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Nonne im Kloster Lüne an eine Verwandte, wohl in einem anderem Kloster
Ostern, 1510
Trostbrief — A Lüne nun asks after her relative’s health and sends a devotional imageKloster Lüne, Hs. 15, Lage 16, fol. 6v
Lateinisch und Niederdeutsch.
Die Absenderin teilt ihrer älteren und ehemals für sie verantwortlichen Verwandten mit, dass es ihr gut geht und sie Gleiches von ihr zu hören hofft, obwohl sie von einer Krankheit der Empfängerin erfahren hat. Sie hofft, sie genese rasch, denn sie werde noch gebraucht. Sie vermutet, dass die Krankheit auf die Trauer um die verstorbene Mutter AL zurück zu führen ist, mit der die Empfängerin gemeinsam am geistlichen Werk gearbeitet hat. Sie möge keine Tränen vergießen, sondern sich freuen. Die Absenderin legt ein Andachtsbild des auferstehenden Christus bei, das ihr Trost, Freude und Gesundheit spenden soll. Sie wünscht der Empfängerin, dass sie wie Thomas die Seitenwunde als Paradiestür offen finden möge und dass die Betrachtung der paradiesischen Blumenwiese einen Vorgeschmack der ewigen Schau gebe.
The Lüne nun has heard that her older relative is ill and is saddened by the news. She assumes it is connected to the death of the dear mother, AL, with whom the recipient worked together “in the vineyard of the Lord”. Both are presumably nuns in another convent. She sends the recipient an image of Christ’s resurrection from the tomb to comfort her.
1 Regem immortalem nama nobili pompa ab inferis regressum re
2 divivum electis apparentem pro salutamine letificatoriamb tempore
3 gaudii ex consanguinea caritate prothomissa
Precordialissima
4 ac karissima mater mea in visceribus Jesu Christi michi nimium ut natu
5 re communio exigit diligenda vestro notifico innato amori
6 quod permittente Deo subsisto in bona sanitate utinam etiam a vobis
7 idipsum audire valeam annuente medico salutari humani
8 generis Jesu Christo per diuturna temporum curricula
Karissima mea mater et
9 gerula
ik h. wol vor namen, dat gy heu wat krenc
10 lick synt hoc multum gravat cor meum tamen wil ik hopen
Et cum
44 hoc sitis recommendata in illo paradisiaco prato5 glorioso apostolo
45 sancto Thome hoc tempore venerabili reserato ubi secum inde carpere
46 valeatis flores rosarum ac poma convallium6
superne sua=
47 vitatis de quibus recreata in via per contemplationem demum
48 de illis satiari queatis per eternalem fruitionem quod nobis insimul
49 conferat pro gloria resurrexionis qui in eternum victurus in celis
50 regnat Amen
Anno Domini etc CXo7
a zu korrigieren in iam
b zu korrigieren in letificatoria
c zu korrigieren in caligate
d in der Hs. menbra; mglw. Hinweis darauf, dass m im Sprechen vor b assimiliert wurde
e supra lin.
f hier unleserliche Streichung
1 Anspielung auf das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg des Herrn, Mt 20,1-16.
2 Der lucifer matutinus, der Himmel und Erde erleuchtet, ist Christus, z. B. nach Petrus Damianus, Sermo I in Epiphania Domini, in: Migne PL 144, Sp. 506: Et ortus est nobis lucifer matutinus, qui non novit occasum, quando lux illa vera, quae illuminat omnem hominem venientem in hunc mundum, in tenebris luxit (im Hinblick auf den Prolog des Johannesevangeliums). Letztlich geht das Bild vielleicht zurück auf Ambrosius Mediolanensis, Hexaemeron, lib. VI de opere sexti diei, cap. 9.
3 Vgl. Appuhn/von Heusinger, Der Fund (1965), Nr. 12, 23, 76.
4 Aus der Sequenz ‚Laudes Salvatori voce modulemur‘ des Notker von St. Gallen, für die Messe des Ostersonntages: Favent igitur resurgenti Christo cuncta gaudiis, flores, segetes redivivo fructu vernant, et volucres, gelu tristi terso, dulce iubilant. Diese Sequenz zählte zum Repertorium der Bursfelder Kongregation, vgl. Rosenthal, Die Sequenzen (1983), S. 162, die Verfasserin hatte sie also gerade selbst gesungen. Zur Stellung der Sequenz in der Osterliturgie der Lüneburger Frauenklöster vgl. auch Hascher-Burger/Lähnemann, Liturgie (2013), S. 119-122.
5 Das Wortfeld dieses und des vorausgehenden Satzes findet sich zum Beispiel in Honorius Augustodunensis, Scala coeli minor, cap. 5, in: Migne PL 172, Sp. 1242: Quintus decimus gradus et ultimus ponitur pro perseverantia, per quam paradisiacae amoenitatis capiuntur prata vernantia.
6 Nach Ct 6,10, das Bild des Pflückens von Rosen und. Ä.feln ist omnipräsent in den Kommentaren zum Hohenlied. Vgl. Cornelius a Lapide, Commentarii (1846), Bd. 4, Teil 2, S. 772-774.
7 1510 (Osterzeit).