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Fürst Johann Casimir von Anhalt-Dessau an Fürst Ludwig
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Fürst Johann Casimir von Anhalt-Dessau an Fürst Ludwig


In Beantwortung eines Schreibens Friedrich v. Schillings (FG 21) aus Hamburg teilt F. Johann Casimir v. Anhalt-Dessau (FG 10) dem fortgereisten F. Ludwig Neuigkeiten aus Anhalt mit. Ludwig werde von seinen Räten und von F. Christian I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26), der kurz nach Ludwigs Abfahrt mit guten Nachrichten aus Wien nach Bernburg zurückgekehrt sei, Näheres über Christians Aussöhnung mit dem Kaiser und die Belehnung des Hauses Anhalt erfahren. Johann Casimir sei mit Christian und F. August v. Anhalt-Plötzkau (FG 46) am 16. 7. in Bernburg zusammengetroffen, wo man sich auf die Entsendung Heinrichs v. dem Werder (FG 86) und Dr. Peter Elias Schröters zu den Verhandlungen des Obersächsischen Kreistages verständigt habe. — Als man beim Besuch der Mgfn. Dorothea v. Brandenburg vergangene Woche in Dessau eine Maskerade mit ovidischen Figuren gespielt habe, seien unvermutet Pgf. Ludwig Philipp v. Simmern und Hz. Bernhard v. Sachsen-Weimar (FG 30) zu der Gesellschaft gestoßen. Johann Casimir beklagt sich über Christof v. Krosigk (FG 7), der als ältestes anwesendes Mitglied der FG ihn, Tobias Hübner (FG 25) und Diederich v. dem Werder (FG 31) von der Aufnahme Pgf. Ludwig Philipps (FG 97) und Cunos v. Alvensleben (FG 98) in die Sozietät habe abhalten wollen. Johann Casimir teilt ihre Gesellschaftsnamen, Bilder und Worte mit und führt die Namen der bei ihrer Aufnahme anwesenden Mitglieder auf. — Nach der Abreise der Markgräfin, in deren Gefolge nur noch zwei Diener und Werner (v.) Hahn (FG 42) gewesen seien, und dem Wegzug Krosigks , F. Georg Ariberts v. Anhalt-Dessau (FG 24), des Pfalzgrafen und Hz. Bernhards hätten Johann Casimir und Hübner Capitain Magnus Laurwaldt (FG 99) mit Wort, Bild und Gesellschaftsname in die FG aufgenommen. Laurwaldt habe Johann Casimir von seinen Fortschritten in deutschen Versen überzeugt und außerdem angegeben, F. Ludwig habe ihm die Aufnahme versprochen. — In seinem Brief schrieb Johann Casimir über drei Fremdwörter deutsche Übersetzungsvorschläge.

Beschreibung der Quelle

QLHA Sachsen-Anhalt/Oranienbaum: Abt. Köthen A 9a Nr. 25, 2 Bl., 34r-35v
[A: 35v]; eigenh.; Sig.; Eingangsvermerk Ludwigs .

Adresse oder Anschrift

AA Monsieur mon trescher Oncle. Monsieur le Prince Louis d'Anhalt .
Eingangsvermerk Ludwigs :Pres. 31. Julij 1624.

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Hochgeborner Furst freuntlicher vielgeliebter Herr Vetter, Dieweil ich nuhmer nicht zweifele das EG ihre vorgehabte reise gantz glucklichen werden volbracht haben,1 immassen ich von dero hoffmeister dem von schilling 2 schriftlich berichtet, von hamburg auß, Alß habe ich bei dieser gelegenheit nicht vnterlassen wollen, mich EG vndt der ihriegen zustandes zu erkundigen, vndt mich in dero treue angedechtnuß zu beachten, Jch nebens meiner hl. gemahlin bruder vndt schwestern3 haben vhrsach vor gutes ergehen dem allerhöchsten zu dancken, er wolle nicht allein vns alhier sondern auch EG. vndt die ihriegen bei ebenmässigen lange Zeit fristen vndt erhalten. Kurtz nach EG abreisen seint des Herrn Vettern F. Christians gn. mit sehr guter expeditiona von wien wiederumb zu Bernburg angelanget, nicht allein in ihrer aussöhnungs sache4 sondern auch wegen vnserer sämptlichen beleihung,5 wie dann EG die particularien,b von JG || [274] selber als auch von dero hinterlassenen rähten mit mehrem vernehmen werden, Jch habe den herrn Vettern gestern besuchet do dann der herr Vetter f. Augustus 6 auch ankommen vndt zugleich die beschickung des kreistages verglichen worden, die Abgeordneten werden sein Heinrich von dem werder [34v] vndt Doctor Schröter ,7 Der Herr Vetter bedauret gar sehr das er EG nicht noch im lande angetroffen, verhoffet aber gäntzlich Sie in kurtzem dieser örter wiederc an langen werden, welches ich dann auch meines theils von hertzen wünsche. Vergangene woche alß die Administratorin8 alhier bei mihr gewesen vndt wihr eine kleine lust angestellet indem wihr nahmen auß dem ouidio genommen, vndt solche durch Zettel ausgetheilet,9 auch ferner zu dem ende eine creutztaffel10 auff ebenmässige form wie die nehere zu cöten, zu richten lassen, ist vngefehr Pfaltzgraf ludewig Philips, nebens Hertzog Berenhartvon Sachsen11 ohne einig zu wissen thun anhero kommen, vndt also die geselschaft helffen verbessern, ob ich nuhn zwar wohl meines theils nebens dem Nutzbahren vndt vielgekörneten,12 ern gesehen, das bei solcher gelegenheit der Pfaltzgraff so wohl auch Herr Cuno von Alvesleben13 in vnsere fruchtbringende geselschaft hetten mögen auffgenommen werden, immassen sich der Pfaltzgraf albereit darzu erkleret, so haben wihr obbenante doch so viel bei dem wohlbekommenden, alß dem ehesten der anwesenden geselschafter, vber vielfaltieges errinnern nicht erhalten können,14 Habe demnach eine noturft zu sein erachten solches EG zuzuschreiben, damit ihme den wohlbekommenden solches höchlich möchte verwiesen werden.
[35r] Des andern tages zu abents ist entlichen, nicht ohne anziehung vieler vntuchtiegen Verhinderungen des wohlbekommenden der Pfaltzgraff, alß auch der von Alvesleben in die geselschaft genommen worden, Der Pfaltzgraff heiset der gefehrliche hatt zum gemeide das kraut slangenmort, vndt zum worte, Den Schlangen, Der von Alvesleben heiset der reifende hatt zum gemeide mispeln, zum worte, Mit der Zeit vndt stro15 Von geselschaftern seint anwesent gewesen, der wohlbekommende der durchtringende der Anmühtiege Nutzbahre der Austrucknende der Vielgekömete, der forttreibende der Saurhaffte der Saubernde, der Reizende, der vertreibende;16 Nach abreisen aber der fraw Marggräffin, die niemandts mehr alß ihre Schwester freulein Auguste von Braunschwig, neben 2 duckern vndt werner hanen bei sich gehabt,17 ist der wohlbekommende eilents nach seiner wohlbekommenden gerste18 zugezogen, vndt sindt die beide vettern noch 2 tage bei mihr geblieben, da hatt es sich begeben das bei dem abreisend alß mann erstlich gefruhestucket, sich capitenLaurwalt 19 angegeben das er albereits vor diesem von EG zu cöten vertröstet worden in die geselschaft auffgenommen zu werden, dieweil ich dann des tages zuuor gesehen das er mit deutzschen reim machen zimlichen fort kommen vndt also verhoffentliche er der geselschaft gute dienste, wie er sich dann anerboten leisten wirdt, alß ist er von mihr vndt dem Nutzbahren, weil der anmuhtieger abents zuuor zur fraw Mutter20 gezogen in die geselschaft genommen, vndt der schöne genennet worden,e sein gemeide sein dulipanen, [35v] vndt sein wordt Jn allerlei farben.15 Hoffe demnach EG mitt dieser vnserer Verrichtung zu frieden sein werden. Vndt Befehle sie nebenß dero hl. gemahlin vndt freulein, denen ich mitt dero || [275] bewilliegung die hende küsse göttlichem schütz mich aber zu dero beharlichen affectionf . alß

E G Dienstwillieger treuer vetter weil ich lebe

Johann Casimir fzu Anhalt.

Dessa den 17 Jul. 1624.

240717I

Impresen und Reimgesetze Pfalzgraf Ludwig Philipps von Simmern , Cunos von Alvensleben und Magnus Laurwaldts

Beschreibung der Quelle


Q Kurtze | Vnd | Jn Reim verfaste Erklärung | Der | Fruchtbringenden Ge= | sellschafft Nahmen/ Wort und Gemählde. | [Holzschnitt-Vignette] | Jm Jahr 1624.1

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97.
Der Gefährliche. Schlangenmord. Den Schlangen.

Der Schlangenmord bewährt gefährlich ist den Schlangen/
Vor jhr und andre Gifft/ man kan darmit sie fangen:
Drumb heiß ich billich mich Gefährlich diesem Wurm/
Auch andrer Pest und Gifft/ die uns bringt manchen sturm.
Deß Weibes sahmen rein zertretten hat der Schlangen
Den kopff/ Sünd/ Todt und Hell mit seiner macht gefangen/
Wenn wir den bey uns han/ so schadt uns keine Gifft/
Ob schon der Drach speyt fewr/ mit nicht er uns doch trifft.

98.
Der Reiffende. Mißpeln. Mit und Stroh.

Die Mißpein mit der Zeit und Stroh sehr wol außreiffen/
Dem Mohr hilfft weder Zeit noch Stroh/ laug/ wasser/ seiffen:
Drumb heist man Reiffend mich mit Zeit und auch mit Stroh/
Weil man diß Obsts sonst nicht so bald kan werden froh.
Wer nun verlangen trägt daß etwas flugs soll reiffen/
Der nehm nur zeit darzu/ und thu nach tugend streiffen/
So darff er zweiffein nicht/ es kommet noch die zeit/
Daß es zu nutz und frucht wird reiff seyn und bereit.
|| [276]

99.
Der Schöne. Tulipan. Jn allerley Farben.

Die Tulipanen seynd viel unterschiedner farben/
Der manche blume sonst muß in den gärten darben:
Jn vielen Farben nun bin ich der Schön genant/
Weil sonst mein wirckung nicht ist allerdings bekant.
Was schön ist in der weit/ das soll man billich preisen/
Vnd jedem schönen Geist hülff und auch ehr beweisen/
Vornemlich wann er trew/ sein farbe nicht verlest/
Vnd bey seim Herren stets beständig bleibt und fest.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Darüber v. Johann Casimirs H. Verrichtung
b Darüber v. gleicher H. eigentliche beschaffenheiten
c Eingefügt.
d Bis erstlich eingefügt
e Folgt: ⟨zue⟩
f Darüber v. gleicher H. Zuneigung

Kommentar
1 F. Ludwig war mit seiner Gemahlin Fn. Amoena Amalia (AL 1618, PA, TG 2) und Tochter Loysa Amoena (TG 6) wohl am 1. 7. 1624 zu einer Reise in die Niederlande aufgebrochen. Zum Termin s. 240718 K 7. Ludwig hatte F.Johann Casimir (FG 10), F. August (FG 46) und F. Christian I. v. Anhalt (FG 26) von seinem Plan am 30. 6. 1624 unterrichtet. LHA Sa.-Anh./OB: Kö. A 9a Nr. 10, Bl. 1-2.
2 Friedrich v. Schilling (FG 21). Das Schreiben Schillings aus Hamburg ist verschollen.
3 Die Gemahlin (Fn. Agnesa , geb. Lgfn. v. Hessen-Kassel; PA, TG 25), der Bruder (F. Georg Aribert , FG 24, PA) und die unvermählten Schwestern (Anna Maria , PA?, TG 34; Eleonora Dorothea , TG 4; Sibylla Christina , PA?; Kunigunde Juliana , PA, TG 26; Susanna Margaretha ; Johanna Dorothea ; Eva Catharina ) F. Johann Casimirs .
4 F. Christian I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26) war als Parteigänger des Winterkönigs und der aufständischen Böhmen der Reichsacht verfallen, aus der er erst in Wien am 7. 6. 1624 entlassen wurde. Vgl. 230809 K 2. In Bernburg kam er am 5. 7. 1624 an. S. 240718 K 7.
5 Die Belehnung der anhaltischen Fürsten durch Ks. Ferdinand II. war mehrfach aufgeschoben worden. S. 230913. Christian empfing die Lehen für sich und seine mitregierenden Verwandten am 10. 6. 1624 aus der Hand des Kaisers. Beckmann V, 332f.
7 Gemeint ist der im August 1624 in Jüterbog zusammengetretene obersächsische Kreistag, der dem Kaiser die Kriegssteuern zwar nicht versagte, deren Zahlung aber an die Abführung der Truppen Tillys aus dem niedersächsischen Kreise knüpfte und im übrigen jede Beschwerung und Einmischung zurückwies. Opel II, 25f. Vgl. Londorp IV (Frankfurt 1624), Cap. 36 und 37: Schreiben des Kaisers über die in Ungarn und Mähren geschehene „Impression” Gabriel Bethlens und die auf den 9. 11. 1623 datierte Antwort des obersächsischen Kreises darauf (Bl. 204 u. 207). Ein Jahr danach stand ein Mandat des Kaisers auf der Tagesordnung: „Kaysers Ferdinandi II. Mandatum an die im Ober- und Nieder-Sächs. Creysse befindliche CHur-Fürsten und Stände daß sie denen, wider die Reichs-Constitutionen, vorgenommenen Werbungen des Graffen von Mannsfeld, und anderer unruhigen Köpffe mit Ernst widersetzen sollen, d. d. 22. Nov. An 1624” , in Johann Christian Lünig: Codex Germaniae Diplomaticus. 2 Tle. Frankfurt u. Leipzig 1732/1733, Tl. 1, 654f. An den Versammlungen sollten Heinrich v. dem Werder (FG 86) und der bernburg. Kanzler Peter Elias Schröter , J. U. D. (imm. U.Jena WS 1594; † 1626), teilnehmen. Schmidt: Anh. Schriftsteller Lexikon, 377; Mat. Jena, 296. Vgl. 240910.
8 Mgfn. Dorothea v. Brandenburg (PA), geb. Hzn. || [277] v. Braunschweig-Wolfenbüttel, Gattin Mgf. Christian Wilhelms , des Administrators des Erzbistums Magdeburg, u. Schwester Hz. Friedrich Ulrichs (FG 38). Ihr Aufenthalt dauerte wohl von Mittwoch (7. 7.) bis Sonntag (11. 7.). Diese und die folgenden wahrscheinlichen Daten ergeben sich aus dem Vergleich mit 240718.
9 Beschreibung in 240718. Vermutetes Datum: 9. 7. 1624.
10 In Kreuzform aufgestellte Tische. S. 240718, Bl. 77v.
11 Pgf. Ludwig Philipp v. Simmern (FG 97) bzw. Hz. Bernhard v. Sachsen-Weimar (FG 30) kamen wohl am 9. 7. 1624 abends in Dessau an.
14 Unter den anwesenden Mitgliedern pflegte jeweils der zuerst in die FG aufgenommene Gesellschafter zu präsidieren, hier Christof v. Krosigk (Nr. 7, Der Wohlbekommende, 1617).
15 S. unten Anhang I.
16 Die Teilnehmer der Versammlung (10. 7. 1624) waren außer den beiden Kandidaten Christof v. Krosigk (Der Wohlbekommende, FG 7), F. Johann Casimir (Der Durchdringende, FG 10, PA), F. Georg Aribert v. Anhalt-Dessau (Der Anmutige, FG 24, PA), Tobias Hübner (Der Nutzbare, FG 25, PA), Hz. Bernhard (Der Austrocknende, FG 30, PA), Diederich v. dem Werder (Der Vielgekörnte, FG 31, PA), Werner (v.) Hahn (Der Forttreibende, FG 42), Jacob Scherl (Der Sauerhafte, FG 56), Christoph Friedrich (v.) Keudell (Der Säuberende, FG 67), Esche v. Wallwitz (Der Reizende, FG 68) und Georg Friedrich v. Brandenstein (Der Vertreibende, FG 84). Vgl. 240718.
17 Die Schwester Mgfn. Dorotheas , Hzn. Anna Augusta v. Braunschweig-Wolfenbüttel , zwei Diener (?) und Werner (v.) Hahn . Zu ,Ducker' vgl. außer DW II, 1495 Stieler, 2347f.: „Tücker/ der/ poët, est, pro qvo dicitur ein Tuckmeuser/ homo occultus, tectus, in agendo obscurus, reconditus, opertus, abstrusus.”
18 Impresenbeschreibung und ,Wort' in der Imprese Krosigks lauten „Gerstenährn auß einem Korn. Jm guten Lande.” GB 1624, Bl. A iij r.
19 Magnus Laurwaldt (FG 99) stand damals in Diensten des in Halle residierenden Administrators Christian Wilhelm . Dichtungen Laurwaldts sind sonst nicht bezeugt. Er dürfte am 14. 7. 1624 in die FG aufgenommen worden sein. Laurwaldt gehörte zu den Mitunterzeichnern der Urkunde, durch die Hz. Wilhelm v. Sachsen-Weimar (FG 5) am 21. 7. 1621 einen Orden der Beständigkeit stiftete. AAB Weimar: Aa 3: 131 2°.
20 Fn. Dorothea v. Anhalt-Dessau (PA, TG 25), die auf ihrem Wittum Sandersleben residierte.

K I
1 StB Dessau: HB 7770. Faks. in DA II A: Ludwig I. Gesellschaftsnummern, Gesellschaftsnamen, Beschreibungen der Impresen, Motti und Reimgesetze (älteste Fassungen) Pgf. Ludwig Philipps von Simmern , Cunos von Alvensleben und Magnus Laurwaldts .
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