1) Le Contraste de l'Hymen et de l'Amour, in drey Aufzügen,
von dem Herrn von Saint-Foix; auf dem italiänischen
Theater zum erstenmal aufgeführt, den 7ten März 1725.
Personen. Horatius, Oheim des Pamphilus. Pamphi
lus, Neffe des Horaz. Julia, mit dem Pamphilus vermählt.
Hortense. Alceste, Liebhaber der Hortense. Harlequin, Be
dienter des Pamphilus. Trivelin, Bedienter des Alceste. Made
mois. Amila, Sängerin und Frau des Trivelin. Mademois. Bec-
carre, Sängerin und Frau des Harlequin. Die Scene ist in
dem Hause des Horatius.
Erster Aufzug. Gleich vom Anfange des Stücks läßt der
Verfasser zu verstehen geben, daß man bey dem Oheim des Pamphi
lus einen Ball geben werde. Zwey Sängerinnen sind eingeladen, sich
dabey hören zu lassen. Pamphilus hat das, was sie singen sollen,
selbst componirt. Die eine von diesen Sängerinnen ist die Frau des
Harlequins, und die andere ist mit dem Trivelin verheyrathet; sie
wissen aber beyde nicht, daß ihre Männer, von welchen sie weggelauffen
sind, der eine bey dem Pamphilus und der andere bey dem Alceste
in Diensten stehen. Der erste ist mit der Julia vermählet, und der
andere soll sich mit Hortensen verbinden. Harlequin hat sich in die
Frau des Trivelins, und Triveln in die Frau des Harlequins ver
liebt. Harlequin öffnet die Scene. Er empfiehlt sich der Mademoiselle
Amila, die er eben verläßt. Pamphilus, sein Herr, heißt ihm, einen
Brief wegtragen; Horatius, des Pamphilus Oheim, kömmt in dem
Augenblicke dazu, da sein Neffe dem Harlequin den Brief giebt, be
mächtiget sich desselben, und fragt in einem zornigen Tone, an wen
diese verliebte Gesandtschaft gehe solle? Pamphilus antwortet ihm
ganz ruhig, er dürfe, um es zu wissen, nur die Aufschrift lesen.
Horatius erstaunt nicht wenig, da er sieht, daß Pamphilus an seine
Frau schreibt, und von ihr zu wissen verlangt, um welche Stunde
er das Vergnügen haben könne, ihr aufzuwarten. Er fragt seinen
Neffen, ob das sie Art sey, wie zwey verehelichte Personen mit
einander umgehen sollten? Pamphilus erklärt ihm die Feinheit dieses
Betragens in Ausdrücken, die den Horaz erbittern und zu der
Drohung bringen, daß er ihn enterben wolle, wenn er nicht klüger
werde. Alceste kömmt und bezeigt dem Pamphilus, den er für seinen
Freund hält, wie sehr er sich freue, daß er nun bald mit Hortensen
solle verbunden werden. Pamphilus spottet über alles, was er ihm
sagt. Alceste redet von Juwelen, die er für seine Braut einkaufen
will; Pamphilus bietet ihm die Juwelen seiner Frau an, und giebt
ihm den Rath, sie gleichfalls, fünf oder sechs Monate nach der Hoch
zeit, wieder zu verkauffen. Alceste aber findet den Antrag der An
nehmung eines ehrlichen Mannes unwürdig. Hortense kömmt dazu
und giebt durch ein Seitab zu verstehen, daß sie den Pamphilus
eben so sehr hasse, als sie den Alceste liebe. Pamphilus, um den
Alceste eifersüchtig zu machen, spricht mit Hortensen in dem vertrau
lichen Tone eines beglückten Liebhabers; Alceste weis nicht, was er
denken soll, und Hortense mag sich über die Unverschämtheit des Pam
philus noch so sehr erbittern, so drehet dieser doch noch immer alles,
was sie ihm hartes sagt, zu seinem Vortheile. Sie verläßt ihn endlich,
und giebt ihrem geliebten Alceste die Hand. Zu Ende dieses Aufzuges
erkennet Harlequin, unter dem Namen der Mademoisell Beccarre, seine
Frau, die er längst todt geglaubt; sie überhäuffen einander mit Schelt
worten und verlassen sich mit einem: Adieu! hohl dich der Teufel!
Zweyter Aufzug. In der Zwischenzeit hat Pamphilus einen
Brief an Hortensen geschrieben, in welchem er meldet, daß er seiner
Frau durch eine falsche Nachricht beybringen lassen, als ob eine von
ihren Anverwandten zu Versailles gefährlich krank geworden, welches
sie ohne Zweifel bewegen werde, sogleich dahin abzureisen. Er setzt
in diesem Briefe hinzu, daß er sie, vermittelst dieser List, unter dem
Namen und den Kleidern der Julia, auf dem Balle werde unterhalten
können. Hortense wird über diesen Anschlag, an dem sie durchaus
keinen Theil haben will, und den sie höchst ausschweifend und unver
schämt findet, ungemein aufgebracht, und schicket den Brief an Julien.
Diese aber verlieret ihn und er fällt dem Alceste in die Hände, der
bereits den Argwohn gefaßt, daß Hortense gegen die Liebe des Pam
philus so unempflindlich vielleicht nicht sey, als sie sich in dem ersten
Aufzuge gestellt. Er giebt es zu Anfange des zweyten Aufzuges dem
Horaz zu verstehen, und zeiget ihm den unglücklichen Brief, den er
gefunden. Horaz vergißt nichts, ihn wegen seines Neffens zu beruhigen,
dessen Charakter es sey, leere Einbildungen für Wirklichkeiten zu
nehmen. Alceste scheinet auch von seinem eifersüchtigen Argwohne
wieder geheilet. Es sind noch verschiedene andere Scenen in diesem
Aufzuge, deren Ordnung vielleicht, aus Mangel des Gedächtnisses, ein
wenig verrückt worden, deren Inhalt aber ohngefehr dieser ist: In
einer von diesen Scenen hat Pamphilus eine Unterredung mit seiner
Ehegattin, der Julia, welche, nachdem sie ihres Mannes Anschlag aus
dem Briefe, den ihr Hortense zugeschickt und sie nachhero verloren,
ersehen, List gegen List zu setzet, und ihren Mann beredet, daß sie nicht
auf den Ball gehen werde, weil die Pflicht sie zu ihrer kranken An
verwandtin nach Versailles rufe. Pamphilus spottet über diese Pflicht,
die sie an ihrem Vergnügen hindere. Er hat dem Harlequin auf
getragen, der Julia eine Trennung vorzuschlagen, und erinnert ihn
itzt ganz leise daran. Harlequin gehorcht, und sagt zur Julia, daß
die Gleichgültigkeit, die ihr Gemahl gegen sie habe, ohne Zweifel da
her komme, weil sie einander beständig vor Augen hätten, und daß
sie sich seltener sehen müßten, wenn sie sich lange mit Vergnügen sehen
wollten. Pamphilus giebt dieser neuen Entdeckung des Harlequins
seinen Beyfall; Julia aber erzürnt sich wider ihren unwürdigen Ge
mahl, der sich zu der Trennung so bereit finden läßt. Pamphilus
antwortet, daß es eigentlich keine Trennung, sondern vielmehr ein
Mittel sey, sich desto fester zu vereinigen. In einer andern Scene ist
Hortense ungemein betrübt, weil sie ihren Alceste verdrießlich sieht;
da sie aber von Julien hört, daß sie den Brief des Pamphilus, den
sie ihr zukommen lassen, verloren habe, so zweifelt sie eben so wenig
als ihre Freundin, daß Alceste ihn müsse gefunden und Argwohn
daraus geschöpft haben. Es schließt sich der zweyte Aufzug mit einer
Scene in dem italiänischen Geschmacke, welche sehr vielen Beyfall fand.
Sie ist folgende: Da der Ball nunmehro bald angehen soll, so kömmt
Trivelin als ein Cavalier verkleidet, um seiner geliebten Mademoiselle
Beccarre unter dieser Verkleidung Liebkosungen vorzusagen; Harlequin
erscheinet gleichfalls seiner lieben Amila wegen, und hat die Kleider
seines Herrn, des Pamphilus angezogen. Von diesen Bedienten also,
die beyde auf gutes Glück ausgegangen, will gern keiner einen über
lästigen Zeugen um sich leiden, und es bittet daher einer den andern,
geschwind abzutreten, wozu sich aber weder dieser noch jener verstehen
will. Sie vertrauen sich wechselweise die Ursache, warum sie hieher
gekommen, und dieses auf eine so unbesonnene Art, daß sie beyde gar
bald sehen, daß einer in des andern Frau verliebt ist, und keiner un
erhört geblieben. Jeder sagt von seinem Nebenbuhler, was er nur
schlimmes von ihm weis, und sie machen eine so wahre Abschilderung
von einander, daß sie sich unmöglich verkennen können. Sie gerathen
beyde darüber in Wuth, und wollen sich beyde rächen; der eine fordert
seinen Degen, und der andere seine Pistolen. Weil diese Scene zur
Nachtzeit vorgehet, so verirren sich ihre Weiber, die unter dem Namen
Amila und Beccarre dazu kommen, und jede von ihnen wendet sich
an ihren Mann, indem sie mit ihrem Liebhaber zu sprechen glaubt.
die Männer fangen an zu zanken, allein die Weiber nehmen noch einen
weit trotzigern Ton an, und es kömmt zu Schlägen. Sie prügeln ihre
Männer wacker durch, und lassen sie trefflich zerzauset stehen. Die
beyden Männer sehen einander eine Zeitlang an, ohne eineein Wort zu
sprechen; hierauf hebt einer dem andern Perücke und Hut auf, machen
sich wechselsweise wieder zurecht, und umarmen sich sehr zärtlich, wo
mit sich der zweyte Aufzug endet.
Dritter Aufzug. Die Anschläge, die in den vorigen Auf
zügen gemacht worden, werden in diesem nun ausgeführt. Die Scene
ist in dem Saale, wo der Ball gegeben wird. Pamphilus begiebt sich
in den Kleidern seiner Julia dahin, so wie er es sich in dem Briefe
an Hortensen vorgenommen; und Julia, die er in Versailles zu seyn
glaubt, erscheint als ein Cavalier verkleidet, und thut, als ob er der
vermeinten Julia Schmeicheleyen vorsagen wolle. Vergebens versichert
ihm Pamphilus, daß er nicht Julia sey; der vorgegebene Cavalier
dringt nur um so viel stärker in ihn. Endlich räumt es Pamphilus,
um ihn los zu werden, ein, daß er Julia sey, und bittet ihn nur,
ihr einen Augenblick Ruhe zu lassen. Ihre Unterredung wird durch
die Ankunft der Sängerinnen Amila und Beccarre unterbrochen, und
Pamphilus macht sich davon. Als Julia den Oheim des Pamphilus
kommen sieht, sagt sie zu den Sängerinnen, daß es Pamphilus selbst
sey; und dieses zwar in der Absicht, weil sie voraus sieht, daß sich
Horaz durch das, was sie ihm in der Meynung, daß er Pamphilus
sey, sagen werden, vollends gegen seinen Neffen werde aufbringen
lassen. Es geschieht auch wirklich; Horaz erfährt von den beyden
Sängerinnen, daß die ganze Lustbarkeit, von welcher sie die Haupt
personen sind, von seinem Neffen in dem Vorsatze angestellt worden,
Uneinigkeit zwischen Alcesten und Hortensen zu stiften. Zum zweyten
male verkleidet sich Julia als Hortense, der sich Pamphilus unter der
Kleidung seiner Frau zu zeigen versprochen. Die vorgegebene Hortense
spielet ihre neue Person vortrefflich, und macht sie sich verschiedentlich
zu Nutze. Einmal in so weit, daß sie ihren Mann, der sie für Hor
tensen hält, nöthiget, dreyßig Pistolen, die sie einem Gasconier schuldig
ist, welcher sie itzt auf dem Balle sehr dringend darum mahnet, für
sie zu bezahlen, damit er in seiner Unterredung mit der vermeinten
Hortense nicht länger gestört werde. Und der zweyte Vortheil, den sie
aus ihrer Verkleidung unter dem Namen Hortense ziehet, bestehet
darinn, daß sie sich ihre Juwelen wiedergeben läßt, die er Alcesten
verkaufen wollen. Nach dieser doppelten Verrichtung kömmt Alceste
mit dem Horatius dazu. Alceste irret sich eben sowohl wie Pamphilus,
und glaubet Hortensen in einer geheimen Zusammenkunft mit dem
Pamphilus zu treffen. Doch die wahre Hortense erscheinet in eben dem
Augenblicke, und macht ihm wegen seines ungerechten Argwohns Vor
würfe. Julia macht den Pamphilus vollends verwirret, indem sie sich
zu erkennen giebt; und dieser Streich, den ihm seine Frau gespielt,
bestärkt ihn in dem Vorsatze, den er schon vorher geäussert, sich von
ihr scheiden zu lassen. Julia ist es zufrieden; Horatius findet, daß
sie Recht hat und sagt zu seinem unwürdigen Neffen, daß er auf seine
Erbschaft weiter keine Rechnung machen dürffe. Das Stück schließt
sich also auf der einen Seite mit einer Ehescheidung und auf der
andern mit der festgesetzten Vermählung des Alceste und der Hortense.