schlacht bey Naharvan, wo viertausend von ihren Leuten von den Trupen des Ali waren in die Pfanne gehauen worden, mit einander besprachen.
[↔] Nachdem sie die tapfern Soldaten, die da
bey umgekommen, genungsam bedauert, gien [↔] (Ali.
Hegire 40.
n. C. G.
660.)
gen sie zu der Quelle der bürgerlichen
Kriege zurück, welche den Staat seit einiger Zeit zer rissen hatten; und als sie endlich überlegeten, daß Ali, Moavias, und Amru, die vornehmste Ursache dieser Unruhen wären: so ward be schlossen, sie alle drey aus dem Wege zu räu men, und durch ihren Untergang ihr Vaterland wieder in Ruhe zu setzen.
[↔] Der eine von den Kharegiten hieß Abdal rahman - ebn - Melgen; der zweyte Barac - ebn Abdallah; und der dritte Amru= ebn - Beker
. Nachdem sie sich in ihrer gegenseitigen Ver traulichkeit ein wenig erhitzet hatten: so nahm es der erste auf sich, nach Cuffah zu gehen, und den Ali zu ermorden; der zweyte versprach ein gleiches mit dem Moavias, und der dritte mit dem Amru zu thun. Diese, schlossen sie, sind die drey Tyrannen des Vaterlandes, und die Urheber aller Uebel, welche es zerrütten.
[↔] Nachdem dieser Entschluß gefasset war; so setzete man den Tag zu der Ausführung fest, und man beschloß, daß man die Zeit der feyerli chen Versammlung der Muselmänner zu Mec ca dazu erwählen wolle; weil während dersel ben diese drey Häupter nicht auskämen, und von weniger Leuten, als zu irgend einer Zeit, umgeben wären. Diese drey Verschwohrnen wollten ihres Fortganges recht gewiß seyn, und [↔] (Ali.
Hegire
40.
n. C. G. 660.) vergifteten daher ihre Schwerdter, worauf sich jeder nach seinen bestimmten Ort begab.
[↔] (Moavias
bekömmt ei ne Wunde,
von welcher
er aber gene set.)
[↔] Als Barak zu Damascus angekommen war, machete er sich unter das Gefolge des Moavias. An dem bestimmten Tage sah er sich einen günstigen Augenblick ab, und brach te ihm in den Lenden eine sehr gefährliche Wun de bey. Durch diese That geriethen die An hänger des Moavias in die äusserste Bestürzung; zu allem Glücke aber fand man, daß die Wun de nicht tödtlich sey; und obgleich der Degen vergiftet gewesen war: So brachte man es den noch durch schleinige und sichre Mittel dahin, daß der Kranke in kurzer Zeit wieder hergestellet ward. [↔] Man saget, der Wundarzt, der den Moavias verband, habe ihm die Wahl gelassen, seine Wunde entweder ausbrennen zu lassen, welches ihm, obschon ohne üble Folgen, grau same Schmerzen verursachen würde; oder einen Trank zu sich zu nehmen, welcher ihn zwar ge sund, aber auch zugleich zum Kinderzeugen un tüchtig machen würde. Moavias soll das letz te erwählet haben, und in der That hat er auch keine andern Kinder hinterlassen, als die er da mals schon hatte.
[↔] (Bestrafung
des
Meu chelmörders.)
[↔] Was den Meuchelmörder anbelanget; so bemächtigte man sich seiner ohne Mühe, weil dieser Schwärmer weder davon zu kommen, noch sich zu vertheidigen suchete. Er entdeck te die ganze Verschwöhrung mit einer Uner
schrockenheit, über welche diejenigen, die ihn fra [↔] (Ali.
Hegire 40.
n. C. G. 660.)
gen musten, erstauneten. Man ließ ihm zur Strafe Hände und Füsse abhauen, und weiter that man ihm nichts. Es wollen so gar einige versichern, daß er nach dieser Marter noch lange Zeit gelebet habe.
[↔] Amru - ebn - Beker, der es auf sich genom
[↔] (Ein Irr thum erret tet dem Am ru
das Le ben.) men hatte, den Amru zu ermorden, verfehlete durch Irrthum seinen Mann. Amru war eben von einer heftigen Colic beschwehret worden, daß er sich an dem Tage, der zu seiner Ermor dung bestimmet war, in der Moschee nicht ein finden konnte. Er schickete einen Freund an seine Stelle, den er bath, das Amt des Imams statt seiner zu verrichten. Der Meuchelmör der, der ihn nicht kannte, gieng auf den Imam los, und tödtete ihn auf der Stelle, in der Mei nung, daß es Amru sey. Er ward auf dem Platze ergriffen, ohne daß er Mine machete, zu entfliehen; und als er erfuhr, daß er sich ge irret habe, sagete er ganz kaltsinnig: Ich meinete den Amru; Gott aber meinete ei nen andern.
[↔] Abdalrahman, der der dritte von den Ver [↔] (Abdalrah man verbin det sich mit
einer Frau,
die ihn in
dem Vor satze, den A li zu tödten,
bestärket.)
schwohrnen war, hatte bey seinem Unternehmen mehr Glück, als die andern; als er zu Cuffah anlangete, herbergete er bey einer Frau, wel che verschiedene nahe Anverwandte in der Nie derlage der Kharegiten bey Naharvan verloh ren hatte. Dieser Verlust war ihr beständig (Ali.
Hegire 40.
n. C. G.
660.) sehr empfindlich gewesen; so, daß sie bey aller Gelegenheit heftig wider den Califen loszog, weil Abdalrahman Gelegenheit bekam, die Ge sinnung dieser Frau zu ergründen: So ließ er sich weitläuftiger mit ihr ein, und gestund ihr endlich: Die Absicht seiner Reise sey keine an dre, als den Urheber so vieler Uebel aus dem Wege zu räumen.
[↔] Diese Frau schien über den Entschluß ent zücket zu seyn, und versprach, ihn auf alle mög liche Weise zu unterstützen. Abdalrahman verband sich noch näher mit ihr, und schlug ihr endlich vor, sie zu heyrathen; sie warf diesen Vorschlag nicht weit weg; allein sie fügete hin zu: daß derjenige, welcher sie zur Frau haben wolle, ihr dreytausend Drachmen, einen Skla ven, und eine Magd, und den Kopf mitbringen müsse.
[↔] Abdalrahman willigte in diese Bedingung, und weil die Zeit zur Ausführung seines Unter nehmens herannahete; so fieng er an, darauf bedacht zu seyn, wie er den Ali aus dem We ge räumen möge Die Frau, welche sehr viel Vergnügen darüber bezeugete, gab ihm zwey Männer zu Gefährten, und wenn es nöthig wäre, zu Mitgehülfen.
[↔] Als endlich der traurige Tag herbey kam: so machete sich
Abdalrahman gefaßt, zu Cuffah eben dasjenige Verbrechen zu begehen, welches die zween andern Bösewichter zu Alexandria und zu Damascus begiengen: Man saget, daß [↔] (Ali.
Hegire 40.
n. C. G.
660.) dem Califen sein schreckliches Schicksal
geahnet habe; man sah ihn lange Zeit vorher traurig und tiefsinnig; oft redete er mit sich allein, und [↔] (Ahnen des
Ali
wegen
seines Todes.) was er sprach, zeugete von der allerfinstersten Schwermuth. Unterdessen suchte er doch diese düstern Beneblungen zu zerstreuen, welches aber nicht anders, als durch die Ermunterung seines Muthes geschehen konnte, einem Unglü cke, das ihm stets vor Augen schwebete, die Stir ne zu biethen. Man hörete ihn einsmals für sich selbst sagen, als er ganz traurig herum gieng: Gedult! mein Hertz! Gedult! Es ist doch kein Mittel wider den Tod, den uns der Himmel bestimmet.
[↔] An dem Tage selbst, der der letzte für die sen unglücklichen Califen seyn sollte, begab er sich sehr früh aus seinem Palaste, um in die Moschee zu gehen. Als er über den Hof ging, so fing das Haußvieh, welches daselbst war, ein entsetzliches Geschrey, jedes nach seiner Art, an. Einer von den Sklaven warff mit einem Prü gel unter sie, um sie zu zerstreuen und still zu machen: Allein der Calife sagete zu ihm: Laß sie schreyen! ihr Geschrey sind die Kla gen und die Trauergesänge über meinen Tod. Er gieng hierauf fort, und begab sich in die Moschee.
[↔] Die drey Mörder erwarteten seiner an dem [↔] (Ali wird er mordet.) Thore: Als er eben hinein treten wollte, thaten sie, als ob sie sich mit einander zanketen, und [↔] (Ali.
Hegire
40.
n. C. G. 660.) zogen die Schwerdter. Einer von ihnen, Na mens Darvan, hieb nach ihm, und verfehlte ihn. In eben dem Augenblicke aber traf ihn Abdalrahman, und versetzte ihm eine grosse Wunde über den Kopf, gleich an eben dem Or te, an welchem er in der Schlacht, der er ehe mals unter dem Mahomet beygewohnet, war verwundet worden.
[↔] (Zween von
den Meu chelmördern, werden ge fangen.)
[↔] Nach diesem Hiebe entflohen die Meuchel mörder, und einer von ihnen wuste sich so wohl zu verstecken, daß man ihn niemals finden konnte. Darvan
suchete im geringsten nicht zu entkommen. Er gieng ganz ruhig nach Hau se, als ob ganz und gar nichts vorgegangen wä re. Eben aber, da er in das Haus treten wollte, ward er von einem, der ihn den Degen wider den Ali ziehen sah, auf der Schwelle der Thüre niedergemachet.
[↔] Was den Abdalrahman anbelangete, so schien er sich anfangs selbst über sein begange nes Verbrechen zu entsetzen. Er wollte sich in einem Winkel der Moschee verbergen; allein er ward gar bald entdecket, und nachdem er eini ge Zeit geläugnet, so gestand er endlich, und ward dem Ali ausgeliefert, welcher ihn seinem Sohne, dem Hassan, zu bewachen gab, wel chem er befahl, ihn an nichts Noth leiden zu lassen. Er befahl noch über dieses, daß man ihn, wenn seine Wunde tödtlich seyn sollte, nicht lange martere, sondern schleinig von dem Leben zum Tode bringe. Ali starb den fünften Tag nach seiner Wunde, und dem, was er we [↔] (Ali.
Hegire 40.
n. C. G.
660.)
gen seines Mörders befohlen hatte, ward ge nau nachgelebet.
[↔] Dieser Calif war von einer etwas weniger, [↔] (Abbildung
des Califen
Ali.) als mittelmäßigen Leibeslänge. Er hatte ein sehr rothes Angesicht, grosse Augen, einen kah len Kopf, und einen starken Bart. Seine Ge sichtszüge waren annehmlich, seine Mienen la chend, und seine
Gemüthsart sehr aufgeräumt.
[↔] Unter den ruhmvollen Titeln, welche die Mu
[↔] (Die diesem
Califen bey gelegten Ti tel.) selmänner dem Ali beylegen, sind die zwey vor nehmsten, Vaßi und Morthadi. Der erste be deutet: einen Erben oder Vollzieher des Testa ments des Mahomets. Der zweyte will so viel sagen, als Gotthold. Seine Anhänger haben ihm noch andre Würden beygeleget: Die Schü ten, zum Exempel, nennen ihn Faiz - al - Ano var, das ist, ein Austheiler des Lichts und der Gnade. Die Perser nennen ihn:
Schad=Mar duman, oder den König der Menschen. Die Verehrung, welche ihm seine Anhänger bezeuge ten, hat nicht verhindern können, daß sein Na me und der Name aller seiner Nachkommen nicht viel Jahre hindurch ein Fluch gewesen, unter der Regierung nemlich der ommiadischen Califen, von dem Moavias an, biß auf den Omar, den achten Califen aus diesem Hause, welcher aus den öffentlichen Gebeten die Verwünschun gen wegzulassen befahl, die man bey feyerlichen Versammlungen in den Moscheen auszuspre chen pflegete.
[↔] (Ali.
Hegire 40.
n. C. G. 660.)
[↔] Auch von den Abbassidischen Califen bezeu geten verschiedene einen grossen Abscheu gegen den Ali und sein Geschlecht. Die Fürsten hin gegen, welche in Aegypten unter dem Namen der Fatimitischen Califen
regiereten, liessen seinen Namen mit dem Namen des Mahomets in den öffentlichen Einladungen zum Gebete verbinden, welche von der Höhe der Thürme, oder Miuarets, die neben den Moscheen sind, geschehen.
[↔] (Ort des
Begräbnisses
des Ali.)
[↔] Ali ward bey Cuffah begraben; allein, man verbarg den Ort seines Begräbnisses; und er ist unter der Regierung der Ommiaden auch be ständig verborgen geblieben. Er ward erst in dem dreyhundert und siebensechzigsten Jahre der Hegire durch den Addedullat, einen Für sten aus dem Hause der Buiden, welcher unter dem Thai, dem Califen zu Bagdat regierete, entdecket. Er lies über dieses Grabmal ein prächtiges Gebäude aufführen, welches die Per ser Kunbud - Faiz - al - Anovar, das ist, den Thum des Austheilers des Lichts, nennen.
[↔] Es hat Leute von der Secte des Ali gege ben, welche aus diesem Califen eine Gottheit haben machen wollen. Sie haben daher eine Menge lächerlicher Erzehlungen und sonderba rer Erscheinungen erfunden, welche zu nichts gedienet haben, als die Ausschweifung ihrer Er finder zu verrathen.
[↔] (Die Schrif ten des Ali.)
[↔] Uebrigens ist Ali unter seinem Volke bestän
dig für einen sehr gelehrten Mann gehalten wor [↔] (Ali.
Hegire 40.
n. C. G.
660.)
den. Man hat von ihm Centiloqvium, das ist, eine Sammlung von hundert Sittensprüchen, die man aus dem arabischen in das türkische, in das persische und in andre Sprachen Arabiens übersetzt hat.
[↔] Dasjenige von seinen Werken, welches am meisten geschätzet wird, heist Gefe, oder Gia me. Es ist in Geheimnißvollen und hierogly phischen Zeichen geschrieben; es handelt von den grossen Begebenheiten, welche sich in dem muselmännischen Reiche eräugen sollen. Gia fer - Sadec hat einen grossen Theil desselben er kläret: Allein die Perser behaupten, daß die völ lige Erklärung dem zwölften Iman, mit dem Zunamen Mahadi, das ist, dem grossen Dire ctor vorbehalten sey. Dieser Iman ist zwar unter ihnen aufgestanden; allein sie glauben, daß ihn Gott, zu der Zeit, da er von dem Ca lifen zu Bagdat verfolget worden, in Schutz genommen und an einen Ort gebracht habe, den man nicht wissen, und von wannen er nicht eher, als biß am Ende der Welt wiederkommen werde, um alle und jede zu der Mahometanischen Religion zu bekehren.
[↔] Die arabischen Geschichtschreiber führen [↔] (Sittensprü che des Ali.) meistentheils in ihren Werken eine Menge sehr nachdenklicher Sprüche an, welche sowohl der Güte seines Herzens, als der Richtigkeit und Lebhaftigkeit seines Geistes, und Reinigkeit sei ner Sitten Ehre machen.
[↔] (Ali.
Hegire 40.
n. C. G. 660.)
[↔] Man findet in einem arabischen Buche, welches der Frühling der Gerechten über schrieben ist, folgenden Sinnspruch des Ali:
Derjenige, welcher reich ohne Güter, mächtig ohne Unterthanen, und unter than ohne Herrn seyn will, darf nur die Sünde verlassen, und
Gott dienen, so wird er alle diese drey Stücke in ihm finden.
[↔] Er gab einsmals eine Antwort, welche den jenigen zur Lehre dienen sollte, die ihm die Un ruhen des Staats, welche unter seiner Regie rung vorfielen, zur Last legten. Einer von sei nen Heerführern fragte ihn nehmlich, warum die Regierung des Abubekers und Omars so ru hig gewesen, da hingegen unter seiner und des Othmans
Regierung so viel Zerrüttungen vor gegangen? Die Ursache ist sehr deutlich, antwortete Ali, Othman und ich dienten dem Abubeker und
Omar treulich; wir aber, Othman und ich, fanden unter un srer Regierung niemanden, als euch und eures gleichen.
[↔] Man hat noch einen andern Sittenspruch von dem Ali, welchen man auf diejenigen ziehen kan, welche aus Meuterey hernach die Secte der Aliden aufrichteten. Diese Sectirer er wählten, zum Unterscheide von andern Musel männern, einen Turban von besondrer Farbe und Figur, und trugen auch ihre Haare auf ei ne ganz andere Art, als die übrigen Schüler des Mahomets. Nehmet euch wohl in [↔] (Ali.
Hegire 40.
n. C. G.
660.) Acht, sagt Ali: daß ihr euch nicht von der Gemeinschaft der Muselmänner abson dert; denn derjenige, welcher sich abson dern wird, gehöret dem Teufel zu, so wie ein Schaf, welches die Heerde ver läßt, dem Wolfe zugehöret. Erzeigt demjenigen keine Gnade, welcher unter der Fahne der Zwietracht marschiret, und wann er auch meinen Turban auf seinem Kopfe haben sollte; denn er führt das unfehlbare Zeichen eines Mannes, wel cher nicht den rechten Weg wandelt.
[↔] Dieser Ausspruch verdammet offenbar die Aufführung derjenigen, welche von der Secte des Ali zu seyn, sich rühmen, dergleichen noch ietzt die Perser, ein Theil der Usbekischen Für sten, jenseit des Flusses Gihon, und verschiede ne mächtige Monarchen in Indien sind, wel che den Turban des Ali beybehalten, und also sich von den übrigen Muselmännern abgeson dert haben.
Sie gaben sich von beyden Seiten den Na men Schüten, das ist, verworffene und nichts würdige Sectirer. Insbesondre aber nennte man die Anhänger des Ali so, welche oft sehr heftige Unruhen in dem muselmannischen Rei che erregt haben, um die Nachkommen dieses Califen auf den Thron zu bringen, welchen er nach ihrem Vorgeben einzig und allein zugehö= [↔] (Ali.
Hegire
40.
n. C. G. 660.) ren soll. Man wird in der Folge dieser Ge schichte sehr häufige Exempel davon finden, wenn wir von den Dynastien handeln werden, welche sie unter den verschiednen Benennungen der Aliden, Fatimiten, Edrißiten, und Ismae liten errichtet.
[↔] Ali, wie wir in dem Leben des Mahomets gesehen haben, hatte die Tochter des Prophe ten, die Fatime, geheyrathet. Nach dem Tode seiner Frau, hat er verschiedne andre gehabt, aus welchen verschiednen Ehen er funfzehn Söhne und achtzehn Mägdchen hinterließ. Fa time zeugte ihm drey Söhne, den Hassan, Hassein, und
Mohassan. Dieser starb in sei ner Kindheit. Die andern zwey sind in der muselmännischen Geschichte durch die grossen Männer bekannt, welche aus ihnen entspros sen, und durch die Unruhen, die ihre Nach
kommen, zu verschiednen Zeiten des ma hometanischen Reichs, er regt haben.
Register
Der vornehmsten Sachen und Namen.
-
- Abdallah - ebn - Abbas, wird Statthalter von Basrah, 436
- Abdallah - ebn - Giaffar, wird ein Kloster zu überfallen ausgeschickt, und was bey diesem Un ternehmen vorgefallen 192. u. folg.
- Abdallah - ebn - Hodafah, wird gefangen genom men, 320. Omar läßt ihn in Freyheit setzen 321
- Abdallah - ebn - Said, wird Statthalter von Ae gypten, 372. wird wieder abgesetzt, und warum, 373
- Abdarrahman, des Abubekers Sohn, seine vor nehmsten Thaten 84. 88. 361
- Abubeker, Calif dieses Namens 56. 184
- Abu -Obeidah, siehe Obeidah.
- Abu - Sofian, siehe Sofian.
- Abraham, die Muselmänner halten ihn für den Urheber ihrer Religion 265
- Aelia, ein Name der Stadt Jerusalem 249
- Aiesha, des Mahomets liebste Frau, 390. wenn sie mit ihm verheyrathet worden, und wenn sie gestorben, 52. ihre Verschwörung wider den Othman, 382. und den Ali, 406. und folg. wird gefangen genommen 435
- Alexandria, wird von den Arabern erobert, wie der eigenommen, und wieder erobert, 348. u. f. die Bibliothek daselbst, von wem sie gestiftet worden, 352. die Geschichte ihrer Verbren nung 356. u. folg.
- Ali, Geschichte unter seiner Regierung, 388. bis zu Ende.
- Alla - Achar, Freudengeschrey der Muselmän ner 90
- Alvakedi, ein arabischer Geschichtschreiber, Be trachtungen über denselben 101
- Amru- ebn - al - As , seine vornehmsten Thaten, 76. 323. 337. 345. 372. 373. 380. wird Statt halter in Aegypten 463
- Ansaren, woher sie diesen Namen haben 41
- Arabien, geographische Beschreibung dieses Lan des 3 - 6
- Aretas, Name der Gassanidischen Könige 5
- Arzemidokht, Königin von Persien 867
- Astakar, griechischer Priester 205
A. -
- Caab, ein arabischer Dichter, kömmt bey dem Ma homet wieder in Gnaden, 33. Mahomet schenkt ihm seinen Mantel, 33. Geschichte dieses Man tels 34
- Caab, ein Jude, welcher sich zu der Mahometani schen Religion bekehrt 264
- Caabah, die, was sie ist, 7. wer die Aufsicht dar über gehabt 7
- Cadhige, des Mahomets Frau, tritt seiner neuen Lehre bey, 12. ihr Tod 52
- Calif, Erklärung dieses Titels 58
- Calous, 92. muß die Ausforderung des Khaleds annehmen, 95. wird von dem Khaled über wunden und gefangen genommen, 98. Khaled läßt ihm den Kopf abschlagen 101
- Caulah, Schwester des Derars, ihre und des übri gen arabischen Frauenzimmers Heldenthat 121
- Constantinus, des Kaysers Heraclius Sohn, 32. 330. 334
- Cophten, wer sie sind 340
- Coreischiten, der vornehmste Stamm unter den Arabern 7
C. -
- Gabriel, Engel, wie er in dem Korane abgemahlt wird, 251. Beschreibung des Pferdes, auf wel chem er den Mahomet in den Himmel brachte 252. 253
- Gassaniden, woher dieser Name gekommen 5
- Giabalah, verläst die Mahometanische Religion, 200. nimmt bey dem Käyser Dienste, 210. verwirft des Khaleds Vorschlag, neutral zu blei ben, 236. wird geschlagen, 237. schlägt dem Käyser vor, den Califen ermorden zu lassen 303
G. -
- Hafsa, Tochter des Omars und Mahomets Frau, Zeit ihrer Verheyrathung und ihres Todes, 52. man legt den Koran bey ihr nieder 184
- Hagar, oder Hagiar, Beynahme des steinigten Ara biens 3
- Hareth, Benennung der Gassaniden, woraus der Name Aretas entstanden 5
- Hegiaz, eine Provinz in dem wüsten Arabien 3
- Hegire, Zeitrechnung der Muselmänner, wann sie anfängt 15
- Heraclius, griechischer Käyser, 26. seine Unter redung mit den gesangnen Arabern, 301. wird von einem Traume erschreckt, und flieht nach Constantinopel 309
- Herbis, thut mit dem Thomas einen Ausfall aus Damascus, 149. wird getödtet 145
- Herbis, Befehlshaber in Baalbec, 211. wagt einen Ausfall, wobey er glücklich ist, 213. wagt einen zweyten Ausfall, 214. Muß sich erge ben, 219. sein Eigennutz bringt ihn um das Le ben 223
- Hiemariten, wie lange ihr Reich bestanden 4
- Hiemen, Name, welchen die Araber dem glücklichen Arabien geben 3
- Homeriten, ein arabischer Stamm, dessen Wei ber mit den Waffen umgehen lernen 122
- Hungersnoth in Arabien, 356. wie man dersel ben abhilft 357
H. -
- Jacobiten, wer sie sind 339
- Jemamath, eine Provinz in dem glücklichen Arabien, 3. Die Fürsten dieses Landes unter werfen sich dem Mahomet 35
- Jerusalem, Nachricht von der Belagerung und Uebergabe dieser Stadt 247 - 260
- Iman, die Ernennung eines Imans zu Mecca 35
- Johann, Bruder des Yukinna, Befehlshaber zu Aleppo, beredet die Einwohner zur Uebergabe 267
- Johann, mit den Zunamen der Grammaticus, erwirbt sich das Vertrauen des Amru, 354. er bittet ihn um die Alexandrinische Bibliothek 355
- Jonas, Begebenheit, die ihm seine Religion zu verleugnen verleitet 168
- Josias, übergiebt Damascus den Arabern 158
- Irak, eine Provinz in Asien 4
- Israil, Befehlshaber zu Damascus. Seine Un einigkeit mit dem Calous, 93. nimmt die Aus forderung des Khaleds an, 99. der Kopf wird ihm abgeschlagen 101
- Israil, Name eines Engels bey den Muselmän nern 99
- Juden, in Arabien, müssen sich dem Mahomet unterwerfen 25
- Jzdegerd, König in Persien, dessen Schicksa le, 367. u. f.
J. -
- Kameele, die Opferung derselben wird von dem Mahomet eingeführt, von seinen Anhängern aber verabsäumet 39
- Khaled= ebn - Valid , mit dem Zunamen der Degen Gottes. Seine verschiedene Thaten, und Schicksale, 27. 77. 134. 137. 159. 167. 173. 189. 242. sein Tod 336
- Khosaiten, ein Stamm unter den Arabern, wel cher die Aufsicht über die Caabah verlieret 7
- Kossa, Haupt der Coreischiten, zieht die Aufsicht über die Caabah an sich 7
- Koran, Nachricht von diesem Buche 41
- Kriege, heilige, nennen die Araber diejenigen, wel che sie zu Ausbreitung ihrer Religion führen. 69
K. -
- Mahan, (ist eben der, welcher sonst Manuel heißt) wird von dem Kayser wider die Araber ausgeschickt, 233. seine Vorschläge werden ver worfen, 236. Er verlangt eine Unterhandlung mit dem Khaled, 238. u. f. er giebt dem Kha led die Gefangnen wieder, 240. er verliert die Schlacht bey Yermuk, 243. er wird gefan gen genommen und zu Damascus getödtet, 244
- Mahomet, kurzgefaßte Lebensbeschreibung dieses Propheten 7 = 56
- Mahomet, der Sohn des Abubekers, wird Statt halter in Aegypten, 396. er verursacht einen Aufruhr wider den Othmann, 397. wird ge tödtet 449
- Mahometanische Religion; Grundsätze dersel ben, 49. verschiedne Secten derselben 60
- Mahua, ein vornehmer Perser, hetzt den Tarkan wider den Jzdegerd auf 369
- Makaukas, Befehlshaber von Mesrah, verläßt die Griechen, und macht mit dem Amru ein be sonder Verbindniß 339
- Maraukas, schickt dem Mahomet Geschencke, 46
- Malek, empört sich nach dem Tode des Maho mets, 62. er verliert die Schlacht wider die Muselmänner, 62. seine Unterredung mit dem Khaled, 63. wird getödtet 64
- Malek - Alaschtari, seine Thaten bey Einneh mung des Schlosses Aazaz 290
- Märtyrer, bey den Muselmännern 18
- Mead, wird aus Haran zurück geruffen, Khaled vertraut ihm einen Theil des rechten Flügels in der Schlacht bey Ainadin 132
- Mecca, eine Stadt in dem wüsten Arabien, 3. Mahomet legt eine Wallfahrt dahin an, 28. Ce remonien, welche dabey beobachtet werden müs sen 29
- Medina, eine Stadt in dem wüsten Arabien, in der Propinz Hegiaz, 3. Wann man sie so zu nennen angefangen, 15. das Grab des Ma homets ist in dieser Stadt 43
- Meissarah - ebn - Mesru, nimt die Eroberung des Gebirges nebst dem Dames auf sich, 315. er wird eingeschlossen, 317. Khaled macht ihm wie der Luft 319
- Mervan - ebn - Hakem, des Othmanns Schrei ber, verräth seinen Herrn 384
- Mesrah, die Belagerung dieses Orts wird be schrieben 351
- Moavias, Statthalter in Syrien, seine Thaten zur See, 375. macht Anspruch auf die Regie rung, nebst den Folgen dieses Anspruchs, 403. u. f.
- Mogairah - ebn - Schaad, schlägt dem Califen vor, den Titel Emir - al - Mumenins anzuneh men 185
- Mogairah - ebn - Schabah, wird von dem Oth man abgeschickt, die Aufrührer zu besänftigen 380
- Mohagerins, die, warum sie so genennt wer den, 41. ihr Streit mit den Ansers wegen des Begräbnisses des Mahomets 41
- Mönche, Achtung der Muselmänner gegen die selben 72
- Moslemah - ebn - MaKhaled, wird mit dem Amru gefangen, 359. wie er die Freyheit wie der erlangt 360
- Mossellamah, kömmt den Mahomet zu huldi gen, 31. wirft sich zum Propheten auf, 66. verliert die Schlacht, in welcher er bleibt 66
- Murzins, werden diejenigen genennt, welche die Muselmänner zum Gebet ruffen 259
- Mumenins, bedeutet im Arabischen Gläubige 184
M. -
- Nestorius, Feldherr der christlichen Armee, schlägt sich mit dem Dames und macht diesen zum Gefangnen, 306. er schlägt sich mit dem Dehak 308
- Noman, bekömmt Befehl, Palmyra zu verlas sen, und mit seinen Trupen zu der Syrischen Armee zu stossen, 114. Khaled untergiebt ihm einen Theil des rechten Flügels in der Schlacht bey Ainadin 132
N. -
- Obeid, wird in einem unglücklichen Feldzuge wider die Perser getödtet 362
- Obeidah, Feldherr der muselmännischen Armeen in Syrien; seine Thaten, 77. 156. 159. 167. 186. 202. 209. 211. 242. sein Tod 335
- Offeirah, eine arabische Heldin, ihre Antwort auf die Ermunterung der Caulah, 121. sie führt nebst der Caulah die Weiber an 128
- Okail, des Ali Bruder, tritt auf des Moavias Seite 468
- Omar, er will den Mahomet nicht für todt er kennen, 40. er erklärt den Abubeker zum Nachfolger, 55. seine Thaten unter diesem Ca lifen, 75. 146. seine Regierung, 184 = 364. er wird von einem mißvergnügten Sklaven um gebracht 358
- Othman, wiederräth dem Omar nach Jerusalem zu gehen, 251. er wird zum Califen ernennt, 364. seine Regierung, 364 = 388. er wird umgebracht 386
- Othman = ebn - Hanif, Ali ernennt ihn zum Statthalter von Basrah, 400. man will ihn daselbst nicht annehmen, 402. wie ihm die Aufrührer mitgespielt 413
O. -
- Paulus, schlägt das Hintertreffen der Muselmän ner, welches Obeidah anführt, 117. er wird in seinem Rückzuge überfallen, 119. der Kopf wird ihm vor die Füsse gelegt 129
- Persien, wird von den Arabern erobert 366
- Perser, ihre Hochachtung gegen den Ali. 460. 479
- Pest, in Syrien 335
- Petrus, wagt einen Ausfall aus Damascus auf die Syrer, 116. er ist glücklich dabey, 117. er wird auf dem Rückzuge überfallen, 118. er wird getödtet 126
P. -
- Saad - ebn - Kais, Ali macht ihn zum Statthal ter von Aegypten, 400. Moavias findet Mit tel, ihn bey dem Ali verdächtig zu machen 460 und folg.
- Said, wird mit Hülfsvölkern nach Syrien ge schickt, 74. seine übrige Schicksale und Tha ten 75. 129. 361
- Said, kömmt dem Obeidah zu Hülffe, 220 zwinget die von Baalbek, sich in ein verfallenes Kloster zu ziehen 222
- Saracenen, Ursprung dieses Namens 362
- Schaddad - ebn - Aus, muß des Omars Schrei ben, wegen seiner Gelangung zu dem Throne, nach Damascus bringen 188
- Schüten, wenn dieser Name eigentlich beygelegt wird. 475
- Schweinefleisch, den Mahometanern verbothen 148
- Sergiabil, seine Schicksale und Thaten, 65. 118. 152. sein Tod 332
- Sergius, ein christlicher Mönch, welcher dem Mahomet den Koran verfertigen half 49
- Sinai, in dem wüsten Arabien 4
- Sofian, Abu, weicht zurück und wird von einem arabischen Weibe gemißhandelt, 252. Omar giebt ihm die Statthalterschaft in dem mitter nächtlichen Theile Syriens 278
- Sohaid - ebn - Sabah, giebt das Zeichen, dem Obeidah zu Hülfe zu kommen 223
- Sophronius, Patriarch zu Jerusalem, seine Un terhandlung mit dem Obeidah, 256. er em pfängt den Omar in Jerusalem 258
- Spiele, Glücks, werden in dem Korane verbo then, und warum 196
- Stein, schwarzer, was er war 29
- Syrien, eine Provinz in Asien; die Araber las sen sich daselbst nieder, 5. Zustand der Reli gion daselbst zu den Zeiten des Mahomets 9=10
- Syrer, ihr Eifer, den Tod des Othmans zu rä chen 399
S. -
- Tarkan, kömmt dem Jzdegerd zu Hülfe, 369. zerfällt mit ihm, 369. liefert ihm ein Treffen und schlägt ihn 370
- Tauben, man braucht sie zu Briefträgern 288
- Tellah, einer von denen, welche den Califen wählen sollen, 361. Seine Empörung wider den Ali 394 u. f.
- Thahamah, eine von den Provinzen des wüsten Arabiens 3
- Theodor, Befehlshaber von Aazaz; nimmt den Yukinna gefangen, 289. wird von seinen zwey Söhnen umgebracht 291
- Thomas, Eydam des Käysers Heraclius, seine Thaten bey der Belagerung der Stadt Dama scus, 149. und folg. sein Tod 174
- Tuleiah, rettet dem Sergiabil das Leben 329
T. -
- Yatreb, eine Stadt in dem wüsten Arabien, wel che jetzt Medina heist 15
- Yiermuk, eine Stadt in Syrien, an dem Flusse dieses Namens, wo die Araber einen grossen Sieg davon tragen 243
- Yezid - ebn - Abi - Sofian, seine Thaten und Schicksale, 71. 74. 103. sein Tod 338
- Yukinna, Befehlshaber von Aleppo; wieder steht den Muselmännern tapfer, 267. und folg. muß sich ergeben und wird ein Mahometaner, 284. seine übrige Schicksale 288. 295. 298. 330
Y.
1
(1) Der Hr. Crenier, Professor der Beredsamkeit auf der Universität zu Paris.
2
(2) Hr. Barbeau de la Bruyere.
3
(3) Man übersieht darauf, mit einem Blicke, das Ent= stehen und den Wachsthum der verschiedenen Staaten, die Dauer, die Zertheilung und das Ende aller Königreiche, Käyserthümer, Republi= cken, und grossen Völker, die sich, seit der Sünd= fluth, bis auf diese Zeiten, in der Welt hervor ge= than haben.
4
(4) Vnde monitos lectores velim, ne ſi quae illis oc- currant aliter tradita, quam a nobis factum eſt, de fide et diligentia noſtra dubitent; praeſertim ſi quae in nupera Bibliotheca orientali viri clariſſimi, ami- ci noſtri, Bartholomaei Herbelotii, de iſtis rebus leguntur, cum noſtra narratione comparent. Ab- ſit ſane, vt viro doctiſſimo, quem vt magiſtrum ſem- per ſuſpeximus, laudis aliquid detractum velimus: plura ſane et meliora longe praeſtare in hoc litera- rum genere potuiſſet, quam in opere illo poſthu- mo, in quo licet multa reconditae eruditionis re- periantur, tamen non paucaſunt, quae emendaturus erat, ſi ſuper vixiſſet. Hiſt. Patriarch. Alexand. p.
539.
5
(5) Elmacin hat eine Geschichte, oder vielmehr eine Chronike der muselmännischen Califen, seit dem Ma= homet bis auf den Mostater, welches der 47ste Ca= life war, geschrieben. Man hat ihn in dieser Ge= schichte manchmal unter dem Namen des Macins angeführt, wenn man nehmlich einige Stellen aus der französischen Uebersetzung, welche Vatier von diesem Verfasser geliefert, angezogen.
6
(6) Nuper alius magni ſane inter lieratos nominis, nobisque, dum vixerat, coniunctiſſimus, Bartholo- maeus Herbelotius, illam retulit ex Elmacino in Bibliothecam orientalem ſuam absque vlla cenſura. Quamuis autem neminem in his peregrinis literis doctiorem noſtra aut ſuperior aetas viderit, lamen quia collectanea illa, quae in alphabetum digeſta ſunt, caruerunt poſtrema auctoris emendatione, non maiorem habent auctoritatem, quam a ſcriptoribus, ex quibus illa deſumpſit: hic autem non alium quam Elmacianum nominat. Hiſt. Patriarch. A- lexand. pag. 483.
7
(*) Dieser Aufenthalt in den Höhlen ist für die Anhänger des
Mahomets eine unerschöpfliche Materie geworden. Sie geben vor, er habe eine Menge Wunder daselbst gethan, die Wahrheit seiner Sendung zu beweisen. Ver schiedene von den erleuchtesten arabischen Schriftstellern aber, melden uns, daß der Prophet
alle diese Wunder oftmals geleugnet habe.
8
(*) Die arabischen Weiber folgten ihren Män nern in den Krieg, und schlugen an der Spitze ihrer Stämme die Trommeln.
9
(*) Ebn bedeutet so viel als Sohn, und folg lich Khaled=ebn=Walid
heißt Khaled ein Sohn des Walid.
10
(*) Dieser Stein lieget in einem Winkel der Caa bah, und er heißt auf Arabisch Hagiar=al asuad. Es ist ohne Zweifel ein Götze der al ten Araber gewesen, dessen Verehrung Maho met beyzubehalten für dienlich hielt, so wie er verschiedne andre Ceremonien beybehielt, die vor ihm in dem Tempel zu Mecca gebräuch lich waren.
11
(*) Caab hob diesen Mantel bis an seinen Tod heilig auf. Bey seinen Lebszeiten bot ihm der Calife
Mohawia zehn tausend Drachmen dafür, die er aber ausschlug. Als er starb, schickte eben dieser Calif seinen Erben seinen Körper mit zwanzig tausend Drachmen, (Abulfeda sagt vierzig tausend) und er hielt von ihnen den Mantel. Nach der Zeit haben die Califen, als Nachfolger des Pro pheten Gottes, die Gewohnheit gehabt, ihn bey Umzügen und andern feyerlichen Festen, sie mochten nun sitzen oder reiten, anzulegen. Almostasem - billah, der 36te und letzte Calif aus dem Hause der Abassiden, hatte diesen Mantel um, als er aus Bagdad dem Ero berer
Holagu, einem tartarischen Kayser, ent gegen zog. Er führte zugleich den Stock des Propheten in der Hand; Holagu
aber entriß ihm so wohl den Stock, als den Mantel, ver brannte beydes in einer Pfanne, warf die Asche davon in den Tigris, und sagte: „Ich habe sie nicht aus Verachtung ver brannt, sondern vielmehr aus Hochach tung, um ihre Reinigkeit und Heiligkeit zu erhalten, weil ich befürchte, sie möch ten von Gottlosen entheiliget werden.„ S. Gagniers Leben des Mahomets Th.
III.
s. 135. Dieser Mantel muß schon ziemlich ab getragen gewesen seyn, denn als der Tartar ihn verbrannte, hatte man ihn schon länger als sechshundert Jahr getragen. Es geschah nehmlich, nach Gagniers Rechnung, im 656 Jahr der Hegire.
12
(*) Der Name Mohajerin wurde denjenigen gegeben, die den Mahomet in seiner Flucht nach Mecca begleitet hatten. Das Wort an sich selbst bedeutet
Flüchtlinge.
13
(**) Ansaren wurden die Einwohner von Medi na genennt, weil sie den Propheten bey sich aufnahmen und ihm Hülffe leisteten. Ansar bedeutet Hülffe.
14
(*) Es giebt Schriftsteller, welche versichern, die Aliden hätten es beständig geleugnet, daß Ali in die Wahl des Abubekers gewilliget habe.
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(**) So grosse Hochachtung sich auch Maho met, für seine Person und Lehre, erworben hatte, so entstanden die verschiednen Secten doch nicht erst nach seinem Tode. Verschiedne zeigten sich schon bey seinem Lebszeiten, und in dem ersten Jahrhunderte der Hegire hat man deren an die 72 gezehlt. In den folgenden Zeiten ward es noch schlimmer, als die Ver nunftlehre und Metaphysick des Aristoteles in das Arabische übersetzt waren. Die rechtgläu bige Mahometanische Lehre bekam einen ge waltigen Stoß, durch die erstaunenswürdige Menge von Auslegungen, Meinungen und Streitigkeiten, welche allmälig das Feuer der bürgerlichen Kriege
anflammten. Jede von diesen Secten hatte ihre Anführer, ihre An merkungsmacher, ihre Ausleger, ihre Leh rer, die sich recht um die Wette bestrebten, ein ander an ausschweiffenden Meinungen, und Hartnäckigkeit bey ihrer Vertheidigung, zu übertreffen.
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(*) Dieses war der eigentliche Name des Abu bekers. Wir haben oben die Ursache ange führt, warum ihn Mahomet in dem Namen veränderte, unter welchem er in der Geschich te bekannt ist.
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(**) Dieses ist dem Vorurtheile einiger Christen ganz zuwider, welche glauben, die Mahome taner richteten ihr Gebet an den
Mahomet.
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(*) Diese Aufmercksamkeit des Abubekers gegen die Mönche kam vielleicht daher, weil man den Mahomet in verschiednen Klöstern von Sy rien sehr wohl aufgenommen hatte, besonders in dem Kloster zu Bostra, wo er eine beson dre Bekanntschaft mit einem Mönche mach te, welchen die Orientaler Bahira, und die Oc cidentaler Sergius nennen. Man versichert, wie ich schon gesagt, daß ihn dieser Mönch bey Verfertigung des Korans vornehmlich ge holffen habe.
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(*) Bostra, vormals die Hauptstadt Arabiens, ist eine sehr feste Stadt, welche starken Handel treibt. Man muß sie nicht mit Basrah, oder Bassorah, einer Stadt an dem persischen Meer busen, verwechseln.
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(*) Man muß nicht vergessen, daß man allezeit Mondenjahre meinet, welche 29. Tage kürzer als die unsrigen sind.
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(*) Es scheint, als ob die Araber, in Ansehung dessen, sich über etwas sehr geringes beküm mert hätten. Denn anstatt der Wiederhoh lungen Calife des Califen, welche sie ver meiden wollten, hätten sie ja nur, wie wir es thun, die Ordnung der Zahlen gebrauchen können; so wäre alle Schwierigkeit gehoben gewesen.
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(*) Der Gebrauch des Weins ist den Anhän gern des Mahomets verboten: Man wird dich fragen wegen des Weins und der Glücksspiele; spricht Gott in dem Korane zu Mahomet: Sage ihnen, es ist bey bey den ein grosses Verbrechen. Und an ei nem andern Orte dieses Buchs: Gewiß, o ihr Gläubigen, der Wein, die Glücks spiele, die Bildseulen, und die Glücks pfeile, sind verabscheuungswürdige Wer ke des Satans. Enthaltet euch dersel ben, damit ihr glücklich seyn möget.
Gleichwohl haben sich Ausleger gefunden, welche die Strenge dieses Verboths gelindert haben, indem sie vorgegeben, daß bloß und allein die Unmäßigkeit verbothen werde. Sie führen deswegen einen andern Ort aus dem Korane an, wo der Wein erlaubt zu seyn scheinet.
Was die Früchte des Palmenbaums und des Weinstocks anbelangt, so werdet ihr einen Saft, welcher trunken macht, und eine gute Nahrung daraus ma chen: und gewißlich hierinne liegt ein Zeichen
für die, die es verstehen.
Man giebt vor, Mahomet habe den Wein verboten, weil er Gefahr gelauffen, sein Leben bey einem Gastmahle, welches ihm die Juden einsmals gaben, und wobey sehr stark ge trunken wurde, zu verlieren. Andere schrei ben es einer politischen Ursache zu; er habe nehmlich den Wein und die Glücksspiele ver boten, weil sie die gewöhnlichen Quellen aller Händel wären. Gagnier, im Leben des Mahomets, Th. II. B. 3.
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(*) Mahomet hatte das Gesetze der gleichen Vergeltung angenommen, vermöge dessen ein Mensch eben das Uebel zu erdulden ver dammt wird, welches er einem andern er wiesen hat.
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(*) Man lieset hiervon in dem 3ten Hauptstücke des Korans: GOtt hat uns in der Schlacht
bey Beber beygestanden, als ihr weit schwächer waret, als eure Feinde. War es nicht genug, daß er euch eine Verstär kung von dreytausend Engeln, die vom Himmel stiegen, schickte? Wann diese nicht hinreichend gewesen wären, so würde er deren wohl fünftausend ge schickt haben, welche alle nach verschiede nen Fahnen geordnet gewesen wären. „Ein arabischer Schriftsteller
versichert, daß die streitenden Engel
auf weiß und schwarz ge sprengten Pferden geritten wären, und gelb und weisse Tiaren auf dem Haupte gehabt hät ten, von welchen bis auf die Schultern Bänder herabgehangen, mit welchen der Wind gespielt. An ihrer Spitze war Ga briel, welcher auf seinem Zelter, Namens
Haisum, das ist, der muntre, ritt, und in einer Wolke eingehüllet überall eine entsetzli che Niederlage unter den Götzendienern an richtete. Gagnier Leben des Maho mets B. III.„
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(*) Eine Stadt in Syrien, an dem Flusse gleiches Namens.
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(*) Sowohl der Gebrauch des Weins, als das Essen des Schweinefleisches ist im
Korane ver boten.
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(*) Die Muselmänner glauben, Mahomet sey einmal in der Nacht von dem Engel
Gabriel von Mecca nach Jerusalem, und von da in den Himmel geführet worden, wo er die wunderbarsten Dinge gesehen habe, die man in des Gagniers
Lebensbeschreibung dieses Propheten, ausführlich beschrieben findet. Diese Geschichte, welche nichts weiter ent hält, als das, was Mahomet in einer einzi gen Nacht gesehen hat, nimmt die zwölf er sten Hauptstücke des zweyten Buchs ein. Um einen Begrif von dem Geschmacke zu machen, welcher in dieser Erzehlung herrscht, will ich nur das anführen, was der Prophet von den Vorbereitungen zu seiner Reise erzehlt.
[↔] In einer gewissen Nacht, sagt er, war ich zwischen den beyden Hügeln Safa und Werwa eingeschlafen. Diese Nacht war sehr finster; aber so stille, daß man weder die Hunde bellen, noch die Hähne kräen hörte. Auf einmal stand der En gel Gabriel in der Gestalt, wie ihn der Allerhöchste erschaffen hat, vor mir. Sei ne Gesichtsfarbe war weiß wie der Schnee; seine Haare waren weißlicht, sehr wunderbar zu rechte gemacht, und fielen ihm auf die Schulter. Er hatte eine majestätische, und heitre Stimme; die Zähne waren schön und glänzend; die Beine waren von einer gelblichten Saphirfarbe. Seine Kleider waren aus lauter Perlen und Fäden des feinsten Goldes gewirkt. Auf seiner Stirne trug er ein güldnes Blech, auf welchem zwey Zeilen, die zu brennen schienen, geschrie ben waren. Die erste Zeile enthielt die Worte: Es ist kein Gott ausser Gott.
In der andern stand: Mahomet ist der Apostel Gottes. Bey diesem An blicke ward ich erschrockner und ver wirrter, als nur ein Mensch seyn kan. Um ihn herum ward ich siebenzig tau send kleine Gefässe oder Beutel voller Bisam und Saffran gewahr: er hatte fünfhundert Paar Flügel, und von ei nem Flügel bis zu dem andern war eine Entfernung von fünfhundert Jahren We ges. Hierauf erzehlt Mahomet
die Einla dung, welche der Engel Gabriel an ihn erge hen lassen, nemlich sich fertig zu halten, dem Herrn einen Besuch abzustatten, und damit er diese Reise bequemlich thun könne, ließ er ihn auf ein ganz besondres Lastthier steigen, welches sich der Engel selbst bey dem Zügel zu führen erbot. Hier ist die Beschreibung, welche
Mahomet von diesem Lastthiere macht.
Ihr müßt wissen, sagt der Prophet,
daß dieses Thier keinem einzigen von unsern Thieren nur in einem Stücke gleich kömt. Seine Gestalt ist ohngefehr diese: Es ist grösser als ein Esel, und kleiner als ein Maulesel. Es ist weiß; es hat ein menschliches Gesicht, und Kinnba cken wie ein Pferd. Die Mähne seines Halses ist von feinen Perlen, mit Hya cinthen durchwebt, und mit Licht durch stückt. Seine Ohren sind von Sma ragd; seine Augen sind zwey grosse Hya cinthen, welche gleich den Sternen des Firmaments brennen, und durchdrin gende Strahlen von sich schiessen, welche den Strahlen der Sonne gleich sind. Sein rechter Schlaf ist mit eingefaßten Perlen überstreuet, und der linke ist mit Goldbleche eingefaßt. Der Hals, die Brust, der Rücken sind insgesamt mit kostbaren Steinen belegt, welche alle gleich der Sternen an dem Firmamente durch den weiten Himmel, einen Glanz von sich werffen, oder gleich einem schim mernden Blitze, oder einer Feuerflam me. Sein Schwanz ist aus Schma ragden zusammen gesetzt. Die Mähne ist von einer schönen Länge, so daß er damit auf beyden Seiten um sich schla gen kan. Er hat zwey Flügel, wie die Flügel eines Adlers, von dem Umfange eines grossen Wasserbehälters, mit Per len und kostbaren Steinen besetzt, so bunt als eine blühende Wiese. Er hau chet einen angenehmen Geruch von Bie sam und Saffran von sich. Er hat eine
Seele, wie die Seelen der Menschen sind. Er versteht alles, was man sagt, allein er kan nicht antworten. Die Rie men seines Zügels sind von zusammen gereihten Perlen mit untermengten Edel steinen und Hyacinthen. Seine Ketten sind von Golde und Silber, sein Zaum ist von rothen Hyacinthen. Seine zwey Flügel sind ganz mit Licht besetzt und er fliegt damit so wie andre Vögel et cetera
et cetera Gagnier im Leben des Mahomets Th. I. B. II.
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(*) Man weiß verschiedne Beyspiele von dieser Art, vermittelst der Tauben einem andern Nachricht zu geben. Plinius
erzehlt, daß man sich dieses Mittels bedienet habe, Briefe nach Modena zu bringen, als dieser Platz von dem Marcus Antonius belagert wurde. In Sy rien, Arabien, Aegypten hat man diesen Ge brauch beybehalten, und man versichert, daß der Mogol Tauben halten läßt, welche im Nothfalle zu Ueberbringern schleiniger Nach richten gebraucht werden. Thuanus erzehlt, daß im Jahre 1573. bey der Belagerung von Harlem, die Einwohner dieser Stadt Tauben gebraucht hätten, um von ihren Bundesge nossen Nachricht zu bekommen. Die Einwoh ner zu Leyden thaten 1575. ein gleiches, und als die Belagerung aufgehoben wurde, soll der Prinz von Oranien, wie man sagt, den Tauben öffentliche Merkmahle der Dankbar keit zu erweisen befohlen haben, indem er sie auf Unkosten der Stadt, in einem ausdrück lich dazu verfertigten Taubenhause, ernähren, und nach dem Tode einbalsamiren lassen, um sie auf ewig auf dem Rathhause auf heben zu können.
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(*) Hier ist ein kurzer Begrif von der Unterre dung, welche Heraclius mit den gefangenen Muselmännern hatte. Der Kayser fragte ei nen von ihnen, auf was Weise Mahomet die Eingebung empfangen habe: man ant wortete ihm, daß sie oft dem Schalle einer Glocke gleich gewesen wäre, oft aber sich mit einem etwas stärkern und hellern Klange ha be hören lassen. Als sich der
Kayser nach den Wundern, die Mahomet
gethan habe, erkundigte, so sagte man ihm, der Prophet habe einem sehr grossen Baume befohlen, für seine Lehre ein Zeugniß abzulegen; der Baum habe sich hierauf mit seinen Wurzeln aus der Erde gerissen, und dreymal zu ihm gesagt:
Du bist der Gesandte Gottes. Heraclius erkundigte sich ferner, ob es wahr sey, das den Muselmännern das Gute nach dem Ver hältnisse wie zehne zu eins vergolten, daß Böse aber wie eins zu eins bestraft werden solle; man sagte ihm, daß es allerdings also sey. Der
Kayser fragte auch verschiednes wegen der Reise, welche Mahomet in den Himmel gethan, wegen der Unterredung, die er mit Gott gehabt, und andere solche nichts würdige Dinge. Diese Unterredung schloß sich auf die allerlächerlichste Art. Ein Bischof, welcher zugegen war, widersprach dem De rar; dieser strafte ihn Lügen; die Scheltworte wurden auf beyden Theilen fortgesetzt, und endlich kam es zu einer Schlägerey. Alles dieses ging in Gegenwart des Kaysers vor, und zu der Zeit, als sich der Feind eines Po sten bemächtigte, der ihn den Weg nach An tiochia öffnete.
30
(*) Dieses ist ein Vorwurf, welchen der Calife den Christen wegen des Geheimnisses der Dreyeinigkeit, und der Würde einer Mutter Gottes, welche sie der Maria beylegen, macht.
31
(*) Dieser Muselmann hieß
Tuleihah - ebn = Khovailed. Er war bey seinen Landsleu ten so verabscheut, weil er sich wider den Ma homet hatte empören wollen, daß, als ihn Amru mit einem Empfehlungsschreiben an den Omar
schickte, der Calife vor Entsetzen ganz ausser sich zu seyn schien, als er vor ihn kam. Doch die lebhafte Reue des Tuleihah, und der Dienst, welchen er dem Sergiabil erwiesen, brachte ihn endlich bey dem Cali fen vollkommen wieder in Gunst, daß er ihm seinen Fehler vergab, und ihn unter den Tru pen beförderte.
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(*) Die Jacobiten sind eine orientalische Secte, welche nur eine Natur in J. C. erkennen. Sie haben ihren Namen von dem
Jacob Bardai, welcher in dem 5ten Jahrhunderte diesen Irr thum in Gang brachte.
33
(*) Der Name Cophten, oder Copten, kömmt, wie man glaubt, von dem Griechischen
Αἰγυπτος, ein Aegyptier her. Es waren auch in der That die wirklichen Einwohner Aegyptens, welche man so nennte, um sie von den Grie chen zu unterscheiden, die sich in diesem Lan de, zu Zeiten
Alexanders des Grossen, nieder gelassen hatten. Nachdem diese Völker das
Christenthum angenommen, so schlich sich der Irrthum der Jacobiten unter ihnen ein; die Cophten nahmen ihn an, die Griechen aber blieben rechtgläubig. Diese wurden in den gegenwärtigen Umständen vertrieben, die Cophten aber vertrugen sich mit den Musel männern, und bewohnen noch bis jetzt die ses Land.
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(*) Ptolomäus Soter legte, als er das Mu seum, oder die Akademie zu Alexandria stif tete, zugleich eine Bibliothek daselbst an, wel che nicht weit von seinem Pallaste in einem Gebäude, das Bruchion
hieß, aufgestellet wurde. Diese Bibliothek ward von seinen Nachfolgern ansehnlich vermehret. Unter dem
Philadelphus, seinem Sohne, belief sie sich schon auf hundert tausend Bände, und bald darauf zählte man deren viertausend. Nachdem die Zahl noch auf dreytausend ge wachsen war, so stellte man diese in das Se rapeon, einen Tempel, welcher von der Bild säule des Serapis, die Ptolomäus ehedem von Sinope hatte bringen lassen, also genennet wurde. In dem Kriege, welchen
Cäsar mit denen von Alexandria hatte, ward das Bru chion, mit den viertausend Bänden, die sich daselbst befanden, verbrannt, doch das Sera peon ward erhalten. Cleopatra, wie man dafür hält, ließ die Bibliothek von Perga me, die ihr Antonius geschenckt hatte, dahin bringen, welches eine Vermehrung von zwey hunderttausend Bänden ausmachte, zu wel chen man hernach noch viele andere sammle te, so daß diese letztere Bibliothek weit zahl reicher als die erste wurde. Sie litt mehr als einmal, bey verschiedenen Veränderungen, grossen Schaden, sie ward aber immer wieder in ihrem alten Glanze hergestellt, und hatte sich bis auf die Zeit der arabischen Kriege, da sie völ lig vernichtet wurde, vollkommen wohl erhalten.
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(*) Trajanus.
36
(*) dem Korane.
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(*) Der Tod dieses Königs wird in der orien talischen Bibliothek des Herbelot mit andern Umständen erzehlt. Man sagt daselbst, Jzde gerd sey bis zu einem Flusse geflohen, durch welchen keine Fuhrt gewesen, und habe da her einem Schiffer ein Armband von gros sem Werthe angebothen, ihn über den Fluß zu setzen. Allein der Schiffer soll geantwortet haben, er frage viel nach seinem Armbande, wann er hinüber wolle, müsse er ihn vier Hel ler geben. Während dieses Streits sollen ihn die Reuter eingehohlt und niedergemacht haben.
38
(*) Aiesha, welche des Propheten liebste Frau gewesen war, war eben nicht die getreueste ge wesen. Sie ward des Ehebruchs wegen an geklagt; und bey den Untersuchungen, die man deßwegen anstellte, war Ali so unvorsichtig gewesen, sich darein zu mengen, und hatte so gar einige Zeugnisse wider sie abgelegt. Ma homet konnte überzeugt genug seyn, daß seine Frau schuldig sey; allein er war zu witzig, als daß er es hätte zugestehen sollen. Er that so gar noch mehr, indem er das Gegen theil durch eine deswegen ausdrücklich ge schehene Offenbarung erwieß. Sie stehet in dem 24sten Kapitel des
Korans, welches das Licht überschrieben ist, wegen des Lichts nehm lich, das sie bey einem so kützlichen Handel gab.
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[↔] (*) Der Herr der zwey Zeugnisse bedeutet den Califen, als das Haupt der muselmännischen Religion, welche in diesen zwey Hauptarti ckeln bestehet: Es ist kein andrer Gott, als Gott, und Mahomet ist sein Pro phet.
40
[↔] (**) Iman heißt im arabischen ein Vorsteher, ein Priester. Er ist unter den Mahometa nern das, was ein Bischof unter den Chri sten ist. Man gab auch den Califen diesen Namen, weil sie Herren aller geistlichen und weltlichen Sachen waren.