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Brief 261

Nonne im Kloster Lüne an eine Nonne TG in einem anderen Kloster

Dezember, zwischen 1481 und 1496

Neujahrsgruß — New Year‘s greeting and gift of a devotional image

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 19, fol. 8r

Niederdeutsch und Lateinisch.

Die Absenderin teilt der Empfängerin TG mit, dass sie wohlauf ist und Gleiches von ihr und der Klosterschülerin EG hofft; von letzterer zudem auch, dass sie fleißig lernt, denn sie hofft, dass EG von Christus auserwählt ist und durch ihre geistliche Arbeit zusammen mit ihnen, der Absenderin und der Empfängerin, den ewigen Lohn erwerben kann. Als Neujahrsgeschenk sendet sie ein Andachtsbild der Madonna mit Jesuskind auf schlichtem Papier, das ihr alles Gute bringen soll. Maria möge ihr nach dem Tod auch den Zugang zu Christus erleichtern. Grüße von der Priorin Sophia von Bodenteich, der Subpriorin Gertrud von Eltzen und allen Nonnen in Lüne, besonders GA und VT. Grüße an die Konventsvorsteherin und eine wohl verwandte Amtsschwester.

The Lüne nun wishes her sister in another convent and their younger relative EG a Happy New Year. She sends a devotional image of Mary with child whose meaning is expanded upon. Greetings are exchanged.

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[Lage 19, fol. 8r]

TGa

Jesum Christum, sponsum nostrum benignissimum, agnum immaculatum, qui ovem perditam quesitur,1 b descendit de celesti palatio in carcerem mundi, in quo laboravit multis inconmodis pro redemptione humani generis, den sende ik dy, karissima soror, vor enen lefmodighen grod tovoren!

Myn alderleveste soror, ik do dilectioni vestre tho wetende, dat ik, de Dei gratia, byn in bona valitudine, des gheliken beghere ik ok van juw unde van user leven soror EGken tho wetende, unde ift se ok wol lere unde wol anneme an dem ghestliken levende, wente so ik hope, dat sponsus noster candidus et rubicundus2 se hebbe eligert ex milibus, unde heft se ladet in florida iuventute in vineam suam electam, dar se nu inne laboreren schal van eren junghen iaren unde we myd er, uppe dat we na dessem vorghenchliken levende moghenc entfanghen dat grote lon, dat uns use leve salichmaker dar vorlovet heft, dat he sulven is, alze dar de propheta Ysaias secht: „Puer natus est nobis et filius datus est nobis“,3 wente celestis pater heft en uns ghegeven vormyddelst der zartend junchvrouwen Marien in precium redemptionis et retributionis eterne.

Item, karissima, ik sende juw ad novum annum in en teken sororine caritatis Mariam, celi reginam, dominame angelorum, matrem misericordie, ghemalet in en bledken,4 unde byn begherende, dat gy nicht willen ansen de lutticheyt der gave, sunder de grote der susterken leve, unde wol dat dat bladeken slymf unde luttik is, doch is darinne de figure der keyserinnen des hemmels unde der erde unde holt in erem junchvrowelken schote den jennen, den al de werlt nicht begripen kan,5 unde dar mote [Lage 19, fol. 8v] se juk uthgheven umme syner leve willen, wente he io vor us en kleyne kynt van er gheboren is, en nye hillich salich sunt vrolick vredesammich iar unde vord allent, wes juk nod unde behof is to dem lyve unde to der zele, so dat gy dyt anstande iar unde vordg alle de tyd juwes levendes moten tobringhen in der leve unde in dem vruchten Godes unde vord in allen ghestliken dogheden, unde dar moten vulherdich inne blyven wente an dem ende, uppe dat gy na desseme levende moten to dele ghan myd alle den leven uterkoren, de ere regulen wol gheholden hebbet.

Ock mote juk de moder der barmherticheit gheven, dat juwe seleke sodane soticheyt volen mote, de se hadde so vaken, alze se ere leveh lustlike schone kyndelyn vodde myd erer junchvrowelken elpenbens brusten, unde na der soticheyt so moten lovet unde sterket werden to allen ghuden werken, to ghande uth der enen doghet in de anderen,6 upp dat gy in der stunde juwes dodes ere junchvrowelken frucht, Jesum Christum, sponsum nostrum, entfanghen moten in en panth der ewighen salicheyt, so dat de bittericheit des dodes mote vermiddelst erem moderken troste mote wandelet werden an ghestlike frolicheit, unde denne na desseme levende dar komen moten, dar gy oculo ad oculum, facie ad faciem bescouwen moghen illum parvulum infantulum quasi regem magnum et dominum in gloria Dei patris, quod vobis una nobiscum concedere dignetur, qui vivit et regnat.

[Lage 19, fol. 9r] Item, dilecta soror nostra veneranda dompna Sophia von Bodenteich et dilecta mater nostra subpriorissa Gertrud von Eltzen latet juk valde amicabiliter saluteren cum millenis salutationibus. Unde des gheliken doth ok alle use leven matres unde sorores in Lune, precipue GA, VT desiderantes vestras devotas orationes, unde we synt altomale begherende, dat gy van user weghene willen saluteren venerabilem dompnam vestram et precordialissimam matrem nostram, alze gy alderleflikest kond, dicendo ei nostrum aridum Ave. Et cum his valeatis in Jesu, Marie virginis dulci filiolo, qui vos conservet et comfortet in omnibus bonis operibus per tempora longiora. Amen.

Kritischer Apparat

a als Überschrift

b Buchstaben danach ausradiert und nur die letzten Buchstaben us lesbar

c folgt gestrichen komen

d oberdeutsche Form

e folgt gestrichen mundi

f folgt gestrichen is

g in der Hs. word

h folgt gestrichen kynt


Sachapparat

1 Motiv des verlorenen Schafs aus dem Gleichnis vom Guten Hirten, Lc 15,4.

2 Ct 5,10.

3 Is 9,6.

4 Vgl. Appuhn/von Heusinger, Der Fund (1965), Nr. 1; 27; 65; 66.

5 Vgl. zu dem Motiv in Andachtsbildern der Klöster z. B. Andachtstäfelchen aus Wienhausen oder die Initiale in der Medinger Handschrift, die für Anna Töbing angefertigt wurde: Gotha, Forschungsbibliothek der Universität Erfurt, Cod. Memb. II 84, fol. 23v.

6 Ps 83,8.

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