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Brief 72

Busse von Bülow in Bleckede an den Rat der Stadt Lüneburg

2. April 1469

Beschwerde über den Lüner Propst — Letter of complaints

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 7, fol. 10v

Niederdeutsch.

Dirks, Konfliktaustragung (2015), S. 179-196

Busse von Bülow reagiert auf die vom Lüneburger Rat an ihn weitergegebenen Äußerungen des Lüner Propstes, Nikolaus Graurock, die er als verleumderische Anklagen bezeichnet. Die Lügen seien so schlimm, dass er jetzt antworten müsse, auch wenn der Kläger dessen eigentlich unwürdig sei. Dass der Propst lüge, sehe man insbesondere an der Behauptung, Otto V., Fürst von Braunschweig-Lüneburg, hätte den Hof Scharnebeck doppelt vergeben. Als Zeugen führt Busse den Abt von St. Michaelis in Lüneburg Ludolf von Hitzacker und einen Lüneburger Bürgermeister an, die mit ihm im Auftrag Ottos darüber gesprochen hätten. Er verbittet sich auch, dass die Lüner Nonnen für seine Rückkehr zu Gott beteten. Dazu bestehe kein Anlass, die betseligen Nonnen sollten vielmehr für ihren eigenen Propst darum bitten, dass seine Torheit ihn nicht mehr ganz so beeinflusse. Schließlich behält er sich vor, in einem wohl zu Bleckede gehörenden Wald zu jagen, wann immer ihm danach sei, schließlich habe er diesen vom Rat bekommen. Sollte der Propst dort auch zum Jagen erscheinen, wolle er ihm den Hochmut vertreiben.

Busse von Bülow, who had been appointed castellan of the mortgaged castle of Bleckede and administrator of its bailiwick by the Lüneburg town council (which owned both properties until 1561), complains to the council about what he describes as defamatory accusations stemming from the Provost of Lüne, Nikolaus Graurock, which have been brought to his attention. He states that Graurock’s lies have become so bad that he now feels obliged to respond to them, even though he does not consider them worthy of a response. Above all, Graurock has lied when he claimed that Otto V, Prince of Lüneburg, had assigned a farm in Scharnebeck to two people; that the castellan had spoken in scandalous terms about him; and that he had treated a prelate unworthily. Busse cites the Abbot of St Michael’s Abbey in Lüneburg, Ludolf von Hitzacker, and a mayor of Lüneburg as witnesses in his defence against the first allegation, as they had discussed this with him on Otto’s instructions. He requests that the prayer-happy nuns do not pray for his return to God, since there is no need for it, and that they should instead save their prayers for their foolish provost. He states that he reserves the right to hunt in a wood which he claims is owned by Bleckede whenever he pleases, because the council had, after all, granted him this right. He threatens to teach the Provost a lesson if he were to appear in the forest to hunt there (which would have been contrary to his status as a clergyman). During the 1450s and 1460s, a long-running dispute was ongoing between Busse and the town council, who had appointed him but also depended on him as administrator of Bleckede. This letter seems to have written at a time when tension was eased. The council’s patience with Busse von Bülow would ultimately run out in 1474, when it dismissed him and replaced him as castellan and bailiff with the mayor and a councillor of Lüneburg.

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[Lage 7, fol. 10v]

Busse van Bulouw1

Deme Rade to Luneborgea

Mynen fruntliken denst tovoren!

Ersamen, vorsichtighen, besundern guden frunde, so gy my screven hebben und des provestes van Lune2 averscriffte syner logenafftighen valscken breven in juwen vorslaten sand hebben, hebbe ik to guder mate vornomen. Na velenb worden und artikelen, so syne breve inneholden, dar ik juwer erßamheyt fuste uppscriven wolde und my wol behoff were, sodans myd handen unde scrifften to vorantwerdende, wan de persone darna were, de my sodane loͤchlike dingk aver- [Lage 7, fol. 11r] scrifft und doch to slim darto iß, dat ik sodans tegen ene vorantwerden scholde, hedde my sodans eyn averscreven, de myn gelick were, de de ere unde redelicheyt an synen lyve hedde, dar wolde ik sodans teghen vorantwerden, dat mynen heren und frunden juwer ersamheyt, wol behaghen scolde etc. Guden frunde, so he den in synem breve scrifft, jk teghen de warheyt scrive, dat he my myd unrechte averscrifft unde juwe erßamheyt nicht tor warde schollen komen, [Lage 7, fol. 11v] dat ik tegen de warheyt scrive edder screven hebbe.

Bysunderen dat he loghene scrifft, dat roreth syn breff in dem artikele dar he scrifft, de hochgeboren furste unde here, hern Otte van Brunßwick unde Luneborgh hertoge, uns over, sodanen saken scholle upp dem hove tom Schermbeke3 tweysettet hebben, dat loghen iß und nicht temelick ; sodans eneme prelaten to scrivende, dat iß, war de hochgeboren furste van Brunswick unde Luneborgh to my sande den werdighen heren, hern Ludeleve, abbete to sunte Michaele, myd enem juwes ra- [Lage 7, fol. 12r] des medeborghermester und by en so tomboeth ik sodans uppe syne gnade scholde stan laten, und noch upp syne gnade steyt, dem ik synen furstliken gnaden4 sodans to willen hebbe gheholden. Und de provest vorghenant my under sodaneme bestande sodane walt und homoth dan heft, dat doch van dem proveste scholde vorbleven hebben, dat ik mynem gnedighen leven heren moth claghen und witlick don, so verne gy my nenes rechten behelpen, so ik hope gy my willen to sodanem rechte behulpen wesen, [Lage 7, fol. 12v] dat my van der weghen vurder nener claghe behueff darumme syn.

Dat syn breff valsk iß, dat wil ik in synem breve waͤrmaken, wan dat stede heft. So he den furder scrift, ik sodans wedder God, recht und redelicheyt scolde dan hebben, dat my neyn fram man oversegghen edder scrivenc schal, bysunderen tuͤsschers, boven unde schelke, de segghen unde scriven, wad oͤn voͤrkumpt. Wad ik dan hebbe, hebbe ikd myd Gode und rechte daen; heft he wedder sodans gedan, dat mach he by sik beholden. Wente ik, wil God, nummer dencke sodans tho donde. So den syne breve vurder [Lage 7, fol. 13r] jnneholden, de Godes denerinnen to Lune vor my bydden scollen, dat my God bekere van sodaner dwelinghe; des hebben de denerinnen Godes van der weghen neͤn behoͤff vor my to byddende. Doch so willen se God den almechtighen vor my bydden umme myner zele salicheyt, moghen se wol don, wente ik van der gnade godes noch nicht dwele und wol weͤth, wad ik don edder laten scal; Syn de denerinnen Godes so bedesalich, so scholden se vor eren provest bydden, dat he syne dorheyt nicht so sere bescreven geve, alze he [Lage 7, fol. 13v] deyt. Und denne vord scrift, ik uppe sodane holt nicht meer jaghen schal, do ik juwer erßamheyt to wetende, dat ik dar wil jaghen, so myne vorfarene dan hebben, wen my sodans beqweme iß, de wile ik Blekede van juwer erßamheyt hebbe;5 unde wo he edder de synen dar uppkomen to jaghende, de wil ik so uthrichten laten, dat my van oͤn nen homoth van der weghen nicht schen scal.6 Wur ik juw to denste kan wesen, do ik alle tyd gherne.

Screven [Lage 7, fol. 14r] under mynen jngesegel am sonnavende na Purificationis anno etc. LXIXo.7


Kritischer Apparat

a Absender und Empfänger mit einem senkrechten Strich getrennt von selber Hand über der ersten Briefzeile eingetragen

b Text vom unteren Blattrand hier gemäß Einfügungszeichen eingefügt, am Schluss dort doppelt worden vnde artikelen und der Vermerk ut supra

c gemeint ist hier oversegghen edder (over)scriven

d folgt überschüssig ik

e vorfaren korrigiert aus vorlia


Sachapparat

1 Burghauptmann und Verwalter der Vogtei Bleckede. Fünf Jahre später, 1474, sollte er wegen fortgesetzter Streitigkeiten abgesetzt und durch zwei Lüneburger Ratsherren, den Bürgermeister Hartwig Schomaker und Ratsmann Hinrich Wittick, ersetzt werden. Vgl. Dirks, Konfliktaustragung (2015), S. 186-187.

2 Nikolaus Graurock.

3 Der Ort Scharnebeck bei Lüneburg.

4 Otto V.

5 Bleckede an der Elbe gehörte bis 1561 der Stadt Lüneburg, vgl. Behr, Pfandschlosspolitik (1964), S. 75. Die Familie von Bülow stellte seit 1451 den Burgherren und Verwalter der Vogtei, vgl. Dirks, Konfliktaustragung (2015), S. 188.

6 Der Verfasser des Briefes impliziert hier, dass Propst Nikolaus Graurock selbst womöglich das Jagdrecht in dem umstrittenen Gehölz wahrnehmen will. Dies würde seinem Stand als Kleriker zuwiderlaufen.

7 2. April 1469.

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