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Priorin Mechtild von Niendorf im Kloster Ebstorf an Priorin Sophia von Bodenteich und Subpriorin Gertrud von Eltzen im Kloster Lüne
1493 oder wenig vorher
Bericht über die Krankheit des Propstes — Update on the condition of the sick provostKloster Lüne, Hs. 15, Lage 13, fol. 12v
Lateinisch und Niederdeutsch.
Die Priorin teilt der Priorin und Subpriorin mit, dass sie bezüglich des Gesundheitszustands ihres Propstes leider bestätigen müssten, was sie befürchtet hatten. Sie seien seinetwegen äußerst besorgt, fühlten sich verlassen und verletzlich. Dennoch hätten sie Hoffnung, dass Gott den Propst doch wieder genesen lasse, da sie niemanden auf Erden kennen, der besser für sie sorgen würde. Er habe der Gemeinschaft viel Gutes getan; viele fromme Prälaten wären zu ihm gekommen und er habe das Kloster nicht nur neu gebaut, sondern noch erweitert, jedoch stets im Rahmen der Klosterregel. Unter ihm seien neunzig neue Konventsmitglieder aufgenommen worden. Sie bitten um Fürbitte für die Genesung des Propstes. Sollte das nicht sein können, ansonsten für einen würdigen Nachfolger.
Sophia von Bodenteich and Gertrud von Eltzen, the prioress and sub-prioress of Lüne, had asked the prioress of Ebstorf about the wellbeing of Provost Matthias von dem Knesebeck, who presided over the convent from 1464 to 1493. Provost von dem Knesebeck had played an important role in the reform of the Lüne convent in October 1481 along with Mechtild von Niendorf, the sender of this letter and prioress of Ebstorf from 1470 to 1495, who had sent the two recipients from Ebstorf to Lüne to take charge of the introduction of the reforms. The prioress of Ebstorf reports that she must regrettably confirm, in words from Esther 11.9, that she and her fellow nuns are deeply worried about his condition. Although the Bible quotations from Lamentations 5.16 and the reference to the hymn Cecidit corona capitis nostri evoking Christ resting in his tomb used in the daybreak office on Holy Saturday suggest that the nuns do not expect their provost to recover, the sender insists that they have not given up hope. They write that they are praying to God for a full recovery, as, in the words of Judith 13.17, He will never fail those who hope in Him. If that is not possible, they hope for a successor who will care for them just as well as Provost von dem Knesebeck did by making Ebstorf the first convent in the region to accept the Bursfeld Reforms in 1469, setting an example to the convents in Lüne, Medingen and Buxtehude, trusting in the words of Romans 5.5. that their hope will never be confounded. They praise his care for them by likening him to the Good Shepherd who laid down His life for His sheep in John 10.11-16, an image also used in Chapter 27 of the Rule of St Benedict when setting out the duties of an abbot.
1 Patrem misericordiarum et Deum totius consolationis pro
2 salute
Venerabilis domina et predilecta soror G Eken
3 ambe karissime mee filie michi in eodem
ut scri=
Karissime tempus
50 non admittit plus scribere pre habundanti
51 dolore Sed peto attente ut dominum
52 Deum fideliter pro eo exoretis ut si umquam
53 esse potuerit et ei ita placuerit
54 dat he ene denne wille wedder gheuen
55 ad pristinam sanitatem
wente des beghe=
56 re wy unanimiter ut dignum et iustum
57 est ex totis affectibus animarum. cordium ac
58 corporum nostrarum
weret auerst io dat
59 enen dominus Deus to sick eschedeb
alze wy
60 nichten hopet quia spes semper non confundit8
61 dat gy denne willen dominum Deum ok
66 P M N
67 Venerabili et religiose domine Soffie
prio=
68 risse monasterii in Lune filie sue sibi
69 in Christo predilecte.
a korrgiert aus dar noch, Änderung der Reihenfolge angezeigt durch supra lin. a und b
b zu korrigieren in eschede
1 Der Ebstorfer Propst Matthias von dem Knesebeck (1464-1493, vgl. Jaitner, Art. ‚Ebstorf‘, in: Germania Benedictina 11, S. 173), um den es hier geht, und die Verfasserin des Briefes, die Ebstorfer Priorin Mechthild von Niendorf (1470–1495), hatten im Oktober 1481 maßgeblich an der Reform des Klosters Lüne mitgewirkt (‚Reformationsbericht‘, in: Die Chronik, hg. von Stenzig (2019), S. 17-22), besonders hatten sie damals aus Ebstorf auch die beiden Adressatinnen des vorliegenden Schreibens mitgebracht, Sophia von Bodenteich, die dazu bestimmt war, das Amt der Priorin in Lüne zu übernehmen, und Gertrud von Eltzen, die zur Lüner Subpriorin werden sollte. Die Verfasserin des Briefes schreibt hier also an die beiden Nonnen, die sie damals selbst an das Kloster Lüne abgegeben hatte, um sie über das Ergehen des Propstes auf dem Laufenden zu halten, der einst auch ihr eigener gewesen war.
3 Lam 5,16. Die Zitate lassen erkennen, dass die Verfasserin mit einer Genesung des Propstes nicht mehr rechnet – als liturgischer Text wird ‚Cecidit corona capitis nostri‘ zur düsteren Mette am Karsamstag vorgetragen, dem Offizium, dessen Leitmotiv die Grabesruhe Christi ist.
4 Idt 13,17: dixit Judith: Laudate Dominum Deum nostrum, qui non deseruit sperantes in se.
5 Wie in der marianischen Antiphon ‚Salve regina‘ (ad te suspiramus gementes et flentes in hac lacrymarum valle).
6 Matthias von Knesebeck hatte das Kloster Ebstorf als erstes Kloster der Region 1469 für die Bursfelder Reform geöffnet, von dort aus sollten in der Folge nicht nur Lüne, sondern auch Medingen und, nach einigen Rückschlägen, auch die Buxtehuder Klöster für die Reformbewegung gewonnen werden (Jaitner, Art. ‚Ebstorf‘, in: Germania Benedictina 11, S. 173).
7 Das Bild vom Guten Hirten, der sein Leben für die Schafe gibt (Io 10,11-16), wird in der ‚Regula benedicti‘ zitiert, c. 27, in dem es um die Pflichten des Abtes geht: Et pastoris boni pium imitetur exemplum, qui, relictis nonaginta novem ovibus in montibus, abiit unam ovem quae erraverat quaerere, cuius infirmitati in tantum compassus est, ut eam in sacris humeris suis dignaretur imponere et sic reportare ad gregem.