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L'Imposteur malgré lui [Auszug]

4) l'Imposteur malgré lui; in fünf Aufzügen, nach dem Entwurfe des ältern Riccoboni den 4. Julius 1714. zum erstenmale aufgeführt.

Personen. Lelio Lindori ein edler Genueser. Harlequin, dessen Bedienter. Capandro Ardenti, ein Alter. Flaminia, dessen Tocher. Mario, dessen Sohn. Silvia, Schwester des Lelio. Scaramouche, Liebhaber der Flaminia. die Scene ist zu Mayland, und dieser Entwurf selbst eist eigent lich aus einem spanischen Lustspiele des Moreto gezogen. Lelio hatte in Genua, seinem Vaterlande, einen unbekannten Cavalier in einer vertrauten Unterredung mit seiner Schwester Silvia betroffen, sich mit ihm geschlagen und ihn verwundet. Weil er die
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Folgen dieses Zweykampfs fürchtet, welcher seinen Feinden Gelegenheit giebt, ihn in einen schlimmen Handel zu verwickeln, so flieht er nach Mayland. Als er in dieser Stadt ist, wird er in die Flaminia ver liebt, von deren Familie er nichts weiß, und die er auch nicht anders als auf Spaziergängen sehen kann. Unterdessen (und hier fängt sich die Komödie an,) trift Scaramouche, ein vertrauter Freund eines alten Bürgers von Mayland, des Capandro Ardenti, dessen Tochter, die eben gedachte Flaminia, er heyrathen soll, den Lelio an. Er wird durch die grosse Gleichheit, die er an ihm mit einem Portrait des Mario, des Sohnes des Capandro, findet, betrogen, und nimt ihn für eben diesen Mario, den man alle Augenblicke von Lissabon erwartet, wo er sich seit einigen Jahren aufgehalten. Lelio versichert den Scara mouche, daß er sich irre, und bemüht sich vergebens, ihn aus seinem Irrthum zu bringen. Dieser besteht darauf, daß er nothwendig Mario seyn müsse, und überredet es auch dem alten Capandro, der sich durch die nehmliche Aehnlichkeit hintergehen läßt und ihn zwingen will, sein Sohn zu seyn, und seine Wohnung bey ihm zu nehmen. Harlequin, des Lelio Bedienter, ist voller Unwille, daß sich sein Herr diesen Irrthum nicht zu Nutze machen will, der ihm so viel nützlicher seyn könnte, da ihnen das Geld zu mangeln anfängt, weil sie allzuplötzlich abgereiset und die erwarteten Wechselbriefe aussenblieben. Er entschließt sich also die Weigerung seines Herrn durch eine in der Geschwindigkeit ersonnene Fabel wieder gut zu machen. er erzehlt dem Scaramouche und dem Capandro, daß sein Herr durch eine sehr ge fährliche Krankheit das Gedächtniß gänzlich verloren habe, so daß man ihm alles, was er vorher gewußt, wieder von neuem beybringen müsse. Und gleich diejenigen Dinge, die ihm vorher am geläufigsten gewesen, würden ihm itzt am schwersten zu behalten; zum Exempel, sein eigener Name, und der Name seiner Familie. Dabey habe er sich denn in den Kopf gesetzt, daß er nicht Mario Ardenti, sondern ein gewisser Lelio Lindori sey, der Genua, wegen eines gehabten Zweykampfs, verlassen habe. Uebrigens spreche er von allen Dingen sehr vernünftig, daß man leicht mit ihm betrogen werden könne, wenn man nicht die wahren Umstände wisse. Capandro und Scaramouche glauben diese Fabel; und je mehr Mühe sich Lelio also giebt, sie aus dem Irrthum zu bringen, desto hartnäckiger bestehen sie darauf, daß er Mario sey.
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Endlich sieht sich Lelio gezwungen, nachzugeben, zwar nicht so wohl wegen des Mangels, in welchem er sich befindet, sondern viel mehr aus Gefälligkeit gegen den Alten, dessen Irrthum ihm zum Mit leiden bewegt, und den er sonst zur Verzweiflung zu bringen besorgen muß. Er folgt ihm also in sein Haus, aus blosser Höflichkeit; als er aber sieht, daß Flaminia des Alten Tochter ist, so verführet ihn die Liebe, in die Erdichtung des Harlequins mit einzustimmen. Da es ihm sehr schwer wird, seine Leidenschaft zu verbergen, so spielt er nicht sowohl die Rolle eines Bruders, als vielmehr eines Verliebten mit der Flaminia. Er widersetzt sich ihrer Verheyrathung mit dem Scaramouche, und verlangt sie für sich selbst. Die Ausschweifungen, zu welchen ihn seine Liebe bringt, werden auf die Rechnung seines verlornen Gedächtnisses geschrieben. Harlequin weis sich dieser Er dichtung auch so wohl zu bedienen, daß nicht allein Capandro aus seinem Irrthum nicht kömmt, sondern auch Flaminia selbst nicht weis, was sie glauben, und ob sie ihn für ihren Bruder oder für ihren Liebhaber halten soll. Unterdessen kömmt Mario, welches eben der Cavalier ist, mit welchem sich Lelio geschlagen, nach Mayland, stellt sich seinem Vater vor, wird aber nicht erkannt, und als ein Betrieger abgewiesen. Auf der andern Seite getraut sich auch Silvia, nach ihrem Abentheuer, nicht länger in Genua zu bleiben; und da sie erfährt, daß ihr Ge liebter nach Mayland gereiset ist, so kömmt sie, ihn daselbst aufzusuchen, und erhält ihren Aufenthalt bey der Flaminia, bey welcher sie Nach richt von ihrem Geliebten einzuziehen hoffet. - Dieses ist nun der ganze Knoten dieses Lustspiels, welches sich endlich mit einer doppelten Heyrath zwischen dem Lelio und der Flaminia, und dem Mario und der Silvia beschließt.


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