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Brief 268

Nonne im Kloster Lüne an eine Verwandte in einem anderen Kloster

Ostern, wahrscheinlich 1488

Dankesbrief nach Profess — Thank-you letter after profession

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 19, fol. 16r

Niederdeutsch.

Die Chronik, hg. von Stenzig (2019), S. 74; Brief 224 (Lage 17, fol. 3v-4v); Brief 264 (Lage 19, fol. 11r-12v); Brief 266 (Lage 19, fol. 14r-15r).

Die Absenderin bedankt sich für erwiesene Wohltaten. Sie berichtet über die Professablegung am Tag des hl. Benedikt. Sie bittet um Fürbitte für die Kraft der Regeleinhaltung und freut sich, dass Gott auch die Empfängerin für ein geistliches Leben bestimmt hat, so dass sie beide die gleiche Ritterschaft üben werden, auch wenn sie im irdischen Leben getrennt sind. Beide haben Christus als Myrrhenbüschel als Zeichen der Verschmähung der Welt empfangen und ein Kreuz als Zeichen, dass sie mit Christus gestorben und auferstanden sind. Sie empfiehlt die Empfängerin in die fünf Wunden Christi, die mit den Gnaden seiner Auferstehung verbunden sind.

The newly-professed Lüne nun thanks a female relative for her good needs and reports with joy on her profession on St Benedict’s Day. She requests intercession that she will hold fast to the vow which she has sworn on the Rule. She is glad that God has also chosen the recipient for a religious life so that they are both part of the same knighthood even though they are separated in this earthly life. They have both received Christ as a myrrh bundle as a sign of their rejection of the world. They have been given a cross as a sign that they have died and risen with Christ. The writer commends the recipient to the five wounds of Christ, joined together by the sun of justice which enlightens all the world.

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[Lage 19, fol. 16r]

[Jaesum Christum, dat eddele, begherlike, unschuldighe, snewitte paschelam, dat up sik heft ghenamen al der werlde sunde unde in dersulven leve is nedder ghesteghen uth dem hemmeltrone in dit elende,1 to sokende dat vorlarene schapeken, dat he vormiddest synen bitteren lidende veddervunden2 heft unde ghebrocht heft in der hochghelaveden osternacht to den neghenneghentich schapen,3 dat is to den neghen koren der enghele, de he laten hadde in der wunnighen lustighen weyde des hemmelschen paradyses, vor enen fruntliken grot tovoren!

Alderleveste, ik dancke juk tomale leflike unde fruntliken vor alle gud unde woldath, de gy my bewiset to allen tyden; de leve Jesus geve juk darvore dat ewighe gud, dat he sulven is. Vortmer, leve mome, do ik juwer leve to wetende in groter frolicheyt mynes herten, dat my de leve God in korter tyd grote gnade bewiset heft, wente ik in sunte Benedictus daghe,4 uses alderlevesten vaderes, esket byn to enem vullenkomen, geystliken levende, unde hebbe horsam ghedan na uthwisinghe user hilgen regulen,5 dar ik nu vorder unde meer to vorplichtet byn, wen ik sus langhe wesen hebbe; hirumme so byn ik begherende van juk, dat gy den leven Jesum vlitelken vor my bidden, dat he my helpe vormiddest syner gotliken gnade, dat ik use regulen, de ik lovet hebbe to holdende, so holden mote, dat ik dar mote under salich werden, up dat ik na dessem levende myd alle denjennen moghe to dele gan, de ere geystlike levent unde ere regulen vullenkomen unde strenghelken holden hebben.

Item, alderleveste, alze ik uth juwen scriften vornamen hebbe, dat gy gans wol tovrede synt unde begheret juwe levent dar to [Lage 19, fol. 16v] endeghende, des byn ik gans seer ghevrouwet, dat ik dat vrolike wort horen mach; boven alle, dat ik juk wed in dem state enes rechten vullenkomen geystelken levendes, dar juk de leve God wunderkerwis to uterkoren heft, des ik em nummer to vullen danken kan; wol dat we wyde6 ghescheden syn van ander in dem lichamme, so synt we doch allike wol under enen heren unde dreghet like ridderschop under unsem koninghe Christo Jesu, den we hebben ummevanghen alze eyn mirrenbundeken7 an de arme unser sele in overgevinghe unses eghenen willen unde in vorsmadighe der bedroveden vorgencliken werlt, de us is gheworden alze eyn cruce, wente we ghestorven unde begraven synt myd unsem heren Christo,8 unsem undotliken brudegamme, unde unse levent is behud in em, unde dar scol we al unsen trost unde unse vroude inne hebben, hir in geystliker beschoulicheyt unde darna ewelken in groter wunne unde frolicheyt in der tokomenden upstandinghe, wan we entfanghen scolt dat cled der undotlicheyt, dat us use brudegam geven heft to ener morghengave in dem uterweleden hochgheloveden osterdaghe syner vroliken hilgen upstandinghe, do de ware sunne der rechticheyt9 in vuller clarheyt unde wunne na dem underganghe des bitteren dodes wedder schen unde eren blenkerden, schinenden stralen so wide uthsperede10 over de menen werlt, dat darvan vorluchtet wart hemmelrike unde ertrike.

Hirumme so bidde ik juk lefliken unde fruntliken an kintliker leve, dat gy juk io nenes dinghes willen vordreten laten, ift juk under tyden wes weddervore in hardecheyt edder strengicheyt, des gy unbewonen synt, dat gy juk den [Lage 19, fol. 17r] tohant nicht vorveren edder vorscrecken, mer settet juwe hopene gansliken in den leven God, de wel juk wol helpen, unde vechtet hertliken wedder de snoden werlt, up dat gy dat grote lon darvor entfanghen moghen, dat denjennen lovet is, de hir hertliken sterckliken vechtet, dat is de krone des ewighen levendes, de alle hebben scholt, wan we dessen groten strid hebben vorebrocht unde unse vyende hebben vorvunnen,11 unde ift we dar vulherdich inne blyvent, wente dar is gheschreven in dem ewangelio: Qui perseveraverit etc.12

Hirmede bevale ik juw in de hilgen vif wunden Jesu Christi, unses brudegam, de de vorklaret synt van dem unbegripelken schine syner ewighen gotheit in der stunde syner vroliken upstandinghe, do se vorluchteden hemlrike unde ertrike, unde noch alle daghe blenkert unde luchtet alze clare speyele vor dem vaderken anghesichte in eyn teken der unvergettelken waren leve, dar he sick myd uns ane vorbunden heft, dat gy daruth entfanghen moten gnade unde soticheyt, dar gy van ghesterket werden to allen dogheden unde guden werken, up dat gy na desse wunnighen, lustighen tyd des Paschefestes hir alzo moten beghan an innicheyt juwes herten, dat gy na dessem levende komen moten in de groten vroude, dar gy den ewighen Paschedach began moten unde dar beschouwenb moten Jesum Christum, ghekronet myd dem hovetgolde der ewighen undotlicheyt, unde dar weyden moghen in den blomen myd dem waren paschelamme in groter wunne unde lusticheyt to ewighen tyden. Des help juk unde uns allen de Vader unde de Sone unde de Hilge Geyst. Amen.


Kritischer Apparat

a fehlt in der Handschrift J

b beschouwen korrigiert aus beschowen


Sachapparat

1 Bezieht sich auf die Ostersequenz ‚Victimae paschali laudes immolent christiani‘ (Cantus ID g01011) und das ‚Agnus Dei‘.

2 Diese Hand ersetzt mehrfach w durch v.

3 Mt 18,12-14; Lc 15,3-7.

4 21. März.

5  Vgl. zum Jahr 1488 die Anm. zu Brief 266 (Lage 19, fol. 16r).

6 Hier wird w für b eingesetzt, wohl parallel zur Einsetzung von v für w.

7 Ct 1,12.

8 Rm 6,4.

9 Mal 4,2: Et orietur vobis timentibus nomen meum sol justitiæ, et sanitas in pennis ejus: et egrediemini, et salietis sicut vituli de armento.

10 Vgl. dazu die Ikonographie der Ostersonne in den Medinger Andachtsbüchern, z. B. im Gebetbuch der Anna Töbing: Gotha, Forschungsbibliothek der Universität Erfurt, Cod. Memb. II 84, fol. 117v.

11 Einsetzung von v für w (s. o.).

12 Mt 10,22; Mt 24,13.

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