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Brief 255

Novizinnen im Kloster Lüne an Elisabeth Bockes im Kloster Ebstorf

vor 21. März 1488

Dankesbrief vor Profess — Thank-you letter before profession

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 19, fol. 2v

Niederdeutsch und Lateinisch.

KC 1r-1v; KC 10v

Die Professkandidatinnen danken Elisabeth Bockes für alle Güte und Liebe, die sie ihnen erwiesen hat, während sie in Lüne war. Christus möge es ihr vergelten. Sie teilen mit, dass die Konventsleitung als Termin für die ersehnte Profess den Tag des hl. Benedikt vorsieht. Sie bitten daher um Vergebung für alle Vergehen, die sie in der Vergangenheit gegenüber der Empfängerin begangen haben und um Fürbitte. Auch Mechtild Redebere und die anderen Nonnen sollen um Vergebung gebeten werden. Sie bitten vor allem um Fürbitte bei Maria, sodass sie ihre Sünden wahrhaft bereuen und ganz neue Personen werden, um im Weingarten Christi arbeiten zu können. Sie hoffen auf den ewigen Lohn für sich und alle lebenden wie toten Freunde. Maria möge sie wachsen lassen in den Tugenden, sodass sie anderen Menschen helfen, ihr altes Gewand gegen das neue Brautgewand tauschen und in den himmlischen Reigen der Jungfrauen eintreten können. Anempfehlung an Maria.

The novices thank their teacher, Elisabeth Bockes, for her support before their profession when she was at Lüne before her return to Ebstorf. They have heard from the convent leadership that their profession will fall on St Benedict’s day. They ask for forgiveness for any past lapses which she still holds against them and ask for her intercession in the name of Christ. They also ask her to apologise to the other nuns, especially Mechtild Redebere, for all past indiscretions. Above all they intercede to Mary that they may repent with all their heart and become new people and work and do service in the vineyard which Christ has laid out and watered with his precious blood. They hope that all their friends, living or dead, may partake in this. They pray to Mary that they may grow in spiritual virtues, replace their old clothes with a new bridal dress and thus follow the lamb in the dance of the virgins. They call on Mary to protect them in their current life and bring them to see the face of Christ in eternity, assisted by the Holy Trinity.

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[Lage 19, fol. 2v]

Marien, de hemmelschen keyserinnen, de de is eyn bloyghende lylienstam der reynen kuscheyt, en wunnich fyolendal der rechten othmodicheyt, eyn schone rosenvelt der rechten waren leve unde en sachte sote douw der reynen herte, den sende we juk, alderleveste soror Elisabeth Bockesken, vor enen lefmodighen, fruntliken, annamen grod thovorn unde danket juk hochliken vor alle ghud unde woldath, truwe unde leve, de gya by us bewiset hebbet de tyd, over de gy hir myd us weren, dat we nummer to vullen uthscriven kond, mer Jesus Christus unse alderle- [Lage 19, fol. 3r] veste brudegham, de de rike is in gnaden unde mylde in barmherticheyt, de belone juk dat hundervolt in desser tyd, alzo dat he juwe seleken vormyddelst gnaden unde dogheden vorvulle unde geve juk synen gotliken trost dewile, dat gy synt in dessem dale der tranen, unde na desseme levende dat grote lon dat he sulven is, unde dat gy den vor den swaren arbeyt, den ghy myd us hadden, van em entfanghen moghen de ewighen rouwe.

Item web dot juwer leve froliken to wetende, dat we van al unsem herten hoghe ghevrouwet synt in unsem alderlevesten brudegham, wente we ghehort hebben van usen leven superioribus eyn grod frolick bodenbrod, dat de sunne der rechticheit Jesus eren blenkerden schinenden stralen so wyde heft uthghesporet in gnade unde in barmherticheyt, dat we armen kyndere dar ok gnade unde trost hebben van entfanghen, des we langhe tyd hebben begherende wesen, dat we mochten komen to enem vullenkomen gheystliken levende unde mochten use gheystlikec habitum1 vul unde al krighen, dat we nu hopet to entfanghende in dem benedieden daghe uses hilgen vaders sancti Benedicti, dat us so groten vroude is, dat we dat nicht to vullen uthscriven kond. Alzo bydde we nu lefliken unde fruntliken, ift we juk gywerle wormede vortornet hebben, dewile de gy hir myd us weren, myd worden, myd werken, myd late edder bere, dat gy us dat willen lefliken remitteren [Lage 19, fol. 3v] umme de leve Godes, unde wolde gy io user dechtich wesen in vestris orationibus noctibus et diebus, dat sponsus noster dulcissimus wille wesen use anbeghin, use myddel unde use ende, up dat we use hilgen regulen, de we loven scholt, so moten holden na al user moghelicheyt, dat we dar moten under militeren in dem hilgen horsamme, in dult, in othmodicheyt unde in willighem armode, unde darinne proficieren de die in diem,2 de virtute in virtutem3 unde dar vulherdich innebliven wente an unsen dot, uppe dat we datd grote lon den entfanghen moten na dessem levende, dat us use leve vader sanctus Benedictus darvor lovet heft, dat „nen oghe beseen heft etc.“4 Unde wolde gy ok van user weghen bidden use leven matres videlicet Mechtild Redebere etc., ift we se jum wormede hedden enieghen wesen, dat se us date ok willen pie remitteren; boven alle bydde we, dat gy user in dem benedieden daghe nicht vorghetten, wan we dat grote ammacht entfanghen scolt, dat gy us den bevalen user alderlevesten truten momeken Marien in eren moderken schod, dat se us darin entfanghen wille alse leve kyndere unde us daruth geve de gnade des Hilgen Ghestes, dat de use herteken so mote perlustreren, dat we bekennen moten allent, wad eref leven kynde mochte an us mishagheng, dat we dat nu altomale moten beruwen van ghansem herten, unde moten nu nyghe lude werden, unde us so annemen maghen in unsem ghestliken levende, unde in dessem wyn- [Lage 19, fol. 4r] gharden, den he myd synen gotliken henden plantet heft unde myd synem duren blode gheghoten heft, dar he us to uterwelet heft, dat we dar so moten inne laboreren in vurigher bernden leve, dat em use denst anname sy unde us belonsam, unde dat al use leven vrunde, beyde levendighe unde dode, des moten samdelich werden unde dar trost van hebben moten, unde dat se us des behelpen wille by erem leven kynde, dat we moten upwassen in allen ghestliken dogheden, alzo dat we stan moten vor synem gotliken anghesichte alze en vruchtsamich olyebom, unde andere lude myd daden unde myd werken moten verbeteren, unde moten nu dat alde cled uthen unde en nyghe cled anthen, dar we vroliken usem leven sponso moghen mede enjeghen ghan,5 wan he us van hir halen wel, up dat we den van em entfanghen moghen dat hochtidescled van clarem golde wracht, dat cled der ere unde der vroude, dar we demede ghan moten in der junchvrowen dans, de dem snewitten lemmeken volghet, alwor id gheyt,6 dar Maria den junchvrowen voretrid, dat we us dar den vrouwen moten myd allen uterkoren to ewighen tyden.

Hirmede bevale we juk der hochgeloveden vorghenomeden keyserinnen des hemmels Marien, dat de juk behode unde bescherme, dewile dat gy synt in dessem kranken lichamme vor allem arghen, unde bringhe juk na dessem levende in ene wisse stede, dar gy bescouwen moghen dat wunneghe, clare, lustlike antlad eres leven kyndes unde darvan ghelaveth unde spiset werden tho ewighen tyden. Des help juk unde us allen de werde Hilge Drevoldicheit, alze de Vader unde de Sone unde de Hilge Geist. Amen.


Kritischer Apparat

a folgt gestrichen uaken

b folgt gestrichen danket

c folgt gestrichen cled

d folgt gestrichen we

e folgt überschüssig se us dat

f folgt gestrichen m

g in der Hs. minshaghen

h in der Hs. ghelouet


Sachapparat

1 Korrektur von cled zu habitum. Offensichtlich sollte hier der korrekte Terminus technicus verwendet werden.

2 Vgl. z. B. 2.Cor 4,16Propter quod non deficimus: sed licet is, qui foris est, noster homo corrumpatur, tamen is, qui intus est, renovatur de die in diem.

3 Vgl. z. B. Ps 83,8Etenim benedictionem dabit legislator; ibunt de virtute in virtutem: videbitur Deus deorum in Sion.

4 1.Cor 2,9Sed sicut scriptum est: Quod oculus non vidit, nec auris audivit, nec in cor hominis ascendit, quae praeparavit Deus iis qui diligunt illum.

5  Anklang an Mt 25,1-13.

6 Apc 14,4Hi sunt, qui cum mulieribus non sunt coinquinati: virgines enim sunt. Hi sequuntur Agnum quocumque ierit. Hi empti sunt ex hominibus primitiae Deo, et Agno.

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