Le Sincere à contretems, in einem Aufzuge von dem ältern
Riccoboni; zum ersten male aufgeführt den 21 October 1717.
Personen. Pantalon, Vater der Flaminia; Lelio, Sohn
des Pantalon; Flaminia, Tochter des Pantalon; Mario, Lieb-
haber der Flaminia; Albert, des Pantalon Freund, Hortense, des
Albert Tocher, an den Lelio versprochen; Scaramouche, des
Lelio Freund; Harlequin, Bedienter des Pantalon. Die Scene ist
in dem Hause des Pantalon.
Pantalon eröfnet die Scene, indem er den Harlequin aus dem
Hause jagt, weil er ihn wegen seiner Dummheit, und seiner übrigen
bösen Eigenschaften, die er ihm vorwirft, unmöglich länger im Dienste
behalten könne. Lelio kömmt dazu, tröstet den Harlequin und ver
spricht ihn bey seinem Freunde, dem Scaramouche, unterzubringen.
Er schreibt ihm daher ein Empfehlungsschreiben, welches Harlequin
mit vielem Vergnügen hintragen will. Lelio, der sich einer ausser
ordentlichen Aufrichtigkeit überall befleißiget, rühmt anfangs in seinem
Briefe die guten Eigenschaften dieses neuen Bedienten, kann sich aber
doch nicht enthalten hinzusetzen, daß Harlequin ein dummer Teufel,
ein Säufer, ein Taugenichts sey etc. Harlequin händigt den Brief
dem Scaramouche ein, der ihn, nachdem er den Brief gelesen, ge
schwind wieder abweiset, und sich wegbegiebt. Pantalon tritt mit
seinem Sohne Lelio auf; er sagt ihm gleich anfangs, daß er seine
Heyrath mit Hortensen, der Tochter des Herrn Albert, richtig gemacht,
und nun auch die Verbindung der Flaminia mit dem Mario zu Stande
bringen wolle.
Pantalon sagt seinem Sohne im Vertrauen, daß er sehr wich
tige Ursachen habe, diese beyden Heyrathen zu gleicher Zeit vollziehen
zu lassen; und zwar sey dieses die vornehmste, weil er wegen des
wichtigen Processes, den er itzt habe, dem Mario die funfzig tausend
Thaler nicht geben könne, die er ihm als die Aussteuer der Flaminia
versprochen, und daß also, um doch sein Wort zu halten, Lelio die
Hortense auf das eheste heyrathen müsse, damit das Heyrathsgut,
welches er mit ihr bekomme, unterdessen dem Mario, als die Mitgift
der Flaminia gegeben werden könne. Dieses nun, was Pantalon hier
seinem Sohne vertrauet, will sich durchaus nicht zu der Aufrichtigkeit
schicken, deren sich der letztere befleißiget; unterdessen verspricht er doch,
nicht davon zu sagen, und Pantalon geht ab. Flaminia kömmt
hierauf und findet ihren Bruder, der ihr sagt, er haben eben itzt ge
hört, daß sie den Mario heyrathen solle, er könne sich daher nicht
enthalten, ihr als ein ehrlicher Bruder zu entdecken, daß Mario allen
Arten des Vergnügens sehr ergeben sey, und besonders gern allen
Frauenzimmern, die ihm vorkommen, Schmeicheleyen sage. Flaminia
ist zwar über das, was sie von dem Charakter des Mario erfährt,
verdrüßlich, gleichwohl aber ist es ihr auch lieb, davon Nachricht zu
haben, und begiebt sich weg. Nun findet Mario den Lelio; dieser
wünscht ihm zu seiner Verheyrathung mit der Flaminia Glück, und
bezeigt, wie viel Vergnügen und Ehre ihm diese Verbindung bringen
werde; doch sagt er ihm auch zugleich, daß er, als sein Freund und
künftiger Schwager, ihm unmöglich den Charakter seiner Schwester
verbergen könne, die von einer so stolzen und gebietherischen Gemüths
art sey, daß niemand mit ihr leben könne. Mario dankt seinem
Freunde für die ertheilte Nachricht und geht ab. Albert kömmt mit
seiner Tochter Hortense, und stellt sie ihm als seine versprochene Braut
vor. Nach einigen Höflichkeiten von beyden Theilen, bemerkt Albert
eine gewisse Verwirrung und fragt ihn um die Ursache. Lelio er
wiedert, daß es seine Aufrichtigkeit nicht erlaube, ihm etwas zu ver
bergen, und gesteht ihm gerade zu, daß die Aussteuer, die er seiner
Tochter mitgeben wolle, aus seinen Händen in die Hände des Mario,
als die Mitgift für seine Schwester Flaminia, welche Mario heyrathe,
kommen solle. Pantalon, der dazu kömmt, ist nicht wenig erstaunt,
seinen schönen Anschlag durch die allzugrosse Aufrichtigkeit seines Sohnes
vernichtet zu sehen. Mario und Flaminia werffen sich ihre beyder
seitigen Fehler vor, und Albert sagt dem Pantalon, daß er seiner
Tochter keine Aussteuer gebe, damit eine andere damit ausgesteuert
werden könne; ein jeder geht also höchst mißvergnügt ab, und be
sonders flucht Pantalon auf seinen Sohn und dessen unzeitige Auf
richtigkeit. Dieser bleibt ganz allein und beschließt das Stück damit,
daß er sagt, er könne unmöglich länger in einer Stadt bleiben, wo
er die Aufrichtigkeit, deren er sich befleisse, nicht ausüben dürfe; er
wolle sich daher an den Hof begeben, und da die Kunst sich zu ver
stellen lernen, um in Zukunft weniger aufrichtig zu seyn.