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Fürst Johann Casimir von Anhalt-Dessau an Fürst Ludwig
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Fürst Johann Casimir von Anhalt-Dessau an Fürst Ludwig


F. Johann Casimir (FG 10) bedankt sich für Ludwigs Antwort auf sein Schreiben. Ludwigs Brief an alle Mitglieder der FG in Anhalt ist bei einem Gesellschaftstreffen in Wulfen am 9. 9. 1624 von Christof v. Krosigk (FG 7) im Beisein F. Christians I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26), F. Johann Casimirs , Tobias Hübners (FG 25), Burkhards v. Erlach (FG 52), Heinrichs v. Börstel (FG 78) und Heinrichs v. dem Werder (FG 86) verlesen worden. Die (verschollene) Antwort der Gesellschafter empfange F. Ludwig beiliegend. — Zwei merkwürdige Vorkommnisse bei diesem Treffen: Als F. Christian Heinrich v. dem Werder nach dem Garten in Wulfen fragte, habe dieser ihn nicht finden können. Bei der Zusammenkunft der Gesellschafter im Erker des Schlosses brach der Estrich ein. — F. Ludwigs Vorschlag, eine Kokosnuß bei der Hänselung neuer Gesellschafter zu benutzen, billigen die Versammelten und hoffen auf die Einführung dieser Erfindung nach der Rückkehr F. Ludwigs . — Am 9. 9. 1624 ist Hz. Bernhard v. Sachsen- Weimar (FG 30) zum Besuch F. Johann Casimirs eingetroffen. Seine Begleiter berichten, in Leipzig habe ihnen der zu Kf. Georg Wilhelm v. Brandenburg (FG 307) reisende Mgf. Joachim Ernst v. Brandenburg-Ansbach versichert, er habe gewisse Nachricht von der Freilassung Hz. Wilhelms IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5) empfangen. — Außerdem habe der sächsische Kf. Johann Georg I. Hz. Johann Ernst d. J. v. Sachsen-Weimar (FG 3) wohl und ohne Groll empfangen. Lgf. Moritz v. Hessen-Kassel (FG 80) sei jetzt in Erfurt und denke noch nicht an eine Heimkehr in sein Fürstentum. Vom Ablauf des obersächsischen Kreistags zu Jüterbog werde Ludwig durch seine Räte in Kenntnis gesetzt worden sein.

Beschreibung der Quelle

QLHA Sachsen-Anhalt/ Oranienbaum: Abt. Köthen A 9a Nr. 25,2 Bl., 36r-37v, Bl. 37r vacat [A:37v]; Sig.; Eingangsvermerk Ludwigs .

Anschrift

A[Handschrift: [37v]]A Monsieur mon treshonoré Oncle. Monsieur le Prince Louis d'Anhalt .Eingangsvermerk Ludwigs : Pres. 26. de Septembre 1624

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[Handschrift: [36r]]Hochgeborner Furst, freuntlicher vielgeliebter Herr Vetter, Das EG. ihr gefallen lassen mihr auff mein nichtieges schreiben zu antworten dessen thue ich mich gegen EG. gantz dienstlichen bedancken, vndt verhalte derselben hinwiederumb nicht, wie das das ieniege schreiben so der Nehrende an die sämptlichen geselschafter im furstenthumb anhalt abgehen lassen,1 von dem wohlbekommenden zu wulffen gestrieges tages in beysein des Söhnlichena 2 Durchtringenden Nutzbahren Gesunden Eilenden vndt Fortkommenden, öffentlich verlesen worden, vndt hinwiederumb auff eine antwort geschlossen, welche der Nehrendeb zugleich zu vberpfahen, in wehrender versamlung dieser geselschafter haben sich zweic Denckwurdige Sachen zugetragen das Erste, Als der Söhnliche den Fortkommenden gefraget wo der garten zu wulffen3 wehre vndt ihn gebehten die geselschaffter hinein zu fuhren hatt der Fortkommende solchen nicht fluchs finden können, das ander das in wehrendem essen in dem erckner in der vntersten Stuben der estrich eingebrochen, wenn der boden wehre nach gefallen wehren die geselschafter zu kurtz kommen denn der schencke mitt dem trincken darinnen gestanden. Den Vorschlag von der Jndianischen Nuß4 laß ich mihr alß auch die andern geselschafter gar wohl gefallen, vndt erwarten [36v] mitt verlangen das solche gute erfindung, auff des Nehrenden glucklichen wieder zurück kunft,5 bei der geselschaffter Hänselung möchte eingefuhret werden.6 Von Neuen weiß EG ich dieser örter nicht viel zu schreiben, gestern Seint Hertzog Bernt von Sachsen Ld.7 mitt 4 pferden zu mihr kommen, Die berichten das sie Marckgraff Jochim Ernsten 8 zu leibzig angetroffen, (derd in die Marck zum Churfursten9 reiset,) welcher vorgeben das ihm gewiß zugeschrieben, das Hertzog wilhelm 10 nuhmer loß wehre, Hertzog Hanß Ernst 11 ist bei Chur Sachsen gewesen vndt gar wohl von demselben12 empfangen worden, auch soll es gantz keine pickes13 gegeben haben, landtgraff Moritz 14 ist itzunder zu Erffurt , vndt will sich noch gar nicht berehden lassen wieder nach Cassel zu ziehen, wie der Chreißtag15 abgelauffen werden EG albereits von Jhren rähten verstanden chaben [!]. Meine hertzliebe gemahlin befielet sich in EG vndt dero hertzlieben gemahlin angedechtnuß; ingleichen thue ich mitt EG bewilliegung gegen dero gemahlin vndt freulein, vndt befehle sie sämptlich göttlichem schutz mich aber zu dero beharlichen affection. als

EG. dienstwillieger treuer Vetter

Johann Casimir fzuAnhalt mppria.

Dessaw den 10 Sep. 1624.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Aus Sö⟨e⟩hnlichen oder Sö(n)lichen
b Eingefügt für ⟨er⟩
c Folgt ⟨Memorable⟩
d Eingefügt für ⟨vndt⟩

Kommentar
1 Verschollenes Schreiben des Nährenden, F. Ludwigs . Seine Antwort auf Johann Casimirs (FG 10) Brief ist ebenfalls unbekannt. Vgl. 240717.
2 Der Sehnliche, F. Christian I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26). Nachdem er den Wohlbekommenden (Christof v. Krosigk , FG 7) schon erwähnt hatte, der bereits als siebentes Mitglied in die FG || [294] aufgenommen worden war und deshalb bei der Versammlung den Vorsitz führte, rückte Johann Casimir (Der Durchdringende) in der Aufzählung der Teilnehmer den Namen des alten Fürsten vor die Namen der übrigen Mitglieder. Deren Gesellschaftsnamen sind in der Reihenfolge des Eintritts in die Akademie angeordnet: Der Durchdringende, der Nutzbare (Tobias Hübner , FG 25), der Gesunde (Burkhard v. Erlach , FG 52), der Eilende (Heinrich v. Börstel , FG 78), der Fortkommende (Heinrich v. dem Werder , FG 86). Die Antwort der Gesellschafter auf Ludwigs Schreiben liegt Johann Casimirs Brief nicht mehr bei und ist leider verschollen.
3 Von F. Ludwig auch zu landwirtschaftlichen Versuchszwecken genutzter Garten in seinem Amt Wulfen . Conermann II, 110. Zum Amt vgl. Beckmann III, 476.Kunstdenkmale Anhalt, 388: „Das Herrenhaus ein zweigeschossiges verputztes Barockgebäude mit Mansardendach (im Jnnern und Äußern erneuert). Der Schloßpark hat ältere Baumbestände und ist mit einer Lehmmauer umgeben. Nördlich ist das Gut von Teichen begrenzt.”
4 Da die Gesellschaftsimprese, die die Kokospalme zeigt, seit dem Erscheinen des GB 1622 öffentlich bekannt war, kann der Vorschlag F. Ludwigs nicht der Einführung dieses Gesellschaftszeichens gegolten haben. Der Einfall, der die sog. Hänselung der aufzunehmenden Mitglieder betraf, wird an keinem anderen Ort beschrieben. Vgl. Anm. 6.
5 F. Ludwig war mit seiner Gattin Amoena Amalia (AL 1618, TG 2) und seiner Tochter Loysa Amoena (TG 6) wohl am 1. 7. 1624 zu einer Reise in die Niederlande aufgebrochen. Vgl. 240717 K 1 u. 240718 K 7. Ludwig und seine Gemahlin kehrten erst nach dem Tode ihrer Tochter (Harderwijk 26. 3. 1625) nach Anhalt zurück. Beckmann V, 492.
6 Zu den bei der Aufnahme von neuen Mitgliedern der FG gebräuchlichen Zeremonien vgl. 250305, 260619 u. 510000A.
7 Hz. Bernhard v. Sachsen-Weimar (FG 30). Vgl. 240718 über seinen vorhergehenden Besuch in Dessau .
8 Mgf. Joachim Ernst v. Brandenburg-Ansbach (1583-1625). Am 17. 9. 1624 teilte Johann Casimir F. Ludwig mit, die Ursache der Reise sei, daß „er der Marckgraff, durch Chur Maintz vndt landtgraff ludewichen, sich bereden lassen, den Churfursten dahin zu disponieren, gleich Chur Sachsen dem Beyerfursten, den Churfursten titul zugegeben [!]. Vndt soll er vorgeben er sich nuhr zu dem ende zu dieser Commission gebrauchen lassen, damit nuhr einmahl friede ins Reich möchte wiederbracht werden, Sagten Soll ein Englischer abgesanter bei Chur Sachsen gewesen sein, der soll resolution begehret haben, ob er der Churfurst, gedechte dem Pfaltzgraffen bei zu stehen die Pfaltz wieder zu erobern oder ob er wolte neutral bleiben oder dem Beierfursten vndt catolischer Liga beistehen. [Handschrift: [38v]] waß sich nuhn der Churfurst hierauff erkleret weiß mann noch nicht [...].” LHA Sa.-Anh./ OB: Kö. A 9a Nr. 25, Bl. 38. Vgl. BA II. 1, S. 563f., Anm. 1 u. Friedrich v. Hurter: Geschichte Kaiser Ferdinands II. und seiner Eltern. 11 Bde. Schaffhausen 1850-1864. IX, 356. Der Landgraf ist Ludwig V. v. Hessen-Darmstadt , der Bayernfürst Hz. (Kf.) Maximilian I. v. Bayern , der Pfalzgraf Kg. Friedrich I. v. Böhmen , der englische Gesandte Sir Robert Anstruther (FG 240).
10 Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5) war in der Schlacht bei Stadtlohn gefangen und nach Wien gebracht worden. S. 230913. Er erlangte seine Freiheit erst 1625 wieder. S. 250609.
11 Hz. Johann Ernst d. J. v. Sachsen-Weimar (FG 3). Er hatte mit seinem Bruder Bernhard (FG 30) Mitte April 1624den Haag verlassen. Da ihr Schiff auf der Fahrt nach Hamburg an die englische Küste verschlagen wurde, besuchten sie inkognito für zwei Tage London und gelangten schließlich am 8. 5. 1624 in Weimar an, wohin im August auch ihr Bruder Johann Friedrich (FG 18) aus Frankreich zurückkehrte. Johann Ernst wollte nach der Gefangennahme Hz. Wilhelms (Anm. 10) seine friedlichen Absichten demonstrieren und den sächsischen Kurfürsten zur Fürsprache beim Kaiser bewegen. Dabei unterstützten ihn der Coburger Hz. Johann Casimir und dessen Gehei- || [295] mer Rat Caspar v. Teutleben (FG 1). Im Dezember 1624 hielt Johann Ernst die Zeit schon für gekommen, um nach Kopenhagen zu reisen und dort Verhandlungen über seine Teilnahme (und die seiner Brüder) an dem erwarteten dänisch-niedersächsischen Krieg gegen die kaiserlich-ligistische Partei aufzunehmen. Am 11. 2. 1625 trat Johann Ernst in dänische Dienste. Bernhard Röse: Johann Friedrich der Sechste, Herzog zu Sachsen, Ernestinischer Linie. Neustadt a. d. Orla 1827, 27f. Vgl. ders.: Herzog Bernhard der Große von Sachsen-Weimar. 2 Tle. Weimar 1828/29, I, 108-115.
13 Nd. Pick, Piek, m., heimlicher Groll: vgl. französ. pique u. mhd. Bick, Stich. DW VII, 1846.
14 Lgf. Moritz v. Hessen-Kassel (FG 80). Nachdem sich seine eigenen Stände einem Krieg verweigert hatten und von Tilly im Herbst 1623 u. a. im Stift Herfeld Truppen einquartiert worden waren, begab sich der Landgraf außer Landes, um für ein Bündnis gegen Kaiser und Liga zu werben. Erst im Juni 1625 kehrte er nach Hessen zurück. Klopp: Dreißigjähr. Krieg II, 445-449. Zu Moritz ' Besuchen in Anhalt vgl. 240109 u. 250218.
15 Obersächsischer Kreistag zu Jüterbog. S. 240717.
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