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Nonne im Kloster Lüne an ihre Mutter
vor 21. März, wahrscheinlich 1488
Ankündigung der bevorstehenden Profess — Thank-you letter before crowningKloster Lüne,
Niederdeutsch.
Die Chronik, hg. von Stenzig (2019), S. 74; Brief 224 (Lage 17, fol. 3v-4v); Brief 266 (Lage 19, fol. 14r-15r); Brief 268 (Lage 19, fol. 16r-17r).
Die Absenderin bedankt sich für die Fürsorge und bittet Christus als ihren Bräutigam, die Mutter für alle guten Taten zu belohnen. Vor allem aber bedankt sie sich dafür, dass sie sie ins Kloster gegeben hat. Sie teilt mit, dass sie an einem der kommenden Sonntage eingekleidet und am Tag des hl. Benedikt die Profess ablegen wird. Damit wird sie sich vollständig in ein Leben des Gehorsams geben. Sie bittet um Vergebung für alles, womit sie die Mutter in der Kindheit durch Weinen, Worte oder Taten, durch Eigensinn oder Missachten guten Rates erzürnt haben könnte. Sie will das weltliche Kleid mit dem Kleid der geistlichen Liebe tauschen, damit sie nach diesem Leben im Brautbett des unbefleckten Lammes liegen kann. Der schöne und mächtige Christus wird zum Schwager der Mutter, wofür die Mutter hoffentlich dankbar ist. Die Absenderin kann nicht genug betonen, wie froh sie ist, die jammervolle Welt aufzugeben; sie dankt daher nochmals ausdrücklich und erwartet Christi Lohn.
The writer thanks her mother for her care and asks Christ as her bridegroom to reward her mother for everything that she has done for her daughter. Above all she is thankful that her mother has placed her in the convent. She informs her mother that she will be professed on St. Benedict’s day, and commit herself fully to a life of obedience. She asks for forgiveness for all the times in her childhood when she could have angered her mother with tears, words or deeds, moments of selfishness and times when she did not listen to good advice. She wants to replace her worldly clothes with the dress of spiritual love, so that she may lie in the bridal bed of the taintless lamb in the world to come. She invites her mother to thank God that she can experience the profession. The writer cannot stress enough how happy she is to give up the wailful world and she thanks her mother again for facilitating this and looks forward to receiving her reward from Christ.
1 Jesuma Christum den soten waren wynrancken vul aller lusticheyt de de
2 ghe vloten is vth deme duren wolrukenden balsem vathe Mari
3 en der reynen junchvrowen synerb benedieden moder. dessen
4 leuen begherliken soten Jesum mynen uterweleden herte leuen
5 brudegham den sende ik juw vor enen lefliken. vrolike bo
6 deschop vnde uor enen fruntliken grod tho voren Alderleueste
7 N juwer leue late ik fruntliken vnde lefliken vor alle ghud. ar
8 beyt vnde uele sorghe de gy uan myner weghen ghe had h.
9 van mynen kyntliken jaren wente nu des ik juwer leue vnde tru
10 we nummer so hochliken nicht danken kan alze ik juw
plich
11 tich byn. de alwoldighe God myn alderleueste brudegham
12 de en beloner is alles ghuden de vor ghelde juw dat alto alto ma=
13 le CCM. volt vor myk wor ik arme kynt nicht vul vor
14 don kan vnde gheue juk datc d vore juwelken votstappen den gy
15 vmme mynen willen ghan h. vnde vor juwelk word dat gy my
16 tho gude vndef spraken hebbet. so mannighe gnade trost vnde
17 soticheyt alze ik juk van ghansem herten wol ghan. besun
18 derken dancke ik juk myd frolicheyt mynes herten dat gy=
19 my ghe gheuen hebbet in deyt closter dar ik ane wesen mach=
20 lustighen vnde rouwensamighen liker wis alze in enen rosen
21 gharden vnde an enen erdesken paradyse. vnde mach wesen
22 en denerinne des hoghesten koninghes. dem suluen ik ok be
23 ghere tho denende in der hoghen schonen borch Jerusalem.
24 Vortmer alder leueste N ik juwe leue kynt do juwer
25 leue witlikg vnde truw vroliken vnde lefliken to wetende
26 dat ik nu en sondaghe if God wil schal
ghe cledet
27 werden. vnde in sunte Benedictus daghe1 schal ghe claret2 werden.3
a J in mg. als figürliche Initiale
b überschüssiger Nasalstrich supra lïn.
c hier gestrichen dat
d Verweiszeichen supra lin., aber kein einzufügender Text in mg.
e zu korrigieren in vor
f hier gestrichen vnde
g hier gestrichen witlik
h hier gestrichen juk
i zu korrigieren in noch
j in mg.
k fehlt in der Handschrift dach
l hier gestrichen is
m hier gestrichen betughet de prophete
n zu korrigieren in vroliker
o hier überschüssig werlt
p fehlt in der Handschrift dar
1 21. März.
2 Ein Lehnwort von lat. clarere. Das mnd. Verb claren (erleuchten; reinigen; erheben) bezieht sich auf die Reinigung in der Profess, vgl. Brief 266 (Lage 19, fol. 14r) und Brief 267 (Lage 19, fol. 15v).
3 Vgl. Die Chronik, hg. von Stenzig (2019), S. 74 (21. März 1488): Eodem anno fecerunt XXXVI sorores professionem in die gloriosi patris nostri Benedicti, cuius festum tunc occurebat feria sexta post Letare; vgl. auch Brief 224 (Lage 17, fol. 3v-4v); Brief 266 (Lage 19. fol. 14r-15r) und Brief 268 (Lage 19, fol. 16r-17r).
4 Diese Entschuldigungen bei den Eltern waren offenbar vor der Einkleidung und Profess üblich.
5 Im Niederdeutschen eine Bezeichnung für Amt, Zunft oder Stand.
8 Vgl. etwa Ps 111,3 oder Prv 3,16.
9 Antiphon am Fest der hl. Agnes zu der Matutin (Cantus ID 007029a): Ipsi sum desponsata cui angeli serviunt cujus pulchritudinem sol et luna mirantur. Vgl. ‚Statutenbuch‘, Lüne Hs. 14, fol. 39r (aus der Passio der hl. Agnes: Migne PL 17, Sp. 813); Schlotheuber, Klostereintritt (2004), S. 163 und Brief 141 (Lage 12, fol. 24v).