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Brief 122

Nikolaus van der Molen in Rostock an seine leiblichen Schwestern, die Nonnen Greteke und Tibbeke van der Molen im Kloster Lüne

27. November 1432

Übertragung einer Pfründe an den gemeinsamen Bruder Albert van der Molen — Transfer of a benefice to their brother Albert van der Molen

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 11, fol. 20r

Lateinisch.

Nikolaus van der Molen benachrichtigt seine Schwestern Greteke und Tibbeke im Kloster Lüne, dass er mit Hilfe ihres Onkels, des Erzdiakons Konrad von Abbenburg, zum Kanoniker mit einer größeren Pfründe in Lübeck ernannt wurde. Daher hat er seine Pfründe in der Kapelle der Johanneskirche in Lüneburg, in der ihr Vater begraben ist, ihrem Bruder Albert überlassen, der davon jährlich ein Chor Salz erhalten wird. Weiter sind keine Neuigkeiten zu vermelden, aber die Schlechtigkeit der Welt ruft zu geistlicher Lebensführung und gegenseitiger Fürsorge auf. Er bietet seine Dienste an und bittet um Fürbitte. Grüße an den Propst, ihren Onkel, und alle Verwandten im Kloster Lüne.

Nikolaus van der Molen informs his sisters, Greteke and Tibbeke, both nuns of Lüne, that thanks to the help of their uncle, Archdeacon Konrad von Abbenburg (the brother of their mother Gebbeke van der Molen, née von Abbenburg), he has been appointed as a canon with a large benefice in Lübeck. He has therefore willingly passed on his benefice in the chapel of the church of St Johannes in Lüneburg (where their father died and was buried) to their brother Albert, a councillor and later mayor of Lüneburg. It is unclear whether the family had endowed this benefice (as they had several others in the same church) but, in any case, they possessed the right of presentation to it. From his benefice, Albert will receive a ‘Chor’ of salt annually, which, if managed well, will be plentiful. The ‘Chor’ was a unit used to measure the weight of salt produced in the salt pans around Lüneburg from the thirteenth century onwards which was approximately equivalent to 140 kilograms. He offers them his services. He reports that there is no other news, but because the world is full of hardships, he reminds them not to act like lovers of the world, as the world is as transient as smoke (an allusion to Psalm 67). He prays that they may be brave in the face of adversity and place their hope in the Lord, and, following the advice given by Jesus in the Sermon on the Mount, to ask Him for all that they need so that they shall receive it. He asks for their prayers for him and sends greetings to the Provost Heinrich Bodenstedt, their uncle, and all female relatives in the convent.

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[Lage 11, fol. 20r]

Quitquid vinculum vestre dilectionis postulat et requirit cum naturalium affectuum puritate!

Dilectissime sorores, divina disponente gratia et auxilio avunculi nostri domini archidya- [Lage 11, fol. 20v] coni1 cooperante, canonicatum cum prebenda maiori in ecclesia Lubicensis assecutus sum.2 Resignavi igitur libere fratri nostro Alberto3 vicariam meam in ecclesia sancti Johannis Baptiste Luneborch in cappella, in qua pater noster pie recordationis defunctus est,4 de qua annuatim unum chorum salis habebit expedite, et sibi, si virtuose vixerit, providebitur copiose. Preterea, si qua ymmo quacumque magna per me fieri volueritis, mihi intimetis et semper adimplebo omnino, offerens me ad vestra beneplacita et mandata, quotiens et quando me duxeritis inquirendum.

Novitates, que pro vobis expediant, non occurrunt, sed quia mundus, prochdolor, tristitiis et angustiis undique plenus est, ideoque, [Lage 11, fol. 21r] dilectissimea, sitis in amore mutuo invicem diligentes, non invidentes sicut cetere huius seculi amatrices, quarum finis est perire et terminus earum interitus. Hee vero, si ad tempus exaltate fuerint, deficientb, psalmista testante: „Sicut fumus deficiet etc.“5 „Petite“6 igitur a domino „et dabitur vobis“,7 scilicet victoria in tribulatione, et pugnantes cum antiquo serpente, estote fortes in bello8 semper sperantes auxilium vestrum a Domino, et sic demum accipietis regnum eternum. Oretis etiam Deum pro me, ut et ego illud accipiam sua pietate et meritis aut precibus vestris intervenientibus. De statu et successu vestro michi sepe vicibus dignemini inti- [Lage 11, fol. 21v] mare; prestat equidem michi in alienis partibus existenti solatium interdum vestra scripta revisere, quibus utriusque hominis sospitatem vel quid accidat ad minus poteritis intimare. In Domino feliciter valeatis, dominum et avunculum nostrum prepositum vestrum9 cum omnibus materteris nostris in claustro vestro existentibus universaliter singulis et singulariter universis nomine mei sincere salutando.

Scripsi Rostock cum festinantia magna, ut patet in scriptura, XXVII die mensis Novembris10 meo sub sigillo.

Nicolaus de Molendino, frater vester.

Honorabilibus ac religiosis dominabus Margarete et Tibbeken vocatis de Molendino in claustro Lune apud Luneborgh, sororibus suis dilectissimis.


Kritischer Apparat

a folgt gestrichen sc

b folgt gestrichen psta


Sachapparat

1 Konrad von Abbenburg († 1448). Die Mutter der Geschwister Albert, Greteke und Tibbeke van der Molen, um die es hier geht, war Gebbeke van der Molen, geborene von Abbenburg († 6. Januar 1433), die zweite Ehefrau des Ratsherren Johannes van der Molen (∞ um 1400). Ihr Bruder, Konrad von Abbenburg († 6. April 1441), ist der hier gemeinte Erzdiakon und Onkel. Ob Gebbeke van der Molen auch die leibliche Mutter von Nikolaus van der Molen, dem Verfasser des hier vorliegenden Briefes war, ist unklar. Witzendorff, Stammtafeln (1952), S. 81 setzt voraus, dass Nikolaus aus der ersten Ehe des Johannes stammte, in diesem Falle wären also die hier angesprochenen Geschwister eigentlich nur Halbgeschwister und Konrad von Abbenburg ein Stiefonkel. Es ist aber weder das genaue Geburtsdatum Nikolaus’, noch das Sterbedatum der ersten Frau von Johannes van der Molen, Alheid von der Brücken, bekannt. Gramsch, Juristen (2003), Nr. 405, hält fälschlich den Ratsherren Albert van der Molen den Älteren († 1425) für den Vater des Nikolaus. Als Student ist Nikolaus erstmals 1420 belegt, er könnte also der zweiten Ehe Johannes’ van der Molen entstammen, auch wenn diese erst gegen 1400 geschlossen sein sollte., vgl. ‚Klerikerbiographie‘.

2 Nikolaus van der Molen verdankt also seine Aufnahme in das Lübecker Domkapitel der Fürsprache seines Onkels, Konrad von Abbenburg Der Neffe findet sich zum ersten Mal am 14. Oktober 1432 in der non-obstante-Formel einer Supplik als Kanoniker und Inhaber einer praebenda maior am Dom zu Lübeck bezeichnet, das Datum seiner Admission, zu der er offenbar keiner päpstlichen Provision bedurfte, ist nicht bekannt, vgl. RG V 07158; ‚Klerikerbiographie‘.

3 Albert van der Molen († 1480), vgl. Witzendorff, Stammtafeln (1952), S. 81, Lüneburger Ratsherr seit 1446 und später Bürgermeister, vgl. Stenzig, Netzwerke (in Druckvorbereitung) und ‚biographische Information‘.

4 Der Text besagt wörtlich, der Vater der Geschwister van der Molen, der Lüneburger Ratsherr Johannes van der Molen († 14. Juli 1423), vgl. Witzendorff, Stammtafeln (1952), S. 81, sei in der fraglichen Kapelle gestorben. Gemeint ist wohl, dass die Kapelle die Begräbnisstätte ist. Ob er selbst die Vikarie, um die es hier geht, gestiftet hat, wird nicht gesagt. Es handelte sich auf jeden Fall um eine Pfründe, für die das Patronatsrecht bei der Familie van der Molen lag, sonst hätten die beiden Schwestern im Kloster, Greteke und Tibbeke, der Resignation nicht zustimmen müssen. Offenbar hatte die Familie mehrere Vikarien in der Johanniskirche gestiftet, vgl. RG IV 04799 S 263, fol. 255v: Henricus de Molendino, consul oppidi Lunenburgensis, Verdensis diocesis, de confirmatione fundationis (que exacte describitur) facte per dictum quondam Henricum ad altare sancti Stephani in ecclesia St. Johannis dicti oppidi, vom 6. November 1430. Im Urkundenbuch des Klosters Lüne findet sich Johannes van der Molen vielfach unter den Ratsleuten, die die jeweiligen Geschäfte des Rates ratifizieren, vgl. UB Lüne Nr. 467; 470; 473; 475; 477; 484; 488; 490. Über die Umstände seines Todes ist keine Überlieferung bekannt. Das Testament eines Johannes van der Molen vom 15. August 1413, in: Lüneburger Testamente, hg. von Reinhardt (1996), Nr. 95 ist nicht von ihm, der Sohn des Nikolaus war, sondern von dem anderen Ratsherren gleichen Namens, „Johan van der Molen, Jacobes sone“ und in der Chronik des Jakob Schomaker, Schomaker, vgl. Chronik, hg. von Meyer (1904), wird er auch nicht erwähnt.

5 Ps 67,3.

6 Mt 7,7.

7 Lc 11,9.

8 Antiphon aus dem Commune Apostolorum: Estote fortes in bello et pugnate cum antiquo serpente, et accepietis regnum in aeternum (gewöhnlich zum Magnificat der zweiten Vesper).

9 Propst in Lüne war von 1412 bis 1433 Heinrich Bodenstedt, von 1433 bis 1440 Cord Tzerstede.

10 27. November 1432.

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