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Antwort, Glaub und Bekenntnis auf das Interim (1548)
bearbeitet von Hans-Otto Schneider
[Inhaltsverzeichnis]

|| [213]

|| [A 2r:] Meinen lieben Freunden, Brdern vnd Kindern in Christo zu Magde-
burgk
wnsch ich von Gott dem Vater vnd vnserm Herrn Jhesu Christo
gelck, heil, sterck, krafft vnd seeligkeit. Amen.
Djeweil nu das INTERIM ausgangen vnnd jederman anzunemen geboten ist,
(5)So hab ich euch zu trost, den1 ich bis ins xviij. jar das heilige Euangelium
lauter vnd rein geprediget habe, diese meine antwort, glaub vnd bekentnis
darauff wollen lassen außgehen, darauff ich mit Gottes gnade vnd hlff bis
in todt verharren vnd bleiben wil.2 Darumb ermane vnnd bitte ich euch, jhr
wollet euch an dem INTERIM nicht stossen noch ergern, sondern an dem
(10)wort, das jhr gehrt vnnd angenommen habt, vnbeweglich feste halten vnnd
ffentlich bekennen, so wirdt euch Jhesus Christus, vnser lieber Herr, am
Jngsten tage fr seinem Himlischen Vatter vnnd allen Engeln widderumb
bekennen.3 Vnd lasset euch des Keysers name nicht erschrecken. Denn die
Pfaffen haben Key. Maie. betrogen, vnd thuts vnwissent, was ehr thut. Denn
(15)sein Maie. weis nicht, das er kein gewalt vnd macht hat, die hertzen vnnd ge-
wissen zu regieren. Denn es ist allein Leib vnnd || [A 2v:] Guth vnnd kein ge-
wissen noch seele vnter seiner macht vnd gewalt, sondern ehr4 ist Gottes
wort ebensowol als wir andern vnterworffen. Dieweil ehr aber vnser seelen
vnnd gewissen mit seinem INTERIM angreifft Vnnd also vnserm Herrn
(20)Christo in sein ampt vnnd Reich greifft, welchs kein Herr auff erden vom
andern leidet noch duldet, so mssen vnnd sollen wir Prediger vnd beuelha-
ber vnsers Herrn Jhesu Christi (seine recht vnnd gerechtigkeit widder den
Teuffelsaposteln, den Babst zu Rom, mit vnnd durch Gottes wort zu uerteidi-
gen, die armen betrbten Christen inn dieser grossen beschwerung vnnd
(25)hchster not zu trsten vnd stercken) nicht Keyser. Maie., sondern dem
INTERIM vnd seinen schmiden einrede vnd widderstandt thun, es gehe vns
darber, wie Gott wolle, vnd so es nicht anders sein wil, Leib vnnd Gut
darvber lassen. Darumb lasset vns getrost sein, denn Christus, vnser lieber
Herr, leuget nicht, da ehr spricht: „Es sol euch im Himel reichlich belohnet
(30)werden.“5 Hiemit beuehl ich euch inn die gnad vnnd barmhertzigkeit Gottes;
der erhalte euch gnedikglich inn dem erkentnis seines Sons, vnsers Herrn
Jhesu Christi, zu lob vnnd ehr seines heiligen namens. Amen.
Datum am ersten tag Augusti etc.
1548.
(35)

|| [214]

|| [A 3r:] Antwort, Glaub vnd Bekentnis auff das schne vnnd liebliche
INTERIM, Niclasen von Amßdorffs, des veriagten Bischoffs zur
Naumburgk.

Es ist ein gros wunder, das die Mespfaffena vnnd jhr anhang, so an dem
(5)schnen INTERIM so lange gebrawet, gekochet, gebraten vnd nu entlich ge-
schmit,6 vns armen ketzern die beide gestalt7 vnd der Geistlichen ehe, wie-
wol schwerlich, mit furcht vnnd zittern, auff das sie jhren abgot zu Rom
nicht erzrnen, bis auff ein Concilium nachgelassen8 haben.9 Ja frwar, ein
gros wunder ists, das sie sichs haben vnderstehen drffen, dieweil sie beydes
(10)fr ketzerey halten vnnd gehalten, viel frommer Leute darumb verdammet,
verbrant vnnd ermordet haben, welcher Blut teglich gen Himel schreiet vnd
rffet, welchs seufftzen vnd klagen gewißlich erhret ist, vnd ob sich die
rach verzeuhet,10 so wird sie sich zu seiner zeit wol finden.
Jch mchte gern wissen, was der Babst darzu saget, das sie on sein wissen
(15)vnd vrlaub11 die beide stck, welche ehr so gestrenge verboten hat, haben
drffen zulassen. Wenn der Babst, seine gewalt vnnd hocheit zu uerteidigen,
sie in den || [A 3v:] Bann thet, da solt einer ein schn spiel sehen, was fr ein
tantz sich erheben wrde. Alsdenn wrde man ynnewerden, was sie von
Gott, dem Babst vnd der warheit hielten, vnd wrden die gedancken jhrer
(20)hertzen herfr kommen, das sie nicht denn jhr eigen ehre, gewalt vnd Tyran-
ney suchten; Gottes ehre vnd die warheit mchten bleiben, wo sie wolten.
Denn ich weis gewis vnd frwar, das sie nicht ein cliplein12 auff den Bann
geben wrden. Wer nun den Bann seines Pfarrhers odder Bischoffs veracht
(Wie sie denn den Babst fr ihren Bischoff vnd Pfarrhern achten vnd halten),
(25)der veracht Gott vnd sein wort, sein eigen Religion, vnd fragt nicht nach der
warheit, dencket, dichtet vnnd trachtet nur nach dieser welt ehre, gut vnd ge-
walt; das weis ich sicher vnd gewis. Denn Gottes Wort leuget nicht, das sa-
get: „Qui diligit mundum et ea quae in mundo sunt, odit Deum.“13

|| [215]

Jch aber sage fr mich, das ichs jhnen keinen danck weis, das sie solche
beide stck mit solchem wancken vnd zweiffeln gewilliget vnd nachgelas-
sen14 haben, vnd bekenne ffentlich, das ich die beyde stck vmb jhrentwil-
len noch vmbs Conciliums willen nicht annehmen noch halten will. Denn sie
(5)seind nicht die leutte, welche der Christenheit gebieten knnen oder sollen,
was sie gleuben odder halten soll. Es ist ein ander vnnd einiger Man, der
heisset Jhesus Christus, vnser lieber Herr, der eingeborne Son des lebendigen
Gottes, der hat allein gewalt || [A 4r:] vnnd macht von seinem Himlischen
Vatter, seiner heiligen Christlichen Kirchen zu gebieten vnnd zu beuehlen,
(10)was sie gleuben vnnd halten sollen. Deme sollen wir alleine folgen vnd
gehorsam sein, wie geschrieben stehet: „Das ist mein lieber Sohn, den
hret“,15 vnnd an eim andern ort: „Der Son Gottes, welcher ins Vatters schos
ist, der hats vns offenbaret.“16 Vnnd der Son saget frder zu allen Aposteln:
„Gehet hin vnnd Leret alle vlcker halten, was ich euch beuohlen habe.“17
(15)Solchem gebot vnnd beuehl sollen alle menschen, Babst, Keyser vnnd Cardi-
nal ebensowol als die Bawren, gehorchen vnd gehorsam sein, trewlich vnd
fleissig nichts darwider thun noch frnemen. Denn da stehet das gestrenge
gebot Gottes des Vaters vnd seines Sohns, vnsers lieben Herrn Jhesu Christi,
das die Aposteln vnd jhre nachkomen, Pfarrher vnd Bischoff, nichts leren
(20)noch Predigen sollen zu gleuben vnd zu halten, denn was sie von Christo
gehrt vnd gesehen haben, wie das alle Euangelia klar zeugen vnd beweisen.
Nu hat Christus, vnser lieber Herr, die beide theil, das gantze Sacrament,
sein leib zu essen vnd sein blut zu trincken, eingesatzt, geboten vnd beuol-
hen. Denn so lauten die wort: „Nemet hin vnd esset, das ist mein leib etc.
(25)Nemet hin vnd trincket alle daraus etc.“18 Solche gebot vnd beuehl hab ich
angenohmen vmb Jhesu Christi willen, meines lieben Herrn, vnnd wils auch
dem Teuffel zu Rom zu verdries mit Gottes gnade vnd hlff annehmen vnd
halten, dieweil ich lebe, vnnd in || [A 4v:] keinemb weg darumb, das es von
des Teuffels INTERIM jtzt zugelassen wirdt; denn wers vmbs INTERIMS
(30)willen thut vnd annimpt, der stilt19 vnnd nimpt Gott sein ehr vnnd gibt sie
den Menschen, die solch INTERIM gestalt haben. Denn man sol Gott allein
vnnd sonst keinem Menschen noch Engel in den sachen, was Gottes ehr vnd
dienst antrifft, gleuben noch gehorsam sein, wie alle Schrifft saget vnd zeu-
get. Vnnd der Prophet spricht: „Verflucht sey, der einem Menschen trawet
(35)vnd gleubet.“20 Vnd das noch erger ist, so lassen sie vns die beide gestalt,

|| [216]

durch Christum, vnsern lieben Herrn, aus des Vaters befehl eingesatzt vnnd
geboten, also zu, das sie darneben jhre eine gestalt, aus des Rmischen Anti-
christ gewalt vnd macht wider Christi Jhesu, vnsers lieben Herrn, wort vnnd
gebot eingeschlichen, billichen, handthaben vnd schtzen vnd vns darzu
(5)ernstlichen gebieten, nichts darwidder zu reden oder zu schreiben.21 Damit
sie klerlich anzeigen, das sie der Teuffel nicht allein fhret vnd reittet, son-
dern das ehr sie gantz vnd gar besessen vnd so durchteuffelt hat, das jrer bes-
serung kein trost noch hoffnung mehr da ist. Denn sie wollen vnnd knnen
nicht Jhesu Christo, vnserm lieben Herrn, gehorsam sein, bleiben vnd behar-
(10)ren starck auff jhrem harten sin, jhre falsche ehre, wirde vnnd gewalt zu uer-
teidigen, gleich ob der Mespfaffe mehr am Sacrament haben solt denn der
Leye, Wie das Conci- || [B 1r:] lium zu Costnitz beschlossen hat,22 auff das die
Mespfaffische wirdigkeit nicht zuschanden werde, sondern in jhrer wirde
vnnd hoheit bleiben mge, wie die Acta des Concilij zu Costnitz klerlich an-
(15)zeigen.23
Es ist ya zuuiel, das man Christi Jhesu, vnsers lieben Herrn, gebot sol endern
vnd auffheben, ja lgenstraffen vnd das widderspiel gebieten vmb des gre-
wels willen zu Rom! Es ist zuuiel! Wo gedenckt jhr hin, lieben Herrn? Es
wird euch gewis gerewen! Es ist frwar kein schertz, sondern Gotts hchster
(20)ernst, da er sagt: „Das ist mein lieber Sohn, den hret!“24 Warumb thut jhr
denn wider solche gestrenge Gottesgebot? Vmb des Babsts willen zu Rom,
welcher doch billich als Christus Jnger vnnd Petrus nachkommen die beide
gestalt dem volck reichen vnd geben solt.
Desgleichen wollen wir mit der Pfarrher odder Prediger Ehe auch thun,
(25)wollen sie halten vnd behalten, nicht darumb, das ihr INTERIM vns solches

|| [217]

zulesset,25 sondern darumb, das Jhesus Christus, vnser lieber Herr, dieselbige
vns nachgelassen vnnd darzu durch den mund Pauli allen denen, die es be-
drfen, geboten hat: „Ein jglicher hab sein weib umb der hurerey willen etc.
Denn es ist besser freyen denn brennen.“26
(5)So hats auch die heilige Christliche Kirche lenger denn tausent jar gehalten,
so lang bis der Antichrist zu Rom auß eingebung des Teuffels || [B 1v:] vmb
geitz willen den Geistlichen die Ehe27 vnnd Speise28 verboten Vnd denen, so
Ehelich gewest, mit gewalt des bans abgedrungen hat, welchs S. Paulus
Teuffelslehre nennet vnd heisset.29 Solche Teuffelslehre haben wir nicht
(10)halten, leiden noch dulden wollen.
Derhalben wir auch des Teuffels gebot zu Rom auffgehaben, mit fssen
getretten vnnd solchs freidig,30 mit vnerschrockenem hertzen, aus dem
beuehl Jhesu Christi, vnsers lieben Herrn: „Ein jglicher hab sein Weib vmb
der hurerey willen, denn es ist besser freien denn brennen.“31
(15)Wer nun das INTERIM annimpt, der billicht die eine gestalt wider Christi
vnsers lieben Herrn gebot, beuehl vnd einsatzung, dieweil das INTERIM die
eine gestalt des Sacraments seinen Papisten so ernstlich gebeuth.
Zum andern, so nimpt ehr die beide gestalt nicht an Darumb, das es Christus,
vnser lieber Herr, hat eingesatzt, geboten vnd beuohlen, sondern darumb, das
(20)es das INTERIM nachlesset vnnd erleubet, setzt also das INTERIM vber den
Son Gottes, vnd Jhesum Christum, den Sohn des lebendigen Gottes, vnter
das INTERIM, welchs frwar greulich vnd erschrecklich zu hren ist, das
man der Creatur, vnd sonderlich den schentlichen, gotlosen buben, des
INTERIMS schmide, sol die ehre geben, die Gott allein eigent vnd gebrt,
(25)nemlich das man jnen in sachen des gewissens trawen vnd gleuben sol,

|| [218]

|| [B 2r:] welches Gott jhm allein furbehalten hat vnnd niemand geben wil
denn seinem lieben Son, vnserm Herrn Jhesu Christo, wie denn Gott der Va-
ter selbst spricht: „Das ist mein lieber Sohn, den hrt!“32 DEN, DEN vnd
keinen andern, denn er ist des Vaters Son ins Vaters schos, der es vns of-
(5)fenbart hat, was wir gleuben vnnd thun sollen.33 Wie denn auch der Herr
Christus selbst seinen Aposteln geboten vnd beuohlen hat, das sie nichts
leren noch predigen sollen, denn was sie von jhm gesehen vnd gehret
haben.34
Solchs sollen wir feste halten vnnd in keinen weg daruon weichen, auff das
(10)wir Christo, vnserm lieben Herrn, seine ehre nicht nemen vnd dem INTE-
RIM geben. Denn wo wir dem INTERIM gehorchen, so beten wir Gott nicht
an, sondern den Teuffel vnd seine gliedmas, des INTERIMS schmide, vnd
muste Christus, vnser lieber Herr, dem INTERIM weichen vnd vnrecht
haben, das INTERIM aber oben schweben35 vnd recht haben, welchs die all-
(15)gemein Christliche Kirche nicht willigen, noch annehmen kan, nemlich das
menschen selbst wollen Herrn vnnd Meister sein, gewalt vnd macht haben,
alles zu gebieten vnd verbieten, zu erleuben vnd nachzulassen, was wir hal-
ten vnnd gleuben sollen, wollen nicht, wie sie billich solten, Christi Jhesu,
vnsers lieben Herrn, Schler vnnd Jnger sein, sondern schlechts seine
(20)Meister sein vnd jhn in die Schule fren, wie ehr im Euangelio jemmerlich
klagt: „Die weißheit mus sich rechtfertigen36 lassen von jhren eigen kin-
dern.“37
|| [B 2v:] Das sey das erste theil vom INTERIM, darinne es vns nachlesset vnd
erleubet, was Got allen Christen geboten vnd beuohlen hat. O du schendtli-
(25)cher Teuffel, wie darffestu Gott deinen Herrn so schmehen, lestern vnnd
schenden, ja sein spotten, das du aus sonder gnade vnd liebe vnuerschembt
darffest zulassen bis auff ein Concilium, welches allererst rtern sal,38 obs
recht odder vnrecht sey, was Gott so gestrenge mit grossem ernst
durch seinen eingebornen Son aller welt zu halten geboten vnd beuohlen hat! Gott
(30)were dir, du lgen- vnnd mordgeist, wie denn bald geschehen wird! Denn
die zeit vnnd stunde ist vorhanden, das weis ich fwar. Jndes magstu sauffen
vnd foll werden. Du solt es gewis widder speien vnnd reichlich bezalen, wie
die Propheten schreiben.39
Das Ander theil im schnen INTERIM Jst viel grewlicher vnnd erschreckli-
cher denn das erste theil. Denn es gebeut vnd wil haben dasjenige, so Chris-

|| [219]
-
tus Jhesus, der Son Gottes, vnser lieber Herr, verboten hat. Nemlich man sol
Messe halten vnnd nichts darinne endern, auch nicht den Canon.40
Hie setzet sich das INTERIM, die arme || [B 3r:] Creatur, selbst an Gottes stat
auff der G ttlichen Maiestat h chsten stul vnd wil Gott sein, ja vber Gott,
(5)wie S. Paulus von ihm geweissaget hat,41 vnd lest sich anbeten, das ist: man
sol dem INTERIM gleuben vnd trawen, welches42 doch Gott allein geh ret
vnnd geb ret. Far schon,43 du schne Creatur, steig nicht zu hoch, das du
nicht wie Lucifer44 zu tieff heruntergestossen werdest. Es ist zu uiel vnnd
viel zu hoch, das du dich solcher gewalt vnterstehest, den armen Christen
(10)zugebieten, was jhn Gott so gestrenge mit grossem ernst verboten hat, nem-
lich Abgtterey. „Du solt nicht frmbde Gtter haben“,45 „htet euch fr
Abgtterey“,46 „fliehet Abgtterey“,47 vnd dergleichen viel mehr sprche,
die alle Abgtterey verbieten.
Darumb ists viel zu uiel, mein schnes INTERIM, das du aus eigener macht
(15)vnd gewalt zuerst vns hast nachgelassen vnnd erleubet, was vns Gott langst
zuuor nicht allein nachgelassen vnnd erleubet, Sondern auch ernstlich gebo-
ten vnd beuohlen hat, als nemlich die Ehe vnnd die beide gestalt des hoch-
wirdigen Sacraments. Aber dis ander stck ist weit darber, das du vns
gebeutest zu thun vnnd halten, was Gott, die hchste Maiestat, verboten hat;
(20)das ist zu weit geschrieten vnd zu ferne gangen; du hast dich zu hoch verstie-
gen, du wirst gewißlich fallen vnd den hals brechen.
Denn wie kan Gott solches lenger leiden vnd dulden, das du gebeutest, zu
thun vnnd hal- || [B 3v:] ten, was ehr auffs strengste verboten hat, vnnd dasselbe

|| [220]

jtzund zu dieser zeit bey solchem hellen liecht des heiligen Euangelij. Was
wir vorhin vnwissent gethan hetten, das hette Gott nach gethaner busse
vergessen vnd vergeben. Aber nu sie so wissentlich sndigen vnd wider Gott
vnd sein wort so ffentlich gebieten, was Gott verboten hat, das wird dem
(5)spiel ein ende machen48 vnd dem vaß den boden ausstossen.49
Vnnd das wir zur sache kommen, so gebeut der schne Abgott, das INTE-
RIM, man soll inn allen Kirchen widderumb Messe halten,50 das ist: mit der
Messe, so die menschen aus eigener andacht erdacht haben, sollen sie Gott
ehren vnnd dienen, welchs Gott durch Mosen, die Propheten vnd Aposteln
(10)so gestrenge vnnd ernst verboten hat,51 das michs auffs hchste verwundert,
das solchs schendlich vnd freches INTERIM so vnuerschembt darff an tag
kommen Vnnd allererst vns gebieten Messe zu halten, so von menschen aus
eigener andacht, on Gottes beuehl vnnd wort, erfunden vnnd gestifft ist, wie
das alle Cronicken bezeugen vnnd beweisen. Denn Moses an viel rten im
(15)fnfften Buch so hefftigk mit ausgedruckten worten verbeut: „Du solt nicht
thun, was dich gut deucht, sondern was ich dir geboten habe.“52 Jtem: „Du
solt nicht thun, was gutt ist fr deinen augen, sondern was ich dir gebiete.“53
Wie denn die Propheten an allen rten die Jden darumb schelten vnnd
straffen, das sie aus eigener andacht auff den Bergen vnd hgeln Gott || [B 4r:]
(20)reucherten vnnd opfferten, welchs die Propheten mit klaren ausgedruckten
worten ein Abgtterey nennen.54 Vnnd Christus, vnser lieber Herr, im Euan-
gelio deutlich vnnd klerlich sagt: „Sie dienen mir vergeblich mit menschen-
geboten“,55 vnnd an einem andern ort: „Nicht alle, die da sagen, das ist: die
da schreien vnnd ruffen, ‚HERRE, HERRE‘ kommen ins Himelreich, son-
(25)dern die da thun den willen meines Himelischen Vaters.“56
Da stehets gewis vnd vnwiddersprechlich, das man Gott nicht ehren noch
dienen kan mit menschlichen tradition, sondern allein kan mit dem, das
Gottes wille ist, welcher vns durch das wort des heiligen Euangelij kund vnd
offenbar worden ist. Nu ists ye gewis war, aller welt kund vnnd offenbar, das
(30)die Messe ein lautter menschengedicht aus eigener andacht vnd gutdncken
der Bebste vnd Mnniche vmbs geitz willen, on Gottes wort vnd beuehl
erdacht, erfunden, gestifft vnd eingesatzt ist.
Derhalben auch die Messe ein rechter grewel vnd warhafftige Abgtterey fr
Gott ist, damit man Gott auffs hchste erzrnet vnd erbittert vnd jhm damit

|| [221]
in keinen weg ehren noch dienen kan, wie das genugsam beweist vnnd
bewehrt vnnd so klar als die helle Sonne an tag gegeben ist.
Noch darff das schne ketzlein, das schendliche INTERIM,57 sich an tag
geben, schreien vnd brllen, man soll Messe halten, das ist: || [B 4v:] Abgtte-
(5)rey treiben in allen Kirchen. Nu weis die Christliche Kirche von keiner
Messe. Der Rmische hoff hat sie eingesetzet vnnd gestifftet. Christus, vnser
lieber Herr, hat keine Messe eingesetzt vnnd gestifft, sondern ein Abentmal,
das ist: Communionem populi, das man das volck berichten sol.
Die Aposteln wissen auch von keiner Messe, haben auch keine gehalten. Sie
(10)haben aber dem volck durchs brodbrechen vnnd austeilen den Leib Christi
zu essen vnnd das Blut zu trincken gereicht vnd gegeben, das man Christi,
vnsers lieben Herrn, Leiden vnnd Tod darbey gedencken solt. Ehr auch,
Christus selber, vnser lieber HERR, hat im Abentmal keine Messe gehalten,
sein Leib nicht geopffert, noch sein leib zu opffern beuohlen, wie das INTE-
(15)RIM leugt vnd treugt,58 sondern den Jngern seinen Leib zu essen vnnd sein
Blut zu trincken gereicht vnnd gegeben vnd jnen, das sies den Christen glei-
chermaß reichen vnnd geben sollen, ernstlich beuohlen, des Herrn Christi
Tod darbey zu gedencken.59
Daraus folget, das die Messe nichts ist denn ein Humana traditio, ein grewel
(20)vnd Abgtterey fr Got, was aber die newen Veter darwider sagen, so das
INTERIM hie zufret, da gibt man nichts auff, dieweil sie one Schrifft vnnd
Gottes wort reden. Warumb gleuben vnd halten sie nicht die alten, ersten
Veter, die lieben Aposteln, welche der heiligen Christlichen Kirchen grund-
festen vnnd seulen sein,60 aber sie dienen nicht zu jhrer opffermesse wie jhre
(25)newe Veter.61 || [C 1r:] Darumb knnen sie sich derselben nicht gros rhmen.
Der Prophet Malachias62 redet auch weit von einem andern opffer denn
dauon das Gotlose INTERIM on allen verstandt weschet63 vnd plaudert.
Denn Christus Leib wirdt in der Messe nicht geopffert, dieweil ehr im
Abentmal nicht geopffert ist, sondern allein sein Leib gegessen vnd das Blut
(30)getruncken zum gedechtnis des todes Christi.
Vnd dieweil der Leye, wenn er das Sacrament empfehet, nicht opffert, so
kan der Pfaffe auch nichts opffern. Denn der Leye hat ebensoviel am Sacra-
ment als der Pfaffe, vnnd der Pfaffe hat nichts mehr denn der Leye. Denn die

|| [222]

beide theil seind ein einig64 Sacrament, fr alle Christen zugleich eingesetzt
vnd jhnen gegeben, das einer so viel als der ander, keiner weniger noch mehr
denn der ander, daran haben soll. Opffert nu der Leye nicht, so opffert
der Pfaffe auch nicht; opffert aber der Leye, so opffert der Pfaffe auch.
(5)Dieweil aber das gewis ist, das der Leye nicht opffert, wenn er das Sacra-
ment empfehet, so ist auch gewis, das der Pfaffe nicht opffert, denn ehr thut
nichts mehr denn der Leye, on65 das ehr als ein diener der Kirchen aus dem
beuehl Christi den Leyen das Sacrament darreicht vnnd gibt.
Daraus folget abermal vnwidersprechlich, das die Messe ein lauter men-
(10)schengedicht66 ist, || [C 1v:] vmb geitz willen erfunden vnnd erdacht, so gar
nicht zum Abentmal gehrt, sondern ist gar ein frembd ander vnd eigen
dingk vom Abentmal odder der Communion, abgesundert vnnd gescheiden.
Denn des Herrn Abentmal ist ein Sacrament vnnd kein opffer. Denn die
beide seind weitter voneinander gescheiden denn Himmel vnnd Erde, wie
(15)genugsam beweist,67 vnnd wo es die not erfordert, jch, ab Gott wil,68 mit der
Schrift, nicht mit Vetern noch Vettern,69 klerlich beweisen wil. Darumb
mchte das INTERIM wol daheime geblieben sein vnd sich schlaffen gelegt
haben.
Darnach70 gebeut das liebe INTERIM alle Mißbreuche vnnd Abgtterey im
(20)Babsthumb, nichts außgeschlossen, das es nichts anders ist denn das Babs-
thumb selbst. Darumb wers viel zu lange vnd auch vergeblich, jtzund darauff
zu antworten, dieweil alles genugsam beschrieben vnd an tag bracht ist.
Doch wil ich vmb der frommen Leutte willen zu Magdeburgk krtzlich auff
die vornemsten stck antworten, auff das sie sehen vnnd prfen sollen, das
(25)ich bey dem glauben vnnd bey der Lehre, so ich jhnen bis ins xviij. yar
geprediget habe,71 noch bestendigk bleibe vnnd beharre Vnnd mit Gottes
hlff vnd gnade darbey bys inn Todt bleiben vnnd beharren wil.
Vnnd zum ersten mus ich etwas wenigk || [C 2r:] von dem Artickel der Justifi-
cation sagen. Denn das INTERIM gehet im anfang daher als ein Engel des
(30)liechtes, das einer zun Heiligen schwre, es redte von der sache wie S. Pau-

|| [223]
-
lus selbst. Aber am ende findet sichs, das es den stanck hinder sich lesset,
wie der Teuffel zu thun pflegt, wenn er sich in einen Engel des liechts ver-
wandelt.72 Denn es beschleust diesen Artickel also: „Der Glaub macht wol
rechtfertigk, aber wenn die Liebe zum Glauben kompt, so macht ehr den
(5)menschen warhafftigk gerecht vnnd from. Denn der Heilige Geist reiniget
das hertz durch die Liebe, ins hertze gegossen.“73 Wie denn die Sophisten
alle zeit diese zwey stck geleret, geprediget vnnd geschrieben haben.
Das erste: der Glaub macht nicht warhafftigk gerecht, die Liebe komme denn
darzu. Das ist ebensoviel, als Petrus Maleuenda74 sagt: „Fides iustificat
(10)inchoatiue, sed charitas seu opera completiue.“75
Solchs alles seind menschliche wort vnnd gedancken, on grund vnd schrifft
gesagt. Denn Gott spricht in seiner Schrift das widderspiel:76 „Wenn jr alles
thut, was jhr schldig seit zu thun, so sprechet: wir sein vnntze knechte.“77
Das ist so viel gesagt: Wenn einer gleich alle werck, welchs doch vnmglich
(15)ist, gethan hette, die Gott geboten hatt, so were ehr doch darumb nicht from
noch gerecht, sondern ein vnntzer knecht, vnd muste ebensowol als der
schecher am Creutz78 || [C 2v:] durch den glauben an Gottes barmhertzigkeit
aus lautter gnade from, gerecht vnnd seeligk werden.
Hiemit wird das ‚Completiue‘ gar gestrtzet vnd nidergeworffen, nemlich
(20)das keine werck, keine liebe den menschen from vnnd gerecht mache, wie
der Heilige Paulus klerlich von sich selbst saget: „Mir ist nichts bewust
odder darumb bin ich nicht gerecht worden“79 , das ist: Jch hab gegleubet
vnnd geliebet, alles, was ich thun sol, gethan, vnd habe nichts nachgelassen,
noch bin ich darumb nicht gerecht. Wo bleibt nu des Maleuendae ‚ Completi-
(25)ue‘, odder der andern Sophisten Lehre, nemlich das die liebe, wenn sie zum
glauben kompt, warhafftigk gerecht mache?

|| [224]

Derhalben seind des INTERIMS wort eitel vergebliche vnnd vnntze ge-
schwetze, dadurch die leutte verfret vnnd verblendet werden, da es spricht:
Der glaube mache gerecht, wenn die liebe darzukompt.80 Denn die liebe kan
niemand gerecht vnd from machen. Sondern wer Gott vnd seinen negsten
(5)lieben sol, der mus zuuor from vnd gerecht sein, vnd alsdenn folget Effectus
vnd frucht der gerechtigkeit, nemlich die liebe vnd gute werck.
Darumb kan die liebe nicht sein Causa iusticiae, widder Completiue noch
Perfectiue, Sondern sie ist ein werck, das der glaub schaffet vnnd wircket,
wie Christus, vnser lieber Herr, selbst || [C 3r:] saget: „Machet den baum vor-
(10)hin81 gut, so bringet ehr gute frchte. Denn ein bser baum (das ist: ein
mensch one glauben) kan nicht gute frchte bringen (das ist: ehr kan keine
gute werck thun)“.82
Darumb ist das gewis war: Wer Gott vnd sein negesten lieben sol, der mus
zuuor durch den glauben aus Gottes gnade from vnnd gerecht sein. Wie denn
(15)Sanct Paul den vorigen spruch Christi deutet vnd aussleget, da er spricht:
„Wer in einem newen leben wandeln sol, der mus zuuor ein newe Creatur,
durch den glauben vnnd Geist vernewert, sein.“83 Als denn auch vnser lieber
Herr Jhesus Christus zu Nicodemo spricht: „Warlich, warlich, Jch sage dir:
Es sey denn, das yemand von new geboren werde, so kan er das reich Gottes
(20)nicht sehen“,84 das ist: ehr kan durch seine werck vnnd verdienst nicht from
noch gerecht werden, sondern es mus allein durch die newe widergeburt
geschehen.
Denn die gnade vnnd gerechtigkeit ist von Gott dem menschen aus lautter
liebe vnnd barmhertzigkeit verheissen vnnd zugesagt, welche verheissung
(25)mit den henden vnnd wercken nicht kan ergriffen noch erlangt werden,
sondern sie mus durch den glauben allein mit dem hertzen gefasset vnnd
ergrieffen werden. Nemlich wer das wort, darinne Gott seine gnade, gerech-
tigkeit vnnd ewiges leben verheisset, mit ernst vnnd von gantzem hertzen
gleubt, derselbe wird on alle werck vnnd verdienst from vnnd || [C 3v:] ge-
(30)recht. Das sey genug vom ersten stck dieses Artickels von der Justification.

|| [225]

Das ander stck in diesem Artickel der Justification, welchs das schne
INTERIM anzeigt, ist dis, das der heilige Geist das hertz durch die Liebe rei-
niget,85 welchs doch so grob, klar vnd hell widder die Schrifft ist, das michs
wundert, wie es darff damit an tag kommen. Denn es stehet jhe ffentlich
(5)geschrieben: „Fide purificans corda eorum, ehr reiniget jhre hertzen durch
den Glauben“.86 Darumb ists falsch vnnd vnrecht, das dies schne INTERIM
sagt, der heilige Geist reinige das hertz durch die Liebe. Wo stehet es ge-
schrieben? Christus, vnser lieber Herr, sagt zu seinen Jngern: „Jhr seit rein
vmb des worts willen, das jhr gehret habet“,87 das ist: Jhr seit rein, from
(10)vnnd gerecht vmb des glaubens vnnd nicht vmb der liebe willen. Was will
doch odder kan das INTERIM mit allen seinen Meistern hie zu sagen?
Es ist snde vnd schande, das man die Leute so effen vnnd narren sol. Gott
behte vns fr dem INTERIM, das es ya kein Christenmensch halte, gleube,
noch anneme, dieweil es stracks wider Christum vnd sein wort saget: „Die
(15)Liebe reiniget das hertz“, so doch Christus, vnser lieber Herr, klar sagt: „Jr
seit rein vmb des worts willen“88 etc. vnd Petrus in Actis: „Ehr reiniget jhre
hertzen durch den Glauben“.89 Dabey wil ich, ob Gott wil, bleiben vnd das
Gottlose INTERIM fahren lassen, es folge darnach, was es wolle.
|| [C 4r:] Das INTERIM gebeut vns auch, das wir fasten sollen. Solches mus
(20)man auff wellisch90 vnd Rmisch verstehen, wie der Rmische hoff vom
fasten zu reden pflegt. Denn die Christliche Kirche redet viel anders vom
fasten Denn die rotte hure zu Babilon,91 die sich Romanam Curiam nennet.
Die Christliche Kirche sagt, Leret vnd Prediget, das fasten nichts anders sey,
denn nchtern vnnd messigk leben, die hertzen mit fressen vnnd sauffen
(25)nicht beschweren vnnd zu zeiten jhm an gewhnlicher speise abzubrechen,
one alle vnterscheid der speise den Leib casteien vnd zimlich hunger leiden,
das ehr zum gebet geschickt werde vnnd sein hertz zu Gott deste besser er-
heben knne, wie Christus, vnser lieber Herr, vnnd der heilige Paulus dauon
reden. Aber der Rmische hoff, das Antichristisch Reich, schreiet, schreibet
(30)vnd brllet viel anders von der fasten. Nemlich das man nicht Fleisch,
Butter, Kese noch Eyer essen solle, sondern alleine Fische vnd Mel, macht
also vnderscheid der speise, die Gott geschaffen hat, den gleubigen zu
nemen mit dancksagung. Denn alle Creatur Gottes ist gut vnnd nichts ver-
werfflich, so mit dancksagung genomen wird. j. Timoth. iiij.92 Derhalben

|| [226]

spricht Sanct Paulus, das solche vnterscheid vnnd verbietung der speise
seind Teuffels Lere vnd gebot,93 welche vns das INTERIM jtzt wil widder-
umb auff den hals legen, stracks widder Gottes wort gebot vnd beuehl.
|| [C 4v:] Darumb wenn sie wolten das fasten gebieten, so solten sie das rechte
(5)Christliche fasten gebieten, wie es Christus, vnser lieber Herr, geboten vnnd
die ersten alten Christen gehalten haben one alle vnterscheid der speise,
nemlich das sie nicht ehr assen denn nach der vesper,94 assen vnnd truncken
messigk, was sie hatten, beschwerten jhre hertzen nicht mit fressen vnnd
sauffen.95
(10)Aber vnser Pfaffen vnd Pfaffenknechte, des INTERIMS schmide, achten
solchs fastens nichts, sie thuns nicht vnnnd haltens auch nicht, es ist jhnen
auch kein ernst, allein das sie jhren mutwillen widder vns gebrauchen, jhre
ehre vnd gewalt zu uerteidigen vnnd widder auffrichten. Denn sie wollen
nicht geirret noch vnrecht gethan haben. Denn das rechte Christliche fasten
(15)ist jhnen nicht gelegen, es ist den weichlingen zu schwer.
Darumb haben sie in der fasten bald nach der Meß, fr mittage,96 die Vesper
gesungen, auff das sie aus grosser andacht das fasten recht hielten Vnnd ja
nicht eher denn nach der Vesper essen.97
Ist das Gottes nicht gespottet, so weis ich nicht, was spotten heist! Solches
(20)sehen Keyser, Knige, Frsten vnnd Herrn, schweigen still darzu, lassen die
Mespfaffen machen, was sie nort98 wollen vnnd erdencken drffen, handtha-
ben99 vnd schtzen sie darzu, gleich ob GOTT ein nar were vnnd der Pfaffen
bheit nicht verstnde odder jhm gefallen liesse, so doch solches || [D 1r:]
verbieten der speise Teuffels Lehr vnd gebot ist, wie oben angezeigt.100
(25)Derhalben: Wer jhr fasten annimpt, der nimpt den Teuffel an, spottet vnnd
lachet des rechten, waren Gottes wie der Babst mit seinem Rmischen hoffe.

|| [227]

Wollen sie aber Ciuiliter vnnd politicic fische zu essen gebieten, so thun sie
es auff den dinstag oder donnerstag, auff das die Pfaffen in jhrem abgtti-
schen mutwillen nicht gesterckt, noch die arme Leutte verfret werden.101
Daraus kan jederman abnehmen, wie sich das schne INTERIM selbst so
(5)schendlich beschmeist, das sichs zum ersten an Gottes stadt in sein hchsten
stul setzet vnnd wil stracks vnuerschembt Gott sein, die hertzen vnd gewis-
sen der menschen seines gefallens regieren vnd meistern, was sie gleuben
vnnd halten sollen, wie oben gehrt. Jtzundt aber hat das schne INTERIM
sein selbst vergessen, wirfft sich herunter in die vnderste Hell vnnd setzt sich
(10)an des Teuffels stad in seinen stuhl vnd gebeuth der heiligen Kirchen zu
halten des Teuffels lehre vnd gebot, nemlich das sie vnterscheid der speise
halte, in der woche zwen tage, vnnd an andern fastagen nicht fleisch essen
sol. O du vnuerschembter Teuffel, wie gibstu dich so grob an tag vnnd les-
sest dein Eselsoren vnnd -fsse ffentlich herfrkucken, das dir Gott were,
(15)du schentlicher Geist!
Du weissest sehr wol, das du das Christliche fasten nichts achtest, nichts
nach Gottes || [D 1v:] ehre odder des leibes Casteien fragest, dieweil du in den
fastagen vnd in der fasten selbst auffs herrlichste vnnd prechtigste mit essen
vnnd trincken lebest vnnd den bauch auff der morgenmalzeit also fllest, das
(20)dich auff den abent nicht ein bissen zu essen lstet. Das ist gewis war; ich
habs erfaren, denn auff den fastagen haben, mit zchten zu reden, die geistli-
chen andechtigen Veter kein fleisch gegessen, aber gutte karpen,102 Hechte,
Neunaugen,103 Lachs, Ster, Biberschwentze104 vnnd Lampreten,105 auffs
herrlichste zugericht, die flle gefressen vnnd eingeschlungen, das jhn der
(25)bauch gedont hat,106 vnnd darzu die besten Wein auff den abent vnd morgen
gesoffen, das ein armer gemeiner man, was jhr einer auff eine malzeit fras
vnnd soff, sich zween gantze tage damit vberflssigk beholffen hette. O des
schentlichen fastens! Noch sein die Meister des verfluchten INTERIMS so
kne frech vnnd vnuerschembt, das sie bey solchem hellen liecht des heili-
(30)gen Euangelij Jhesu Christi, vnsers lieben Herrn, des Teuffels gebot vnd

|| [228]

Lehre vns drffen auff den hals legen. Pfu dich an, du schentliches INTE-
RIM, schemestu dich nicht? Were ein Christliche ader oder blutstropffen in
dir, so soltestu dich in dein hertz schemen, das du solch nerrisch vnnd Gott-
los gebot den armen Christen furhalten vnd gebieten soltest, gleich ob wir
(5)alle stcke vnd blcke weren, die widder sinn noch vernunfft hetten!
Von der Heiligen anruffen mus ich auch etwas sagen, denn das INTERIM
macht viel || [D 2r:] wort dauon, das die Heiligen fr vns bitten,107 so doch
solches alles one schrifft gered vnd gesaget wird. So weis auch niemand, was
die Heiligen, so entschlaffen seind, machen odder wo sie sein, denn das sie
(10)alle fr GOTT leben108 vnnd in Abrahams schos109 odder im Paradeis110
seind, was aber Gott mit Enoch,111 Elias112 vnd andern,d so nach der auff-
erstehung Christi zu Hierusalem den leuten erschienen sein,113 das ist ein
sonderlichs, daraus man nicht schliessen kan, das die Heiligen im Himel
seind vnnd fr vns bitten. Darumb seinds eitel vergebliche vnd vnntze wort
(15)vnnd dienen nirgent zu, denn das Antichristische reich zu Rom widderumb
auffzurichten vnd in vorigen stand zubringen, wie denn das INTERIM in
allen seinen Artickeln thut. Christus, vnser lieber HErr, ist allein im Himel
vnser aduocat vnd vorsprecher, wie Johannes sagt.114 Von den andern heili-
gen ist alles vngewis, vns verborgen vnd in der Schrifft nicht offenbart.
(20)Darumb sie bitten odder bitten nicht, so gilts gleich viel. Aber sie anzu-
ruffen, dauon das INTERIM schweiget vnd doch mit dem frbitten das
anruffen meinet, ist ein grewel vnd Abgtterey fr Gott. Denn man sol nie-
mand anruffen denn Gott allein, von dem sol vnnd mus man alles bitten vnnd
bey jhm allein trost vnd hlff suchen vnnd gewarten, wie geschrieben stehet:
(25)„Ruff mich an inn der not, so wil ich dich erretten etc.“115 Vnnd Johannes in
seiner Epistel: „Wenn wir sndigen, so haben wir ein Aduocaten vnnd fr-
sprecher bey Gott dem Vater“ etc.116 || [D 2v:] Denn des hertzen seufftzen vnd
begir, welchs das rechte anruffen ist, erkennet niemandt, kein Engel noch
Mensch, denn Gott allein, wie der Psalm sagt: „Adiuua iustos, quoniam tu
(30)Deus iustus corda et renes probas.“117

|| [229]

Derhalben, wer ein heilgen anrufft, der macht jhn zu einem Abgott, denn er
thut jhm die ehre, so Gott allein gebrt, nemlich das ehr dauor acht vnd helt,
der heilige erkenne seines hertzen seufftzen vnd begier, welchs vnmglich
vnd rechte Abgtterey ist.
(5)Vom hchsten Bischoff plaudert, pladdert vnd fladdert das INTERIM vber
die masse viel118 Vnnd wolt die arme Christen gern widderumb vnter das
Babstumb in das jemmerliche Babilonische gefengknis119 brengen, das Babs-
tumb widderumb anzurichten inn aller mas vnd form, wie es vor gewesen ist,
nemlich das wir den Babst fr den bersten Bischoff, Pfarrher vnnd Seelsor-
(10)ger in der Christlichen Kirchen halten sollen, vnnd wil vns also aus dem
reich Christi in des Antichrists reich fren vnd darein werffen.
Dieweil aber kund vnd offenbar ist als die helle Sonne am Mittag, das der
Babst der rechte, ware Antichrist ist vnnd sein Rmischer hoff des Anti-
christs reich ist, so hat das INTERIM seine mhe vnd arbeit verloren vnd ist
(15)alles vergeblich, vnntz vnd erlogen.
|| [D 3r:] Derhalben hoff ich, das kein mensch, der mit Gottes wort vnterricht
ist, jhn fr ein Hirten odder Bischoff erkennen vnd annemen wird. Vnnd ich
sage fr mich, das ich als ein Christen jhn fr keinen Bischoff noch Pfarrher
halten wil, auch nicht kan, noch sol, jch wolt denn den Antichrist anbeten
(20)vnnd das zeichen von der Bestia annemen vnnd auff mein stirn drucken
lassen, wie Johannes sagt inn seiner offenbarung Cap. xiij: „Die Bestia, das
thier, machte, das welche nicht des thiers bilde anbeten, ertdtet wurden,“120
vnd bald hernach: „Vnd dasselbe thier gab allen ein malzeichen an jhre
rechte hand odder an jhre stirn, das niemand keuffen oder verkeuffen kan,
(25)ehr habe denn das malzeichen odder des thieres name odder die zal seines
namens“ etc.121
Hie ist weissheit vnnd verstand vonnten122 Vnnd sehe jederman zu, das er
sich fr diesem thier vnnd seinem malzeichen hte, wil ehr anders seligk
werden. Wer hie sein leben lieb hat vnnd wils aus furcht des todes bewaren,
(30)der wirts ewigk verlieren, wie Christus, vnser lieber Herr, sagt vnd vns so
treulich warnet vnnd vermanet. Das aber der Babst der rechte, ware Anti-
christ sey, dauon die Propheten, Christus vnd die Aposteln geweissaget
haben, das beweiset sich aus folgenden vrsachen:

|| [230]

Zvm Ersten: Der Antichrist sol kommen im namen Christi Vnnd sitzen in
einer Heiligen stedte, das ist im tempel Gottes, in der heiligen Kirchen.123
|| [D 3v:] Zvm andern sol er sich erheben vber alles, das Gott odder
Gottesdienst heisset.124 Zvm dritten, so sol ehr verbieten, ehelich zu werden
(5)vnnd die speise zu meiden.125
An den dreien stcken wollen wir vns auff dismal gengen lassen, es wrde
sonst zu lange, wenn man alles, was Daniel, Christus, Paulus vnnd Petrus
dauon weissagen, handeln solt. Diese drey stck sein die vornembsten.
Zvm ersten rhmbt sich der Babst, er sey ein stathalter Christi vnd S. Petrus
(10)nachkome. Denn alles, was ehr thut vnd gebeut, das thut ehr im namen
Christi vnnd im namen der Aposteln Petri vnd Pauli vnnd sitzt in der heili-
gen stedte, das ist: ehr wil sein ein Herre vnnd heubt der Christenheit, nicht
allein vber die Bischoffe, sondern auch vber Keyser vnd Knige, welche alle
von der Bestia das malzeichen nemen126 vnd jhr die fsse kssen,127 das ist
(15)vnterthenig vnd gehorsam sein vnnd fr jhren Herrn achten vnnd halten.
Solchs zeugen alle historien vnd Cronicken, noch wollen wir widder sehen
noch hren. Jm namen Gotts, so bleibet blind ewiglich! Es ist jhe widder
Gott, Christum vnnd sein heiliges Wort, das der Babst sol vber den Keyser
ein Herr vnnd heubt sein.128 So hats auch Christus selbst nicht gethan noch
(20)Petro beuohlen, sondern sie seint diener vnd knechte gewest.129 Darumb
dieweil der Babst sich rhmet ein stathalter Christi vnd S. Peters nachkome,
so thue ehr auch, was Christus vnd Petrus jhme geboten vnd be- || [D 4r:] uoh-
len vnd selbst zu einem exempel vnnd frbilde gethan haben. Es darff nie-
mand dencken, das der Antichrist kommen wird als ein ffentlicher feind
(25)Christi, der den Herrn Christum solt verfluchen vnnd verdammen, wie die
Mnniche vnd Pfaffen geprediget haben, sondern er wirt kommen im namen
Christi, sub specie pietatis, wie der heilige Paulus sagt.130
Zvm andern sol sich der Antichrist erheben vber alles das Gott vnd Gots
dienst heisset, das ist: vber Gottes wort vnd die heiligen Sacrament, welche
(30)ehr in seiner gewalt vnd macht haben wil, die Schrifft zu deuten, die Sacra-
ment zu endern nach seinem vnnd seines Rmischen hoffes vnnd stuls gefal-
len, gleich ob ehr Christi, vnsers lieben Herrn, Meister vnd Doctor were,
erhebt sich also vber Christum, vnsern lieben Herrn, wil jhn meistern vnd zur

|| [231]

schule fhren, den Sohn Gottes vnd Herrn Himels vnnd Erden. Gott erbarms,
das niemand solchs sehen noch hren wil!
Zvm dritten, so sol der Antichrist verbieten, ehelich zu werden vnd die spei-
se zu meiden, welchs der Babst reichlich mit voller macht vnd gewalt erfl-
(5)let hat, das er nicht allein den geistlichen die ehe verboten, sondern auch
jhnen die angefangene ehe nach gewonheit der alten Ersten Christlichen
Kirchen mit gewalt des Bans vnd des schwerts aus eingebung des Teuffels
abgedrungen hat, wie die historien klerlich zeugen.
Daraus schleust sich gewaltiglich, das der Babst der rechte, ware Antichrist
(10)ist, welchem kein Christen kan noch sol gehorsam sein bey seiner Seelen
seligkeit.
|| [D 4v:] Derhalben ehr auch kein Pfarher noch Bischoff ist, vielweniger der
berste.
Das aber das INTERIM sagt, Petrus habe gewalt vnd macht vber die andern
(15)Aposteln empfangen, ist ffentlich erlogen. Denn Christus, vnser lieber Herr,
sagt inn dreien Euangelisten vnd gebeut ernstlich den Aposteln, das keiner
vber den andern hirschen noch regiern sol, wie das Mattheus, Marcus vnd
Lucas klerlich zeugen, da Christus, vnser lieber Herr, zu den Aposteln sagt:
„Vos autem non sic,“ etc. Mit diesen worten antwort der Herr Christus den
(20)Aposteln (da sie jhn fragten, wer der grste vnter jhnen were) vnnd gebeut
jhn, das keiner vber die andern sol der berste sein, sondern wer der grste
ist in gaben vnnd gnaden, der sol der andern knecht vnd diener sein.131
Solchs ist alles klar vnnd helle als die liebe Sonne, noch darff das schentliche
INTERIM so frech, stoltz vnd vnuerschembt widder solche helle schrifft,
(25)gebot vnd beuehl vnsers Herrn Jhesu Christi vns gebieten, das wir den Babst
fr den bersten Bischoff erkennen, sein gebot vnnd gesetz halten sollen als
des, der mit voller vnd aller gewalt allen andern Bischoffen sey frgesetzt
vnnd habe solche gewalt vnd recht, welche Petrus von Christo, vnserm lie-
ben Herrn, mit diesen worten „Pasce oues meas“,132 empfangen.
(30)Denn diese wort, „Pasce oues meas“, lauten auff jhr deutsch also: „Petre, sey
ein Herr vber die an- || [E 1r:] dern Aposteln vnd Bischoffe.“ Mit solcher jhrer
deutung straffen sie Christum, vnsern lieben Herrn, den Sohn Gottes, vnnd
machen jhn zu eim lgener, gleich ab ehr zuuor, da ehr sagt „Vos autem non
sic,“ etc.,133 falsch vnd vnrecht die Aposteln geleret hat, das keiner vber die
(35)andern ein Herr vnnd berster sein solt. Denn das ist jhe gewis vnnd war,
wenn dis wort „Pasce oues meas“ also, wie das INTERIM leugt vnd treugt,
sol verstanden werden: „Petre, sey ein Herr vber die andern Bischoffe“, so
mus vonnten134 jhene wort „Vos autem non sic,“ etc. erlogen sein, welchs
niemant denn dem Teuffel vnd seinem INTERIM zu sagen gebret.

|| [232]

Dieweil aber vnser lieber Herr Jhesus Christus des Himelischen Vaters
Weiheit vnnd warheit ist, so kan er nicht liegen.135 Derhalben diese wort
„Vos autem non sic,“ etc. mit gewalt zwingen, das jhene wort (Pasce oues
meas) Von der Herrschaft vnnd gewalt nicht knnen, mgen, noch sollen
(5)verstanden werden. Solchs alles zeigt der text selbst so klar an, das keiner
beweisung mehr darff,136 noch vonnten ist.
Darumb thut mirs von hertzen wehe, das die Mnche vnd Mespfaffen Keyse.
Maie. so verfren, das seine Maie. sich des INTERIMS annimpt, vnnd sage
das fr mein hoffrecht,137 das diejhenigen, so das Key. Maie. geraten haben,
(10)jhre Maie. mit trawen138 vnnd ehren nicht meinen139 knnen, Sondern vnter
der Key. Maie. namen suchen sie jhr eigen nutz, ehre vnnd gewalt, wie || [E 1v:]
sie denn wol dreissigk jar daher gethan haben.140 Dieweil sie es aber mit der
heiligen Schrift nicht haben ausfhren knnen, so sols Key. Maie. mit gewalt
thun. Gott helff vns armen elenden Witwen vnd Weysen! Wenn sie aber
(15)Gottes ehre vnd die warheit suchten, so solten sie Key. Maie. raten, das jhre
Maie. das Euangelium frey vnd vnuerhindert gehen liesse, bis solang der
Babst oder ein Concilium mit der heiligen Schrifft beweisete, das wir ketzer
weren. Das were recht vnd wol geraten. Dieweil sie aber das nicht thun wol-
len, sondern allein sagen vnd nicht beweisen knnen, so wollen vnd sollen
(20)wir armen Lutherischen bey vnserm Herrn Jhesu Christo bleiben, sie mgen
beim Babst vnd jhrem Rmischen hoff bleiben, so lange sie wollen. Denn
wir knnen vnd sollen auff der Mnche vnd Mespfaffen schlechte wort on
alle beweisung nicht stilschweigen, es gehe vns drber, wie Gott wil.
Das aber das INTERIM sagt, man sol lieb vnnd fried halten,141 das ist recht,
(25)aber sofern,142 das Gott, sein wort vnnd der glaube nicht verletzet werde.
Wenn aber widder Gottes wort vnnd den glauben etwas vom Concilio oder
Reichstage frgenommen wird, so sol ein jeder Christen die warheit beken-
nen vnd in keinen weg schweigen, vnd ab vnfried vnd verfolgung daraus
folgen wolt (Wie Christus, vnser lieber Herr, sagt: „Jch bin nicht kommen,
(30)fried zu senden, sondern das schwert,“143 das ist: wenn Christus, vnser lieber
Herr, in die welt kompt vnd sein heiliges Euangelium predigen lest, so erregt
sich widder vns Vater, Mutter, Freunde vnd Herre, die werden || [E 2r:] alle
vnsere feinde vnd trachten vns nach leib vnd guth),144 so ists doch nicht

|| [233]

vnser schult, sondern derjhenigen, die die warheit nicht wollen auffnehmen.
Denn wir thun niemant nichts, die Papisten aber verfolgen, veriagen vnd
erwrgen vns, denn wir armen schaff, die zu vnderst an dem Bache trincken,
mssen dem wolffe den bach betrbt haben;145 wir thun, was wir wollen, so
(5)mssen wir vnrecht haben. Darumb sage ich fr mich abereins,146 das ich
solch INTERIM nicht halten wil noch kan, denn man sol Gott mehr gehor-
sam sein denn dem menschen.147 Ja Babst, Cardinal, Keyser vnd Knig seint
ebensowol als die Bawren Jhesu Christo vnserm lieben Herrn vnd seinem
heiligen Euangelio gehorsam zu sein schldig vnd pflichtig, wie des himeli-
(10)schen Vaters stimme vnd gebot lautet: Das ist mein lieber Son, den hret148 ,
den, den vnd kein andern! Trotz hie allen Mnchen vnnd Mespfaffen, was
sie darwider sagen knnen.
Was mehr in dem schnen vnd lieblichen INTERIM ist, als von der schmire
oder der letzten lung,149 firmung150 vnd der gleichen narwerck mer, das ist
(15)nicht werd zu uerantworten. Denn man mag die schmire und firmung ein
Sacrament odder sonst, wie mans wil, nennen, so seind sie doch von Christo,
vnserm lieben Hern, nicht eingesatzt, haben auch nicht verheissung der
gnade vnd vergebung der snde, wie die tauffe vnd das Abentmal, ebenso-
wenig als der ehestand vnd der Pfaffen weihe. Darumb knnen sie in keinen
(20)weg Sacramenta sein vnsers Herrn Jhesu Christi, sie mgen des Babsts vnd
seiner Mespfaffen Sacrament sein vnd bleiben, vnnd wer sie dauor halten
wil, der || [E 2v:] mag es thun auff sein ebentheur.151 Denn das ist jhe gewis
war vnd ein tewer werdes wort,152 das niemant im Himel noch auff Erden
gewalt vnd macht hat, Sacrament einzusetzen vnd vergebung der snden zu
(25)uerheissen, denn allein Jhesus Christus, vnser lieber Herr, der Sohn Gots;
wie solt denn der Babst vnd sein Romana Curia des gewalt vnnd macht
haben? Johannes der Teuffer, der grosse Heilige, sagt selbst: „Jch teuffe mit
wasser. Es ist aber ein ander, der grsser ist denn ich, der teufft mit dem
heiligen Geist“,153 das ist: derselbe hat gewalt vnnd macht, gnad vnnd geist
(30)zu geben, wem ehr wil.
Von der Kirchen solt ich dem INTERIM auch wol antworten, aber es ist
genug dauon geschrieben, das die Christliche Kirche an keinen ort, stant
oder ampt gebunden ist, sondern wo Gottes wort, die stimme vnsers breut-

|| [234]
-
gams154 vnd hirten, klinget, daselbst ist die rechte, ware Christliche Kirche,
wie Christus, vnser lieber Herr, sagt: „Meine schaff hren meine stimme“,155
„eins andern stim hren sie nicht.“156 Wo nu diese stim des Herrn Christi,
das heilige Euangelium, geprediget wird, da ist die rechte, ware Christliche
(5)Kirche, das ist: ware, rechte Christen, die Geist vnnd Glauben haben, sie
seind wes standes vnnd an welchem ort sie wollen, vnnd wens gleich eitel
bawren in der Trckey weren. Vnnd widderumb wo das Euangelium nicht
gepredigt wird, da ist keine Kirche, es sey zu Rom oder Jerusalem, vnd wenn
gleich eitel Bebste vnd Bischoffe da weren, so were daselbst keine Christli-
(10)che Kirche,157 wie || [E 3r:] denn zu Rom jtzund, souiel es den Rmischen hoff
belangt, keine Christliche Kirche ist noch sein kan, das weis ich frwar, vnd
ist ein gewis theures, werdes wort: „Meine schaff hren meine stimme.“158
Denn zu Rom wird die stimme Jhesu Christi, vnsers hirten, nicht gehort,
sondern verfolgt vnnd verdampt. Darumb ist der Rmische hoff nicht die
(15)Christliche Kirche, sondern ein mrder- vnd wolffesgrube,159 wie Christus,
vnser lieber Herr, zu den hohen Priestern vnd Phariseern zu Jerusalem sagte,
welche auch vmb des titels, ampts vnnd namens willen wolten die rechte
Sinagoga oder Kirche sein.
Denn titel, name vnd ampt thut nichts zur sache. Darumb erbet160 die Kirche
(20)nicht auff die nachkomen, es sey denn, das diese stimme vnsers lieben Herrn
vnd hirten Jhesu Christi mit nachfolge. Darumb hilfft die opfferpfaffen gar
nichts, das sie sich der Aposteln Succession rmen, dieweil sie Successio-
nem uerbi et doctrinae Christi nicht haben. Wenn sie aber Successionem
uerbi rmen knten, so wolten wir sie gerne fr ein stck vnd theil der
(25)Christlichen Kirchen halten. Dieweil sie aber Successionem uerbi auff dem
predigstul nicht rmen knnen vnnd die stimme des breutgams nicht haben,
sondern ein andere, frembde stim von der einen gestalt, von der opffermesse,
vom anruffen der Heiligen etc., dauon Christus, vnser lieber Herr, vnd seine
heilige Aposteln nichts wissen, so knnen sie die schaff Christi nicht sein,

|| [235]

sondern sie mssen bcke161 vnd wolffe162 bleiben, sie wollen odder wollen
nicht. || [E 3v:] Denn sie haben nicht allein die stim, das wort vnnd gebot
Jhesu Christi, vnsers lieben Herrn, verlorn, sondern haben es darzu als ketze-
rey verdampt vnnd verboten vnnd die Leute, darumb das sie der stim vnsers
(5)lieben Herrn Jhesu Christi gehorcht vnd gefolgt haben vnd seim gebot vnd
beuehl sein gehorsam gewest, mit fewr vnd schwert verfolget vnd erwr-
get.163
Derhalben sie gewis, wie sie Christus, vnser lieber Herr, nennet, Wolffe,164
Diebe165 vnnd mrder166 seint vnd in keinen weg die Christliche Kirche, das
(10)ist einmal war, trotz das sie ein wort aus der schrifft darwider sagen.
Darumb wer sich von dem Rmischen stul vnd hoff absondert vnd scheidet,
der absondert vnd scheidet sich von Bcken, Wolffen, Dieben vnnd Mr-
dern, nicht von den schaffen Christi; ehr scheidet sich vom Antichrist vnd
seinem Reich, nicht von der einigkeit der Christlichen Kirchen, wie das
(15)schne INTERIM leugt167 vnnd alle welt betreugt.168 Das ist aber gewis war
vnd ein theur werdes wort:169 „Htet euch fr falschen Propheten“,170 nem-
lich: die mein wort vnter meinem namen verfolgen vnd verdammen, von
denen solt jhr euch absondern vnnd scheiden vnnd sie mit jhrem INTERIM
zum Teuffel fahren lassen. Denn das schne INTERIM richtet wider auff
(20)vnnd bestetiget alle Ceremonien, Mißbreuche, Abgtterey vnnd Mnche-
trewme171 des gantzen Babstumbs, gleich ob sie alles recht vnnd wol gethan
vnd in keinen weg geirret hetten vnnd || [E 4r:] gar keiner reformation in der
Lehr vnd jhrem regiment bedrffen. Pfu dich an,172 du mord- vnnd lgen-
geist!173
(25)Vnd in Summa: Es leit alles an der Messe. So die Messe stehet vnnd bleibet
als ein rechter, warer Christlicher Gottesdienst, so stehet vnd bleibet das

|| [236]

Babstumb mit allen seinen affen174 vnd Pfaffen, vnd wir Lutherischen fallen
dahin mit vnser Lehr vnd glauben als Ketzer vnnd Buben. Fellet aber die
Messe als ein menschengedichte vnnd ein rechte, ware Abgtterey, so fellet
dahin das gantze Babstumb mit Mnchen, Pfaffen vnnd allen jhren Gottes-
(5)dienst,175 vnd wir Lutherischen bleiben mit vnser Lehr vnd glauben ewiglich;
das weis ich frwar vnnd gewis als ein theures, werdes wort,176 Quia Ver-
bum Domini Manet In Aeternum.177
So knnen auch wir Lutherischen nicht sein die falschen Propheten, dauon
die Schrift sagt, wenn alle Mnche vnd Pfaffen bersten sollen. Denn wir
(10)verbieten nicht, ehelich zu werden, noch die speise zu meiden.178 Trotz hie
Rom, Trier, Cllen vnd Mentz!179 Pfeifft auff, so wollen wir tantzen!
FINIS. XXXI. Iulij.
1548.

Textapparat
a  korrigiert nach Analogie der sonstigen Vorkommen im Text aus: Mespaffen.
b  Original: keinen; Kustode auf S. || [A 4r:] keinem.
c  rectius: politice.
d  ergänze: getan habe.

Kommentar
1  denen.
2  Vgl. II Tim 3,14.
3  Vgl. Mt 10,32.
4  er, der Kaiser.
5Mt 5,12.
6  geschmiedet.
7  den Abendmahlsempfang unter beiderlei Gestalt, Brot und Wein.
8  zugestanden. Vgl. Art. nachlassen I.4.b.α), in: DWb 13, 86.
9  Vgl. Augsburger Interim XXVI (Von den ceremonien und gebrauch der sacramenten), 142:
„[...] dieweil iren ytzo vil sein, die im standt der gaistlichen die kirchenämbter verwalten und an
vill ortten weiber genomen haben, die sie von inen nit lassen wollen, so soll hierüber des
gemeinen concilii beschaidt und erortterung erwartete werden. [...] welche den gebrauch baider
gestalt vor dieser zait angenomen haben und davon nit absteen wollen, die sollen hierüber
gleichsfals des gemeinen concilii erorterung und entschid erwarten.“
10  wenn auch die strafende Vergeltung noch auf sich warten läßt. Vgl. Art. verziehen A.1.c), in:
DWb 25, 2598f; Art. Rache 3), in: DWb 14, 14f.
11  Erlaubnis.
12  Fingerschnippsen, Geringfügigkeit, vgl. Art. Klipplein, in: DWb 11,1209.
13  Vgl. I Joh 2,15: Nolite diligere mundum neque ea quae in mundo sunt. Si quis diligit mun-
dum, non est caritas Patris in eo.
14  bewilligt und zugestanden.
15Mk 9,7.
16  Vgl. Joh 1,18.
17  Vgl. Mt 28,19f.
18  Vgl. Mt 26,26f.
19  stiehlt.
20  Vgl. Jer 17,5.
21  Vgl. Augsburger Interim XXVI (Von den ceremonien und gebrauch der sacramenten), 142:
„[...] Doch sollen die, so den gebrauch baider gestalt haben, die gewonheit, die nhun alt ist, unter
einer gestalt zu communiciren, nit straffen, auch keiner den andern hierin anfechten, biß hierüber
von einem allgemeinen concilio geschlossen wirdet.“
22  Das Konzil zu Konstanz (1414–1418) beschloss in seiner 13. Sitzung am 15. Juni 1415 gegen
die hussitische Forderung nach dem Laienkelch das Dekret „Cum in nonnullis“ über die Kom-
munion allein unter der Gestalt des Brotes, s. DH 1198–1200, bes. DH 1199: „Et sicut haec con-
suetudo ad evitandum aliqua pericula et scandala rationabiliter introducta est, sic potuit simili aut
maiori ratione introduci aut rationabiliter observari, quod, licet in primitiva Ecclesia huiusmodi
sacramentum reciperetur a fidelibus sub utraque specie, tamen postea a conficientibus sub utra-
que specie et a laicis tantummodo sub specie panis suscipiatur, cum firmissime credendum sit et
nullatenus dubitandum, integrum Christi corpus et sanguinem tam sub specie panis quam sub
specie vini veraciter contineri. Unde, cum huiusmodi consuetudo ab Ecclesia et sanctis Patribus
rationabiliter introducta et diutissime observata sit, habenda est pro lege, quam non licet repro-
bare aut sine Ecclesiae auctoritate pro libito mutare.“
23  Akten des Konstanzer Konzils erschienen im Jahr 1500 in Hagenau unter dem Titel „Acta
scitu dignissima docteque concinnata Constantiensis concilii celebratissmimi“ im Druck (GW
7287).
24Mk 9,7.
25  Vgl. Augsburger Interim XXVI (Von den ceremonien und gebrauch der sacramenten), 142:
„... wiewol man mit dem Apostel halten solle, das der, so one ein weib ist, für die dinge sorge,
die des herren sein [I Kor 7,32], darumb es zu wünschen were, das der christlichen clerici vill
gefunden würden, die, wie sie one weiber sein, auch wharhafftige keuschheit hielten. Yedoch
diweil iren ytzo vil sein, die im standt der gaistlichen die kirchenämbter verwalten und an vill
orten weiber genomen haben, die sie von inen nit lassen wollen, so soll hierüber des concilii
beschaidt und erortterung erwartet werden. Dieweil doch die verenderung, wie ytzt die zeit und
leuff sein, auff dißmals one schwere zerrüttung nit geschehen mag. Doch kan man nit läugnen,
wiewol der ehestandt für sich selbst ehrlich ist, nach der schriefft [Hebr 13,4], das doch der, so
kain eheweib nimbt und wharhafftige keuschhait hellt, besser thue nach derselben schriefft [Mt
19,10–12
; I Kor 7,1.8.26].“
27  Das 1. Laterankonzil (18.–27. März 1123) bestimmte in seinem 3. Kanon: „Presbyteris,
diaconibus vel subdiaconibus concubinarum et uxorum contubernia penitus interdicimus et
aliarum mulierum cohabitationem, praeter quas Synodus Nicaena propter solas necessitudinum
causas habitare permisit, videlicet matrem, sororem, amitam, vel materteram aut alias huiusmodi,
de quibus nulla valeat iuste suspicio oriri“ (DH 711).
28  Zur Entwicklung der Fastengebräuche vgl. Stuart George Hall/Joseph H. Crehan, Art.
Fasten/Fasttage III. Biblisch und kirchenhistorisch, in: TRE 11 (1983), 48–59.
30  kühn, entschlossen, vgl. Art. freidig, in: Götze, 90.
32Mk 9,7.
33  Vgl. Joh 1,18.
34  Vgl. Mt 28,19f; 10,27.
35  obenauf sein, sich durchsetzen; vgl. Art. obschweben 1), in: DWb 13, 1116f.
36  zurechtweisen, zur Rede stellen; vgl. Art. rechtfertigen 5), in: DWb 14, 413.
38  das überhaupt erst einmal erörtern soll.
39  Vgl. Hi 20,15; Jer 48,26.
40  Vgl. Augsburger Interim XXVI (Von den ceremonien und gebrauch der sacramenten), 136:
„Item in den alten ceremonien, so die allgemein kirch bei der messe gebraucht, soll man nit
endern, dann sie seindt alle zu dem, das man in der meß handlet, ganntz bequem. Und sovil den
gebrauch dieses heilligen amts angeet, sollen in einer jeden statt, auch in einer jeden kirchen (ob
mehr als eine darin weren), die aigne priester haben, und darin das volck in zimlicher antzal
zusamenzukomen pflegt, alle tag zum wenigsten zwo meß gehalten werden. Die ain früe, dartzu
die leuth, so mit irer handt arbeit ir narung suechen, komen und sich mit dem sacrament berichten
lassen oder sich Gott dem herren gotseliglich bevelhen möchten; die ander aber solle vil herr-
licher gesungen werden, umb acht uhr des tags vor mittag, bei welcher auch gleicherweiß wie vor
diejhenigen sein, die sich eintweders mit der eucharistien berichten lassen oder aber sich sonst
Gott bevelhen sollen. Aber in den dörffern soll auffs wenigst alle sonntag und feirtag ein meß
gehalten werden. Und damit das volck widerumb zu dem gebrauch der messen fueglich gebracht
werde, so sollen die prediger ... das volck vermanen, das sie gern und offt wollen darbei sein;
denen man auch solle fürschreiben gewisse betrachtungen, die sich zu einem jeglichen stück der
messen reumen [= reimen, dazu passen] ... Der canon, daran man nichts endern, soll auch seine
clare kurtze auslegung haben, das darauß die priester erstlich den gebrauch ires ambts dester
besser versteen, und was sie versteen, dem volck fürsagen könnden.“
41  Vgl. II Thess 2,4.
42  Bezug auf Glauben und Vertrauen.
43  Sei vorsichtig! Vgl. Art. fahren 11), in: DWb 3, 1253.
46  Vgl. I Joh 5,21.
47  Vgl. I Kor 10,14.
48  Sprichwörtlich, vgl. Art. Spiel II.11.f), in: DWb 16, 2312f.
49  Sprichwörtlich für: unwiderruflich beenden; vgl. Art. Fasz, in: DWb 3, 1359.
50  Vgl. oben Anm. 40.
52  Vgl. Dtn 4,2; 13,1.
53  Vgl. Dtn 12,8.13f.29–31.
55Mt 15,9.
56Mt 7,21.
57  Vgl. unsere Ausgabe Nr. 19, S. 894f.
58  lügt und trügt.
60  Vgl. I Tim 3,15.
61  die Apostel eignen sich nicht als Zeugen für das Abendmahlsverständnis des Interims, anders
als die in diesem angeführten jüngeren Kirchenväter. Vgl. Augsburger Interim, XXII (Vom
opffer der meß), 114–119, wo auf Irenaeus, Augustin, Ambrosius, Johannes Chrysostomos,
Athanasius, Cyprian, Arnobius junior, Johannes Damascenus, Hieronymus und Theophylakt
verwiesen wird.
62Mal 1,10; die Stelle wird in Augsburger Interim XXII, 114, angeführt.
63  wäscht, daherredet.
64  einziges. Vgl. Art. einig 3), in: DWb 3, 207f.
65  nur, außer.
66  eine bloße menschliche Erfindung.
67  bewiesen (ist).
68  so Gott will.
69  unter Verzicht auf vermeintliche Belegstellen aus Werken von Kirchenvätern oder gar -vettern
(Wortspiel).
70  In den Abschnitten XXIII (Von der gedechtnus der haylligen im opffer der meß und von irer
fürbitt, so darin begert wirdet. Auch kürtzlich: Von anruffen der heylligen), XXIV (Von der ge-
dechtnus der verstorbnen in Christo), XXV (Von der communion, wie sie beim opffer der meß
gehalten werden soll) und XXVI (Von den ceremonien und gebrauch der sacramenten); vgl.
Augsburger Interim, 122–145.
71Amsdorf war ab 1524 Superintendent und Pfarrer an St. Ulrich in Magdeburg, bis er im Januar
1542 erster evangelischer Bischof von Naumburg-Zeitz wurde. Vgl. Joachim Rogge, Art.
Amsdorff, in: TRE 2 (1978), 487–497.
72  Vgl. II Kor 11,14.
73  Vgl. Augsburger Interim IV (Von der rechtfertigung), 42.44: „... Dann da Gott rechtfertiget,
handlet er nit allein mentschlicher weiß mit dem mentschen, also das er ime allain vertzeihe und
schenck ime die sünde und enntpinde ine von der schuldt, sonder er macht ine auch besser, das
doch kein mentsch weder zu geben pflegt oder geben khan. Dann er ime seinen heyligen geist
mitthailt, der sein hertz reiniget und raitzet durch die lieb Gottes, die in sein hertz außgegossen
wirdt, das er das, so gut und recht ist, begere, und was er begert, mit dem wergck volbringe.“
74Pedro de Malvenda war seit 1540 Kaplan am kaiserlichen Hof in Spanien, nahm an den Reli-
gionsgesprächen von Worms/Regensburg 1540/1541 und Regensburg 1546 teil und war an der
Ausarbeitung des Augsburger Interims beteiligt. Vgl. Martin H. Jung, Art. Malvenda, in: RGG4 5
(2002), 720.
75  Vgl. Pedro de Malvendas Proposition über die Rechtfertigungslehre vom 5. Februar 1546, im
Quellenanhang bei Vogel, Religionsgespräch 1546, 563–568, bes. 565: „Vocabulum iustificatio-
nis ... duobus modis in scripturis accipi animadvertimus. Priore, iustificari est ex impio iustum
fieri. Posteriore, iustum iam hominem acceptis fide, spe et charitate in iustitia ipsa amplius pro-
ficere ac magis iustum fieri.“
76  Gegenteil. Vgl. Art. Widerspiel, in: DWb 29, 1234.
80  Vgl. Augsburger Interim VI (Von der weise durch welche der mentsch die rechtfertigung
bekombt), 50: „... wer sich also durch einen solchen glauben auff die barmhertzigkeit Gottes und
den verdienst Christi steuret und bevilcht sich darein, der emphehet die verhaishung des heyligen
geists und wirdet also gerechtfertiget durch den glauben an Gott, nach der schriefft. Also das ime
nit allein die sünden vergeben werden, sonder derselbig wirdet auch geheylliget und verneuert
durch den heyligen geist, dann dieser glaub erlangt die gabe des heyligen geists, durch welche
die liebe Gottes außgegossen wirdt in unsere hertzen; welche, so sie zum glauben und der
hoffnung kombt, werden wir alsdann durch die eingegebne gerechtigkait, die im mentschen ist,
warhafftiglich gerechtfertigt. Dann diese gerechtigkait besteet durch den glauben, die hoffnung
und die liebe; also wo man dieser gerechtigkeit der stück eins wolte entziehen, so würde sie
gestumelt und mangelhafft sein.“
81  zuvor. Vgl. Art. vorhin, in: Götze, 88.
82  Vgl. Mt 7,17f.
84Joh 3,3.
85  Vgl. Augsburger Interim IV (Von der rechtfertigung), 44: „Dann er ime seinen heyligen geist
mitthailt, der sein hertz reiniget und raitzet durch die lieb Gottes, die in sein hertz außgegossen
wirdt, das er das, so gut und recht ist, begere, und was er begert, mit dem wergck volbringe.“
90  welsch, italienisch.
94  Abendgebet gegen 18 Uhr, vgl. Ernst W. Hofhansl, Art. Stundengebet II. Liturgisch-praktisch,
in: RGG4 7 (2004), 1799f.
95  Vgl. Lk 21,34.
96  vor Mittag.
97  Zum Fastengebot gehörte neben der Enthaltung von bestimmten Speisen auch die Beschränkung
auf eine einzelne tägliche Mahlzeit, wobei bis ins 10. Jahrhundert das Fasten bis zum Abend die
Regel blieb. Zwar hatte es schon seit dem 5. Jahrhundert Tendenzen gegeben, die Mahlzeit bis zur
Non (15 Uhr) vorzuziehen, das wurde aber erst im 10. Jahrhundert durch Ratherius von Verona für
erlaubt erklärt. Bis dahin war die Mahlzeit erst nach dem Vespergebet gehalten worden, das sich an
die nach der Non beginnende Messe anschloss. Ungeachtet der Verschiebung der Essenszeit blieb
es aber bei der liturgischen Anordnung, in der vierzigtägigen Fastenzeit vor Ostern an den Wo-
chentagen vor der Mahlzeit das Vespergebet zu halten. Am Ende des 13. Jahrhunderts erklärte es
Richard von Middleton aufgrund der vielerorts bestehenden Gewohnheit für zulässig, die Mahlzeit
zur Zeit der Sext (12 Uhr mittags) einzunehmen, und für das 14. Jahrhundert bezeugt Durandus de
Sancto Portiano
diesen Gebrauch für Papst, Kardinäle und Ordensleute. Vgl. Anton Heuser, Art.
Fastenzeiten, in: WWKL² 4 (1886), 1258–1273, bes. 1263f.
98  nur. Vgl. Art. nört, in: Götze, 168.
99  verteidigen, schützen, schirmen. Vgl. Art. handhaben 6), in: DWb 10, 395f.
100  Vgl. I Tim 4,1.
101  Die kirchlich seit alters gebräuchlichen Fasttage waren Mittwoch und Freitag, so schon in der
Didache (c. 8) bezeugt, vermutlich in bewußter Abgrenzung zu den pharisäischen Fasttagen Montag
und Donnerstag, wobei der Freitag mit dem Gedenken an Jesu Kreuzigung motiviert wurde, der
Mittwoch mit dem Todesbeschluss seiner Gegner und der Annahme des Verratsangebots des Judas.
Vgl. Anton Heuser, Art. Fastenzeiten, in: WWKL² 4 (1886), 1258–1273, hier 1269.
102  Karpfen (Cyprinus carpio L.); der ursprünglich in Asien heimische Fisch wurde von den Rö-
mern
nach Europa gebracht und im Mittelalter häufig in klösterlicher Teichwirtschaft gezüchtet.
103  Fischähnliche Wirbeltiere, aalförmig, mit mehreren Unterarten, bis zu 50 cm lang, wissen-
schaftlicher Name: Petromyzontidae, heute in Europa vom Aussterben bedroht.
104  Weil Biber ganz überwiegend im Wasser leben, galten sie den Zoologen des Altertums als
Amphibien, ihr Fleisch, insbesondere das des unbehaarten Schwanzes, war als Fastenspeise zu-
gelassen.
105  Unterart der Neunaugen.
106  sich ausgedehnt hat, aufgeschwollen ist; vgl. Art. dohnen, in DWb 2,1220f.
107  Vgl. Augsburger Interim XXIII (Von der gedechtnus der haylligen im opffer der meß und
von irer fürbitt, so darin begert wirdet. Auch kürtzlich: Von anruffen der heylligen), 122–129.
109  Vgl. Lk 16,22f.
110  Vgl. Lk 23,43.
113  Vgl. Mt 27,52f.
114  Vgl. I Joh 2,1f.
118  Vgl. Augsburger Interim XIII (Vom obersten bischoff und andern bischoven), 70–73.
119  In Anlehnung an die Verschleppung großer Teile der judäischen Oberschicht nach Babylon im
6. Jahrhundert v. Chr., wie sie etwa II Reg 24f berichtet wird, wurde zunächst die Phase, als die
Päpste zwischen 1309 und 1377 in Avignon residierten, in Abhängigkeit von den französischen
Königen, als „Babylonische Gefangenschaft der Kirche“ bezeichnet. Martin Luther wendete den
Begriff dann an auf die Gefangenschaft unter dem Papsttum, in der er die Christenheit sah, vgl.
Martin Luther, De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520), WA 6,(484) 497–573.
122  Vgl. Apk 13,18.
124  Vgl. II Thess 2,4
125  Vgl. I Tim 4,3. Constructio ad sensum: er verbietet es, ehelich zu werden, und gebietet,
bestimmte Speisen zu meiden, bzw. verbietet bestimmte Speisen.
126  Vgl. Apk 13,16.
127  Der letzte Kaiser, der einem Papst den feierlichen Fußkuss leistete, war Karl V. Vgl. Valentin
Thalhofer, Art. Fußkuß, in: WWKL² 4 (1886), 2143-2145.
128  Den Anspruch auf päpstliche Oberherrschaft auch über den Kaiser erhob besonders prägnant
etwa die Bulle ‚Unam sanctam’ von Papst Bonifatius VIII. aus dem Jahr 1302, s. DH 870–875;
vgl. Harald Zimmermann, Art. Kaisertum und Papsttum, in: TRE 17 (1988), 525–535.
129  Vgl. Mt 20,25–28.
130  Vgl. II Tim 3,5 (Vg).
133Lk 22,26 (Vg).
134  notwendigerweise, mit zwingender Notwendigkeit.
135  lügen.
136  dass es keines weiteren Beweises bedarf.
137  mit Verlaub, nach meinem Dafürhalten. Vgl. Art. Hoferecht, in: DWb 10, 1664.
138  Aufrichtigkeit, Vertrauen; vgl. Art. Trauen, in: DWb 21, 1353–1356.
139  gegen jemanden gesinnt sein; achten, lieben; vgl. Art. meinen. 5.c.e), in: DWb 12, 1929–1931.
140Amsdorf rechnet hier anscheinend seit der Wahl Karls V. zum Kaiser am 28. Juni 1519. Vgl.
Rabe, Deutsche Geschichte 1500–1600, 219–226.
141  Vgl. Augsburger Interim, Vorrede/Propositio, 32–35.
142  aber nur insofern als.
144  Vgl. Mt 10,35–39.
145  Äsopische Fabel, auch von Luther aufgenommen in seine Sammlung von Fabeln, vgl. WA
50, 441,1–18; 449,1–21; 455,29–456,11. Zu Aesop allgemein vgl. Rudolf Keydell, Art. Aisopos,
in: KP 1 (1975), 199f.
146  abermals; vgl. Art. abereins, in: Götze, 2.
147  Vgl. Act 5,29.
148Mk 9,7.
149  Vgl. Augsburger Interim XIX (Von der heilligen ölung), 88–93.
150  Vgl. Augsburger Interim XVI (Von der firmung), 78–81.
151  auf eigene Gefahr; vgl. Art. Abenteuer, in: DWb 1, 27f.
152  Vgl. I Tim 1,15; 4,9.
153  Vgl. Mt 3,11; Mk 1,7f; Lk 3,16.
154  Vgl. Joh 3,29.
156  Vgl. Joh 10,5.
157  Zur Argumentationsfigur vgl. Luthers „Vorrhede auff die Episteln Sanct Jacobi vnnd Judas“
von 1522: „... daryn stymmen alle rechtschaffene heylige bucher vber eyns, das sie alle sampt
Christum predigen vnd treyben, Auch ist das der rechte prufesteyn alle bucher zu taddelln, wenn
man sihet, ob sie Christum treyben, odder nit, Syntemal alle schrifft Christum zeyget Ro. 3.
[Röm 3,21–26; vgl. Joh 5,39] vnnd Paulus nichts denn Christum wissen will .1. Cor. 2. [V. 2]
Was Christum nicht leret, das ist nicht Apostolisch, wens gleich Petrus odder Paulus leret,
Widerumb, was Christum predigt, das ist Apostolisch, wens gleych Judas, Annas, Pilatus vnd
Herodes thett.“ (WA.DB 7, 384,25–32, entsprechend auch noch in der Deutschen Bibel 1546,
vgl. WA.DB 7, 385,25–32). Zu den notae ecclesiae vgl. CA VII.
159  Vgl. Mt 21,13.
160  vererbt sich, erbt sich fort, hat Bestand.
161  Vgl. Mt 25,32f.
162  Vgl. Mt 7,15.
163  „Am 1. Juli 1523 wurden auf dem Marktplatz zu Brüssel die Antwerpener Augustiner
Henricus Vos und Johannes van den Esschen wegen ihres Bekenntnisses zu Luthers Lehre
öffentlich verbrannt. Standhaft hatten sie den Widerruf verweigert und fielen so als erste Opfer
der am 23. April 1522 in den Niederlanden durch Karl V. eingesetzten Inquisition“ (Wilhelm
Lucke, in: WA 35, 91). Luther verfasste daraufhin das Lied „Ein neues Lied wir heben an“, vgl.
WA 35, 411–415.
164  Vgl. Mt 7,15.
165  Vgl. Joh 10,1.
166  Vgl. Joh 10,8.
167  lügt.
168  betrügt.
169  Vgl. I Tim 1,15; 4,9.
171  Mönchsträume, -phantasien.
172  Schäm dich! Schande über dich! Vgl. Art. pfuien 3), in DWb 13, 1809.
173  Vgl. I Reg 22,23.
174  Den Affen assoziierte man leicht mit Lastern und mit dem Teufel, vgl. Liselotte Wehrhahn-
Stauch, Art. Affe, in: LCI 1 (1968), 76–79. Luther bezeichnet den Teufel mehrfach als Gottes Affen, z.
B. WA 14, 434,18 (Predigten über das erste Buch Mose, 1523/24), WA 50, 644,12–647,7 (Von den
Konziliis und Kirchen, 1539); vgl. Alfred Adam: Der Teufel als Gottes Affe. Vorgeschichte eines
Lutherwortes, in: LuJ 28 (1961), 104–109. Adam vermutet die Wurzel der Bezeichnung in II Kor
11,14
(„der Satan verstellt sich zum Engel des Lichts“, irrtüml. V. 24 angegeben).
175  Vgl. ASm (1537), II. Teil, Art. 2: „Dieser Artikel von der Messe wird’s ganz und gar sein in
Concilio; denn wo es muglich wäre, daß sie uns alle andere Artikel nachgeben, so konnen sie
doch diesen Artikel nicht nachgeben ... Sie fuhlen’s wohl: wo die Messe fället, so liegt das
Bapsttum. Ehe sie das lassen geschehen, so toten sie uns alle“ (BSLK 419,7–9.15–17).
176  Vgl. I Tim 1,15; 4,9.
177Jes 40,8; I Petr 1,25. Verbreitete Losung der evangelisch Gesinnten, auch in abgekürzter Form:
VDMIE, VDMIÆ. So trugen etwa Philipp v. Hessen und sein Gefolge diese Buchstaben als Motto,
Erkennungs- und Bekenntniszeichen auf dem Reichstag zu Speyer 1526; vgl. Ludolphy, VDMIÆ.
178  Vgl. I Tim 4,1–3.
179  Neben Rom als Sitz des Papstes werden Trier, Köln und Mainz als Sitze der drei geistlichen
Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation genannt.
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