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Martin Opitz an Diederich von dem Werder
[Inhaltsverzeichnis]
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Martin Opitz an Diederich von dem Werder


Martin Opitz (FG 200; 1629) hofft, daß sein in Berlin Kraft v. Bodenhausen übergebenes Schreiben Diederich von dem Werder (FG 31) erreicht hat. Nach seiner Rückkehr habe er Werders lange zuvor geschriebenen Brief und zwei Geschenkexemplare von dessen Tasso-Übertragung vorgefunden. Da er das Buch schon besitze, habe er ein Exemplar Caspar Kirchner gegeben; das andere werde er am Hofe bei erster Gelegenheit Frh. Peter Heinrich v. Stralendorf oder sonst jemandem schenken, der ein Urteil über Dichtung fällen könne. Wäre ihm Werder nicht bekannt, würde Opitz dieses vorzügliche Werk keinem Manne zutrauen, dem jemand die ritterlichen Künste und höfischen Sitten Werders beilege. Diese grundgelehrte Arbeit müsse die Frucht der Muße sein. — Werders eigenes, der Übersetzung vorangestelltes Gedicht Die Herrligkeit Christi beweist für Opitz , daß die Deutschen selbst erfinden und von nun an die Anmaßung der Ausländer zurückweisen können. — Als Kenner der Kriegsübel soll Werder immer wieder die eitlen Gründe anprangern, derenthalben man einander mit Füßen tritt. — Werder möge ihm seine Gunst bewahren! Seine Briefe soll er in Breslau an David || [517] Müller senden, wohin Opitz am folgenden Tage zurückkehre. — Opitz erkundigt sich nach Tobias Hübner (FG 25) und bittet Werder , ihn den Fürsten v. Anhalt zu empfehlen.

Beschreibung der Quelle

QUB Basel: G2 II 36, Bl. 19rv; hier A. Abschrift. Weitere Überlieferung UB Basel: G2
I, 18, 1, Bl. 160r-161r; hier B (Abschrift nach A); danach veröffentlicht in: Opitz: Handschriften (Geiger), 37f. — Zu den Quellen s. 250510 Q.

Anschrift

AFehlt.

Text


[Handschrift: [19r]]
S. P. D.a

Illustris Vir Domine colende.1 Spero tibi redditas fuisse illas, quas Berolini2 Bodenhusio vestro Equiti splendidissimo,3 dederam. Domum reversús amicissimas tuas multò ante perscriptas reperi, simul etiam Torquatúm tuum4 munus Nobilissimum, cujus exemplar unum, ipse enim antea habebam,b CL. viro Casparo Kirchnero ,5 qui te amat plurimùm et æstimat, tradidi, altere vel Stralendorfium ,6 vel alium [Handschrift: [19v]] quempiam, qui judicium ad Musas affert, qua`m primumc in aulam venire potero, donabo. Scis verò quid sentiam: Egregium istud opus cùm specto,d nisi te nossem,e vix crederem alicui,f de equestribus tuis artibus et subacto aularum moribus animo narranti. Ita nihil hic est, quod non oleat illius doctrinæ lucernam, quæ sola ab alto pingui`que otio expectanda est. Quous`que autemg aliorum ingenio nostrah lingua loquimur? Ita Phœbus me amet,i 7 non adulor te:j generosissimi Spiritusk carmen, quod Poëtæl præfixisti,8 satis ostendit,m exterorum jactantiam videren nos imposterum satis tutò posse. Assere te tibio et posteritati,p cùm praesertim longis belli malis edoctus sis,q qua`m vana et fluxa sint ista, ob quæ calcamus invicem alios et calcamur. Fac hoc,r iterum iterum`que peto, me`que, ut soles, ama!s et tuas, si vacat, Uratislaviam,t qua`m cras repeto, ad Davidem Mullerum transmitte9 Magnificus vir Dominus Hübnerus 10 quid in his rerum turbis agat, scire aveo, et Celsissimis Principibus vestris11 comm endari. Vale vir Generosissime. Dresdæ II. Cal. Vllbr. Anno 162612

Tuus Equitum decus Werdere
M. opitius .

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T T: Da B auf A zurückgeht (vgl. z. B. Anm. j), werden — neben den unsere Textfassung unterstützenden Varianten — nur die ergänzenden und die den Sinn verändernden oder verdunkelnden Lesarten aus B angeführt. B löst viele Abkürzungen auf und läßt alle Akzente und die meisten Kommata aus.
a B stattdessen mit Überschrift Ad nobilissimum Equitem Werderum
b B habebam
c B quamprimum
d B specto
e B nossem
f B alicui
g A a. B autem
h In A mit anderer Feder eingefügt.
i B amet
j B tei Lesefehler (wegen eines in A einem i ähnelnden Doppelpunkts), von Geiger fälschlich als verschriebenes tui aufgefaßt.
k B spiritus
l B poëtæ
m B ostendit
n B ridere
o B. In A aus tibi te umgestellt
p B posteritati
q B sis
r B hoc
s B ama
t B Vratislaviam

Kommentar
1 Den vorliegenden Brief an Diederich v. dem Werder (FG 31) legte Opitz (FG 200) 260831A, einem Schreiben an Augustus Buchner (FG 362), mit der Bitte um Weiterlei- || [518] tung bei. Eine Antwort ist unbekannt. Im November 1626 schrieb Opitz an Buchner : „An decus illud Equitum Werderus meas acceperit, scire cupio: ejus enim amorem maximè facio.” [A Bl. 21 r; vgl. Opitz: Handschriften (Geiger), 39].
2 Von einer Gesandtschaftsreise im Gefolge des Burggf. und Herren Karl Hannibal zu Dohna an den Hof Kf. Georg Wilhelms v. Brandenburg (FG 307) berichtet Opitz Buchner am 6. 7. 1626 a. St. aus Baruth [A Bl. 17v-18v; vgl. B Bl. 158r-159v u. Opitz: Handschriften (Geiger), 35-37]. Aus militärischen Gründen (Marsch Mansfelds u. Hz. Johann Ernsts d. J. v. Sachsen-Weimar , FG 3, nach Schlesien ) mußte Dohna nach Schlesien zurückeilen, wohin ihm Opitz folgte. Vgl. Opel II, 582 (Dohna soll Berlin in der Nacht v. 5./6. Juli verlassen haben). Zu den militärischen und politischen Umständen vgl. auch Documenta Bohemica IV, Nr. 273 u. 278. Der in Berlin übergebene Brief kann noch nicht die Antwort auf ein (verlorenes) Schreiben Werders gewesen sein, das Buchner Opitz zusammen mit Werders Tasso-Übersetzung schickte (s. unten Anm. 4 u. 260617). Am 6. 7. 1626 wartete Opitz nämlich noch auf die Ankunft der Sendung: „Werderi literas cum tuis et Tasso, de quo promittis, Uratislaviæ, quò contendimus, spero inveniam.” (A Bl. 18v). Im Moment des Aufbruchs nach Berlin erreichte Opitz dagegen Buchners (verlorener) Brief v. 13. 6. 1626 (s. A Bl. 17v-18r). Vgl. 260617 K 1.
3 Kraft v. Bodenhausen (FG 73), kursächsischer Obrist und Amtshauptmann.
4 Torquato Tasso: II Goffredo, overo Gerusalemme liberata, übers, v. D. v. dem Werder u. d. T.: Gottfried von Bulljon, Oder Das Erlösete Jerusalem (Franckfurt am Mayn 1626). Ndr. hg. v. Gerhard Dünnhaupt. Tübingen 1974. Wie gespannt man auf das Erscheinen der Tasso-Übertragung Werders war, bezeugt 251100. Auf welche Weise Opitz bereits vorher in den Besitz eines Exemplars gelangt war, ist nicht mehr zu erklären, falls die hier erwähnte Sendung Werders dem Brief Buchners v. 17. 6. 1626 beilag. Hatte Opitz dagegen schon bei seiner Rückkehr nach Breslau oder bald danach (vgl. sein Schreiben v. 6. Juli) das Paket Buchners mit der Übersetzung erhalten, muß Werder die im vorliegenden Brief erwähnten Exemplare vor längerer Zeit zusätzlich an Opitz gesandt haben.
6 Frh. Peter Heinrich v. Stralendorf († 1637), Reichsvizekanzler u. Reichshofratsvizepräsident, häufig kaiserlicher Gesandter in Berlin oder Sachsen . ADB XXXVI, 494f.
7 Vgl. Verg. ecl. 3, 62.
8 Die „Herrligkeit Christi", ein wohl unvollendet gebliebenes Gedicht Werders in der Vorrede zur ersten Ausgabe der Tasso-Übertragung (a. a. O., 19-27). Vgl. 260617.
9 Opitz ' Verleger in Breslau . Vgl. 250510 K 7, 260617 K 2. 13 u. 260831A.
11 Die Fürsten v. Anhalt.
12 Geiger, a. a. O., 37 ordnet den vorliegenden Brief falsch unter dem 30. August 1626 ein. Richtig dagegen Dünnhaupt, a. a. O., 24* Anm. 22.
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