|| [A 2r:] Dje alte Schlang konte sich nicht allein zur Euae zeiten hflich1
schmuͤcken,2 sondern auch zu diesen zeiten scheint sie vorn von angesicht
vber die masen schon vnd heilig sein, fuͤret glatte vnnd suͤse wort, aber
hinden zeucht sie einen schwartzen, gifftigen Drachenschwantz vnd ewig
(5)verderben mit sich.3 Dann wir geschweigen yetzt der vnzelichen practiken,4
mit welchen die feinde Gottes diese dreyssig Jar vber5 Christliche Religion
vnd Landt zu uͤberfallen gedacht vnd sich befliessen haben, wollen aber
yetzundt nur diese negste zwey Jar fur vns nehmen vnd bedencken, was
Gottloser vnd vnchristlicher tuͤcke sie darinnen begangen haben.
(10)Erstlich gaben sie fur, die Gottlosen, sie wolten nur ettliche vngehorsame
Fuͤrsten straffen, die freyheit aber vnsers Vaterlandts vnd Christliche Religi-
on jnn keinem weg anfechten.6 Diese meinung haben dazumal jhr viel nicht
fur vnbillich gehalden. Aber hernachmals, da es zu grossem jammer vnnd
not des Deutschen landes gereicht, jst mans wol innen worden, was sie
(15)gesucht haben.
Darnach eben zur selbigen zeit versamleten sie auch ein Concilium, darinnen
solte von den mißbreuchen vnd yrthumen der Kirchen ge- || [A 2v:] handelt vnd
von einem Krieg wider die vngleubigen beschlossen werden.7 Dieser fur-
satz,8 meinten alle weltweisen, wuͤrde dem gantzen vmbkreiß der Chri-
(20)stenheit9 zu heil geraten Vnd hette schier yederman geschrien: „Gebenedeit
sey, der da kompt“10 etc. Aber was warn fur dapffere Leut auff diesem Con-
cilio versamlet? Niemandt denn ettliche Fuchsschwentzer,a 11 Orenkrawer12
vnd diener (wie sie selbst von sich schreiben) des allerheilligsten Vaters, des
Babsts zu Rom. Vnd auff das du mercken kundest, was fur gesellen vnnd
(25)was furhabens sie gewest sind, so betrachte diesen spruch, den sie in dessel-
-
bigen Concilij decret gesetzt haben, der also lautet: „Es kann mit gantzer
warheit gesagt werden, das der Babst daß liecht in die Welt kommen ist, aber
die Menschen haben mehr geliebt die Finsterniß denn das liecht.“13 O welche
vnuorschempte heuchler! Hieraus ist offenbar vnd klar, was fur Leut auff
(5)diesem Concilio gewesen Vnd das sie nicht besserung der Christlichen
Kirchen, sondern bestetigung Papistischer grewel vnnd Tyranney gesucht
haben. Wie haben sie denn hernachmals das Concilium angefangen? Also
das sie erstlichen vnsere Kirchen mit dem schwerdt dauongetrieben vnd als-
denn erst vber vnser leer ein vrteyl || [A 3r:] gefellet haben.14 O das ist ein
(10)lbliche weis zu urteilen vnd wol werdt, das sie von eim solchen Concilio
geschehen ist! Sihestu nicht, Gottfuͤrchtiger leser, das dasselbige Concilium
versamlet vnd regirt worden ist nicht von dem Heyligen, sondern von des
Allerheiligsten15 Geist, dem Teuͤffel? Weil sie denn so ein lblich werck
furhatten, was hat jhnen vnser Herr Gott fuͤr ein segen daruͤber gesprochen?
(15)Sie habens so ausgericht, das sie mit b jhrer leerb auch bey jhren freunden zu
spot worden sind Vnd jhre torheit nach dem Spruch Pauli der gantzen Welt
ist kunt worden.c 20
Da es aber nun hier nicht geraten21 ist, hat sie jhre hoffnung wol betrogen,
aber noch nicht muͤde gemacht. Derhalben greiffen sie es nun auff einen
andern wegk an. O der vnaussprechlichen brunst,22 damit der leidige23 bse
feindt, der Teuͤffel, sampt seinen mitgesellen vnd werckzeug die Christlichen
(5)leer vortunckeln24 vnnd vnterdrucken zu jhren eigen vnd vieler andern ewi-
gen verderben!
Derhalben haben sie sich zum dritten vernemen lassen, eine einigkeit inn der
Religion zu machen. O ein kstlich werck! Was haben sie damit ausgericht?
Ein Papistisch Interim haben sie geschmydt, darinnen vnter honig vnd suͤsen
(10)worten eytel Teuͤffelischer gifft verborgen ligt. Damit wollen sie vns zu
uerleugnung der erkandten Gottlichen warheit dringen,25 wie dann die Gott-
losen selbst rhuͤmen. Das Buch sol nicht Interim, sondern Iterum heissen, das
|| [A 3v:] ist: das wir durch dieselbige leer widerumb von newes auff alle jhre
vorige grewel vnd Abgtterey sollen gezogen werden.
(15)Denn das ist gewißlich war vnnd allen Gottfuͤrchtigen leichtlich zu erachten:
Dieweil sie den Artickel von der rechtfertigung des menschen,26 von verge-
bung der suͤnden vnd ewigen leben27 mit vielen falschen glosen28 verfel-
schen, daneben auch die anruffung der verstorbenen heiligen,29 jtem Meß fuͤr
die lebendigen vnd todten,30 Fegfewr,31 Sieben Sacrament,32 jhr ohren-
-
beicht,33 die Tyranney der Bischoff vnd Babsts,34 Vigilien,35 Seelmessen36
vnd alle alte Papistische Ceremonien,37 die wider Gotts wort sindt, fur recht
halten vnd bestettigen wollen, das sie es nicht Christlich meinen. Doch von
diesen vnd andern vnzelichen lesterung Gottes vnnd grewel wil ich yetzundt
(5)nichts sagen, sondern auff gelegene zeit sparen. Wil allein auff dieß mal, so
viel Gott gnade verleihen wirt, einen Artickel auß jhrem Meysterstuͤck den
Gottfuͤrchtigen gewissen hertzlich zu betrachten furlegen vnd damit einen
yedern verstendigen erinnern, was von dem gantzen Buch vnd Geist deren,d
die das Buch gmacht, zu halten sey etc.
(10)Jhre wort im Artickel von der Messe lauten also: „In welchem stuͤck deß
gesetzs e (durchs gesetz vorstehn sie das Euangelium)e hat vnser Herr Jhesus
Christus, damit er seine Kirchen auch versorgete, im letzten Abentmal,
nach || [A 4r:] dem er Gott dancksagung gethan, das Sacrament des leibs vnd
Bluts eingesetzt Vnd darbey dasselb zu gebrauchen auff zweierley weisse
(15)bald beuollen: Erstlich das es von den gleubigen zu einer heilsamen narung
der seelen empfangen wuͤrd, nach laut dieser wort: ‚Nemet hin vnd esset‘ etc.
Vnd zum Andern auff das es zum gedechtniß seines leidens geopffert wuͤrd,
welchen Opfferdienst er seinen Aposteln als Priestern des newen gesetzes
zugleich uͤbergab, als er sprach: ‚Solches thut zu meinem gedechtniß.‘“39
(20)Hieraus siehestu offentlich, das die Gottlosen tichter40 des Interims die wort
Christi vom abentmal des Herren so vnuorschembt zureissen. Denn sie lasen
den ersten teil, nemlich: „Nemet hin vnd esset, das ist mein leib“, dem abent-
mal des Herren. Aber den hernachuolgenden teyl, nemlich: „Das thut zu
meinem gedechtniß“, zihen sie auff jhre abtgttische Messen, so doch eines
(5)yeglichen rechtsinnigen Menschen vorstandt vnd sin nicht anders schliessen
kan, denn das nach der auslegung Pauli alle diese wort allein von dem
Abentmal deß Herren gesagt sein. Denn S. Paulus schreibt an die gantze
Kirche zu Corintho 1. Corinth. 11 mit solchen worten: „So offt jrs trinckt,
thut es zu meinem gedechtniß“,41 vnd zu besserem vnd klerlichenf verstandt
(10)hengt er weiter drann: „So offt jhr esset von diesem Brodt vnd Trincket aus
diesem Kelch, solt jhr den Todt des Herren verkuͤndigen, bis er kome.“42 An
welchem orth Paulus klerlich zu uorstehn gibt, das diese wort „Das || [A 4v:]
thut, so offt jrs thut, zu meinem gedechtniß“ gesagt sein eben von derselbi-
gen einigen Communion aller Gottseeligen, welche sol gehalten werden mit
(15)Predigen oder erinnerung des leidens Christi vnnd des nutzes, den die Chris-
ten daraus schpffen. Dieweil aber die rechte meinung dieses orts beyde, auß
dem natuͤrlichen verstandt des texts vnnd auch aus der auslegung Pauli vnd
der veter, diesen mutwilligen verfelschern des Testaments Christi nicht kan
vnbewust sein, lieber, so bedenck, wie vormessene Leut das sein muͤssen, die
(20)zu bestetigung jhrer falschen leere dorffen vnserm Herren Christo seine wort
so trutzlich vorkeren.
Die widersacher schreien hefftig seer, wir handeln bßlich vnd freuelich, das
wir nicht allem, so die hohesten Oberkheiten gebieten, gehorsam sein. Aber
dis ist ein grewlicher vnd Teuͤffelister freuel vnd trutzt, das man des lebendi-
(25)gen Gotts gesetzt vnd beuelh endert vnd verfelschet. Vns zwinget das Ernste
gebot Gottes: „Man muß Gott mehr gehorsam sein wedder den Menschen.“43
Jtem: „Flihet Abgtterey!“44 Jtem: „Wer mich verleugnet fur den Menschen,
den wil ich widder verleugnen fur meinem Himlischen Vatter.“45 S. Paulus
sagt seer recht von solchen Gesellen zum Gala. 3. auff diese meinung, so es
(30)ein schendtlich laster vnd Bubenstuͤck46 ist, eins Menschen Testament zu
uorfelschen, wie vil mehr ist es ein schrecklicher grewel, so man mit dem
Testament des Sons Gottes also verreterlich, trewloß vnd vnredlich
handelt.47 Derhalben || [B 1r:] kanstu g hieraus, allerliebster Bruder in Christo,g
erkennen, durch welches geistes eingebung dis Interim gemacht sey vnnd
wie gros sorg sein tichter, wil nicht sagen: fur dein, sondern: fur jhr selbs
eigen48 heil vnd seeligkeit hirinnen getragen haben.
Bißher, geliebter Bruder in Christo, hab ich dir wollen vrsach geben, solchen
wichtigen dingen weiter nachzudencken, auff das du mercken kundes, wie
(5)gar ein Teuͤffelische vermessenheit in denn Gottlosen Leuͤten sey, die da
wissentlich, willig vnd wider jhr eigen gewissen das wort Gottes verfelschen
drffen, vnd wie trewlich die Papisten die Spruͤch der Heiligen schrifft pfle-
gen anzuziehen. Dann aus solchen jhren Meysterstuͤcken ist leichtlich abzu-
nehmen, was sie fuͤr ein Geist haben vnd wie sie gesinnet sind.
(10)Nun aber bitt ich dich, wollest bedencken, was fuͤr mercklichen nutz vnnd
frucht solche Gottlose verfelschung des Gttlichen wortes mit sich bringe:
Zum Ersten, wann man diese wort „solches thut zu meinem gedechtnis“
absondert von dem Abentmal des Herren, so gereicht die niesung desselben
Abentmals zu eitel verderben vnd ewigem verdamnis. Denn alle diejhenigen,
(15)so den leib vnd blut des Herren nicht also entpfahen, das sie nach der ein-
satzung Christi die leer vnd gedechnis seines leidens im glauben zu hertzen
fuͤren, dieselbigen, sagt. S. Pau- || [B 1v:] lus, essen vnd trincken jhnen gewis-
lich das gericht.49 Sihe das ist der erste nutz, den du armer Christ erlangest,
so du nach bericht des Interims zum Sacrament gehest, nemlich das du
(20)schůldig wirst am leib vnd blut des Herren Christi, dafuͤr vns vnser Herr Gott
genedigklich behuͤten vnd die Gottlosen tichter des vermaledeieten Interims
nach jhrem vordienst straffen wolle.
Der ander nutz, der aus dieser verfelschung volget, ist, das sie aus den wor-
ten der einsetzung deß Abentmals ein new Opffer auffrichten, welches nir-
(25)gent in der schrifft seinen grundt hat, sonder nur schlechts50 darauff gericht
ist, auff das des einigen51 versunopffers Christi vergessen werde vnd dessel-
bigen gedechtnis verfalle. Denn sie sagen, die heiligsten Vetter, die falschen
Propheten, fuͤr welchen der Son Gots seine Christen so trewlich gewarnet hat
Matt. 7,52 das durch die Messe den Leuten das verdienst Christi zugewendet
(30)vnd mitgeteilet wirdt; vnd solches geben sie zu uerstehn mit verdackten,53
betruͤglichen worten, die doch in der warheit alle die yrthumb, so jhemals
vnter dem Babstumb gewest sind, bestetigen. Denn so vns das verdienst
Christi sol durch die Messen zugewendet werden, so wirdt es endtlich wider
dahin komen, das man die Messe fuͤr ein Opffer halten wirdt, welche vns
(35)vergebung der suͤnden vnd alles guts verdiene, gleichwie vns vorzeiten || [B 2r:]
die falschen lehrer jm Babstumb geleret vnd verfuͤret haben Es ist aber
niemand vnbekanth, das die Messe jm Babstumb gewesen sey vnd noch ist
nicht ein memorial oder erinnerung des leidens Christi, vmb welcher vrsach
willen der Herr Jhesus fuͤrnemlich die Communion odder entpfahung des
Abentmals hat eingesetzt, sondern sie ist ein obliuional54 vnd verleschung55
des leidens, verdiensts vnd Priesterthumbs Christi. Also sichet man hirinnen
(5)die luͤgenhafftige, morderische art der alten Schlangen vnd jhrer Kinder
listige Meisterstuͤck, wie sie durch jhre auslegung die Gttliche schrifft bey
den haren ziehen auff den verstandt, der dem rechten gestracks entgegen
ist.56
Also reden sie auch von der letzten Oelung, das man sie niemandt geben sol
(10)dan denen, die am Todbett vnd letzten zuͤgen ligen,57 so doch S. Jacobus, da
er der Oelung gedenckt, von einem yeglichen krancken redet vnd sagt, das
der Herr vmb des gemeinen Gebets willen dem Krancken widerumb auff-
helffen wirdt.58 Denn die Oelung wurde dazumal nach der meinung des
Apostels nur fuͤr ein ertzney der leiblichen schwacheit gebraucht. Das aber
(15)die Papisten gewnlich fuͤrwenden, es seind allein die Aposteln beim Abent-
mal des Herren gewesen, darumb gebuͤre es auch furnemlich nur jhnen vnd
jhren nachfolgern, nemlich den Papistischen Meßpfaffen, das ist ein Sophis-
tische erlogene cauillation59 vnd kompt auch her || [B 2v:] eben von demselben
Geist, der jhnen die andern verfelschung des heiligen Gttlichen worts ein-
(20)gibt vnnd zublest.60 Denn so es nur die Apostel angehet, was Christus von
dem Sacrament des Altars beuolhen hat, warumb wolten S. Paulus vnd die
alte Christliche Kirche so ein lange zeit mit worten vnd wercken bezeuͤget
haben, das es alle Gottfuͤrchtige in sonderheit angehe?
So viel sey auff dismal genug von dem Artickel, in welchem die fuͤrnemste
(25)Abtgtterey vnd Haubtstuͤck Pebstischer leer begrieffen wirdt. Denn alle jhre
jrthumb von der Messen sind wir jtzt nicht willens zu widderlegen, weil der
heylige Man Gottes D. Martinus Luther, seliger gedechtnis, selbst verstendig
gelert vnd nach der leng dauon geschrieben hat,61 wiewol alle rechtsinnige
Christen, so jhnen nur angezeigt wirdt, das die Papistische Opffermesse
ausserhalben vnd widder die einsetzung des Abentmals Christi sey, nicht
sehr ferners berichts von der verwerffung der Meß bedrffen.
Aus diesem kanstu leichtlich auch von den andern stuͤcken dieses verfluchten
Interims vrteylen, denn es steckt in diesem Interim, wie oben gesagt, eben
(5)der Papistische greuel vnd Abtgtterey so arck,62 als er jemals vnter der
Sonnen gewesen ist. One allein,63 das jhm zuuor niemals so ein schne vnd
liestige farb angestriechen worden ist, darunder es hette mit so starckem
jrthumb knnen hereinschleichen als jtzt in || [B 3r:] diesem Buch, das in allen
winckeln voller heimlicher grausamer jrthumb steckt. Dieselben geheimnus
(10)wuͤrden sie vns hernachmals, so wir denn Herren Christum vorlaugnen wuͤr-
den, mit fleiß eroffenen.h
Aber wiei dem allem sei,j geliebtster Bruder in Christo, es wil dir sampt allen
denjhenigen, so Christum von hertzen lieb haben vnd auff jhn warten, von
nten sein, zu bedencken die grundtlose Barmhertzigkeit Gottes, die jhn be-
(15)weget hat, jtzt vmb die abentzeit auff denn Marck zu gehen64 vnd auff sein
ewiges wolleben zu laden vns, die wir zuuor vnter dem Babstumb warhaff-
tiglich in dem schatten des Todtes sassen,65 ehe der guͤtige Barmhertzige
Gott, Vatter vnsers Herrn Jhesu Christi, vns durch die diener des Heiligen
Euangelij hat seine gnad anbieten vnnd zur Kniglichen wirdtschafft66 seins
(20)Sons ruffen lassen67 mit so grossen schall vnd so lange zeit, das man der
Edlen, heilsamen Predig schier vberdruͤssig vnd sat worden ist. Weil du dann
einmal durch die genad Gottes zur erkentnis der warheit kommen bist, solstu
dich in keinem weg68 von der vnausprechlichen freude, die den Christen in
Ewigkeit von Gott dem Vatter bereitet ist vnd jm Euangelio angeboten vnd
fuͤrgetragen wirdt, widerumb in die grawsame Finsternis des Todtes vnd
hellische pein dringen lassen, weder durch luͤgen vnd mordt des Teuͤffels vnd
der Gottlosen, noch durch Exempel abtruniger Christen, || [B 3v:] sie sind
gleich, wer sie wollen, gelert oder vngelert, hohes oder nidriges stands. Denn
(5)hier ist kein zweiffel an: Die Gottlosen vnd verfolger Gttlicher warheit wer-
den der Christlichen Kirchen nummermehr etwas rechtschaffens oder gotse-
liges furtragen, dieweil all jr thun dahin gerichtet ist, wie sie mchten jeder-
man auff jhr Gottloses wesen leiten vnd fuͤren. Das du dich aber nicht alle-
zeit auff newe trostschrifft fuͤr die blden69 gewissen vertrosten solt, hats
(10)meines bedunckens70 nicht grosser meldung von nten. Denn du weist, das
der dritte Helias,71 der Heilige getroste Mann Doctor Martinus Luther, zu
dem Herren aus diesem jamertal seeliglich abgeschieden vnd nicht mehr
vorhanden ist. Vnd vber das, so erfoddert es sunst die gegenwertige zeit
nicht so sehr langes disputirens als bestendige bekandtnis Gttlicher erkanter
(15)warheit. Denn die widersacher, weil sie sehen, das jhre Finsternis nicht
bestehen muͤgen, so sie gegen den hellen glantz des Euangelij gehalten wer-
den, darumb wollen sie in keinem weg gestadten, das eine offentliche freihe
erkandtnis der leer gehalten werde.
Wie lang hat doch gantz Deutschlandt ein freies Christlich Concilium be-
(20)gert? Wie offt haben wol Keyser vnd Babst solches verheisen? Aber sie sein
noch bis auff denn heuͤtigen tag nicht so kuͤne gewesen, das sie es zugelassen
hetten. Also gar pflegt die luͤgen alle- || [B 4r:] zeit das liecht zu fliehen, die
warheit aber – wie Christus zeugt – hat lust, jm liecht zu wandeln.
Zu Regenspurgk haben die vnsern vor Sieben Jaren etliche Artickel erhalten,
(25)welche der widersacher Theologen muͤsten zulassen vnd bekennen, das
solche die leer Christi sindt;73 was hats aber vnsere Kirchen geholffen?
Nichts mehr dann als hetten wir vnsere sachen verloren vnd nicht gewunnen.
Der vorige Bischoff zu Meintz74 hat vor etlich Jaren gesagt, es beduͤrfft nicht
langes disputirens, denn etliche aus vnsern Euangelischen Artickeln weren
so offentlich war, das man sie nicht probieren drffte,75 sie kndten vns aber
nicht zugelassen werden, auff das nicht der wirdigkeit vnd gewalt der Geist-
(5)lichen abbruch geschehe. Hie sihestu, das kurtzumb jhr leer sol erhalten
werden, Gott geb,76 sie sey recht oder vnrecht, mache seelig oder verdamme,
denn es gilt jhnen hie jhre gewalt, die mus ja erhalten werden, vnser leer
aber, die des Herren Christi lebendig wort ist, sol vertilget werden. Das ist,
deuͤtlich dauon zu reden: k Man sol jhr Gottloses Interim allein vnnd nicht
(10)den Sone Gottes, das ist: Christum, vnseren lieben Herren vnnd heiland,
kuͤssen,77 das ist: an jhn gleuben, wenn man wil vergebung der suͤnden,
ewige versonung Gots zorns, ewiges leben vnd seeligkeit erlangen.k Derhal-
ben weil sie sehen, das jhre leer mit zeugnis der schrifft nicht mag verteidin-
get werden, kriechen drey Sophisten79 in einem win- || [B 4v:] ckel zusamen
(15)vnnd machen etwas verblumelts,80 dasselbige treiben vnd fiddern81 sie mit
vnseglichem betrug vnd list, l mit beystandt etlicher verwegener82 Leuͤt vnd
kluger Epicurer,l83 denen es nur vmb gut vnd ehre, nicht vmb Gots wort, des
Herren Christi ehr vnd der Menschen seeligkeit zu thun ist, vnd drawen86
alle grawsame plage allen denen, so nicht drein verwilligen wllen.
Derhalben weil die Gttliche warheit, Gott lob, klar am tag vnnd jederman
bekandt ist vnd der widersacher sin vnd mut nicht zu erforschung, sondern
(5)zu vnterdruckung der warheit gerichtet ist, wil gegenwertige zeit – wie
vormals gesagt – nicht viel disputirens leiden, sondern erforddert, das alle
vnd yede Christen insonderheit erkandte Gtliche warheit des Euangelij
helffen mit standthafftigem hertzen bekennen.m
Derhalben wer du bist, der du Gott fuͤrchtest, sihe, das du dich vnd die dei-
(10)nen vnterweisest, trstest vnd jnn der warheit sterckest mit schrifften des
Ehrwirdigem Herren Doctor Martini Lutheri seeliger gedechtnis vnd anderer
Gottfuͤrchtigen gelerter Scribenten, fuͤrnemlich aber mit der Heiligen schrifft.
Vnd weil Menner sich jtzund schewen, den Namen des Herren zu bekennen,
so schreien Kinder vnd stein,87 vnd helff, wer helffen kan, nach seinem
(15)hchsten vermgen, auff das doch des Herren name vnd nicht des Teuͤffels,
des Bapsts zu Rom vnnd der heylosen Muͤnch vnnd Meßpfaffen, geheiliget
werde || [C 1r:] vnd auff das wir doch bey der seeligmachenden leer des Hey-
ligen Euangelij bleiben mgen!
Auch soltu offt bedencken, christlicher leser, den Spruch des Herren Christi
(20)Matth. 10: „Wer mich bekennen wirdt fuͤr dem Menschen, denn wil ich
bekennen fuͤr meinem Himlischen Vatter. Wer mich aber verleuͤgnet fuͤr den
Menschen, den wil ich verleuͤgnen fuͤr meinem Himlischen Vatter“88 etc.
Vnd „wer bis ans end beharret, wirdt seelig werden.“89 Vnd Paulus zun
Hebre. am 12. sagt: „Die rechten Kinder werden gezuchtiget; die aber, so
nicht gezuchtiget werden, sind nicht recht Gottes Kinder, sondern
Basharte.“90 Jtem, es muͤssen alle Gottseeligen dem Herren Christo durch das
(5)Creuͤtz gleichformig werden vnd also eingehen jnn das ewige leben, wie
sulchs die gantze Heylige Schrifft reichlichen zeigt, als Acto 14: „Durch viel
truͤbsal muͤssen wir in das Reich Gots gehen.“91 Jtem 2 Timo. 3: „Alle, die
Gottselig leben wollen in Christo Jesu, muͤssen verfolgung leiden.“92 Jtem I.
Pet. 4: „Jhr lieben, lasset euch die hietze, so euch begegnet, nicht befremb-
(10)den – die euch widderferet, das jhr versucht werdet –, als widderfuͤr euch
etwas seltzams, sondern frewet || [C 1v:] euch, das jhr mit Christo leidet, auff
das jhr zur zeyt der offenbarung seiner heerlichkeit Freude vnd wonne haben
mget. Selig seid jhr, wenn jhr geschmehet werdet vber dem Namen Chri-
sti.“93 Jtem: „Wer mein Juͤnger sein wil, der verleuͤgne sich selbst vnd neme
(15)sein Creuͤtz auff sich vnd folge mir nach.“94 Jtem 2. Timo. 2: „Das ist jhe
gewislich war: Sterben wir mit, so werden wir mit leben; dulden n wir mit,n
so werden wir mit herschen; verleugnen wir, so wird ehr vns auch verleug-
nen.“95 Vnd vom Son Gots vnserm lieben Herren Christo Jesu stehet also geschrie-
(20)ben Lucae ulti.: „Muͤste nicht Christus also leiden vnd in seine heerlickheit
eingehen?“96 Jtem Jesus Syrach 2: „Mein Kind, wiltu Gots diener sein, so
schicke dich zur anfechtunge; halt fest vnd leide dich97 vnnd wancke nicht,
wen man dich dauon locket, halt dich an Gott vnd weiche nicht, auff das du
jmmer stercker werdest. Alles was dir widderferet, das leide vnd sey geduͤl-
(25)dig in allerley truͤbsal. Dann gleich wie Gold durch fewr, also werden die, so
Gott gefallen, durchs fewr der truͤbsal bewert; vertrawe Gott, so wird ehr dir
aushelffen, richte deine wege vnd hoffe auff jhn.“98 Marci. 10: „Wer sein
leben findet, der wirdts ver- || [C 2r:] lieren, vnd wer sein leben verleuͤrt vmb
meintwillen, der wirds finden.“99 Derhalben wache vnd stehe fest im glau-
(30)ben100 vnd bite fuͤr dich, fuͤr mich vnd fuͤr die gantze Christliche Kirchen.
Jn diesem Jar ist das generale Oecumenicum Concilium zu Trident mit sei-
ner leer zu boden gangen,101 so es doch – wer es glauben wolt! – Jm heiligen
Geist rechtschaffen versamlet ist gewest vnd hat zu regenten gehabt souiel
geweichte102 beschorne Muͤnchen103 vnd spitzhuͤt,104 die mit aller heiligkeit
(5)vnd keuͤscheit gezieret waren. Weil dann vnser Herr Gott ein solch prechtig
Concilium also zutrent hat, das es verschwunden ist wie ein vnzeitig gebuͤrt,
als der Psalm sagt,105 wolstu dann an seiner gnad vnd Allmechtigkeit ver-
zweiffeln? Meinstu, er kan auch nicht dieses Interim, welches durch ein
handtuol Sophisten geschmidet ist, zunichte machen?
(10)Der,107 so dieseno Gotlosen Buben108 macht hat geben, vber so uiler Chris-
tenmenschen heyl zu schliessen,109 der wuͤrde jhnen nicht vertrawen, das sie
zwischen jhm vnd seinen feinden vmb das geringste Stedtlein solten vnter-
handler odder teidingsleuͤt110 sein. Hieraus sihestu, wie wenig es jhnen an
vnser Seeligkeit gelegen ist.
(15)Jn diesem Jar ist eine tugetsame, gottfuͤrchtige matron,111 eines Graffen
verlasene112 Wit- || [C 2v:] fraw, mit jhrem einigen113 Son jm Niderland ent-
heubtet, darumb das sie das Betteln der Anthoniussew114 jn jhrem Land nicht
gestadten wolt.115 O Herre Gott, sihe an das elend deiner Kirchen vnd die
vnseglichen grausamkeit der Pharonen,116 die dein Heiliges Euangelion von
(20)deinem eingebornen geliebten Son Christo Jesu gedencken gar auszutilgen
vnnd „machen listige anschlege widder dein volck vnd Radtschlagen widder
deine verborgene,“117 wie der 83. Psalm. sagt. „Wolher,118 sprechen sie, last
vns sie ausrotten, das sie kein Volck mehr sein, das des Namens Jsrael nicht
mehr gedacht werde!“119 Erscheine doch mit deiner huͤlff vom Himel herab,
das alle welte sehe vnd bekennen muß, das du, Herr Gott, ein Vatter vnsers
(5)Heilandes Jhesu Christi, dich deiner Kirchen annemest, sie schuͤczest, fuͤrest
vnd regierest wunderbarlich vnnd erretest aus der handt aller jhrer feinde!
Amen, amen, das geschehe bald.
Es sind wol gewaldigere Tyrannen gewesen als die jetzigen, die auch die
Kirchen Christi verfolget haben, gleichwol ist endtlich der Gottlose Pharao
(10)nach der gestrengen gerechtigkeit Gottes im hellischen abgrundt ersoffen,
aber das Volck Jsrael ist durch huͤlff der vnausprechlichen Barmhertzigkeit
Gottes mit frolocken inn das gelobte Landt kommen.120 Also hebt vnser Herr
Gott erstlich an, die seinen zu steupen121 nach dem Spruch Petri, seinen
grimmigen zorn aber schuͤttet er endlich gar auff die kpffe der Gottlosen.
(15) || [C 3r:] Man hat auch gruͤndtliche kundtschafft, das dis angezuͤndte liecht des
heiligen Euangelij jetzt in allen Landen zu scheinen angefangen hat vnd aus-
gebreitet wirdt in Welschlandt,123 Franckreich, Engelandt etc. Auch ist es
gewislich war, das es auch in der Turckey vnd Kriechenland geleret wirdt,
vnd die Tuͤrcken vergonnens124 in jhrem gebiet zu predigen. Aber vnsere
(20)Junckern vnd Tyrannen sind so toll,125 rasend vnd vnsinnig, das sie es nicht
leiden knnen odder wollen. Vnd gleich wie zur zeit Christi die rechtschaf-
fene leer keine grossere feinde hatte denn erstlich die hohen Priester vnd
schrifftgelerten vnd darnach die andern Juͤden, also auch zu vnsern zeyten
verdammen vnd verfolgen die Tuͤrcken nicht so seer die warhafftigen leer
(25)Gttlichs worts als Erstlich die Pebst, Pfaffen vnd Tyrannische Pfaffen-
knecht vnd darnach alle andere gleißner126 vnd Judas, das ist: des Bapsts
gesellen, die sich doch des namen Christi rhuͤmen. So denn allerley Heyden
vnd lender vnsere leer als heilsame Gttliche warheit annemen odder gehen
lassen, wolten wir dann so eben, bey welchen dise leer erstlich aus sonder-
(30)licher gnade Gots des Allmechtigen durch den thewren Man vnd trewen
diener Christi D. Martinum Lutherum seeliger gedechtnis Widerumb an tag
ist gebracht, die ersten sein, so dieselbige selige leer verleuͤgneten, so wer es
besser, das wir allesampt in eim augenblick vmbgebracht wurden.
|| [C 3v:] Vnser Herr Jhesus Christus, der von dem ewigen Vater zum Knig
gemacht ist vber denn Berck Zion vnd sitzet zur gerechten127 des Vaters,
lebend vnd regirendt in Ewigkeit, der wolle mit seinem Eiseren Scepter alle
Vlcker, Heiden, Fuͤrsten vnd Knig, die sich mit wuͤten vnd toben widder
(5)sein wort auffleinen,128 gleich als tpffe zerschmeissen vnd denn seinen bald
mit seiner frlichen, herrlichen zukunfft erscheinen!129 „Amen“, sprech ein
yeder Christ. Amen.
Denn das Gebet der elenden
Vnd das vnschuͤldige Blut des Abels
(10)Schreyet bis jnn Himel. 130