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Nonne, wahrscheinlich im Kloster Lüne, an ihre leibliche Schwester
undatiert
Glückwunsch zur Hochzeit — Congratulatory letter on marriageKloster Lüne, Hs. 15, Lage 27, fol. 1r
Niederdeutsch.
Die Absenderin sendet ihrer Schwester zur Hochzeit die Dreifaltigkeit. Sie beschreibt den göttlichen Segen des Ehestandes am Beispiel der Hochzeit zu Kanaa. Sie ist froh, dass ihre Familie und Freunde diesen Tag erleben. Sie selbst kann wegen ihrer Gelübde nicht zum Fest kommen, sendet aber an ihrer statt ihren Bräutigam Christus, der die Schwester und ihren Bräutigam segnen möge. Wie jeder Herrscher bringt auch der König der Könige ein Gefolge mit: Neben der Himmelskönigin Maria kündigt sie die neun Chöre der Engel an, insbesondere die Erzengel Michael, Gabriel und Raphael. Weiterhin kommen Johannes der Täufer, sowie die zwölf Apostel und aus der Schar der Heiligen der Patron des Klosters Lüne, Bartholomäus, und Johannes der Evangelist. Sie entsendet außerdem Mauritius, Georg, Nikolaus und Benedikt, sowie die heiligen Jungfrauen Katharina, Barbara, Margarete, Agnes, Dorothea und Cäcilia. Letztere beiden mögen ihr das Brautgemach mit Blumen aus dem Paradies schmücken. Da sie aller weltlichen Güter entsagt hat, kann sie nur Christus als Kleinod schicken. Er möge ihr Herz tugendhaft erblühen lassen wie die Feldblumen, sodass sie zur Zeit der Ernte, wenn Gott das Unkraut seines Feldes aussortiert, zu den Erwählten gehört und das ewige Leben erhalten kann.
A nun in Lüne congratulates her sister on her wedding. Since she has to work in the vineyard of the Lord, she could not come herself, but sends her bridegroom Christ in her place. Like every ruler, the King of Kings also brings an entourage: With him would come not only Mary, the Queen of Heaven, but also the nine choirs of angels, especially the archangels Michael, Gabriel and Raphael. Furthermore John the Baptist, as well as the twelve apostles and from the crowd of saints, first Bartholomew, the patron of Lüne, and then John the Evangelist. She also sends other saints and martyrs: Maurice, George, Nicholas and Benedict, and of the chosen virgins Catherine, Barbara, Margaret, Agnes, Dorothea and Cecilia. The latter two may decorate her bridal chamber with flowers from paradise.
1 Den Vader der ewicheyt de de is eyn ackerman der hil=
2 ghen cristenheyt. den erwerdighen Sone des ewighen Vaders
3 de de is dat eddele sote weten korneken dat desulue God
4 vader ghe seyet heft. in den kuscken acker des junchurowelken
5 lichammes der zarten clenliken junchurowen Marien. den loue
6 samen Hilgen Geyst de dessen kuschen acker begoten heft. myd
7 dem soten slach regene syner souenvoldighen gnade. dar vs
8 armen sunderen alle trost vnde gnade is van ghekomen.
9 disse anbeden scollenden hochgeloueden werdigen Hilgen Dre
10 valdicheyt de dar is eyn heylsamich ortsprungh alles guden
11 eyn crone vnde eyn vullenkomen lon aller hilgen. de sende
12 ik dy alderleueste suster vor enen lefliken vnde vruntliken grod.
13 vnde tho eyner saligen benedighynge dyner brutlacht. dar
14 ane du an ghande byst den stad des hilgen echtes den de almech=
15 tighe Ghod suluen heft ghestichtetia vnde ghe set an dem ers=
16 ten anbeghinne der werlt. in dem paradyse myd vnsen ersten
17 olderen. Ock vynde wy in dem nygen testamente clarliken vnde
18 openbare dat he Gode wol behaget heft. in dem dat he sick
19 dar tho othmodiget heft. db in syner eddelen mynscheyt. dat he
20 myd syner leuen werdigen junchurowelken moder Marien suluen tho
21 der werschop was in Chana Galilee. dar he dat water wandel=
22 de in den besten [wync dat gheschenket ward alle den de de tho der
23 brutlacht ghekomen weren vnde dat was syn erste wunder
24 werck dat he dede. hir vmme byn ick des hoge ghevrou=
25 wet in dem leuen God van dyner weghen. dat vse alder leueste moder
26 vnde vnse leuen brodere vnde ick vnde al vse vrunde den dach ghe
27 leuet h. dat dy Ghod vth gekoren heft vnde ghe schicket in=
28 dat sacramente des hilgen echtes.
Desse erlike here de
109 mote dy vor weruen myd allen patriarch de vor gheseen vnde be
110 kant de hemelicheyt Godes dat in iuw beyden samen vnde an
111 juwen eruen mote bestedighet werden alle de benedighinghe
112 de Got lauede vnde gaf Abrahamme an synem sone Ysaac dem he
113 sede An dynem slechte scollen benedyet werden alle slechte
114 der werlt.10 Dar tho h. ik ikm ghe beden de erliken vorsten desses
115 koninghes alze de twolff apostele de moten van nod weghen
116 komen myd dem koninghe wente se syn de jennen de tuchnisse h.
117 ghe gheuen van eme vnde se syn de XII de vor luchtet h de duster
Ik h ock ghebeden de mechtigen riken riddere
134 desses koninges dat syn de leuen martelers de ere blod h vth ghe
ghoteno vmme synen willen. vnde vth erem chore sende ik dy den
136 eddelen mechtighen strid vorsten sanctum Mauricium. vnde den duch=
137 tighen ridder sunte Jurgen dat de myd eren scarpen swerden
138 vnde mit eren starken wapenen vechten wedder alle juwe vyende.
139 vnde dar tho sende ik dy den hilgen bischopp sunte Nicolaus.
140 myd allen byschoppen. vnde den hilgen vader sunte Benedictus mit
141 allen bichtegeren vnde monniken de moten juw vor weruen
142 eyn hillich salich rechtuerdich leuent dar gy mede vorde=
143 nen moten dat ewighe leuent.
To dem alder lesten sende
144 ik dy den chor der hilgen junchurouwen vnde de motet van
145 nod weghen wesen wor de koning is. wente se h. vorsmadet
146 vnde ouer gheuen alle de rike daghe desser werlt vmme synen
147 willen vnde dar vmme volghen se nu erem brudegamme alze dar
Alder leueste suster desse hemmel=
157 schen gheste sende ik dy tho dyner
brutlacht in myne stede
158 vnde bydde dy dat du se lefliken willest entfangen. wente
159 du west westp wol dat we vmme der leue willen vnses
160 leuen brudegam. h ouer gheuen de werlt vnde alle dat dar
161 inne is vnde byn eyn willich arme alzo kan ik dy nu nene
162 gaue effte clenade senden mer Jesus Christus myn alder leuesten
163 brudegam de geue juw syne gotliken gnade dat juwe herte
164 mote groyen an dogeden to dogeden vnde ewighen bloyen
165 alze de blomen des veldes. vnde gheuen roke alze de lylien.
166 vnde schinen vor deme antlate Godes alze de sterne der ewic
167 heyt dat gy desse tydliken werschop nu alzo beghinnen dat
168 gy to der ewigen werschop komen moten in der tyd der arnen
169 dat is na dessem leuende wan de hemmelsche Vader wel vth
170 senden syne meyere dat syn syne engele de scolt thq
171 to samde lesen dat vnkrud dat vp dem wassen is.13 dat syn
172 de bosen mynschen de wel he denne werpen laten in dat vur der
173 ewighen vor dompnise. vnde dat sote korneken dat syn de
174 vterkoren de wel he den voren laten in de groten schune des
175 ewigen leuendes. dar he den welr synen vterkoren eynen grote
176 werschop don dar de prophete Dauid ghich van sproken heft
178 in dem psalters dar he secht Here, wo grod is de mennichuoldich
a zu korrigieren in ghestichtet
b hier überschüssig d
c fehlt in der Handschrift wyn
d fehlt in der Handschrift levende
e mit Verweiszeichen eingefügt, steht zweifach am unteren Seitenrand
f zu korrigieren in gotliken gude
g zu korrigieren in Gades
h in der Hs. darüber überschüssiger Nasalstrich
i hier gestrichen ock
j darüber Verweiszeichen, das nicht aufgelöst wird
k hier gestrichen juw
l hier gestrichen moten
m hier überschüssig ik
n unleserlich
o zu korrigieren in uthgheghoten, vth in mg. mit Verweiszeichen
p hier gestrichen west
q hier gestrichen th
r in der Hs. darüber überschüssiger Nasalstrich
s hier gestrichen ghich van sproken heft | in dem psalter
t hier gestrichen wor
u hier gestrichen n
4 Die Zuordnung zu Augustinus scheint falsch; vielmehr handelt es sich wohl um ein Sprichwort, vgl. Wander, Bd. 1, S. 275, Nrn. 38, 75, 77.
6 Anspielung auf das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, Mt 20,1-16.
7 Diesem Zitat lässt sich keine Stelle des Alten Testaments eindeutig zuordnen, geht aber sicher auf Ps 8 zurück. Im Neuen Testament finden sich weitere mögliche Vorbilder, z. B. Eph 1,20-23; Col 1,15-17; 1.Pt 3,22.
11 Zur Verbindung von Aposteln und Propheten als Weinranken mit Christus vgl. das Wichmannsburger Antependium aus dem Kloster Medingen, DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 62 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0006205; Lähnemann, Die Ikonographie (2005).
13 Bildlichkeit entspricht der von der Parabel vom Unkraut unter dem Weizen, Mt 13,24-30.