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250218
Fürst Johann Casimir von Anhalt-Dessau an Fürst Ludwig
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250218

Fürst Johann Casimir von Anhalt-Dessau an Fürst Ludwig


F. Johann Casimir (FG 10) bestätigt, F. Ludwigs (Der Nährende) Brief vom 24. 1. 1625 empfangen zu haben. Der Tod seines Söhnleins Moritz und der Besuch der hessischen Landgrafen Moritz (FG 80) und Wilhelm V. (FG 65) hätten ihn daran gehindert, häufiger zu schreiben. — Entgegen Ludwigs Erwartung hätten sich dessen Brüder F. August (FG 46) und F. Christian I. (FG 26) wie auch die Vertreter des anhaltischen Gymnasiums zu Zerbst Johann Casimirs Darlehensgesuch widersetzt und so hohe Sicherungen für eine aus dem Kapital des Gymnasiums zu borgende Summe gefordert, daß Johann Casimir jetzt nach anderen Geldquellen forsche. Wie Ludwig wohl schon aus seinem Schreiben und durch den Bericht des Kammerrats Heinrich v. dem Werder (FG 86) erfahren habe, erhoffe er sich nun bei Werders Rückkunft F. Ludwigs günstigen Bescheid. — Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5) ist vor acht Tagen in Dessau angekommen. Wie Ludwig wohl aus den Zeitungen erfahren habe, sind Wilhelm und der andere Oberst, Hz. Friedrich II. v. Sachsen-Altenburg (FG 103), gegen eine Verpflichtung, keine Dienste wider das Haus Österreich anzunehmen, vom Kaiser pardoniert und freigelassen worden. — Wilhelm dränge auf seine Vermählung, wiewohl der Vertrag noch nicht geschlossen worden sei. Die Hochzeit, zu der F. Ludwig hoffentlich kommen werde, finde doch wohl schon bald nach Ostern statt. — F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (Der Unveränderliche, FG 51) ist am 18. 2. 1625 (zu seiner eigenen Vermählung) mit seinem Komitat nach Ahrensbök abgereist. — Lgf. Wilhelm V. v. Hessen-Kassel (Der Kitzliche) hat einen Sohn bekommen. — Diederichs v. dem Werder (Der Vielgekörnte, FG 31) Frau ist mit ihrer Tochter im Kindbett gestorben. — Das Gedicht, das F. Ludwig aus Harderwijk an Tobias Hübner (Der Nutzbare, FG 25) gesandt hatte, ist eingetroffen und wird wohl vom Nutzbaren beantwortet worden sein. — F. Johann Casimir bedankt sich für überschickte „Zeitungen".

Beschreibung der Quelle

QLHA Sachsen-Anhalt/ Oranienbaum: Abt. Köthen A 9a Nr. 25, 2 Bl., 42r-43v [A: 43v]; eigenh.; Sig.; Eingangsvermerk F. Ludwigs .

Anschrift

A[Handschrift: [43v]]A Monsieur mon treshonore Oncle. Monsieur le Prince Louis d'Anhalt .Eingangsvermerk F. Ludwigs : Pres.10. Martij 1625.

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[Handschrift: [42r]]Hochgeborner Furst, freuntlicher vielgeliebter Herr vetter, EG. schreiben1 von 24 Jan. habe ich gar wohl empfangen vndt daraus mitt erfreutem gemuhte E.G. vndt der ihrigen gute gesuntheit vernommen, vndt darf es gegen mihr gantz keiner entschuldiegung das EG mihr nicht öffter geschrieben, vielmehr hette ich mich wohl billicher deshalben gegen dieselbe zu entschuldiegen, weil ich aber theils wegen meines seliegen söhnleins2 absterben, theils wegen landtgraff Moritzen 3 vndt landtgraf wilhelms4 anwesenheit daran verhindert worden, alß bin ich der tröstlichen Zuversicht, EG so weit mita mihr zu frieden sein werden, ich versichere sie aber hiemit das waß da etwann in disfals verseumet, mit mehrem ins kunftiege wieder einbracht werden soll. Das sonsten EG vermeinen, das auff dero mihr gegebenes bedencken mihr, von den anwesenden herrn vettern, mitt der post5 so das Gymnasium in der landtschaft stehen hatt solte gewilfahretb worden sein, darauff verhalte EG ich nicht wie das mihr von des || [317] herrn vettern f. Augusti 6 gn. in disfals, nicht wenig Verhinderung zugezogen worden, in dem mann mihr wegen der Versicherung gantz vnannehmliche vndt vngewöhnliche mittel vorgeschlagen, Auchc des Herrn vettern f. Christians 7 gn. mitt gar gewissen haftiegen8 , (von den zerbstern zwar angezogenen, aber in der that gar lahmen nichtiegen) grunden, in disfahls wegen der einwilliegung abgehalten, das ich auch also gezwungen worden auff ertreglichere Mittel zu gedencken, immassen [Handschrift: [42v]] EG. mitt mehrem, aus meinem an sie gethanen ersuch schreiben9 werden vernehmen können, Weil auch der Cammerraht10 nuhmer bei derselben wirdt gewesen sein, alß bin ich der tröstlichen Zuversicht EG, mich, bei seiner zuruckkunft, auff mein vormahliges begehren, mitt freuntlicher erklerung versehen werden. Vor acht dagen seint des herrn vettern Hertzog wilhelms von Sachsen 11 ld. zu mihr kommen, vndt alß ich von derselben vernommen haben S. L. einen gantz leidentlichen perdon von Key. Majestat erlangetd , wie EG ohne zweifel von SL. mitt mehrem werden berichtet wordene sein. Der beiden obersten12 erlediegung, auff vorhero ausgestelleten reuers wieder das Haus Östereich nicht zu dienen, werden EG auß den auiesen vernommen haben. SL. hertzog wilhelm tringen gar eulich13 auff dero beilager, vndt wie ich mich verdeuchten lasse, durfte es wohl balt nach ostern werden, (wiewohl disfals noch nichts geschlossen worden.) Von Hertzen möchte ich wunschen den nehrenden bei solcher zusammenkunft14 zu sehen. Heute ist der Vnveränderliche von Berenburg nach Arenspiek 15 auffgezogen, wie ich vernehme hatt er vber 20 pferdt nicht mit sich genommen. DEr Kitzlichte hatt wiederumb einen iungen sohn bekommen,16 gott helffe daß er ihme nuhr möge lebendig bleiben, Dem Vielgekörtneten [!] ist nicht eine geringe bekummernuß zugestanden in dem ihme seine haußfraw, nebens einer iungen tochter, mitt der sie erst wahr nieder kommen, an einem starcken fluß, gestorben, dannenher er in sehr grosse bekummer-[Handschrift: [43r]] nuß versetzet worden.17 Das Reimgedicht18 am trebes19 abent von Harderwig von dem Nehrenden, dem Nutzbahren zugeschicket, ist zu recht vberbracht worden, vndt wie ich vernehme wirdt der Nehrende albereits deshalben beantwortet worden sein, wegen der vberschikketen Zeitungen thue ich mich gantz freuntlichen bedancken, möchte wunschen hinwiederumb etwaß wurdieges zu haben EG zu schreiben, Aber in mangelung dessen, vndt damit derselben ich nicht zu viel belestiege, will ich schliessen, vndt sie nebenst dero hertzlieben gemahlin20 vndt freulein (so ich mit dero bewilligung gantz freuntlich grusse) Göttlichem obhalt mich aber zu dero beharlichen affection befehlen als.

EG dienstwillieger treuer Vetter.

[Joha]nnf Kasimir f. zu Anhalt . Mpp.

Meine herzliebste Gemahlin21 befihlet sich in EG. vnd dero hertzlieben gemahlin angedechtnus.

Dessaw den 18 Fe[bruarij]f 1625.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a || [318] Eingefügt.
b w gebessert.
c A aus einem anderen Buchstaben gebessert.
d Folgt irrtümlich Punkt statt Komma.
e Folgt wohl ⟨werden⟩
f Durch Ausschneiden beim Öffnen des Briefs entstandener Buchstabenverlust.

Kommentar
1 Verschollener Brief F. Ludwigs .
2 Pz. Moritz, s. 250110 u. Beilage II, vgl. 250218A u. 250413.
3 Lgf. Moritz v. Hessen-Kassel (FG 80). Zu seinen Reisen in dieser Zeit vgl. 240109 u. bes. 240910.
4 Lgf. Wilhelm V. v. Hessen-Kassel (FG 65), Lgf. Moritz ' Sohn.
5 Posten, Geldsumme. DW VII, 2024. Über F. Johann Casimirs Pläne, seinen Geldbedarf durch verschiedene Anleihen zu befriedigen — in dem berichteten Fall durch ein Darlehen aus dem Kapital des gesamtanhaltinischen akademischen Gymnasiums (Zerbst) in der Landschaftskasse —, gibt ein Antwortschreiben des Fürsten vom 20. 11. 1624 auf einen Brief seines Oheims Ludwig vom 28. 10. 1624 Aufschluß: „Bedancke mich auch gantz dienstfreuntlichen, nicht allein der guten vertrostung halber, so EG, mihr wegen der begehreten 5000 thl. anlehen gethan, besondern auch des treuvetterlichen bedenckens so sie mihr in den andern beiden anlehens posten ertheilet, nicht zweifelnde, das bei ankunft EG, kammerahts des von werder, dahin sie mich vertröstet, (meinem zu Jhr habenden hohen vertrauen nach) sich solche mittel, mihr dieses sonderbahre freuntstuck zu erweisen, finden werden, vndt weill Meine gn. hertzliebste fraw Mutter, ich kintlichen dahin bewogen, das JG bis auff kunftige Ostern, mitt ablegung der 42000 f., gn. zufrieden, als erwarte ich EG. fernere ⟨resolution⟩ erklerung, bei dero cammeraht, EG gn. bedencken in den andern beiden posten, will ich mitt meinen andern anwesenden Herren vettern LLd. communicieren, verhoffentlich, sie gleich EG. ihren willen darzu geben werden.” LHA Sa.-Anh./ OB: Kö. A 9a Nr. 25, Bl. 40r.
8 Grundbedeutung ,beharrlich, fest', hier wohl schon ,streng', ,gewichtig', ,heftig'. DW IV.2, 135 u. 771-774.
9 Verschollen.
11 Hz. Wilhelm v. Sachsen-Weimar (FG 5), der in der Schlacht von Stadtlohn gefangen worden war (s. 230809 K 17, 230913 K 10 u. 240112).
12 Hz. Wilhelm und Hz. Friedrich II. v. Sachsen-Altenburg (FG 103), der zusammen mit Wilhelm gefangen und am 24. 5. 1624 freigelassen wurde. S. 230809 K 17, 230913 K 10, 240112 K 10 u. 250305.
13 Eilig oder ,eilig' in der Grundbedeutung von ,hungrig', frühnhd. stumpf (von Zähnen)? Goetze, 61, Kluge/Mitzka, 157.
14 Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar heiratete am 23. 5. 1625 Pzn. Eleonora Dorothea (PA, TG 4), die Tochter F. Johann Georgs I. v. Anhalt (FG 9). Vgl. 250500, 250514 u. 250609. F. Ludwig nahm nicht an der Feier teil.
15 Pz. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (Der Unveränderliche, FG 51), der am 18. 2. 1625 mit 32 Personen (darunter Caspar Ernst Knoch , FG 33; Burkhard v. Erlach , FG 52; Johann v. Mario , FG 100; Georg Haubold v. Einsiedel , FG 138; Curt v. der Trautenburg gen. v. Beyern, FG 167) aufgebrochen war, vermählte sich am 27. 2. 1625 mit Pzn. Eleonora Sophia v. Schleswig-Holstein-Sonderburg (TG 39), der Schwester des in Ahrensbök residierenden Hz.s Joachim Ernst v. Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön (FG 101), Vgl. 260619 K 12. Die hochzeitliche Beisetzungsrede hielt Georg v. der Goltz (FG 289). Überraschend stieß auch Hz. Johann Ernst d. J. v. Sachsen-Weimar (FG 3) zu den Feierlichkeiten. Am 8. 3. 1625 trat Christian die Rückreise an und kam am 16. 3. mit seiner Braut und dem Hofstaat in Bernburg an. Christian: Tageb. XXIV, Bl. 181r-182r.
16 Pz. Wilhelm (31. 1. 1625 - 11. 7. 1626), Sohn des Kitzlichen, d. i. Lgf. Wilhelms V. v. Hessen-Kassel . AD I, 91 (Hessen XXIV 5).
17 Diederich v. dem Werder (Der Vielgekörnte, FG 31). Zum Tode seiner Frau Dorothea Catharina und seiner Tochter Juliana am 12. 2. bzw. 13. 2. 1625 s. 250218A K u. 250413 I. Vgl. 250305.
18 Dieses an Tobias Hübner (Der Nutzbare, FG 25) geschickte || [319] Gedicht F. Ludwigs (Der Nährende), der sich damals mit seiner Gemahlin und Tochter in seinem Hause im niederländischen Harderwijk aufhielt (vgl. 250700 II Q, 260619 u. 261010 K 13 bzw. 16), ist verschollen. Vgl. 240717 K u. 240718 K. Ludwig kehrte erst nach dem Tode seiner Tochter Loysa Amoena (TG 6), die am 26. 3. 1625 in Harderwijk (Geldern) gestorben war, kurz zu ihrer Bestattung (24. 6. 1625) nach Köthen zurück. Beckmann V, 492; s. 250700. Hübner scheint das Schreiben Ludwigs in seinem Briefgedicht 250305 zu erwidern.
19 Ausdruck der Gaunersprache? Vgl. Siegmund A. Wolf: Wörterbuch des Rotwelschen. Deutsche Gaunersprache. Mannheim 1956, Nr. 970 zu Debisser, Theweser, korrumpiert Trebeser, aus jidd. toewos, pl., Greuel, Abgötterei, Götzen: „Es handelt sich um Betrüger, die sich für Geistliche ausgaben, mit entliehenen Monstranzen (die ausleihenden Priester erhielten ein Drittel der ergaunerten Beträge) und angeblichen Reliquien sowie unter gefälschtem Brief und Siegel für kirchliche Zwecke zu sammeln vorgaben.” Im Briefverkehr der FG wurde die Datumsangabe gern verrätselt, vgl. z. B. 240109 u. 250305. F. Ludwig könnte im vorliegenden Fall auf das Betteln im Gewande von Heiligen am Dreikönigsabend anspielen. Eine Anknüpfung an Formen des hd. Trespe lautenden Worts liefert kein überzeugendes Indiz für eine Datierung des Briefs im Januar oder frühen Februar. Vgl. Stieler 2305: Trebs; DW XI.1.2, 171-174; Kluge-Mitzka, 789; Jan de Vries: Nederlands etymologisch woordenboek. Met aanvullingen ... door F. de Tollenaere. Leiden 1971, 131; Zander Handwörterbuch der Pflanzennamen. 12. Aufl. Stuttgart 1980, 164 (mhd. trefs[e], trebs; nl. Dialekte drep, dreps). Vgl. Hans Bahlow: Deutsches Namenlexikon. 5. Aufl. Frankfurt am Main 1980, 522: „Trebst (Sa.) = Treb(e)s (lat. frisiert: Trebesius) zum slaw. Stamm treb- wie die ON Trebitz, Trebitsch, Trebs, Trebus, Treben, Trebnitz [...].” Vgl. ebd. „Trefz, Treffs (obd.): mhd. trefze ,Trespe, Unkraut' (vgl. schwäb. ,elender Tretz' = elender Kerl), ÜN. für Landleute, auch Trefzger.” Vielleicht ist F. Ludwigs Gedicht aber auch am 16. 1. 1625 abgesandt worden. Vgl. Jakob Torsy: Lexikon der deutschen Heiligen, Seligen, Ehrwürdigen und Gottseligen. Köln 1959, 531 („Treverius, hl. Einsiedler in der Landschaft Dombes [Jura]; stammte aus Cahors; 6. Jh. F: 16. Jan.” ).
20 Fn. Amoena Amalia (AL 1618, PA, TG 2). Zu F. Ludwigs Tochter vgl. Anm. 18.
21 Fn. Agnesa (PA, TG 25).
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