das der Bapst zu Rohm sampt dem Gotlosen INTERIM, so das Bapstumb
von newem einsetzt, der rechte, ware widder- oder Antichrist sey, von allen
fromen Christen bey verlust jrere seelen seligkeit als der Teuffel selbst zu
(5)meiden vnd zu fliehen, aus dem Wrtlein Pauli, des heiligen Apostels, 2.
Tessa. 2, da er spricht: „Der da ist ein widerwertiger“,1 mit vermeldung
der zeichen, so vorm Juͤngsten tage her gehen sollen, zum trost der fromen
Christen vnd schrecken der Gotlosen.
|| [A 2r:] Der heilig Apostel Paulus in obangezeigtem Capitel lehret die Tessa-
(10)loniger vom Jüngsten tage, wenn vnd auff welche zeit man desselbigen war-
nemen sol, vnd gibt jnen des dreierley merckzeichen: 1. Die zurfallung der
vierten Monarchey, das ist des Rmischen Reichs;2 2. Den abfal vom Glau-
ben;3 3. Die offenbarung des Menschen der suͤnden vnd kind des verderbens,
das ist: des Antichrists, der da sitzt im Tempel Gottes als ein Gott vnd gibt
(15)fur, er sey Gott.4
Diese drey zeichen sein erfuͤllet, dann die vierte Monarchey, das Rmisch
Reich, ist nunmehr zurfallen. Dann die Rmer vor funffzehenhundert jaren
seint Herren der Welt gewesen. Nun aber ist hinwegk vnd verloren ganz
Asia vnd Aphrica, in Europa aber hat sich herabgeriessen Hispania, Gallia,
(20)Anglia, Dennemarck, Schweden, Schottenlant, Polen vnd Vngern, welche
Knigreich alle jre eigene Heupter haben vnd Pariren noch gehorsamen5 dem
Rmischen Reich nicht mehr. Auch ist dem Keyser die Heuptstadt Rom,
daruon er seinen Herlichen Namen tregt vnd Rmisch Keyser genant wirdet,
vom Bapst Dieplich geraubet vnd gestolen,6 vnd ist also das Rmisch Reich
(25)jtzt ein zurfallen arm stuͤcklein yegen dem, das es zuuor gewest ist.
|| [A 2v:] Zum andern: der abfal vom glauben ist auch gescheen. Denn gantz
Asia vnd Aphrica seint vom Tuͤrcken mit der grewlichen Mahemetischen
lehre erfuͤllet, vnd die schnesten Kirchen, so in Griechenlandt die Apostel
selbst gepflantzet, sein zurissen. So hat der Antichrist zu Rom fast gantz Eu-
(5)ropam vnder sich bracht vnd mit Menschenlehr vnd Teuffelischem, Heuchle-
rischen Gotsdiensten beschmeist,7 Gots Wort – wie wir hernacher sagen
wollen – der Propheten, Aposteln vnd vnsers Heilants Jesu Christi lehr gantz
vnd gar verfelschet, verdunckelt vnd auffgehaben, sich an stat der wahren,
reinen lehr des Euangelij vnd vnsers Herrn Jhesu Christi gesetzt in der men-
(10)schen hertz als den waren Tempel Gottes, hat da gesessen, als were er Gott
(wie hie Sanct Paulus spricht), vnd sich erhaben vber alles, was Gottes vnd
Gottesdienst ist, eigen Gottesdienst wider das Euangelion streitend erdacht,
den Tempel Gottes mit vorfuͤrischer, falscher Menschenlehr verunreiniget,
was einem jtzlichen faulen vnd stinckenden Muͤnch in den Clstern getreu-
(15)met, hat er in die Kirchen als ein Gotteswort gebracht, vnd seine erdichte
Canones nicht anders dann als Gottes Wort bei verlust der seelen seligkeit
gehalten haben wollen, wie er dann an einem ort in seinen Decretalibus bruͤl-
let: „Frustra obseruat Euangelium qui authoritatem Canonum uiolat,“8 das
ist: „der helt das Euangelium vergeblich, der wider des Bapsts lehr thut“.
(20)Das heist gar fein Menschenlehr Gottes Wort || [A 3r:] gleich achten vnd an
Gottes stat setzen, vnd sitzt also der Bapst mit dem Hellischen INTERIM
gewaltiglich in dem Tempel Gottes, helt sich vnd seine Canones vor Gott
vnd Gottes Wort, setzt ein dreifechtige Cronen9 auff vnd Regiret mit gebie-
ten gewaltiglich allem, so in Himel, auff Erden vnd in der Hellen ist, gebeut
(25)den Engeln im Himel, Keiser vnd Knigen auff Erden, auch den Teuffeln in
der Helle; das heist ein vermessene Crone vnd Scepter! Aber nach dem Pro-
pheten Daniel muß es jme ein zeitlang gelingen,10 wie dann etzlich hundert
jare gescheen aus Gottes verhengknus, aber das stuͤndlein nahet sich, darin
jme die Crone sol abgelegt werden; vom Herren geschicht das vnd ist wun-
(30)derbar in vnsern augen.11
Das INTERIM ist nicht etwas newes, sondern das Alte Bapstumb. Darum
rechen ichs vor ein Kuchen;12 vnd wie vns der Tuͤrck vnd Bapst den ersten
abfal gebracht haben, also bringt vns das Teuffelische INTERIM den andern
abfal, damit hie die Prophecey Pauli von dem abfal vberfluͤssig13 erfuͤllet
(35)werde. Fuͤrsten vnd Stedte fuͤlen in jren gewissen sehr wol, das sie gefallen
vnd durch verleugknus der erkanthen warheit in heiligen Geist gesuͤndiget
haben.
Hilff Gott, welch ein jamer vnd schrecken ist das! O Gott, erbarm dich durch
deine grundlose barmhertzigkeit der gefallen, vnd ist es dein Gttlicher wil-
(5)le, so bringe sie wider in der zeit der gnaden herzu, ob sie schon wissent-
|| [A 3v:] lich vnd zu gefallen etlichen hohen Heuptern gefallen sein, verleihea
jnen deinen heiligen Geist, vnd so es dein wille ist, so bekere sie, das sie
Buse thun vnd ewiglich erhalten werden, damit ye das INTERIM nicht vieler
tausent seelen Interitus14 vnd verderben sey vmb jres abfals willen! Vnd weil
(10)du ye eine Kirchen bis an das ende der Welt erhalten wilt,15 so laß sie ein
stuͤck sein vnd bleiben Deiner rechten, waren, Christlichen Kirchen; zeuch
sie aus dem INTERIM vnd Interitu vnd beselige sie mit deiner Gttlichen
gnaden durch Christum, vnsern Herren!
Dieß ist gesagt vom andern zeichen, das vorm Juͤngsten tage gescheen soll,
(15)nemlich vom abfall, der Jtzt leider zum andermahl geschicht.
Das drit zeichen, so vorm Juͤngsten tage gescheen sol, ist, wie Gott mit dem
Bapst vnd INTERIM vmbgehen wil, des wir Armen Christen vns in diesen
geferlichen zeiten viel zu trsten haben. Hier aber merck mit fleiß, lieber
Christ, wie der heilig Geist durch den lieben Paulum nennet den Antichrist
(20)zu Rom den Hellischen Bapst, damit du jnen wol lernest kennen:
Erstlich nennet er jnen „ein Menschen der suͤnden“.16 O ein grewlicher na-
me, heist den Antichrist zu Rom nicht ein schlechten17 suͤnder, sonder einen
Menschen der suͤnden, der nicht alleine vor sein Person ein heßlicher,
schendlicher suͤnder ist, sondern macht auch andere mitsuͤndigen, wie Jero-
(25)boam, der Knig || [A 4r:] Jsrael, 3. Regum 14,18 nicht allein durch Abgtterey
vor sich suͤndiget, sondern auch gantz Jsrael durch anbetung des guͤlden
Kalbs suͤndigen machte.19 Des Bapsts suͤnde sein20 Hurerey, Sodomey,21
Simoney,22 Liegen,23 Triegen,24 Rauben, Morden, Stelen, Abgotterey treiben,
Menschenlehr erdichten vnd dieselbigen Gots Wort vorziehen, seine stin-
(30)ckenden Werck vber Gottes gebot erheben, die Menschen bei vorlust jhrer
seelen seligkeit daran binden, vnd wer kan des Rmischen stuls suͤnde vnd
schande genugsam ausstreichen?25 Also suͤndiget der Bapst vor sein person
gewaltiglich vnd macht darzu alles, so jme vnterworffen, suͤndigen, Distinct.
40, bruͤllet darzu in seinen Decretalibus, man sol jme nicht einreden,26 so er
(5)schon die gantzen welt mit sich in Abgrunt der Hellen schleiffte;27 da
schweige der Teuffel stil zu, kein fromer Christ!28 Woltestu Antichrist die ar-
men leute hauffenweis in die Helle schleppen, jederman richten vnd von
niemands gerichtet werden? Wolan, du hast deinen Richter, daruon du herna-
cher hren solt! Also ists, vnd wirt der Antichrist von dem Apostel Paulo
(10)erstlich genennet „ein Mensch der suͤnden“, der vor sich ein scheuslicher
suͤnder ist vnd darzu die welt zu jrem vorderben mit sich auch suͤndigen
macht.
Zum andern wirt jme noch ein schner name gegeben, der auch jederman
wol bekannt ist, das er heist „ein || [A 4v:] Kind des verderbens“,29 das ist: der
(15)sich vnd andere mit sich verderbt, vnd das ich das vnzelige verderben der
Seelen verschweige. Was verderbens hat der Bapst ye vnd ye zwischen ho-
hen Potentaten angestifftet, Knigreich vnd Fuͤrstenthumb verderbt, Keyser
vnd Knige aneinander gehegkt,30 die Christenheit im Blude geschwemmet,
Hader vnd alles vngluͤck ye vnd ye angerichtet! Wie dann das Bapst Adri-
(20)anus31 vor seinem ende bekannt vnd gesagt: Es sey kein elender stand vnd
leben auff Erden, dann Bapst sein.32 Dann sie muͤssen zum Bapsttumb
komen durch Blutuergiessen vnd also wider verlassen; das heisset nicht
Petri, des Apostels, sondern Romuli nachfolger sein, welcher da er die Stad
Rom erstlich erbawet, seinen Bruder Remum vmb das leben bracht, auff das
er allein Regiret;33 also haben je vnd je die Bepst gethan vnd thun es noch
heutiges tages, das sie nicht auffhren, die Christenheit an leib vnd Seel zu
verderben. Was haben sie vnserm Keyser Carolo Quinto verderbens ange-
(5)richt vnd zugefuͤgt, vnd betriegen sein Maiestet noch heutiges tages, das sie
nicht auffhren, durch jre Rmische Practica34 verderben seine Maiestet an
leib vnd Seelen! Gott erbarme sich sein vnd rette jn von dem Kind des ver-
derbens oder Mortkinde, damit seine Maiestet zum erkentnus des waren
Euangelij komen vnd selig werden mge! Amen.
(10)Hie wehr auch wol zusagen, was verderbens sie || [B 1r:] vndereinander selbst
angerichtet, wie einer dem andern mit gifft vergeben, aus der Erden geschar-
ret, gekpfft vnd in die Wasser gewurffen haben, wie dann Bapst Sergius
dem Bapst Formoso gethan.35 Aber zu erbarmen ist es, das sie neben der
Seelenmrderey den fromen Keysern so gros vngluͤck vnd verderben zuge-
(15)richt: Alexander, der drit Bapst seins namens, hat den fromen Keyser Fride-
ricum Barbarossam zu Venedig mit fuͤssen getretten;36 der Bapst Clemens, seins namens der Fuͤnfft, hat zu Florentz Keyser Heinrichen, Hertzogen von
Lutzelburgk, mit gifft, auff die Hostiam geschmiret, durch einen Muͤnch
vergeben lassen.37 Was verderben tausent Seelen hat Bapst Hildebrant38
vnder den Geistlichen angericht, da er jnen den Ehestand verbotten vnd
(5)durch dasselbig verbott zu vnzucht, Hurerey vnd Sodomey vrsach geben?
Nun sagt aber Gottes Wort deutlich, das die Hurer das Reich Gottes nicht er-
werben werden.39 O lieber Gott, wer wil den Mercklichen schaden vnd ver-
derben, vnter den Geistlichen angericht, widderbringen? Wie viel tausent
Pfaffen vnd Muͤnch sein in vnzucht vnd Hurerey gestorben vnd verdorben?
(10)Das heist ja ein Kind des verderbens oder Mortkind sein! Vnd was thut nun
das schne INTERIM darzu? Heilet es den schaden, so das Bapstumb ange-
richt? Bringt es gerechtigkeit Gotts vnd seligkeit? Oder was ist das
INTERIM besser dann das Bapstumb? Antwort: Es ist Vater vnd Son,
„Mensch der suͤnden“ vnd „Kind des verderbens“.
(15) || [B 1v:] Das INTERIM verderbt ya so hart vnd harter Dann sein Vater, der
Bapst; es wolt wol gerne anderst sein Dann die bßhafftige natur seines
Hellischen Vaters, so wil es doch das gebluͤt nicht zugeben. Es wolt gerne
mit der Euangelischen vnd Apostolischen lehr sprechen, wir wuͤrden allein
aus gnaden Durch den Glauben an Christum selig; so ist jr Christlich lieb
(20)vnd gute Werck so groß, das es nicht kan darzu komen.
Zum andern wolt es sich auch gerne demuͤtigen vnd tieff herunterlassen vnd
sprechen: „Herr Jhesu Christ, du des ewigen Vaters weißheit, hast es recht
gemacht vnd geordenet, das dein heilige Christenheit dein leib vnd blut im
Sacrament vnzertheilet empfahe durch vnd durch“, so mag es seinen Helli-
(25)schen Vater nicht erzuͤrnen, sondern wie es sein lieber Vater als warer jrdi-
scher Gott macht, also sol es sein vnd bleiben. Doch das das liebe Snlein
ein wenig gelimpflicher40 sey dann sein Tirannischer, Teuffelischer Vater, so
lest es zu die beide gestalt des Sacraments an denen rtern, da es noch der
lehre Christi im Euangelio eingeriessen, den andern aber allen sol es allein in
(30)einer gestalt gereicht werden, auff das die beide gestalt in zwanzigk oder
dreissig jaren,b vnd also durch vnd durch die eine gestalt widerumb gereicht
vnd empfangen werde. Darnach so wolte das liebe Snlein auch gerne sagen,
Sacramentum Altaris sei alleine sacrificium Commemoratiuum, das ist: ein
gedenckopfer, so vielesc vor || [B 2r:] Kuͤe vnd Kelber nicht dienen vnd der
(5)muͤhe in der Missation nicht lohnen, darumb mus es jme ein vorsuͤneopfer
sein vnd bleiben, da einer vor sie alle opfer, esse vnd drincke, vnd dem
grossen hauffen beide, der lebendigen vnd tothen, durch mitwirckung jhrer
andacht bringe vnd erwerbe vorgebung der suͤnden, vnd das sol nicht sein
Vater, der Bapst, sondern Christus selbst eingesetzt haben, da er spricht:
(10)„Hoc facite in mei commemorationem – das thut, das ist: opfert, zu meinem
gedechtnus!“41 Schmuͤck dich, Ketzlein, Vater vnd Snlein, Teuffel vnd
Mutter!42
Zum dritten wolt es auch gerne mit dem Apostel Paulo, j. Co. 6,43 sagen,
hurerei zu uormeiden hab ein jeder sein eigen weib. Jtem j. Timo. 3:44 Ein
(15)Bischoff sol eins weibs man sein. Jtem j. Timo. 445 wolt es gerne mit Paulo
sprechen, verbietung der Ehe vnd speise sey Teuffelslehr. So mag es doch
sein lieben Vater, den hellischen Bapst, den leidigen Teuffel, nicht erzuͤrnen,
sondern ein Bischoff oder Pfaff sol ane Ehe sein vnd bleiben, Gott gebe,46 er
liege heimlich in hurerey oder Sodomei, die verbrechung Gottes gebots hat
(20)so viel nicht auff sich als die verbrechung der Canonum des hellischen
Vaters, des Bapsts, darzu mchten sie jre digniteten verlieren, wie dann der
gewesen Ertzbischoff zu Meintz47 auff dem Reichstage zu Augspurgk Anno
1530 gesagt, gelerte leute knten auff beide mas48 von der Priester Ehe
disputieren, doch were das, so || [B 2v:] die Euangelischen daruon disputirten,
(25)viel warer dann das die papisten vorbringen knten, aber doch solten sie
diesen artikel von der priester Ehe einreumen, so lege alle jhre dignitet herni-
der. Das ist ein suͤnde in49 den Heiligen geist, also muͤssen sich des Bapsts
Snlein vnd dchterlein selbst vorraten vnd vrteil vber sich fellen, das herna-
cher der Apostel Paulus auch vber sie fellen wirt.
(30)Also kan diese schne liebliche frucht des hellischen Vaters, des Bapsts Son,
das INTERIM, auch nichts anders dann verderben, vnd gehren also Bapst,
INTERIM vnd alle jhre anhenger vnter des leidigen Teuffels Pannier,50 das
sie alzumal Gott vnd seinem heiligen wort die ehr nicht knnen lassen vnd
die rechte warheit bleiben, sonder jhre luͤge mus die warheit sein. Christus
aber vnd sein wort mus aus dem mittel gethan werden51 oder auffs wenigst
(5)nach des Bapsts glosen52 sich richten vnd weiter nicht reden, dann der Hel-
lische Vater hat den heiligen Geist sampt allen seinen auslegungen „In
scrinio pectoris sui“.53 Das ist gesagt von des Bapsts ersten zweien namen;
vom dritten wollen wir hernacher sagen.
Nun Ad propositum, welchs sol dann das drit zeichen vorm Juͤngsten tage
(10)sein?
Antwort sanct Pauli:
|| [B 3r:] Der mensche der suͤnden, das Kind des verderbens, der da ist ein
widerwertiger, „welchen Gott vmbringen wirdet mit dem Geist seins Mundes
vnd wirt sein ein ende machen durch die erscheinung seiner zukunfft.“54 Der
(15)Geist Gottes mundts ist das Euangelion Jhesu Christi; hret nun, lieben
Christen, wie es dem Antichrist mit seinem INTERIM vnd Jnterimisten ge-
hen sol. Gott wil jne kurtz vor der heiligen zukunfft vnsers lieben Herrn
Jhesu Christi vmbringen. Wodurch? Nicht mit Buͤchssen, Spiessen, Schwer-
ten, gewaltiger Kriegsrustung etc., sondern – spricht Paulus – „durch den
(20)Geist seines munts,“55 das ist: durch das heilige Euangelion Jhesu Christi.
Auff diese weise redet auch der heilige Prophet Daniel im zwelfften Capitel
vnd spricht: „Ein geschrey von Mitternacht wirt jne erschrecken.“56 Dieß
alles nach der Propheceiunge des heiligen Geistes ist also ergangen, dann
Gott aus lauter gnad vnd barmhertzigkeit in dieser letzten zeit sein allein
(25)seligmachendes Euangelion offenbart hat vnd hat es in alle Lande vnd
Knigreich erschallen lassen! Dieses Euangelij geschrey hat in Mitternecht-
lichen Lendern, in Sachssen, angefangen vnd hat nun bis in etzlich vnd
dreissig jar alles durchdrungen, ist komen vor des Antichrists zu Rom ohren,
hat jn also erschreckt, das jme hertz vnd muth entfallen. Jst also ver-
(30)schmacht, das er fort mehr nicht einem lebendigen, sondern Todten gleich
siehet; er braucht57 mancherley Ertzney, Rath vnd Practica,58 dieser Kranck-
heit vnd || [B 3v:] schrecken zu helfen,59 aber alles vmbsonst, dann „kein rath
wider den Herrn ist,“60 spricht Salomon. Der Herr sitzt im Himel, spottet
seiner vnd aller Jnterimisten zu jren tapfern Rethen vnd anschlegen,61 das
alle jr vornemen einen Krebsgangk gehet.62 Wenn sie es auch auffs kluͤgste
greiffen an, so gehet doch Gott ein ander ban; dem Bapst muß nicht gelin-
(5)gen.63 Gantz Europam hat er mit Abgtterey, falscher, erdichter Menschen-
lehre vnd aberglauben erfuͤllet; Gott aber, des Pfeile scharff sein mitten vn-
der den feinden, Psal. 45,64 hat jme ein Fuͤrstenthumb, Knigreich vnd
Herschafft nach der andern endriessen vnd noch heutiges tages endreisset er
dem Antichrist gewaltiglichen grosse Knigreich, damit sein heiliger Name
(10)vnd Euangelion weith lauffe, glorificirt vnd gepreiset, abgtterey ausgereuͤtet
vnd warer gottesdienst angerichtet vnd gepflanzet werde.65 Das ists, das
Paulus hie sagt: „welchen gott wirt vmbringen“,66 nicht mit Ros vnd wagen,
sondern durch sein zweischneident schwert, das gtlich wort.67 Wie gewaltig
aber solchs gescheen, ist heller dann die Sunne am tage, dann jhnen Gott
(15)erstlich offenbart vnd den Antichrist zu Rom hinden vnd forn auffgedeckt,
auch sein heiligthumb zu Rom auffgeschlossen, das zu diesen zeiten jeder-
man gesehen vnd noch siehet, was stancks darinnen sey, wie allerley
Teufelische schmier vnd salbe68 von schmer69 vnd theer,70 indulgentz vnd
ablas, kremerey vnd triegerey in alle welt daraus erstuncken vnd gerochen
(20)sey, das erkennen vnd wissen nun – Gott || [B 4r:] lob! – junck vnd alt vnd
kennen den Wolff, ja leidigen Teuffel, der in des Bapsts kappen71 steckt.
Nachdem er nun geoffenbart ist, hat jnen Gott auch mit dem Geist seines
Munts, das ist mit der Predigt des Euangelij vmbracht, leigt72 jtzt im Tod-
-
bette, henget den Kopff73 vnd Ringet mit der seelen. Koch vnd Keller,74
Cardinal vnd Bischoff lauffen zu, wolten jme gerne helffen, aber da ist retten
vnd helffen verloren, dann er von Gott geschlagen, darumb ist huͤlff vnd rath
aus; auch lauffen etzliche gefallene Weltliche Fürsten hinzu, so sich vor jrem
(5)eigen schattend furchten,75 wollen jne helffen retten vnd stercken, ya auch
schier weiß nicht was76 kussen. Aber hie wisset alzumal, Knige, Fuͤrsten
vnd Herrn, Bischoff vnd Bader,77 Eddel vnd Vneddel, das ewr helffen,
rathen vnd Ertzneyen am Bapst alles vergeblich vnd vmbsonst ist. Dann er
ist von Gott geschlagen. Gott hat jnen mit dem Geist seines Mundts hinge-
(10)richt vnd wirt jme fortan niemants helffen knnen; des vnderstehe sich kein
Mensch, wie hoch er sey auff dem gantzen Erdenkreiß, denn alle Cost vnd
muͤhe ist vmbsonst. Es muͤcht jnen sonst gehen, wie es zu allen gezeiten den
Theomachis, die wider Gott haben streiten wllen, ergehen vnd die stirn
zustossen. Paulus, der Apostel, wuͤrde einmal aus grossem eiuer gegen Gots
(15)gesetz auch tricht, wolt Christum aus dem Himel stuͤrtzen vnd den freien
lauff der Predig des Euangelij hindern, aber jme wart gesagt: „Durum est tibi
contra Stimulum calcitrare – es wirt dir, Paule, || [B 4v:] hart werden, widder
den stachel lecken!“78 Also ist sich zu besorgen, das jhr viel widder Chris-
tum vnd sein heiliges Euangelion dem Bapst werden helffen vnd raten
(20)wollen, aber die kpffe werden sie zurstossen; sie werden wol rathschlagen
widder den Herren vnd seinen gesalbten, aber es wirt nichts daraus werden;
der im Himel sitzt wirt jhrer lachen, spotten vnd sie zuschanden machen;
wenn sie aber jhren rathschlegen nach werden mit der tath forthfaren, so wirt
er sie wie ein Tpffer einen topff zurschmettern; darumb, lieben herrn vnd
(25)Junckherrn, sehet wol zu, was jhr machet, vnd bedenckt den anfanck, mittel
vnd ende; sehet, was sachen vnd menschen jhr vortedinget.79 Es ist vmb-
sonst, der sachen vnd menschen der suͤnden ist nicht mehr zu helffen; alles
nachdencken, rathschlagen vnd ertzneien ist vmb sonst, jme ists ein zeitlangk
gelungen, Daniel 12,80 aber itzt ist das stuͤndlein81 komen, lungen, leber vnd
(30)hertz ist jme abgebrochen, das heupt dazu wackelt jme, er sol vnd mus
daruon; so lasset jn nun hinfaren zum Teuffel, dahin gehrt er, dann er ist der
Antichrist, wie wir hernacher klerlich erweisen wollen.
Vnd jhr Euangelischen fuͤrsten, die jhr das Euangelion Jhesu Christi angeno-
men habt, stehet feste, trawet Gott vnd fuͤrchtet euch nicht! Lasset jhn han-
(5)deln vnd die sache vortedingen, dann die sache ist nicht || [C 1r:] vnser, dann
allein sein. Betet aber, lernet sein wort, bessert ewer leben vnd wartet ewer
regierung,82 darnach last es Gott walten, et ipse fatiet.83
Jhr andern fuͤrsten aber, die jhr das Euangelion Christi erkant vnd angeno-
men,e nun aber daruonf vor furcht, in schaden zu fallen: Wisset, das euch der
(10)heilige Geist entzogen; dann in den heiligen Geist habt jhr gesuͤndiget vnd
die erkante warheit vorleugkent. Gott, der allezeit barmhertzig ist, erbarm
sich ewer; ist es sein gttlicher wille, so bekere er euch. Seit gewarnet, keret
vmb, erkennet ewern grossen, grewlichen fall, last es euch leit sein, thut
warhafftige buse; es ist noch kurtze zeit! Kompt das stuͤndlein des zorns, so
(15)ist alle gnade, barmhertzigkeit, alles bitten vnd flehen vmbsunst. Haltet euch
zu dem Euangelio vnd warem gottesdienst, lasset das Bapstumb vnd
INTERIM fahren, dann auch vor ewer land, leuthe vnd arme vnterthane, die
durch ewer exempel zum hgsten geergert werden, muͤsset jhr im stuͤndlein
des zorns rechenschafft geben; da wirt keinen weder Keiser, Knig, Fuͤrst,
(20)Her, Bischoff oder Pfaff erlösen, sondern es mus des gestrengen gerichts
Jhesu Christ gewartet sein.
Jhr andern Potentaten, die jhr noch dem Rmischen stul anhengig vnd euch
den schnen vnd geferbten, geschmierten vnd gezirten, gesungen vnd ge-
klungen, gegeigen vnd gepfiffen falschen, abgttischen dienst || [C 1v:] des
(25)Antichrists wolgefallen lasset vnd dem geschlagen heupt vnd stinckenden
leib helffet vnd rateth: Wisset, das jhr von seinem stancke sterben werdet;
vnd gleich wie jhme nicht wirt geholffen werden, also werdet jhr auch keine
rettung haben. Seit fursichtig vnd klug, ich hab es euch gesagt.
Du ander armes heufflein Jhesu Christi, sey stille, warte deines Herren, hre
(30)sein wort vnd lerne es, sey getrost vnd fuͤrchte dich nicht, dann der Bapst,
der Antichrist, sampt dem INTERIM sein gerichtet, geschlagen vnd vm-
bracht; las vollent verzappeln,84 es wir nicht lange waren,85 so sein sie gar
todt. Die Prophecey des lieben Apostels Pauli hat muͤssen erfuͤllet werden
vnd ist nun erfuͤllet. Gott hat sie mit dem geiste seines Munds vmbracht.
(35)Denck nur nicht, das sie bleiben vnd fortan leben knnen oder muͤgen. Sonst
luͤge Gott vnd sein heiliges wort; das sol vnd mus vns war sein vnd bleiben,
wir wollen vns desselbigen nicht schemen,86 sondern getrost behalten, denn
VERBVM DOMINI MANET IN AETERNVM.87 Gottes Wort sol vns warer
sein dann alles, was Menschen sagen oder erdichten knnen. Allein, last vns
(5)buse thun vnd from werden, damit Gott sein wort vmb vnser vndanckbarkeit
willen nicht vns nehme vnd andern gebe, wie bereitan88 geschicht.89 Lasset
vns fleissig anhalten am gebet,90 dann durchs inniglich gebet vormuͤgen wir
alles zu erlangen, beide, so vns an leib vnd seelen gelegen ist, ja auch
bekerung vnserer feinde, wiewol es vnmüglich, das die Spitzhuͤte91 vnd der
(10)Beschorne hauffe92 bekert werde, dann sie sein Intestina, Jngeweide, des
Bapsts vnd mit jme hingerichtet. Gott vertilge sie vollent balde vnd laß sein
Wort, gnad vnd barmhertzigkeit durch Jhesum Christum ewiglich vber vns
leuchten vnd bleiben! Darzu sprechen alle Gottfuͤrchtige hertzen Amen.
Amen.