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Nikolaus Kanne im Kloster Scharnebeck an Propst Nikolaus Graurock im Kloster Lüne
9. März 1464
Stellungnahme im Streitfall — Statement in a legal caseKloster Lüne, Hs. 15, Lage 6, fol. 7r
Lateinisch und Niederdeutsch.
Vgl. Brief 59
Der Zisterzienserbruder Nikolaus Kanne, ehemaliger Beichtvater im Kloster Lüne, bringt seine Erwartung zum Ausdruck, der Hochmut seines nicht genannten Widersachers werde gedemütigt. Er rät dem Propst, nicht selbst tätig zu werden. Die Entscheidungen des Bischofs von Verden und des Lüneburger Rates sind ihm recht, wenn sie die heilsame Mäßigung seines Gegners zum Ziel haben. Er würde, wie bereits vereinbart, am kommenden Dienstag erneut nach Lüne kommen, falls er Pferde für den Weg hätte; dies werde aber wohl nicht der Fall sein.
Brother Nikolaus Kanne, former confessor of Lüne and a Cistercian monk in Scharnebeck, hopes that the pride of his unnamed adversary will lead to the latter being humbled. Kanne’s adversary, who appears to have had him dismissed from his position as confessor in Lüne, may have been the former Provost Dietrich Schaper or one of his allies. Schaper appears to have had a difficult relationship with the monks of Scharnebeck, claiming in 1455 that the town council of Lüneburg had had two barrels of embezzled gold buried under their High Altar. After his removal from office in 1457, he also created significant difficulties for the new Provost of Lüne, Nikolaus Graurock. However, Brother Nikolaus advises the Provost not to become involved in the dispute. He writes that the Provost should be pleased with the decisions made by the Bishop of Verden and the town council of Lüneburg if the aim is to restrain his opponent. As already agreed, he writes that he would come to Lüne again on the following Tuesday, but he fears that he might not be able to do so because he probably would not have a horse for the journey. A note in German at the end of the letter suggests that it was probably circulated to Hartwig Stöterogge (d. 1539), Mayor of Lüneburg, at a later date.
1 Cum orationibus utinam in Christo fructuosis quidquid
2 poterit is qui vere diligit!1 Precolende
3 domine fautor et amice cordialissime
4 doleo super
irrogata contumelia que
5 tamen redundat in fontem unde processit
6 iusto Deo
unicuique iuxta sua demeri=
7 ta in tempore retribuente At si vos ipse
8 ad hoc ipsum cooperari
disposueritis cum
9 crudelis censendusa sit qui famam ne=
10 gligit non utique nostro monasterio sed persone
11 illius qui intulit
imputetis ulciscendo et
12 vindicando taliter ut ceteris cedat
13 in terrorem
Spero enim quia Dei mira
14 clementia qui omnem arrogantem
15 humiliat2 per huiusmodi
occasiones velit et
16 dignetur ipsum etiam confundendo humi=
17 liare ut vel sic aliquando recipiscat
18 a tumore mentis et ad
religiosam
19 redigatur humilitatem ac mansuetudinem3
Alias sicut modo contuli=
23 mus singulis quasi iam disponitisb 3a feria
24 proxima recessurus forem de nostro
monasterio
25 usque in Lune quodc ut intelligo
non habebo
26 ab ipso equos pro via Si certus forem
27 quod cum divine pietatis benedictione ac
bene
28 placito possem abscedere nequaquam protra=
29 herem separari ab homine isto cuius spiritus
30 in naribus eius est.6 Valde enim vereor
31 a facie eius quemadmodum sanctus patri
32 archa Jacob a facie fratris sui Esau,7
33 quia ut apparet nec Deum timet nec homines
34 reveretur Sed humiliter ob
audiendo bo=
35 norum amicorum consilia comitto causam
36 anime mee defensori vite
mee
37 cui ut confido cura est de me in
38 cuius manibus sortes mee sunt,8 qui
47 Venerabili ac prehonorando domino Nicolao preposito
48 monasterii in Lune et archidiacono in Bevensen
49 domino suo et fautori merito precolendo
50 Dem ersamen vnde walwysen heren,
51 heren Hartich Stoterogghen,
Bor=
52 ghermestere der Staed to Luneborgh,
53 vnsem guden gunner vnde besundergen
54 groten frunde, frunteliken ghescreuen.11
a zu korrigieren in censendus
b zu korrigieren in dispositis
c Abkürzung nicht schlüssig, emendiert zu quod
1 Vgl. etwa Io 14,21-24
2 Leo IX papa, Epistola 102, in: Migne PL 143, Sp. 774, in Anlehnung an das ‚Magnificat‘.
3 Der ungenannte Widersacher Kannes, der offensichtlich dessen Entfernung vom Amt des Beichtvaters in Lüne erwirkt hatte, könnte vielleicht der frühere Lüner Propst Dietrich Schaper oder einer von dessen Bundesgenossen gewesen sein. Der nach längeren Auseinandersetzungen 1457 endgültig abgesetzte Schaper versuchte weiterhin, seinem vom Verdener Bischof Johannes von Asel eingesetzten Nachfolger Nikolaus Graurock (der seinerseits offenbar im Einvernehmen mit Kanne stand) die Präpositur streitig zu machen. Überhaupt scheint das Verhältnis Schapers zum Kloster Scharnebeck nicht ganz unbelastet gewesen zu sein – 1455 hatte Schaper behauptet, die Lüneburger Ratsherren hätten zwei Tonnen unterschlagenes Gold unter dem Altar der Klosterkirche zu Scharnebeck vergraben, vgl. Springensguth, Tod (2007), S. 59.
4 Johannes III. von Asel († 21. Juni 1472), seit 1426 Bischof von Verden.
5 Gemeint ist sicher der Lüneburger Rat.
10 9. März 1464.
11 Der deutschsprachige Vermerk gehört offensichtlich nicht zur ursprünglichen Fassung des Briefes. Der in der Hs. vorangehende und der nachfolgende Brief sind an den Lüner Propst Nikolaus Graurock adressiert. Womöglich wurde das Schreiben zu einem späteren Zeitpunkt, in einem neuen Zusammenhang an den Lüneburger Bürgermeister Hartwig Stöterogge versandt. Stöterogge verstarb 1539. Zum Augenblick des hier benannten Konfliktes um das Amt des Beichtvaters in Lüne, 1464, war er noch nicht im Amt.