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Nonnen im Kloster Lüne an den Bruder Melchior einer Nonne GT
undatiert
Glückwunsch zur Hochzeit — Congratulatory letter on brother’s marriageKloster Lüne, Hs. 15, Lage 20, fol. 3r
Niederdeutsch.
Die Absenderinnen gratulieren dem Empfänger zur anstehenden Hochzeit. Beschreibung der Gottgefälligkeit der Ehe anhand der Bibel. Als Verwandte sollten sie eigentlich am Fest teilnehmen und ihm ein Kleinod schenken; doch durch ihre Gelübde ist das nicht möglich. Doch sie senden die Einwohner des himmlischen Jerusalem an ihrer statt, unter anderem Johannes den Täufer, den Patron Lüneburgs, und Matthäus, wohl der persönliche Apostel des Empfängers, um ihn und seine Braut in die Kirche zu geleiten und dem Paar lebenslang beizustehen. Wie Tobias mögen er und seine Braut ihrer Mutter und ihnen viel Freude bereiten. Bartholomäus, der Lüner Patron, möge dem Empfänger einen goldenen Gürtel bringen, um ihm eine beständige Zunahme der Gnade und schließlich den Weg vor das Angesicht der Dreifaltigkeit zu ermöglichen.
The nun expresses joy on her brother’s wedding. God established the status of marriage in paradise and has shown its use through countless examples of the patriarchs and other saints. As his sister the nun should attend but she is duty bound to stay in the convent. In her place she sends a depiction of the inhabitants of heavenly Jerusalem, represented by Solomon, Mary, Beersheba, the Lüneburg town patron John the Baptist, the three wise men, the brother’s personal apostle Matthew, and Anna with the Holy Family, all of whom would like to come to the wedding and lead bride and groom to the church. In addition, the nun sends her apostle, Bartholomew, depicted on a belt decorated with rings and precious stones. She hopes that this belt will fire him in his love of God and lead him to heavenly Jerusalem.
2
3 Jesum Christum den keyserli. gro. heren vnde gnedi. furs hemmel=
4 rikes vnde ertri. deme dar vnder worppen syn alle fursten
5 vnde heren der gantzen werlt den scriue wy dy
alderle. N. vor
6 enen fruntli. grod to voren2 vnde doth dyner le. wit. dat wy van
7 grunt vn. her. seer ghefrou. synt dat vnse le. moder vnde wy
8 den froli. dach h. gele. dat du anghan scolt den werdi. stath
der
9 hil. echteschop dar du van ga. ane allen twi. sunderken bist tho
10 vte seen Vnde wo ana dat ga. van hem. des. stath is vinde wy open
11 bar in der hil. scrift. Wen. he heft den sul ange. in dem parady mitb vn.
12 ers. olde. vnde heft ock de dre gro. patriar. Abra.
Ysa. vnde
Jacob
13 vnde vele ande hil. myns. in deme sul.
sta
ghehil. vnde myd groten
14 gna.
begif.,
beide in dem olden vnde ock in dem nyen testa. so dyn leue
15 sul. wol wet. Unde alze du nu so den stath myd gro. heerlich. werst
16 anne. vnde must van noden vn. neges frunt vnde
ock ander lude to
17 dyner
wers.
laden so were dat wol billich vnde recht dat wy dy
18 scol. de alder neges. we. to dy. hoch. vnde scol. dy eren myd enenc
19 eyn sco. klena. ge dat kon wy nu
liffli.
n. vullen wente
20 wy h. vns go. vorplich hir in syne wynghar. eme to denende
21 wente in vn. doth vnde h. ok vmme syner
le. wil versma. vnde auergeuen
22 dat ri. der gant werlt. Jodoch so scoltu vnser der haluen nenen
23 scaden h Wy sen. dy in vnse ste. alle de inwoner der hem. stat Jerusalem
24 de wy gheb.3 h. to vn.
kerkmis.
To voren an sende wy dy den
25 gro. wysen koning Salo. Jesum Christum myd der gro. ko. Bersabee
26 syner le. mo. Mari.
de hil. dopere Christi
Johan baptista4 vnde dar to dre gro.
27 landes heren alze de hil. dre konin. Jasper etc
dynen leuen apos
sancte
28 Mathi.5 de hil. frou. s Annen myd eren hil. gheslech. Desse alle
29 mo. nu to juwer brudlacht vnde mo. dy vnde dy. brud leden to der
30 kerken vnde mo. ok by juw wesen nacht vnde dach allent wor gy gaͤd
1 Es ist keine Nonne mit diesen Initialen in Lüne nachgewiesen; vermutlich gehörte sie zur Töbing-Familie, die mehrere Töchter in Lüne hatte. Für die Familie Töbing ist auch der eher seltene Vorname Melchior im 16. Jh. belegt, vgl. Witzendorff, Stammtafeln (1952), S. 323.
2 In Brief 124 (Lage 12, fol. 1r), wird auf die Grußformel dieses Briefes verwiesen. Dort ist sie verkürzt abgeschrieben und endet mit dem Bezug auf den Brief GTs an ihren Bruder: Jesum Christum, den keyserliken groten mechtigen heren unde gnedigen, riken fursten etc. GT fratris littera.
3 Vgl. die Hochzeit des Lammes, den Festzug der Heiligen zur Auferstehung Christi, wie er in den Osterorationalien aus dem Kloster Medingen geschildert wird: Lipphardt, Funktion (1972), S. 193.
4 Johannes der Täufer war Patron der Lüneburger Hauptkirche.
5 Zum Konzept des Eigenapostels auch für den weltlichen Empfänger vgl. Lähnemann, Apostelverehrung (2015), S. 41-64; siehe auch das niederdeutsche Matthias-Gebetbuch, Berlin, Staatsbibliothek, Ms. germ. oct. 265.
6 Ein mit Schellen oder Glocken besetzter Gürtel, lateinisch cingulum sonorosum, Schiller-Lübben 1, Sp. 603.
7 Nach der Legende war Bartholomäus ein Königssohn.
8 Zum Doppelgebot der Liebe vgl. Lc 10,27: Ille respondens dixit: Diliges Dominum Deum tuum ex toto corde tuo, et ex tota anima tua, et ex omnibus virtutibus tuis, et ex omni mente tua : et proximum tuum sicut teipsum.