Text

Ein neuer Bergreihen (1548)
bearbeitet von Johannes Hund
[Inhaltsverzeichnis]

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Einleitung

1. Der Autor

Autor des ersten Liedes ist ein ansonsten unbekannter Wolf Pfeilschmid, der
seinen Namen mit den Anfangsbuchstaben der Strophen in Form eines Akro-
(5)stichons zu erkennen gibt.1 Das zweite, auch selbständig im Druck erschie-
nene Lied gibt seinen Autor nicht zu erkennen. Dafür, dass es ebenfalls von
Pfeilschmid stammt, spricht die Tatsache, dass es zusammen mit dessen Lied
gedruckt wurde. Ein Beweis für dessen Autorschaft ist dies allerdings nicht.2

2. Inhalt


(10)Der Druck enthält zwei Lieder, die beide thematisch gegen das Augsburger
Interim gerichtet sind. Im ersten Lied reflektiert Wolf Pfeilschmid die Situa-
tion im Reich nach der Beendigung des Schmalkaldischen Krieges und der
Verabschiedung des Augsburger Interims im Reichsabschied vom 30. Juni
1548. Mit diesem Religionsgesetz versuche der Papst, den Evangelischen
(15)das göttliche Wort wieder fortzunehmen. Er sei darum bemüht, seine Irrlehre
und den Ablass, an dem sich die Reformation entzündet habe, auch im Reich
wieder einzuführen. Pfeilschmid ruft darum die deutsche Nation zum Wider-
stand gegen diesen vermeintlichen Angriff des Papstes auf. In der jetzigen
Situation gelte es, standhaft zu bleiben, dem Interim zu widerstehen und,
(20)wenn es sein müsse, auch das Martyrium auf sich zu nehmen. Das Leiden in
dieser Welt sei unvergleichbar mit dem ewigen Leiden, das auf die warte, die
das Interim annähmen.
Das zweite Lied beginnt mit einer Klage über die Folgen des Schmalkaldi-
schen Krieges in Deutschland. Dieser Krieg sei vom Papst ausgegangen, der
(25)den Kaiser gegen dessen Kapitulationseid,3 das Reich vor ausländischen
Feinden zu beschützen, zum Angriff auf die evangelischen Stände im Reich
angestachelt habe. Der Papst benutze den Kaiser zum Schutz der eigenen
Macht und zur Stabilisierung der Irrlehre. Die beiden Feinde der Wahrheit
gäben vor, mit dem Interim den Frieden in Deutschland wieder herstellen zu
(30)wollen bis zum nächsten Konzil. In Wahrheit aber sei das Interim nichts an-
deres als eine diabolische Verführung der Evangelischen im Reich. Die
evangelischen Landesherren, die das Interim angenommen und in ihren Ter-

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ritorien umgesetzt hätten, um damit die kaiserliche Gunst zu gewinnen,
müssten sich dereinst vor ihrem himmlischen Herrn dafür verantworten. Das
Lied warnt eindringlich davor, sich durch den schönen Schein des Interims
verführen zu lassen. Das Lied schließt mit der Bitte an Gott, den evangeli-
(5)schen Fürsten, die bislang das Interim nicht angenommen hätten, Beständig-
keit zu verleihen.

3. Ausgaben

Nachgewiesen werden können folgende Ausgaben:
A:Ein̅ newer Berg || reien in diesen fehrlichen zei= || ten. Jm Thon zu
(10)singen. Was wl wir aber || heben an / Das best das wir geleret han.
Oder || in der Frenckischen Pawrn Thon. || Noch ein schön new Trost ||
Lied auff das INTERIM gemacht / trst= || lich zu singen. Jm Thon /
Wer in Krieg || will ziehen / Der muß gerstet sein
. [4] Blatt 4° (VD 16
P 2368)
(15)Vorhanden:
Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: 1167.5 Theol. (2), 925.17
Theol. (29) [benutztes Exemplar]
B: Ein̅ newer Berg || reien in diesen fehrlichen zei= || ten. Jm Thon zu
singen. Was wol wir aber || heben an / Das best das wir geleret han.
(20)Oder || in der Frenckischen Pawrn Thon. || Noch ein schn new Trost ||
lied auff das INTERIM gemacht / trst= || lich zu singen. Jm Thon /
Wer in Krieg || wil ziehen / Der muß gerstet sein. [4] Blatt 4° (VD 16
ZV 12427)
Vorhanden:
(25)Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Ye 3511
C: Ein̅ newer Berg || reien in diesen fehrlichen zei= || ten. Jm Thon zu
singen. Was wl wir aber || heben an / Das best das wir geleret han.
Oder || in der Frenckischen Pawrn Thon. || Noch ein schn new Trost ||
Lied auff das INTERIM gemacht / trst= || lich zu singen. Jm Thon /
(30)Wer in Krieg || wil ziehen / Der muß gerstet sein
. [4] Blatt 4° (VD 16
ZV 12428) [4] Blatt 4° (VD 16 ZV 12428)
Vorhanden:
Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Ye 3512
Eine unkommentierte Edition des kompletten Druckes aus dem Jahre 1870
(35)liegt vor in: Philipp Wackernagel, Das deutsche Kirchenlied von der ältesten
Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts. Bd. 3, Leipzig 1870 (Nachdruck:
Hildesheim 1990), 1044–1047 (Nr. 1217f).
Das zweite Lied erschien als separater Druck in folgenden Ausgaben:
D: Ein schn new || Lyed auff das || INTERIM || gemacht / trstlich zu
(5)singen. Jm || thon / Wehr in Krieg wil || zihen / Der muß ger= || stet
sein
. [4] Blatt 8° (VD 16 S 3615)
Vorhanden:
Frankfurt am Main, Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg:
W 1154 Nr. 40
(10)E: Eyn schn new || Lied auff das || INTERIM || gemacht / trstlich zu
singen• || Jm thon / Wer in Krieg || wil zihen / Der muß || gerstet sein

[4] Blatt 8° (VD 16 S 3616)
Vorhanden:
Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Ye 3529
(15)Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: 925.17 Theol. (41)
Nur das zweite Lied bietet Rochus von Liliencron, Die historischen Volks-
lieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert. Bd. 4, Leipzig 1869
(Nachdruck: Hildesheim 1966)
, 458–460 (Nr. 569).
Die drei Ausgaben A, B und C scheinen relativ zeitnah in den Druck gegan-
(20)gen zu sein. Sie weisen keine inhaltlichen und wenige orthographische Ab-
weichungen auf. Die beiden Separatausgaben des zweiten Liedes, D und E,
zeigen geringfügige, zumeist orthographische, von Druck A differierende
Lesarten, die in der Textkritik nachgewiesen werden. Zum Abdruck kommt
die Ausgabe A. Anders als die Vorlage werden die Anfangsbuchstaben des
(25)Akrostichon durch Fettdruck hervorgehoben.

Kommentar
1  Vgl. Weller, Lieder, 296; Wackernagel III, 1045.
2  Kaufmanns Ablehnung der Zuschreibung des ersten Liedes an Wolf Pfeilschmid vermag nicht
zu überzeugen. Er beruft sich auf Liliencrons Edition des zweiten Liedes, bei der dieser auf eine
Autorenzuschreibung verzichtet habe. Damit ist aber noch gar nichts über die Autorschaft des
ersten Liedes gesagt. Folgt man Kaufmanns Urteil, „In der ‚Entdeckung‘ des Verfassernamens
‚Wolf Pfeilschmid‘ vermag ich auch nicht mehr als geistreiche Willkür zu sehen, da nichts darauf
hindeutet, daß ein Autor einen versteckten Hinweis auf seinen Namen habe geben wollen“,
Kaufmann, Ende der Reformation, 388, so muss man das offenkundig vorliegende Akrostichon
als Zufall abtun.
3  Vgl. unsere Ausgabe Nr. 5: Flacius, Gemeine Protestation, S. 146, Anm. 2
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