Die
politische Lage, in der sich die beiden Herzöge — der niedersächsische
Kreisoberst
Christian d. Ä. v. Braunschweig-Lüneburg (1566-1633) und
Friedrich Ulrich
v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 38) — nach der Niederlage von
Friedrich Ulrichs Bruder
Christian d. J. in
der Schlacht von
Stadtlohn
befanden, ist dadurch gekennzeichnet, daß der Niedersächsische Kreis
vergeblich die Besetzung durch Truppen der Liga zu vermeiden suchte.
Zwar zog
Tilly
damals nach
Hessen-Kassel ,
quartierte aber im Oktober auch Truppen in
Niedersachsen ein, u. a. im Stift Minden
und in einigen braunschweigischen Ämtern (
BA II.1, Nr. 141). Um nicht
auch noch mit
Tilly
gegen
Mansfeld vorgehen zu
müssen, begannen die Kreisstände seit Ende August (
Friedrich
Ulrich ), ihre Truppenkontingente in der Kreisarmee aufzulösen.
Ohne Erfolg verlangten Kreisgesandte seit dem 6.
9. 1623 vom Kaiser in
Wien
Schutzbriefe und Belehnungsindulte für die protestantischen Inhaber der
Stifter, darunter
Christian (
Minden ) und
Friedrich Ulrich (
Hildesheim ).
Der dänische Gesandte setzte sich im September in
Wien vergeblich für
Friedrich
Ulrich ein, jedoch fielen die Äußerungen des Kaisers über die
dem Wolfenbütteler Herzog angelastete Unterstützung seines Bruders eher
zwiespältig aus || [
215] (16. 9.).
Opel I, 550-571.
Christians Tagebuch bezeugt
während des Italienaufenthalts einen regen Briefwechsel des Prinzen mit
dem in
Paris als Agent deutscher
Fürsten lebenden
Adolph v.
Börstel (s.
190322). Sie trafen sich
trotz der körperlichen Schwäche
Christians am 20. 10. 1623 unweit
Verona .
Börstel hatte sich vergeblich beim Hz. v. Savoyen in
Turin für
Christian bemüht. Über die
dort vom Prinzen gesuchte Auszahlung einer Pension (s.
200318 K 7) gibt
Christians Tagebuch keine
Auskunft. Es heißt darin nur: „[...] gar schlechte satisfaction,
theils wegen der quarantana ehe er hinkommen, theils wegen des
herzogs offt versprochener, aber nicht gegebener audientz,
entpfangen &c.” (
Christian:
Tageb. III; 20./30. 10. 1623; vgl.
KT 171). Am 27. und 28. 10. 1623 traf
Christian
nochmals mit
Börstel nach
dessen Rückkunft von
Venedig in
Padua zusammen. Vgl.
231101.
Peschwitz
gehörte wahrscheinlich nicht dem sächsisch-thüringischen uradeligen
Geschlecht v. Beschwitz, sondern der reichen Danziger Familie an (s.
u.), der auch der Dichter
Gottfried v. Peschwitz (1631-1696) enstammte; jedoch ist diese Frage mangels
ausführlicher biographisch-genealogischer Literatur und ohne Kenntnis
seines Rufnamens nicht zu entscheiden. Vgl.
Adelslexikon. Hauptbearbeiter Walther v. Hueck. Bd. 1
(Limburg a. d. Lahn 1972), 362f. (Frh. v. B.) und
Altpreußische
Biographie. Hg. C. Krollmann u. a. II (Marburg/Lahn
1969), 496 (G. v. P.). Vgl. auch die frz. u. ital.
Stammbucheintragung eines „Mauritio di Peschwitz" (Paris 1630), zit. in:
Ad. M. Hildebrandt:
Stammbuchblätter des norddeutschen Adels. Berlin 1874,
289.
Christians
Tagebuch (Bd. 3) berichtet unter dem 7/17. 10.
1623: „Es ist einer von
Peschwitz (auß
Preußen ) zu mir kommen, || [
216] ein
wackerer wolerfahrener glehrter vndt bereyseter sittsamer kerl, so
in allen den vornehmen königreichen
Europæ als
Franckreich ,
Jtalien ,
Deutschlandt ,
Polen ,
Moßkaw ,
Schweden ,
Dennemarck Norwegen ,
Engellandt ,
Niederlandt ,
Sicilien ,
Candia ,
Griechenlandt ,
Thracia Sclavonia Bossina ,
Albania Walachia ,
Liflandt Littawen nicht allein wol
bereyset vndt bewandert, sondern auch weiter in der
Türkey als in
Asia zu besichtigung, des königreichs
Cÿpern ,
Egÿpten ,
Palèstinæ ,
Sÿrien , Arabiæ desertè, des bergs
Sinaj , des
roten Meeres &
c. gewesen. Er hat seine raysen sehr wol behalten vndt
fleißig alles notiret. Jch hab ihn beym eßen behalten [...].
Obgedachter Peschwiz, ist endtschloßen, in ein paar Monat, geliebts
Gott, naher
Spannien zu
verreysen, damit er alle Königreich der Christenheit, vollends
gesehen habe.” Am Rande setzte
Christian II. später voll
bitterer Ironie hinzu: „Pestwitz heißt er eigentlich, wie man
seidthero erfahren, vndt seine qualiteten, hat er sehr
missbrauchett.” Der Prinz fühlte sich, wie den Briefen an
seine Mutter, Fn.
Anna (AL 1617, TG 16), zu entnehmen ist,
Peschwitz gegenüber zwischen Bewunderung,
Aufgeschlossenheit und standesbedingter Voreingenommenheit hin- und
hergerissen: „Il y a bien icy un
Peschwitz de Prüsse, aussi galant homme
qu'on scauroit desirer, qui a fait de tres beaux voyages avec
utilité, ayant bonne memoire & bon iugem
t.
moderè & de tresdouce conversation lequel s'adonne aussy aux
exercices cavalleresques. Il peut estre de l'aage de mon
Börstel [
Hans Ernst v. B. ].
Mais ie n'ay encores peu sonder qu'il aye envie de s'arrester aux
courts, veu qu'il m'a dit apres avoir veu tous les autres royaumes
de l'
Europe , bonne partie de
l'Asie , &
l'Egypte , de vouloir partir pour
Espaigne en un mois ou deux
& puis apres s'en retourner a la maison. Jl a bien estudiè,
parle bien ses langues Occidentales & Orientales & est
propre en sa maniere de vivre. Mais aucuns je ne scay si c'est par
envie, ou autrem
t. disent qu'il a tort de se
dire gentilhom
me, & qu'il ne l'est pas,
ainsi patricien de
Dantzig . Les
exemples de
Hübner [
Tobias H. , FG 25], de
Schilling [
Friedrich v. Sch. ,
FG 21] & de
Botzen [
Hans
Bernd v. Botzheim , FG 28], a
Weymar , me font presupposer qu'il faille que la vertu
& la science annoblisse particulierm
t. a
ceste heure, que les galants hom
mes, sont la
plus part a la guerre. Il n'est point contraire a la religion. Je
tascheray de le sonder encores mieux, &
Börstel s'en estant apperceu, luy
porte desia envie commençant de le blasmer, au lieu qu'il le louoit
auparavant. Je croy qu'il seroit propre pour mon frere. [
Pz. Ernst , FG
47]” (16./26. 10. 1623; LHA Sa.-Anh./ OB: Bbg. A 9a
Nr. 195, Bl. 156v-157r); „Je supplie V. A. de me pardonner que
i'ay escrit a V. A. que
Peschwitz se dit gentilhomme. Envers moy il ne l'a pas
fait, & personne ne le dit icy, qu'il se dist tel sans l'estre, que
son corrival en imagination
Börstel auquel i'avois com
mandè de prendre un peu information de sa
personne & il l'a fait en ceste sorte, suivant son astuce &
faussetè accoustumee, ne laissant pas de le louer tant qu'il peut
p
r. me flatter, mais quand il croyt qu'il
est temps il adiouste tousiours un mais, que quand ie demande autruy
ils n'en veulent rien scavoir. Aussy le dit
Peschwitz monstre d'affectionner nostre
religion.”