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Brief 273

Nonne AC, vielleicht Anna Kreye, im Kloster Lüne an ihre leibliche Schwester

undatiert

Glückwunsch zur Hochzeit — Congratulatory letter on marriage

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 20, fol. 4r

Niederdeutsch.

Die Absenderin gratuliert ihrer leiblichen Schwester zur anstehenden Hochzeit. Sie hat lang darauf gewartet und freut sich, dass die Empfängerin nun in diesen heiligen Stand eintritt. Als Verwandte sollte sie eigentlich zum Fest kommen, doch kann sie die Klausur nicht verlassen. Sie ist aber durch das himmlische Jerusalem gewandert und sendet nun die gefundenen Schätze, nämlich Christus, ihren eigenen Bräutigam, und Maria, um die Empfängerin und ihren Bräutigam zu segnen. Der Chor der Engel schützt sie vor Unheil und der hl. Bartholomäus, persönlicher Apostel der Empfängerin und Lüner Patron, erwirkt ihr das Kleid göttlicher Liebe. Da die Empfängerin per Schiff in eine andere Stadt zu fremden Leuten umziehen wird, sollen die hl. Ursula und ihre Gefährtinnen sie begleiten und weitere weibliche Heilige ihr in Zukunft beistehen. Die Absenderin kann kein wertvolles Kleinod schenken, sendet aber stattdessen den goldenen Schrein des Herzens Mariens, worin alle Gnadenschätze enthalten sind. Diesen Schrein möge die Schwester in der Not öffnen. Brieffragment, Ende fehlt.

The nun reacts to the forthcoming marriage of her sister. She should send a present but cannot do so because she has spurned the world and married the highest vine dresser. In place of this the writer has wandered through heavenly Jerusalem to collect jewels for her sister. She sends Jesus and Mary to bless her and her groom. She prays that the nine choirs of angels will protect them from visible and invisible enemies and that Bartholomew, her own apostle, may provide her with the golden dress of the love of God. As the recipient has to travel by boat to the wedding and is coming to an unfamiliar town with unfamiliar people she sends as a source of comfort St Ursula and her companions. Saints Katherine, Cecilia and Dorothy will decorate her bedroom and bridal bed with white linen and red flowerets. St Elizabeth will guide her in how to manage the household and to give alms. In addition she sends St Anne to bring happiness, honour, worldly goods and plentifulness in body and soul. As a sign of sisterly love she should send a jewel and for want of silver or gold she sends a spiritual piece of jewelry, a larger, beautiful, golden shrine, full of red gold, pearls and precious stones. She compares this to the motherly heart of Mary which contains all the treasures of grace and mercy. When the recipient is sad she should go to the shrine with confidence, knock with a Hail Mary and intercede to Mary; she in turn will open her lap wide and wait for the sister to come to her.

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[Lage 20, fol. 4r]

ACa 1 soror

[J]esumb Christum, den alderrikesten unde alderwoldigesten koning, de dar hemmel unde erde heft in egen walt, den scrive ik dy vor enen fruntliken grod tovoren!

Alderleveste suster, so my witlik is, dat de barmhertige gude Got, de dar is en vader aller armen elenden kynderen unde en sunderke trost aller bedroveden mynschen, dy wunderliken heft ghetrostet unde dat so geven, dat du nu scolt anghan den hohen unde werdigen stat des hilgen echtes, wo grote froude ik darvan hebbe in mynem herten, kan ik dy nicht to vullen scriven. Wente na desem froliken dage hebbe my lange tyd vorlanget, unde ik enkan des Gade van hemmel nummer to vulen dancken, dat he dat so wol myd dy ghestichtet, dat du in so sekere stath kumpst, dar du sunder allen twivel hilich unde salich konst inne werden. Wente wy lesen in der scrift, dat dese hilge echte stath van Gade dem almechtigen is angesetet in dem paradyse myd unsen ersten olderen, de he sulven benedyet unde sprak to jum: „Wassent unde vormeret juw unde vorvullet dat ertrike etcetera.“2 Unde alze sik nu de tyd benald dyner brudlacht, so scolle ik dy van rechte wol de negeste wesen. Aver dat wel sik so myd my nicht vinden; du west wol, dat ik de werlt hebbe vorsmahet unde hebbe my hir deme oversten wyngardenere vormedet, deme ik hir in deme wollustigen wyngarden enes geistliken levendes denen wille wente an mynen doth; darvor he my unsprekelken groden lon wert geven, dat neyn herte uthgrunden edder uthdencken unde ock neyne tunge uthspreken.

Unde wol dat ik in eghen persone nicht kan to dyner kost wesen, so hebbe ik in mynem unwerdigen bede myd flite averghewandert de hohe scone borch der hemelschen stat Jerusalem; dar hebbe dy so erbare edele unde so grote kostbare gesmide uthgeben, dat du dergeliken in der ganten wyden werlt nicht konst vinden. Int ersten so sende ik dy den hochgebornenc keiserliken fursten unde alderrikesten unde alderwoldigesten koning Jesum Christum, mynen suverliken sconen brudegam, myd syner zarten junchfrowelken moder Marien unde myd dem ganten hemelschen here, de mote dy myd syner gotliken, woldigen, vorderen hant segen unde benedyen, dy unde dynen brudegam, unde sy deser hilgen echte eyn anbegin, eyn myddel unde en ende,3 dat gy juw in ener saligen stunde also moten to hove vorgat, unde in gotliker leve, in vrede unde in eyndracht alle de tyd juwes levendes so moten [Lage 20, fol. 4v] to hope leven in synen hulden unde gnaden, dat eme dar mote lof unde ere van schen unde dat gy eme juwe sele froliken motet antwerden. De negen chore der hilgen engelen moten behalven unde ummevleten dat hus juwer brudlachd, unde moten juw beschuten unde bewaren bynnen unde buten dakes vor al juwen vyenden, sichtliken unde unsichtliken, dat juw neyn boser geist, neyn boser mynsche unde ock neyn vorgiftiges deer, noch neyn wynt, hagel, donre edder blix, noch vur edder water schaden mote. Unde dyn leve apostele,4 sunte Bartholomeus, use werdige hilge patrone, mote dy vorwerven dat guldene cled der werschopp, dat is de ware leve Gades unde dynes negesten, dat du dar dyne sele so motest mede tziren, dat du allen hemelschen borgeren unde, boven allen, Gade dem heren mogest behegelick syn. Unde alze du van noden must aver water unde kumpst in ene fromde stat mangt fromden luden unde hefst nemenden van dynen frunden by dy, so sende ik dy to troste de hilghe junchvrowe sancta Ursula myd erer hilgen selschop, de scolt myd dy averscepen unde scolt dyne spelnaten wesen, unde de leven junchfrouwen alze Katherina, Cecilia unde Dorothea scolt de slappkamer5 unde dat brudbedde to vligen unde myd witen lynen unde roten roseken bestrouwen. De hilghe wede sancte Ilsebe6 scal dy underwisen unde leiden, wo du hus unde hof unde dyn gesynde scolt reysen, uppe dattu dyn brudegam unde syne leven elderen erest unde en to willen syst, unde armen luden gerne medelidig syst, unde jum na vermogen dyne almissen mededelest. Darto sende ik dy de hilge grotenmome Christi sancte Anna mite erem hilghen slechte, de moten dy unde dynen brudegam vorwerven lucke, ere unde tydlike gudere unde fruchtbarheit lyves unde der sele, dat gy to der werlde denen mote, unde de hilge cristenheit mote vormeren, unde dat gy van al, de noch van juwer kamen motef, moten vordenen alle de benedyginge, deses erem hilghen slechte van Gade geven is.

Item ik scol dy wol en suverken clenade senden in en teken der susterliken leve; so hebbe ik noch werg sulver edder golt, worumme so sende ik dy en geistliken clenade, dat scal syn en grode, scone, gulden schryn vul roden goldes, vul parlen unde eddelen steinen, unde dar mene ik mede dat junchvrouwelike sote moderlike herte Marien, dat enem guldenen scrine wol mach gelik werden, wente dar synt alle de schat der gnaden unde barmherticheit inne beslaten. Hirumme, wan dy wes feylt unde wes bederf hefst edder dat du bedrovet bist, unde trost bederfst, so lop sekerliken to desem guldenen scrine unde klop daran myd I Avemaria unde klage der leven moder dyne noden; se holt eren scod wyden apen unde beyde dattu to er kamst […]h i


Kritischer Apparat

a als Überschrift

b Textergänzung in mg. durch Nolte mit Bleistift J

c e supra lin.

d in der Hs. brudlath

e m mit t supra lin.

f folgt gestrichen byn

g Kurzform für weder

h unleserlich

i Brief bricht ab


Sachapparat

1 Vielleicht Anna Kreye, geb. 29. September 1494, eingetreten am 1. Mai 1506, vgl. Die Chronik, hg. von Stenzig (2019), S. 107 (1. Mai 1506); S. 131 (29. April 1509); S. 144 (30. September 1511); S. 147 (2. Juli 1513).

2 Gn 48,16.

3 Apc 21,6Et dixit mihi: Factum est: ego sum alpha et omega, initium et finis.

4 Vgl. Lähnemann, Apostelverehrung (2015), S. 41-64.

5 Vgl. Rudy, Bedroom (2007).

6 Die verwitwete hl. Elisabeth von Thüringen.

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